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Full text of "Grundzüge der physischen erdkunde"

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800040766T 


Grundzüge 


Der 


phyfiichen ErdFfunde 


von 


Alexander Supan, 


Profeſſor der Erdkunde an der Univerfität Czernowitz. 


Mit 139 Abbildungen im Tert und 20 Karten in Farbendruck. 





Leipzig, 
Verlag von Beit & Comp. 


1884. 
oa 


Grundzüge 


Der 


phyfifchen Erdfunde 


von 


Alexander Inpan, 


Profefjor der Erbfunde an der Univerfität Czernowitz. 





Reipzig, 
Verlag von Beit & Comp. 


1884. 
oO 


— 


Tas Recht der Berausgabe von Uberſetzungen vorbehtallen. 


Drud von Metzger a Wittig tr Leipzig. 


vorwort. 


Dieſes Buch richtet ſich an denjenigen Teil des gebildeten 
Publikums, welcher den Drang in ſich fühlt, etwas über den inneren 
Zuſammenhang jener Erſcheinungen, die das Leben der Erde aus—⸗ 
machen, zu erfahren; e& wendet fich ferner an jene Studierenden der 
deutichen Hochſchulen, die fich die Geographie zu ihrem Lebensberuf 
gewählt haben, und denen ein Leitfaden der phyſiſchen Erdkunde bisher 
gejehlt hat. Vielleicht findet auch der Fachmann bier und da einen 
neuen Gedanken ober einen beachtensmwerten Gefichtöpunft; zum min- 
deiten wird er fich überzeugen, daß ich mein Werk auf eingehende 
Detailftudien gründete Wenn mir troß meine vedlichen Bemühen? 
manches Buch, manche wichtige Abhandlung entgangen ijt, jo möge 
man bebenfen, daß ich feit fech® langen Jahren ferne von den Kul- 
turzentren des Weſtens lebe, und daß ich mir die nötigen Hilfsmittel 
oft nur mit großer Mühe beichaffen konnte. Lebhaft bedaure ich, 
daß ih Hann's Handbuch der Klimatologie nicht verwerten Fonnte, 
weil bei deſſen Erſcheinen die betreffenden Bogen bereit3 gedruckt waren. 

Die Namen der Autoren wurden im Xert genannt, aber aus- 
führliche Litteraturangaben habe ich vermieden, weil fie den Umfang 
des Buches zu jehr ausgedehnt haben würden. 

Allen jenen, die mich bei meiner mühſamen Arbeit unterjtügten, 
jage ich meinen beiten Dant. | 


Czernowitz am Weihnachtsabend 1883. 


Inpan. 


Inhalt. 


— — — 


Einleitung. 


die Geftait und Größe ber Erde S. 1—4. 
88 1. Die Entwidelungdgeichichte der Erde S. 1. — 2. Entwidelung der modernen 
Veltanſchauung ©. 2. — 3. Geftalt der Erde. Vendelbeobadtungen ©. 2. — 
4. Refultate der Gradmeſſungen S. 3. — 5. Dimenſionen ber Erde ©. 4. 

Die Telle der Erbe S. 5-10. 
88 6. Die drei Teile ©. 5. — 7. Die Sefteinghülle S. 5. — 8. Der Erdkern ©. 6. 
— 9, Mittlere Dichte der Erde S. 7. — 10. Zunahme der Temperatur mit der 
Ziefe S. 7. — 11. Beſchaffenheit des Erdinnern ©. 9. 

Me Aufgaben ber phyſiſchen Erbiunde S. 10—14. 
SS 12. Die Wiffenfchaften von der Erde ©. 10. — 13. Begriff der Gcographie 
S. 11. — 14. Geographie und Meteorologie ©. 11. — 15. Geographie und Geo- 
logie ©. 12. — 16. Einteilung der Geographie ©. 13. 


Erſtes Kapitel. Allgemeines über die Geflaltung der Erdoberfläche. 


Die Verteilung von Waſſer und Land S. 15—20. (Hierzu Taf. I.) 
88 17. Berbältnis von Waſſer und Land ©. 15. — 18. Ungleichmäßige Verteilung 
S. 16. — 19. Einteilung des Feitlandes ©. 16. — 20. Grenzen der Kontinente 
S. 17. — 21. Einteilung des Ozeans ©. 19. 

Tie Oberfläche des Feſtlandes S. 20—23. (Hierzu Taf. I.) 
88 22. Europa und Aſien S. 20. — 23. Amerika ©. 22. — 24. Afrika und 
Auftralien S. 22. — 25. Bemeinfames und Gegenſätze ©. 23. 


Vie Hanptlinien in der Geftaltung ber Feitlandsränme S. 23—26. (Hierzu Taf. II.) 
38 26. Die beiden Hauptlinien S. 283. — 27. Pazififher Ozean und Auftralien 
©. 24. — 28. Die alte Welt ©. 24. — 29. Atlantifcher Ozean und Amerifa ©. 25. 
— 30. Nefultat ©. 26, 


Bweites Kapitel. Die Verteilung der Lufttemperatur. 
Vie höhe und Zufammenfebung ber Luft S. 27—28. 

j 88 81. Höhe der Luft S. 27. — 82. Hauptbeftanbteile S. 27. — 33. Nebenbeitand- 
teile ©. 27. 

Ne Erlenchtnug uud Erwärmung der Erboberflähe S. 28—36. 
3 34. Wärmeqguellen. Die Sonne ©. 28. — 35. Diatbermanität der Luft S. 28. 
— 86. Ausſtrahlung. Tag und Naht S. 29. — 37. Entftehung der Jahreszeiten 
©. 29. — 88. Elliptifche Form der Erdbahn S. 30. — 89. Die Beleuchtungszonen 
©. 31. — 40. Die Dämmerung ©. 82. — 41. Das Polarlicht ©. 33. 


VI Anhalt. 


Die Abnahme der Temperatur mit der Höhe S. ?6— 42. 
ss 42. Wärmenuellen der oberen Yuftihichten S. 36. — 45. Wärmeabnahme in 
der freien Atmoſphäre ©. 31. — Wärmeabnahme im Gebirge S. 38. 
45. Charakter des Bergklimas S. — 46. Wärmeabnahme auf Plateaus S. 40. 
— 47. Scheinbare vertikale — S. 41. — 48. Wirkliche vertikale 
Wärmezunahme S. 41. — 49. Reduktion dev Temperatur auf das Meeresnivean 
S. 43. 

Die horizontale Verteilung der Temperatur S. 44— 53. (Dierzu Tai. IIIS VIE: 

ss 50. Ihermiiches Verhalten von Waſſer und Land S. 44. — 51. Wärmever 

teilung im Januar 2. 44. — 52, Wärmeverteilung im Juli S. 48. - 53. Der: 

teilung der mittleren SRabrestemperativ S. 49. — 54. Temperaturzonen 2.50. 

55. Thermiſche Anomalie S. 53. 

mittleren Schwankungen und die mittlere VBeranderlichteit und Abweichung der 

Temperatur S. 53—63. (Hierzu Taf. VIID. 


t°) 
= 


ss 56. zie tägliche Wärmeſchwankung S. 53. — 57. Tie jährliche Wärmeſchwan 
fung S. 57%. - 58% Iemperatirveränderfichfeit Z. 59. -- 5%. Teinperatirabwei- 
hung S. 


Drittes Kapitel. Die Luftſtrömungen. 
Windſyſteme und Mindgebiete S. 63--73. 


SS 60. Bedeutung der Winde S. 63. - 61. Windgeſetze S. 63. — 62. Urſachen 
der Luftbewegung und Ablenkung der Winde S. 64. 63. Windſtärke S. 66. 
64. Arten der Luftbewegung. Intienklonen. S. 67. — 65. Eyklonen S. 67T. -- 


66. Rafjate S. 72. — 67T. Windgebiete S. 73. 
Luftdruck- und Windverteilung in den extremen Jahreszeiten S. 73 83. (Sieriu 
Taf. IX u. X.) 


SS 68. Tie Iſobarenkarten S. 73. — 69. Luftdruck- und Windverteilung im nörd- 
lichen Isinter S. 74. — 70. Luftdruck- und Windverteilnng im nördlichen Zomme 
S. 79, 71. Schematifche Überiicht der Hauptwindgebiete S. 82. - 72. Ber 


teilung der muttleren monatlichen Barometerſchwankungen S. 82. 


— 


Lokale Winde S. 53-58. 


ss 73. Einteilung S. 83. — 74. Land und Seewinde S. 83. 75. Berg und 
Thalwinde und verwandte Erſcheinungen S. 84. — 76. Einfluss lokaler Verhältniſſe 
auf Richtung, Stärke und Temperatur der Winde S. 85. 77. Föhn S. 86. 


78. Wüſtenwinde S. 87. 


viertes Kapitel. Die Niederfchläge. 
Der Waſſerdampf in der Atmosphäre und die Urſachen feiner Kondenfatton <. SS— 92. 


SS 79. Abjolnte Feuchtigkeit ©. 88. — 80. Nefative Feuchtigkeit S. 59. — 81. Tie 
Winde als Berbreiter des Waſſerdampfes S. 90. — 82. Urſachen der Kondenſation 
S. 90. — 83. Nebel, Wolken und Niederſchläge S. 91. 


— 


Die Verteilnng der jährlichen Niederſchlagemengen S. 392—101. (Hierzu Taf, XI. 
SS 84. Geſetze der Verbreitung der Niederſchläge E. 92. — 85. Europa, Wien und 
Nordafrika S. 94. 86. Nordamerika S. 96. — 87. Südkontinente S. 97. 
88. Verteilung der mittleren Regenwahrſcheinlichkeit S. O8. 

Die jahreszeitliche Verteilung der Niederſchläge S. 101- 106. (Hierzu Taf. XII. 
SS 89. Haupttypen S. 101. - 90. Tropenregen S. 102, - 91. Subtropiſche 

egen ©. 103. 32, Gleichmäßige Niederſchläge S. 104. 93. Regengebiete dei 
de S. 106. 





88 94. Gewitter S. 106. — 95. Hagel S. 107. 


Berbreitung des Schnees ©. 108—112. 
88 96. Horizontale Verbreitung des Schnees S. 108. — 97. Schneelinie ©. 109. 


Gletiger S. 112— 124. 
SS 98. Mittel gegen bie Anhäufung des Schnee ©. 112. — 99. Entftehung, 
Begriff und Einteilung der Gletſcher S. 113. — 100. @letfcherbewegung S. 116. — 
101. Gletſcherſpalten und Mühlen S. 118. — 102. Struftur ©. 119. — 108, 
Moränen S. 121. — 104. Abſchmelzung S. 122. — 105. Periodiſche Rängenände- 
rungen der Gletſcher S. 123. 

Die gesgraphifge Verteilung der Gletſcher S. 124—128. (Hierzu Taf. XIII.) 
88 106. Die mittleren und nieberen Breiten der Nordhemifphäre S. 124. — 
107. Die mittleren Breiten der Südhemiſphäre S. 126. — 108. PBolares Inland: 
eis S. 126. 


— — — — 


Fünftes Kapitel. Das Klima. 


Tie Klimapröovinzen S. 129—131. (Hierzu Taf. XIV.) 
88 109. Klimatifche Einteilung ©. 129. — 110. Klimaprovinzen ©. 129. 

Tie Beränderliäteit des Klimas S. 181—185, ' 
88 111. Eyflifche Periode S. 131. — 112. Geologiſche Klimate. Eidzeit S. 132. 
— 113. Angeblide Veränderungen der Niederſchläge S. 132. — 114. Temperatur: 
änderungen ©. 134. 


Sechſtes Kapitel. Das Meer. 


die Gliedernug ded Meeres S. 135—137. 
x8 115. Einteilung der Meere ©. 185. — 116. Gliederung des Weltmeered ©. 136. 


Ter Neereöbeden S. 137—146. (Hierzu Taf. I.) 
88 117. Unterfeeifhe Böſchungen ©. 137. — 118. Terminologie S. 139, — 
119. ®eftalt des Meeresbodens im allgemeinen S. 139. — 120. Bobenrelief der 
Tzeane S. 140. — 121. Bodenrelief der unjelbftändigen Meere ©. 142. — 
122. Bededung des Meeresbodens S. 148, 

Des Meerwafler S. 146-150. 
88 123. Das Meereönivenu S. 146. — 124, Salzgehalt und Dichte S. 148. — 
125. Farbe ©. 150. 


Die ſchwingende Bewegung bed Waflerd. I. Wind⸗ und Erbbebenwellen S. 150-153. 
SS 126, Weſen der Wellenbewegung ©. 150, — 127 Bindwellen ©. 151. — 
128. Stebende Wellen S. 152. — 129. Erbbebenwellen ©. 158. 

Tie fgwingende Bewegung des Waflerd. II. Die Tiden S. 153-162. 

88 130. Wefen der Zidenbewegung. Terminologie ©. 158. — 181. Theoretiſche 
Tiden ©. 154. — 132. Wirkliche Tiden S. 158. — 133. Hafenzeit S. 160. -- 
134. Ylutgröße ©. 161. — 135. Flut in den Ylußmündungen S. 162. — 136, Tiden 
des Erdinnern ©. 162, 

De Reereöfrömungen ©. 163—170. (Hierzu Taf. XV.) 

88 137. Ziden- und Ausgleichsſtrömungen ©. 168. — 188, Ozeaniſche Strömungen 
S. 168. — 139. Nordatlantifher Ozean ©. 1683. — 140. Golfftrom und atlan- 
tiihe Bolarfiröme S. 165. — 141. Die Übrigen Ozeane S. 166. — 142. Theorie 
der Meeresftrömungen ©. 168. — 143. Syſtem der Meeresftrömungen ©. 169. 





— — — — — - — — — —— — — —— — — —— — — — 


vu Inhalt. 


Die Würmeverteilung im Meere S. 170—179. 
88 144. Oberflächentemperatur S. 170. — 145. Tiefentemperatur in Süßmwafler- 
feen und im Meer S. 171. — 146; Wtlantifcher Ozean S. 173, — 147. Nörbd- 
liches Eismeerr ©. 175. — 148. Stiller Ozean S. 177. — 149. Antarktiſcher 
Dean ©. 178. 


Dad Merreid S. 179—182. 
88 150. Bedeutung der marinen Eisbildung S. 179. — 151. Arten des Meereiſes 
©. 180. — 152. Bildung des Meereifes S. 180. — 153. Das „offene Polar: 
meer‘ ©, 182. 


Ziebentes Kapitel. Die horizontale Gliederung des Feſtlandes. 


Küftenveränderungen. I. Die Arbeit des Meered S. 182—188, 
88 154. Flach- und GSteilfüjte S. 182. — 155. Küftenzerftörung ©. 183. — 
156. Zerftörung der Steilfüften S. 183. — 157. Zerftörung der Fladjfüften ©. 186. 
— 158. Anſchwemmungen ©. 187. 


Küftenveründerungen. II. Niveanveründerungen S. 188—198. (Hierzu Taf. XVI.) 
88 159, Arten der Niveauveränderungen ©. 188. — 160. Beweife für die Niveau- 
veränderungen ©. 189. — 161. Sfandinavien ©. 190. — 162. Negative Nivenu- 
veränberungen ©. 192. — 163. Oszillierende Bewegung S. 194. — 164. Gegenden, 
wo nur eine pofitive Bewegung beobachtet wurde ©. 196. — 165. Rüdblid und 
Schlüffe S. 197. 


Küftenformen ©. 199—207. 
88 166. Bogenform ©. 199. — 167. Abrafionsflähen S. 199. — 168. Fjorde 
©. 200. — 169. Dinen ©. 204. — 170. Lagunen ©. 206. 


Die Halbinfeln S. 208—210. 
88 171. Formen der Halbinfeln S. 208. — 172. Wbgegliederte Halbinfeln S. 208. 
— 173. Angeglieberte Halbinfeln S. 209. — 174. Kombinierte Halbinjeln S. 209. 


Inſeln. I. Feftländiihe Iufeln S. 210—219. 
88 175. Größe und Anordnung der Injeln ©. 210. — 176. Geologifche Beweiſe 
©. 211. — 177. Flora und Fauna ©. 212. — 178. Junge Abgliederungsinfeln 
©. 214. — 179. Reihenfolge der Niveauveränderungen S. 216. — 180. Alte Ab- 
gliederungsinſeln S. 217. — 181. Reftinfeln ©. 218. 

Inſeln. TI. Urſprüngliche Juſeln S. 219—293. (Hierzu Taf. XVII.) 
88 182. Hebungs- und Auffchüttungsinfeln ©. 219. — 183. Vullaniſche Inſeln 
©. 220. — 184. Koralleninjeln S. 223. — 185. Theorie der Koralleninfeln S. 227. 
— 186. Geographiſche Verbreitung ber urfprünglichen Infeln S. 229. — 187. Flora 
und Fauna ©. 230. 


Adhtes Kapitel. Die Kräfte, welche die Oberfläche des Feſtlandes 
geflalten. 
Allgemeine überſicht S. 233—235. 
88 188. Die unterirdifchen Kräfte ©. 233. — 189. Die Oberflächenträfte S. 234. 
Verwitteruug und Abtragung S. 235244. 
88 190. Spalten. Mechanifche Berwitterung S. 285. — 191. Chemifche Verwitte⸗ 
rung ©. 235. — 192. Bodenarten ©. 238. — 1983. Gebiete vorherrichender Denudation 
©. 238. — 194. Gebiete jäfularer Vertitterung ©. 243. 


Inhalt. Ix 


Greunbwalier, Quellen und unterizbifge Flüſſe S. 244—256. 
88 195. Gebirgsfeuchtigkeit, Grund- und Seihwaſſer ©. 244. — 196. Quellbildung 
©. 245. — 197. Temperatur der Quelley ©. 247. — 198. Geyfir ©. 248. — 
199. Mineralgehalt der Quellen. Inkruſtierende Duellen S. 250. — 200. Das 
Sarfiphänomen. Höhlen S. 251. — 201. Verſchwindende Flüſſe und periodifche 
Seen ©. 2583. — 202. Dolinen und Thalleſſel S. 254. — 203. Verbreitung des 
Karfiphänomens ©. 255. 


Des fließende Waſſer S. 256—265. 
88 204. Wafjermenge ©. 256. — 205. Bewegung des Waller ©. 260. — 206. Ero⸗ 
fion und Sedimentführung der Ylüfle S. 262. — 207. Ablagerungen ©. 268. — 
208. Einteilung des Flußlaufes S. 265. 


Zhalbildung durch Eroſion S. 265—279. 
SS 209. Wefen der Erofionsarbeit S. 265. — 210. Moderne Thalbildungen ©. 266. 
— 211. Erofiongipuren im Gebirge (Klammen, Erbpfeiler, far) ©. 267. — 212. Thal- 
bildung in nicht dislociertem Geſtein S. 269. — 213. Terraffenbildung. Ausfüllungs- 
terrafien ©. 270. — 214. Felsterrafien und Thalftufen S. 272. — 215. Tektonifche 
und Abdämmungsftufen S. 275. — 216. Waſſerfälle S. 276. — 217. Eintellung 
der Thäler S. 277. — 218. Gletfchererofion. Klimatiſche Einflüffe S. 277. 


Peltebildungen ©. 279—285, 
88 219. Mündungsformen der Zlüffe S. 279. — 220. Bau, Geftalt und Ober- 
Hächenform der Deltas ©. 281. — 221. Wachſtum der Deltas ©. 282. — 222. Be- 
dingungen der geographiichen Verbreitung ber Delta ©. 283, 


Ablegerungsgebiete S. 285—291. 
88 223, Fluviatile und glaciale Ablagerungen. WMoränenlandidaft S. 285. — 


224. Äoliſche Ablagerungen S. 286. — 225. Verbreitung nnd Charalter ber ab- 
abflußlofen Gebiete S. 286. — 226. Ablagerungen in abflublofen @ebieten 
(Steppen und Wüften) ©. 287. — 227. Übergangsformen. Der Löß ©. 288. — 
228. Einteilung der Erboberflähe in bezug auf ben Einfluß der Atmofphärilien 
S. 290. 


—— - 1 


Uenntes Kapitel. Die wichtigen Oberflächenformen des Feſtlandes. 


Überfigt S. 291—295. 
88 229. Einteilung der Oberflächenformen ©. 291. — 230. Trigonometrifche Höhen⸗ 
meflung ©. 292. — 231. Höbenbeftimmung mittel® Barometer und Kochthermo⸗ 
meter ©. 293. — 232, Orometrie Mittlere Höhe der Kontinente S. 294. 

Ben und Höhe der Kettengebirge S. 295307. 
83 283. Die Arten der Falten und ihre Gliederung S. 295. — 234. Entftehung 
der Gebirge ©. 297. — 285. Einfache Gebirge S. 298. — 236, Normale Gebirge 
mit zonalem und einfeitigem Bau S. 299. — 237. Einfeitige zonale &ebirge mit 
gefuntener Innenzone S. 300. — 238. Bonale Gebirge mit zwei oder mehreren 
Sedimentzonen S. 801. — 289. Berfchiedenheiten des Baues innerhalb eines Ketten- 
gebirges S. 302. — 240. Die Richtung der Kettengebirge ©. 304. — 241. Höhe 
der Stettengebirge S. 305. 

Gliederung der Kettengebirge S. 307-815. 
SS 242. Längsthäler S. 307. — 243. Duerthäler S. 309. — 244. Durchbruchs⸗ 
thäler ©. 810. — 245. Einteilung der Kettengebirge nad) der Gliederung und der 
Lage der Waffſerſcheide S. 312. — 246. Thalwaflerfcheiden S. 818. 


ir 
21 


Malin: SZ. 2 .—2158 
an 247. Weimag ur sttnz ZZ, . — U I. Tıımrım 2 old. - 
44. Er ten: Mt 2. Bin. — Yon wills ZI 

Tıe vnlfaniihen Aerge =. S1+--.52« 
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ultır. =. 319. — 233 Nom ur E.nvnrinan 20021) 0 -- 24 Wi 0 
Jen: 2.102, — 235. Lärm: Bulfını Z..20. — Yr Damm dg 0.24 
-- 27 Zularıum uni ano Zime kenlın Zoo — us, Donulin.n der cr: 
ll dınmen „ulfene 212er. — Yu. omas L,alını 2.027 — Zen, AONIIUNS 
zer zalnnı 2. 324 

Tit geogragbiige Herbreitung der Iullane S. .2+—5or. Wrrsı Zee XVII. 
2 Zul. Inetize der Yasselams ler Sullına 2. ale — 2 Sımzumen der 
Rlan. au lm nalunfiinmun 2.3300 2, Nina Snnfon und Kut! tue 
un zuftalen, Wnftz uns Sitrien 2.002, — 24 Dom: ls BSA. ismus 
Z. 533. - 955. Ziimmmirmn. 2.54 

(kröbeben =. 365 -345.  swersu Ir AVILı 
a2 2, Dir BRETT S. .. — 267. „.Singcı Dad UNhecat 
2.33%. - 268. mind. mama der Boan - — Zei, Beine UM) 
eneate de krtun Z. 340. — 270, mn: Veit. 14h — 21 erdreben— 
itatuũtit 2.312. — 312. — Keretenung der Beben S. 344. 

Die Hochebenen Plateans SZ. 3153352. 
32 273. Ungefaltetes Terram S. 39. 274. Ztitrunsan,timin. Taetiermen 
2.345. - 275. Scdehtunssplaraus aus lodsııem Materia! S. sr 276. Aus 
iüllungs lateaus Z. 350. 

Tie Tiefebenen S. 353—341. 
32 277. Berbreitung des Tieilandes. Tas tentinentale Tieitand der nun Welt S. 353. 
-- 37%. Tas jüdamerikaniiche Tieiland 2.335. — 270, Die deribeeriihen und Biden 
fſörmugen Tieiebenen S. 356. — 29. Tie binnenländiſchen Teiebenen Beden; S. u357. 


Die 


Dit : 


-- 2>1. Oberflächengeſtaltung der Tiluvial: und? Aludia!nitderungen S. 358. — 
2=3. Oberilächengeſtaltung der älteren Tieiebenen 2,350, — 253. Temeiltonen S. 61. 


fi 


Flüſſe Z. 362371. 

58 254. Einteilung der Flüſſe S. 362. — 255. Neth der Ftüſie. Waiier— 
eiten S. 3652. — 286. Bau der Flußrſteme S. 364. — 287. Größe der Slim 
3655. - 288%, Lauiveränderungen der able S. 366. — 280. Baer'iſches „Geſetz“ 
367. — 290. Veränderungen im Beſtande der Flußzinſteme S. 364, 

cen =. 371- 2383. 


a “ 


— 


N el. Serbreitung und Größe der Zeen 2.371. - 202, Etnteilung 2.372. — 
2 Abdämmungsſeen S. 372. - 208. ien S. 374. - - 205. Welikten- 
en 2. 377. — 296. Eüß- und Salzwaſierſeen S. 378 — 297. Inte S. 374. - 
29%. Erlöſchen der Seen durch Austrocknung un) Ausfüllung mit Zedimenten 
2.380. — 299. Vermoorung der Seen Tiefmoore) S. 351. — 300. Sümpfe und 
Hochmoore S. 353. 


KL 


Schntes Kapitel. Die geographiſche Verbreitung der Nrganismen. 


Allgemeine Bemerkungen über die Verbreitung der Bilanzen S. 384-839. 


83301. Vegetation md Flora S. 354. — 302, Abhängigkeit vom Boden S. 384. 
— 303. Abhängigkeit vom Klima S. 385. — 304. Pflanzenwanderungen und 
Pflanzenverbreitung ©. 38T. — 305. Entwickelung der jetzigen Flora. Inhalt der 
Pflanzengeographie S. 388. 





Inhalt. xI 

Die Hanptzonen und Hanptregionen der Vegetation S. 390-403. (Hierzu Taf. XVIIL) 
53 306. Tropiſche Pflanzenzone. Die Palmen S. 390. — 307. Andere tropijche 
Chorakterpflanzen S. 392. — 308. Gemäßigte Bone ©. 398. — 309. Übergänge 
5. 394. — 310. Arttiihe Waldgrenze ©. 395. — 311. Antarktiſche Waldgrenze 
5. 396. — 312. Bolare Pflanzenzonen S. 396. — 813. Pflanzenregionen ©. 397. 
— 314. Alpine Waldgrenze S. 398. — 315. Alpine Begetationdregion S. 402. 

die wichtigſten Vegetationdformationen innerhalb der Waldgrenzen S. 403 — 413. 
(Hierzu af. XVIIL) 
Sg 316. Die klimatiſchen Bedingungen des Waldes ©. 408. — 317. Tropijche 
Wälder S. 404. — 318. Wälder der gemäßigten Zone S. 406. — 319. Savanen 
©. 407. — 320. Baumleben in den Steppen S. 408. — 321. Grasſteppen mit 
Abflug S. 409. — 322. Steppen und Wüſten regenarmer Gebiete (nördliche Hemi⸗ 
iphäre) S. 410. — 323, Steppen und Wüften auf der ſüdlichen Hemifphäre ©. 411. 
— 324. Bufhland ©. 412. 

Die Entwidelungsgeichichte der Ylorenreihe S. 413—423. (Hierzu Taf. XIX.) 
SS 325. Gegenſatz der Tropen der alten und neuen Welt S. 413. — 326. Die 
tropifchen Florenreiche und Florengebiete S. 414. — 327. Floren der höheren Breiten 
S. 415. — 328. Ylorengebiete der mittleren nördlichen Breiten S. 415. — 329. Außer⸗ 
tropifhe Florengebiete der Südhemifphäre ©. 417. — 330. Floriſtiſche Einteilung 
der Erbe ©. 419. — 331. Alpine Flora S. 419. — 332. Moderne Veränderungen. 
Sälularer Waldwechſel S. 421. — 333. Veränderungen durch den Menſchen ©. 422. 

Tie Ruspflanzen S. 423—429. 
sy 334. Aulturgewächſe S. 423. — 335. Gerenlien ©. 424. — 336. Andere Kultur⸗ 
pflanzen S. 427. — 837. Urſprüngliche Verbreitung der Nahrungspflanzen ©. 428. 

Die Lebeuöbebingungen ber Tierwelt S. 429440. 
IS 338. Geographiſche Bedeutung der Lehre von der Verbreitung ber Tiere ©. 429. 
— 339. Beziehungen zwifchen der Tier- und Pflanzenwelt S. 429. — 340. Färbung 
der Tiere ©. 431. — 341. Abhängigkeit der Tiere von der Temperatur ©. 432. — 
342. Tropifche Tierwelt ©. 435. — 348, Arktiihe Tierwelt ©. 436. — 344. Ber: 
titale Berteilung der Tiere S. 437. — 345. Alpine Tiere S. 438. — 346. Berio- 
dizität in ber Tierwelt ©. 439. — 347. Beziehungen der Tiere zu einander ©. 439. 

Tie Fannenteihe und Yannengebtete des Feſtlaudes nud ihre Beziehungen zur fiori- 

ſtiſchen Einteilung desſelben S. 440456. (Hierzu Taf. XX.) 

88 348. über die fauniftifhen und floriftiichen Einteilungen S. 440. — 349. Die 
tropiihen Faunenreiche ©. 441. — 350. Südamerilanifche® Reich S. 442. — 
351. Afrikaniſches Reich S. 443. — 352. Oftindifches Reich S.445. — 358. Auſtra⸗ 
liſches Reich S. 445. — 354. Differenzen zwiſchen der tier- und pflanzengeogra⸗ 
phifchen Einteilung auf der Südhemijphäre S. 446. — 355. Gegenſatz der Süd⸗ 
und Rordfontinente S. 448. — 856. Einteilung der nördlichen Faunenreiche ©. 449. 
— 357. Unterſchied zwiſchen den nördlichen und tropifhen Reihen S. 450. — 
358. Hiftorifche Veränderungen der nördlichen Yauna ©. 451. — 359. Beftandteile 
der nördlicden Säugetier- und Vogelfauna ©. 452. — 360. Beziehungen der nörd⸗ 
lihen Reiche zu einander ©. 452, — 361. Rüdblid S. 454. — 362. Anhang über 
die Meeresfauna ©. 455. 

Negiter S. 456. 

Beriätigungen und Zuſütze ©. 492. 








-_—- 





Inhalt. 


Einleitung. 


die Geſtalt und Größe der Erde S. 1—4. 
88 1. Die Entwidelungsgeichichte der Erbe S. 1. — 2. Entwidelung der modernen 
Beltanfhauung ©. 2. — 3. Geftalt der Erde. Pendelbeobachtungen ©. 2. — 
4. Refultate der Gradmeſſungen ©. 3. — 5. Dimenfionen der Erde ©. 4. 

De Teile der Erbe S. 5—10. 
6. Die drei Teile S. 5. — 7. Die Sefteinshülle S. 5. — 8. Der Erdlern ©. 6. 
— 9. Mittlere Dichte der Erde ©. 7. — 10. Zunahme der Temperatur mit der 
Tiefe S. T. — 11. Befchaffenheit des Erdinnern ©. 9. 


Vie Aufgaben ber phyſiſchen Erdkunde S. 10—14. 
x 12. Die Wiffenfohaften von ber Erde ©. 10. — 13. Begriff der Geographie 
S. 11. — 14. Geographie und Meteorologie S. 11. — 15. Geographie und Geo- 
logie S. 12. — 16. Einteilung der Geographie ©. 13. 


Erfies Kapitel. Allgemeines über die Geflaltung der Erdoberfläche. 

die Berteilung von Waſſer und Land S. 15—20. (Hierzu Taf. I.) 
88 17. Berhältnis von Wafler und Land S. 15. — 18. Ungleichmäßige Verteilung 
©. 16. — 19. Einteilung des Feſtlandes S. 16. — 20. Grenzen der Kontinente 
S. 17. — 21. Einteilung des Ozean? ©. 19. 

de Cherflähhe bed Feſtlandes S. 20—23. (Hierzu Taf. I.) 
38 22. Europa und Wfien S. 20. — 23. Amerika ©. 22. — 24. Afrifa und 
Auftralien ©. 22. — 25. Gemeinſames und Gegenſätze ©. 23. 

die Hauptlinien in ber Geftaliung ber Feſtlandsräume S. 23—26. (Hierzu Taf. II.) 
SS 26. Die beiden Hauptlinien ©. 23. — 27. PBazififher Ozean und Auftralien 
S. 24. — 28. Die alte Welt S. 24. — 29. Atlantifcher Ozean und Amerika S. 25. 
— 30. Refultat ©. 26. 


weites Kapitel. Die Verteilung der Lufttemperatur. 

die Höhe und Zuſammenſetzuug der Luft S. 27—28. 
3 81. Höhe der Luft S. 27. — 32. Hauptbeftandteile S. 27. — 33. Nebenbeftand- 
teile S. 27. 

Ge Erleuchtung nud Erwärmung der Erboberflähe S. 23—36. 
SS 34. Wärmeguellen. Die Sonne ©. 28. — 35. Diathermanität der Luft S. 28. 
— 36. Ausſtrahlung. Tag und Nacht ©. 29. — 37. Entſtehung der Kahreszeiten 
S. 29. — 38. Elliptiſche Form der Erbbahn S. 30. — 89. Die Beleuchtungszonen 
S. 31. — 40. Die Dämmerung ©. 32. — 41. Das Polarlicht S. 33. 


Entwidelung 

der modernen 

Beltanichau- 
ung. 


@eftalt ber 
Erbe. Bendel- 
beobadytungen. 


2 Einleitung. 


Durch fortgejegte Abkühlung und Zufammenziehung wurde die Erde 
aus einem glühenden Nebelballen ein glühendflüffiger Körper, der fich 
endlich mit einer Erjtarrungsfrufte umhüllte. Die Wafjerdämpfe wurden 
fondenfiert und jammelten ſich in den Vertiefungen der Erdfrufte als Meer 
an, über da8 die Erhöhungen als Kontinente emporragen. Der Gegen- 
ja von Land und Waſſer ijt jeit diefer Zeit ein bleibender Charakterzug 
unjered Planeten, wenn auch die geographiiche Verteilung diejer beiden 
Örundformen dem Wechjel unterrvorfen ift. 

Auf der abgefühlten Erde erjchien endlich auch das organische Leben, 
das, von niederen zu höheren Formen fich fortbildend, im Menſchen gipfelt. 

$2. Mit der fortichreitenden Entwidelung unjerer Kenntniſſe von den 
früheren Zuftänden der Erde veränderte ſich auch die Weltanichauung. 
Die jüdiich-theologische Weltanſchauung betrachtete die Erde als etwas 
Gegebenes oder Erjchaffened. Die älteren Geologen konnten es fich zwar 
nicht mehr verhehlen, daß der Erdförper und fein organijches Leben ver- 
Ichiedene Stadien durchgemacht hat, aber fie meinten noch, daß die einzelnen 
Perioden der Erdgefchichte durch allgemeine Kataftrophen, die das Be— 
ftehende vernichteten, und ebenjoviele Neufchöpfungen von einander getrennt 
feien. Erſt Hoff und Lyell lehrten, daß die Veränderungen der Erd- 
oberfläche fich nicht Tprungweife, ſondern allmählich vollziehen, in derjelben 
Weife, wie wir fie auch in der geichichtlichen Gegenwart beobachten, und 
durch diefelben Kräfte, Die noch jebt thätig find. Lamarf und Darwin 
wendeten diefe Theorie auch auf die organifche Welt an. So betrachtet 
die moderne, naturwillenichaftliche Weltanfchauung die Erde als etwas 
gewordenes und — wie es fich logiſch aus diefem Satze ergiebt — 
als etwas in bejtändiger Umbildung begriffenes. Wir werden 
ipäter jehen, wie bedeutungsvoll diefer Grundſatz auch für die Entwidelung 
der Geographie wurde. 

83. Als ein ficheres Zeugnis für die einftige flüffige Beichaffenheit 
des Erdkörpers wird deſſen Geftalt angefehen, aber mit Unrecht, denn 
jeder rotierende fugelfürmige Körper, der nicht abjolut ftarr ift, muß an 
den Enden der Notationgare, d. h. an den Polen, fi) abplatten und am 
Aquator fi) ausbaufchen; mit anderen Worten: die Kugel muß zu einem 
Sphärvid werben. Die ſphäroidale Geftalt der Erde ift direft durch 
Pendelbeobachtungen und Gradmefjungen nachweisbar. 

Die erfteren ergaben zunächit das Nejultat, daß die Länge des 
Sekundenpendels (man verfteht darunter ein Pendel, das in einer 
Sekunde eine Schwingung ausführt) vom Äquator nad) den Polen zu— 
nimmt. Sabines Beobadjtungen bieten eine treffliche Illuſtration dieſes 
Geſetzes: 


Die Geſtalt und Größe der Erde. 3 


Länge des Sekunden⸗ Länge des Selunden- 
penbels in mm. penbel3 in mm. 


St. Thomas 0° 25° B, 990.887 London 51° 31° 994.113 
Ascenſion 7 56 991. 192 Drontheim 63 26 995-002 
Jamaica 17 56 991.471 Spitzbergen 79 50 996-043 
NRew-⸗York 40 43 993.147 


Diefe Thatfache kann ihre Erklärung nur darin finden, daß bie 

Schwertraft an den Polen am größten, am Äquator am Hleinften ift. 
Am Aquator erreicht nämlich die Fliehkraft, die der Schwerkraft direkt 
entgegenwirkt, ihren größten Wert, während jie an den Polen gleich Null 
ft: und überdies ift man wegen der Abplattung an den Polen dem Erb- 
mittelpunfte, dem Sibe der Schwerkraft, am nächſten, und am Äquator 
am weiteften davon entfernt. 

$4. Einen noch augenfälligeren Beweis für die Abplattung der Erde weſultate 
liefern die Gradmeſſungen. Im Fig. 1 ift rechts ein halber freisförmiger, verumm, 
lints ein halber | 
eliptiicher Meridian 
dargeitellt; P be- 
ziehungsweiſe 2° iſt 
der Pol, und die 
Horizontallinie der 
Durchſchnitt der 

Aquatorialebene. 
Wählen wir auf 
dem Kreisquadran- 
ten zwei Paare von 
Bunften, von denen 
a und 5 nahe dem ' 

Sauator, ed d dig. 1. Abplattung der Erbe. 

nahe dem Pole jich befinden. Die BVertilalen (oder Normalen), die wir 
in diefen Punkten errichten, find Halbmeffer und treffen daher in o zujammen; 
der Winkel aod ift = cod = 10°, ebenfo ift der Bogen ad = c7, oder mit 
anderen Worten: auf einer Kugel entſprechen gleihen Winfel- 
abftänden der Normalen gleihe Meridianbögen. 

Anders auf dem Sphäroid. Die Normalen fallen nicht mehr im 
Centrum zufammen, die Winfelabjtände von a’ und d’, c und d’ find 
war gleich (= 10°), wovon wir uns fofort überzeugen fünnen, wenn wir 
mit dem Radius ao von 0° und 0” aus Kreiſe beichreiben (die Bögen 
eb" — ab); aber die ihnen entſprechenden Meridianbögen 
find ungleich (a’d’ <c’d), weil die Krümmung ber Ellipfe gegen den 

1* 





Dimenflonen 
der Erbe. 


4 Einleitung 








Bol hin flacher wird. Auf dem Sphäroib nimmt alfo die Länge 
eines Meridiangrades vom Äquator gegen die Pole zu. 

Indem die große peruaniſch-lappländiſche Gradmeſſung in der Mitte 
des vorigen Jahrhunderts die Länge eines Meridiangrades in Lappland 
zu 111-949, in Frankreich zu 111-212, in Peru zu 110-608km fand, er- 
brachte fie den unumftößlichen Beweis für die ſphäroidale Geftalt der Erde. 
Daß fie aber nicht regelmäßig ift, zeigten die folgenden, in verjchiebenen 
Gegenden ausgeführten Gradmeſſungen, die verichiedene Werte für die 
Abplattung ergaben. E& mag dies wohl aud) daher kommen, daß die Lot- 
(inie ftellenweife durch die Anziehungskraft großer Maßen von ihrer nor- 
malen Richtung abgelenft wird. Dieſe Lofalattraftionen machen ſich nicht 
nur in der Nähe von Gebirgszügen geltend, fondern auch in ebenen 
Gegenden; und wir find daher zum Schluffe genötigt, daß unter den- 
jelben ſich Gebirgsmaſſen befinden, über die wir font natürlich nichts 
näheres wiſſen. E83 iſt die Aufgabe der großen europäilchen Grad— 
mejjung, alle dieje Rätſel zu Iöfen, die Abweichungen von der regel- 
mäßigen Gejtalt in Bezug auf Europa fejtzuftellen und zugleich die Ur- 
lachen diefer Abweichungen zu erforfchen. 

$ 5. Es erwies fich indes als ein praftiiches Bedürfnis, jchon auf 
Grund der bislang gemachten Beobachtungen die Dimenjionen des Erb- 
körpers zu berechnen, wenn auch die Reſultate nur Näherungswerte fein 
fünnen. Lifting bejtimmte auf Grund der Pendelbeobachtungen die Länge 
des Aquatorial-Halbmeffers (a) zu 6,377.377 km und die des Bolar-Halb- 
meſſers (5) zu 6355-270 km; die Abplattung (= 2) beträgt daher 
m. Die Ergebnifje der Beſſelſchen Rechnung, die auf Grund 
von zehn zuverläffigen Gradmefjungen ausgeführt wurde, weichen da- 


2 Lat: a—h 1 
von beträchtlich ab (a = 6377-897, d = 6356-.079km, = „1, 


werden aber noch immer, troßdem fie jchon etwas veraltet find, den 
aftronomischen und geodätifchen Arbeiten zu Grunde gelegt. Der Umfang 
des Äquators beträgt nach Beſſel 40 070km, die Oberfläche der Erbe 
509950 714qkm, und ihr Körperinhalt 1082841 315400 ckm. Merfen 
wir ung dafür die runden Zahlen 40 000 km, 510 Mill. qkm und 1-1 Bil- 
ion ckm. Clarke hat mit Benubung der inzwilchen ausgeführten Grad- 
mefjungen Die Beſſel'ſchen Werte etwas verbefjert. Er fand für 6 378-191 km, 


für 5 6856.457 und für die Mbplattung z25-5- 


Die Teile der Erde. 


ı On 


Die Teile der Erde. 


$ 6. Wenn wir von den Dimenfionen der Erde jprechen, jo verftehen »ie vrei Teile. 
wir darımter nur die des feiten Erdförpers, jchließen aber deren gas— 
förmige Umbüllung, die Atmojphäre, aus, obwohl dieſe ein ebenjo 
integrierender Beſtandteil des Erdförpers ift, wie die Geſteinshülle und 
der Erdfern. Diele drei Beitandteile find wahrjcheinlich konzentriſch an- 
geordnet. | 

87. Tie Gefteinshülle tritt entweder als Feſtland zu Tage oder Die Geſteins 
it ald Grund des Meeres und ber Seen unferen Blicken entrüdt, jo daß bane. 
wir, ausgehend von den Erſcheinungen der Oberfläche, von einer Geſteins⸗ 
hülle im engeren Einne und einer Waſſerhülle ſprechen können. Über die 
Zufammenjegung und Entwidelungsgefchichte der erfteren belehrt ung 
die Geologie. Wir finden die Erdoberfläche aus verfchiedenen Gefteinen 
zuſammengeſetzt, deren Unterlage wahrjcheinlich überall Gneiß und andere 
friftallinifche Schiefer bilden, die aber auch an vielen Stellen auf 
weite Erftredungen bin zu Tage treten. Ihre Bildung gehört zum 
größten Teile der archäiſchen Zeit an, aus der nur zweifelhafte Spuren 
organischen Lebens befannt find. 

Mit dem Auftreten einer reicheren Lebewelt beginnt die eigentliche, 
auf ficheren Dokumenten fußende Erdgejchichte, die Die Geologen in vier 
Dauptperioden teilen. Aus diejen ftammt der auf der kriſtalliniſchen 
Vaſis ruhende Schichtenbau von wechjelnder Mächtigfeit, bejtehend aus 
geihichteten oder Sedimentgefteinen, von denen Schiefer, Kalk, 
Tolomit, Sandjtein und Konglomerat am weiteften verbreitet find, und 
vielfach durchbrochen von eruptiven Maffengefteinen. Es iſt eine, 
allerdings viele Ausnahmen erleidende Regel, daß die feiten Sediment- 
geiteine Hauptfächlich der älteren Zeit angehören, während die lofen Maſſen, 
wie Thon, Mergel, Sand, Schutt, Geröll u. |. w., an Ausdehnung zu- 
nehmen, je mehr wir ung der Gegenwart nähern. Einen Schichtenfompler 
mit gleichartigen organiſchen Einfchlüffen nennt man eine Formation, 
iede entipricht einem gewiljen Zeitabjchnitt in der Erdgefchichte; man teilt 
fe wieder ein in Stufen oder Etagen, die aber meift nur eine lokale 
Pedeutung haben. Nur die befannteften derjelben führen wir in Der 
tolgenden Überficht der Gliederung der Erdgejchichte an, und nennen 
zugleich jene Klaſſen von Organismen, die für eine Periode beſonders 
harakterijtifch find. 





6 Einleitung. 








Quartäres od. antbro: 
pozoijches Zeitalter, 
Zeit des Menſchen. 





2. Alluvium, die Gebilde der Gegenwart. 
Diluvium oder das Schwemmgebirge. 
Plioveän UNeogen oder jüngeres Braunktohlen— 


4 
III. Tertiäres oder käno— lan 
a \ 3. Mivein | gebirge. 
2 
1 


zoiſches Zeitalter, Zeit 


nr Zligoeän | 
der Säugetiere. 


.. ältere3 Braunkohlengebirge. 
Eocän gebt 


3. Kreide teretaceifihe Formation) oder Tumderlund: 
jteingebirge. 
2. Jura oder Tolithgebirge. 
e. Mahn. 
b. Dogger. 
a. Lias. 
1. Trias oder Zalzgebirge. 
1. Rhät (von den öſterreichiſchen Geologen als 
jelbjtändige Formation behandelt). 
c. Keuper, obere alpine Ivias. 


b. Muſchelkalt1 untere alpine Trias 
ee ere ı e Trias. 
a. Buntiandjtein | 


II. Sekundäres od. mejo: 
zoiſches ‚Zeitalter, Zeit 
der Reptilien. 


— 


* 


4. Dyas (ern oder Kupfergebirge. 
b. Jechſtein. 
a. Rotliegendes. 
Carbon oder Steinkohlengebirge, Zeit der Noblen: 
pflanzen. 
2. Devon oder jüngeres Grauwackengebirge, Zeit der 
Panzerfiſche. 
1. Silur oder älteres Grauwackengebirge, Zeit der 
Wirbelloſen. 


J. Primäres oder paläo— 
zoiſches Zeitalter. 





Wenn auch in obiger Tabelle die einzelnen Formationen als ſtreng 
von einander geſchieden auftreten, ſo iſt doch in der Natur der Übergang 
von der einen zur andern durch mannigfache Zwiſchenbildungen vermittelt; 
wie ja aud) in der Geſchichte der Menſchheit jede Periode aus der vor— 
bergehenden gleichſam herauswächſt. Man muß ferner fejthalten, daß 
nicht alle Formationen überall vertreten ſind, und daß eine und Diejelbe 
Formation im verjchiedenen Gegenden vertchiedenen Gelteinscharafter befigen 
fann. Die Mlächtigfeit Der einzelnen Formationen it ſehr verſchieden, 
nimmt aber tm allgemeinen mit dem Alter zu. Die des Silur beträgt 
über 6000, des Devon über 3000, des Barbon über 7000, Des Jura aber 
mar über 1000 m; und es it emmleuchtend, daß Formationen von to 
verichiedener Mächtigkeit nicht gleichen Zeiträumen entiprechen können. 

Der Erdier. 9°. Eme ſo Scharfe Grenze, wie zwiſchen der Luft- und Geſteinshülle, 
beſteht zwiſchen der letzteren und dem Erdkern nicht, und es iſt ſchon aus 
dieſem Grunde unmöglich anzugeben, bis zu welcher Tiefe die Geſteins— 


Die Teile der Erde. 7 


hülle hinabreicht. Das tiefſte Bohrloch der Erde, das Sperenberger bei 
Berlin, durchfuhr dieſelbe nur bis 1272mm Tiefe; es iſt alſo ſelbſt an 
dieſer Stelle vom Erdinnern nur der 5000. Teil des mittleren Halbmeſſers 
belannt. 

So unnahbar das Erdinnere auch der direkten Beobachtung iſt, ſo 
ſind uns doch zwei Thatſachen bekannt, die geeignet ſind, etwas Licht über 
die Beſchaffenheit desſelben zu verbreiten. 

$ 9. Die mittlere Dichte der ganzen Erde beträgt mach den ver- 
läßlichſten Unterfuchungen 5-5 big 5-7, d. h. die Erde ift um fo viel 
ſchwerer al3 eine gleich große Waſſerkugel. Da die Gefteine, welche fich 
hauptfächlich an dem Baue der Erdoberfläche beteiligen, nur ein jpezifiiches 
Gewicht von etwa 2"/, befigen, jo muß die mittlere Dichtigfeit des 
Inneren noch größer fein, als jene der ganzen Erde. Sueß bat daher 
den Erdfern in zutreffender Weile die Baryfphäre (Suovs = ſchwer) 
genannt, und fie der Lithofphäre oder Gefteinshülle und der Atmoſphäre 
entgegengeftellt. Es iſt auch fehr wahricheinlih, daß ſich innerhalb des 
Erdkörpers die Stoffe vom Anfange an nach ihrer Schwere geordnet haben, 
und die ſchwerſten Daher den innerjten Kern bilden; ob diefer aber aus 
Gijen befteht, wie man nad) Analogie der Meteoriten annimmt, jener 
Trümmer von Weltförpern, die von Zeit zu Zeit auf die Erde fallen 
und teils aus Silifatgefteinen, teil3 aus gediegenem nidelhaltigen Eifen 
beitehen, — wird wohl nie mit einiger Sicherheit zu erweifen fein. 

$ 10. Einen Schluß auf die Wärme des Erdinnern gejtatten die Be- 
obachtungen bei den zahlreichen vertifalen und horizontalen Tiefbohrungen, 
die in allen Kulturländern zu technifchen und induftriellen Zwecken aus- 
geführt wurden. Die Temperaturfchwantungen der Oberfläche dringen nur 
bis zu einer geringen Tiefe in die Gefteinshülle ein; fchon in einer Tiefe 
von ca. Im wird die tägliche Schwanfung nicht mehr fühlbar, und in 
den höheren Breiten unjerer Halbfugel beträgt nach Wilds Unterfuchungen. 
Ihon in einer Tiefe von 23m bie jährliche Variation nur mehr 0°.01C 
In den Tropen, wo die jahreszeitlichen Gegenfähe gering find, dürfte die 
Shit kfonftanter Temperatur fchon in ca. 6m Tiefe zu finden fein. 
don da an nimmt die Temperatur in allen Jahreszeiten und 
überall mit der Tiefe zu. Man nennt die Tiefe, die einer Temperatur- 
teigerung von 1° C. entfpricht, die geothermifche Tiefenftufe; fie 
beträgt nach den Sperenberger Beobachtungen, den verläßlichiten in dieſer 
Beziehung, 33-7 m, und eine unbefangene Prüfung berjelben ergab auch, 
daß die ZTemperaturzunahme eine gleichmäßige if. Wenn an anderen 
Irten anbere Werte gefunden wurden (in Liverpool 3. B. 66-4—71-9, 
dagegen in Neuffen Ilm), fo ift dies nur lofalen Wärmeherden, wie 


Mittlere Dichte 
der Erde. 


Bunahme 
der Temperatur 
mit der Xiefe. 


8 Einleitung. 


chemischen Prozefien in Bergwerfen, Thermen u. ſ. w., zuzuſchreiben, und 
fie bewirfen auch, dag die Zunahme Scheinbar ungleichmäßig erfolgt, je 
nachdem man ſich ihnen nähert oder von ihnen entfernt. So betrug mı 
610m tiefen Fermanſchacht im Nevada mit einer mittleren geothermitchen 
Stufe von 18-1m die Zunahme zwiſchen + und 500 e. F. +9, zwiſchen 
15 und 1900 e. 5. aber nur 09.3, und zwilchen 3 und 400 F. fand 
ſogar eine Abnahme um 19-1 itatt. Die Beobadjtungen im den großen 
Alpentunnels lehren, daß die geothermiichen Tiefenſtufen von der Thalſohle 
gegen das Innere Des Berges größer werden. So 3.92. im Zt. Gotthard 
Tunnel: 

Tiefe des Tunnels 301 558 1026 1165m 

Geotherm. Stufe 24-0 42-3 51-8 52.5 


Tie Flächen gleicher Erdwärme wiederholten allo die Konturen der 
Therfläche, indem fie im Junern der Gebirge anfteigen, aber unter einem 
tlacheren Winkel als die Böfchungen. Nehmen wir an, em Berg B erbebe 
ſich 2000 m über die Ebene A. Die 
mittlere Jahrestemperatur betrage bier 
10", und auf dem Weragiprel 0"; Die 
geothermiſche Tiefenſtufe ei unter A 
33.7 und ımter 2 52-5>m. Es wird 
dann unter dem Verggipfel im Niveau 
der Ebene das Thermometer 39" zeigen, 
während wir unter „I Diete Temperatur 
erſt in 947m Tiefe erreichen. Aber ın 
5000 m Tiefe unter Dem Nivean der 
Ebene wird unter A das Ihermonteter 
auf 1590. 4 und unter 2 wur bis 

dig. 2. Beoilothermen. 134".2 ſteigen. Die Linien gleicher 

Erdwärme (Öeotfothermen) nehmen alſo 

in größerer Tiefe den umgekehrten Verlauf, wie nahe der Oberfläche und 

ſpiegeln, ähnlich einer Waſſerfläche, die Terrainformen ab, wie es oben— 
ſtehende Figur verſinnlicht. 





Es kann ferner feinem Zweifel mehr unterliegen, day im Innern der 
großen Maſſenerhebungen der Geſteinshülle, Die wir Montinente nennen, 
die Iſothermenflächen in ähnlicher Weiſe amteigen, wie im Innern der 
Gebirge. So fand z. B. die Challengerexpedition im Yüdatlantischen 
Tyan in 48546m Tiefe Waſſer von nur 1" Wärme, und wir müſſen 
annehmen, daß unter dem afrikaniſchen Boden in gleicher Tiefe bereits 
eine Temperatur von 144° herrſcht. 


Die Teile der Erde. 9 


$11. Nimmt aber auch die Wärme ſtetig bis zum Mittelpunkte zu? 
Es ift Dies die nach den Beobachtungen wahrjcheinlichite Annahme, wenn 
auh nie eraft zu bemeilen. Dagegen kann die Trage, ob überall, wo 
feine lokalen Einflüſſe ſtörend eingreifen, die Temperaturzunahme in allen 
tiefen gleihmäßig erfolge, nicht beantwortet werden. Alle zu dieſem 
Zwede aufgeftellten Formeln haben nur innerhalb der Grenzen der Be- 
obachtung Giltigfeit, und jchon oben wurde darauf aufmerkjam gemacht, 
daß jelbit das Eperenberger Bohrloch nur der 5000. Teil des Erdradius 
it. Haben diejenigen Recht, welche annehmen, daß die Erde eine durch 
Bärmeleitung und Wärmeausftrahlung ſich abkühlende Kugel iſt, dann 
müſſen die geothermiſchen ZTiefenitufen gegen den Mittelpunkt zu immer 
größer werden. Fouriers Rechnung und Biſchofs Erperiment mit 
eıner Bafaltkugel führen zu dem nämlichen Schluſſe. Lebtere zeigte 48 
Stunden nad) dem Guſſe folgende Temperaturen: 


Entfernung vom Mittelpunfte 0 4.5" 6:75” 9” 
Temperatur 192.5° 170-.0° 156.3° 137.5° 
Geothermifche Stufe 0-200” 0.164” 0.120” 


Man Hat aber auch aus der Thatjache der Temperaturzunahme mit 
der Tiefe auf den Aggregatzuftand des Innern fchließen zu dürfen 
geglaubt. Es müſſe, jo meinte man, in einer gewilfen Tiefe die Wärme 
einen ſolchen Grad erreichen, daß alle Gefteine nur im gefchmolzenen 
Zuſtande fich befinden fünnen. Die Kant-Laplaceſche Theorie ſchien ebenjo 
‚u dieſer Folgerung zu Drängen, wie die Laven fie zu betätigen jchienen. 

Man stellte aljo eine feite Erdfrufte einem feurig-flüſſigen Erdfern 
entgegen, jedoch ohne über die Dice der erftern zu einer Übereinftimmung 
gelangen zu können. Airy behauptete fogar, fie fei von ungleichmäßiger 
Mächtigkeit, indem ſie in ihren fontinentalen Teilen dider, aber weniger 
dicht, und in ihren ozeanifchen dünner, aber dichter fei. Schon Hopkins 
warnte aus aftronomiichen Gründen vor der Annahme einer zu dünnen 
Kruſte. Wäre die Erde eine vollkommene Kugel, jo müßte die Rotationg- 
are ihre Lage immer unverändert beibehalten; die polare Abplattung 
bewirft aber, daß die Are unter dem Einfluffe von Eonne und Mond 
gewiſſe Bervegungen ausführt, die denen eines wanfenden Streijel3 nicht 
ähnlich find. Es läßt fich nun berechnen, wie diefe Bewegung fich 
geitaften würde, wenn die Erde ganz flüffig oder wenn fie ganz fejt wäre. 
Tie beobachteten Thatjachen verlangen nun eine Erdfrufte von mindefteng 
1270—1590 km Mächtigkeit (!/,—!/, des Erdhalbmeſſers). Man Hat 
war Hopkins geantivortet, daß die Vorausjegung einer abjoluten Flüffig- 
teit des Erdkerns nicht ftatthaft jei, aber immerhin lehrt feine Rechnung 


Beſchaffen heit 
des Erdinnern. 


Tie Wiſen 
ſchaiten von 
der Erde. 


10 Einleitung. 


— pie Never bemerkt —, day der Erdfern entweder abſolut flüſſig und 
dann Flein, oder, wenn er größer tft, wenigſtens zähflüſſig ſein müſſe. 

Phyſikaliſche Bedenken veranlaßten mehrere Forſcher, darunter be— 
ſonders Thomſon, die Lehre vom flüſſigen Erdinnern zu verwerfen. 
Die Erde müſſe, Tagen ſie, von innen nach außen erkaltet Hein, denn 
ſobald ſich eine Kruſte gebildet habe, müſſe ſie als ſchwerer in dem flüſſigen 
Körper untergeſunken ſein. Gegen dieſe Annahme ſprechen aber mancherlei 
Verſuche: das größte Experiment führt uns die Natur ſelbſt in der flüſſigen 
Lava des Kilauega Kraters, Die eine feſte Decke trägt, vor Augen. Zwar 
ſtützte man die Hypotheſe vom feſten Erdkern noch durch eine zweite 
Thatſache, die die Verteidiger des flüſſigen Juſtandes allerdings nicht 
beachtet Hatten. Der Schmelzpunkt der Körper wird nämlich Durch Druck 
entiveder hinauf- oder herabgerüct, je nachden Tie Tich beim Erſtarren 
anfammenzichen oder ausdehnen Ta die Zilifatgefteine des Erdinnern 
au den erfteren gehören, jo milden ſie unter dent ungeheuern Drucke der 
Geſteinshülle ſich verfeftigen. Dagegen ſcheint aber die Entderfung von 
Andrews zu ſprechen. Eine Reihe von Körper, wie die permanenten 
Safe, Kohlenſäure, Alkohol und Waſſer, können über eimen für jeden 
Körper beitimmten Iemperaturgrad, den ſog. fritiichen Puukt, umter jedem 
beliebigen Drucke nur als Gaſe eriftieren. Wird dies einſt auch von den 
übrigen Mörpern nachgewieſen, daun wird die Vermutung, daß das Grd- 
innere Sich um gasförmigen Zuſtande befinde, berechtigt ſein. Aber jeden: 
falls können wir jegt Schon daraus die Yebre zieben, daß hoher Trud 
nicht unter allen Umſtänden einen feſten Aggregatzuſtand bedingt. 

Und welches iſt nun das Reſultat unſerer kritiſchen Umſchau? Leider 
ein negatives. Alle Antworten auf die Frage nach der Beſchaffenheit des 
Erdinnern gehören noch in das Reich der Hypotheſe, aber wir dürfen die 
Hoffnung nicht aufgeben, einmal zu einer phyſikaliſch feſt begründeten 
Theorie zu gelangen. 


Die Aufgaben der phyſiſchen Erdkunde. 


8 12. Obwohl es im Grunde genommen nur Eine Wiſſenſchaft von der 
Erde giebt, ſo bat doch die wachſende Erkeuntnis eine Arbeitsteikung, 
eine Trennuug der Disziplinen notwendig gemacht. Neben den Wiſſen 
ichaften von der Erde als Ganzes Steben aber bekanntlich aud 
Die Wiſſenſchaften von den einzelnen SB lametentetlen, die Metro: 
rologie, HOydrographie, Mineralogie md Petrographie, Botauik und Joologit, 
und endlich Die Wiſſenſchaäften vom Menſchen. In der Entwickelungs 





Die Aufgaben der phyſiſchen Erdkunde. 11 


geihichte der Hydrographie bietet und die Gegenwart ein draftiiches Bei⸗ 
tpiel, wie innerhalb weniger Jahre ein Teil einer Disziplin eine jelbjtändige 
<tellung im Kreife der Willenfchaften fich erringen fann. Und ift einmal 
dieſe Stufe erflommen, dann wird eine Wiſſenſchaft nie mehr, auch nicht 
in den Zeiten des Stillitandes, in ihre frühere Abhängigkeit zurüdfehren. 

$ 13. Die Wiſſenſchaften von der Erde find die fog. mathematische 
Geographie, die Geologie und die Geographie oder Erdfunde. 
Tie erjtere betrachtet die Erde in ihren fosmifchen Beziehungen und be- 
häftigt Sich mit denjenigen Problemen, die nur auf mathematischen Wege 
und mit Hilfe der Aftronomie gelöft werden fünnen. Sie beftimmt die 
Yage eines Punktes auf der Erdoberfläche, indem fie deſſen geographifche 
Länge und Breite ermittelt, und ihre Hilfe mußten wir anrufen, als wir 
uns über die Geftalt und Größe unſeres Planeten unterrichten wollten. 
Auch die Geologie, die Entwidelungsgefchichte der Erde und ihres orga- 
niſchen Lebens, haben wir bereit3 fennen gelernt; fie belehrte ung über 
die Zufammenfegung der Gejteinshülle. Im Gegenſatze zu diefer Wiffen- 
ſchaft beichäftigt fich die Geographie nur mit der Erde in ihrer gegen- 
wärtigen Erſcheinungsform; doch reicht die Gegenwart im geographijchen 
Sinne bi3 in die Zeiten der biftorifchen Dämmerung hinauf, denn der 
Menſch bildet einen ebenjo integrierenden Beftandteil der gegenwärtigen 
Erde, wie Tier und Pflanze, Luft und Waller, Gejteinshülle und Erdfern. 
Es fann ung die Thatfache, daß jeder dieſer Planetenteile (mit Ausnahme des 
zulegt genannten, von dem wir noch jo wenig ficheres wiſſen) bereit3 Gegen- 
ſtand einer jelbjtändigen Disziplin geworden ift, an der Eriftenzberechtigung 
der Geographie nicht irre machen. Weicht fie doch von dieſen Spezialwiljen- 
ſchaften wefentlich durch ihre Methode ab, die in der bejtändigen Be- 
trachtung der Wechlelwirkung der einzelnen Planetenteile beſteht. Man 
fann fie daher definieren ala die Wilfenihaft von den Jieben 
Rlanetenteilen in ihren gegenfeitigen Beziehungen innerhalb 
der biftorifchen Zeit. 

814. Die Abgrenzung der Geographie von den Wiſſenſchaften tder 
Urganismen ift verhältnismäßig leicht. Dagegen ift mehrfach die Anficht 
ausgejprochen worden, die Meteorologie jei nur ein Teil der Geographie. 
Tie Luft ift infofern Gegenjtand der geographiichen Betrachtung, als ihre 
Eriheinungen, die wir im Begriff Klima zufammenfaflen, einen wahr: 
nehmbaren Einfluß auf die übrigen Planetenteile mit Ausnahme des Erd- 
innern ausüben. Solange die Meteorologie nur Klimalehre war, war 
ihre Selbftändigkeit in der That eine rein äußerliche. Aber jede jelbftändig 
gewordene Wiſſenſchaft wird mit der Zeit eigene Wege aufjuchen. Die 
gegenwärtige Meteorologie iſt vorwiegend Witterungsfunde, ihr Haupt- 


Begriff der 
Geographie. 


Geographie 
unb Meteoro- 
logie. 


(Heoyraphie 
und Geologie. 


12 Einleitung. 


augenmerk tft auf die Gelege gerichtet, nach weldyen ich die Beränderungen 
im Luftmeere vollziehen: ihr tdeales Ziel iſt die Sichere Wetterprognoie. 
Tiefer Teil der Meteorologie iſt ſeinem Velen nach nicht geograpbiich, 
aber es würde Unkenntnis oder Undankbarkeit verraten, wollte man 
leugnen, daß er die Klimalehre mächtig gerördert hat. Iſt doch das Klima 
nichts anderes als ein beitimmter Witterungstypus, veprätenttert Durch eine 
Reihe von Mittelwerten: und es It natürlic) von hohem Intereſſe au er— 
fahren, wie dieſe Mittelwerte zuſtande kommen. Schon jest läßt es ſich 
ahnen, welche gewaltige Umwandlung die Klimatologie erfahren wird, 
wenn einmal die Witterungskunde die ganze Nordhemiſphäre umfaßt. 

Auch in einer anderen Beziehung tt das Verhältnis der Meteorologie 
zur Geographie lehrreich. Erjtere betrachtet alle Phänomene innerhalb Des 
Luftmeeres mit gleichen Intereſſe, leßtere aber nur jene, Die auf Die 
übrigen Planetenteile von enticherdendem Empluffe find. Für den Meeteo- 
vologen tft das Problem der täglichen Schwanfung des Luftdruckes ebento 
wichtig, wie das der täglichen Värmeihiwanfung, während der Geograph 
nur dem leßteren Beachtung Ichenft. Die geheimnisvolle magnetitche Kraft 
der Erde erregt untere größte Aufmerkſamkeit, aber die Yehre von derielben 
würde im eier phyſiſchen Erdkunde ganz iſoliert daſtehen, Tolange man 
nicht nachgewieſen hat, daß ſie mit den großen Erſcheinungen des Erden: 
lebens inniger und in umfaſſenderer Were zuſammenhängt, als bloß durch 
das lokale Phänomen des Nordlichtes. Nichts bat dem Anſehen der Geo: 
grapbie mehr geichadet, als jene Yehrbucher der phyſiſchen Erdkunde, Die im 
einfachen Nompendienfttle die Ergebniſſe der Spezialwiſſenſchaften mebr 
der weniger zuſammenhangslos neben einander ftellten. 

$ 15. Die meiſten Örenzjtreitigfeiten beſtehen zwiſchen Geologie und 
Geographie. Z3wei Zäße dürften indes von Niemandem beitritten werden: 
1. die hiltoriiche Geologie iſt fein Teil, aber eine der wichtigiten Hilfs— 
wiſſenſchaften der Geographie, denn die gegemwärtige Ertcheinungsform der 
Erdoberfläche iſt ja mur ein Produkt ihrer Entwickelungsgeſchichte. 2. Von 
der dynamiſchen Geologie iſt wenigſtens jener Teil beiden Wiſſenfchaften 
gemeinfam, der von den, auch m der Öegemvart noch thätigen Kräften 
handelt. Dagegen tft in der Frage, ob der Geograph ſich damit be- 
gnügen jolle, die Oberflächenformen zu beichreiben und zu klaſſifizieren, 
ohne ſich um ihre Bildungsgeſchichte zu kümmern, noch immer feine Üüber— 
einſtimmung erzielt. Aber wohl auf feinem Gebiete ind alle Arbeiter über 
die Grenzen Ddesjelben einig; die Zeit Der chineſiſchen Mauern in der 
Wiſſenſchaft iſt eben vorüber. In gewiſſen Stadien ihrer Eutwickelung mag 
füch eine Disziplin damit begnügen, Thatſachen zu konſtatieren, und be: 
jonders nach den Seiten ausgelaſſener Zpefnlationstucht ehrt der unbe 


Die Aufgabe der phyſiſchen Erdkunde. 13 





friedigte Geiſt gerne wieder zu diefer nüchternen Arbeit zurück; aber ftet3 
wird die Erforſchung der Kaujalität die Hauptaufgabe des Menjchengeiftes 
bleiben, und e3 wäre vergeblich, ihm zuzurufen: bis hierher und nicht 
weiter! Es ift übrigens eitle Furcht, daß eine Wiſſenſchaft an Wert ver- 
liere, wenn fie mit einer anderen ein Gebiet teilt. Iſt doch die Geologie 
n dem gleichen Falle. Die dynamiiche Geologie ift ein geographifches 
Erbſtück, und die fog. phyfiographiiche Geologie ift nichts anderes, ala 
eine Zuſammenſtellung geographiicher Thatjachen, zu deren Kenntnis die 
Geologen faft gar nicht? beigetragen haben. 

$ 15. Je nachdem man die Wechſelwirkung der Planetenteile über die 
ganze Erde verfolgt oder fich nur auf einen Zeil des Feſtlandes be- 
ihräntt, ift die Geographie Erd- oder Yandesfunde. Bei der einen 
wie bei der anderen unterjcheidet man noch einen phyſiſchen und einen 
politifchen oder Hiftorifchen Zeil. Im Grunde genommen giebt es 
freilich weder eine phyſiſche noch eine politische Geographie, fondern nur 
eine Geographie ſchlechtweg. Aber trotzdem laſſen Erwägungen praftifcher 
Katur jene Untereinteilung al® wünfchenswert erjcheinen. Man mag den 
Menſchen theoretiich immerhin nur als ein Glied der organiichen Schöpfung 
auffajien, man mag ihn immerhin als eine Spezies in das zoologifche 
Syſtem einreihen; in der That ift er doch eine Welt für id. Es tft 
auch ganz gleichgiltig, ob feine intellektuellen und moralifchen Eigenfchaften 
aus derfelben natürlichen Quelle ftammen, wie ähnliche Erfcheinungen in 
der Tierwelt, oder ob fie höheren Urſprungs find. Sie find einmal vor- 
handen, und gerade fie find es, die den Menjchen ſelbſt über die höchſt— 
organifierten Zierflaffen weit emporheben. Die Unterfuchung feiner Be— 
jiehungen zu der Natur werden infolgedeſſen auch in anderer Weije ge- 
nihrt werden müſſen und zu anderen Rejultaten führen, als jene der 
geographiichen Verbreitung der Pflanzen und Tiere. Dan kann fich nicht 
mehr auf die Frage beichränfen: wie wirkt die Natur auf den Menjchen 
en? jondern man muß auch die andere, nicht minder wichtige Frage be- 
antworten: wie wirkt der Menjch auf die Natur ein? Wohl fteht auch 
Tier und Pflanze nicht ganz paffiv der unorganiichen Welt gegenüber. 
Tie Pflanzen fpielen eine wichtige Rolle im Zerſtörungsprozeß der oberen 
Sefteinafchichten. Sie verkleinern durch allmäliches Vorrüden den Umfang 
der Seen, und an ben tropifchen Flachküſten verjchieben Rhizophoren und 
Avicennien jogar die Grenze von Meer und Land zu gunften des letztern. 
Regenwürmer lodern nah Darwin den Boden auf und find ein Haupt- 
faktor bei der Humusbildung. H. Credner jchildert ung, wie in gewiſſen 
Zeilen von Nordamerifa der Biber geradezu terrainbildend wirft, indem 
er fließendes Waſſer zu Zeichen aufftaut, Kanäle anlegt, Wafferfcheiden 


Eintellung der 
Geographie. 


14 Einleitung. Die Aufgaben der phnſiſchen Erdkunde. 


durchbricht, Wälder Lichtet und in Wieſen verwandelt. Mn pichtigiten 
find jedoch die riffbildenden Norallen, denen zahlloſe Inſeln in den tropischen 
Meeeren ihre Entftehung verdanfen. Aber in allen dieſen Fällen handelt 
es fi) doch nur um vereinzelte Wirkungen, während der Menſch überall, 
wo er Hingedrungen iſt, Spuren jener Ihättgfert hinterläßt. Freilich iſt in 
dieſer Beziehung ein getvaltiger Unterschied zwiſchen einem Kultur- und 
einem Naturvolke. Je höher ein Volk in der Geſittung ſteigt, deſto mehr 
löſt es ſich aus der Abhängigkeit von der Natur los; aber gerade dadurch 
werden die Bande, die beide umſchlingen, nur noch feſter geknüpft, weil 
die Ausbentung der Naturſchätze an Intenſität zunimmt. So durchmißt 
der Menſch in ſeinem Verhältnis zur Natur alle Stadien vom Sklaven 
bis zum Herrſcher, und es iſt klar, daß ſo mannigfache Beziehungen auch 
in der wiſſenſchaftlichen Behandlungsweiſe zum Ausdrucke kommen müſſen. 

Es iſt alſo eine Vereinfachung unſerer Aufgabe, wenn wir uns bei 
der Unterſuchung der Wechſelwirkung der Planetenteile nur auf jene 
beſchränken, die unter der Herrſchaft feſter Naturgeſetze ſtehen. Wir werden 
mit der Betrachtung der Lufihülle beginnen, da dieſe Die ganze Erde 
umgiebt, ſodann die Erdoberfläche in ihren verichiedenen Geſtaltungen kennen 
(lernen und zum Schluſſe Die geographiiche Verteilung der Pflanzen und 
Tiere beiprechen. Da aber die Klimalehre die Kenntnis einiger wichtigen 
geographiichen Thatſachen vorausfegt, jo wollen wir vorerſt dieje dem 
Leſer vorführen, che wir an unſere eigentliche Aufgabe herantreten. 


Erites Kapitel, 
Allgemeines über die Gejtaltung der Erdoberfläche. 


Die Verteilung von Wafer und Land. 
(S. Karte I.) 


$17T. Da die befannten Landmaſſen nad) Behm und Wagner einen Beryättnis von 
Slähenraum von 136038872 (in runder Summe 136 Mill.) qkm eier ud 
einnehmen, fo entfallen, wenn wir die Beſſelſchen Dimenfionen der Erbe 
zu grunde Legen, auf die Waflerfläche 373911842 (in runder Zahl 
34 Mil.) qkm. Die Erdoberfläche befteht alſo aus 26-7 Prozent Land 
md 13-3 Prozent Waſſer (wovon wir aber alle Landgewäſſer ausfchliegen), 
oder die Landfläche verhält ich zur Waflerfläche wie 1: 2°/,. 

Diefer Ausdrud, wenn auch im großen und ganzen richtig, dürfte 
doh durch Die vermehrte geographilche Erkenntnis in den Bruchteilen 
enige Modifilationen erleiden. Man bedenke nur, daß die Berechnung 
des Areal3 noch vielfach auf mangelhaften Kartenmaterial bafiert, ja Daß 
von manchen polaren Ländern nicht einmal alle Grenzen befannt find. 
Auperdem giebt es hier noch Räume, die, ſoweit die hiſtoriſche Kunde 
reiht, noch fein Menfch betreten Hat. Im arktiichen Gebiete erreichte 
Perry 1827 unter ca. 20° O. 82045°8., Bayer 1874 unter ca. 581/,0D. 
258, Markham 1876 unter ca. 630 W. die höchſte Breite: 83% 207. 
Im ganzen ſchätzt man hier die noch unbefannte Fläche auf 6.3 Mill. qkm. 
Um den Südpol beträgt fie fogar 16-5 Mill.gkm; Weddell drang hier 
1523 unter 45° W. nur biß 7415, Roß 1842 unter ca. 162° W. bis 
78 10 B. vor. Diefe noch abfolut unbefannten Areale — 4!/, Prozent der 
geſamten Erdoberfläche — wurden oben (obwohl die Eriftenz eines antarf- 
chen Kontinentes fehr wahrjcheinlich ift) dem Waſſer zugerechnet; aber 
telbjt wenn fie ganz vom Lande eingenommen würden, würde die Wafjer- 
lüche noch immer 2°/, mal größer als die Landfläche fein. 


Ungleihmäßige 
Verteilung. 


Einteilung de? 
Feſtlandes. 


16 Erſtes Rapitel. 


$ 18. Land und Waſſer find ungleichmäßig verteilt. Die nördliche 
Halbkugel hat 39, die ſüdliche nur 14 Prozent Land', und im demſelben 
Gegenſatze zu einander ſtehen die öſtliche Hemiſphäre mit 36 und die 
weſtliche mit 17 Prozent Land. Man hat auch die Erde tin eine Land- md 
eine Waſſerhalbkugel geteilt; im Pole der erſteren, die beinahe alles Trockene 
der Erdoberfläche enthält, liegt Yondon, im Pole der leßteren die Anti 
podeninjel bei Neuſeeland. Kreisförmig umlagern die großen Kontinental— 
maſſen das arftiiche Binnenmeer: Amerifa dringt bis 71"50%, Europa bis 
1’ 10%, Aſien bis 77042 B. vor; von da an ſtrecken ſie mit abnehmender 
Breitenentwickelung polypenartig ihre Arme nach Süden aus, um auf Der 
Jüdlichen Hemiſphäre in drei Zpigen zu enden: Südamerika in 56", 
Auſtralien mit Tasmanien in 43°40%, Afrika ſogar ſchon 34517 B. 

Dagegen hat der Ozean ſeine Heimat auf der ſüdlichen Halbkugel, wo das 
antarftiiche Eismeer, Die Südſee und der indische Ozean den Stamm einer 
zuſammenhängenden Warferfläche bilden, de in zwei Armen, dem nord- 
anttichen und dem atlantiichen Ozean mit dent arftiichen Meere anf Die 
Nordhemiſphäre übergreift. 

Im Öegenjage zur ununterbrochenen Meeresfläche ericheint das Irodene 
allerdings in der Form von getrennten Maſſen, Kontinenten und Inſeln, 
von denen aber die legteren — nur 7-6 Proz. der ganzen Landfläche — 
eine verhältnismäßig untergeordnete Nolle ſpielen. Doch it es, dank der 
nahen Aneinanderrückung der Kontinente an ihrer arftiichen Breitemeite, 
möglid), von jeder Südſpitze eines Südkontinentes zu den beiden anderen 
zu reiten, ohne das Land aus den Angen zu verlieren. Die Berings— 
jtraße, Die Wien von Amerika trennt, iſt nur 1’, Yängengrade (111 km! 
breit. Zwiſchen Neufundland und Irland erjtreeft Tich allerdings der Dzean 
iiber 40 Yängengrade oder 3300 km, aber ywiichen Grönland und Mor: 
wegen engt er Sich ſchon auf 1500 km ein. Wie ganz anders geftalten 
jih die Verhältuiiie an den Ausläufern Der Nontinente! Das Nap Hoorn 
nt vom Kap Agulhas 89, das leptere vom South Nap 137, und dieſes 
vom Kap Hoorn 144 Yängengrade entfernt. 

$19. Tie landlänfige Einteilung untericheidet 5 Nontinente und 5 Ozeane. 
Unterjuchen wir nun, ob diefe Einteilung auch in der Natur begründet 


I Tie allmäblübe Yandabnahnte nach Süd, womit die Zerſplitterung und Zuſpitzung 
der Kontinente Dand in Band gebt, tritt in folgenden, Yubbod entlebnten Prozent 
werten ſehr deutlich beivor: 

X. 60% 50° 400 302 200 10° 00 10720” 30° 400 500 0608 
Waſſer 4543 40-7 32-7 536 67-7 710 771 786 77T 701 51 97-2 100.0 
Land 64.7593 473 464 23 290 22-0 21.4 22-5 20-0 4-09 2-7 0-0 


Der Umſchwung zu gunſten des Meeres tritt alſo ſchon zwiſchen 40 und 500 M. B. ein. 


Allgemeines über die Geftaltung der Erdoberfläche. 17 


ft. Zunächſt zeigt uns jede Weltkarte zwei große zufammenhängende 
Kontinentalmajjen, eine Weſt- und eine Oſtfeſte, wovon die erſtere 31.1, 
die letztere 68-9 Prozent alles Trockenen umfaßt. Wir zählen zur letzteren 
auch Auftralien, das troß feiner injularen Lage mit der alten Welt durch 
eine ununterbrochene Inſelkette verbunden ift. Neben dem Gegenſatze der 
Alten und Neuen Welt fällt uns aber auch jofort der zwiſchen den Nord- 
und Südlontinenten in die Augen, und dies führt uns wieder zur 
stage nach den feiten Grenzen der Erdteile, wobei wir aber vorläufig 
von allem infularen Zugehör abjehen wollen. 

§ 20. Bon allen Kontinenten ift nur Auftralien ringgum von Meer 
umjloffen und bildet jomit gleichſam ein Mittelglied zwiſchen Injel und 
Erdteil. Diefe Iſolierung verleiht ihm eine ausgeprägte Individualität, 
und diefer Charafterzug wird noch durch den Umftand verichärft, daß bie 
Abtrennung von Aſien bereit3 vor der Zertiärzeit erfolgte, wie man aus 
der altertümlichen Tracht feiner Säugetierwelt mit Sicherheit fchließen 
konn. Wohl iſt auch) Amerika, irrtümlich ala ein einziger Erdteil be- 
zeichnet, allfeitig von Wafjer umgeben, aber ſchon ein flüchtiger Blick auf 
die Karte läßt ihn ald Doppelfontinent erkennen. An verfchiedenen 
Stellen des Mittelgliedeg wird der weitliche Hochgebirgswall vollitändig 
unterbrochen; die granitiichen Geſteine und kriſtalliniſchen Schiefer ver- 
ihwinden und an ihre Stelle treten vulfanifche Gefteine mit fubmarinen 
Ronglomerat- und Tuffbildungen und jungen Anjchwemmungsmaffen. Die 
Waſſerſcheide erniedrigt fich auf der Landenge von Tehuantepec auf 208, 
beim Hafen von Brito auf 46 (13m über dem Nicaragua-See), zwilchen 
Aspinwall und Panama auf 87, auf dem Iſthmus von Darien zwifchen 
dem Caquirri und ber Baya auf 142, in ber Provinz Choco zwiſchen dem 
Mittellaufe des Rio Atrato und der Mündung des Rio Jurador auf 154, 
endlich im Weiten von der Cupica auf 186m. So trennen die Iſthmen 
von Tehuantepec und Panama mit dem centralamerifanifchen Zwiſchenſtück 
Rord- und Südamerifa nicht minder jcharf, wie die Landenge von 
Zug Afrika und Alien; und bald wird, wie bier, jo auch bei Panama 
ein Kanal anftatt der nur 72.5Kkm langen Eifenbahn beide Ozeane ver- 
binden. Daß noch in junger geologifcher Vergangenheit natürliche Kanäle 
beide Kontinente ſchieden, Kanäle, die durch ſubmarine Eruptionen in der 
Zerttärzeit und durch Hebungen (worauf die 16—34° ſtarke Neigung der 
TZertiärfchichten im Innern der Panamaenge hindeutet) verftopft wurden, 
das beweift die auffallende Übereinftimmung der Seefifche und die nahe 
Berwandtichaft der Meeres-Mollusten zu beiden Ceiten des Iſthmus von 
Vanama. Morphologiſch endet Nordamerika ſchon bei der Enge von 
Tehuantepec, und auch der fauniftiiche Charakter Central-Amerikas, das 

Suyan, Bhufiihe Erdkunde. 2 


Grenzen 
ber Kontinente. 


—18 Erſtes Rapitel. 


ſeine Tierwelt vom Südkontinente empfing, während in Mexiko nördliche 
und füdliche Faunag fich miſchen, rührt zu dieſer Grenzbeſtimmung. 

Ein noch ungelöſtes Rätſel bietet der Suez Iſthmus. Nach 
TH. Fuchs’ genauen Unterſuchungen beſteht derſelbe nur aus recenten 
Bildungen von meiſt lockerer Beſchaffenheit, wodurch die Anlage des 
Kanals, der nur ſüdlich von den Bitterſeen eine feſte Gipsbank durchbricht, 
weſentlich gefördert wurde. Den nördlichen Teil bedecken Ablagerungen 
des Mittelmeeres, den ſüdlichen Ablagerungen des roten Meeres, zwiſchen 
beiden ſchiebt ſich ein Streifen von Nilſedimenten ein. Der zur Hälfte 
ausgetrocknete Menzaleh See und die in Marſchland verwandelten Seen 
von Ballah ſind ebenſo abgetrennte Stücke des Mittelmeeres, wie die 
Bitterſeen, die bis zur Durchſtechung des Kanals trocken lagen, Reſte des 
roten Meeres ſind, mit dem ſie vielleicht noch in hiſtoriſcher Zeit ver— 
bunden waren. Alles drängt uns zu dem Schlnſſe, daß die Vereinigung 
von Mien und Afrifa erſt in der geologischen Gegenwart ſich vollzog. 
Aber dem wideripridt die fundamentale Verſchiedenheit der Faunen des 
roten und Mlittelmeeres, die erſt ſeit der Eröffnung des Kanals durch 
Hin: und Herwanderungen zu Jchwinden beginnt — ein Beweis, daß nicht 
verfchiedene Lebensbedingungen, jondern nur eme feſte Barriere die frühere 
Vermischung verhinderte. 

Während Australien völlig iſoliert iſt, Aſien und Afrifa wie Nord 
und Südamerika mur durch Schmale Yandbrücen zuſammenhängen, er: 
jcheint der fünfte Kontinent, Europa, nur als eine große aſiatiſche 
Halbinfel. Fügen wir noch hinzu, day er die Flora und Fauna mit 
den benachbarten Gegenden Afiens teilt, To ſcheint er jede Berechtigung 
jeiner fontinentalen Zelbjtändigfeit eingebüßt zu haben. In der That 
verdankt er jene Würde zunächſt nur der eigenartigen und hohen Kultur 
ſeiner Bervohner, und es wäre ebenſo kleinliche Pedanterie, wie vergebliche 
Mühe, wollte man ihn jeßt zum aftatischen Anhängſel Degradieren. Die 
Yandesgrenze, die mit Der Kultur immer weiter nad) Oſten rückte, tft 
freilich jchwanfender Natur. Eine gute Marke bildet nur das Uralgebirge, 
während der Uralfluß lediglich nur eine Fonventionelle Grenze iſt. Im Sid: 
often ragt var auch ein Gebirge empor, aber mit beijeren Gründen, als auf 
den Kamm des Kankaſus, verlegen wir Die Grenze in die Manptich: 
Niederung, wo die Waſſerſcheide zwiſchen dem jchwarzen und faspijchen 
Meere nur 10m über dem Spiegel des erjteren Liegt, und noch in junger 
geologiycher Vergangenheit ein natürlicher Kanal beide Waſſerbecken verband. 

Ein morpholegiicher Charafterzug Ipricht aber doch für die Zelb 
jtändigfeit Curopas. Es läuft wie Alien im Süden in drei Halbinſeln 
aus: und dastelbe finden wir bei Nordamerika, wo Mexiko erſt jet Dem 


Algemeines über die Geftaltung der Erdoberfläche. 19 


Zuiammenfchluffe mit Südamerifa feine Halbinjelnatur eingebüßt Hat. 
Ten dreilpigigen Nordfontinenten ftehen die einjpigigen Sübfontinente 
gegmüber; nur bei Auftralien wurde durch die Abtrennung Tasmaniens 
dieje Eigentümlichkeit etwas verwiſcht. Auch fonft haben fie manche 
gemeinjame Züge. So entipricht die flache Bucht von Arica dem Buſen 
von Öuinea und dem auftraliichen Golfe, und es ift bemerfenswert, wie 
die Größe dieſer Einjchnitte gegen Djten ftetig zunimmt. 

Sehen wir von dem injularen Zubehör vorläufig ganz ab (bei Amerika 
auch von dem centralen Zwilchengliede), jo erhalten wir für die Areale der 
Kontinente folgende abgerundete Zahlen: 

Nordamerika 19.3 Mill. qkm. |, Südamerifa 17-6 Mill. qkm. 


Europa 9.2 = =. Afrika 29.3 = = 

Alten 41-9 =- = Uuftralien 16 = = 

Rordfontinente 70-4 = = , Südlontinente 54-5 - = 
(56-4 Prozent). (43.6 Prozent). 


In bezug auf die geographifche Lage entipricht ftet3 ein Nordfontinent 
enem Südkontinente. Aber in ihren gegenieitigen Größenverhältnifjen 
weicht .jedes Paar von den anderen ab. Europa-Afrika und Wfien- 
Auftralien ftellen die Extreme dar, zwiſchen denen die fat gleich großen 
amerilanischen Zwillinge vermitteln. 

$ 21. Die offizielle Einteilung des Weltwaſſers grenzt zunächſt Die 
beiden Eismeere von den übrigen Ozeanen durch die Polarfreife ab; und 
da die jüdlichen Feſtländer jchon in niederen Breiten enden, jo werden Die 
tontinentafen Grenzen des atlantifchen, indifchen und ftillen oder 
vazififchen Ozeans durch die Mteridiane der drei Südjpigen (67° W., 
20° und 146° D. ©r.) bis zum jüdlichen Polarkreiſe ergänzt. 

Aber Meridiane und Polarkreiſe find feine natürlichen Grenzen, und 
doch laſſen ſich morphologifche Gefichtspunfte, die uns bei der Einteilung 
des Feſtlandes Teiteten, auch Hier zur Geltung bringen. So ift die Siüd- 
grenze des arktiichen Meeres durch eine Reihe von unterfeeifchen Boden- 
anſchwellungen gegeben, und wir werben in einem fpäteren Kapitel nad)- 
weilen, welchen Einfluß fie auch auf die Verteilung der Ziefentemperaturen 
haben. Auf der pazifiichen Seite ift die Beringsſtraße fchon oberflächlich 
eme gute Grenze, ihre Bedeutung wird aber noch verftärkt durch ein 
iubmarines Plateau, das ſich vom afiatischen Oſtkap über die Diomedes- 
und Krufenftern-Injel zum Kap Prinz von Wales hinüberzieht. Auf der 
atlantifchen Seite finden wir ſolche Bodenfchwellen unter dem Polarkreiſe 
zwiſchen Baffinsland und Grönland, und eine zweite, bejonders wichtige, 
die von der grönländifchen Dftfüfte über Island und die Färder zu den 
<hetlanda-Infeln hinüiberftreicht; von hier bis zur Süd-Weft-Spite Nor- 

2* 





Einteilung des 
Oʒeans. 


Euraopa 


und Atom, 


20 Erftes Rapitel. 


wegens iſt die Örenze freilich mir eime künſtliche. Die Nordgrenze des 
antarftiichen Meceres wird morphologiſch Durch die Yorodromen (Yinien, 
Die auf Karten in Mercators Projektion als Gerade erfcheinen) gebildet, 
die die Südſpitzen der drei ſüdlichen Erdteile mit einander verbinden. 
Tiejes Meer iſt das einzige, welches ohne fontinentale Schranken und 
wahricheinfichh nur von kleinern Inſeln unterbrochen die ganze Erde um 
giebt, es iſt der circumterrane Ozean im Gegenſatz zu den inter 
fontinentalen. 

Für einen phyſiologiſchen Einteilungsgrund trat Krümmel em. 
Darnach giebt es nur drei Ozeane mit ſelbſtändigen Syſtemen von Meeres— 
ſtrömungen. Die Grenzmeridiane der offiziellen Einteilung werden bei— 
behalten, aber bis zum Südpol oder bis zu den Spitzen des hypothetiſchen 
Kontinentes am Südpol verlängert Tas jüdliche Eismeer verſchwindet 
jomit ganz aus der Liſte der Ozeane, während das nördliche zu’ einem 
Dependenten des atlantiichen Ozeans herabſinkt. Da wir aber über das 
antarftiiche Meer und jene Strömungen noch To wenig wiljen, jo empfichtt 
ſich dieſe Einteilung derzeit noch nicht. 

Krümmel verdanken wir aud) eine Berechnung des Flächeninhaltes 
der einzelnen Ozeane, wobei er Ti auf der nördlichen Hemiſphäre an 
die morphologischen, auf der füdlichen aber aus Bequemlichkeitsrückſichten 
an Die offiziellen Grenzen hielt. Er fand für das arftüche Eismeer 15-3, 
für den atlantischen Ozean 35-6, für den mdilchen 74, für den paziftichen 
115-6, und für das tüdliche Eismeer 20-5 Mill. qkm. Der pazifiiche Ozean 
iſt allo Falt um das Areal Aſiens, des gewaltigiten Nontinentes, größer, als 
das gelammte Feſtland der Erde. Es bedeckt am Äquator die Hälfte unſeres 
Planeten, iſt noch unter 4” S. 11300 km breit, verengt ſich aber am 
Nordende auf 111km. Der mdiiche Ozean wiederholt im abgeſchwächten 
Mare die Geftalt der Südſee, während der atlantiiche Ozean thalförmig 
zwiſchen der alten und neuen Welt eingebettet it. Daher ift feine Breite 
Yo ziemlich gleihmäßig, wen man fie nach Yarallelgraden mißt. Nach 
km gemetfen, zeigen Sich natürlich erhebliche Unterichtede: ſo beträgt die 
Breite unter 35% S. 6800, unter 25’ I 7300, unter 65’ I. aber nur 
3S00 km, und außerdem wird hier die Mleeresfläche noch durd) Grönland 
unterbrochen. 


Die Oberfläche des Feſtlandes. 


$ 22. Wir haben oben Europa und Aien in gewilter Hinficht als 
einen einzigen Kontinent bezeichnet. Auch die Tberrlächenbildung verknüpft 
ſie Fejt miteinander. Em Hochlandgürtel durchzieht beide Feſtländer 


Allgemeines über die Geftaltung der Exrdoberfläde. 21 


vom pazifiichen bis zum atlanifchen Ozean, aber in Europa befteht er vor- 
wiegend aus Kettengebirgen, während er in Afien zu mächtigen Platenu- 
maſſen anſchwillt, die von Kettengebirgen umfchloffen werden und felbft 
wieder folche tragen. Die gewaltigite Mafjenerhebung der Erde, das 
ientralafiatifche Hochland, jendet wieder drei große Gebirgsſyſteme aus: 
das hinterindifche, chineſiſche und oſtſibiriſche. Im Weften reiht fich daran 
das iraniſche und armeniſch-kleinaſiatiſche Hochland, die öftlichen Gebirge 
der Ballanhalbinjel, das Alpenjyften, wozu wir mit Sueß die weftlichen 
Gebirge der Balfanhalbinfel, die Karpaten, Apenninen und den Jura rechnen, 
ferner das deutſche und franzöfiiche Mittelgebirge, um endlich mit bem 
britiichen Gebirge, dem iberiichen Hochland und dem Atlasſyſtem auf 
afrifanifhem Boden abzufchliegen. Seine größte Breite (5500 km) er- 
reiht Diefe Hochlandszone unter ca. 105° O., während fie im Hindu— 
Kuſch auf ca. 400 km fich verengt. In der Richtung von Dften nad) 
Reiten zeigt fich eine ftetig fortichreitende Aufloderung. Das zentral-afia- 
tüche Hochland mißt 6.6 Mill., das iraniſche 2.6 Mill., dag armenifch- 
anatolifche 165 000 qkm, und in Europa tritt nur mehr vereinzelte Plateau- 
bidung auf. In gleicher Richtung werden die Kulminationspunfte der 
Gebirge niedriger, wenn auch ein jtreng durchgeführtes Geſetz vermißt 
wird. Der Gaurilanfar hat 8840, der Demawend 5628, der Elbrus 
3660, der Montblanc 4810, der Mulahacen 3567 m. 

An den Hodjlandgürtel lehnt fi im Norden ein Tieflandgürtel 
an, der vom ojtjibiriichen Gebirge bis zu den Pyrenänen reicht und nur 
in der ruſſiſchen Ebene beiderfeit vom Meere begrenzt wird. Diejer An- 
ordnung entipricht die vorherrichende Abdachung des Tieflandes nad) Norden, 
und die ftufenfüörmige Erniedrigung des centralafiatifchen und wejteuro- 
päilchen Hochlandes in gleicher Richtung. Für die zentralafiatifchen Gebirge 
laſſen fich derzeit freilich nur die Kulminationspunfte zum Vergleiche heran- 
ziehen, aber ihrer Abſtufung dürften wohl auch die Mittelhöhen ent|prechen. 

In der nordfüdlichen Richtung folgen auf einander: 

Weftfibiriiches Tiefland ca. 100m 


Altar (Kulm.) 3745 m 
Djungarei 500 ⸗ 

Thianſchan (Kulm.) 6500 - 
Tarim:Beden 1000 = 

Kuenlun (Kulm.) 6800 = 
Plateau von Tibet 3900 - 

Himalaya (Kulm.) 3840 ⸗ 


Für Mitteleuropa haben wir nad) Leipoldts Berechnungen folgende 
Mittelwerte gefunden: 


Amertfa. 


Afrika und 
Nuftralien. 


22 Erſtes Kapitel. 


Deutjche Tiefebene 60m 

Deutſches Mittelgebirge 400 = 

Oberdeutſche Hochebene 460 - 

Dftalpen 1337 - 

$ 23. Der Gegenſatz von Hoch- und Tiefland beherricht auch die Ober- 
Hächenform Amerifas, aber die Anordnung ift eine weftöftliche. Den 
Weſten nimmt ein, freilich nicht ununterbrochen verlaufendes, Hochland ein, 
das in Südamerifa mehr die Form des Kettengebirges, in Nordamerika mehr 
die gebirggumfchloffener Plateauerhebungen befitt. Un dag Cordilleren- 
Hochland ſchließt fih im Dften das Tiefland an; aber im Gegenfabe zu 
dem der alten Welt, das feine offene Seite dem Nordmeere zufehrt, wird 
es am atlantiſchen Geſtade von verhältnismäßig niedrigen Bodenerhebungen, 
den Alleghanies, dem Guyana-Maſſiv und dem brafilianifchen Gebirge, 
begleitet, wodurd) es teilweile in meridionale Becken gegliedert wird. 
Diefer Abdachungsrichtung folgen von den großen Strömen der Madenzie, 
Miſſiſſippi und La Plata, während der Lorenzoftrom, der Drinoco und 
Amazonas die öſtliche Hauptabdachung des Kontinentes benüben. Wie 
die Tiefländer de3 Drinoco und Amazonas zwijchen den Gebirgen von 
Benezuela (einem Zweige der Cordilleren), Guyana und Brafilien ein- 
gebettet liegen, aber ohne ganz umfchloffen zu werden, jo fcheiden in der 
alten Welt der Ural und die altkriftalliniihen Maſſivs von Skandi— 
navien, Britannien und der Bretagne die Beden des Senifjei und Ob, das 
ruffifch=deutfch-nordfrangöfiiche und das jüdfranzöfiiche Tiefland. Aber 
auch hier bleiben Lücken: das große Völferthor ſüdlich vom Ural und die 
Ebene an ber unteren Loire, jo daß die großen Niederungen der alten, 
wie die der neuen Welt zu einem einzigen ZTiefland verjchmelzen. 
$ 24. In Afrika tritt das Kettengebirge und noch mehr das Tiefland 

gegen die Plateaubildung zurüd. Man Tann diefen Kontinent als eine 
Stufenfolge von Plateaux bezeichnen, die von Einjenfungen unterbrochen 
werben. Beide nehmen in der Richtung nad) Süden regelmäßig an Höhe 
zu, wie Chavanne uns im folgenden Profil (in ca. 210 85.2.) zeigt: 


Syrten- Plateau 200 m 

Lybiſche Wüſtendepreſſion — 10m 
Sahara 460 = 

Tſadſee-Becken, tieffte Stelle 160 - 
Hochſudan 630 - 

Congobeden 480 - 
Südäquatoriale Wafjerfcheide 1100 - 

N gamibeden 180 ⸗ 


Südafritaniches Hochplateau 1200 - 


Allgemeines über die Geftaltung der Erdoberfläde. 23 


Neben der Nordabdachung, der der Nil folgt, hat Afrika noch eine 
von Often nach Weften; nur zwijchen 10 und 25° ©. ſenkt es fich zum 
indischen Ozean, in den von den größeren afrifanischen Flüſſen allein der 
Zambeji und Limpopo münden. Südafrika ijt aber nicht als eine lang- 
jam zur Atlantik fi) abdachende jchiefe Ebene aufzufafien, jondern Die 
Ränder find erhöht und dag Innere trogförmig eingejentt. Ahnlich ift 
Auftralien gebaut, wo auch der Oſtrand den weftlichen an Höhe über- 
trifft. Aber das innere ift feine jo mächtige Bodenanjchwellung wie in 
Züdefrifa, ſondern ein Plateau von nur ca. 400m mittlerer Seehöhe. 
Tiefe geringe Erhebung mag wohl mit der Senkung diejes Feitlandes und 
jener Loslöſung von Aſien im Zufammenhange itehen. 

$ 25. Aus dem Bisherigen ergiebt fich, daß die Oberflächenformen der 
Kontinente nicht ſchematiſch gebildet find. Jeder Erdteil hat feine eigen- 
tümlichen Züge, wenn auch je zwei einen gemeinfamen Grundcharafter 
beſitzen. Afrika und Auftralien find die Plateaufontinente mit erhöhten 
Oftrande, die übrigen Feſtländer find die Kontinente der Kettengebirge und 
Tiefländer. In Alien-Europa find fie in ägquatorialen, in Amerifa in 
meridionalen Streifen angeordnet, alſo in derjelben Richtung, in welcher 
die Hauptachien diefer beiden Doppelfontinente ftreichen. 


Die Hauptlinien in der Geflaltung der Sefllandsränme. 
(S. Karte II.) 


$ 26. In der Geftaltung der Feſtlandsräume herricht weder geometrische 
Regelmäßigfeit, noch wilde Gefeglofigfet. Dana machte darauf auf- 
merfiam, daß auf der Erdoberfläche zwei Hauptlinien, die eine von 
Rordweit nad) Südoft, die andere von Nordoſt nach Südweft ftreichend, 
Har hervortreten; und es iſt dies auch infofern richtig, als die ftreng 
meridionale und die ftreng äquatoriale Richtung verhältnismäßig jelten 
nd. Der Berlauf der Küjten, die Anordnung der Infeln und Seen, da3 
Streichen der Gebirge und der Lauf der Flüſſe wird vielfach, wenn auch 
nicht ausschließlich, von jenen beiden Hauptlinien bedingt, die aber wohl 
nur felten genau einen Winkel von 45° mit dem Meridian einschließen. 
Bald herrſcht auf weiten Streden ein einziges Richtungsſyſtem, bald 
durchkreuzen fich beide in mannigfachſter Weife. Selten treffen fie fenf- 
recht aufeinander, wie im öſtlichen Amerika, meist bilden fie ſpitzige und 
ſtumpfe Winkel, indem fie fich bald mehr der meridionalen, bald mehr der 
äquatorialen Richtung nähern; oder fie gehen bogenfürmig ineinander 
über, wie im Slarpartengebirge und in der aleutifchen Infelreihe. 


Gemeinfames 
und Gegenfäße. 


Die beiden 
Sauptlinien. 


Pa ʒiſiſcher 
Ozean und 
Auſtralien. 


Die alte Welt. 


24 Erſtes Rapitel. 


$2T. Die meiſten Inſeln des pazifiſchen Ozeans, von der Paumotu 
Gruppe bis Neugninea und vom der Auckland Halbinſel bis zu den 
Sandwichs, die Küſte von Tueensland mit den großen Barrierriff und 
im Züden die Küſte vom Zonth Kap Tasmaniens bis zum Spencer Golf 
gehören dem Nordweſt Syſtem an. Eine verhältnismäßig untergeordnete 
Rolle ſpielt Das Nordoſt-Syſtem, das ſich mit Dem nordweſtlichen an zwei 
Stellen kreuzt: im Süden, wo die Inſeln von der Macquarie Juſel über 
Neuſeeland bis zur Tongagruppe und die Eilande weſtlich von Neuſeeland 
parallel mit der Küſte von Neu-Süd Wales angeordnet ſind, und in der 
Sandwichgruppe, wo die Inſel Niihau nach Nordoſten ſtreicht. 

Auſtraliens Umriſſe find durch das Zuſammentreffen beider Syſteme 
bedingt: im Oſten und Süden geben ſie bogenförmig ineinander über, der 
Nordoſt-Richtung folgt im Innern der Darling, der Nordweſt Richtung 
einige Gebirgsketten im Zentrum und einige Flußläufe im Weſten des 
Kontinents. 

828. Betrachten wir die alte Wett, jo finden wir, daß Die Nordoſt 
Richtung im Oſten, Die Nordweſt-Richtung im Weſten dominiert. Nach 
Nordoſt zieht die Oſtküſte von Zidafrifa mit Madagaskar, Bourbon, 
Manritius, der Coco und Albatroß Inſel, und dev Nazareth: und Saya 
de Malha-Bank, die Südküſte von Arabien, die indiſche Küſte von Kal— 
kuütta bis zur Kriſchna Mündung, Die Küſte Des kariſchen Meeres bis zum 
Kap Tſcheljuskin, und endlich die gauze Oſtküſte von Aſien, wenn auch 
hier das Nordweſt Syſtem ſtellenweiſe (wie z. B. In Koreca) modiſizierend 
eingreift. Im Innern Aſiens bginnt die Vorherrſchaft der Nordoſt Linie 
in der Nähe des perſiſchen Golfes. Nach Oſtnordoſt ſtreichen die ſüd 
lichen Randgebirge von Iran, die Gebirge von Afghaniſtan, die Pamir 
und der Thianſchan, während das oſtſibiriſche Gebirge ſchon eine reine 
Nordoſt Richtung einſchlägt. Vom ſtillen Ozean dringt das Nordweſt— 
Syſtem auch in dieſen Raum hinüber, und ſo entſtehen mehrfache Inter— 
ferenzen. So im malayiſchen Archipel, wo wm die Ausläufer des oſt— 
aſiatiſchen Syſtems in der Weſtküſte von Borneo und in der Palawaninſel, 
im Sulu Archipel und in den Inſeln Negros und Cebu wiedererkennen, 
und außerdem noch eine dritte Richtung, die meridionale, in der Weſtküſte 
von Ceylon und Gilolo, im nördlichen Teil von Luzon und in der 
Mariannenreihe eingreift. Eine zweite Durchkreuzung findet in China und 
in der Mandſchurei ſtatt, wo die Gebirge nach Nordoſt ziehen. Die Nord— 
weſt Linie ſetzt in dem ſchön geſchwungenen Bogen der ſüdlichen Sunda 
inſeln und Andamanen nach Wien über. Ihr folgen Malacca, das binter- 
indiſche Gebirge, der Himalaya, die Malabarküſte, der Knenlun (mit 
Weſtnordweſt Richtung), Der Altai, der Koren Dagh und das im den 


Allgemeines über die Geſtaltung der Erdoberflähe. 35 


Araljee mündende Strompaar. Hier, im Weſten von Centralafien, ift die 
dritte wichtige Interferenzitelle zu juchen. 


Beitafien, Europa und Nordafrika find ein Hauptgebiet des Nord- 


weſt⸗Syſtems. Wir finden es im füdweftlichen Gebirge von Iran, im 
Euphrat und Tigris, im Kaufafus, im perfifchen Golf und roten Meer, 
m Hochland Tibefti und im mittleren Nigerlauf. Es erjcheint wieder 
mnerhalb der europäifchen Grenzen in der Richtung der weitlichen Baltan- 
balbinfel, der Adria und des Apennin, in der mittleren Wolga und Ma— 
loga, in den timaniſchen Höhen, in der Betichora, dem Meſen und der 
Dwina, im Onega- und Ladoga-See und in vielen finifchen Seen, in der 
Tüna, mittleren Weichjel, Oder, Elbe und Aller-Wejer, im Mittelrhein, 
in der Seine, in der Loire bis Orleans und in der Garonne. Ferner im 
farpatiichen Waldgebirge, in den Sudeten und im Böhmer Wald, im 
Franken⸗ und Thüringer Wald, im Harz, in den Höhenzügen von Schonen 
und in den Streideflippen der däniſchen Injeln, endlich in den Pyrenäen, 
m Ebrobeden und im iberijchen Gebirge. 

Aber kaum irgendwo anders genießen wir das Schaufpiel fo viel- 
taher Durchkreuzungen orographifcher Linien, als in Europa, und Die 
reızende Mannigfaltigfeit feiner ZTerraingeftaltung ift gerade dadurch be- 
ding. Zum Nordoft-Syitem gehören mehrere fpanifche Gebirge und der 
Atlas, die Höhen von Wales und Schottland, die Sevennen, das rheiniſche 
Schiefergebirge, der Jura, die Mittel- und Dftalpen, das Erzgebirge, Die 
Zilurmulde von Biljen, der öftliche Bruchrand des böhmijchen Maſſivs, 
wie der der innern Karpaten, in deſſen Fortjegung der Bafonyer Wald 
und Plattenſee liegen, die Yandrüden von Pommern, Preußen und Nord- 
rußland, der bottnifche Buſen, der Lauf der Suchona und Wytſchegda, 
des oberen Dnjpr und der oberen Wolga. Noch einmal erjcheint diefe 
Richtung im Antitaurus und im armenijchen Gebirge. Auch die meridio- 
nale und die äquatoriale Richtung haben Vertreter; erftere 3.8. im Ural, 
in den Vogeſen und im Schwarzwald, letztere in einigen Gebirgen der 
Yalfanhalbinfel. 

$ 29. Am atlantiichen Gejtade Europas und Nordafritas gewinnt das 
KRordoft-Syftem erhöhte Bedeutung. Der unterjeeifche Rüden des ngrd- 
atlantiiden Ozeans jtreicht nach Nordoft, ebenjo jenfeit3 des Meeres 
die Südoſt-Küſte Grönlands und die Oft-Küfte der Union, Neufchottland, der 
“orenzoftrom, die Alleghanies und die Halbinjel Yufatan. Diejelbe Ord— 
nung finden wir im atlantiichen Südamerika, füdlih vom Kap S. Roque. 
Tiefe beiden Gebiete der Nordoft-Linie werden durch ein Gebiet der 
Rordweit-Linie getrennt. Dasfelbe beginnt ſchon an der Südſpitze Afrikas 
und jegt jich fort in der Sierra-leone-Küfte Parallel damit zieht der 


Atlantiſcher 
Ozean und 
Amerita. 


Reſultat. 


26 Erſtes Rapitel. Allgemeines über die Geftaltung der Erdoberfläche. 


unterfeeische VBerbindungsrücen und die ſüdamerikaniſche Küſte von S. 
Roque bis Guajiro, die Antillen und Bahamas. 

Gropartig entfaltet ſich dieſes Syſtem aber in Nordamerifa und an 
der pazifiſchen Weſtküſte, die nur vom Feuerland bis Arica eine nahezu meridio— 
nale Richtung mit leiſer nordöſtlicher Tendenz einſchlägt. Beſonders einfach 
iſt der Raum zwiſchen den Weſtküſten Grönlauds und Nordamerikas geſtaltet. 
Hier herrſcht überall ausgeſprochene Nordweſt Richtung, nicht nur in den 
Küſten und im Cordillerengebirge, ſondern auch in den Flußläufen des 
Mackenzie, Miſſouri, Arkanſas und Red River, in der Formationsgrenze 
zwiſchen Silur und kriſtalliniſchem Geſtein und im der Anordnung Der 
Süßwaſſerbecken vom Großen Bären bis zum Erie Zee, wobei aber alle 
mit Ausnahme des Winnipeg Sees ihre Längsachſe nach Nordost richten. 

$ 30. Dieſe Schilderung, die allerdings nur die Grundlinien in Der 
Architeftonif des Feſtlandes berückſichtigte, ergiebt ein ziemlich Hares Ge— 
jeg. Die beiden Hauptſyſteme Löten ſich im der Richtung von Oſt nach 
Weſt viermal einander ab. Tas nordweltliche reicht einerſeits vom weit 
[ichen Grönland bis zum nordöftlichen Auſtralien, beherricht alto den pazı 
fiſchen Ozean, wie anderjeits den Mejten Der alten Welt. Dazwiſchen 
liegen die Gebiete der Nordoft Richtung: der Oſten der alten Welt und 
der atlantiſche Ztreifen vom öftlichen Amerika bis zur Weftfinte Nord: 
afrifas und Europas. Doch herrſcht nirgends über Jehr weite Erſtreckungen 
ein Syſtem allein; dadurch iſt die Oberfläche der Erde vor Einförmigkeit 
bewahrt. 

Der nordpazifiiche Ozean verdantt eine Geſtalt einen großartigen, 
falt rechtwinkeligen Zuſammenſtoße beider Syſteme. Der jüdliche bat 
parallele Geſtade, die Dis ca. 30" S. nad) Nordweit und von da ab nad 
Nordoſt gerichtet ſind. Im Gegenſatze dazn hat der nordatlantiiche Ozean 
parallele und der ſüdatlantiſche (ſüdlich von 10% S.) divergierende Ufer. 
Der indiſche Ozean ſteht im Allgemeinen unter demſelben Geſtaltungs— 
geſetze wie Die Sidſee. Nordamerika und die ſüdlichen Kontinente erhalten 
ihre zugeſpißte Form durch die Konvergenz beider Hauptrichtungen, ſind 
alſo Die fontinentalen, aber umgekehrten Spiegelbilder des nordpazifiſchen 
Weltmeeres, während der nordhemiſpäriſche Teil der alten Welt mit 
gleichlaufenden Ct und Weſtküſten Der Pendant des nordatlantiichen 
Trans ilt. 


Zweites Kapitel. Die Verteilung der Lufttemperatur. 27 





Zweites Kapitel. 
Die Verteilung der Lufttemperatur. 


Die Höhe und Zuſammenſetzung der Luft. 


$31. Die Lufthülle umgiebt den feiten Erdförper in der Form eines Höge der Luft. 
Hohlſphäroides. Theoretiſch muß ihre äußerfte Grenze dorthin verlegt 
werden, wo Schwerkraft und Fliehkraft ſich das Gleichgewicht halten, und 
iomit das Reich des Irdiſchen endigt. Nach ZYaplace findet dies unter 
dem Aguator in einer Höhe von 35677 km ftatt. Allein der Schau- 
via der meteorologifchen Erjcheinungen beſchränkt fich auf eine verhältnig- 
mäßig geringe Höhe. Die Atmofphäre ijt nämlich, wie alle Körper fchwer; 
eme 6i8 zum Meeresniveau herabreichende Luftjäule hält im Mittel einer 
sOmm hohen QDuedfilberjäule dag Gleichgewicht. Mit der Höhe 
nimmt der Zuftdrud ab, denn die auf dem Barometer laſtende Quft- 
jaule wird Heiner. Dem Luftdrude ift aber auch die Dichte proportinal, 
den jede Schicht drüdt auf die untere und preßt fie zujammen. Schon 
m 5513m Seehöhe ift die Luft um die Hälfte dünner, als im Meeres- 
riweau (Dichte = 1), und in einer Höhe von 59400 m ijt der Barometer- 
tand fchon auf '/, mm und die Dichte auf 0-00083 herabgefunfen. 

$ 32. Die Atmofphäre ijt ein Gemenge von Stidftoff und Sauer- dauptbeſtand- 
ftorf, die in der Regel im Bolumverhältnis von 79:21 ftehen. Der üee. 
tere ift der wichtigste Beitandteil, da er den Atmungsprozeß des tieri- 
ihen Organismus unterhält, deffen Eriftenzfähigkeit aufhört, wenn der 
<auerftoffgehalt auf 17-2 Prozent fi) vermindert hat. Da dünnere Luft 
weniger Sauerftoff enthält, als dichtere, fo ift dem tierifchen Leben eine 
Hoͤhengrenze gejeßt, Die 10000 m nicht beträchtlich überfteigt. Die 
iogenannte „Bergfranfheit”, die jeden in bedeutender Seehöhe befältt, 
wird weniger durch bie geringe Dichtigfeit der Atmofphäre ala durch 
die Abnahme des Sauerftoffgehaltes verurfacht. In den Tropen ift die 
tut oxygenärmer, als in unjeren Breiten; aber man hat es noch nicht 
untertucht, ob dieſer Unterfchied beträchtlich genug ist, um im menjchlichen 
Trganismus größere Veränderungen hervorzurufen. 

$ 33. Unter den zufälligen Bejtandteilen ſpielt die Kohlenſäure, Die Nebenseftand- 
Gmährerin der Pflanzen, eine hervorragende Rolle, wenn fie ſich aud im cle. 
Rittel mr mit ca. 0-03 Brozent an der Bufammenjegung der Atmofphäre 


Wärmegquellen. 
Die Sonne. 


Diathermani⸗ 
taͤt der Luft. 


28 Iweites Kapitel. 


— — — — — — — — — — — — — — — — — — —— — — — — — 


beteiligt. Noch geringer ift der Ammoniafgehalt. Wafjerdämpfe find 
zwar immer und überall vorhanden, aber ihre Menge ift außerordentlichen 
Schwankungen unterworfen. Staub, gasfürmige Fäulnisprodufte und 
mifroffopifche Organismen, die häufig die Träger anſteckender Krankheiten 
find, verunreinigen überall die Luft. In Palermo beträgt der Gehalt an 
organischen Subftanzen von Februar bis Mai 0-102 und fteigert fich im 
trodenen Sommer auf 0-160 Bolumsprozente. Der Regen wäſcht alſo 
gleihlam die Atmoſphäre und ift daher von eminenter janitärer Bedeutung. 


Die Erleuchtung und Erwärmung der Erdoberfläche. 


$ 34. Licht und Wärme bedingen das organiſche Xeben. Die ungleiche 
Erwärmung der unteren Luftſchichten iſt Die lebte Urfache aller meteoro- 
logiſchen Prozefle, die ihrerjeit3 wieder die Oberfläche der Erde umge- 
ftalten. Und alle diefe Wirkungen gehen von der Sonne aus, unjerer 
Licht- und Wärmequelle. Die Eigenwärme der Erde ift ohne Einfluß auf 
die Oberfläche, und die Wärme, die die Firfterne ausfenden, fommt ung 
nur indireft zu Gute, indem fie die Temperatur des Weltraumes erhöht. 

Die Sonne ift ein glühendflüffiger Körper, umgeben von einer eben- 
falls glühenden Atmofphäre, die für uns allein fichtbar ift. Auf ihrer 
Oberfläche bemerkt das bewaffnete Auge wechjelnde Flecken, die Kirch— 
hoff für Wolfen, Zöllner für Schladenbildungen des eigentlichen 
Sonnenkörpers, v. Lüdinghaujen-Wolff für Teile des glühenden 
Sonnenföpers hält, die fichtbar werden, wenn jtellenweife die Atmojphäre 
zerreißt, aber dunkel erjcheinen müſſen, weil die von dort ausgehenden 
Strahlen außerhalb der Grenzen des für ung wahrnehmbaren Lichtes Stehen. 
Nudolf Wolf erfannte in dem Auftreten der Sonnenfleden eine gewifje 
Negelmäßigkeit, indem von einem Marimum bis zum nächften durchſchnitt⸗ 
[ih ein Zeitraum von 11 Jahren verftreiht. Wir werden jehen, wie dieje 
Fleckenperiode auch in einigen meteorologijchen Erjcheinungen fich wieder- 
jpiegelt. 

$ 35. Ein kleiner Teil der Wärmeftrahlen, welche die irdifche Lufthülle 
paflieren, wird von derjelben gleichlam verjchludt; von den fenfrecht auf 
die Erde fallenden ca. ?/,, von den fchief einfallenden aber mehr, weil fie 
einen längeren Weg durch die Atmofphäre zurüdlegen. Daraus erklärt 
es fih, daß die Erwärmung der Erdoberflähe zunädft abhängt 
von dem Winkel, unter welhem die Sonnenftrahlen dieſelbe 
treffen. Die Wärmedurchläffigkeit oder Diathermanität der Luft ver- 
mindert fich mit zunehmender Feuchtigkeit, und es iſt jedermann befannt, 


Die Verteilung der Lufttemperatur. 29 





wie jehr Dichter Nebel oder eine ununterbrochene Wollkendecke bie Be- 
itrahlung verhindern. 
$36. Die Erboberflädhe ſtrahlt die empfangene Wärme, die nur lang- 


Ausftrastung. 


iam unb nur bis zu einer geringen Tiefe in den Boden einbringt (vgl. $ 10), Tram Pest. 


wieder in ben falten Weltraum zurück. Die Temperatur des letzteren kann 
jmar nicht gemefien werben, aber fie ift jedenfalls niedriger, als bie 
niebrigfte auf der Erdoberfläche beobachtete, alſo unter — 63-2. Infolge 
der Achſendrehung der Erde wechſeln Tag und Nacht, d. h. ein Zeitraum, 
wo die Wärmezufuhr die Ausſtrahlung überwiegt, und ein anderer, in dem 
nur Ausjtrahlung ftattfindet. Der Tag ift daher wärmer als bie Nacht, 
und die Temperatur ift einer 24ftündigen Periode unterworfen. 

$37. Würde die Bahn, auf der die Erde die Sonne ummwandelt, mit 
der Aquatorialebene zujammenfallen und die Erdachſe ſenkrecht auf derfelben 
itehen, fo würbe jeder Punkt der Erdoberfläche das ganze Jahr hindurch 
die Sonnenſtrahlen unter dem gleichen Winkel empfangen, Tag und Nacht 
wären immer und überall von gleicher 
Tauer, ımd es gäbe feine Jahres- 
xiten und feine jährliche Temperatur- 
veriode. Nun bildet aber die Erd⸗ 
bahn mit der quatorialebene einen 
Zinfel von 23'/,° und die Erdachſe, 
die während des ganzen Umlaufes 
mit fich ſelbſt parallel bleibt, ift unter Zig.3. Stellung der Erde am 21. Dezember. 
einem Winkel von 66/,0 gegen die 
Erdbahn geneigt. Die beiftehenden Figuren zeigen die Stellung der Erde 
zur Sonne in ben vier Epochen des Jahres. Die Sonnenftrahlen können 
wegen der großen Entfernung beider Himmelsförper von einander al 
parallel gedacht werben. 

Fig. 3 ftellt die Erde am 21. Dezember dar. Nur der Wendefreis 
des Steinbods, 23%/,° ſüdl. vom Aquator, wird von ſenkrechten Strahlen 
getroffen. Die ganze Kalotte innerhalb des nördlichen Polarkreifes (667/, B.) 
fällt in bie unbeleuchtete, die ganze Kalotte innerhalb des ſüdlichen Polar— 
treifes in bie beleuchtete Erdhälfte. Die ſüdliche Hemiſphäre Hat den 
längiten, die nördliche den fürzeften Tag; auf jener beginnt der aftro- 
nomiſche Sommer, auf diefer der Winter, und zwar einerfeits wegen der 
Kürze des Tages, amberjeit3 weil jeder Punkt der Nordhalbfugel die 
Sommenftrahlen unter einem fchieferen Wintel empfängt, als ein unter 
gleicher Breite befindficher Punkt auf der ſüdlichen Hemiſphäre. 

Am 21. März und 23. September fteht die Erde in den Schnitt- 
duntten der Bahn und Üquatorialebene (f. Fig. 4). Senkrechte Strahlen 





Entnebung der 
Jahreszeiten. 


30 Zweites Kapitel. 


treffen mm den Äquator: der Winfel, unter dem die Strahlen auf Die 
beiden Hemiſphären einfallen, ift unter gleicher geographiſcher Breite gleich. 
Ebenſo iſt auf der ganzen Erde mit Ausnahme der Pole) Tag und Nacht 
gleich lang. An dieſen beiden Tagen beginnen die aſtronomiſchen Über 
gangsjahreszeiten Frühling und Herbit. 








u 





eu 








J 








— — J 
rer ’ 
Fig. 4. Stellung der Erde am 2 13 Sig. 5. Stellung der Erde am 21. Juni. 
und 23. September. 





Fig. 5 zeigt Die Stellung der Erde jur Sonne am 21. Juni. Senf: 
rechte Sonnenſtrahlen fallen auf den Wendekreis des Krebſes (231 ," m. B.d. 
Tie nördliche Hemiſphäre hat den längiten Tag umd Sommeranfang, Die 
ſüdliche den kürzeſten Tag und Winteranfang; und in gleicher Weile verhalten 
id) die beiden polaren Galotten gerade umgekehrt, wie am 21. Dezember, 

Von den vier aſtronomiſchen Jahreszeiten weichen die meteorologiichen 
mm in bezug auf Die Vegrenzung und Dauer etwas ab: 


























Nordhemijphare Sudbenniphare 
Dezember— Februar Winter Sommer 
Maärz Mai Frühling Herbſt 
Juni—Auguſt Sommer Winter 
September - November Herbſt Frühling. 
Eiprice 838. In einer Beziehung beſteht aber ein Gegenſatz zwiſchen beiden 
orm ber Erd Halbkugeln. Das aſtronomiſche 
badn. * spt_ — —66 F 
Winterhalbiahr dauert auf der 
2 jüplichen 186 Tage (21. März 
— \ bis 23. Zeptember), auf der 
N J, mördfichen nur Tage 
— * (23. September bis 
= — und dem entſprechend iſt das 
N nördliche Sommerhalbiahr um 
a T Tage länger als das jüdliche. 


Ter Grund dieſer Ungleichheit 
iſt im der elliptiichen Geſtalt 
der Erdbahn zu juchen. Die Sonne jteht, wie Fig. 6 zeigt, in einem Brenn 
punkte, und die Erde befindet fic daher einmal des Jahres in der Sonnennähe 


dig. 6. Die Erdbahn. 








Die Verteilung der Lufttemperatur, 81 


Perihel) und einmal in der Sonnenferne (Aphel). Während die Erde im 
Mittel in 24 Stunden einen Bogen von 59% 8” zurüclegt, rüdt fie im 
Perihel um 61° 10”, im Aphel nur um 57° 12”vor. Da die Erde jebt am 
1. Januar im Perihel und am 2. Juli im Aphel steht, jo gelangt fie rafcher vom 
Herbſt⸗ zum Frühlingspunkte, al3 vom Frühlings= zum Herbjtpunfte, woraus 
die längere Dauer des jüdlichen Winters und nördlichen Sommers fich erklärt. 

Das Perihel hat aber feine fonjtante Lage. Etwa 4000 Jahre v. Chr. 
fiel es mit dem Herbftpunfte zufammen und infolge deſſen waren beide 
Salbjahre gleich lang. Bis jebt hat es einen Bogen von nahezu 101° 
‚ridgelegt und wird im Jahre 6470 den Frühlingspunft erreicht haben, 
d. b. die Sommer» und Winterhälfte des Jahres werden wieder gleich 
ſein. Bon da an wird die Südhemifphäre die begünftigtere fein, und in 
ca. 10500 Jahren werden Berihel und Aphel ihre Pläbe gemwechjelt haben, 
und der nördliche Winter länger fein als der füdliche. In einem Zeit- 
raume von beiläufig 21000 Jahren vollführt jomit die Apfidenlinie (A 
in sig. 6) einen Umlauf. 

$ 39. Die Erwärmung der Erdoberfläche ijt, wie aus dem $ 36 bervor- 
geht, zumächft abhängig von der geographifchen Breite, d. 5. von dem 
Rinfel, unter dem die Strahlen einfallen. Als man noch feine Ahnung davon 
hatte, daß auch andere ‘Faktoren die Verteilung der Temperatur wejentlich 
beeinfluſſen, unterſchied man auf jeder Hemijphäre drei Klimazonen, die 
dur Wende- und Polarfreie von einander getrennt werden. Einen ge- 
wiſſen Wert bejigt dieſe Einteilung noch immer, doch darf man die drei 
Gürtel nicht ala Wärme, fondern nur als Beleuchtungszonen auf- 
taten, und muß ihnen daher andere, als die üblichen Namen beilegen. 
Kir nennen den Gürtel zwifchen Äquator und Wendefreis die Tropen-, 
den zwiſchen Wende- und Bolarkreis die mittlere und den Kugelabfchnitt 
innerhalb des PBolarkreijes die polare Zone. Nur bis zur Grenze 
der Tropenzone treffen jenfrechte Strahlen die Erdoberfläche, und zwar 
‚weimal des Jahres und nur an den Wendefreifen, zwiſchen denen die 
Zonne ſcheinbar in einer Spirallinie Hin- und herwandert, einmal. Die 
mittlere Zone hat mit der tropifchen nur den regelmäßigen Wechjel von 
Zag und Nacht innerhalb 24 Etunden gemein. 

Bom Aquator, wo Tag und Nacht immer gleich find, bis zu den Polen, 
wo ein halbjähriger Tag mit einer halbjährigen Nacht wechfelt, nimmt 
m Sommer die Tages-, und im Winter die Nachtlänge ftufenmweije zu: 

Tropiſche und mittlere Bone: 

8. 0° 10° 20° 30° 40° 50° 60 681,0 


“angfter Tag | 120m 12h 35m 13h19m Jgh5Gm ]4h5jm J6hgm 18h ggm 24h 
ber. Radht) 5 30 56 








Die Beleuch⸗ 
tungezsonen. 


32 Zweites Kapitel. 


Nordpolare Zone: 
o.. 





66, 
Sonne gebt nicht unter 1 65 
Sonne geht nicht auf 1 so 





AD 
156 Tage. 
110 
die ſüdliche Hemiſphäre find die YJablen umzukehren. Am antarf 
tiichen Pol geht z. 2. die Sonne 179 Tage wicht unter und 186 Tage 
nicht auf. 

$40. Tie aſtronomiſche Dauer der Nächte wird aber durch die Tämme- 
rung beichränft. Indem die Yichtitrablen in immer dichtere Luftſchichten 








zu 





rung 





ig. 7. Geographiſche Verbreitung des Nordlichtes nach Fritz. 


gelangen, werden ſie gebrochen, ſo daß man Sonne und Sterne ſchon über 
dem Horizonte ſieht, wenn fie ſich thatſächlich noch unter demſelben be 
finden. Die volle Nacht dauert nur ſolange, als der Stand der Sonne 
unter dem Horizonte mehr als 16" beträgt. Je größer der Winkel, unter 
dem die Sonnenſtrahlen einfallen, deito Länger die Tämmerumg: ihre Tauer 
wächit alfo mit der qeograpbiichen Breite. In der Tropenzone gehen Tag 
und Nacht faſt unvermittelt ineinander uber. Tagegen giebt es von 
507," B. an zur Zeit des höchſten Sonnenſtandes feine eigentlichen Nächte 
mehr, indem Abend und Morgendämmerung einander fliehen. In der 





Die Verteilung der Lufttemperatur. “883 


Breite von St. Petersburg z. B. dauern dieſe hellen Nächte vom 27. April 
bis 15. Auguft. Für die polare Zone erweift fi die Dämmerung, die die 
monatelange Nacht verfürzt, als eine befondere Wohlthat. Unter 70° 8. 
währt der Tag vom 20. Mai bis 23. Juli, aber die Nächte vorher vom 
%. März angefangen und nachher bis zum 12. September werden ganz 
von der Dämmerung erfüllt. Am Nordpol beginnt die Morgendämmerung 
am 4. Februar, die Sonne geht am 21. März auf und am 23. September 
unter, und am 6. November erliicht auch die Abendbämmerung. So wird 
die volle Nacht auf 90 Tage eingejchräntt. 

$41. Die polare Winternacht wird auch zeitweife von jenen eigentüm- 
lichen und rätfelhaften Lichterfcheinungen erhellt, bie wir unter dem Namen 








Fig. 8. Draperien-Rordliht nah I. Bayer. 


volarlichter zufammenfaffen, und je nach der Hemifphäre, auf welcher 
fie auftreten, als Nord- und Südlichter bezeichnen. Das erftere, das 
natürlich häufiger beobachtet und eingehender ftubiert wurde, ift beſonders 
in einem 5—10 Meridiangrade breiten Gürtel in der Nähe des Polar- 
freijes heimiſch, wo es ein faft tägliches Phänomen ift, und wird nad) 
Rorden wie nach Süden immer feltener. Fig. 7 ftellt die Orte gleicher 
Häufigfeit der Nordlichter durch Linien verbunden dar, die ſich in freis- 
ähnlicher Geftalt um den magnetiſchen Nordpol gruppieren. Da letzterer 
m arftifchen Archipel von Nordamerifa unter ca. 70° B. und 96° w. 2. 
von Greenwich fich befindet, jo erflärt es fich leicht, daß die Linien gleicher 
Hufigkeit in der neuen Welt viel weiter gegen ben Acuater herabſinken 
Suven, Bonfide Erdtunde. 


34 Aweites Kapitel. 





als in der alten, und jomit die Parallelkreiſe jehmeiden. Nur ausnahms 
weile ijt das Polarlicht auch im niederen Breiten fichtbar, wie das große 
Nordlicht von Jahre 1559 faſt bis zum Äquator; und auch von der ſüd 
lichen Hemiſphäre willen wir, dal; den Bewohnern der alten Incaſtadt 
Cuzko unter 127,,° 8. diefes Phänomen nicht unbefannt it. Am glän 
zenditen zeigt es ſich aber ſtets mur in der Maximalzone, wo es haupt 
ſächlich in zwei Grundformen, als Draperienlicht und als Strablen 
licht, auftritt. Das erftere (ig. 8) beſteht aus einer Reihe nebenein 
ander gereihter jenfrechter Lichtjtreifen, die den Eindruck von in der Luft 
fliegenden Bändern oder herabbängenden Traperien machen. Die zweite 
Form iſt ein leuchtender Bogen am nördlichen Himmel, deſſen Enden ſich 























Fig. v. Strahlen— 


auf dem Horizont ſtüten. Er umſäumt ein völlig dunkeles Kreisſegment; 
aber der Umstand, daß es hellere Sterne durchſcheinen läßt, beweiſt uns, 
daß Die Finfternis nur eine durch den Kontraſt bervorgerufene optische 
Täuſchung iſt. Ans dem Yichtbogen schießen Strahlen in den mannig— 
Fachiten Farben bevor, um ſich wicht selten über dem Scheitel des 
Veobachters zu einer glänzenden Krone zu vereinigen. Mauchmal erſcheint 
auch ein Bogen über dem andern. Nur eine Modififation des Strahlen 
lichtes it der aewöhnliche Nordlichtbogen ohne Bewegung und ohne 
Strahlen, der in den höheren Breiten jenfeits der Maximalzone am häufig: 
ſten iſt: manchmal ericheint bier aber noch ein zweiter Bogen im Süden 
und beide tauschen Strahlen aus. Im innerſten Polarranme wird meiſt 








Die Verteilung der Lufttemperatur. 35 


nur ein heller Nebel am füdlichen Horizont fihtbar, und die geringe Licht⸗ 
entwidelung erklärt es, daß man hier Nordlichter nur felten beobachtet 
hat. Sn unjeren Breiten wird meift nur eine mattrote Wolfe oder eine 
rote Beleuchtung de3 nördlichen Himmel? wahrgenommen. Doc ift fie 
m den Perioden größter Häufigkeit intenfiv genug, um das Lejen zu ge- 
ftatten und Schattenwurf zu erzeugen. Gewöhnlich ift aber die Lichtftärfe 
auch in höheren Breiten jo gering, daß Sterne I. und II. Größe durch— 
ihimmern, und felten wird die Leuchtfraft des Bollmondes übertroffen, daher 
auch die Häufigkeit der Polarlichter zur Vollmondszeit ein Minimum erreicht. 

Wie die Erjcheinungsweife und Intenfität, ift auch die Höhe der 
Rolarlichter verjchieden, doch jcheinen fie in Höheren Breiten näher der 
Erde zu fein. Bald find fie nur innerhalb enger Grenzen fichtbar, bald 
beleuchten fie einen beträchtlichen Teil der Hemifphäre; bald dauern fie 
nur wenige Minuten, bald ganze Nächte, ja manchmal erjtreden fie ſich 
jogar über einen größeren Zeitraum, wie das Nordlicht, das vom 28. Augujt 
bi3 7. September 1859 dauerte. E3 gilt als Regel, daß große Erjchei- 
zumgen ſich allmählich entwideln und allmählich verjchwinden. 

Eine alljeitig befriedigende Theorie des Polarlichtes fehlt noch, und 
auf die vielen, fich widerjprechenden Hypotheſen einzugehen, Tiegt nicht in 
der Aufgabe dieſes Werkchens. Es ift noch fraglih, ob und inwiefern 
die Rolarlichter von der Witterung abhängig find, und ebenjo wenig ijt 
eine beftimmte Beziehung zu der Luftelektrizität nachweisbar. Doch wurde 
fihergeftellt, daß bei ftärfer entwidelten Polarlichtern, ebenſo wie bei 
beitigem Gewitter, eleftrijche Ströme auftreten, die auf den Telegraphen- 
verfehr jtörend einwirken. Unleugbar ift der Zufammenhang mit dem Erd- 
magnetismug, denn die Perioden beider Ericheinungen fallen zufammen. 

Am häufigften find die Polarlichter 1 big 2 Stunden vor Mitter> 
naht, nur in der Nähe des magnetifchen Nordpoles verjpäten fie ſich 
ermad. Über die jährliche Periode giebt 
Figur 10 Auffchluß. Die Curve aa ftellt Petr arm a 5 TE Den 
die Beriode der Nordlichter dar, 55 Die u 
der Süblichter (beide in Prozenten der 
Jahresmengen) und cc die mittere täg- 
(ide Bariation der Deflinationsnadel in 
Münden und Hobartown (in Minuten). . Nm 
Alle drei Kurven zeigen Marima zur Beit 
der Rachtgleichen (März und Oftober) und dig. 10. Jährliche Periode be 
Winima zur Zeit des höchſten und tief- Ppolarlichtes. 
ſten Sonnenſtandes (Juni und Januar). Am ſeltenſten find die Polar⸗ 
lichter zur Zeit der Sonnenferne, alſo im arktiſchen Sommer und antarktiſchen. 

30 


® 


Wärmequellen 
ber oberen 
Bufrichichten. 


36 Imweites Kapitel. 


Winter. Es iſt jomit auch in diefer Hinficht die nördliche Halbkugel die 
begünftigtere. 

Der geheimnisvolle Zufammenhang zwiichen Erdmagnetismus, Polar- 
licht und Sonne, der ſchon in der jährlichen Periode deutlich zu erkennen 
ift, tritt noch ſchärfer in der cyfliichen Periode hervor. Allerdings ift der 
Katalog der Polarlichter noch mangelhaft, aber trogdem kann man jchon 
jest den Sab aufitellen, daß die Polarlichter am häufigften in den 
Jahren der Sonnenfledenmarima und am jeltenften zur Zeit der Sonnen 
fledenminima auftreten. Die magnetifche Variation unterliegt demjelben 
Geſetze. 





Die Abnahme der Temperatur mit der Höhe. 


$ 42. Die erwärmte Erdoberfläche teilt ihre Temperatur zunächſt den 
unteren Quftfchichten mit. Für die höheren Schichten der freien Atmofphäre 
giebt es verjchiedene Wärmequellen. Sie behalten zumächit einen Teil der fie 
durchftrahlenden Sonnenwärme zurüd (|. $ 34), fodann empfangen fie aud) 
von der Erdoberfläche ausgehende Wärmeftrahlen. Von weitaus größerer 
Bedeutung find aber die auffteigenden Quftitröme Indem bie 
untersten atmofphärifchen Schichten erwärmt werden, dehnen fie ſich aus 
und fteigen in die Höhe, während fältere Quft von oben ihren Platz ein- 
nimmt. So fchreitet allmählich — wie Hann ſich ausdrüdt — die Er- 
wärmung der Luft durch das Spiel auffteigender wärmerer und nieder- 
ſinkender älterer Luftjäulchen von unten nach oben fort, und das Werf 
des einen Tages wird nad) nächtlicher Unterbrechung am anderen wieder 
fortgejeßt. 

Nach den Prinzipien der mechanischen Wärmetheorie fühlt fih auf- 
jteigende trodene Luft um 1°E. für je 100m Erhebung ab, und es ift 
ſowohl die Anfangstemperatur, wie die Höhe, von wo aus das Auffteigen 
ftattfindet, ohne Einfluß darauf. Umgekehrt wird herabfinfende trocdene 
Luft um 19 für je 100m erwärmt. Anders verhält fich die mit Waſſer— 
dampf gefättigte Luft. Einerſeits fühlt fie fich bedeutend weniger ab, 
weil der Wärmeverluft zum Zeil durch die bei der Kondenjation des 
Waſſerdampfes frei werdende Wärme erjegt wird; anderſeits ift die Tem- 
peraturabnahme um fo geringer, je höher das Niveau, von wo das Auf- 
jteigen ftattfindet, und je höher die Anfangstemperatur ift: 


Anfangstemperatur —10° 00 100° 200 80° 
Wärmeabnahme für 100m H. 0-760 0.63% 0-.54° 0.45 0.38° 





Die Verteilung der Lufttemperatur. 37 





Iſt die auffteigende Luft nicht mit Waſſerdampf gejättigt, fo verhält 
ſie fi bis zum Zeitpunfte, wo Kondenjation eintritt, wie trodene, dann 
wie gejättigte Luft. 

Unten allen Umfjtänden ift aljo die Hauptquelle der Luft— 
temperatur die erwärmte Erdoberfläche, und die Temperatur 
muß Daher abnehmen, je weiter wir una von diejer Quelle 
entfernen. 

$ 43. Über die Wärmeabnahme in der freien Atmofphäre geben 
die Beobachtungen auf verjchiedenen Ballonfahrten, beſonders die von 


Glaiſher, Aufihluß. Diefer fand für je 100m Höhe folgende Werte: 
im Sommer im Frübling 
und Herbſt 
6700—8800m H. 0. 170 — 
5500—6700 = = 0-21 0.18° 
4570-5500 = = 0.36 0.84 
3660—4570 = = 0-47 0-44 
2700—3660 » = 0.42 0-43 
1800—2700 = = 0.49 0.43 
900—1800 = = 0.60 0.50 
0—900 = = 0-88 : 0.78 


Eine zweite Reihe enthält auch eine Winterberbachtung: 
Abnahme für 100m Höhe. 
0—150 m 9. Winter 0-46°' Frühling und Herbſt 0.62%, Sommer 0. 78° 
150-3000» = = — - = =» 0.42. ⸗ 0.48 


Aus diefen und den obigen Zahlen laſſen fich folgende, auch durch 
andere Beobachtungen beftätigte Gejege ableiten: 1) die Wärmeabnahme 
erfolgt in geometrifcher Progreffion, d. h. fie verlangjamt ſich mit der Höhe. 
Es erflärt fich dies aus dem Verhalten der auffteigenden feuchten, aber 
nicht dampfgefättigten Luft. 2) Die Wärmeabnahme ift in verjchiedenen 
Jahreszeiten verichieden. Den größten Wert erreicht fie im Sommer, wo 
die Luft troden ift, die Verdichtung des Waflerdampfes erft in größeren 
Höhen erfolgt ımd der erhitte Erdboden durch Leitung und Strahlung 
die unterſten Luftichichten ftarf erwärmt. Im Winter wirft dagegen der 
Erdboden erfältend auf die unterften Zuftichichten ein, und der Konden- 
jationspunkt wird jchon in geringer Höhe erreicht, daher in diefer Jahres⸗ 
zeit die vertifale Temperaturabnahme am langjamjten ftattfindet. 

Auf diefelbe Weile erklärt ſich auch die tägliche Periode der Wärme 
abnahme, die Glaifher durch Beobachtungen in einem befeitigten Ballon 
nachwies. Am jchnelliten nimmt die Temperatur um Mittag und in den 
eriten Nachmittagsſtunden ab. Für heitere Tage fand Flammarion eine 


BWärme- 
abnahme in der 
freien Atmo- 
Iphäre. 


Waärme⸗ 


abnahme im 


Gebirge. 


38 Zweites Rapitel. 


durchſchnittliche Abnahme von O-54”, für trübe Tage aber nur 0-51” für 
je 100m. Die Wolkendecke verhindert einerſeits eime zu Itarfe Erwärmung 
der Erdoberfläche und unterſten Yurtichichten und anderſeits eine zu raſche 
Wärmeabgabe an den Weltraum. 

8 44. Auf Anhöhen und Berggipfel wird die Luft einerjeits in 
derjelben Weile erwärmt, wie in der freien Atmoſphäre im gleicher Höhe, 
nämlich durch Zufluß von unten, anderjeits iſt aber auch die eigene Wärme— 
aufnahme und Ausstrahlung der Böjchungen und Gipfel wirffam. Tem 
Hinzutreten Dieter zweiten Wärmequelle iſt es wohl zuzuſchreiben, daß die 
Temperaturabnahme im Gebirge im allgemeinen in arithmetiicher ro: 
greitton, d. h. gleichmäßig, erfolgt. 

Nachſtehende Tabelle zeigt die vertikale Wärmeabnahme für je 100 m ın 
einigen Gebirgen von Europa, Aiten, Nordamertfa und der Intel St. Helena. 





Gegend Winter Fruühling Sommer Xerbit Nuhr 
Ber Ehriitiania . > 2 2 220. 0.05% 0°720% 0-91? 0.520 0-55" 
DD] 1 7 0. 43 067 0470 0951 0.58 
Erzgebirge.. VAT 0467 0.67 0560-5 
Rauhe Alp. VB 0040 
Nördliche Sdwe 2 0. 2220203400052 
Südlihe Shwel 2. 2 2 20200. VI 0 066 0 DEN 
Schafberg (bei Iſchl) 0.27 057056040 
Serra da Eitrella 2 2 2 2 22. 0-53 0.72 0-31 0-63 0-65 
Nördlicher Nautatus 2.020202. 0-19 0-40 0.46 0-30 0-44 
Südlicher Kaufaus  . 2.2.2.2. 0.390956 063 042 0-50 
Benaulen oo. 0-56 0-52 0.47 0.53% 0-52 
Indiſche Nordweit: $rovinzen . 2... 04T 0464 057 059 056 
UN) () .. . . . 0-37 0589 062 0:50 0-59 
Inſel Donglong . . 20. . on 00T 002 
Mt. Waſhington (New-Hampihiren. 040 69659 OT 200 
Sehhengebirge 2 2 2 2 nn 0.44 0.71 0.69 0° 0-60 


St. Helena 





Die mittlere Jahrestemperatur nimmt ferner in Indien um 0-42 
bis 0.609, im Himalaya um 0-45—0-48”, in Tibet um 0.469, im Kuen 
lun um 0-48", in Mexiko um 0-53", md ur Den Andes um 0-41—0.52" 
für je 100m Erhebung ab. 

Man erjicht aus Diefer Znſammenſtellung, daß die Abnahme der 
mittleren Sahrestemperatur auf der gamzen Erde ziemlich gleichmäßig 
it, im Mittel 0-54" Für 100m, wenn wir Dongfong und St. Helena 
von der Rechnung ausichliegen. Aber gerade die abnormen Verhältniſſe 
zu St. Helena Find jehr lehrreich. Tie untere Station, Jamestown, iſt 


Die Verteilung der Lufttemperatur. 99 


außerordentlich troden, und die von hier auffteigende Luft befolgt im 
srühjahr und Sommer (Regenmenge 6 und 22mm) nahezu das Geſetz der 
Zemperaturabnahme bampfleerer Luft. Im Herbjt fteigt die Regenmenge 
auf 49mm, und dem entiprechend jinkt die Wärmeabnahme auf 0-88°; 
m Winter endlich erreicht die Niederichlagshöhe ihr Marimum (68 mm) 
md die Wärmeabnahme ihr Minimum. Dieſes Beiſpiel beweift, daß für 
tofierte Anhöhen die auffteigende Luft die faft ausfchliepliche Wärmequelle 
it, während fie in ausgedehnten Gebirgen gegenüber der Wärmeaufnahme und 
Ausitrahlung der Abhänge und Thalflächen naturgemäß etwas zurücktritt. 

Aus denjelben Gründen, wie in der freien Atmofphäre, nimmt auch 
m Gebirge die Wärme im Winter am langſamſten, im Sommer am 
raicheiten mit der Höhe ab. Nur Bengalen macht davon eine Ausnahme, 
aber bier ift der Sommer bedeutend feuchter als der Winter. Heiteres 
und trübes Wetter beeinfluffen die vertifale Temperaturabnahme im Ge- 
birge in gleicher Weiſe, wie in der freien Atmoſphäre, und ebenfo ift Die 
tägliche Periode, die ihr Minimum in den Morgenftunden und ihr Mari- 
mum zwiſchen 4 und 5 Uhr nachmittags erreicht, in beiden Fällen diefelbe. 
Einen bedeutenden Einfluß übt auch der Wind aus: je ftärfer derfelbe, 
deito größer die Wärmeabnahme. Die Urjache davon liegt nah) Hann 
zumeift in dem rafchen, geziwungenen Aufiteigen der Luft. 

$ 45. Die folgende Tabelle giebt ala Beifpiele des Bergklimas Die Charakter des 
mittleren Monats» und Jahrestemperaturen der drei höchften, unter ver- Lersgtimas. 
ihiedenen Breiten gelegenen Beobachtungsitationen. 


Alpen. 
Theodulpaß 


BEN | I 8. 
8333 4313 4060 


6-0° 


—X 


6» 
5° 
5» 
5» 
5 

4» 
8. 
3: 
4°» 
5» 
5° 
4° 


 S oo 2 38 [> Ui 





Waͤrme⸗ 
abnahme auf 
Plateaus. 


40 Imeites Rapitel. 


Es iſt eine landläufige Vorſtellung, daß das Bergklima in größeren 
Höhen einen polaren Charakter annehme. Die mittlere Jahrestemperatur 
vom Theodulpaß und Pikes Peak ift allerdings nahezu gleich der von 
Dmenaf an der grönländischen Weftfüfte unter 700518. (— 7°), aber hier 
fintt im fälteften Monat die Mitteltemperatur auf — 21° und fteigt im 
wärmſten auf 6-7. Noch auffälliger ift der Kontraft von Antijana und 
Weiteräg an der fchwediichen Küfte unter 59937. Die Jahrestemperatur 
iſt an beiden Orten diefelbe, aber die tiefite Monatstemperatur (ift an 
legterem — 4-6° und die höchſte 16-3°%. Das Höhenklima unterjcheidet 
ih aljo vom polaren weſentlich durch fühle Sommer und verhältnismäßig 
milde Winter. 

Über es befitt nod) einen anderen Vorzug, der felten entjprechend 
gewürdigt wird. Die mittleren Temperaturen einer Beobachtungsſtation 
find Schattentemperaturen; in den alpinen Hochthälern ift aber bei 
vorwiegend heiterem Himmel und Windftille die Injolation außerordentlich 
kräftig, und daher im Winter der Unterjchied zwijchen Sonnen- und 
Schattentemperatur, der in der polaren Nacht natürlic) wegfällt, ſehr be- 
deutend. In Davos (1650 m hoch) ftieg 3. B. die Lufttemperatur am 
30. Dezember 1873 nicht über — 12-8°, aber in der Sonne zeigte Das 
Thermometer um 9 Uhr Morgen? 25-5° und um 1!/, Uhr Nachmittags 
38-.5°. Bon dem befannten Kurorte Meran jagt Fuchs, daß vom Dezem- 
ber bi8 März die Nächte Winter, die Tage aber ſommerliches Frühjahr 
find. Auh im Sommer ift der Unterfchied zwiſchen Sonnen- und 
Schattentemperatur bedeutender als in der Ebene. Er beträgt nad) 9. Hoff- 
mann im Juli und Auguft in den Alpen 16-4°, im Gießen (an den 
gleihen Tagen gemefjen) dagegen nur 4.90. Im Gebirge ift die Luft 
trodener und reiner, während im Tiefland der größere Dampfgehalt, die 
größere Dichtigkeit und die Trübung der unterften Quftichichten einen be= 
trächtlichen Teil der eingeftrahlten Sonnenwärme abjorbiert. 

& 46. Üiber ausgedehnten Plateaus, die ftellenweife, wie z. B. im 
jüdlichen Sentralafien, zu alpiner Höhe anfteigen, werden die unterften Zuft- 
Ihichten in derjelben Weije erwärmt, wie über dem Tiefland. Bon einer 
Wärmemitteilung durd) aufjteigende Quftmafjen aus der Tiefebene kann feine 
Nede fein, am wenigjten bei den großen, gebirgsumſchloſſenen Tafelländern der 
Erde. Man könnte daraus Ichließen, daß Hier die Seehöhe ohne Einfluß auf 
die Temperatur jei. Allein die Beobachtungen beweiſen, daß hier dasſelbe 
Geſetz zu Necht befteht, wie für die freie Atmofphäre und das Gebirge, 
nur ift die Urfache eine andere. Die Luft über den Hochebenen tft dünner 
als über dem Zieflande, daher wird der Boden und die untere Luftichicht 
zwar raſch erwärmt, aber ebenſo raſch abgefühlt. An hellen Sommer: 


Die Verteilung der Aufttemperatur. 41 


tagen mag es hier ebenjo heiß fein, al3 wenige Meter über dem Meerez- 
niveau, aber die Nächte find bedeutend Fälter, und dieſer Gegenſatz fteigert 
ih mit der Seehöhe. Daher muß die lebtere aud) in der Tagestemperatur 
um Ausdrude kommen, denn Ddiefe iſt ein 24 ftündiges Mittel, oder 
wenigiten® auf ein folches reduziert. 

Es wäre für den Geographen von höchſter Wichtigkeit, dad Maß 
der Wärmeabnahme auf den Hochebenen feftzuftellen. Leider ftoßen wir 
bier auf zwei bedeutende Hinderniſſe. Won den großen Tafelländern der 
Erde befiten wir — mit Ausnahme de3 nordamerifanifchen — nur |pär- 
liche und furze Beobachtungen. Wir find ferner meift darauf angewieſen, 
Plateau» und Tieflandftationen miteinander zu vergleichen, aber dieſe 
liegen häufig weit entfernt voneinander und ftehen unter verfchiedenen 
klimatiſchen Bedingungen. Ein Vergleih der Stationen auf dem 
Frairienplateau und am Miffiffippi ergiebt folgende Wärmeabnahme für 
je 100 m: 


inter 0-54°, Frühling 0-37°, Sommer 0-21°, Herbſt 0-40°, Jahr 0-38, 
Die jährliche Periode nimmt aljo den umgefehrten Verlauf, wie im 

Gebirge, und die Abnahme der mittleren Jahrestemperatur ıft etwas 

geringer. Dagegen liefert der Vergleih von Hafaribag und Barhampur 

in Bengalen ein ganz anderes Refultat: 

inter 0-39°, Frühling 0-22°, Sommer 0-44, Herbſt 0-56°, Jahr O-40°. 


$ 47. Wie die Wahl der Vergleichsftationen die höchſte Vorficht er- Sqeinbare ver 
iordert, zeigt folgendes Beiſpiel. Balparaifo und das um 489m höher ge- —— 
legene Santiago, nur 110 km voneinander entfernt, ſcheinen zu einer Unter⸗ 
juchung über die vertifale Zemperaturänderung vollfommen geeignet zu 
jeın. Santiago ift im Juli (Winter) um 4-69 fälter als Valparaiſo, von 
November bis März dagegen wärmer, im Januar fogar um 2-.8°. Sit 
da der Schluß geitattet, daß die Temperatur im Sommer mit ber See- 
höhe zunimmt? Keineswegs, denn Valparaiſo repräfentiert das unter dem 
Einflufje der falten Meeresftrömung ftehende Küſtenklima, Santiago das 
Rinnenklima; fie find daher nicht miteinander vergleihbar. Santiago 
wäre jedenfalls noch viel wärmer, wenn e3 tiefer läge. Nördlich vom 
270 B. zeigen die chilenischen Inlandftationen auh im Winter eine 
iheinbare vertifale Temperaturzunahme, bie in ber Wärmeaus- 
ttrahlung der fahlen Felſen und in ber Abweſenheit der Küftennebel be- 
gründet iſt. 

$48. Es giebt allerdings Fälle, wo das Geſetz von der vertifalen wirttige ver- 
Bärmeabnahme außer Wirkjamkeit geſetzt wird. Es gefchieht dies nahme 
mandmal in Gebirgsthälern, wenn die falte jchwere Luft über dem Boden 





42 Iweites Rapitel. 


lagert und die wärmeren Schichten darüber. Die Grundbedingung dieſes 
Phänomens iſt hoher Barometerſtand, denn mit demselben it meiſt heiterer 
Simmel, der die Würmeausftrahlung des Bodens befördert, und ſchwach 


- bewegte Luft oder Windſtille verbunden, die die Miſchung der atmoſphä— 


riihen Edichten verhindert. Am Häufigiten wurde es im Winter be: 
obachtet, wenn der ſchneebedeckte Boden die unterſten Luftſchichten erkältet: 
ſo beiſpielsweiſe im Dezember 1879, als Mitteleuropa drei Wochen lang 
permanent hohen Luftdruck hatte, und in den ſchweizer und öſterreichiſchen 
Alpen, in Baden, im Seinebecken und im eentralfranzöſiſchen Plateau die 
Temperatur mit der Höhe zunahın. Much im Sommer findet dies Itatt, 
aber nur in den Morgenſtunden, und ſtets tritt wieder Die normale 
Wärmeabnahme em, went Die Amolation die Ausſtrahlung überwiegt. 

Das ſind allerdings nur vorübergehende Witterungszuftände, die geo— 
graphic von feiner Bedeutung ſind. Es giebt aber Öegenden, in welden 
die Wärmeumkehr auch in langjährigen Mittelwerten zum Ausdrucke kommt, 
aljo zum Habitnellen klimatiſchen Charakter gehört. In den Alpen jind 
zwei große Yängenthäler, das Engadin und das Trauthal, wo Die Falte 
Luft im Winter am Abfluſſe gehindert it, durch dieſe Abnormität aus- 
gezeichnet. Stils im Engadin (1810 mhod) tit im Jannar (— 8-1”) ebento 
falt als der St. Bernhard in 2478 m H., und Bevers, nur 1715 hoch 
gelegen, hat Jogar — 9-6", tft able um 4-1° fälter als der etwas höhere, 
aber iſolierte Rigi. Im Drauthale nimmt, wie Folgende fleine Tabelle zeigt, 
im Juli und Kahresmittel die Temperatur normal mit der Höhe ab, im 
Janunar aber ſind noch die Stationen in 1300 m H. wärmer, als Die 
Thalſohle: 





Jahr Januar Juli 
4. Stufe Obir 2040 m 1-19 —6.6° 9.4? 
3. = Tranthal 12—1300 m 4-9 5.1 13-8 
2. S--900 = 6:6 —3.6 16:2 
l. : - 4—-600 : 79. — 9:4 19.2 


Daß übrigens Die regelmäßige winterlie Wärmeumkehr in Den 
Alpen weit häufiger it, als fte nach den, meiſt nur im den Haupthälern 
angeftellten Beobachtungen ericheint, beweiſt ſchon Die Anlage der mentch: 
lichen Wohnſtätten, Die mit auffallender Regelmäßigkeit ſelbſt breite, frucht— 
bare Thalſohlen meiden, und ſich auf die Gehänge zurückziehen. Im 
Gebiete des oſtſibiriſchen Kältepols rufen dieſelben Urſachen, wie in den 
Alpen, dieſelbe Wirkung hervor. Auf dem ca. 2200 hohen Alibertberge iſt 
nach Wojeikoff die Temperatur im Januar um 4" höher als im be— 
nachbarten Irkutsk (460m h.), dagegen im Juli in ganz normaler Weiſe 
um 6-6" und im Jahresmittel um 5. 10 tiefer. 


Die Verteilung der Lufttemperatur. 43 


5 49. Bon den großen Faktoren, die die mathematische, d. h. allein von Nebuftion der 
der geographiſchen Breite abhängige Wärmeverteilung auf der Erdoberfläche —e— 
modifizieren, haben wir den am meiſten wechſelnden, die Seehöhe, ſoeben Meeresniveau. 
fernen gelernt. Wir fünnen ihn ausschließen, indem wir die beobachteten 
Temperaturen auf das Meeresniveau reduzieren; wenn wir jodann Die 
Orte mit gleicher Zemperatur dur Linien (Iſothermen) miteinander 
verbinden, jo gewinnen wir ein einfaches und überfichtliches Bild, das ung 
die Urfachen der thatlächlichen Wärmeverteilung jofort verrät. 

Tie Frage nad) dem beiten Reduftionsmaßjtabe dürfte wohl kaum 
ſemals mit Sicherheit zu beantworten fein. Für die beiliegenden Iſo— 
thermenfarten wurden die von Wild benützten Werte (Abnahme für 100m 
m Jahresmittel O-47°, im Januar 0-36°, im Juli 0-599) angewendet. 
Sie empfehlen ſich deshalb, weil es fih ja meiſt um Plateauftationen 
bandelt und bier die Wärmeabnahme etwas langſamer ftattfindet ala im 
Gebirge. Eine andere Frage ift die, ob ein einheitlicher Maßſtab für die 
ganze Erde angewendet werden darf. Solange wir über die Temperatur- 
abnahme auf Hochebenen nicht beſſer unterrichtet find, als big jest, ift Dies 
Verfahren jedenfall® nicht nur das bequemfte, fondern auch ficherfte. 
Denn wollte man 3. B. für Nordamerika und Borderindien die in $ 45 
angegebenen Werte benügen, fo müßte man erſt unterfuchen, ob fie nicht 
bloß lokale Bedeutung haben und auf große Länderkomplexe angewendet 
werden dürfen. Wollte man aber für jeben einzelnen Fall ein eigenes 
Reduktionsmaß berechnen, jo käme man zu demjelben Nejultate, wie wenn 
man alle Stationen mit größerer Seehöhe ausfchliegen würde. Ein ein- 
heitlicher Maßſtab liefert zwar nur ein ideales, aber jedenfall3 ein einheit- 
liches Bild. Es muß Dderjelbe aber auch dann in Anwendung kommen, 
wenn thatſächlich die Wärme mit der Höhe zunimmt; denn nur auf dieſe 
Weiſe wird 3. B. die Kälte des Thalbodens im Draugebiete auf ber Ifo- 
tbermenfarte des Januar flar hervortreten, während eine umgefehrte Re- 
duftion alle Lokalen Eigentümlichfeiten verwifchen würde. Man muß fich 
zur ſtets vor Augen halten, was das Iſothermenbild eigentlich darftellen 
will. Es jagt ung nicht, jo würde die Wärmeverteilung fich geftalten, 
wenn die ganze Erdoberfläche eine ununterbrochene Ebene im Meeres» 
mveau wäre; ſondern es ſetzt die wirklichen Terrainverhältniffe mit allen 
ihren mobifizierenden Einflüfien voraus, und elimiert nur die thermifche 
Nirfung der Seehöhe. 


Thermifches 
Berbalten von 
Wafler u. Vand. 


Waͤrme⸗ 
en im 
Yanu 


44 Zweites Ropitel. 


Die horizontale Verteilnng der Temperatur. 
(S. Karte III— VI) 


$ 50. Beftände die Erdoberfläche nur aus Land oder nur aus Waſſer, 
jo wäre die horizontale Verteilung der Temperatur nur von der Polhöhe 
abhängig und die Iſothermen würden mit den Breitenkreifen parallel laufen. 
Bor ſolcher Einförmigfeit Schütt zunächft der Wechjel von Land und 
Wafler und die ungleiche Verteilung derjelben, und noch mannigfaltiger 
geftaltet fich das Bild unter dem Einfluffe der Faktoren zweiter Ordnung, 
von denen die Winde und Meeresftrömungen und das Relief der Kontinente 
die maßgebendjten find. 

Land und Waſſer empfangen, wenn fie auch unter gleicher Breite 
liegen, doch verſchiedene Wärmemengen, denn die Luft über dem Lande ijt 
im allgemeinen trodener und läßt mehr Wärme durch, al3 die über großen 
Wafleranfammlungen, vor allem über dem Weltmeere. Als jchledhter 
Leiter erwärmt fich ferner das Waſſer langfamer als das Land, hält aber 
die aufgenommene Wärme länger zurüd, zunächſt wegen feiner größeren 
Ipezifiichen Wärme und dann, weil die erfalteten oberen Schichten als Die 
jchwereren zu Boden finfen und wärmeren Schichten ihren Pla über- 
lafien. Die Temperatur über dem Waffer ift daher im Winter 
höher und im Sommer niedriger als über dem Lande. 

Der thermifche Gegenſatz von Ozean und Kontinent fommt darin zum 
Ausdrude, daß die Abnahme der Wärme mit der Breite ungleihmäßig 
erfolgt, ja ftellenweife jogar in Zunahme umſchlägt. Große Seen ver- 
halten fich ähnlich wie dag Meer, wie bejonders das Beilpiel der cana- 
difchen Gruppe zeigt, aber auch kleine find nicht ganz einflußlos, infofern 
fie wenigfteng frühzeitige Nachtfröfte von ihrer nächften Umgebung fern- 
halten. 

$ 51. Werfen wir zunächſt einen Blid auf den Verlauf der Ianuar- 
und Zuli-Ifothermen, in denen die winterliche und fommerlidhe Wärmevertei- 
lung ihren jchärfften Ausdrud findet. Der Januar ift im allgemeinen der 
fältefte Monat ber nördlichen und der wärmite der füdlichen Hemifphäre. 
Da die Sonne Ende Dezember ihren ſüdlichſten Stand erreicht hat, fo 
liegt jeßt auch der thermiſche Aquator ſüdlich vom mathematijchen, aber 
durchichnittlich nur zwifchen 3 und 4° B., weil Die Waſſerhalbkugel ſich 
nur langſam erwärmt. Die größte Hihe herrſcht im Innern der drei 
Kontinente: über 28° im tropiſchen Auſtralien und im Innern Brafilieng, 
und über 30° im Innern der kompakteſten Landmaſſe der Südhemifphäre: 
Afrika. Die 20°-Ijothermen, die wir als die Grenzlinien des warmen 


Die Verteilung der Lufttemperatur. 45 


Gürteld betrachten, Tiegen durchichnittlich im 35° ©. und 22° N. Bon 
hier nimmt auf der füdlichen Hemilphäre, wo die Wafjerbededfung immer 
allgemeiner wird, die Temperatur ziemlich gleichmäßig mit der Breite ab, 
und nur die falten und warmen Meeresftrömungen beeinfluffen noch jtellen- 
were den Verlauf der Iſothermen. Auf unjerer Halbkugel nehmen dagegen 
die Wärmelinien immer jeltiamere Geſtalten an, je mehr wir ung bem 
Pole nähern. Da Die Temperaturabnahme auf den Meeren langfamer ftatt- 
findet als auf den Kontinenten, jo fteigen die Sfothermen auf den erfteren 
polwärts an und ſinken auf den leßteren gegen den Äquator herab. Be- 
merfenawert ijt beſonders das ungleichmäßige Verhalten der Küften. Die 
weitlichen nehmen im allgemeinen am See-, die öftlihen am Landflima 
teil, aber die Weſtküſte der alten Welt ift etwas begünjtigter ala die der 
neuen, während bei den Dftküften der umgefehrte Fall eintritt. Die 0%-$fo- 
therme überjchreitet an der norwegischen Küfte den Polarkreis, finft im 
õſtlichen Alien bis zum 34. Breitengrad herab, fteigt dann in Japan 
wieder bis 40° und an der amerikanischen Weftfüfte big 59% um im 
Sunern der Union big 38° Herabzufinfen und die Oſtküſte unter ca. 40° 8. 
zu erreichen. Schanghai unter der Breite von Alerandrien Hat diefelbe 
mittlere Januartemperatur wie Thorshaven auf Färöer unter 62° B. und 
die amerifanifche Oftfüfte in der Breite von Sizilien. Am jchroffiten find 
die Gegenſätze im atlantitchen Norden, wo in Chriftianfund und Aaleſund 
an der norwegiichen Küfte die mittlere Tagestemperatur nie unter O° 
finkt, während am amerikaniſchen Gegengeſtade felbjt die mittlere Monat3- 
temperatur — 20° und darunter beträgt. 

Erit jpäter, wenn wir alle wichtigeren meteorologifchen Phänomene 
und die Meeresftrömungen kennen gelernt haben werden, wird fich uns 
das volle Verjtändnis diefer abnormen Wärmeverteilung erjchließen. Hier 
gmügt ed, auf die Haupturjachen kurz hinzuweiſen. Die Weitküften 
werden von warmen See-, die Djtküften von falten Landwinden bejtrichen; 
die fontinentale Winterkälte Ichiebt fich infolgedeffen im Dften big in das 
Meer vor, und die ozeanische Winterwärme in gleicher Richtung bis in 
das Feſtland. Dazu kommt noch, daß die Weſtküſten im Winter regen- 
reicher find, als die Dftfüften (befonderd die afiatijche); die bei der Kon- 
denfation frei werdende Wärme fteigert Die Lufttemperatur und der wolfen- 
bedeckte Himmel vermindert die Ausstrahlung. 

Die Ozeane der nördlichen Hemifphäre find in höheren Breiten aber 
auch bedeutend wärmer, als ihrer Polhöhe zufommt. Aus dem Südweſten 
tonımende Meeresitrömungen, der Kuro Siwo im pazififchen und der 
Golfſtrom im atlantifchen Becken, erhöhen die Temperatur der Meeresober- 
Hähe und mittelbar auch die der unteren Luftfchichten weit über ihr nor- 


was beſonders ſchwer ins Gewicht fällt — eine breite offene Straße in 
das Polarmeer, dag er, joweit fein Einfluß reicht, big über 70° B. von 
Eis frei erhält, während das feichte Beringgmeer und die enge Berings— 
ftraße den Kuro Siwo an füblichere Breiten bannt und Alaska jener 
Wohlthat beraubt, die Norwegen zur Wohnftätte einer blühenden Kultur 
gemacht hat. 

Bon geringerer thermifcher Bedeutung find die falten Volarjtröme an 
den Dftfeiten der Nordfontinente. Sie find ſchmal und ihre Temperatur 
wird nicht durch die Herrichenden Winde den benachbarten Küftenftrichen 
mitgeteilt, wie Die der warmen Strömungen den weitlichen Gejtaden. Nur 
in der norboftafiatiichen Infelwelt, die an der Weſtküſte von einem Zweig 
des Kuro Siwo und an der Dftküfte von einer falten Strömung aus 
dem ochotskiſchen Eismeere berührt werden, fchaffen fie Gegenjähe, die im 
Kleinen: den Kontraft zwiſchen den Weft- und Dftfeiten der Kontinente 
wiederholen. 

Südlich vom 40. Parallel wird diefer Kontraft etwas milder. Der 
Solfitrom und Kuro Siwo biegen nad) Süden um und erwärmen nun 
nicht mehr die Wejtküften, da fie aus höheren Breiten fommen. Außer⸗ 
dem werden die warmen weftlichen Seewinde jeltener, um zwijchen 30 und 
359. dem Nordoft-Pafjat ganz das Feld zu räumen. Die Sothermen 
fteigen nicht mehr jo kühn gegen den Bol an, wie weiter nördlih, und 
ihr Scheitel Liegt nicht mehr in der Nähe des öftlichen Geftades, ſondern 
in der Mitte des Ozeans. Wenn in der alten Welt trogdem die Weit- 
füfte bis ca. 200N. um mehr als 12—13° wärmer ericheint als die öft- 
[iche, fo ift das lediglich eine Wirkung der falten Landwinde, die in China 
bi3 zum Wenbdfreife ihre Herrichaft behaupten. Die jüdatlantijchen Vereins⸗ 
ftanten, die au; Winde vom warmen merifanifchen Golf erhalten, find 
dagegen. um durchſchnittlich 6° wärmer, als das füdöftliche Alten, und 
ftehen thermifch nur noch wenig hinter der kaliforniſchen Küſte zurüd. 

Ze weiter die Ausläufer des Golfftroms und Kuro Siwo dem Äquator 
fi nähern, defto mehr macht fich ihr erfältender Einfluß geltend, und 
etwa vom 20. Parallel angefangen werden die Weſtküſten kälter als die 
Dftfüften. Einen noch fchärferen Ausdruck findet dieſes Gejeh in Sübd- 
amerifa und Südafrifa, die im Weiten von falten, in Often von warmen 
Meeresitrömungen begleitet werden. Der größeren Mächtigfeit der ſüd— 
amerifanischen Polarſtrömung entipricht eine Wärmedifferenz zwiſchen der 
Oſt- und Weftküfte von 4—9°, während fie in Südafrifa 3° wohl nirgends 
überfteigt. In Auftralien, das allfeitig von warmen Strömen umflofjen 
wird, ift die Weſtküſte etwas wärmer. 











Die Verteilung der Aufttemperatur. 47 


Tie Lage des antarktifchen Kältepols fennen wir zwar nicht, Doch 
sagt ji vermuten, daß er mit dem mathematischen zufammenfällt oder 
wenigſtens in deſſen Nähe fich befindet. Dagegen willen wir beftimmt, 
daß der Nordpol nicht der abjolut fältefte Punkt unferer Halbfugel ift. 
Tielmehr treten hier zwei Kältepole auf, von denen der weftliche, deſſen 
Yage nicht genau befannt ift, in der Nähe von Norb-Grönland fich be- 
rndet. Die nördlichſte Beobachtungsstation, Floeberg Beach (82027 N., 
17227 W.), Hat eine Januartemperatur von — 36-1°, die °;,° füdlicher 
vlegene Tiscovery-Bai dagegen — 40.40. Bezüglich der Frage, ob dieſer 
Nältepol auf dem Meere oder Lande zu juchen fei, läßt fich nicht einmal 
eine Vermutung ausjprechen, denn das eisbedeckte Meer verhält fich ber 
Zärme gegenüber ebenjo wie dag Feſtland. 

Ter zweite, merfwürdigere Kältepol liegt in Oſtſibirien, in einer 
Breite, wo die Lufttemperatur auf dem atlantifchen Ozean fich über dem 
Gefrierpuntte Hält und die norwegiiche Küfte fo warm ift, wie das pon- 
tüche Geftade Südrußlands. In Jakutsk (620N.) beträgt die mittlere 
Jamartemperatur — 42-8°, fie finkt in Werchojansk am Janafluſſe auf 
— 49° und fteigt in Uſtjansk an der arktifchen Küfte wieder auf — 41-4°, 
Dies ift die Gegend, wo überhaupt die tiefiten Temperaturen beobachtet 
murden: jo in Irkutsk — 62° und in Werchojansk am 30. Dezember 1871 
— 63.2, während das abjolute Minimum auf der weftlichen Hemijphäre 
am Floeberg Bea) nur — 58-7 beträgt. Die füdliche Grenze des 
Gebietes, wo noch Minima unter — 40° vorfommen und daher Weingeift- 
thermometer im Gebrauche find, geht (nach Wild) von Lappland quer 
durch Finland bis St. Petersburg, von da etwas öftlih an Smolenks 
und weftlich von Kursf vorbei bis Lugan (Breite von Wien und Paris), 
keigt dann wieder bis Drenburg in der Polhöhe von London und ſinkt 
om Balchafchjee wieder bis 47° B. und in der Nähe der DOftfüfte jogar 
bis 40°, d. 5. bis zur Breite von Kalabrien! 

Kine jo intenfive Erfaltung wird dur) die Mafjenhaftigkeit des 
Kontinentes nur teilweije erklärt, wenn lebtere auch die primäre Urjache 
it. Gefteigert wird die Kälte zunächſt durch die Schneedede, die einerſeits 
die Berbindung zwiſchen der Luft und dem im Winter wärmeren Erb- 
boden unterbricht, anderſeits durch Ausftrahlung, bejonders bei heiterem 
Himmel, außerordentlich erfaltet und dieſe Temperaturerniedrigung natürlich 
auch den unteren Luftfchichten mitteilt. Außer diefer, in den höheren 
Breiten des Feſtlandes allgemein wirkenden Urjache, tritt |peziell in Oſt⸗ 
ibiren noch der Umſtand hinzu, daß das Stanawoigebirge das Abfließen 
der falten Luft zum benachbarten warmen pazifiichen Ozean verhindert. 
in der höchſtens von fchwachen Winden bewegten, meift aber ruhigen 


Wärme⸗ 
verteilung im 
Juli. 


48 Zweites Rapitel. 


Atmoſphäre lagern ſich die kälteren Luftſchichten nngeſtört über dem Boden, 
daher auch die Temperatur mit der Höhe zunimmt (ſ. 48). Auf Dem 
nordamerikaniſchen Kontinente kommt es dagegen nicht zur Ausbildung 
eines Kältepoles, weil die kalte Luft ungehindert zum atlantiſchen Ozean 
und mexikaniſchen Golf abfließen kann, ja ſogar das hohe Felſengebirge 
erweiſt ſich nicht als eine unüberſteigliche Barriere. Hier endet aber unſer 
Erklärungsverſuch: denun warum das Stanawoigebirge ſich wirkſamer 
zeigt als die höheren Rocky Mountains, vermögen wir nicht mehr an— 
zugeben. 

An den Mejtjeiten beider Nordfontinente nimmt Die Temperatur ſowohl 
in normaler Nichtung gegen Norden als auch gegen Oſten ab. In der 
alten Welt iſt der Gegenſatz von Welt und Oft jtärfer als der von Süd 
und Mord. Zwiſchen der ſüdlichſten und nördlichſten Ztadt Europas, 
Tarifa und Hammerfeit, beträgt Die durchſchnittliche Wärmeabnahme Für 
100 km 0-44°, dagegen zwiſchen Europa und Weſtſibiren, auf das gleiche 
Ma reduziert, im 56. Parallel 0-51" und im 63. jogar 0-82", Einen 
meridionalen Verlauf der Januar Iſothermen, wie Im mordöftlidien Ruß— 
land, finden wir übrigens auch an den Weſtſeiten Südamerikas und Süd 
afrifas, wo Gebirge das erhigte Innere vom Falten Küſtenſtriche trennen. 

Das Auftreten von zwei Mältepolen bat zur Folge, day auf unterer 
Halbkugel Stellemveife die Temperatur mit der Breite zunimmt. 
old) eine völlige horizontale Wärmeumkehr ut außerdem nod) in Yapp 
land und Armenien beobadjtet, und es Tteht außer Zweifel, daß fie auch 
anderwärts noch vorkommt. Zum Unterſchied von den abjolut kälteſten 
Punkten oder Nältepolen nennen wir Jolche Gegenden, von wo aus nad) 
allen Richtungen die Wärme zunimmt, Nältecentra oder Kälteinſeln. 

$ 52. Im Sult, dem im allgemeinen wärmften Monat der nördlichen 
und fülteften Monat der ſüdlichen Hemiſphäre, rückt der thermische Äquator 
mit der Sonne bis durchſchnittlich TIE—IS" NW. vor; er erreicht aljo eine 
größere Polhöhe als im Januar auf der Südhalbkugel, da Die großen 
nördlichen Landmaſſen ſtark erhist werden. Meitteltemperaturen über 30" 
fommen nur auf den Stontinenten vor, aber in Aſien und Nordamerika 
bis über den 40. Parallel hinaus; und am heißeſten ind die vegetattons: 
armen Gegenden. Im allgemeinen nehmen die nordhemiſphäriſchen Iſo 
thermen im Kult den entgqegengejeßten Verlauf wie im Januar, Inden ſie ſich 
auf dem Feitlande mehr dem Pole, auf dem Meere mehr dem Äquator 
näbern. Aber die Gegenſätze Sind nicht Jo ſchroff wie im Winter, wenn 
ach ſtellenweiſe die Wärmelinien Die Parallelen unter ſteilen Winkeln 
ſchneiden: nur im weſtlichen Nordamerika zeigen die dichtgedrängten meridio— 
nalen oder ſogar übergekippten Iſothermen eine beiſpielslos raſche Wärme 


Die Verteilung der Lufttemperatur. 49 


nahme von der Küfte in das Innere des Landes an. San Diego am 
faliforniichen Geſtade, das unter dem Einfluß der auf ©. 46 erwähnten 
fühlen Meeresitrömung und vorherrichender Seewwinde jteht, Hat eine 
mittlere Julitemperatur von 21.3°, das nur 240 km davon entfernte Fort 
Yuma in der Koloradowüfte dagegen 34. 10; das ergiebt in öſtlicher 
Richtung eine Wärmefteigerung von 1° für nicht ganz 19km. 

In den höheren Breiten unferer Halbfugel find die Weftfüften noch 
immer etwas wärmer als die Oſtküſten, wenn auch die Differenz gegen- 
uber der winterlichen unbedeutend ift. Gegen Süden zu taujchen die Küften 
wie im Winter ihre Nollen, doch Tiegen die Grenzen beider Gebiete be- 
trächtlich nördlicher; in der alten Welt in ca. 40, in der neuen in 
ca. 500 B. Der jibiriiche Kältepol ift verfchwunden. Die fältejten 
Gegenden, die wir fennen, find die Karafee und der öſtliche Teil des 
arktiichen Archipel® von Nordamerifa, wo das auftauende Eis Wärme 
bindet. Aber foweit Beobachtungen reichen, finkt die mittlere Monats⸗ 
temperatur nirgends unter den Gefrierpunft, während auf der füdlichen 
Hemiſphäre Roß im Jahre 1843 fchon in der Breite von Island einen 
Januar mit — 0-7 Mitteltemperatur verlebte. 

Auf diejer Halbkugel nehmen die Iſothermen einen einfacheren Ber- 
lauf als im Sommer, weil die Kontinente nicht in hohe Breiten hinein— 
reihen. Die Welt: und Oftfüften von Afrifa und Südamerika zeigen das⸗ 
jelbe thermifche Verhalten wie im Januar, nur ift die Wärmedifferenz in 
der Nähe des ÄAquators größer, weiter gegen Süden aber Heiner als im 
heißeſten Monat. Den jchärfiten Gegenſatz bilden die brafilianifche und 
die peruanische Küfte. Lima unter 120 B. und 172m 9. hat eine mittlere 
Sufitemperatur von 15-1°, die im Dften erft unter 27° B. erreicht wird. 
Ter Unterfchied von 15 Breitengraden wird zwar auf der Norbhemijphäre 
übertroffen, aber nirgends finden wir wieder eine fo niedrige QTemperatur 
io nahe dem Aquator. 

$53. In den Jahresijothermen kommen die Gegenſätze der Monats⸗ 
iotpermen zum Ausgleich, aber nicht vollftändig. Sartorius von Walters— 
hauſen Hat nachgewiejen, daß unter 33-49 B. Land- und Seeflima einander 
gleich find. Weiter gegen die Pole, wo die Wärmeausftrahlung übertiegt, 
wirft das Meer, gegen den Äquator aber, wo unter jenkrechter Beitrahlung 
die Inſolation überwiegt, das Land temperaturerhöhend. Daraus erklären 
ſich viele Eigentümlichkeiten der Jahresifothermen. Zunächſt die Lage des 
Bärmeäquators auf der Landhalbfugel in ca. ION. Die heißeſte Gegend 
der Erde ift der Sudan, die fompaftefte Landmaſſe in der Nähe des Äqua— 
tor. Die höheren Iſothermen buchten fi) auf den Kontinenten, Die 


niedrigeren auf Den Meeren polwärts aus, oder mit anderen Worten: in den 
Empan, Ponfiiche Erdkunde. 4 


Verteilung ber 
mittleren 
Sahrestem- 
peratur. 


Temperatur. 
zonen. 


50 Iweites Kapitel. 


niederen Breiten beftimmen die Sulis, in den höheren die Sanuarifothermen 
den Verlauf der Jahreswärmelinien; maßgebend find jomit jene Monatsifo- 
thermen, die am meijten von ben Parallelkreijen abweichen. So fteigt 3. B. 
die Nulllinie, wie im Winter, auf dem nordatlantiichen Ozean zur größten 
Polhöhe (ca. 72%) an und finft in DOftafien zur tiefften herab (50%. In 
Europa nimmt die Sahrestemperatur nah N. und nad) D. ab, aber die 
normale Abnahme überwiegt, und die winterliche Abnormität erfcheint gleich- 
ſam nur in einem verblaßten Bilde. Der Gegenfab der Oſt- und WWeft- 
füften fommt auch im Jahresmittel zum Ausdruck; nördlih vom 33. Breiten- 
grad in der neuen, und vom 20. in der alten Welt find die letzteren wärmer, 
füblich davon, mit alleiniger Ausnahme von Auftralien, kälter als die erfteren. 
Der winterliche Kältepol von Afien iſt nod) vorhanden, aber nur mehr als 
Kältecentrum, ähnlich dem lappländiſchen. Werchojansk hat eine mittlere 
Jahrestemperatur von — 16-7, während fie am Floeberg Bea — 19-8 
und in der Discovery-Bai — 20-1° beträgt. Hier ift wieder der Sommer 
die beftimmende Jahreszeit; im nordweftlichen Grönland erreicht auch der 
heißeſte Monat nur eine Mitteltemperatur von höchſtens 3-5°, dagegen in 
Werchojansk eine ſolche von 15-4°. Es giebt alfo auch auf der nördlichen, 
wie höchft wahrfjcheinlich auf der jüdlichen Halbfugel, nur einen Haupt- 
fältepol, der — wie die Beobachtungen vermuten laſſen — zwiſchen dem 
mathematifchen Pol und der arktiichen Injelwelt von Nordamerika Liegt. 
8 54. Da wir nun zur Überzeugung gelangt find, da die faktiſche Wärme- 
verteilung von der mathematischen beträchtlich abweicht, jo ift es an der 
Zeit, an die Stelle der alten, durch Wende- und Polarkreiſe begrenzten 
Klimagürtel (ſ. $ 39) Temperaturzonen zu jegen, die durch die beiden 
wichtigsten Iahresifothermen, die von 20. und 0.° von einander gejchieden 
werden. Die erftere fällt im großen und ganzen mit der Polargrenze ber 
Balmen zufammen, die Griejebach den reiniten Ausdrud des Tropenklimas 
nannte; die lebtere ift ſchon deshalb bedeutungsvoll, weil fie pofitive und 
negative Temperaturen trennt, aljo dag, was man im gewöhnlichen Leben 
Wärme und Kälte nennt. Die Zone innerhalb der Nulllinie ift außer- 
dem durch beftändigeg Bodeneis charakterifirt. Nach Wilds Unter- 
ſuchungen beträgt die Jahrestemperatur in Im Tiefe um 0-9" mehr als 
die mittlere Lufttemperatur (T) des betreffenden Ortes. Von da an nimmt 
die Bodenwärme zu (um 2-97° für 100 m) und in 23 m Tiefe, wo Die 
Temperatur das ganze Jahr hindurch konſtant bleibt (f. $ 10), ift diefe (t) 
jomit =T +0-9° + 22. 5 —7T-41.60. Dort, wo t=09 oder T= —1-6° 
(in runder Zahl — 2°) ift, muß bie thermiſch unveränderliche Bodenfchicht 
bejtändig gefroren fein, während in geringerer Tiefe dag Eis in der warmen 








Die Verteilung der Aufttemperatur. 51 


Sahreszeit auftaut. Im Meeresniveau fällt alſo die Südgrenze des per- 
nanenten Bodeneifes mit der Sahresifotherme von — 2° zufammen; da aber 
die Jahrestemperatur für je 213 m um 1° abnimmt, fo liegt 3. B. für 426m 
zeehöhe die Südgrenze fchon unter der Nulllinie. Weber die Tiefe des 
Rodeneiſes enticheiden freilich auch Iofale Verhältniffe. So ift im Jukon⸗ 
territorium in Alaska der Boden fchon in 1m, ftellenweife fogar jchon in 
45cm Tiefe gefroren, wa8 Dall dem Mangel einer natürlihen Drainage 
und der Moosbededung zufchreibt. Wo diejer fchlechte Wärmeleiter fehlt, 
mie im Mündungsalluvium, da ift auch das Bodeneis tiefer. 

Die drei Hauptzonen laſſen fich wieder durch wichtige Monatsifothermen 
m je zwei Subzonen jcheiden, jo daß wir für jede Hemilphäre folgende 
thermiiche Einteilung erhalten, wobei die Temperaturen natürlich auf das 
Meereöniveau fich beziehen: 


1. Warme Zone, Jahrestemperatur über 20”. 
a) Tropengürtel, mittlere Temperatur des fältejten Monats über 20°. 
h) Eftropengürtel, mittlere Temperatur de3 kälteſten Monats unter 20°. 
2. Semäßigte Zone, Jahrestemperatur zwifchen 20 und 0°. 


a) Aguatorialgürtel, mittlere Temperatur des fälteften Monats über 0°. 
b) Bolargürtel, mittlere Temperatur des Tälteften Monats unter 0°. 


3. Kalte Zone, Jahrestemperatur unter 0°. 


ai Aquatorialgürtel, mittlere Temperatur des wärmften Monats überO". 
b) Bolargürtel, mittlere Temperatur des wärmjten Monat unter 0°. 


Die folgende Tabelle giebt den Flächeninhalt der Zemperaturzonen in 


Prozenten des Geſamtareals: 
| Gemäßigte Zone | Warme Zone 
Pol. ©. a. ©. Et. G. Trop. ©. 
.. 22-6 
Europa-Afien . B 2. . . 18-5 
Rordamerifa . . . . . 12-5 


Sidamerila . . . . . . 25-1 
“ia. . . . . . . . 36-7 
Auftralin . . . . . . 52-7 
Rorbhemifphäre. . . . . 17-5 
Südhemifphäre . . . . . - 12-8 
Tie ganze Erde . . . . . 15-2 





52 DImeites Kapitel. 


— — — — — — — — — — — — — — — 








In dieſer Tabelle tritt der thermilche Gegenſatz der Nord- und Sud⸗ 
kontinente ſcharf hervor. Die erſteren reichen in den Äquatorialgürtel der 
kalten, die letzteren nur in den der gemäßigten Zone hinein; die erſteren 
ſind die Kontinente der gemäßigten, die letzteren die der warmen Zone. 
Die erſteren ſind ferner, wenn man Nordamerika dem europäiſch-aſiatiſchen 
Feſtlande gegenüberſtellt, relativ einander ſo ziemlich gleich, während ab— 
ſolut freilich Nordamerika als weniger begünſtigt erſcheint, indem hier das 
Cordillerenſyſtem der hohen Wintertemperatur nicht geſtattet, über den 
ſchmalen pazifiſchen Küſtenſtrich hinaus binnenwärts vorzudringen, während 
in Weſteuropa ausgedehnte Länder der Wohlthat der atlantiſchen Winter⸗ 
wärme teilhaftig werden. Von den ſüdlichen Erdteilen hat jeder infolge 
verſchiedener geographiſcher Lage einen eigentümlichen thermiſchen Charakter: 
Afrika als der abſolut wärmſte Kontinent der Erde überhaupt und Aujtra- 
lien al® der relativ kälteſte Kontinent der antarktiichen Hälfte ftellen Die 
Ertreme dar, zwifchen denen Südamerifa fchön vermittelt. 

Auf der ganzen Erde entfallen in runden Zahlen 49 Prozent auf Die 
warme und nur 37 auf die gemäßigte und 14 auf bie falte Zone. Die 
beiden extremen Zonen nehmen auf der Eontinentalen, die gemäßigte auf 
der ozeanifchen Halbfugel größere Flächen ein; es zeigt fi alſo aud) 
darin wieder der ausgleichende Einfluß des Waſſers. Ein anderer Gegen- 
ja fommt in den Normaltemperaturen der Breitengrade, Die Dove 
und Hann aus dem vorhandenen Beobacdjtungsmaterial berechneten, zum 
Ausdrude. Die folgende Tabelle zeigt, daß in den niederen Breiten (bis 
ca. 43%) die nördliche, in den Höheren die füdliche Hemifphäre im Jahres- 
mittel wärmer ift, wodurch da8 von Sartorius auf anderem Wege ge- 
fundene Gefeg, deffen auf S. 49 Erwähnung gefchah, beftätigt wird. 


Breite 90° 80° 709 oo oe 800 200 100 0 
N.Hem. (+) —16- Ent 0° —8:9% —1.20 5-80 13.6° 21-09 25-80 268.69 26-5° 
©..Hem. (—) . . 0-83 6-5 13-0 19-4 23-4 25-5 26-5 
Differenz . 1.5 —0.7 +06 +1-6 +1°9 +11 0-0 


Die Wärmeverteilung ſcheint demnach für die ſüdliche Erdhälfte vorteilhafter 
zu fein. Unjer Urteil wird fi) aber anders geftalten, wenn wir die 
Tabelle der Temperaturzonen genauer betrachten und fie mit der folgenden 
Zafel vergleichen, welche die nach den Normaltemperaturen berechnete mitt: 


lere Lage der Grenzifothermen angibt: 
N.⸗Hem. S.⸗Hem. 


(+) (-) Differenz 

Breite Breite 
Zahresifotherme vom 200 . . . . 31.5 28.70 + 2.8° 
0:S$jotherme des fälteften Monat? . 44-1 53-0 — 81 
Sahresifotherme vom 00°. . ...58-3 60-5 — 2.2 


0:$jotherme des wärmſten Monats . 86-1 69.3 +16.8 


Die Verteilung der Lufttemperatur. 53 


Tıe höhere Begünftigung unjerer Hemifphäre zeigt fich in der hohen 
Preite der Nullifotherme des wärmften Monats. Soweit man im art- 
richen Beden vorgedrungen, überall fand man wenigſtens Stellen, wo Die 
Zommerwärme das Eis fchmilzt und eine, allerdings kümmerliche Vegeta— 
ron ins Leben ruft. Die Polarkalotte der falten Zone, die abjolute Eis- 
mwüfte, ift auf der üblichen Halbkugel mindeſtens dreißigmal größer als 
uf der nördlichen. . 

855. Die Berechnung ber Normaltemperaturen führte Dove zur Auf- 
tellung des Begriffes der thermischen Anomalie. Man verjteht darunter 
die Abweichung der Temperatur eines Ortes von ber Normaltemperatur feiner 
Breite. Iſt die Anomalie pofitiv, fo ift der betreffende Ort zu warm, im 
entgegengefeßten alle zu kalt. Auf den Karten 6 und 7 find die Orte 
gleicher Anomalie durch Linien‘, jogenannte Iſanomalen, verbunden. 

Im Januar find auf der nördlichen Hemijphäre die Kontinente zu 
talt und die Meere mit den Weſtſeiten des Feſtlandes zu warm. Auf der 
üblichen Halbkugel findet das umgelehrte ftatt, nur der landumſchloſſene 
mdiihe Ozean, ber fontinentalite aller Weltmeere, bat auch pofitive 
Anomalie. Die relativ Fältefte Gegend ift Oftfibiren mit feinem in abnorm 
niederer Breite gelegenen Kältepol, Die relativ wärmfte das Golfftromgebiet 
ds nordatlantifchen Ozeans und norwegiichen Meeres. Im Juli ift 
nordlih vom Wendekreiſe des Krebſes das Feſtland zu warm und Das 
Meer, mit Ausnahme des norgwegischen, zu kalt; die Weftjeite der alten 
Belt nimmt auch im Sommer an der pofitiven Anomalie teil, während 
die pazifiſche Küfte von Norbamerifa, wie das Meer, zu kalt ift. Die 
vofttive Anomalie erjtredt fi) auch noch auf die tropiichen Partien der 
Züdhemifphäre, mit Ausnahme der Meeresteile mit falten Strömungen und 
der benachbarten Küſten. Die relativ heißeften Gegenden liegen in der 
Koloradowũſte, in der Sahara und wahrjcheinlich auch auf den Plateaus 
von Centralafien, mo in Ordos unter 40°B. nit nur Sand, fondern 
auh Ton zuweilen auf 70° erhitt wird und Przewalski im Alaſchan 
einmal eine Mittagstemperatur von 45° notierte. 


Die mittleren Schwankungen und die mittlere Veränderlichkeit 


und Abweichnng der Temperatur. 
(S. Karte VIII) 


$56. Das Klima eines Landes wird nicht bloß durch die mittleren 
Temperaturen des Jahres und der Monate, fondern auch durch die Schwan⸗ 
tungen und die Veränderlichkeit der Wärme charafterifiert. Wie alle meteo- 
tologiichen Elemente hat auch die Temperatur eine dreifache Periode, eine 


Thermiſche 
Anomalie. 


Die tägliche 
Waͤrmeſchwan⸗ 
fung. 


54 Bweites Ropitel. 





tägliche, eine jährliche und eine cykliſche; von der letzteren, die noch nicht 
genau feitgeftellt ift, werden wir bei einer anderen Gelegenheit fprechen. 

Das tägliche Minimum und Darimum fällt nicht mit dem tiefften 
und höchſten Sonnenjtande zuſammen, jondern verjpätet fih um ein 
paar Stunden. Das Minimum tritt ein, wenn die Ausstrahlung der tagsüber 
empfangenen Wärme ihren Höhepunkt erreicht Hat, im Seeflima 1—2# vor 
Sonnenaufgang, an Tontinentalen Orten dagegen bei Sonnenaufgang oder 
einige Minuten nachher. Ihr Marimum erreicht die Wärme auf dem 
Meer und an den Küſten zwifchen 12 und 1% Mittags und im Sommer 
etwas früher als im Winter, auf den Kontinenten dagegen zwiſchen 
2 und 3b Nachmittags und im Sommer etwas ſpäter als im Winter, 

Den mittleren Unterjchied zwiſchen der höchiten und tiefften Tages- 
temperatur, wie fie am Maximum-Minimum⸗Therometer abgelefen werden 
fünnen, nennt man die unperiodifche täglihe Wärmeſchwankung, 
die Differenz zwilchen der größten und Heinften Ordinate ber mittleren 
Tageskurve dagegen die periodifche. Unmittelbar läßt fich diefe nur 
durch wenigſtens ftündliche Beobachtung finden, mittelbar Durch geeignete 
Interpolation der fehlenden Beobachtungen. Die unperiodiiche Schwanfung, 
die ſtets größer ift als die periodijche, fennen wir von vielen Stationen, 
da fie leicht zu eruieren ift, während die periodifche nur für verhältnis- 
mäßig wenig Orte berechnet wurde. Die Schwierigkeit befteht nun in der 
Vermengung de3 nicht ftreng miteinander vergleichbaren Materials, daher 
auch die Lehre von der geographiichen Verbreitung der täglichen Wärme: 
ichwanfung leider noch auf feiner allfeitig gejicherten Bafis ruht. Doch 
treten jeßt ſchon die Grundzüge derſelben deutlich hervor. 

Im allgemeinen jteigt die tägliche Temperaturſchwankung mit abneh- 
mender und fällt mit zunehmender Bewölkung, da Iettere ſowohl die Inſo— 
lation als auch Die Ausftrahlung vermindert. Sie ift daher in unferen Breiten 
im Winter Heiner al3 im Sommer, verhält fi) aber in Dftindien, foweit 
die Winter troden find, gerade umgekehrt. Auf dem Meere beträgt fie 
einerjeit3 infolge der größeren Bewölkung, anderſeits wegen der geringen 
thermifchen Leitungsfähigfeit des Waſſers nur 1—2°; an den Küſten ift fie 
‘etwas größer, und noch größer im fontinentalen Tieflande. So fteigert 
fie ich im Jahresmittel auf dem 55. Breitengrade von 3-7 in Kopenhagen 
auf 4-8° in Moskau und 5-1” in Kafan. In der turanischen Niederung, 
wo ber vegetationsloje- Boden ſich rajch erwärmt und abfühlt, erreicht fie 
unter 41—420 3. 129 und darüber. Noch größer ift fie in den auftra: 
liichen Ebenen, felbft in geringer Entfernung vom Meere. So hat z. 2. 
Hollow in Queensland, nur 40km von der Küjte entfernt und ca. 60m 
hoch, eine unperiodifche Schwanfung von 13-1°, und Deniquil im Murray- 


Die Verteilung der Lufttemperatur. 55 


aebiet eine folche von 19-2°; es ift alfo auch die periodifche im Iebteren 

Falle unzweifelhaft‘ größer als in Turan. Die höchften Werte erreicht fie 
aber auf regenarmen Hocdjebenen, wo die dünne, trodene Luft die Ein- 
und Ausjtrahlung der Wärme außerordentlich) befördert. So groß auch die 
TZemperaturichwanfung in der aral-faspiichen Steppe ift, jo ift ſie doch im 
Auguft und September um 9 bis nahezu 129 Eleiner als auf den Plateaus 
und in den Hochthälern der Pamir. Auch auf dem Karaforumplateau fand 
Shaw im September eine durchichnittliche Variation von 19-5°, im Kara- 
faichthale aber bei trübem Wetter nur 13°. Im weſtlichen Tibet beobach- 
tete Przewalski felbit noch im Dezember eine mittlere Differenz von 17.3° 
jwilchen den Temperaturen um 8® früh und 1 nachmittags und ein Maxi⸗ 
num von 26-5°. Schon dieſe Beilpiele belehren uns, daß die tägliche 
Bariation auf dem centralafiatifchen Hochlande felbjt die in den Sandwüſten 
der Sahara übertrifft, welche man bisher als die Gegend der extremiten 
Wärmeſchwankungen anjah. Allerdings ſank in der Daſe Murzuf während 
des Aufenthaltes von Rohlfs im Winter 1865/66 die Temperatur in der 
Nacht mehrere Male unter den Gefrierpunft, jogar bi? — 5°, aber jelbit 
in der lybiſchen Wüſte beobachtete Jordan im Mittel von 21 Tagen im 
Dezember und Januar nur eine Variation von 13-6°, während fie in 
Kairo in derjelben Zeit nur 10-19 betrug. Zwiſchen Murzuf und Schim- 
medru fand Nachtigal fogar zur Zeit des Zenithalftandes der Sonne und 
bei heiterem Himmel nur eine mittlere Schwanfung von 22-4°. Die größte 
Tifferenz in ber afrikanischen Wüfte, die Barth unter 27.80 B. und in 
wm Seehöhe erlebte, beträgt allerdings 35°, aber fie wird in Schatten 
geitellt durch die Beobachtungen auf den weltlichen Plateau von Norbd- 
amerifa. Sp betrug die Schwanfung zu Widenburg in Arizona (340 N., 
112.7 W., 620 m hoch) am 28. Juli 1877 38-.9°, am 31. 42-2° und am 
1. Auguft 40°. Das find einzelne Fälle; aber auch die ftündlichen Be- 
obachtungen der amerifaniichen Vermeſſungsingenieure auf den Plateau 
de3 Felſengebirges zwiſchen 35 und 42° B. ergaben für die Seehöhe von 
1500—1600 m fo enorm hohe monatliche Mittelwerte (Juli 24-29, Auguft 
20-8 und November 19-2), wie fie faum noch irgendiwo vorfommen dürften. 
Tiefer Charakterzug ift übrigens auch den tropischen Hochebenen injofern 
eigen, als die Wärmevariation bier größer ift als im benachbarten Tief- 
lande. So beträgt fie 3. B. auf dem Plateau von Guatemala (1480 m 9.) 
9.6°, in Belize an der Küfte aber nur 2.90. 

Im Gebirge ift die tägliche Temperaturſchwankung in den Hochthälern 
größer ald in der Ebene, auf den Berggipfeln dagegen Kleiner; und der 
Soap, daß fie mit der Höhe abnehme, findet daher nur auf die letzteren An- 
wendung. Nachitehende, von Wojeikoff entlehnte Tabelle ift in dieſer 





— — — — — — 


56 Zweites Rapitel. 


Beziehung ſehr lehrreich. Man vergleiche nur Altſtätten mit dem benac- 
barten Gäbris oder Bevers mit dem nur wenig höheren Rigi. Nicht bloß 
die größere Trockenheit der Atmoſphäre in den Thälern, ſondern auch die 
ſtärkere Abkühlung in den Winternächten, wenn die ſchwere kalte Luft an 
den Gehängen herabfließt, um ſich ruhig über dem Thalboden zu lagern, 
begünſtigt die Steigerung der Wärmeſchwankung. Die Päſſe, nicht ſo frei 
wie die Berggipfel, aber auch nicht ſo eingeſchloſſen wie die Thäler, ver— 
mitteln zwiſchen dieſen Extremen. 














Hohe m Jahr Winter Sommer 

Hochebene 

Beam. . . . . . >74 70° 2.009.900 

Altitätten . . . . 478 6.3 3.093 
Hochthal 

Bevers . . . .. 1715 10-0 7.99 11.9 
Paß 

St. Bernhard . . . 2478 43 2.3 5.8 
Gipfel | 

Säbris . 2. 2.2. 125038923 47 

Mai. 2 1784 2.8 1.3 3.5 





Zunächſt iſt alſo die tägliche Wärmeſchwankung von den topogra— 
phiſchen Verhältniſſen abhängig. Der Einfluß der Polhöhe kommt 
erſt in zweiter Linie in Betracht. An den Küſtenſtationen in der Nähe des 
AÄquators iſt die Variation nicht größer als in unſeren Breiten, und nur 
darin beiteht ein weſentlicher Unterichted, daß fie dort wie Die Tages— 
länge - - das ganze Kahr hindurch ziemlich gleich bleibt. An St. Thome 
VON.) beträgt fie 6-9°, zu Tſchintſchoſcho (5)9 2.) 6-4", zu Zanzibar 
(610° 2.) 4-1°, in Batavta (60 11°.) 5-9" und auf Ascenfion (7°55° 2.) 
5-1". Auf den Kontinenten tritt unter übrigens gleichen Verhältniſſen 
ihre Abnahme mit der Breite jchärfer hervor. So iſt fie z. B. in Lugan 
um 29° größer als in Mosfau, und Jelbit noch in Odeſſa um 1-4°, troß 
der Nähe des Meeres. Ihr Maximum erreicht Jie auf den Hochplateaus 
zwiichen 30 und SO B., während weiter un Norden die Inſolation in den 
kurzen Wintertagen und die Ausſtrahlung in den furzen Sommernächten zu 
geringfügig iſt, als daß die Wärme innerhalb 24 Stunden beträchtlich 
variieren könnte. Im polaren Gürtel mit ſeinen monatelangen Winter— 
nächten und ebenſo langen Sommertagen iſt ſie naturgemäß ſehr gering. 


Die Verteilung der Lufttemperatur. 57 


— — — — — 


Zo auf Nowaja Semlja unter 731/,0 und auf der Sabine⸗Inſel unter 
4,3. 2. 50, in der Moſſelbai (79-90 B.) 0-9° und in der Polaris- 
bai (81-6° 3.) 1.60. An den Polen, wo ein halbjähriger Tag mit einer 
halbjährigen Nacht wechjelt, fällt die tägliche Wärmeſchwankung mit der 
jährlichen zujammen. 

9 57. Aus demjelben Grunde, wie in der täglichen, fallen auch in ber 
iährlihen TZemperaturperiode Marimum und Minimum nicht mit dem 
höchſten und riefften Sonnenftande zuſammen, fondern treten etwas fpäter 
an. In den mittleren und höheren Breiten des nördlichen Feſtlandes ift 
der Juli der wärmjte und ber Januar der fältefte Monat, auf dem Meere 
imd dagegen im allgemeinen Februar und Auguft die extremen Monate. 
In der tropiichen Zone fteigt das Thermometer am höchſten, wenn bie 
Sonne den Scheitelpunft erreicht; jo ift in Columbia der März, in Gentral- 
amerita der April und in Mexiko der Mai der wärmfte Monat. Während 
tonit überall die mittleren Monatstemperaturen eine einfache Kurve dar- 
tellen, zeigt diefe in der Aquatorialzone, wo die beiden Zenithftände der 
der Zonne weit augeinanderliegen, zwei Erhebungen. Doch iſt dies feineg- 
wegs eine allgemeine Erjcheinung. Deutlich ausgeprägt ift das doppelte 
KRarımum z. B. im jüdäquatorialen Teile des malayifchen Archipels, da⸗ 
gegen in Singapore nur in einer leifen Hebung der Kurve im Öftober an⸗ 
gedeutet. In Weftafrifa tritt es fcharf an der Elfenbeintüfte und in 
Tichintſchoſcho, alfo unter 5 N. und ©. hervor, aber undeutlich am 
Aauator, und Schon in Zanzibar unter 6° ©. ift die einfache Kurve wieder 
gergeitellt. 

Die Differenz der ertremen Monatstemperaturen nennen wir die jähr- 
ide Bärmejhwankung (f. Taf. 8). Vom Aquator, wo fie durchfchnitt- 
lich 1.39 beträgt und auf den oftindifchen Infeln ſogar auf O-8° herabſinkt, 
nimmt fie gegen die Pole zu, gleichzeitig aber auch von den Küſten gegen 
das Innere der Kontinente. Ein Klima mit einer mittleren Jahresvariation 
bis höchftens 15° bezeichnen wir als Aguatorial-, beziehungsweife See- 
Hima, von 15—20° ala Übergangsflima, von 20—40° al? Land— 
!Hima und über 40° al3 exzeſſives Zandflima. Das Ceeflima wird 
ducch warme Winter und fühle Sommer, dag Landklima durd) alte Winter 
md warme Sommer charafterifiert. Das erftere ift auf unferer Hemiſphäre 
nördlich vom 30. Parallel nur auf die Weſtküſten bejchränft, wogegen die 
Citfüften wegen der bedeutenden Winterfälte Landklima haben. Auch in 
den höheren Breiten mit Ausnahme von Grönland und in den mittleren 
reiten der Südhalbkugel ift die jährliche Schwankung an den Weftküften 
Hemer ala an den öftlichen, und dem gleichen Geſetze begegnen wir an den 
itaden ber ſüdeuropäiſchen Halbinjeln und Worderindiend. Das Land- 





Die jährliche 
Waͤrmeſchwan⸗ 
kung. 


58 Iweites Kapitel. 





fima nimmt auf den Südfontinenten wegen ihrer niederen Breite nur ein 
verhältnismäßig kleines Areal ein, während e3 den weitaus größten Teil 
der nördlichen Feltländer umfaßt. Der Gegenjag der ozeaniſchen und fon- 
tinentalen Erdhälfte macht ſich wieder geltend; ſchon unter 40° N. ift Die 
Jahresſchwankung durchſchnittlich um 10-4° größer ala auf dem ent- 
Iprechenden jüdlichen Parallel, und die Differenz fteigert fich mit der An— 
näherung an die Pole. Durch erzeifives Landklima ift die Umgebung der 
winterlichen Kältepole ausgezeichnet; da8 Marimum erreicht die jährliche 
Temperaturſchwankung in Oftlibirien (Werchojansk 64-4°), während fie 
jelbft im nördlichen Grönland 44° nirgends überfteigt. Überall in der 
gemäßigten und falten Bone erjcheinen die Linien gleicher Variation ab- 
hängig von den Winterijothermen und im warmen Gürtel von den Sommer: 
ijothermen; fie verhalten fich aljo ebenfo, wie die Kurven gleicher Jahreswärme. 
Auf ifolierten Berggipfeln ift die Jahresſchwankung Fleiner als in der 
Ebene, weil die Wärme im Winter langjamer mit der Höhe abnimmt, als 
im Sommer. Der Einfluß des Land- und Seeklimas macht fich aber aud) 
hier geltend: 
H. m | Winter Sommer Differenz 
Pikes Peak, Feljengebirge 38-8 N. 3000 | —8-5° ' 11.70 , 20.20 
Caſa inglefe, Ätna 37-80N. . . 2996 | - 4:9 | 5-3 | 10-2 


In den Hochthälern ift die jährliche Schwanfung nicht nur beträchtlicher 
als auf freien Berggipfeln in gleichen Niveau, fondern auch größer 'als 
in der Ebene. Folgende Tabelle giebt auch die Urfache diefer Erfcheinung an: 





H. m Kältefter M. | Warmſter M.| Differenz 
Roi 2.1784 | 5:50 | 9.40 14.90 
Bvard . 2 2 2202.20. .105 i -9-6 12-7 22.3 
Bem . 2 2 2 220202... 54  —2.0 18-4 | 20-4 


Für die Plateaus läßt fich ein präziſes Geſetz noch nicht aufftellen. Auf 
einigen Differieren die extremen Monatstemperaturen etwas mehr, auf anderen 
etwas weniger, als im fontinentalen Tieflande; aber nirgends ift der Unter- 
Ihied jo bedeutend, daß man auf eine beſtimmte Abhängigkeit von der See— 
höhe jchließen fünnte. 

Vergleichen wir Die Verteilung der jährlichen Wärmeſchwankung mit der 
der täglichen, jo gelangen wir zur Aufjtellung folgender flimatifcher Typen: 

1. Das Agquatorialflima. Auf dem Meere und auf dem Lande 
in nicht beträchtlicher Seehöhe find beide Schwankungen gering, aber die 
tägliche iſt größer als die jährliche. Erſtere beträgt im Mittel der auf S. 56 
angeführten Stationen 5-6°, letztere nur 2-8"; und lediglich in diefem 





Die Verteilung der Lufttemperatur. 59 





Sinne ift der bekannte Sab aufzufaflen, daß die Nacht der Winter ber 
Tropen fei. 

2, Im Seeflima der mittleren und höheren Breiten find beide 
Schwankungen gering, aber die jährliche größer als die tägliche. Land- 
einwärts nehmen beide zu. Die jährliche Variation nimmt unter übrigens 
gleichen Verhältniſſen auch mit der Breite zu, Die tägliche aber ab. 

3. Das Polarflima mit großer jährlicher und kleiner täglichen 
<hwanfung. 

Mit Bezug auf die Seehöhe laſſen fich folgende Typen unterfcheiden: 

1. Das Bergflima. Beide Schwankungen find Heiner, als im be- 
nahbarten Tieflande. Das Bergklima gleicht jomit dem Seeflima. 

2. Das Plateau und Hochthälerflima hat dagegen einen ftreng 
tontinentalen Charakter. Die tägliche Temperaturfchwanfung ift unter allen 
Umitänden und unter allen Breiten größer als im Tieflande, während die 
jührlicde von der in den Niederungen nicht beträchtlich differiert. 


$58. Ein klimatologiſches Moment von eminent geographifcher Bedeu⸗ 
tung, aber bislang noch wenig gewürdigt, ift die mittlere Veränderlichkeit 
der Temperatur von einem Tage zum andern. Schon Hann, auf defien 
bahnbrechende Unterjuchungen wir in diejem Punkte allein angewieſen find, 
hat darauf auſmerkſam gemacht, wie die größere Wärmevariabilität in Nord» 
amerila, Auftralien und Neufeeland auf den körperlichen Habitus, wie auf 
den Charafter der europäilchen Einwanderer merflicd; einwirft, und wir 
rügen die Vermutung hinzu, daß der erichlaffende Einfluß des Tropenklimas 
hauptjächlich in der geringen Beränderlichfeit begründet ift. Es liegt ferner 
auf der Hand, Daß auch die Verbreitung der Pflanzen zum Zeil von diefem 
Moment abhängt, und es ift nur zu bedauern, daß Unterjuchungen in diefer 
Richtung noch nicht eingeleitet wurden. 

Infolge des Wechſels der Jahreszeiten nimmt die Tagestemperatur big 
zum Maximum zu und dann wieder ab. Das ift das periodische Element 
im der Beränderlichfeit. Nebſtdem wirfen aber auch Winde, Bewölkung, 
Riederfchläge u. ſ. w.; und das ift das unperiodifche Element, welches fich 
ihon dadurch als dag maßgebendere erweift, daß die Werte für die mitt- 
lere Beränderlichkeit fich nicht erheblich ändern, wenn man den Einfluß des 
verwdiichen Elements eliminiert. Daraus erklärt es jich, daß in der Zone der 
regelmäßigen Winde, in den Tropen, die Tagestemperatur weniger variiert 
in Georgetown 3. B. durchſchnittlich nur um O-6°) als im Gebiete der 
wechſelnden Luftftrömungen. Die mittlere Veränderlichfeit nimmt daher 
mt der Breite zu, aber in ganz unregelmäßiger Weife, wie folgende Tabelle 
in der festen Kolonne zeigt: 


Zemperatur- 
veränberlich- 
keit. 


60 Iweites Rapitel. 





Mittlere Te. März Juni Sept. Aue 
. , Jahr 
Breite Febr. Mai Aug. Nov. 
Arktiſches Nordamerita .. 71-4" 3-4" 2.4 1.3" 2.5 2.4° 
Amerifaniiche ISeitfülte. . 473 2.0 14 1-1“ 1-5 1-5 
Weſtliches Jlateau . .. 40-3 3.2 2.0 2.3 * 2.6 2.8 
Inneres von Nordamerika . 43.0 4-7 3.9 2.4 3-3 3-2 
Sſtliches Nordamerifa . . 42° 4-1 2-8 21° 2-7 2.9 
Südoſt-Nordamerika. . . 30-6 2.9 L-9 1-1 * 1-S 1-4 
ateau von Mexiko . 19.2 11 1:6 0.7 ° 0-7 1-0 
Englad 2. 2 20200. 537 2.1 1-6 1:5 * 1-9 18 
Mitteleuropa . . . 4943 2.2 1-6 1-9 l7* 1-9 
Europäiſches Ruß land. 368 3.7 3.5 3.0 * 2.3 2-6 
Weſtſibirien. . . .. 56-0 4-6 3-1 2.2 3-l 3.2 
chiibirien . 2.020200. 371 3.2 32-6 2.1] ° 2-7 2.6 
Zitafın. 2 2 2 202. 50-2 2.8 2.41 1-7 * 2.2 2.2 
Weſtliches Mittelmeer .. 423-1 1-3 1-3 1.4 12% 1-3 
Sitliches Mittelmeer .. 35.5 15 1-7 1-2 1-1” 1-4 
Südliche Halbkugel . . . Z3.N 1-9 15* 1-7 2.0 1+S 





Die nördlide Hemiſphäre hat zwei Maximalbezirke, von denen nad) allen 
Zeiten Din - auch gegen die Pole — die Veränderlichfeit abnimmt. Der 
eine Liegt im Innern von Nordamerifa und umfaßt wahrſcheinlich die nörd— 
fichiten Teile der Vereinsſtaaten und den ſüdlichen und mittleren Teil Der 
Hudſonsbai Yander; der andere liegt in Weftfibirien, etwas nördlicher als 
der amerifantiche, amd auch etwas Ichwächer ausgebildet. Der Gegenſatz der 
Oſt- und Weſtküſten tritt auch hier wieder zu Tage, indem die erjtere eine 
etwas variablere Temperatur bat (europätiche Weſtküſte 48. 79 M. 1-5", 
aſiatiſche Oſtküſte 47-8". 2”: 05 iſt Dies wahrjcheinlidh eine Folge 
Davon, Das hier die Wärme im Winter raſch mit der Breite zumimmt. 
Wenn auch Die Veränderlichfeit m der Regel landeinwärts ſich Tteigert, To 
darf man doch nicht dem Zeeflima als ſolchem einen mildernden Einfluß 
zuſchreiben, denn im dieſem Falle müßte Ste auf der ſüdlichen Halbkugel 
geringer jern, als auf der nördlichen, während dod) thatlächlid) das Um: 
geehrte Itattfindet. Ten Durchichnittlichen Wert von 1-5", der jenſeits des 
Äquators Shen in 33-8! B. eich wird, finden wir auf umjerer Erd— 
hälfte im Mittel erſt unter 49.38. Wit der Höhe nimmt die Veränder: 
lichkeit zu, und zwar zum nterichiede von den Schwankungen, gleichmäßig 
aut Berggipfeln, wie auf Plateaus. In Strich 4S0 m) beträgt ſie im 
Sahresmittel 1-8”, auf dem Ütliberg «874 m) 2-0" md auf dem Rigi 
(1754) 2.4”. In Ztuttgart 270 m) beträgt Ste 1-8", in München 
HI m) Dagegen 2-1" 


Die Verteilung der Lufttemperatur. 61 





In den mittleren und höheren Breiten unferer Halbfugel erreicht die 
Veränderlichkeit ihr Marimum im Winter und ihr Minimum im Sommer. 
Tie geographifche Anordnung bleibt aber das ganze Jahr diejelbe, nur find 
um Sommer die Unterjchiede beträchtlich Heiner als im Winter. Die mwinter- 
lichen Werte find aljo für das Jahresmittel das Entfcheidende, und diejes 
giebt und auch den Schlüffel zur Erklärung der Marimalbezirfe in bie 
Hand. Sie liegen an den Grenzen der winterlichen Regionen hohen Luft- 
drudes, wo eine häufige Verjchiebung der Windgebiete ftattfindet. So ge- 
langt 3. B. Weitjibirien bald unter die Herrfchaft warmer Winde vom 
Allantiichen Ozean, bald unter die der kalten Lufſtrömung vom afiatifchen 
Kältepol. Nordamerika, der Hleinere und daher wärmere Kontinent, beffen 
meridionale Gebirge ein Abfließen der falten Quft zu den Meeren im Dften 
und Süden geftatten, erfährt aus dieſem Grunde (wie wir fpäter ausführ- 
liher erörtern werden) auch rajchere Windrvechjel, und die Tagestemperatur 
iit daher größerer Veränderlichkeit unterworfen. Man muß fich auch ftet3 
vor Augen halten, daß die Winde nicht nur Direkt die Temperatur beein- 
Auften, fondern auch indireft, indem warme Winde im Winter, weil fie 
meiit von der See kommen, auch Bewölkung und Niederfchläge bringen, 
die falten Landwinde aber Heiterkeit und trodene Luft; und wir haben 
ihon gehört, daß das eine die Temperatur erhöht, das andere fie erniedrigt. 

Lokale Einflüffe Ipielen im Sommer eine viel größere Rolle als im 
Winter. Namentlich wird die Variabilität gefteigert, wenn in der Nähe 
eines erhitzten Landftriches ein höheres Gebirge oder eine größere Waſſer⸗ 
täche ſich befindet, wie an der Hudſonsbai und im kanadiſchen Seegebiete, 
oder auf der bayerifchen Hochebene und im oberitalifchen Tieflande. Bejon- 
ders auffallend ift im Sommer die geringe Veränderlichkeit in den Polar- 
gegenden, die nicht größer ift ala in den Mittelmeerländern. Auf der jüd- 
lichen Hemiſphäre find Frühling und Herbit die ertremen Jahreszeiten, und 
der Sommer ift jowohl an den Küften, wie im Binnenlande veränderlicher 
als der Winter. 

Klimatologiſch wichtig iſt auch die Größe der Veränderungen und 
ihre Häufigkeit. Auch hier wiederholt ſich die geographiſche Verteilung, 
die wir fchon kennen gelernt haben, wenn auch mit einigen Unterjchieden. 
So find z. 3. Veränderungen von mehr als 6° in Dftfibirien feltener als 
im europäifchen Rußland, geringere Änderungen aber häufiger. In beiden 
Rorimalbezirten find Änderungen von 20° und darüber nicht fehr felten, 
und auch folche von 25° kommen nodj vereinzelt vor, aber der weitfibirijche 
Bezirk jcheint öfter bedeutenden Schwankungen unterworfen zu fein, als 
der inneramerifaniiche. Dagegen reichen in Amerika die großen QTemperatur- 
wechſel viel weiter nach Süden, als in der alten Welt, was Hann mit 


Temperatur: 
abweichung. 


62 Zweites Rapitel. 


Recht den „Northes“ zuſchreibt, jenen von Norden kommenden Winter— 
ſtürmen, die manchmal bis in den Golf von Mexiko, alſo bis über die 
Grenze der warmen Zone hinaus Die binnenländiſche Kälte tragen. 

859. Der Ausdruck „Veränderlichkeit“ wurde vom Altmeiſter der Dee 
teorologie, Tode, im einem andern Zinne gebraucht. Er verftand darunter 
die Abweichung der Meonatstemperaturen und Jahrestemperatur einzelner 
Jahrgänge von den langjährigen Mittelwerten oder der Normaltemperatur 
der betreffenden Station ohne Rückſicht auf das Zeichen (plus oder minus‘. 
Wir bezeichnen dies mit Hann kurzweg als „Abweichung“. Nur metcoro: 
logisch wichtig find die beiden Gelege, day beträchtliche Abweichungen ſtets 
iiber große Strecken jidy verbreiten, und daß einer zu hoben Temperatur 
m einer Gegend eine zu niedrige in einer anderen Gegend das Gleichgewicht 
hält. Tagegen iſt Die geographiiche Verteilung der mittleren Abweichung 
auch von großer Elimatologischer Bedentung. Es zeigt ſich Dabei, day Ab— 
weichung und Veränderlichkeit nicht parallel laufen. Zwar gilt auch Für 
erftere im allgemeinen das Geſetz, daß fie vom Äquator gegen die Pole 
und von den Küſten landeinwärts zunimmt. Tagegen it die mittlere Ab— 
weichung der Monatstemperaturen in der alten Welt (nach Wild) am 
größten im der Umgebung des weißen Meeres, und nimmt von da ratdı 
gegen den atlantiichen, langſamer gegen den pazifiſchen Ozean ab, außer: 
dem auch), mit Ausnahme der Wejtküfte, nad) Süden. Die mittlere Ab 
weichung der Jahrestemperatur erreicht ihr Mearimuun von 1° im nörd: 
lichen Teile von Mittel: und Weſtſibirien, am weiten Meere und in Nord: 
tinland, und nimmt im der gleichen Richtung ab, wie die monatliche. 
su Nordamerika liegt zwar auch das Gebiet der größten Abweichung im 
Innern, amd md die Monats: und Sahrestenperaturen an der Oſtküſte 
variabler als an der weltlichen, aber hier hört auch der Parallefismus auf. 
Die neue Welt hat Die größte Beränderlichkeit, die alte die größte Ab— 
weichung: Die ſtörenden Elemente, welche die Temperaturfurve von einem 
Tage zum andern beeinfluſſen, ſind dort mächtiger, aber fie treten aud 
regelmäßiger von Jahr zu Jahr auf, als auf ımferer öftlichen Seite. Tie 
Abweichung tm amerikaniſchen Binnenland iſt nicht größer als um nörd: 
lichen Deutſchland, und in den öftlichen Vereinsſtaaten ſogar geringer als 
m Weſteuropa. Ebenſo iſt die Abweichung auf der ſüdlichen Hemiſphäre 
feiner, als auf der nördlichen unter entiprechender Breite. Miles das be: 
weiſt, daß ſie von der Nontinentalttät des Klimas weit abbängiger it, als 
Die Veränderlichteit. Dagegen nehmen beide mut dev Höhe zu, aber Die 
Abweichung nur um 0.007 Fir 100 m. In dem einzelnen Monaten tt tie 
verſchieden. Am größten iſt te im Winter, wo die Temperatur am meilten 
von den Winden abhängt: am kleinſten dt ſie in Mittel, Weſt und Süd— 


Die Verteilung der fufttemperatur. 63 


curopa im 1 Herbf, in Ofteuropa, Afien, Mittel- und Oftamerifa und in der 
Zolarzone dagegen im Sommer. 

Tie mittlere Abweichung ermöglicht es auch, den Grad der Zuver⸗ 
läſſigkeit unſerer jogenannten Normaltemperaturen und damit auch der 
Sothermenfarten zu prüfen. Nach der Wahrjcheinlichfeitsrechnung ift die 
zahl der Jahre, die erforderlich ift, um den wahrfcheinlichen Fehler der 
Kitteltemperatur auf + 0-1°C. zu reduzieren, folgende: 


Für Moskau Jahresmittel 43, Januar 742, Juli 139 
- Refing - 15 —94 - 


Man erfieht aus diefem Beifpiele, daß felbit die beiten Iſothermenkarten, 
beionders die der Monate, noch weit davon entfernt find, ung ein bis in 
die Details richtiges Bild der mittleren Wärmeverteilung zu bieten. Doch 
baben fie fich anderjeit3 der Wahrheit jchon jo weit genähert, daß fie uns 
uber die Hauptgeſetze Aufichluß zu geben vermögen. 


Drittes Kapitel, 
Die Luftſtrömungen. 


Windſyſteme und Windgebiete. 


8 60. Zu wiederholten Malen hatten wir ſchon Gelegenheit, den Einfluß Bebeutung der 
der Binde auf die Wärmeverteilung fennen zu lernen. In einem |päteren 
Kapitel werden wir erfahren, daß ber Wind einer der wicdhtigften Faktoren 
ift, die die Verteilung der Niederſchläge regeln. Es ift daher nicht Über- 
ſchäzung, wenn man ben Wind als ben eigentlichen Träger des Klimas 
bezeichnet, und zugleich — da die klimatiſchen Verhältniffe dag organijche 
veben und Damit auch die Entwicelung der Menfchheit bedingen — als eine 
Nulturmacht erften Ranges. 

FG1. Direkt erfcheinen die Winde von der Verteilung des Luftdrudes Winbgeiege. 
ıbhängig. Dieſes Grundprinzip der modernen Meteorologie ergab ſich un- 
mittelbar aus den fogenannten fynoptifchen Witterungsfarten, welche 
den Zuftand der Atmofphäre über einen größeren oder kleineren Teil der 
Erdoberfläche (Europa, nordatlantiichen Ozean, Vereinigte Staaten von 
Amerifa) in einer beftimmten Stunde (meift 7® früh nad) Xofalzeit) dar- 





Uriachen der 
Luftbewegung 

und Ablenkung 
der Winde. 


64 Drittes Rapitel. 


jtellen. Auf dieſen ſieht man die Orte gleichen Luftdruckes durch Yinten, 
die jogenannten Iſobaren, miteinander verbunden. Die beobadıteten 
Narometerjtände muß man zu dieſem Zwecke, um ſie miteinander vergleichbar 
zu machen, auf das Meeresniveau reduzieren; und außerdem mug man 
noch, da das Gewicht aller Körper, ſomit aud) der Yuft, mit der Bolhöhe 
zunimmt, eine Zchwereforreftur anbringen, d. h. die unter verichtedenen 
Breiten beobachteten Barometerftände auf einen gemeinſamen Warallet 
(gewöhnlich den 45.) reduzieren. Der Bergleich der Shobaren mit Den 
Anden ergiebt nun folgende zwei Geſetze, Die nach ihren Entdedern be: 
nannt werden: 

1) Tas Buys-Ballot'ſche Geſetz: Die Luft Ttrömt von der Gegend 
höheren Luftdruckes nad) der niederen Luftdruckes und wird dabei durd 
die Erdrotation auf der nördlichen Hemiiphäre nach rechts und auf der 
jüdfichen nach links abgelenkt. 

2) Tas Stevenſom'ſche Geſetz: Die Windſtärke wird bedingt durd 
den barometrischen Gradienten, d.h. durch die Druckdifferenz, welche m 
der Richtung ſenkrecht zu den Iſobaren gemefjen und auf eine Yängenein: 
heit (jet allgemein 1° am Äquator = 111 km) bezogen wird. Je ſteiler 
der Gradient, deſto dichter gedrängt die Iſobaren, deſto größer anch Die 
Windgeſchwindigkeit. 

Buchan, der zuerſt mittlere Monats- und Jahresiſobaren konſtruierte, 
wies nach, daß dieſe beiden Geſetze auch für die mittleren Zuſtände des 
Luftmeeres, mit denen ſich der Geograph zunächſt beſchäftigt, Gültig— 
keit haben. 

$ 62. Ehe wir uns zur Naturgeſchichte der Luftſtrömungen wenden, 
wollen wir die beiden Geſetze noch etwas näher betrachten. Ein ungleich ver: 
teilter Yuftdrucf zeigt an, daß das Gleichgewicht der Atmojphäre gejtört it, 
und Die Winde haben die Tendenz, dasjelbe wieder herzuitellen. Eine Störung 
des Gleichgewichtes der Atmoſphäre tritt aber ſtets ein, wenn zwei benach— 
barte Luftſäulen ungleich erwärmt find und verichteden viel Waſſerdampf 
enthalten. Yebterer wirft direkt auf den Luftdruck, indem er leichter it, 
als eine gleiche Quantität Yuft, und indirekt, indem in feuchter Atmoſphäre 
die Wärme langlamer mit der Höhe abnimmti, als in trodener, und da: 
durch Die Mitteltemperatur der ganzen Luftſäule erhöht wird. Die warme 
Luftſäule dehnt ſich aus, und Dadurch erböbt ſich ihre Therrläche über Die 


der fülteren. Sofort beginnt die Yuft von der höheren Zäule zur niederen 


zu fließen, um die Oberfläche beider wieder in das gleiche Niveau zu 
bringen. Dadurch wird aber um der fülteren Zänle mehr Yuft angebäurt, 
während Die wärmere Yuft verliert; an Der Baſis der erjteren wird alſo 
der Luftdruck Steigen und an der Balis der Lebteren fallen. Den Über- 


Die Luftfirömungen. 65 





hu an Luft in der fälteren Säule führt eine untere Strömung zur 
wärmeren zurüd. 

Aus dieſer kurzen Auseinanderfegung entnehmen wir, 1) daß Die 
gleiche Wärmeverteilung die lebte Urſache der Luftbewegung ift, 2) daß 
jedem Winde an der Erdoberfläche ein entgegen- _ 
geiegter in den oberen Schichten der Atmofphäre 
entipricht, der als die primäre Bewegung an- 
zuſehen ift. 

Auf der ruhenden Erde würde die Luft 
direft von der Gegend höheren zu der niederen 
Barometerftandes ftrömen, auf ber rotierenden 
Erde wird fie aber abgelenkt, und zwar auf 
der nördlichen Halbfugel jtet3 nach rechts, auf 
der jüdlichen jtet3 nach links. Sie teilt dieſes 
Schickſal mit allen in horizontaler Richtung 
th bewegenden Körpern, nur daß die Luft — — 
viel ungehinderter dieſem Geſetze zu folgen ig. 11. Ablenkung der horizon⸗ 
vermag, als 3. B. das fließende Waſſer. tal fi bewegenden Körper. 
Tie Urſache dieſer Ablenkung ift eine doppelte; zunächſt die Beibehaltung , 
der Richtung der bewegenden Kraft. In Figur 11, die einen Erd— 
auadranten vorjtellt, bewegt fich ein Körper in einer gewilfen Zeit von « 
nach 5, während in derjelben Zeit infolge der Notation a nad) a’ gelangt. 
Tie Wirkung dieſer Doppelbe- 


wegung ift Diefelbe, als wenn auf Be 
der itillftehenben Erde die Be- _— 7 
wegung von a’ ausginge und pa= | 
tallel mit der urfprünglichen Rich— 
tung (ad) nad) 5’ gelangen würde. , 
Tie dadurch hervorgerufene Ab- 
lenkung nad) rechts tritt in der 
jeihnung deutlich hervor, indem 
der Winkel w’ größer ift als «. 
Tie Bewegungsrichtung ift dabei 
ganz gleichgültig, und es muß be- Big. 12. Ablenkung der horizontal ſich 
ſonders betont werben, daß aud) bewegenden Körber. 
die äquatoriale (d. h. oftwejtliche) der Ablenkung unterliegt. 

Eine zweite Urfache der Ablenkung liegt in der Beibehaltung der Rotations⸗ 
zeichwindigkeit (Fig. 12). Ein Quftteilchen bewege fich 3. 3. vom 40. zum 
. Breitengrade, aljo in meridionaler Richtung nad) Norden. Es würde von 


anach d gelangen, wenn ſich nicht inzwilchen a nach a’ und d nach b' fortbewegt 
Tupan, Vhyſiſche Erdkunde. 








Windſtarke. 


66 Drittes Kapitel. 


hätte. Es läßt ſich wieder annehmen, daß die Erde ruhe und Die Bewegung 
von ausgehe: wir ſetzen ferner der Einfachheit wegen voraus, day Die 
eritgenannte Urjache der Ablenfung nicht vorhanden ſei. Wird dann das 
Luftteilchen in »° anlangen? Wem, denn die Geſchwindigkeit des Punktes 
a ft größer als Die von d ibza=1:1-2), und mit diefer größeren Ge- 
ſchwindigkeit erreicht « den 50. Parallel. Es wird daher dem Punkte 7° 
vorauseilen nnd den Punkt e treffen, d. 5. die as Eid kommende Strömung 
wird in eine ſüdweſtliche verwandelt. Tiefe Ablenkung iſt bei meridionalen 
Bewegungen am größten, bei äauatorialen dagegen null. Die Größe der 
Ablenkung, may dieſe Durch beide Urjachen oder (wie bei den Bewegungen 
im Parallel) nur durch die erite bewirkt werden, iſt jtets proportional dem 
Zinus der geographischen Breite, erreicht Jomit an den Polen ihr Marinum 
und wird am Äquator gleich Null. 
ie Ablenkung der Winde erfolgt alſo im Sinne der Pfeile: 


Nördliche Hemiſphäre. 


M⸗ > 
NND O. EI. S. SW. W. NW. M. 
< «X 


Südliche Hemiſphäre. 


Ein Südwind wird z. B. auf unſerer Halbkugel zu einem SW.- und W.- 
Wind, auf der andern zu einem ZT.: und O. Wind. 

Außer durch die Achſendrehung wird die Richtung des Windes auc 
durch die Reibungswiderſtände zwiſchen den einzelnen Yuftichichten und 
an der Erdoberfläche bedingt. Ozeaniſche Winde unterliegen einer größeren 
Ablenfung als fontinentale, weil die legteren auf dem unebenen Boden 
des Feſtlandes nicht völlig dem Einfluſſe der Notation zu Folgen vermögen. 
Ztets aber bifdet die Windrichtung mit dem Gradienten einen Winfel, der 
jedod) nie 90" erreicht. 

063 Tie Geſchwindigkeit oder Ztärfe des Windes, die zunädjit 
von der Steilheit der Gradienten abhängig it, wird ebenfalls durch die Rei: 
bung wejentlich modifiziert. Sie Steht zur letzteren im umgekehrten Berhältniite, 
daher ſie mit der Höhe zunimmt. Von geographiſchem Intereſſe iſt auch 
ihre tägliche Periode. Mit Ausnahme der Berggipfel, erreicht ſie auf 
dem Feſtlande unter allen Breiten ihr Minimum in den erſten Morgen— 
ſtunden und ihr Maximum ein paar Stunden nad) Mittag; ſie ſteigt und 
fällt alfo mut der Temperatur, und dieſer Parallelismus fommt aud) darın 
zum Ausdruck, daß ſie an heiteren Jagen Ichärfer ausgeprägt iſt als an 
trüben. Auf dem Meere Scheint das Maximum am Morgen und das 
Minimum um ca. 3" nachmittags einzutreten; doch widersprechen ſich die 


Die Luftrömungen. 67 


Angaben, wenn auch alle darin übereinſtimmen, daß die Differenz zwijchen 
den Ertremen beträchtlicd) geringer ijt ala auf dem Kontinente. In den 
höheren Quftichichten ift der Wind bei Nacht bedeutend ftärfer als bei Tag, 
wie die Beobachtungen auf dem Rigi, Mi. Wafhington und Dodabetta, 
afjo ſchon im einer durchichnittlichen Höhe von 1800 m zeigen. Die unteren 
Schichten werden aljo am meiften zur Zeit der größten Erwärmung in Die 
allgemeine Zufteirfulation hineingezogen, während ſich diefe in der Nacht 
bauptjächtlich nur auf die oberen Schichten beſchränkt. Köppen erklärt 
dies dadurch, daß in den Mittagsitunden die unteren Luftfchichten fich aus- 
dehnen und in die Höhe fteigen, während die oberen, ftärfer bewegten herab- 
inten. Infolge dejjen findet ein jtärferer Austausch zwifchen den ver- 
ihiedenen Niveaus ftatt und die horizontale Gejchwindigkeit der ganzen 
Yuftmafje wird eine gleichfürmigere. 


$ 64. Es giebt eine dreifache Art der Luftbewegung: eine palja- 
tiiche, egklonische und antichkloniſche. Doch beftehen fie nicht unabhängig neben- 
einander, jondern Paſſate und Eyflonen treten ftet3 in Verbindung mit Anti- 
cotlonen auf. Anticyklonen (Fig. 13) find freisähnliche oder elyptiſche 
Gebiete hohen Barometerftandes, in denen die Luft alljeit3 von ber Gegend 
des höchften Luftdrudes, dem jogenannten barometriihen Marimum, 
ausftrömt. Innerhalb des Gebietes jteigt die Luft herab und dieſer ver- 
tifale Strom wird durch horizontalen Zufluß in der Höhe ernährt. Dafür 
ipricht außer der Wolkenrichtung, die gegen dag Marimum gekehrt ift, die 
große Konftanz der Anticyklonen, die natürlich bald fich auflöjen müßten, 
wenn bejtändig nur Luft ausjtrömte; endlich aud) die vertikale Temperatur- 
nahme, von der bereits im $ 48 Die Rede war. Wenn auch Anticyklonen 
ihren Ort verändern (befonder8 in Nordamerika), jo ift ihnen doch im Ver— 
geich zu den Eyflonen eine gewilfe Ruhe und Unveränderlichkeit eigentüm- 
fh. Das Wetter ift meift ruhig, flar und im Winter kalt, doch können 
tie ausnahmaweife — wie im Winter 1881/2 in Mitteleuropa — aud) 
von anormal hoher Temperatur begleitet fein. Innerhalb der Anticyklone 
it der Wind meift ſchwach und ſchwankend; Kalmen find Häufig. 


$ 65. Ganz anders ift der Charakter der Cyklonen. Dan verfteht 
darunter Gebiete niederen Luftdrudes von freisähnlicher ober elliptifcher 
Geſtalt; die Gegend des tiefiten Luftdrudes heißt dag barometrijche 
Rinimum. Allfeitig ftrömt ihm die Luft in Spirallinien zu, einerjeitz 
vom Minimum angezogen, anderjeit3 durch die Erdrotation abgelenft. Eine 
von AND. nad) SEM. gezogene Linie (ry in Fig. 13) teilt die Cyklonen 
unjerer Breiten in zwei Hälften mit entgegengejegtem Witterungscharafter, 
von dem Mohn folgende fchematifche Überficht entworfen hat: 
5®% 


Arten ber 
Zuftbewegung. 
Anticyklonen. 


Cytlonen. 


68 Drittes RKapitel. 


Hentere (fine) Seite: Vordere hrechte) Serie: 
Windrichtung. . . O. NO. N. NW. W. WEM S. SO. O.! 
Naromeer . . .. ſteigt fällt 
Temperatur, Feuchtig— 
keit und Bewölkung fällt jteigt 
Niederſchlag. . . nimmt ab in der Regel bedeutend. 


Die hintere Seite wird alſo durch kalte Polar-, die rechte Durch warme 
Aquatorialwinde ausgezeichnet. Tod) bezeichnen Diele, Für beide Hemiſphären 
gleihmäßig amwendbaren Ausdrücde nicht etwa den Urt der Entſtehung. 


ig. 13a. Antieyklonen und Cyklonen auf der nördlichen Dalbfugel. 


Jondern lediglich mr Die Nichtung, aus der die Winde wehen. Wir wer 
den im folgenden die hintere Seite der Enflonen die Polar- und die 
vordere Die Manatorialieite nennen. Im Gentrum der barometrijchen 
Depreſſion Sind die Winde veränderlich und Windftillen häufig. Der Gra 
dient und damit auch Die Windgeſchwindigkeit iſt nicht in allen Teilen der 
Cyklonen gleich; der größte Liegt im nördlichen und weltlichen Europa meilt 
im ſüdlichen, der kleinſte im nördlichen Quadranten: anf jenen ſind Daber 
Die meiſten enropätchen Stürme beichränft. Aber auch innerhalb eines 
Quadranten nimmt der Öradient vom Centrum gegen Die Peripherie erſt 
zu, dann wieder ab. Per gleichem Gradienten ſind in unjeren Bretten Die 


— 


tr die ſüdliche Hemiſphäre iſt S. Statt N. und umtgetehrt zu ſetzen. 





Die £uftfirömungen. 69 


nördlichen und öjtlichen Winde jtärfer, al3 die ſüdlichen und weftlichen; und im 
Sommer find alle Rinde ftärfer, al3 unter gleichen Verhältniffen im Winter. 

Bis zu welcher Höhe die cykloniſche Bewegung reicht, ift noch wenig 
unterfucht worden. In der Bai von Bengalen vermögen die Eyflonen 
nicht einmal die 300—600 m Hohen Dftghat3 zu überjchreiten. Im der 
oſtlichen Union erreichen fie jelten die Höhe des Mt. Wafhington (1900 m), 
während in der wejtlichen jelbit das über 4000 m hohe Felſengebirge feine 
abſolute Schranke für fie bildet. 

In der Höhe geht, wie die Wolfenbeobachtungen bezeugen, bie cyflo- 
niiche Bewegung in eine anticyklonijche über, d. 5. die von allen Seiten 
geführte Luft fteigt im Centrum in die Höhe, um oben abzufließen. So 
ipeiit in den oberen Schichten die Eyflone die fie umgebenden Anticyflonen, 
und im den unteren Schichten ernähren die Anticyklonen die Cyflonen. 





ꝛ — ⸗ 
ZT Send VI4 
SS 


N 
NN 
N X 
ig. 13b. Mnticylionen und Cyklonen auf der jüdlihen Halbfugel. 


Tie obere Bewegung ift die primäre; fie entfteht, wenn die Oberfläche einer 
wärmeren und Dampfreicheren Luftſäule fich über die benachbarten erhebt. Iſt 
aber an der Erboberfläche einmal der Anjtoß zu einer cyflonalen Bewegung 
gegeben, dann wird unter bejonders günftigen Umſtänden dag barometrifche 
Minimum durd) den um dasjelbe entjtehenden Luftwirbel immer mehr 
vertieft. Se mehr das Barometer im Centrum finft, deſto fteiler wird der 
Gradient, defto heftiger der Wirbel, deſto geringer auch der Luftdrud im 
Mittelpunkte. So trägt die Cyklone in fich jelbit die Bedingungen ihres 
Wachsſtums. Die in der Regel, wenn auch nicht ausnahmslos, fie be- 
gleitenden Rieberichläge unterftügen diefen Prozeß, indem die bei der Con- 
denjation frei werdende Wärme das Auffteigen der Luft im Centrum be- 
tördert. Hört dieſe vertifale Bewegung auf, dann wird da3 Minimum 
durch die zuftrömende. Luft bald ausgefüllt. Damit hört aber auch die 


70 Drittes Kapitel. 


Ernährung der Anticyklonen durch die obere Strömung auf. Der Luft- 
drud verringert fih im Marimum, weil die abfließende Luft nicht mehr 
durch zufließende erjeßt wird, und er fteigert fich im Minimum, weil Die 
zuftrömende Luft feinen Abfluß mehr findet. Mit Einem Wort: die baro- 
metriſchen Unterjchtede gleichen ſich aus. 

Bon ihrer Geburt bis zu ihrem Erlöfchen find die Cyklonen in be— 
ftändiger, bald fchnellerer, bald Iangjamerer Wanderung begriffen. Es ift 
dies fo zu verstehen, daß das Minimum jtet3 auf der hinteren Seite aus⸗ 
gefüllt und dadurd) in die vordere verlegt wird. In der tropiichen Zone 
beivegen fie fi) nach Dften, biegen dann an der Polargrenze der Paſſate 
nach Norden, beziehungsweife Süden um, wobei fie an Tiefe verlieren, aber an 
Ausdehnung gewinnen, und fchlagen dann in den mittleren und höheren Breiten 
einen weitlichen Weg ein. Das lehtere gilt auch von jenen Deprejjionen, 
die in den außertropifchen Gegenden entftehen. Wenn einmal diejer Zweig der 
meteorologifchen Statiftif genügend erforjcht fein wird, dann erſt wird Die 
Klimalehre auf einer ficheren wiſſenſchaftlichen Grundlage ruhen. Derzeit 
jind wir aber noch weit davon entfernt. Nur die mittleren Zugſtraßen der 
Minima zwijchen dem Feljengebirge und Ural fennen wir etwas genauer, 
namentlich durch die Arbeiten von Bebber, Köppen und Hoffmeyer. 
Die arktiichen Minima aus der Baffinsbai und Davigitraße ziehen ent- 
weder parallel mit dem 70. Breitenfreije oder über Island nad) Europa. 
In Nordamerika wandert die Mehrzahl unter ca. 450 B. durch die Seenregion, 
während andere aus dem SW. auf den atlantilchen Ozean gelangen. Mehr 
als die Hälfte der nordamerifanifchen Minima durchkreuzt denjelben in 
4—5 Tagen und erreicht Europa. Die einen ziehen über Yabrador oder ent- 
lang der Küſte nach Grönland und von da nad) Often; die Bahnen der anderen 
teilen fich in der Nähe von Neufchottland, um entweder über Island, oder 
quer über den Ozean oder über die Azoren nach Europa zu führen. Hier ift 
der Norden das Hauptdurchzugsgebiet der Minima. ine Straße beginnt 
an der NW.-Küfte von Island, zieht dem norwegischen Geſtade entlang über 
den Polarkreis Hinaus und führt von da entweder nordwärts in das Eis- 
meer, oder zum tweißen Meere oder nah SO. in das Innere von NRuß- 
land. Bon den britifchen Injeln und ihrer Umgebung wandern die Mi- 
nima entweder über die Nordfee, Südjchweden und die mittlere und füdliche 
Djtfee nach den baltiichen Provinzen und nad Finland; oder — jedod) 
in felteneren Fällen und im Sommer faft nie — über Frankreich nad) 
dem Mittelmeere. Hier vereinigt fich dieſe Zugjtraße mit der vom weit- 
lichen Mittelmeer kommenden, um im weiteren Verlauf teil$ nah SO., 
teil in das ſchwarze Meer, teil nah NO. in das innere Rußland zu 
führen. Beſonders ausgezeichnet find die Kreuzungspunfte der Zugftraßen, 





Die Luftfirömungen. 71 


wie die Yorenzomündung, die Gegenden jüdlich von der Davisftraße, jüd- 
weitlich von Island und bei den Lofoten, das ſüdliche Schweden und der 
atlantiſche Ozean zwilchen 50 und 52° N. und 34 und 380 W. Gr. Hier 
pflegen die Minima länger zu verweilen und fchlagen häufig fogar auf 
hırze Zeit eine retrograde Bewegung ein; hier bilden fich auch die meiften, 
to einflußreichen ftationären Depreffionen. 

Die mittlere 24 jtündige Gejchwindigfeit der Minima beträgt in Nord- 
amerifa 1000, auf dem nordatlantischen Ozean 770 und in Europa 640 km. 
Daraus ergiebt jich ein bedeutungsvoller Unterjchied zwijchen dem nord- 
amerifanischen und europäifchen Klima. Denn die direkte Folge ber fort- 
ichreitenden Cyklonen ift die Beränderlichfeit des Wetters; je rajcher 
ite wandern, deſto größer auch die VBeränderlichkeit. Die Punkte « und 5 in 
Fig. 13 (S.68) gelangen, wenn die Cyklone nach rechts fortichreitet, von der 
Aquatorial- auf die Polarfeite, wobei fich in a (entfprechend dem fogenannten 
Tove’schen Drehungsgejehe, das aber nur beichränfte Geltung hat) der Wind 
m Sinne eines Uhrzeigers von SD. über SW. nad NW., in d aber im 
entgegengejegten Sinne von SO. über NO. nah NW. dreht. 

Innerhalb einer größeren Deprejlion können fich auch ſekundäre 
oder Zeilminima bilden, am häufigften auf der Südfeite derjelben. Im 
eriten Stadium ihrer Entwidelung verraten fie fi) durch eine jeitliche 
Ausbuchtung der Iſobaren. Unter günftigen Bedingungen löſen fie fich 
vom Hauptminimum los und verfolgen jelbjtändig ihren Weg. 

Die eigentliche Heimat der Cyflonen find die mittleren und höheren 
Breiten beider Hemifphären. In einem fchmalen Gürtel zu beiden Seiten 
des Aquators fehlen fie ganz, denn bier ift die ablentende Wirkung der 
Erdrotation zu ſchwach, als daß fie einen Wirbel erzeugen könnte. Im 
dem übrigen Teile der Tropenzone fehlen fie zwar nicht, und find in- 
\ofern wichtig, als fie meift von verheerenden Stürmen begleitet find, 
aber fie find nur auf einige Monate bejchränft. Genauer bekannt find 
nur die Hurricane des nordatlantiichen Tropenmeeres, die Teifune 
der Chinaſee und die Eyflonen des indifchen Dzeand. Bon den erit- 
genannten fommen nad) Loomis 88 Prozent auf die Monate Auguft bis 
Iftober, wo der thermiiche Äquator am weiteften vom mathematifchen ſich 
entfernt. Die niedrigfte Breite ihres Vorkommens ift 10-3/N., das Um- 
biegen der Bahn erfolgt im Sommer im Mittel in 30-6°, im September 
in 29.70 B.; die durchichnittliche tägliche Geichwindigfeit beträgt 460 km. 
Bon den Wirbelftürmen im pazifiichen und indiichen Ozean kommen 
52 Prozent auf den Herbit (September bis November) und 43 Prozent 
auf den Frühling (April bis Juni). Es find dag die Zeiten der jogenannten 
Monfunwechfel, wovon wir im nächften Abfchnitte hören werden. Ihre 


Paſſate. 


72 Drittes Kapitel. 


niedrigſte Breite iſt 610, die Umbiegung ihrer Bahn nad) Norden geſchieht 
im Durchſchnitt ſchon unter 19.80 B., die mittlere Geſchwindigkeit in 
24 Stunden beträgt 310 km. 

9 66. Im Gegenfage zu den Eyflonen find die Paſſate nur an die 
warme Zone gebunden, und aud) hier vorwiegend nur auf den Meeren 
entwidelt. Als weitefte Grenzen der Baljatregion kann man im allgemei- 
nen 350 N. und ©. annehmen. Die Entftehung diefer regelmäßigen Winde 
ſchrieb man früher einem auffteigenden Luftſtrome am thermifchen Aguator 
zu, zu deilen Erjat fältere Luft von Norden und Süden zuftrömt. Bon 
einem jolchen auffteigenden Luftſtrome, wie er wohl im Centrum der Cyflonen 
oder in der heißeften Zeit in Gebirgsthälern fich entwidelt, fann über aus- 
gedehnten Flächen feine Rede ſein. Wohl aber wird die ganze Luftmaſſe 
über dem thermischen Äquator durch das ununterbrochene Spiel auffteigender 
warmer und herabjinfender kälterer Zuftjäulchen allmählich erwärmt und 
dadurch aufgelodert, jo daß die Oberfläche derfelben über die des benach— 
barten Luftmeeres anfteigt. Es entwidelt ſich nun die obere Strömung, 
die, zwijchen den immer mehr jich nähernden Meridianen eingezwängt, an 
Tiefe gewinnen muß, was fie an Breite verliert. Sie finft daher fchon 
zwifchen 30 und 40° B. zu Boden und erzeugt hier permanente Gebiete 
hohen Luftdrudes, von denen die untere (pafjatifche) Strömung zum ther- 
mifchen Äquator ausgeht. Die barometrifchen Marima Tiegen ftet3 an 
der Djftjeite Der Meere, weil — wie Hettner richtig bemerkt Hat — nach 
diejer Seite die durch die Erdrotation abgelenkte obere Strömung gerich- 
tet ift. 

In zwei Punkten unterjcheidet fich die paffatiiche Bewegung wejent- 
ih von den cyflonalen: in ihrer Regelmäßigkeit und in der Geftalt des 
Minimums. 

Das äquatoriale Minimum, die Gegend größter Luftaufloderung, mit 
variablen Winden und Stillen (daher häufig, aber nicht ganz zutreffend, 
als Ralmengürtel bezeichnet), erftrecdt fich zwar nicht zonenartig und gleich- 
mäßig durch die ganze Breite des Meeres, hat aber ftet3 eine langgejtreckte 
Form. Daher kann fein Wirbel entjtehen; es ift eigentlich nur der Nord- 
und Südquadrant einer Cyklone entwidelt, und auch diefe anormal, weil 
die Quft von beiden Seiten der Gegend größter Rotationsgefchwindigfeit 
zuftrömt und daher beiderjeits nach Weſten abgelenkt wird. ‘Da Die Urjache, 
welche den Luftdruck am Äquator verringert, beftändig wirft, fo find auch 
die Paſſate konſtant, nur verjchiebt jich das ganze Syitem, welches aus 
dem äquatorialen Minimum, den beiden fubtropiichen Marima und den 
zwilchen Minimum und Marimum liegenden Gürteln des NO.- und SO.- 
Paſſates beiteht, mit der Sonne, jo daß zeit- und ftellenweile der Paſſat 


—— —— — — ———⏑⏑— 


Die £uftfirömungen. 13 


der einen Hemiſphäre auf die andere übertritt. Neben diefen periodiichen 
Zeränderungen jind aber auch beträchtliche unperiodiiche Verjchiebungen 
der Grenze, beſonders der polaren, an der Tagesordnung, jo daß man 
ich von der Negelmäßigfeit der Paſſate feine übertriebene Borjtellung 
nahen darf. 

Bon einem ununterbrochenen Pajjatbande kann man auf der nörd- 
lichen Hemifphäre niemals und auf der füdlichen nur im Winter |prechen. 
*ber auch da iſt das Band nicht gleichmäßig entwidelt, indem es auf 
dem Meere von Oſten nach Weiten immer jchmäler wird. Im Weften 
nımmt der Paſſat eine rüdläufige Bewegung an; der ED. der Süd- 
bemiiphäre, wo dieſe Erjcheinung beſonders Träftig ausgebildet iſt, geht 
allmählich in D., NO., NW. W. über, jo daß dadurch ein vollfommen 
zeichloſſener antichkloniſcher Kreislauf um die jubtropifchen Maxima hervor- 
serufen wird. Die Bafjate jelbft erjcheinen nur als ein verlängerter Zweig 
desſelben. 

über der paſſatiſchen Bewegung in den unteren Schichten zieht die 
antipaſſatiſche in den oberen Schichten in entgegengeſetzter Richtung, 
wodurch der vertikale Kreislauf geſchloſſen wird. Der Pic von Teneriffa, 
700 m hoch, ragt bereits in dieſe Region weſtlicher Winde hinein, und 
der Himalaya wird im Winter bereits in 2000 m Höhe von denſelben ge- 
troffen. 

$ 67. Nachdem wir eine Überficht über das Wefen der verfchiedenen 
Yuitftrömungen gewonnen haben, wollen wir noch einen Blick auf ihre 
seograpbiiche Verteilung werfen. Man kann die Erdoberfläche, joweit 
man fie bislang fennt, in dreierlei Windgebiete teilen: 1) die Ge- 
biete beftändigen Paljates, 2) die Gebiete wechjelnder chflonaler und 
anticplionaler Quftbewegung, 3) Gebiete, welche im Winter in die erftere, 
im Sommer in die leßtere Zone aufgenommen werden. Über die Ver—⸗ 
breitung diefer Gebiete in den extremen Jahreszeiten wird ung ber nächte 
Abichnitt belehren. 


kufldruck und Windverteilung in den extremen Jahreszeiten. 
(S. Karte IX, und X.) 


$68. Wie die Iſothermen von Tag zu Tag ihre Geftalt wechfeln, 
io auch die Iſobaren. Ein Ort in unjeren Breiten fommt bald in den 
Pereich einer Anticyflone,. bald in den einer Cyflone, bald liegt er auf der 
Sorderfeite, bald auf der Hinterfeite einer Depreffion. Der Elimatifche 
Charakter einer Gegend wird aber nur durch Mittelwerte repräfentiert und 
damit Hat es der Geograph zunächſt zu thun. Er muß fich alfo die Frage 


Windgebiete, 


Die Iſobaren⸗ 
farten. 


74 Drittes Aapitel. 


ftellen: welches ift der mittlere Zuftand des Quftmeeres und inwie— 
fern hängen die vorherrfchenden Winde, die eben deshalb, weil fie 
die anderen Windrichtungen an Häufigkeit übertreffen, die eigentlichen 
Träger des Klimas find, damit zuſammen? Wie ung die mittleren DMonats- 
ifothermen zeigen, iſt die Ungleichheit in der Wärmeverteilung nicht ein 
vorübergehendes, jondern Dauerndes Phänomen, und ebenfo dauernd 
muß die dadurch bewirkte Störung des Gleichgewichtes der Atmofphäre fein. 
Diefe fommt in den mittleren Monatsifobaren zum Ausdrud; fie 
ftellen da8 Dauernde im Wechlel der Witterungserfcheinungen dar, aber 
feinen permanenten Zuftand. Karte IX jagt und z. B. nicht, daß ſich be- 
ftändig ein Minimum im EW. von Island befindet, denn in diefem Falle 
müßte Europa ftet? von SW.- und die öftlichen Staaten der Union ftets 
von NW.-Winden überweht werden. Aber fie jagt ung, daß die nörd- 
lichen Deere und dag benachbarte Feſtland der Hauptichauplag der Cyflonen- 
bildung find, wie die Kontinente der der Barometermarima. Die Aus: 
buchtung der Sfobaren in der Davisftraße und weſtlich von Norwegen jagt 
uns, daß auch hier Cyflonen Häufig erjcheinen. Die Abnahme des Luft⸗ 
drudes vom TFeltlande zum isländiſchen Meere ift mit Einem Worte der 
normale Zuftand, und diefem müſſen die herrichenden Winde entiprechen. 
Nur in diefem Sinne werden wir im folgenden von Cyflonen und Anti: 
cyklonen jprechen, denen wir eigentlich ftet3 Die Bezeichnung „mittlere“ 

beifügen ſollten. 

Kuftdrud und $ 69. In unjeren Wintermonaten (ſ. arte IX) umgiebt ein breites 
einmaım Band hohen Luftdruckes die ganze nördliche Hemifphäre, die Meere zur 
nördtigen Hälfte, die Kontinente ganz bededend. Innerhalb desjelben finden wir 

wine vier barometriiche Marima. Die beiden marinen liegen an der Grenze 
der- Tropenzone (daher wir fie die ſubtropiſchen nermen), das atlantifche 
jüdfih von den Azoren, das pazifiiche nordöftlich von den Sandwich⸗ 
injeln. Es find dies jene Maxima, von denen der Paſſat ausgeht, und 
daher, wie dieſes Windfyften, permanent. Die beiden anderen liegen auf 
den Kontinenten in den Gebieten größter negativer Wärmeanomalie (vergl. 
Karte VI). Das oſtſibiriſche Marimum ift größer al3 das norbamerifanijche, 
weil auch die Kälte dort intenfiver ift. Die Ausbuchtungen der afiatischen 
Sjobaren von 770 und 765 mm zeigen fefundäre Marima an; das weft: 
liche, das bis nach Europa Hineinreicht, ift ebenfalls durch die Iianomalen 
vorgezeichnet; das öftliche ift das Urfprungsgebiet des weltpazifischen 
Paſſates, und kann daher als ein untergeordnetes fubtropiiches Marimum 
aufgefaßt werden. 
Das Ääquatoriale Minimum liegt auf allen Meeren mit negativer 
Wärmennomalie nördlich” vom Gleicher, während es auf den relativ zu 


l 





Die Luftfirömungen. 75 


warmen Meeren mit der Sonne auf die jüdliche Hemiſphäre gewandert ift, 
doh nur bis ca. 1098. 

Diesfeits der Zone hohen Barometerjtandes nimmt der Luftdrud auf 
den nordatlantiichen und nordpazifilchen Ozean wieder ab, um bei Island 
und den Aleuten fein Minimum zu erreichen. Wir bezeichnen Dieje 
Rinima wegen ihrer Zage ala fubpolare. Auch hier zeigt fich wieder 
die Abhängigkeit der Iſobaren von den Iſanomalen in draftiicher Weile. 
Vie relativ wärmften Gebiete find auch Gebiete niederen Luftdrudes, und 
die größere Tiefe des nordatlantifchen Minimums ift bedingt durch den 
höheren Grad der pofitiven Anomalie. Sogar die Biegungen der Sjobaren 
imd in den Iſanomalen vorgezeichnet, To u. a. auch die beiden jo wichtigen 
Zeilminima in der Davisftraße und an der Nordweſt-Küſte von Norwegen. 

Der thermifche Gegenſatz von Weit und Oſt, der das Winterflima 
unerer Halbkugel beherricht, kommt auch darin zum Ausdrud, dab in 
xrielben Richtung Windſyſteme von entgegengeſetztem Charakter einander 
ablöten. Auf die nordatlantiiche Cyklone folgt die oftafiatifche Anticyklone, 
dann die nordpazifiiche Eyflone und endlich die nordamerifanifche Anticyflone. 
Eine Linie, welche auf den Meeren beiläufig mit den 30. Parallel zufanımen- 
tallt, auf den Kontinenten aber — wie Karte IX zeigt — beträchtlich höher 
anfteigt, bildet, gleichham wie ein barometrijches Gebirge, die Hauptwind- 
icheide zwiſchen den vier nördlichen und den füdlichen Syſtemen. 

Bon jenen ift die nordatlantifche Cyklone für ung am wichtigften, 
überdies auch am eingehendften erforicht. Eine von den Bermudas gegen 
Island gezogene Linie trennt die Polar- von der Aquatorialfeite. Auf 
der letzteren herrſchen jüdliche und weftliche Winde vor, welche die höhere 
Yufttemperatur des Golfitromgebietes, größere Feuchtigkeit und Nieder- 
ıhläge über dag mittlere und polare Europa bis nad Weftfibirien ver- 
breiten, aber natürlich in immer geringerem Maße, je weiter fich Die 
oxaniihen Winde von ihrer Urjprungsftätte entfernen, und je mehr 
tontinentale Mafjen in den Wirbel gezogen werden. Die folgende Tabelle, 
welche die mittlere Differenz der PBolar- (—) und Aquatorialwinde (+) 
in Prozenten für einige Gegenden angiebt, zeigt ung am beften den Kontraft 
wilchen beiden Seiten der Cyflone. 


Polarſeite. AÄquatorialſeite. 
Na-Enland . . ». . -31-4 Irland...... 720. 0 
Küſte von New-York bis Schottland . . . . . +26-8 

zur Shafpeafbai. . . —21-.1 Endland . .....+7T5 
xüfte von der Chaſpeakbai Norwegiiche Weſtküſte. +33-6 
bis Savdannab . . . — 9-0, - Südfüfte. . - 15-0 


Sudionsthal. -. . .» . — 9.2 Sidffhmdn . ... +95 


76 Vrittes Aapitel. 

















Polarſeite. AÄquatorialſeite. 





Seenregion . . .. + 4.6 | | Baltifche NW.-Küfte . + 3.0 
Ohio und Tenneffee ....+11.0 | Belgien und Nordfrankreich +22-2 
Dberes Miffiffippitfal . — 4.0 Franzöſiſche Weftfüfte + 8-3 
| Niederlande, Deutjchland 
und Dänemat . . . +26-2 
| Nord-Alpen (Rigi und 
Shafbrg) . . . . +21.5 
| Inneres Böhmen . . +15.0 


| Nordabhang der Karpaten +10-3 
Oſtſeeprovinzen und Fin— 


land.7727.3 
Nord-Rupland . „. +21.0 
Sentral-Rußland . . . +23-5 
Weitjibirien . . +20-0 


Man erfieht aus dieſer Tabelle, daß in Europa nicht alle Gegenden 
gleichmäßig begünftigt find. England und das ſüdliche und dftliche Stan- 
dDinavien haben im Dften und Süden wärmere Meeresflächen, die häufig 
der Schauplag von Eyflonenbildungen find, aber ohne auf unjeren Iſo— 
barenfarten als Teilminima klar Hervorzutreten. Jene Lofalitäten Liegen 
daher oft auf der Bolarfeite von Barometerdepreflionen. In Nordamerika 
nimmt die Häufigkeit der nördlichen Winde nach Süden raſch ab (und 
infolge defjen die Temperatur ebenſo rajch zu), ja ftellenweije herrſchen 
fogar die Aquatorialwinde, wenn auch nicht bedeutend vor. Es erklärt 
fich) dies aus der regelmäßigen Wanderung von Cyflonen aus dem Inneren 
ber Vereinsſtaaten gegen Oſten, wodurd) ihre Zugjtraßen, ſowie die jüdlich 
davon gelegenen Landftriche häufig der Wohlthat äquatorialer Winde teil- 
haftig werden. 

Die nordpazifiihe Cyklone unterjcheidet fich von der atlantischen 
in einigen wejentlichen Punkten. Sie umfaßt auf der einen Ceite Die 
Oſtabdachung Aſiens, ftellenweife — wie am oberen Hoangho — ziemlid) 
tief in das Innere eindringend, und auf der anderen den jchmalen pazifiichen 
Rand von Nordamerika. Ihre fontinental abgejchlojjene Nordfeite iſt viel aus- 
gebildeter, als die offene der atlantischen Cyflone; überall in der Umgebung 
der Beringsſtraße herrjchen Polarwinde vor, wie noch kürzlich die Vega— 
Erpebdition beftätigen konnte. Aus dem gleichen Grunde Liegt dag Minimum 
hier wenigfteng 10 Breitengrade jüdlicher als im atlantijchen Ozean; Alaska 
befindet fich daher Ichon auf der Polarfeite, während Sfandinavien nod) 
auf der Aquatorialfeite liegt. Die letztere ift alfo in der neuen Welt 
in nordfüdlicher Richtung beichfänter, als in der alten Welt, aber aud) 


J 








Die Auftftrömungen. 77 


gegen Dften Hin, weil Gebirge ein tieferes Eindringen nicht veritatten. 
En ebenfo bemerfendwerter Unterjchied liegt in der gleichförmigen Ent- 
mdelung Der Polarjeite bi8 an den Wendefreis. Eine Linie von den 
Ronininjeln zu den Aleuten trennt fie von den äquatorialen. 





Bolarfeite. Aquatorialjeite. 

Thotstische Küfteund Kam- ' Pazifiſche Küfte von Nord- 
that . . 2... —41-5 amerfa . . ». .. +15-7 
<odhalin, Japan undChina —46-7 | Oberes Columbia . . . +18-0 


Ein Vergleich mit den auf S. 75 mitgeteilten Zahlen zeigt uns 
deutlich, daß das öftliche Nordamerika in den mittleren Breiten ungleich 
begünttigter ift als dag öftliche Alten. Die Wärme nimmt bier nicht fo 
raich nach Süden zu; noch Schanghai hat eine mittlere Januartemperatur 
von 3.20. Noch fchärfer tritt der Gegenfab in den Niederjchlagsverhält- 
niien hervor, wie wir jpäter jehen werden. Woher diefer Unterjchied? 
Irrenbar findet in Oftafien keine jo lebhafte Cyflonenbewegung ftatt, wie 
in den Bereinigten Staaten. Alle Bervegung nimmt in diejen Breiten eine 
öttlihe Richtung, und in dieſer liegen hier hohe Gebirge. Ebenſolche ver: 
binden auch den Abflug der Luft nah Süden. So gewinnt bie 
tibirifche Anticyklone eine größere Feſtigkeit als die nordamerifanijche, 
und dadurch ift wohl auch zum Teil die abnorme Höhe des Luftdruckes bedingt. 

Außer den beiden genannten Anticyklonen dürfte noch eine dritte im 
Webiete des amerifanifchen Kältepols fich befinden. Darauf deuten die jehr 
beitändigen NW.-Winde, die dad ganze arktifche Amerika big in die 
Baffinsbai und Davisſtraße überwehen. 

An der Hauptwindicheide finden wir ſchwankende Strömungsverhält- 
niſſe, da Die Grenzen der MWindgebiete, der Beweglichkeit des Elementes 
entiprechend, ſich beftändig verjchieben. Se weiter wir aber gegen Süben 
vordringen, deſto mehr nimmt die Qufteirkulation einen paffatischen Charakter 
an Die Bolargrenze des eigentlichen NO.-Bafsjates liegt im Dften 
des atlantifchen Ozeans in ca. 300 B. und finkt gegen Weiten auf ca. 25°; 
die weſtliche Sahara auf der einen Seite und Centralamerifa und der 
aordlihe Teil von Südamerika auf der anderen gehören noch Ddiejem 
Sehiete an. Im pazifiichen Ozean treffen wir den ausgebildeten Pafjat 
ebentalls erſt jenjeit3 des 30. Parallels im Dften und des 21—25. im 
Zeiten an. In der öſtlichen Sahara, in Arabien und in Mefopotamien 
steht eine jehr bejtändige NW.-Strömung zum indifchen Ozean. In Eentral- 
atten beginnt das paffatifche Syſtem erft jenfeits des Himalaya, der weit 
in die Region der antipafjatifhen Strömung Hineinragt; diesſeits Ddes- 
jelben bis zum 50. Breitengrade ift ein Übergangsgebiet mit ſchwankenden 





— — — — — — — — 


80 Drittes Rapitel. 


nördlichen Halbkugel entgegen! Laſſen wir die alte Welt vorläufig 
außer Betracht. Tas äquatoriale Minimum iſt mit dem thermmchen 
Äquator allenthalben nach Norden geriich, im Meittel bis ca. 100 N., nur 
an den Weſtſeiten der Feſtländer bis 15525260N. Überall folgt ihm der Z 
Paſſat auf unjere Hemiſphäre, und wird dabei in der Nähe des erhignn 
öſtlichen Feſtlandes in SW. umgewandelt. Anch das Gebiet hohen Yurt 
druckes tft auf dem Meere beträchtlich weiter gegen den Pol Fortgeichritten 
(bis ca. 60" R.); feine nördliche Grenze fällt im atlantiichen Ozean faſt 
genau mit der Örenze der negativen Wärmeanomalie zuſammen. Ebenſo 
fiegen die jnbtropiichen Marima nördlicher als im Winter (das atlantiſche 
bis 40', das pazifiſche bis 45° B.), und damit ſteigt natürlich auch Die 
DIE höher an. Muf den Kontinenten, die wärmer find als 

as Meer in gleicher Breite, biegen ic dagegen die Iſobaren nad) Süden, 
Ai der Luftdruck nimmt landeimwärts ab. Daher ſinkt die Hauptwindſcheide 
in Amerika bis zum Mendekreis und in der alten Welt verschwindet 
ſie vollſtändig. 

Es dürfte nun an der Zeit ſein, einen vergleichenden Blick auf die 
horizontale Luftdruckverteilung um Sommer und Winter zu werfen. Auf 
den Meeren folgen in beiden Nahreszeiten aufeinander: das äquatoriale 
Minimum, das ſubtropiſche Maximum, das ſubpolare Minimum und das 
polare Maximum. Die Feſtländer beherbergen dagegen im Winter Maxima 
und im Sommer Minima. Es beſteht alſo ein fundamentaler 
Gegenſatz zwiſchen den marinen und fontinentalen Maxima und 
Minima: jene ſind permanent, wandern aber mit der Sonne, dieſe 
ſind periodiſch. 

Die nordhemiſphäriſche Paſſatzone reicht im Sommer nur von dir 
Saharaküſte weſtwärts beiläufig bis zum Meridian von Sachalin. Ihre 
Polargrenze Liegt auf dem Meeren zwiſchen 26 und 27° B., ſteigt aber 
im Oſten über 30" an. Die Nähe der erhitzten Kontinentalflächen erzeugt 
eine vollftändtge anticykloniſche Bewegung um die ſubtropiſchen Maxima, 
wie wir ſie ſonſt nur auf der Südhemiſphäre beobachten konnten. 

In den mittleren und Höheren Breiten lagern vier eykloniſche Wind 
gebiete nebenemander, nur das Der alten Welt reicht aud) in die Tropen 
zone hinein. Eine Strenge Scheidung durch ausgedehnte anticykloniſche 
Syſteme findet nur in Dem mittleren Breiten Ttatt, in Den höheren treten 
die Windfcheiden nur auf ſehr detaillirten Iſobarenkarten deutlich hervor. 
Überdies find die Winde nicht Jo ſtark wie im Winter, denn die Trud: 
Differenzen ſind nach allen Richtungen viel geringer, ebenſo wie die Temperatur 
unterſchiede. Sie find auch in den höheren Breiten von geringerer Elimato: 
logischer Wedentung als im Winter, weil die Verteilung der Temperatur 


Die Luftfirömungen. 79 


kmiiphäre. Wir finden e3 jogar mitten in der Südfee wieder, wo da? 
ötliche Paflatgebiet von dem ſchwächer entwidelten weftlichen durch ein 
Gebiet des rückkehrenden Paſſates getrennt wird. 

Jenſeits per Zone hohen Luftdrudes fällt das Barometer jehr raſch, 
um dann wieder gegen den Bol Hin zu fteigen. Die Lage des jubpolaren 
Minimums, das jenfeit? der 40% B. allenthalben ſtürmiſche NW.-Winde 
hervorruft, kennen wir aber nicht; nur vermuten läßt fid), daß die Iſo— 
sıren auf der einfürmigen Wafferfläche — ähnlich wie die Ijothermen — 
aicht beträchtlich von den Barallelfreifen abweichen. Wir bezeichnen dieſes 
Bindgebiet, von dem wir nur wenig wiflen, als das antarktijche. 

$ 70. Betrachten wir nun die mittlere Luftdrud- und Windverteilung 
in unlerem Sommer (}. Karte X und vergl. damit Karte VII). Beginnen wir 
mt der ſüdlichen Halbfugel, wo die Verhältniffe außerordentlich ein- 
'ah find. Ein Band hohen Luftdruckes von verfchiedener Breite umſchlingt 
die ganze Hemiſphäre, und hängt im atlantifchen Ozean, wo auch die 
iquatoriale Zone relativ zu falt ift, mit dem nördlichen Gebiete hoben 
Parometerftandes zufammen. Die jubtropiichen Maxima liegen zwijchen 
>35 und 30° B.; auch auf den Kontinenten entwideln fich jolche in den 
Gegenden der größten negativen Wärmeanomalie. Die Hauptivindicheide 
ſchwankt zwiichen 30 und 35° B., liegt aljo im ganzen etwas nördlicher 
als im ſüdhemiſphäriſchen Sommer. Nördlich davon dehnt fich die Paſſat⸗ 
‚one aus, die fich nicht mehr auf die Meere allein beichräntt, wenn fie 
cuh auf den Kontinenten nicht jo regelmäßig ausgebildet ift. Die Drei, 
bez vier jommerlichen Pafjatgebiete laſſen ſich trogdem auch jet noch 
unterjcheiden, nur verichmelzen die beiden pazifiichen, wenigfteng im Norden, 
völlig miteinander. Die anticykloniſche Bewegung um die fubtropifchen 
Rarima ijt noch gut erkennbar, aber fie vollzieht fich erit in höheren 
Breiten. Auffällig dürfte in diefer Jahreszeit (Winter) die Ablenfung des 
Ballates gegen die jüdafrifanische Weftküfte erjcheinen; aber fie erklärt jich 
leicht, wenn man bedenkt, daß Hier das Meer durch die antarftiiche Ben⸗ 
quelajtrömung ſtets abgekühlt wird, während die Küfte im Verhältnis dazu 
das ganze Jahr wärmer und überdies breit genug ift, um durch Luft- 
auflockerung den Seewind anzuziehen. 

Tie Polargrenze des eigentlichen Paſſates liegt in ca. 25° B., im 
atlantiichen Ozean reicht jie aber big gegen 30°. Jenſeits des 40. Parallel 
herricht überall die weftliche Strömung des antarftifchen Windgebietes. 
Tie geringe jährliche Wärmeſchwankung in diefen Breiten macht es wahr- 
icheinlich, daß die Lage und Tiefe der fubpolaren Depreffion feit dem 
Sommer fich nicht weientlich geändert hat. 

Welcher Kontraft zwijchen beiden Jahreszeiten tritt ung aber auf der 


Zuftdrud- und 
Bindver- 
teilung im 
nördlichen 
Sommer. 


Schematiſche 

Überſicht der 

Hauptwind—⸗ 
gebiete 


Verteilung der 
mittleren mo: 
natlichen Baro- 
meterſchwan⸗ 
kungen 





DD 


Drittes Rapitel. 


sl. Folgende ſchematiſche Überſicht der Hauptwindgebiete 
dürfte geeignet ſein, das in den beiden vorhergehenden Paragraphen geſagie 
dem Gedächtniſſe einzuprägen: 








Winter. 











Nordpazifiſche Nordamerif. Nordatlantiſche Oſtaſiatiſche 
Cyklone Anticyklone Cyklone Antieyklone 
Nordpazifiſches Nordatlantiſches ı Meittelmeer- Nordindiſches 
Paſſatgebiet Paſſatgebiet Gebiet) Paſſatgebiet 


Weſt- u. Oſtpa- Südamerik. Südallant. Südafrifan. Südindiſches Auſtraliſche 
zifiſches Paſſatgebiet Cyklone Paſſatgebiet Cyklone Paſſatgebiet Gyflone 





Antarktiſches Windgebiet. 


Sonmer. 


Nordpazifiiche Nordamerifaniiche Mordatlantiiche 
Cyklone Gnflone Cyklone Cytlonengebiet der 
| j | alten Melt 


Nordpazifiiches Nordatlantiſches 


Paſſatgebiet Taitatgebiet 


Südpazifiſches Südatlantiſches Südindiſches 
Paſſatgebiet Paſſatgebiet Paſſatgebiet 


Antarktiſches Windgebiet. 


872. Wie die Wärmeſchwankungen, jo ſind auch die mittleren 
Schwankungen des Luftdrnckes ein bedentungsvolled Elimattiches 
Element, und es iſt en großes Verdienft Köppen's, dietelben zuerſt farto 
graphiich dargeitellt zu haben. Je größer fie find, deſto unruhiger iſt 
durchichnittlic) das Wetter, deſto ſteiler tft wahricheinlich der Gradient und 
dejto jtärfer daher die Winde. Betrachten wir zunächſt nur die Nord 
hemiphäre. Vom Äquator bis zum 60. Barallet, der Gegend der ſub— 
polaren Minima, nimmt die Durchichnittliche monatliche Barometer 
ſchwankung zu, dann wieder ab. Überall it fie im Winter größer als im 
Sommer, aber die Tirferenz zwiſchen beiden iſt im der Tropenzone auf 
den Kontinenten und von 30" B. ab anf dem Meere beträchtlicher. Ver 
gleichen wir Meer und Feſtland miteinander, To ergiebt ſich ein ſehr 
bemerfensiwerter Gegenſatz. Wis zum 20. Barallel tt das Vetter auf dem 
Meere im Gebiet des regelmäßigen Paſſates jtets beftändiger als auf den 
Kontinenten, nördlich vom 30% B. iſt umgefehrt das maritime Wetter 
Ichwanfender. Zwiſchen 20 und 30" iſt eine Übergangszone. Im Sommer 
ſteigt mit der Polargrenze des Paſſates auch dev tropische Typus bis zu 





Die Luftfirömungen. 83 


30’ B. und im Winter finkt mit jener der Typus der gemäßigten Zone 
bi8 20° B. herab. | 

Auf der jüdlichen Hemiſphäre ift dasjelbe Gejeh der Abhängigkeit von 
der Breite wirkſam, wie auf der nördlichen, aber die Schwankungen find 
dort beträchtlicher, namentlich wenn wir die Sommer miteinander vergleichen. 
Tie Marimalwerte unferer Halbfugel werden jenfeit® des Äquators ſchon 
wilden 50 und 55° 8. erreicht — ein Beweis, daß in der füdlichen ge- 
mäßigten Zone Cyklonen- und Anticyklonenbildungen ebenjo wechjeln, wie 
bei ung, und daß die barometrischen Gradienten fteiler find. In der That 
berichten alle, die die antarktiiche See durchfuhren, von dem ftürmifchen 
Charakter der dort herrſchenden weitlichen Winde. 


Lokale Winde. 


l 

$ 73. Die lofalen Winde können wir in zwei Hauptarten teilen. Zur 
eriten gehören die Iofalen Winde in des Wortes ftrengfter Bedeutung, 
welche nicht durch die allgemeine geographijche Verteilung des Luftdruces, 
\ondern durch örtlich beichränfte barometrijche Unterfchiede hervorgerufen 
werden. Es iſt fjelbjtverjtändlich, daß ſolche Iofale Druddifferenzen nur 
dann zur Geltung gelangen können, wenn die Atmoſphäre nicht von be- 
tädtlihen Störungen heimgejucht wird. Die Winde diejer Kategorie find 
daher nicht nur örtlich, ſondern auch zeitlich bejchränft. Die zweite Haupt- 
art bilden jene Winde, die zwar Teile der allgemeinen Zuftcirkulation find, 
aber in bejtimmten Gegenden oder nur unter beftimmten Umftänden eine 
lolale Färbung erhalten. 

$ 74. Bur erften Art gehören die Land- und See-, Berg- und 
Thalwinde. Die erfteren, deren Theorie Blanford ausgebildet hat, finden 
ir an den Geftaden aller größeren Wafjerflächen, hauptfächlich aber an den 
Meeresfüften. Wenn in den Bormittagsftunden das Land fich erwärmt, fteigen 
die Luftſäulen über demfelben zu einer größeren Höhe an, als über dem 
fühleren Meere; e3 entfteht infolge deifen eine obere Strömung vom Lande 
ur See, und zum Ausgleich in den unteren Luftichichten der Seewind. Die 
Circulation reicht in ziemlich bedeutende Höhen, wie die Beobachtungen mittels 
eines befeitigten Ballons in der Bucht der Coneyinfel (New York) Iehren: 


10. Aug. 18798 10. Aug. 1879 13. Aug. 1879 
1 19” p. m. 3h 10° p. m. 11% 50” a. m. 


Cheres Ende des Landwindes 270m 330m ° 320m (?) 
Unteres - ⸗ ⸗ 150 150 210 
ber = = Geewindes 120 150 200 


In den Abendſtunden gleichen fich die Druddifferenzen aus, und nach Mitter- 
nat, wenn fich das Land mehr abgekühlt Hat als das Meer, entwidelt 
6* 


Eintellung. 


Land. und 
Seetwinbe, 


84 Drittes Kapitel. 


fich die umgekehrte Bewegung: in den oberen Schichten ein Seewind, in 
den unteren ein Landwind. 
Berg: und $ 75. Ein echter Tagesmonfun find au die Berg- und Thal- 
eu winde, ein allen Gebirgsländern gemeinfames Phänomen, wenn aud) faum 
faeinungen. irgendwo großartiger und regelmäßiger enttwidelt, als in Tibet und Kafd)- 
garien. Wenn mit fteigender Sonne die Luft im Thale und an den Berg- 
hängen ſich erwärmt, dehnen ſich — wie Hann auseinanderjegt — die 
Luftfäulen ab und cd bis 5’ und d’ aus, und es entfteht num ein Gra- 
dient von der freien Atmojphäre gegen den Bergeshang hin. Das gleiche 
Nefultat wird noch durch einen anderen Umftand erzielt. - Die Luft am 
Abhang wird mehr erwärmt, al in der freien Atmofphäre im gleichen 
Niveau; jene ftrebt als fpezifiich leichter in die Höhe, und muß durch zu- 
ftrömende Luft erfegt werben. So entwidelt fic) bei Tag ein Steigungs- 
wind die Gehänge hinan, und zum Erja fließt Luft aus der Ebene thal- 
aufwärts, Bei Nacht ziehen fich die Luftfäulen ab und cd bis 5” und d’ 
zufammen, und 
dem neuen Gra- 
‚ dienten folgt ein 
Fallwind an den 
Gehängen hinab 
und thalabwärts 
zur Ebene hinaus. 
Wo die Berg- 
Fig. 14. Berg: und Thalwinde. hänge mit Schnee 
und Gletſcher be- 
dedt find und daher erfaltend auf die Luftichichten wirken, da entfteht auch 
bei Tag ein kalter Fallwind. Diefer Art find z. B. die Nevados oder 
Schneeftürme auf dem mit hohen Bergen gefrönten Plateau von Quito. 
Auch im oberen Engadin weht im Sommer bis nad) Scanfs bei Tag 
ein Thalwind. Diefe Anomalie bereitete ber Theorie einige Schwierig- 
feiten, bis fie Billwiller durch die eigentümlichen orographiichen Ver— 
hältniſſe des Thales befriedigend erflärte. Auch hier finden wir den regel- 
echten Steigungswind, aber der Erſatz dafür fommt nicht von dem jtarf 
eingeengten unteren Thale, fondern von dem ganz offenen oberen Ende. 
Enge Nebenthäler, die von hohen und fteilen Felswänden eingefchloffen 
und daher nur wenige Stunden von der Sonne befchienen werden, fenden 
oft, bejonders im Sommer, kalte Winde in das viel wärmere Hauptthal. 
Bekannt ift der Wisperwind, der, aus dem Taunus fommend, manchmal 
das um 12—18° wärmere Rheinthal heimfucht. Cine ähnliche Wirkung 
erzeugt die Nachbarſchaft von Gebirge und Ebene, bejonders im Frühjahr 
















































































Die Luftfirömungen. 85 


und Gerbit; das Klima des baieriichen Plateaus und der Po-Ebene wird 
um Teil durch dieſen Gegenſatz bedingt. Zu den echten lofalen Winden 
aehört auch jene eigentümliche und, wie es fcheint, ganz abgeichloffene 
Yuftcireulation im Ghör, wo im Sommer Süde und im Winter Nord- 
winde ausjchließlich herrichen. 

$ 76. Zweige der allgemeinen Luftbewegung fünnen durch beitimmte 
iofale Berhältnifje in ihrer urjprünglichen Richtung oder Stärfe ver- 
ändert werden oder aud) einen eigentümlichen klimatiſchen Charakter 
erhalten. So werden im meridionalen Champlain-Hudfonthal im Staate 
Kew York die winterlichen NW.-Winde in N.- und die jommerlichen SW.- 
Binde m S.-Winde umgewandelt. Das von NW. nad) SD. ziehende 
Ebrothal kennt eigentlich nur zwei Quftftrömungen: den Cierzo (NW.) und 
Bodorno (SO.). Ein großartiges Beiſpiel diefer Art Liefert auch Hinduftan, 
wo der Wintermonjun thalabwärts und der Sommermonjun thalaufwärts 
liegt, und ſelbſt die antipafjatifche Strömung in 2000 m Höhe im Winter 
genau den Bahnen des Sommermonfung folgt. Auf wie weite Streden 
hin ein Gebirge die Windrichtung zu beftimmen vermag, beweifen Die 
Gegenden an der Dftjeite der Karpaten, wo NW.- und SO.-Winde von 
Beſſarabien bis in die Nähe von Lemberg entjchieden vorherrichen. 

In noch höherem Grade, al3 die Richtung, unterliegt die Stärke des 
Bindes der Lofalen Beinfluffung, befonder® von ZTemperaturunterjchieden, 
wie zwilchen dem Meere und einem gebirgigen Hinterlande im Winter, oder 
wiſchen einem folchen und einer erhisten Kiüftenebene im Sommer. Auf 
dieſe Weije erhält der Miftral, ein ftürmifcher N.- oder NW.-Wind, der 
die Rüftengegenden von der Ebromündung bis zum innerjten Winfel des 
genueſiſchen Golfs jo häufig heimfucht, feinen eigentümlichen Charalter, 
Veſonders heftig ift er in der Province und Languedoc, wo die Gebirgs⸗ 
mauern der Sevennen und Alpen aneinander ftoßen, und wo er nad) 
Derſch's Unterfuchungen regelmäßig auftritt, wenn ein Minimum fich im 
£. oder ED. der Province befindet, während eine Anticgklone über dem 
mittleren und jüdweftlichen Frankreich lagert. Dieſe Drudverteilung ift im 
Binter Die normale, daher aud) der Miftral in diejer Jahreszeit am häufig- 
ten. Seine Heftigkeit erklärt ſich dadurch, daß die Gegenfähe nicht jofort 
ausgeglichen werden, indem die von Norden fommende Luft einige Zeit Hinter 
dem Gebirge fich ftaut. Ahnlich verhält fich die Bora an den gebirgigen 
Küften von Trieft, Dalmatien und Albanien. Man verjteht darunter die 
NT. und O.Winde, die befonders im Winter dur) Minima auf dem 
odriatiichen Meere erzeugt werden. Die zeitweile Stauung und das plötz⸗ 
liche Hereinbrechen über die Päſſe des Gebirges kommt in dem jtoßweifen 
Wehen diejer oft gefährlichen Stürme zum Ausdrud, die am wütenditen 





Einfluß lokaler 
Verhaͤltniſſe 
auf Richtung. 
Staͤrke und 
Temperatur 
der Winde. 





Föhn. 


86 Drittes Kapitel. 


dort find, wo der Gebirgsfamm mindeſtens 300—600 m hoch und zugleich 
in horizontaler Richtung nur ein paar Kilometer von der warmen See 
entfernt ift. Solche Boraftürme kommen übrigens auch bei Noworoſſisk 
am NO.-Ufer des jchivarzen Meeres und am Fuße eines ca. 550m hohen 
Ausläufer des Kaufajus vor, und Middendorf berichtet von einer 
gleichen Erſcheinung an der ochotskiſchen Küſte. 

Alle diefe Winde find kalt und troden, und diefe Eigenjchaft be- 
darf einer Auseinanderjegung. Ein Beifpiel wird hier am fchnellften zum 
Ziele führen. An einem Januartage mit mittlerer Monatstemperatur be- 
wegt fich die Luft von Alejfandria (Seehöhe 98m, Temperatur — 0-9) 
über den Bocchettapaß (780 m Hoch) nad) Genua (48m hoch, Temp. 89%. 
Auf dem Bocchettapaß wird fie ſich von —0-9° auf —3-6° abkühlen 
(Abnahme für 100 m 0-4°), beim SHerabfinten auf der anderen Geite 
aber nach der Theorie um 1° für je 100m erwärmen. In der That be- 
trägt die Zunahme nah Mohn's Berechnung freilich nur 0-984°, weil 
ein Zeil der Wärme zum Verdampfen des ausgejchiedenen Waſſers ver- 
braucht wird, aber immerhin hat die Quftftrömung am Südfuße des Apennin 
eine Temperatur von 3-5°%. Sie ift alfo wärmer als in Aleffandria und 
daher relativ trodener, aber in Genua erjcheint fie dennoch als re- 
lativ Falter Wind. Wäre aber der Bocchettapaß 2000 m Hoch, dann 
würde ihre Temperatur auf demjelben fich zwar auf —8-5° erniedrigen, 
aber am Südfuße desfelben auf 10-79 erhöhen, d. 5. fie würde in Genua 
ala trodener und relativ warmer Wind, als jogenannter Föhn an- 
kommen. 

Die Temperatur eines Windes hängt alſo unter übrigens gleichen 
Umftänden 1) von der Wärmedifferen; der Anfangs- und Endftation ab, 
2) von der Höhe des Gebirges, das er zu überfchreiten hat. 

$ 77. Der Höhn ift eine zahlreichen Gebirgsländern gemeinfame Er- 
cheinung, während man ihn früher nur auf die Nordalpen beſchränkt 
glaubte. Hier ift diefer warme und trodene Südwind (SW.— SD.) der 
ſich zeitweife zum Sturm fteigert, von Bejancon am Jura bi8 Vorarlberg 
zu Haufe, erreicht aber in feinen öftlichen Wusläufern auch das untere 
Snnthal und manchmal fogar die Thäler von Salzburg und des Salz- 
Tammergutes. Er erzeugt, bejonder® im Winter und im Frühling, oft 
plögliche und gefährliche Schneefchmelze und Überfchwemmungen, ift aber 
auch von dauerndem Einfluß auf das Klima! und ermöglicht die Mais- 
kultur in Gegenden, von denen fie ſonſt ausgeſchloſſen wäre. 


a . Höhe Winter Yrübling Sommer Herbſt Jahr 
Zürich 4710m -0.30 8.90 17-60 8.80 8-70 
Altdorf (Föhngebiet) 454 1-1 9-5 17-8 10-0 9-5 








Die Luftfirömungen. 87 


Der Höhn tritt nad) Hann auf der Nordfeite der Alpen dann auf, 
wenn fi) eine tiefere Barometerdepreflion auf dem atlantiichen Ozean 
zwiichen dem Golf von Bizcaya und Nordichottland einftellt. Der Luft- 
drud ift dann am Nordfuße der Alpen viel tiefer, al8 am Südfuße, weil 
die mächtige Gebirggmauer eine Ausgleichung der Dichtigkeit der unteren 
Luftichichten verhindert. Die Luft wird durch jenes Minimum aus den 
nördlichen Thälern gleichjam ausgepumpt und zum Erjate ftrömt nun 
Luft vom Südabhang über die Pälje in jene hinein, wobei durch die Ab- 
kühlung der auffteigenden Luft am Südabhang häufig Niederjchläge erzeugt 
werden. Daß bei der Föhnbildung die Höhe des Gebirges das maßgebende 
Moment ift, beweiſt der Nordföhn, der in den jüdlichen Thälern erjcheint, 
wenn hier der Luftdruck beträchtlich tiefer ift, ala auf der Nordſeite. 

Heutzutage weiß man, daß der Föhn ein allgemein verbreitetes Phä- 
nomen ift. Der fogenannte Scirocco auf der Nordfeite der Pyrenäen und 
in Algier ift nad) Hebert nichts anderes ala Föhn. In Modena nimmt 
der SW.⸗, in Simferopol auf der Krimhalbinfel der SO.-, in Trapezunt 
und im Kurthal der SW.-, in Kutais dagegen der OND.-Wind zeitweije 
einen föhnartigen Charakter an. Auch an der Dftfeite der nordamerifa- 
niſchen Gebirge, der Rody Mountains ſowohl, wie der Alleghanies zeigt fich 
dieie Windform häufig. In Neufeeland ift er beſonders entwidelt auf der 
Titfeite der Südalpen. Bon großer Elimatifcher Bedeutung ift er an der 
grönländiichen Wejtküfte, wo im Winter und Frühjahr, wenn hier das Baro- 
meter tiefer jteht al3 um Island, ein SO.-Föhn auftritt und die Tem- 
veratur häufig über den Gefrierpunft hebt. In Jakobshavn iſt die durch— 
Ihnittlihe Zahl der Föhntage 16-1 (in der Schweiz 40). In Nifchne- 
Kolymsk erwähnt ſchon Wrangell einen trodenen und warmen Wind 
aus SD., in welcher Richtung ein Ausläufer des Stanowoigebirges liegt. 
Rojeikoff hat aud den Föhn herangezogen, um manche Eigentümlichleiten 
des oftafiatiichen Winterflimas zu erklären. Wo der Gebirgsrand unter- 
brochen ift, bringt der herrichende NW. die Temperatur des Kältepols bis 
an die Küfte; wo er aber ein Gebirge überfteigen muß, erwärmt er fich 
beun Herabſinken. Daher ift z. B. Ajan im Januar um 2-8° wärmer ala 
Kılolajewst und Peking um 4-8° wärmer ala Niutſchwang. 

$ 78. Die Trodenheit und Wärme hat der Föhn mit den Wüjten- 
winden gemein und lange Zeit hielt man ihn auch für einen ſolchen. Er 
ehält aber feinen Charakter durch lokale Verhältniſſe und verliert ihn aud) 
wieder, ſobald dieſe zu wirken aufhören; während die Wüfternvinde ihn 
aus der Wüſte, in der fie entitehen oder die fie paflieren, mitbringen. So 
iendet die Sahara den Khamfin nach Ägypten, den Harmattan nad) 
Iberguinen und fogar über breite Meeresftreden den Leite nach Madeira 


Wuſtenwinde. 


Abjolute 
Feuchtigleit. 


SS Viertes Rapitel. 


und den canartichen Inſeln, Den Leveche an die ſpaniſche Oſtküſte vom 
Nap Sata bis zum Nap Mao, und den Seirocco tmidt zu verwechſeln 
mit den ebenſo genannten Feucht warnen Winden tm Italien und auf Dem 
adriatischen Meere) nach Sicilien. Gm Wüſtenwind iſt ferner der be: 
ame Samum tm mittleren und nördlichen Mrabien. Auch von der 
Molhſavewüſte im weſtlichen Nordamerika find ſolche Winde befannt. Aber 
keine ſind heißer und trockener als die aus dem Innern von Auſtralien 
kommenden. Neumayer beobachtete einmal in Melbourne, wie durch einen 
ſolchen Wüſtenwind die Äpfel an den Bäumen buchſtäblich gebraten wurden. 
In Neu-Süd Wales ſchwankt die Temperatur dieſes Windes zwiſchen 27 
und 43°, im Binnenlande iſt ſie aber viel höher. So beobachtete Sturt 
in Centralauſtralien am 21. Januar 1845 550 im Schatten, und im De 
zember 1828 zerſtörte ein heißer Wind am Hunt River auf eine Strecke 
von nahezu SO km alfen Weizen. 


Diertes Kapitel. 


Die Niederſchläge. 


Der Walerdampf in der Atmofphäre uud die Urſachen feiner 
Kondenſation. 


$ 79. Alle Waſſerflächen und die Pflanzendecke entſenden fortwährend 
Waſſerdampf in die Atmoſphäre. Man bezeichnet den abjoluten Feuchtig— 
feitsgehalt der Yurt als Dunſtdruck, und die Höhe einer Queckſilberſäule 
(ausgedrüct im mm), welche der Erpamtivfratt des Waſſerdampfes das 
Gleichgewicht halten würde, gilt noch allgemem als Maßſtab destelben, 
obwohl die Angabe des Gewichtes des Waſſerdampfes in einem Nubifmeter 
Luft (nusgedrüct in Granım) vorzuziehen wäre. Tie folgende Tabelle zeigt 
aber, daß beide Ausdrücke nicht Sehr voneinander abweichen, 

Die Erfahrung lehrt, Daß die Yuft bei einer beftimmten Temperatur 
nur eine beſtimmte Menge Waſſerdampf in ſich aufnehmen kann: 


Temperatur  -—- 10" —5* u 2° 10" 19° 20° 25" 
Maximaldunſtdruck 2.1 3-1 46 6-5 9.2 12.7 17.4 23.6 
Marimalgewicht 2.3 3.4 4. 9 6.8 09-4 12-7 17-1 22.8 


Es ergiebt ich daraus, daß die Verdunſtung mit der Temperatur 
ſteigt, wobei freilich auch der Wind inſofern von Einfluß iſt, als er die 
feuchte Luft immer wieder fortführt und dadurch eine raſche Sättigung 


Die Niederſchläge. 89 


feit der Luft; fie muß daher, wie fie an jedem Orte mit der Temperatur 
tagt und fällt, auch in ihrer geographiichen Verteilung ſich an die der 
Wärme anjchließen. Die Linien gleichen Dunftörudes, wie fie Mohn ent- 
worfen, wiederholen in der That alle Biegungen der Iſothermen und mır 
die regenarmen Gebiete der Kontinente machen begreiflicherweije davon eine 
Ausnahme. Die jährliche Schwankung des Dunftdrudes jteigert ſich wie 
tie der Temperatur vom Äquator gegen die Pole und von den Küften 
landeinwärts, wobei in unjeren Breiten der Gegenfat von Dft- und Weſt⸗ 
tuiten in Derjelben Weiſe hervortritt, wie auf der Karte der jährlichen 
Varmeſchwankung. Ebenſo nimmt die abjolute Feuchtigkeit mit der Höhe 
ab und ziwar in der freien Atmofphäre rafcher als im Gebirge und hier 
rieder (mit Ausnahme des Pic von Teneriffa und vielleicht der ganzen Paſſat⸗ 
‚ne, unter höheren Breiten jchneller al3 unter niedrigen. Schon in einer 
Sole von 1960 m Hat der Feuchtigkeitsgehalt um die Hälfte abgenommen 
und über 6400 m Höhe finden wir nur mehr !/,, des ganzen atmofphä- 
riſchen Tampfgehaltes. 


$ 80. Da3 prozentijche Verhältnis des wirflihen Dunftdrudes zu 
sem der Temperatur entiprechenden Maximum nennt man die relative 
weuchtigfeit. Der Dunftdrud (d) ſei z. B. 2-3 und die Temperatur 0°; 
der Marimaldunftöorud (m) beträgt dann (nah) S. 88) 4-6 und die 


relative Feuchtigfeit (=1004,) 50. Aus der Formel ergiebt ſich, daß die 


relative Feuchtigkeit im umgefehrten Verhältniffe zum Marimaldunftdrude 
ınd damit zur Temperatur jteht. Ihre jährliche Kurve verläuft daher im 
entgegengejegten Sinne, wie die der Temperatur und nur im afiatischen 
"onfungebiete und in den Polargegenden, wo die Winter fehr troden find, 
tteigt und fällt fie mit der Wärme, wobei aber diefer PBarallelismus auf 
fein direftes Verhältnis zwiſchen beiden Elementen hindeutet. Wie die ab- 
olute ‘Feuchtigkeit nimmt aud) die relative von den Küſten (mit Ausnahme 
der aftatifchen DOftküfte) gegen das Innere des Landes ab und ift am ge= 
rngiten in den Wülten und Steppen, aber im Gegenjab zu jener iſt fie 
a höheren Breiten durcchjchnittlich größer als in niederen. In vertikaler 
Richtung nimmt fie unter allen Umſtänden bis zu einer gewiljen Höhe zu 
nd dann bejtändig ab. Die Höhe diefer Marimallinie ift aber ehr 
hwantend; Slammarion traf fie auf feinen Ballonfahrten am 10. Juni 
‚57 in 150m, am 15. Juli dagegen in 1100 m H. an. Im Gebirge machen 
ih lokale Einflüffe geltend. Am Antifana in den Andes von Quito, 
40m Hoch, ſinkt die relative Feuchtigkeit ſelten bis 74 herab und erreicht 
zeit den Sättigungspunkt. Doch war Mühry's Schluß, daß fich Die 


Relative 
Feuchtigleit. 


Die Winde als 
Nerdreiter Des 
Waſſer— 
dampfes. 


Urſachen der 
Kondenſation. 


90 Viertes Rapitel. 


ganze Äquatorialzone durch große Feuchtigkeit bis in eine Höhe von 5700 m 
auszeichne, voreilig, denn Junghuhn belehrt uns, daß auf Java Die 
relative Feuchtigkeit in 3400 m Höhe 45 und in 3700 m Höhe nur mehr 
10 Prozent beträgt. Das iſt bedentend weniger, als auf dem Gipiel Der 
Montblanc (4810 m), wo um Auguſt 55 Prozent gemeſſen wurden. Jeden 
falls iſt die relative Feuchtigkeit im Gebirge größer, als im gleichen Niveau 
der freien Atmoſphäre, weil dort aufjteigende Luftſtröme, Die wir als Berg 
winde kennen gelernt haben, beitändig Waſſerdampf von unten hinauf tragen. 

$S1. Da die Luft in Fortwährender Bewegung tft, jo kann der an 
einem Orte erzeugte Waſſerdampf auch anderen, oft weit entfernten Orten 
zu gute kommen. Die Regelung der Verteilung des Waljerdampfes und 
Damit auch der Niederichläge it die weite Hauptaufgabe der Winde im 
Haushalte der Natur. Seewinde ſind ſelbſtverſtändlich feuchter als Yand- 
winde, büßen ihren Charakter aber immer mehr em, je weiter fie land: 
einwärts vorrücken. Winde, die aus fülteren in wärmere Gegenden fonımen, 
find relativ troden, weil fi ihr Tampfgebalt immer weiter vom Sättigungs— 
grad entfernt; umgekehrt Sind Luftſtrömungen (mit Ausnahme der von 
Natur aus trodenen Wüſtenwinde) relativ feucht, wenn jie aus wärmeren 
in fältere Gegenden verfebt werden. Auf dieſe einfachen Zäße werden wir 
uns berufen, wenn wir von der geographiichen Verteilung der Niederichläge 
jprechen erden. 

$ 82. Es entitcht nun die Frage: unter welchen Bedingungen ſchlägt 
ſich die Luftfeuchtigkeit nieder? Offenbar kann nur Jolange Waflerdampf 
aufgenommen werden, als die Yuft ned) nicht geſättigt iſt; Jobald aber Die 
relative Feuchtigkeit 100 Prozent übersteigt -— und dies kann nur gejcheben, 
wenn ganz oder nahezu gelättigte Luft mehr oder weniger raſch abgefühlt 
wird - -, muß ein Teil des Waſſerdampfes ausgeichieden werden. Wir haben 
uns alſo Die Frage vorzulegen: unter welchen Bedingungen kann raſche 
Abkühlung dev feuchten Luft eintreten? 

Berührung feuchter Yurt mit Körpern, deren Temperatur durch nächt— 
liche Ausstrahlung unter Die der umgebenden Atmoſphäre herabgeſunken 
it, oder Starfe Berdimftung des Bodens und der Pilanzen in hellen, wind: 
stillen Nächten, wer die unterſte Luftſchicht fülter tt als der Roden — 
eine von dieſen Urlachen, met aber (wie Chiſtoni nachwies) beide zu 
ſammen erzeugen den Lau ımd Nett gefrorenen Yan. Meſſungen am 
Iblervatormm von Montſouris im Febrnar 1874 ergaben für Diele 
Niederſchlagsform eine monatliche Höhe von 2-5mım; in regenarmen 
Gegenden kann alſo der Tau eine nicht ganz unbedentende Molle ſpielen. 
Eine andere Urſache dev Kondenſation iſt die Vermiſchung ungleich tempe: 
rierter Luftmaſſen. Daher ſind die warmen, feuchten Winde in unſeren 


Die Riederidläge. 91 


Gegenden meist Regenbringer, bejonder3 in der fälteren Jahreshälfte; aber 
auch Kalte Winde können zu Niederfchlägen Veranlaſſung geben, wenn fie 
rloglih im eine dampfgeſchwängerte Atmojphäre einbrechen. Die Duelle 
der reichlichſten Niederfchläge find aber die freiwillig oder geziwungen empor- 

nigenden Quftftröme. Zu den erfteren gehören die aufiteigenden Luft- 
iröme im Centrum eimer Barometerdepreffion, der Bergwind im Gebirge 
und alle jene emporjteigenden Quftitröme, die fich in den heißen Nachmittags- 
tunden windftiller Sommertage lokal über größeren und Eleineren Ebenen 
emideln. Die zweite Art bilden horizontale Luftſtrömungen, welche Durch 
orographiſche Hinderniffe, beſonders durch Gebirge gezwungen werden, fi) 
aufwärts zu bewegen, wodurch jelbjt relativ trodene Winde in Regemvinde 
verwandelt werden fünnen. Ein ähnliches Hindernis bildet jede Küjte, 
aleichgültig ob gebirgig oder flach, für den Seewind, denn der plößliche 
Zuwachs an Reibung ftaut nad) Stevenfon die unteren Luftjchichten 
md lenkt daburch die oberen ab. Derjelbe Effett muß aus ähnlichen 
Öründen auch durch die, oft anfcheinend ganz geringfügigen Unregelmäßig- 
taten der Erdoberfläche erzielt werden. 

$83. So lange der Waflerdampf in der Form fleiner und großer 
Tröpfchen fpärlich und ziemlich gleichmäßig in der Atmofphäre verteilt iſt, 
"er vollkommen durchſichtig. Die blaue Farbe des Himmels iſt 
ihm zuzufchreiben, Daher dieſelbe um jo dunkler erjcheint, je höher ber 
<tandpunft des Beobachters, oder je trodener die Luft ift. Zunehmender 
Vaſſerdampf erzeugt aber Trübung und eine weißliche Färbung des Firma⸗ 
mented. Eine örtliche Anhäufung von Waflertröpfchen verjchiedener Größe 
oder in bedeutenden Höhen von Eisnadeln) nennt man in den unterjten 
yuftihichten Nebel und in den oberen Wolfen. Erſterer tritt als eine 
beftändige und Daher geographifche wichtige Erjcheinung befonderd an den 
Perührungäftellen kalter und warmer Meeresitröme (3. B. an der Bank 
von Neufundbland) auf, ebenfo wie an den von falten Meeresftrömungen 
begleiteten tropiſchen Küſten. 

Ein geographiſch wichtiges Element, dem aber bisher nur Renou 
einige Beachtung ſchenkte, iſt der mittlere Grad der Bewölkung!, da von 
derielben die Verbreitung mancher Pflanzenarten (z.B. der Dattelpalme) 
ebenſo abhängig ift, wie von der Temperatur. Welch’ ein gewaltiger, tief- 
greiiender Gegenſatz befteht z. B. in diejer Beziehung zwiſchen den Wülten 
und unjeren heimatlichen Gegenden! Biskra am Nordrand der Sahara hat 
m Jahr durchſchnittlich 264-4 Heitere Tage, dagegen Berlin nur 30-5. 
Und der legtere Ort Stellt etwa nicht ein Ertrem dar, denn die Bewölkung 


—— — 


Ausgedrückt in Zahlen von 1 (ganz heiter) bis 100 (ganz bewölkt). 





Nebel, Wollen 


Geſetze der Der: 
breitung der 
Niederſchläge. 


2 Viertes Rapitel. 


nimmt in Europa in nordweſtlicher Nichtung zu und erreicht ihr Martınum 
auf den britiichen Inſeln und in Zfandinavien. Die 50*inie gleicher 
mittlerer Bewölkung füllt beiläufig mir dem 40. Parallel zuſammen, ireig: 
aber im Innern der beiden Nordfontinente bedeutend höher an, bejonders 
auf der Oſtfeſte, wo ſie ſchon im Betichoragebiet den Polarkreis erreict. 
Yon Diefer Linie nimmt Die Bewölkung nach Norden zu und nach Süden 
ab, Jinft in den Wüſten unter 20, fteigt aber dann wieder auf dem Meeere, 
wie auf dem Feſtlande gegen den Äquator hin, zu deſſen beiden Seite 
jie mehr als SU beträgt. Auf der Südhemiſphäre finden wir ebenfalls 
zuerst Abnahme, dann Zunahme gegen den Pol hin, nur dürfte wegen der 
überwiegenden Waſſerfläche die mittlere Bewölkung diefer Halbfugel größer 
jein, als die dev nördlichen. 

Der Kondenſationsprozeß des atmorphärtichen Waſſerdampfes, Der mit 
der Wolkenbildung beginnt, führt in ſeiner weiteren GEntwidelung zu 
Niederſchlägen m der Form von Negen, Schnee oder Hagel. Sie find 
neben der Wärme und den Winden das dritte klimatologiſche Hauptelement, 
von Dem nicht bloß das organiſche Leben, Jondern auch die Formen der 
Erdoberfläche zum großen Teile abhängig ſind. 


Die Verteilung der jährlichen Niederſchlagsmengen. 
(Z. Starte XL) 


S 84. Kein zweites meteorologiiches Element iſt To ſehr von lofalen 
Verhältniſſen abhängig, keines wechjelt fo ſehr von Jahr zu Sahr, als Die 
Niederſchlagsmenge und zwar — zum Unterichied von der Temperatur — 
in den Tropenländern ebenſo, wie in der gemäßigten Zone. Es find Daher 
zur Feſtſtellung verläßlicher Mittelwerte langjährige Beobachtungsreihen 
nötig, und wie wenig ſolche befigen wir außer Europa! Trotzdem find 
die Hauptgeſetze ſchon jeßt erkennbar und tft eine fartographiiche Dar 
ſtellung möglich, vorausgeiegt, daß Te ſich nur auf das Feſtland beichränft 
und auf alle Details verzichtet (ſ. Karte XI, eine Umarbeitung der Negen- 
farte von Yoomtis. 

Zunächſt zeigt Ti em Abnahme der jährlichen Niederichlags- 
menge mit Der Breite. Mittehverte von mehr als 500em find aus der 
gemäpigten Zone nicht betammt, und über I0Oem steigt bier Die Nieder: 
ſchlagshöhe nur an den Wirdfeiten der Gebirge, während fie im Äquatorial 
gürtel nur ſtellenweiſe darunter ſinkt. Die arttischen Gegenden find, ſoweit 
wir ſie kennen, regenarme Gebiete. Dagegen ſtehen, wie Ziemer's Samm 
lung lehrt, Die 24ſtündigen Maxima der Regenhöhe in unſeren Breiten den 


Die Niederfdläge. 93 


ropiichen nicht nad. Das größte befannte Marimum (889 mm) weilt 
war eine tropische Station, Purneah in Bengalen, auf, aber nur wenig 
Acmer ift das zu Joyeuſe am Dftabhang der Cevennen (792 mm). Tägliche 
Regenmengen von 200 mm und darüber find auch in der warmen Bone 
nicht allgemein, und anberjeit3 kommen ſolche auch in England, im jüd- 
tlichen Srankreich und in den Südalpen vor und verurfachen plößliche 
Überichwenumungen. 

Die Abrnahme der jährlichen Niederſchlagsmenge mit der Breite erflärt 
ih daraus, daß der atmofphärifche Dampfgehalt gegen die Pole immer 
yringer wird. Dagegen ift ein direkter Zuſammenhang mit der relativen 


Feuchtigkeit nicht erfichtlich: 





| Winter [Srüßling Sommer! Herbft | Jahr 
Relative Feuchtigkeit 70 | 66 | 67 | 67 167°, 
Regen 34 10 9 8 | 52mm 
RelativeFeuchtigkeit 74 64 | 58 70 |67°%, 
Regen .| 225 si | 80 | 335 |s21mm 












Kom . | 





Wir entnehmen aus diefem Beilpiele, daß die Luft troß beträchtlicher 
weuchtigfeitt Doch wenig Regen liefern kann. Mangel an grüßeren oro- 
zaphifchen Hinderniffen und ftarfe Erhigung der unteren Luftichichten, in 
denen die Negentropfen wieder verdunften, ehe fie ben Boden erreichen, 
md die Urfachen diejer fcheinbaren Anomalie. Przewalski konnte ſich 
an? dem Alafchanplateau mehrmals von der Richtigkeit diefer Erflärung 
durch unmittelbare Beobachtung überzeugen. 

Ta die Meere der gemäßigten und warmen Zone die Hauptquelle der 
Niederichläge find, jo müſſen die leßteren von der Küfte landeinwärts 
abnehmen. Anderſeits müflen von den Küften wieder jene vegenreicher 
ie, welche vorherrichend von Seewinden getroffen werden, aljo in höheren 
Breiten Die wetlichen und im PBaffatgebiet die öftlichen. Südamerika 
illuſtriert dieſes Gefeb in prägnanteſter Weiſe. Aus dem in $ 82 Ge— 
Yagten ergiebt ſich ferner, daß das Relief des Erdbodens von maßgebendem 
Einfluß auf die Niederichlagsmenge ift. Sie nimmt mit der Annäherung 
an das Gebirge zu und in dieſem felbft mit der Höhe. In Hinduftan liegt 
za Hill die Marimalregion des Regen? in 1270 m Höhe, d.h. dort, wo im 
Nittel eine von der Ebene auffteigende Luftmafje den Sättigungspunft des 
Rafierdampfes erreicht. Es ift daher einleuchtend, welche wichtige Rolle 
die Gebirge, befonders in fonft regenarmen Gegenden fpielen. Selbft in 
der Sahara vermögen fie noch zeiweiſe Fräftige Flüſſe zu entienden, im 


Europa, Aſien 
und Nord⸗ 
afrila. 


94 Viertes Kapitel. 


regenlojen Sommer Südeuropas werden die Gebirge immer noch beneßt, 
und in der Sandwüfte am oberen Hoangho ift der Alafchan mit einem 
Waldgürtel bekleidet. 

Wenn ein Gebirgszug mehr oder weniger ſenkrecht ſteht zur Richtung der 
feuchten Quftitrömungen, fo ift die Windfeite regenreicher, als die Leefeite 
und diefer Kontraft fteigert fich mit der Höhe des Gebirges.! Sein Ein- 
fluß reicht auch noch weit über feine orographiichen Grenzen hinaus, indem 
er Eleineren oder größeren Streden des im Windfchatten gelegenen Tlach- 
landes Regen entzieht, bis eine abermalige Erhebung des Bodens eine 
abermalige Steigerung der Niederjchläge hervorruft. Darauf beruht Die 
Bedeutung jo vieler Gebirge ald Wetter- und Klimafcheiden. Wenn 
aber ein Gebirge in der Streichrichtung der Regenwinde liegt, fo ift es 
ohne Einfluß auf die Negenverteilung. Ein Beiſpiel ift dag nordöftlich 
ftreichende Erzgebirge. Die SO.-Ceite desjelben hat in einer mittleren 
Höhe von 293m 53cm, die NW.-Seite in 268m Mittelhöhe 54cm jähr- 
lichen Niederichlag. 

$ 85. Halten wir ung dieſe wenigen Hauptſätze vor Augen und er- 
innern wir uns an die Verteilung der Winde, jo wird ung die Karte auf 
Rarte XI fofort verftändlich werden. Für Europa und Afien nördlich 
vom Hochlandgürtel ift der atlantifche Ozean der Regenſpender. Daher 
die Abnahme der Niederfchläge von Weiten nad) Dften, ein Geſetz, das 
ebenfo zutage tritt, wenn wir den ganzen Feſtlandkomplex betrachten, wie 
wenn wir die Weſt- und Oſtküſten der Halbinjeln und Infeln miteinander 
vergleichen. Die größten Mengen finden wir an den weftlichen Küjten- 
gebirgen (Dommeſten in Norwegen 195, Styepaß in Schottland 481, San- 
tiago in Spanien 173cm), an den Alpenrändern, bejonder3 am füdlichen 
(Tolmezzo in Friaul 235cm) und in einigen anderen Gebirgen. Da die 


ı Wie diejer Gegenfag auch innerhalb eines Gebirgsſyſtems jid) geltend ınadıt, 
zeigt folgendes Beijpiel. Der Regen kommt bier, wie in ganz Europa, vom Weiten. 








Steuben 


ee |: 
3: = | 
:ı & 
5 | 








Gerade Untfernung von . | 

Arlberg inkm . . . 45-8,80-4|24-0|10-1| 5-1|.1-2| 3-8 | 26-6 
Sehe m . 2... | 455| 5901| 690 1082 | 1405117981297 | 796 
Nieberihlag em . . . . | 106) 120| 127] 187) 178] 182 s2| 5 














Die Niederſchläge. 95 


Zerraingeftaltung in der europäischen Wejthälfte jo mannigfaltig ift, fo 
wechſelt natürlich auch die Regenhöhe auf kurze Diftanzen, aber im allge- 
meinen beträgt fie mehr als 50cm. Unter dieſes Maß finft fie nur in 
anıgen Teilen von Schweden, im öftlichen Zeile des Seinebedeng, im 
gebirgsumschlofienen Böhmen und fühlichen Marcjgebiet, vor allem aber 
u den inneren Blateaulandichaften (Salamanca 24m) und an der SO.-Küjte 
von Spanien, dem niederfchlagsärmften Gebiet von Wefteuropa, wo nad) 
Bıllfomm drei und mehr Jahre ohne einen einzigen anhaltenden Regen 
vergehen, die Bewöllung ſahariſch gering ift, und die Dattelpalme ihre 
Frũchte reift. 

In DOfteuropa beträgt die jährliche Niederfchlagsmenge jchon allent- 
balben unter 50cm, in Weftfibirien ca. 40, im Lenagebiet 23 und am 
ochotstiſchen Eismeere, joweit nicht das Gebirge an die Küſte herantritt, 
a. 12cm. Da doch auch das arktiiche Meer Niederichläge, wenn auch 
ipärliche fendet, jo nimmt im ruffiichen Reich die Regenmenge in jüddjt- 
cher Richtung ab, und erreicht ihr Minimum im turanifchen Tieflande 
bi3 zum Kaspifee, einem echt fontinentalen Gebiet, das von allen Meeren 
entiweber durch weite Slachlandftreden oder Hochgebirge getrennt ijt (nörd- 
licher Kaspiſee 11cm, Aralſee 9—10 cm). 

Jenſeits des aſiatiſchen Hochlandgürtels liegt das pazififch-indijche 
MRonfungebiet. Das öftliche Kamtfchatla, Iapan, China ſüdlich vom 
Nangtje-Kiang und faft ganz Dftindien haben eine Niederichlagämenge von 
mehr ala 100cm. Da an der pagifilchen Seite der jommerliche SO.⸗ 
Bind der Regenbringer ift, fo nimmt der Niederichlag natürlich in nord- 
weſtlicher Richtung ab. Für die beiden indilchen Halbinfeln ijt der SW.⸗ 
Monſun der Regenwind, daher die Weftküften 2—3 mal mehr Niederjchläge 
baben, als die Dftküften. In Hinduftan weht diefer Monfun aus dem 
bengalifchen Golfe thalaufwärt® und in gleicher Richtung nehmen Die 
Niederichläge ab. Im öftlichen Bengalen beträgt ihre jährliche Höhe 
äberall über 200 cm; am Eüdabhang des Khaffingebirges liegt in 1250 m 
Höhe der einzige befannte Ort der Erde mit mehr als 10m Regenhöhe 
Ticharapundicht 1253 cm). Im weitlichen Bengalen ſchwankt die Nieder- 
ihlagshöhe zwischen 1—200 cm, in der Ebene am mittleren Ganges und 
an der Dſchamung beträgt fie durchichnittlih 85cm und im Pendſchab 
und am mittleren Indus ſinkt fie Schon unter 20 cm herab. Auf dem Plateau 
von Delan dürfte fie im Mittel etwas über 70cm betragen. 

Zwischen dem atlantifch-arktifchen und pazifiſch-indiſchen Regengebiet 
ihieben fich Die niederfchlagsarmen Plateauflächen von Centralafien, Iran 
und zum Teil auch Kleinafien ein, deren Gebirggumrahmung alljeitigen Wind- 
‚hatten erzeugt. Regenlos find freilich auc) die mongolischen Wüften und 


Nordamerila. 


96 Viertes Rapitel. 


Steppen nicht, wie Przewalski bezeugt, aber ſelbſt der nördliche Gebirgs 
vand bat nur ca. 24em Niederichlag, und im Innern von Iran erreicht Die 
jährliche Negeimenge nad) <t. Kohn nicht viel mebr als 12---13em, Dagegen 
verdankt jenes Wüſtengebiet, das Jih von Meſopotamien über Syrien, 
Arabien md Die Sahara bis zum atlantiichen Ozean ausdehnt, Sem 
Negenarmmt Lediglich den beſtändigen Nordwinden, die, wenn Te auch vom 
leere kommen - - wie im Sommer in der Sahara —, wegen der höberen 
Temperatur der Wüſtenluft relativ troden ſind. Nur der Nordabhang de: 
Atlas und Die Libanonküſte werden etwas ausgiebiger benegt. Von den 
ändern dieſes Gebietes (Bistra 22, Alexandrien 21, Jeruſalem 49 em 
nimmt Die Megenmenge nach dem Innern var) ab: Wagdad 15, “ort 
Zaid 5-2, Kairo 3-4, Zue 2-6cm. Es zeigt ſich alſo, daß jelbit Die un 
mittelbare Nachbartchaft des Meeres dieſes Schickſal nicht zu wenden vermag. 
886. In Nordamerika gejtaltet Jich die Negenverteifung infolge ver 
jchiedener orographiicher Verhältniſſe werentlich anders. Der pazırfilde 
Regenbezirk, der Dem atlantiſchen der alten Welt entipricht, reicht nur bis 
sur Mitencordillere, Dagegen it der des mexikaniſchen Golfs und des 
atlantiichen Ozeans verhältnismäßig viel weiter ausgedehnt, als die ent 
Iprechenden ſüdlichen und öſtlichen Gebiete Wiens. Tas Hauptreſervoir für Die 
nordamerikaniſche Oſtabdachung tt der Golf von Mexiko, deſſen warnte und 
Dampfreiche Luft einerſeits Durch die, Die Bereimigten Staaten durchquerenden 
Minima, anderjeits durch die Eontinentale Barometerdepreſſion im Zommer 
landennvärts gezogen wird, da feine Gebirge mit äquatorialer Richtung 
bindernd in den Weg treten. Taber iſt das Areal, welches troß des Vor: 
herrichens der Ebene über 100 em jährlichen Niederſchlags empfängt, bier 
größer, als irgendwo in der alten Welt nördlid) vom 30. Breitengrad. 
Grit von Virginia an begumt das eigentliche Negengebiet des atlantiichen 
Ozeaus. In den nördlichen Territorien Der Union und weſtlich von der 
Hudſonsbai ſinkt Die Niederſchlagshöhe unter 25 em, entſprechend den trocke 
nen Gegenden von Turan und Oſtſibirien. Auch Vertreter der beiden 
anderen Arten regenarmer Gebiete finden wir bier. Wo an der pazifiſchen 
Küſte die Äquatorialwinde aufhören und jelbit der nach Weſten abgelenkte 
Paſſat, weil er eine fühle Meeresſtrömung überweht, relativ trocken an 
kommt, werden, wie an der atlantiſchen Küſte Nordafrikas, Die Niederſchläge 
immer ſeltener und dürftiger. Mogador an der marokkaniſchen und S. Diego 
an der kaliforniſchen Küſte, nahezu unter gleicher Breite, haben auch faſt 
gleichviel Regen (27 und 24em). Doch dehnt ſich in Der alten Welt, ent— 
ſprechend der breiten atlantiſchen Abdachung, der Einfluß der nördlichen 
Winde weit landeinwärts aus. In Nordamerika reicht er aber nur bis zur 
Küſtenkette, und daran ſchließt ſich unmittelbar eine von bedeutenden Boden 


Die Wiederidläge. 97 





erbebungen eingefchlofjene Windfchattenregion, die nördlich über Nevada und 
und öftlich bis zum Felſengebirge fich ausdehnt. In der Coloradowüſte 
it der Niederjchlag faum reichlicher al3 in der Sahara, denn Fort Mohave 
bat nur Gem und jelbit Sort Yuma in der Nähe des Meeres nur 9 cm. 

8 87. Die Landftriche zu beiden Seiten des Aquators haben 
mit wenigen Ausnahmen eine jährliche Niederichlagshöhe von mehr als 
100m, jo der oſtindiſche Archipel und der nördlichite Teil von Auftralien 
bis 151,,° 8. am Überlandstelegraphen und bis 181/,0B. in Queensland; 
das mittlere Afrika, wo wahrfcheinlich die ganze, in tropiicher Bflanzenfülle 
vrangende Aquatorialzone ſehr regenreich ift, da die Meſſungen in ber öft- 
lichen Seenregion faum minder hohe Nejultate ergaben, als an den Küjten; 
endlih in der neuen Welt Centralamerifa, der größte Zeil von Welt- 
mdien, da3 nördliche Südamerika, mit Ausnahme der centralen Gegenden, 
de ganze Amazonenebene und ſogar die äquatorialen Hochthäler der Andes. 
Jenſeits des Gleichers ändert fich die Regenverteilung aber bald und zwar 
auf alfen drei Kontinenten in demfelben Sinne. Niederfchläge bringt hier 
der Paſſat, teils der regelmäßige, teil3 der rüdläufige; die Hauptregenquelle 
it daher für Auftralien die Südfee, für Südafrifa der indifche und für 
Zudamerifa der atlantijche Ozean. Überall nimmt die Niederichlagshöhe 
nad Weiten ab, wobei aber die ungleiche Terrainbildung der drei Feſt— 
länder tiefgreifende Unterjchiede hervorruft. Südamerifa, das feine lange 
Abdahung nad Oſten fehrt, ıft bis an den Fuß der Andes wohl be- 
wäſſert und nur das Innere des brafilianischen Maſſivs, die jogenannten 
Campos dürften etwas trodener fein. Dagegen ift der im Windfchatten 
gelegene pazifilche Küftenftrich von 5—30° ©. ein fast abfolut niederjchlags- 
loies Gebiet, wo Jahre ohne einen Tropfen Regen verfließen, womit aber 
ebeniowenig, wie in anderen Wüften, gelegentliche wolfenbruchartige Regen- 
güſſe 3. 3. im Winter 1881 in der Atacamamwüfte) ausgeſchloſſen find. 
Tie kalte Meeresjtrömung erzeugt im Winter dichte Nebel (garüas), Die 
aber nach Wojeikoff's Angabe auf die Region von 300— 1000 m Seehöhe 
beſchränkt jein ſollen. 

Einen ſchroffen Gegenſatz zu Südamerika bildet Auſtralien. Die 
vage des Gebirges am Oſtrand beraubt die inneren Ebenen big gegen 
die Weſtküſte Hin der pazifiichen Feuchtigkeit. Zwar hat das Flußgebiet 
des Tarling und Murray noch immer eine mittlere Niederjchlagsmenge 
von 40cm und erjt in den centralen Niederungen zwifchen 25 und 308. 
hinkt jie unter 20cm, aber Mittelwerte geben hier fein ganz zutreffendes 
Did von den Negenverhältnifjen. Der eigentliche Charakterzug derfelben 
it vielmehr Die Unregelmäßigfeit, der Wechjel von oft jahrelangen Dürre- 


verioden und verheerenden Gewitterregen. 
Supan, Bhnfiihe Erdlumnde. 7 


Sübfontinente,. 





98 Viertes Kapitel. 


Auh Südafrika fenkt fich nach Weften, aber der öftliche Hochrand 
ift zwilchen den Drafenbergen und dem Seenplateau mehrfach unterbrochen. 
Daher beträgt erft in der Weſthälfte die Niederfchlagsmenge unter 50 cm 
und jelbft die Kalahariwüſte erhält regelmäßigere und nachhaltigere Nieder- 
Ichläge, ala 3. B. die Sahara. Fat regenlos ift nur die Küftenterrafje 
vom Kap Negro (16° ©.) big über den Garib hinaus. Auch Hier finden 
wir, wie am Geftade von Peru und Nordchile, eine kalte Meeresitrömung, 
die den nach Weiten abgelenkten Paſſat troden macht, aber auch hier im 
Winter dichten Nebel erzeugt. 

Wie mit einem Zauberfchlage verändert fi) die Situation, fobald wir 
über die Hauptiwindfcheide in das Gebiet der vorherrichenden NW.- und 
W.-Winde treten. In Südamerika! wird nun die Weftjeite der Andes 
regenreich und Die Oftabdahung kommt in den Windfchatten. An der 
Südfüfte des Kaplandes ift ebenfalls eine Negenabnahme nah Oſten 
bemerfbar, und auf Neufeeland fommt der Gegenjat zwiichen dem nieder- 
ichlagsreicheren Weiten und niederichlagsärmeren Dften zur vollen Geltung. 


Zerteilung ber $ 88. Wir haben bisher nur von den jährlichen Negenmengen ge— 
gegenmagr. Iprochen, ohne auf die Regendauer oder Regenwahrſcheinlichkeit? 
ſcheinlichtei. Nücficht zu nehmen. Da Menge und Dauer der Niederſchläge aber nicht 
gleichmäßig wachſen und abnehmen, fo müfjen wir — foweit es das Be— 
obachtungsmaterial gejtattet — wenigſtens einen flüchtigen Blick auf die 
geographiiche Verteilung der Regenwahrfcheinlichfeit werfen. Es erjcheint 
dies um jo notivendiger, als nur auf diefem Wege ein Vergleich der Nieder- 
Ichlagsverhältniffe auf dem Meere und Feſtlande möglich ift. 
Auf dem atlantifchen wie auf dem indilchen Ozean nimmt die Regen— 
twahrjcheinlichkeit von der äquatorialen Kalmenzone nad) Norden und Süden 
ab, jenſeits der Paſſatgrenze im Gebiet der Aguatorialwinde wieder zu, im 
Norden der jubarktiichen Cyflonen aber jedenfalls wieder ab. Die Abhängig- 
feit von der Windverteilung tritt jomit ganz deutlich hervor, und — was 
befonders beachtenswert ift — am öfteften regnet es nicht in der Äqua— 
torialzone, jondern in den mittleren Breiten. 


ı Den raſchen Übergang an der chilenischen Küfte macht folgende Tabelle erſichtlich: 


Copiapo 2705, 0-8 cm jährl. NRegenmenge 
Eerena 29-9 4 
Balparaijo 83-2 34 
Zalca 35-4 50 
Eonception 36-8 237 


? Der Duotient aus der Anzahl der Regentage einer Periode (Monat, Jahr u. f. w.) 
dividiert durch dic Gefamtzahl der Tage der betreffenden Periode. Eine Regenmwahrfchein: 
lichleit von 0-50 jagt aljo, daß von 100 Tagen 50 Negentage find. 








Die Niederfdläge. 99 






| Mittlere Regen⸗ 
wahrſcheinlichteit 


Gebiet der Aquatorialwinde (40 -500 N) . . . 0-61 
Übergangsgebiet (20 — 400 N.) . . .. 0 
Permanentes ND.-Baflatgebiet 10-20 R). 0 
Übergangsgebiet (5 — 100 N.) . . . . 0 
Kalmenzone (0-50 N). . . .0«50 

0 

0 

0 

0 


Atlantifger Ozean nad Köppen und Sprung. 





Gebiet des permanenten SO.⸗ Paſſates 

Gebiet des zeiweilig rüclãufigen ED.- Paſſates 

Jenſeits 300 S.. . .. über 
Jenſeits 50°C... . 2. 2222020... über 


Indiſcher Ozean nad) v. Daudelman. 


EN... .. 0.54 
0—10° ©. (zwijchen 80 und 1000 D). en 0.59 
Baflatgebiet bis 36° S en 0.43% 
Gebiet der Kauatoriahvinde bis 508... .. 0.64 


Auf den Kontinenten finden wir den marinen Typus der mit der 
Breite ab-, dann zu⸗ und endlich wieder abnehmenden Regenmwahrjcheinlich- 
teit nur an den Wejtjeiten vollkommen ausgebildet, während an ben 
Titfeiten eine ziemlich gleichmäßige Abnahme gegen die Pole ftattfindet. 
Zwiſchen 40° N. und beiläufig ebenfoviel S. find eben die regenarmen 
Gebiete nur auf die Weſtſeite beichräntt. 

Auch auf dem Feftland ift die Aquatorialzone durch eine Regenwahr- 
iheinlicheit von mehr ala 0-40, ftellenweife von über 0-50 ausgezeichnet. 
Zar folgt in der alten Welt eine Zone von 0-30—0-40 Regenwahr- 
Iheinlichkeit, wozu die oberen Nilgegenden, die Malabarküfte, das öftliche 
Hinterindien und Südchina gehören. In Oberguinea, Bengalen und Nipon 
ſchwankt Die Regenmwahrjcheinlichkeit zwiſchen O-20 und 0-30 und finft in 
Zenegambien, in Vorderindien mit ‚Ausnahme der genannten Teile und 
des Bendichab und in den Ebenen von Peking auf 0-10—0-20 herab. Im 
Wüſtengebiet beträgt fie weniger als 0-10, fteigt aber von da wieder in 
nordweftficher Richtung. Die Zone 0-10—0-20 umfaßt Syrien, Klein- 
alien, Mefopotamien und Turan; die von 0-20—0.30 das mediterrane 
Europa, Südrußland, die Kirgijenfteppe und Sibirien; die Zone 0-30 
bi? 0-40 das mittlere und füdliche Frankreich, den Nordrand der Alpen 
und die Karpaten, ferner Nord- und Centralrußland; endlich die Zone 
0.40 bis 0-50 Britannien, faft ganz Deutſchland und Norivegen. 

Eine ähnliche Anordnung finden wir an der jchmalen Weſtabdachung 


100 Viertes Kapitel. 


Mordamerifas, eine welentlich andere aber im Oſten. In Geittralamerife 
und an der Golfküſte von Mexiko betragt die Negemvabricheintichkeit 0-30 
bis 0-40, auf dem mexikaniſchen Tafelland und in den Vereinigten Staaten 
öftlich vom Felſengebirge 0-20- -0-30, ſtellenweiſe, wie in Virginien, Georgia 
und Barolina Jogar weniger als 0.20. Unter dieſen Mittelwert ſinkt ſie and: 
im ganzen arftiichen Gebtete. Mur den Südkontinenten erreicht Te nur in 
der one der Äquatorialwinde (Chile und weitliches Neuſeeland) 0-40 und 
uchr, ſonſt hält ſie ſich Fat überall unter 0.30 und in den regenarmen 
Gegenden unter 0-10. 
5 ergeben ſich ſchon aus Dieter kurzen Beſchreibung zwei wichtige 
Geſetze: 1. Zwiſchen ca. 35* N. und S. Dt der Regen an der Weſtküſte 
ſeltener als an der Oſtküſte, jenſeits dieſer Grenzparallelen werden aber 
die Weſtküſten häufiger von Regen heimgeſucht. Die beiden Küſten ver— 
halten ſich alſo m Bezug auf die Hänfigkeit wie im allgemeinen auch be 
züglich der Menge) der Niederſchläge ebenſo zu einander, wie m Bezug auf - 
die Erwärmung. 2. Die Regenwahrſcheinlichkeit iſt im allgemeinen auf 
dem Meere größer, als auf dem Feſtlande in gleicher Breite. Ganz be— 
ſonders gilt dies von der ozeaniſchen Paſſatzone im Vergleich zu den Wüſten. 
Auf dem atlantiſchen Ozean regnet es in dieſem Gürtel ebenſo häufig 
wie in Südeuropa, und im ſüdindiſchen ſogar ebenſo oft, wie in Nord 
Deutichland. An und für ſich iſt allerdings der Paſſat als ein aus höheren 
Breiten kommender Wind trocken, aber man darf nicht vergeſſen, daß ſeine 
Polargrenze von einem Tag zum anderen bedeutenden Schwankungen 
unterliegt, daß gelegentlich (beſonders im ſüdindiſchen Tyan) CEyklonen 
dieſen Gürtel durchſchneiden, und daß ſeine Äquatorialgreuze ebenfalls 
jahreszeitlichen Verſchiebungen unterworfen iſt. Der Paſſatzone der Südſee 
könnte man zwar geneigt ſein, wüſtenähnliche Regenarmut zuzuichreiben, 
denn auf dev Backerinſel (0-29) beträgt die Regenwahrſcheinlichkeit nun 
0.16 (4 „monatliche Beobachtung) und auf der Maldeninſel (4° S.) nad: 
mehr als zweijähriger Beobachtung nur 0-10. Aber Haque erzählt, wie 
oft ein der Inſel ſich nähernder Regenguß in zwei Arme ſich teilte, indem 
die Wolke durch die vom weißen Korallenſand aufſteigende erhitzte Luit 
geſpalten wurde. Es regnete alſo anf dem Meere öfter als auf der Amel. 
Über die Niederichlagsmenge des Paſſatgürtels willen wir freilid 
nichts Sicheres. Anbaltender Regen kommt nicht vor, ſondern nur vorüber 
gebende „Paſſatſchauer“, wie Me der Deutjche Seemann nenut. Die Mei 
ungen der „Novarra“ zwiſchen 6 und 12" M. die ein durchſchnittliches 
Maximum von 543nim pro Stunde ergaben, beziehen ſich leider nicht auf 
Die eigentliche Paſſatzone, und auch die Beobachtungen auf Den Inſeln der 
jelben geben uns Feine unzweidentige Antwort anf unſere Frage, Da oro 


Die Niederſchläge. 101 


graphiſche Verhältniſſe die Regenmenge beeinfluffen. St. Helena hat auf 
der Leeſeite 13 und auf der Windfeite 105cm, die Angaben von Afcenfion 
ihmanten zwilchen 8 und 28cm, Praia auf den Kapverdeichen Inſeln 
bat 32, Malden 34cm. Es iſt alſo wahrjcheinlich, daß auch die Regen— 
mengen der ozeanifchen Paſſatzone die der regenarmen Gebiete des Feſt— 
tandes übertreffen. 

It dies auch in den außerpafjatiichen Breiten der Fall? Folgende 









" | 
| Megenwahr- | Jahrliche | —eæe 


ſcheinlichkeit Regenmenge | keit) 






































InjelSt. Raul im Beringsmeer | 57-60 N. | 0:86 109 cm 8-5 
Thorshann, Yärderr . . . | 62 = ı 0-8 181 6-7 
Stanleyhafen, Falklandinſeln | 51:7 ©. 0-64 | 52 2-2 
RwYorl. . -.... 7. 0:34 | 118 8-9 
sSloren3 - > 2 22000. — 0.27 , 108 11-0 
Birtoria, Hongkong — 0-32 ° 238 20-2 

— 66-2 


Ziharapundfhi . - . . . 0-52 


Zabelle zeigt ung, daß die Regendichtigfeit auf dem Lande infolge mannig- 
taltiger Terraingeftaltung und fommerlicher Plabregen, auf die wir noch 
zurückkommen werden, größer ift als auf dem Meere. In den mittleren 
ınd höheren Breiten, wo die Zahl der Negentage auf dem Meere felbit 
die in den Tropen übertrifft, ift die Niederichlagsmenge doc) verhältnis- 
mäßig gering. Es fehlen dem Ozean, wie in Bezug auf die Temperatur, 
io auch in Bezug auf die Niederichläge die Ertreme des Feſtlandes. 


Die jahreszeitliche Verteilung der Hiederfchläge. 
(S. Karte XIL.) 

$89. Neben der mittleren Menge und Dauer der Niederichläge ift 
ihre jahreszeitliche Verteilung namentlich für das Pflanzenleben von größter 
Redentung. Karte XIL Stellt die Haupttypen derjelben dar. Auf dem atlan- 
tichen Ozean, nach deſſen Mufter fich wahrjcheinlich aud) die NRegenverhält- 
ae auf der Südſee regeln, und auf dem füdindifchen Ozean folgt auf 
eine ſchmale, äquatoriale Zone mit Regen zur Zeit des Zenithftandes der 
Sonne (Tropenregen) eine Zone vorherrfchender Winterregen, und zwar 
ın zwei Modifilationen: im Welten bis ca. 35—40° B. ift der Sommer 
arm an Niederfchlägen (Tubtropiicher Regen), während in den übrigen 
Teilen des Meeres feine Jahreszeit durch befondere Trodenheit fich aus- 
zeichnet. Auf den Kontinenten ijt die Zone der Tropenregen mächtig ent- 
widelt, und daran fchließt fich gegen die Pole hin die Zone des Regens 
u allen Jahreszeiten mit dem Marimum im Sommer. 


Haupttyven. 


Treperregen. 


102 Viertes Rapitel. 


Winterregen ſind allo der ozeaniiche, Zommerregen der 
fontinentale Ivpus. Im Weſten ſchiebt ſich Das ozeaniſche Regime in 
die Kontineute hinein, im Tften das fontinentale in das Meer hinaus. 
Jenſeits des RÄquatorialgürtels begegnen wir alſo auch bier wieder einem 
ſcharfen Gegenſatz der weitlichen und öftlichen Küſten. 

Das ozeaniſche Syſtem iſt gleichlam das natürliche, denn die relative 
Luftfeuchtigkeit iſt in der kälteren Sabresbälfte größer, als in Der wärmeren, 
und überdies wird im Winter die Atmoſphäre von bedentenden Störungen 
heimgeſucht, Die barometriſchen $radienten Sind ſteiler und Die Winde 
heftiger, als im Sommer. Wenn auf den Kontinenten eine andere Ord 
nung beſteht, ſo iſt dies einerſeits eine Folge jener vertikalen Luftſtröme, 
die an windſtillen, heiteren Sommernachmittagen vom erhitzten Boden auf— 
ſteigen und lokal beſchränkte und kurz dauernde, aber oft heftige Gewitterregen 
veranlaſſen: anderſeits erklärt es Ich aus Dem Umſtande, day mm allgememen 
wenigſtens im Winter Land und im Sommer Seewinde vorherrſchen. 

8 90. Die Tropenregen ſind ſtreng periodiſch, ſo daß darauf die Be— 
wohner jener Zone, in welcher Die gleichmäßige Wärme dei Gegenſatz von 
Winter und Sommer verwiſcht, Die klimatologiſche Einteilung des Jahres in 
eine trockene und eine Regenzeit gründen. Der Regen tritt im allgemeinen 
mit dem Zenithſtand der Sonne ein, alſo m der Nähe des AÄAquators 
zweimal und gegen die Wendekreiſe hin einmal: hier beſchränkt er ſich auf 
ein paar Monate, Dort dehnt er ſich über einen größeren Teil Des Jahres 
aus, umſomehr, da die Zeit zwiſchen den beiden Regeuperioden auch wicht 
ganz der Niederichläge entbehrt. So kommt es, daß im einigen äquato— 
rialen Segenden, beſonders in Dev Amazonasebene, auf Sumatra und an 
der Südſpitze von Malacca Die Regenverteilung einen Charafter annimmt, 
der ihr ſonſt unur in höheren Breiten eigen DE. 

Man bat früher die Tropenregen nur den aufſteigenden Luftſtrönmen 
zugeſchrieben, indem man ſich darauf berief, day Te in flachen Gegenden 
hauptſächlich aus kurzen nachmittägigen Güſſen beſtehen. Man hat dabei 
ſtillſchweigend vorausgeſetzt, daß der nötige Waſſerdampf am Urt und 
Stelle erzeugt wird. Aber Schon Karte XI. lehrte uus, daß der größte Teil 
der atmoſphäriſchen Feuchtigkeit vom Meere ſtammt und daß Ne daher 
durch Winde landeinwärts geſchafit werden muß. Ju der That ſind auch 
an den Gebirgsabhängen die Tropenregen echte Landregen, d. h. hier ſetzen 
Die feuchten Winde unmittelbar ihren Tampfgehalt ab, während ſie in den 
Ebenen die Kondenſation desſelben zum Teit Den örtlichen vertikalen Yurt 
ſtrömen überlaſſen. Aber ſtets iſt eine Windänderung die letzte 
Urſache der Tropenregen, und inſofern ſind dieſe mit Monſun— 
regen identiſch. Selbſt auf dem Meere treten ſie erſt Dann ein, wenn 


Die Niederidläge. 103 


die betreffende Stelle in den Kalmengürtel mit jeinen veränderlichen Win- 
den gelangt, oder wenn fie von dem Paſſat aus der anderen Hemilphäre 
oder dem rücläufigen Paſſat überweht wird. Auf den Kontinenten ift die 
tropische Niederſchlagszone ausgedehnter, weil hier die Jommerlichen Minima, 
weiche Seewinde in das Land ziehen, viel weiter mit der Sonne wandern, als 
das äquatoriale Minimum auf dem Ozean. Co ilt es in Amerifa, in Afrika 
und in Afien-Auftralien; das Gebiet der jedesmaligen Cyflonenbildung hat 
Regen. In Oftindien und Auftralien ift der Monfuncharafter der Zenithalregen 
ſchon lange befannt, und allerdings ift er hier mit typilcher Schärfe aus— 
gebildet. Freilich liegt aud) hier die Sache nicht jo einfach, al3 man gemöhn- 
lich glaubt. Für Kalkutta wies Blanford nad), daß der Regen nicht dann 
em wahrfcheinlichiten eintritt, wenn der SW.-Monſun jtetig weht, ſondern 
wenn er durch gewiſſe Unregelmäßigfeiten der Drudverteilung von feiner 
normalen Richtung abgelenkt wird; und auch auf Benares fcheint dieſer 
Zap Anwendung zu finden. Immerhin tft aber für Oftindien der SW. 
der feuchte und der NO. der trodene Wind. Die Regenzeit dauert im 
Pendſchab von Juli bis September, in Hinduftan und Gentralindien von 
Juni bis September, an der Malabarküfte von Mai big Dftober (dagegen 
an der Coromandelfüjte von Juli bis Dezember), und auf Geylon finden 
wir ſchon eine doppelte Negenzeit im Frühjahr und Herbit. Negenlos find 
im allgemeinen die Monate von November bi8 März, nur im Pendichab 
bringt der niederfinfende Antipafjat auch im Winter Niederjchläge. 

Während aber jonjt das tropiiche Regenſyſtem — wie jchon der Name 
beiagt — den 30. Parallel nirgends beträchtlich überjchreitet, reicht es in 
Iftafien mit allen feinen Eigentümlichfeiten big über die Amurmündung 
hinaus. Die Bodenftändigfeit der winterlichen Anticyklone in Oſtſibirien 
bewirkt eine ebenfo große, nahezu pallatiiche Stonitanz jener NW.-Winde, 
die nicht bloß die peripheriichen Länder, ſondern auch einen großen Teil 
von Gentralafien faft von aller Zufuhr ozeanifcher Feuchtigkeit abjchneiden, 
während fi) in Nordamerika aus fchon erörterten Gründen die Verhält- 
niſſe weientlich anders gejtalten. In Iapan Hat der NW.-Wind jchon 
etwas von feiner Beftändigfeit eingebüßt, und außerdem auf jeinem Wege 
über das Meer Feuchtigkeit aufgenommen. Hier weiſt alfo die jährliche 
Verteilung der Niederichläge feine ftrenge Pertodizität mehr auf. 

$ 91. Ebenfo periodisch, wie die tropiichen Regen, find die ſub— 
tropifhen, nur im umgefehrten Sinne, indem der Winter die meiften 
Nieberichläge bringt und der Sommer troden iſt. Da wir hier auf Die 
jahrliche Niederfchlaggmenge feine Nüdficht nehmen, jo zählen wir zum 
Zubtropengebiete auch die Wüften, .in denen die Niederichläge auf ben 
Binter beſchränkt find, fo die Sahara, Arabien, Mejopotamien, Iran (to 


Subtropiſche 
Regen. 


104 Viertes Kapitel. 


— — — — m — — — — — — —— — — — — 


es nach St. John nur von November bis April regnet) und Turan. 
Dies iſt der einzige Fall, daß ſich die Subtropenzone weit in den Konti— 

nent hineinerſtreckt: eine Anomalie, die ihres Gleichen nur in der weiten 
Ausdehnung der Tropenregen in Oſtaſien hat. 

Das Eigentümliche der ſubtropiſchen Regen liegt nicht im winterlichen 
Maximum, denn das iſt ja überhaupt ein Charakterzug der Meere und 
Weſtküſten in den mittleren und höheren Breiten, ſondern in der Regen— 
loſigkeit des Sommers. Den Schlüſſel zur Erklärung dieſer Eigentüm— 
lichkeit giebt uns die Lage dieſer Gebiete im Weſten der paſſatiſchen 
Barometermaxima. Wenn dieſe im Sommer in höhere Breiten rücken, 
kommen die ſubtropiſchen Niederſchlagsregionen unter die Herrſchaft der 
anticykloniſchen Luftbewegung oder des Paſſates. Im Winter werden ſie 
dagegen wenigſtens zeitweiſe in das Windſyſtem der ſubarktiſchen Minima 
einbezogen. So iſt alſo auch hier, wie in der Tropenzone, die Paſſatzeit 
die trockene und die Cyklonenzeit die naſſe Periode. In der großen afri— 
kaniſchen Wüfte, in Weltafien und in der arabifchen Ebene ift die nördliche 
Windrichtung im Sommer ebenfall3 bejtändiger als im Winter, wo fie 
zeitweife von äquatorialen Strömungen abgelöjft wird. Wenn aber in 
Stalien und auf der iberiichen Halbinfel der Sommer troden ift, trogdem 
Seewinde vorherrichen, jo iſt zu beachten, daß dieſe nicht von weit her- 
fommen und daher auf den erhigten Ebenen als relativ troden auftreten 
müffen, während fie den Gebirgen thatjächlich Niederjchläge bringen. 

Gleichmaßige $ 92. Den periodiſchen Regen der niederen Breiten ſtehen die gleich— 

Riederſchiage mäßigen Niederfchläge der mittleren und höheren Breiten gegenüber, 

und zwar gleichmäßig nur in dem Sinne, daß feine Jahreszeit völlig 

troden ijt, wobei aber eine jährliche Periode mit dem Marimum im 

Winter- oder Sommerhalbjahr überall deutlich hervortritt. Auch in der 

der warmen Bone find einige ©egenden durch gleichmäßige Niederichläge 

ausgezeichnet; als ſolche wurden ſchon oben einige äquatorialen Striche 

bezeichnet; auch die gebirgigen Djtküften der Kontinente und Inſeln, an 

denen ber winterlidhe Paſſat durch Steigung zum Negenwind wird, gehören 

hierher. Aber immer bleibt diefer Regentypus im Tropengürtel eine Aus- 

nahme, während er im allgemeinen jenjeit3 des 30., in der alten Welt 

jenjeit3 des 40. Parallels und auf dem Meere jogar in noch niedrigerer 

Breite faft allein herrſcht. Ob auch in den polaren Gegenden, ift noch 

ganz unentjchieden. Unrichtig ift e8 jedenfalls, die Umgebung der winter- 

lichen Kältepole als jelbitändige Gebiete mit trodenem Winter aufzufajien; 

die wenigen Beobachtungen berechtigen nicht dazu, ja der fältefte Ort, 
Werchojansk, zeichnet fich bejonders durch reichliche Schneefälle aus. 

Die einzelnen Typen gehen langjamer oder fchneller ineinander über, 








Die Niederſchläge. 105 


aber ganz unvermittelt bejtehen fie wohl nirgends nebeneinander, den Süd- 
rand der Sahara und die Cordillerenkette vielleicht ausgenommen. Wenn 
wir und vom oſtaſiatiſchen Monjunbezirt nad) Weiten begeben, jo wird 
das Tommerliche Marimum immer Eleiner, es verjchiebt fich endlich auf den 
berbſt und am atlantischen Geſtade auf den Winter. In gleicher Weife 
wachſt das winterliche Minimum und wird endlich in den Frühling ver- 
st. Die folgende Tabelle zeigt auch, daß die Berhältniszahl zwiſchen 
Rarımım und Minimum gegen Weften immer Heiner wird, d. h. daß die 
Niederſchläge ſich immer gleichmäßiger über die Jahreszeiten verteilen. 










| Winter Fruhling Sommer | Herbit Min.: 
Prozente der Jahresmenge Max. 


| m, —— — m — 







Cherer Amt erh eo 122 | 69-0 16:8 |1:34-5 
Weit-Eibirien . 2... 1elt 148 ll 23-0 4-6 
Central Rußland - . . . .... 16-5"! 22:2 37.0 242 2-2 
Sitlihes Rorddeutihland . . . 19 *' 20 36 25 1-9 
Seſtliches Norddeutihland . . 22.5 20-5” | 30-5 26-5 1-5 
Inland 2224 19-8* | 26-3 295 1-5 
Sdod -. 2. 2 2 2 22 | 27:8 | 21-5*| 24-1 26:6 | 1.3* 











Jenſeits Des atlantischen Ozeans mit feinem ausgejprochenen Wintermari- 
mum finden wir in den öftlichen Vereinsſtaaten von Nordamerifa eine 
Regenverteilung ähnlich derjenigen in der weltlichen Hälfte von Nord- 
Xutichland, und erſt allmählich) bildet fich dag Sommermarimum jchärfer 
kraus. Begeben wir und von Mitteleuropa über die Alpen in das jub- 
epiihe Gebiet, fo gelangen wir, wie die zweite Tabelle ung lehrt, faft 














Frühling | Sommer Herbſt 
Prozente ber Jahreömenge Mar. = 


Binier 























ö— — UT UT u _ 1 
| kordalpen von Bien bis Bregenz 16.4, 242 837.9 21-5 | 1:2-8 
| Südfuß der Gentralfette 13-2* | »2-1 | 35-9 23.8 2-7 
| Zudalpen on. Br) 245 | 277 30-5 1-8 
Tberitalienijche Ebene 2. haar! 245 25-4 | 30-9 1-6 
| Emilia rn 21.0* 23-1 23-9 | 32-0 1-5” 
Zoslana, Umbrien und die Marten . 25-5 22-3 20-5*| 31-7 1-5 
| Yatium und Neapel. . . » . 32-0 | 23-0 ' 10-1* 34-9 | 83-4 
| Sriliem . 2.0 2 BTT| 241 3.3° 34-9 | 11-4 
| *alta en | 12-5 17-6 O · 4* 9-9 |181-2 





npermerft aus dem Bezirf der Eommerregen in den der Winterregen. 
ur werden wir gewahr, daß höhere Gebirge, wie die Alpen und der 
Abennin, den Übergang befchleunigen. Am Südfuße der erfteren beginnen 
‘ton die Herbftregen, und ſüdlich vom letzteren wird plößlich der Sommer 
de trockenſte Jahreszeit. 





Regengebiete 
der Erde. 


Giewitter. 


106 Viertes Kapitel. 


Nur nebenbei ſei erwähnt, daß die höheren Stationen des dentſchen 
und centralfranzöſiſchen Gebirges dem ozeaniſchen Syſtem der Winterregen 
angehören. Eingehendere Unterſuchungen werden Lehren, ob die Seehöhe 
überall im Gebiet der Sommerregen ihren Einfluß in gleicher Weiſe 
äußert. Es wäre Dies ein weiterer Beleg dafür, dal das Bergklima Dem 
marinen ähnlich iſt. 

893. Überblicken wir noch einmal das in dieſem und dem früheren 
Abſchnitt Borgetragene, ſo gelangen wir zu Folgender Einteilung der Erd- 
oberrläche: 

1. Gebiete dauernder Regenarmut. 

a) Arktiſche Gebiete. 

b) Innercontinentale Gebiete. 

c) Windſchattengebiete. 

d) Gebiete beſtändiger Polarwinde. 

2. Gebiete periodiſcher Regenarmut. 

a) Gebiet der Tropen Moin} Regen. 
b) Gebiete der Subtropenregen. 
3. Gebiete gleichmäßiger Niederſchläge. 
a) Maximum im Zommerbalbjahr. 
b) Maximum tm Winterhalbjahr. 


Gewitter und Hagel. 

894. Aus der geograpbitchen Verteilung und jährlichen Periode der 
Gewitter kann man den Schluß ziehen, daß ſie Wegleiterichenumgen des 
Kondenſationsprozeſſes des Waſſerdampfes md. Die rein phyſikaliſche 
Frage, wie bei dieſer Gelegenheit eine ſo hohe elektriſche Spannung zu 
ſtandekomme, harrt noch der Löſung, it aber glücklicherweiſe für unſere 
Zwecke nur von nebenſächlicher Bedeutung. 

Wie die Regenmenge, nehmen auch die Gewitter mit der Breite ab. 
Nirgends tritt dieſes Phänomen, das in ſeiner ſchauerlichen Schönheit auf 
den Menſchengeiſt ſtets einen tiefen Eindruck machte, häufiger und groß 
artiger auf, als in den Tropen. In Abeſſinien ſind jährlich im Mitte! 
423. 7 Gewitter, welche ſich auf 216.2 Tage verteilen. Auf den Hoch 
ebenen von Mexito, Bogota und Quito iſt durchſchnittlich jeder dritte Tag 
ein Gewittertag. Natürlich it Die Regenperiode auch die gewitterreichſte 
Jeit, aber die Beobachtungen lehren zugleich, Daß nicht jeder Regenguß 
von Gewitter und nicht jedes Gewitter von Regen begleitet iſt. In Europa. 
wo die Verteilung dieſes Meteors am beiten gekannt iſt, zeigt ſich neben 
der Abnahme nach Norden auch eine Jolche gegen Welten. Das legt uns 
Die Frage abe, ob es auf dem Meere überhaupt weniger wettere, als au 


Die Niederſchlage. 107 


dem Feſtlande — eine Frage, die Arago einſt mit Ja beantwortete. 
Klein, v. Danckelman u. a. haben dieſe Anſicht berichtigt. Für den 
ropiihen Teil iſt fie entſchieden zurückzuweiſen; nur im Paſſatgebiet 
iind Gewitter felten, was mit der relativen Regenarmut dieſer Gegenden 
bereinjtimmt. In den höheren Breiten find fie nach der allgemeinen 
“alt der Seefahrer hauptfählih an die warmen Meeeresftrömungen 
gebunden. Ziemlich frei von eleftrifchen Entladungen der Atmofphäre find 
die Wüften und die polaren Gegenden, aber es ift eine Fabel, daß fie 
dert ganz unbelannt jeien. Lima an der peruanijchen Küfte, das bejon- 
>35 in dieſem Rufe ftand, erlebte am 31. Dezember 1877 ein heftiges 
(apitter, und Unterägypten und Die algeriiche Sahara jind ſogar gewitter- 
rächer ald Norwegen. Lokale Verhältniſſe find in diefer Beziehung von 
großem Einfluß, fonft wäre es nicht zu verftehen, warum es 3. B. an der 
Zudipige der iberiſchen Halbinfel jo außerordentlich felten wetter. All⸗ 
‚mein ift befannt, daß diejes Phänomen in der Ebene minder häufig auf- 
mitt, al3 im Gebirge, wo bejonders der Bergwind an ruhigen Sommer- 
rıdhmittagen Regen mit Gewitter erzeugt. Bis zu einer Höhe von 1300 
#3 1400 m nehmen fie zu, dann wieder ab. 

Auf dem Meere der mittleren und höheren Breiten wiegen die Winter-, 
cur dem Feſtlande die Sommergemitter vor. Doch zeigt fich eine folche 
Ubereinſtimmung mit der jährlichen Niederjchlagsperiode nicht in jedem 
enzeinen Tale. Madrid und Bisfra mit regenarmen Sommern haben 
doh in dieſer Jahreszeit am meiften Gewitter und dasſelbe gilt von 
Schottland, trogdem auch hier das Marimum der Niederfchläge in die 
'stteite Jahreszeit fällt. Anderſeits nehmen aber die Wintergewitter ent- 
'dieden ab, je weiter wir uns vom atlantijchen Geftade in das Gebiet der 
Zommerregen begeben, und in Ofteuropa und Sibirien find fie bereits 
gınz verſchwunden. 

Tie Sommergewitter des Feſtlandes find meiſt ein Erzeugnis der auf- 
ttigenden Zuftftröme, daher am häufigften in den Nachmittagftunden und 
;mwöhnlich lokal beſchränkt. Sie gehören aljo in überwiegender Mehrzahl 
zu großen Rlaffe der Wärmegewitter, denen Mohn die Wirbel- 
sewitter entgegenftellt, welche wohl alle Wintergewitter und überhaupt 
elle eleftriichen Phänomene in den außertropiichen Teilen des Ozeans um: 

en Sie find die Begleiter der Eyflonen, wandern mit denfelben und 
stlangen dadurch oft zu einer weiten Verbreitung. 

95. Nur kurz jei der Verteilung des Hagels gedacht, da dieſer 
wegen feiner verderblichen Wirkungen auch geographijches Intereſſe bietet. 
steilich ift Die Statiftif desfelben ziemlich mangelhaft, und überdies werden 
ur von wenigen Beobacdhtern Hagel (Eisförner) und Graupen (fleine 


Hagel. 


Horizontale 
Verbreitung 


Des Schutes 


10S Viertes Kapitel. 


Schneeballen) auseinander gehalten, was freilich auch ſchwer möglich tr, 
da beide Formen vielfach tu einander übergehen. So iſt es nod) nicht ein 
mal mit Sicherheit feitgeftellt, ob die mittleren Breiten die eigentliche 
Heimat dieſes Phänomens Find, denn auch in den Tropen tt cs nicht jelten. 
Humboldt's Anſicht, daß der Hagel bier nur in größerer Höhe vor 
komme, da in den tieferen Niveans die Eiskörner von der Hitze raſch auf: 
gezehrt werden, bat wohl für das äquatoriale Südamerika Giltigkeit, aber 
weder für Die Nüftenebene von Guatemala, noch für die tiefer gelegenen 
Flußthäler Der braſilianiſchen Provinz Minas Geraes, noch endlich für 
Java und den Sudan, die heißeſte Gegend der Erde, oder für das Innere 
von Auſtralien im Sommer. 

Als die Hauptbedingung der Hagelbildung erſcheint eine größere 
Menge von Waſſerdampf. Daher ſchließt ſich die jährliche Periode des 
Hagels enge an die des Regens an, enger ſogar als die der Gewitter. 
Daher nimmt auch in Europa der Hagel- und Graupenfall mit dem Regen 
von Weſt mac Oſt ab, aber Die Zabl der reinen Hagelfälle Tteigt in Der 
ſelben Richtung. Zelten iſt dieſes Phänomen in dei polaren Gegenden 
und Wüſten. Lokale Einflüſſe md ganz beſonders maßgebend, daher in 
jeder Gegend neben den Hagelſtrichen Land liegt, das nur ſelten unter 
dieſer Heimſuchung zu leiden hat. Das Beobachtungsmaterial genügt noch 
nicht zur Feſtſtellung allgemein giltiger Geſetze, doch läßt es ſich jetzt ſchon 
ausſprechen, daß es im Gebirge häufiger hagelt als im der Ebene, und im 
Mittelgebirge häufiger, als im Hochgebirge. Vom Kaukaſus (orelleicht Die 
hagelreichſte Gegend der Erde) ſagt Abich, daß alle zum Gebirge herbei 
zieheuden Ungewitter den Charakter verheerender Hagelſtürme erſt in der 
Region der weiten Thalmündungen zur Ebene annehmen und von Da ab 
gerne der Zone der niedrigen Vorberge folgen. Ähnlich it es auch im den 
Alpen In der Schweiz wird am meiſten Die Dochebene und der Jura 
durch Hagelfälle geplagt, in Kärnten das niedrige Bergland der Oſthälite, 
und ebenſo in Steiermark das Hügelland gegen die ungariſche Grenze hin. 


Verbreitung des Schnees. 


8 96. Unſere Gegenden gehören der Zone der gemiſchten Nieder 
ſchläge an: in der kälteren Jahreszeit ſchneit es, in der wärmeren regnet 
es. Schon im mittleren Italien Ind Schneefälle in den Niederungen ſelten, 
aber immerhin bat noch Non durchſchnittlich 1. 4 Schneetage im Jahr. 
Jenſeits des Atlasgebirges und der Südgrenze von Syrien iſt der Schnee 
in der Ebene unbekannt, an der Oſtſeite der alten Welt aber rückt Tem 
Aquatorialgrenze, den Winteriſothermen folgend, weiter nad) Süden, bis 


Die Niederſchläge. 109 





uber Canton hinaus 230B. und dieſelbe Anordnung wiederholt ſich auch 
in Nordamerika. 

Begeben wir uns nach Norden, ſo wird die feſte Niederſchlagsform 
immer häufiger. Mit Ausnahme von Norwegen dürfte die Grenze der 
‘ommerlichen Schneefälle ſich in der Nähe des Polarkreiſes halten; ſchon 
auf Boothia Felix unter 70% B. betragen fie von Juni bis Auguſt 40°, 
ver Niederfchläge, und auf ähnliche Verhältniffe deuten die Beobachtungen 
Nordenſkjöld's in der Nähe der Beringsſtraße. Auf der Südhemi— 
irhäre jcheint die Grenze des Sommerjchnees jchon in der Nähe des 
0. Barallel3 zu liegen. Aber überall, foweit man auf den Polarcalotten 
rorgedrungen ift, regnet e3 auch in den warmen Monaten; und es ijt 
aanz ungewiß, ob eine Zone des feften Niederjchlags überhaupt eriftirt. 


$ 97. Wie in horizontaler, jo verändert fich auch in vertifaler Rich— 
rung mit der abnehmenden Temperatur die Form der Niederichläge. Wäh— 
end in unferen Gegenden die fteigende Sonne den winterlichen Schnee in 
der Ebene und in den unteren Gebirgsregionen aufzehrt, bleibt er in den 
hoheren Bartieen das ganze Jahr liegen und wird noch durd) gelegentliche 
ommerliche Schneefälle vermehrt. Die untere Schneegrenze im Sommer 
md als Schneegrenze jchlechtweg oder als Schneelinie bezeichnet. 
Auch fie ift Schwankungen unterworfen, denn nicht in jedem Jahre Halten 
ch Schneefall und Echneefchmelze das Gleichgewicht. Ihre Seehöhe wird 
10 durch den jedesmaligen fommerlichen Witterungscharakter bedingt, 
ıd daher haben einmalige Meſſungen feinen hohen wifjenjchaftlichen Wert. 
Irogdem müſſen wir uns mit folchen begnügen, da langjährige Beobad)- 
ıngen, aus Denen man die mittlere Höhe der Schneelinie berechnen könnte, 
sicht vorliegen; und jo zweifelhafter Natur auch manche Zahlen in der 
rachttehenden Tabelle fein mögen, jo laſſen ſich doch einige Hauptjäße 
aus derjelben abjtrahiren. 






Wrktifche Gegenden. 
anz⸗-Joſej⸗ Land (Bayer) . | ca. 810 N. B. 8m 









Spigbergen (Malmgren) . . 80 | 330 
⸗ (Tuner und Nor⸗ | 
dBenitiöd) . . 2 2... 17 | 460 
Lsrdgrönland (Rind) . . 75 715 
Idernivik, Beitgrönland (Hel- 







rn 13 | 890 
san Mayen (Scoresby) . . 11 | 370 
land, Oſterjökul (Morks und | 

Stoflen. - 22.2.0. 64 | 940 
Swgrönland (Nint . . . 61-73 | 650— 970 


Schneelinie. 


110 Viertes Kapitel. 


Europa, Weſtaſien und 


Afrika. 
Mordlop 2.2 . . .. 710 N. B. 720mn 
Lappland zWahlenberg) . . 67 W. Abhang . . . . 1000 
C. rn 1:00 
Norwegen Mittehvatd 2.660617, Wo = nn 1130 
c 1400 
Tatra Partſcht. . . . . 49 ca. 23,0 
pen 1Zonflat. 2020202004548 Iseltalpen . 2.202. 2660 
Mittelalpen . 2.0... 2740 
Ivel 2 2 2200. 28650 
Kärnten. . . . . 2420 
Pyrenäen (Ramond und 
Tarot). 2 .. 42-43 N. Abhang . . . . 270 
S. — nn 3050" 
Kaukaſus (NRadde, Abich ꝛc. 40-44 Weſten... . 29:0 
Mitte.. . . . zus? 
Na (2 . . . 3T2U° 
MAbhang 202020. 3700 
Ararat (Chodzkto . . . . 40 3350° 
Argäus Tſchihatſcheif. 2. 38 3450 
Ätna DumbolMt) . . . . 38 Yin, 
Zierra Nevada (Pascal . 37 N. Abhang. 20.2. 3600 
S. nn 3100 
Taurus (Kotſchyy) N en 2a 
S. 3200 
Abeſſinien (Miippelln. . . . 13 4300 
Kilima-Modſcharo (v. d. Decken) EN —X 
Centralaſien. 
Sajangebirge (Nadde) . . . 32 N. B. yon 
tat (Yedebour) . . . . 50 2140* 
Altau Semienow) . . . . 43 3649 
Thian-ſchan (Semienow.. . 42 4 N. Abhang . . . . 352 
Ntanlbursı . . 41 Südſeite (Kok Kijageb.. ca. 4100 
Kanſugebirge (Przewalsfica. 3% über 4150 
Nan ſchan (Przewalsti) . . 37 4100 
Kin fin Schlagintweit . . ca. 36 N. Abhang . . . . Be Tl 
S. - . 4800 
Karakorum ı <chlanintweid 28— 36 M. 56790 
S. AuTo 
Himalaya  Zchlaginwerti . 270.24 M. 5670 
S.: 4940 
Oſtaſien. 
Namticbatta rm 20.0. 36 1600 
Japan «Woieikoifre. . . . 30-40 unter 2300 
2000 nach rad. - 3200 nach Brad, Südabhang 3300. 


4320 Parrot, 3800 Abich. ” 2600 Sehbler. 


Die Niederſchläge. 111 


— — — — — — t —ei— — ñ — — nn — — — ñ— — — — — — — 


Auerila. 
Kiritengebirge (Wahlenberg. 600 N. B. 1500m 
Unalaichla (Lütle) . . . .| 531, | | 1070 
weliengebirge (Balliier) . . 51 2600 
⸗ (Frimont) . . 43 3800 
Mexiko (Mittelwert, Hum— 
„bl 2 .| 17-21 4500 
Nedada de S Marta | 
—2 .. 11 | 4690 
. Revada de Merida (Co- | 
aa. .. 8 4550 
Andes von Columbia (Mittel: . | 
wirt, Humboldt). . . .: 2-5 | 4680 
Andes von Duito (Mittelwert, 
Sumbolt). . . . . .| 8-1758. 4850 
Ande3 von Bolivia (Mittel: 
wert, Bentland) . . . .| 14—18 D.-Corbilleren 4850 
8: - .| 5680 
Andes von Chile (Biffis). . 28 | | 5500 
30 4900 
32 4300 
34 3400 
36 | 2600 
38 | 2100 
40 | | 1700 
42 | 1600 
| 4 1400 
46 | 1200 
| 0 [8 
50 ' 800 
Süshemifphärifche | 
| Inſeln. J 
Neuſeeland (v. Hochſtetter) 13-45 2800 — — 2400 
= (Green). . . . Weſtſeite ca. 1520 
Zudgeorgia (nad) Hann). . | 55 | 1) 


Die Schmeelinie variiert aljo zwiſchen 6000 m (Südabhang des Ktara- 
‘rum! und dem Meereöniveau (Franz-Joſef-Land und Süd-Georgia); doch 
mag es immerhin noch als zweifelhaft gelten, ob innerhalb der erreichten 
Breiten auch längere Beobachtungen das Herabfinfen der Schneelinie big 
‚am Seejpiegel bejtätigen würden. Zunächſt zeigt die Tabelle, daß die 
Schneegrenze von der Sommerwärme abhängig ift. Daher ſenkt fie ſich, 
ze weiter wir ung vom Äquator entfernen, und liegt auf der Sonnen- 
‘ene höher als auf der Schattenfeite und auf der Landſeite höher als auf 
xt Seeſeite. Aus demjelben Grunde jteigt fie in der alten Welt an, je 














Mittel gegen 
die Auhaufung 
des Schnees. 


112 Viertes Rapitel. 


weiter wir ums von Welten nach Oſten begeben: und dieſes Geſetz tritt 
ebenſo klar hervor, wenn wir die Weſt- und Oſtſeiten eines Gebirges 
(pen, Kaukaſus, beobachten, wie wenn wir verſchiedene Gebirge in gleichen 
reiten miteinander vergleichen. Allerdings wirft hier noch eine andere 
Urſache mit. Die auffällige Ihatlachbe, day vom Kaukaſus bis zum Hima— 
lava Die Schneegrenze an der beſonnten Südſeite tiefer herabiteigt als au 
der Nordſeite, beweiſt uns, Day Te auch von Der Menge der Niederichlage 
abhängig iſt. Ihre außerordentlich hohe Lage in Gentralafien wird durd 
das trockene Klima bedingt. Aus denmelben Grunde erreicht fie in Amerika 
ihre Marimalhöhe nicht unter dem Äquator, ſondern im regenlojen We 
biet von Bolivia, ſinkt aber außerordentlich raſch, Tobald wir in die Jene 
der feuchten NW-Winde kommen. Die maſſenhafte Anhäufung von Zcdmne 
drückt hier ſeine ſommerliche Grenze ſchon in der Breite von Prag au 
800 m herab, ſodaß unter gleichen Verhältniſſen alle Häupter des deutſchen 
Mittelgebirges mit ewigem Schnee bedeckt wären. 

Auch unter der Schneelinie finden wir ſtellenweiſe, in Schluchten und 
Mulden, die nie von der Sonne beſchienen werden, Schneelagen, die wenig— 
ſtens in dem einen oder andern Jahr aud) den Sommer überdauern: 
anderſeits ragen auch über jener Grenze nackte Felſen empor, an deren 
ſteilen Wänden der Schnee nicht haften bleibt. Auch andere örtliche Ein— 
flüſſe mannigfacher Art können auf Das Niveau Der Linie einwirken, ja in 
manchen arktiſchen Gegenden machen ſie eine Beſtimmung der Schneegrenze 
geradezu unmöglich. 


Gletſcher. 


$98. Wem auch in der Region des ewigen Schnees der Verdunſtungs 
prozeß nicht ſtille ſteht, jo Fällt ihm Doch nur ein geringer Bruchteil der 
jährlichen Niederichlagsmenge zum Opfer und das Wachstum der Schnee— 
malen wird Dadurch nur wenig gehindert. Es giebt aber ein wirkſameres 
Gegenmittel: Die Bewegungsfähigkeit des Schnees. Er wird dadurd den 
wärmeren Regionen zugeführt und hier aufgelölt, um entweder in den 
mütterlichen Schoß des Meeres zurückzukehren oder in Dampfform ſeinen 
Kreislauf wieder zu beginnen. Die übliche Bezeichnung „ewiger Schnee“ 
iſt demnach eine unrichtige. 

Plötzlich gleitende Schneemaſſen nennt man Lawinen. Namentlich 
im Frühjahr ſind ſolche häufig, wenn der erweichte Schnee an den ſteileren 
Hängen nicht mehr haften kann. Der Schuß eines Jägers, der Pfiff einer 
Yofomotive, das Jauchzen eines ſangfrohen Älplers genügt dann, um den 
auf das ARNußerſte geſpannten Gleichgewichtszuſtand aufzuheben. Aber te 
getvaltige Maſſen auch dadurch dem Ihale zugeführt werden, jo verheerend 


Die Wiederfhläge. 113 


aud) eine folche Kataftrophe wirfen kann, jo trägt. doch die langſame, aber 
ſtetige Thalbewegung des Gletſchers unendlich mehr zur Entlaftung ber 
Hochgebirge bei und ift aud) in ihren fonftigen Wirkungen eines ber 
wichtigften erbphyfitaliichen Phänomene. 

$ 99. Die eigene Schwere und das Spiel der Winde führt den pul- 
verig trodenen Hochſchnee von dem fteileren Gehängen der Gipfel und 
Käümme in tiefere Regionen, wo er, zufammen mit dem daſelbſt gefallenen 
Schnee, in den cirkusartig erweiterten oberften Thalſtücken oder in mulden- 
jormigen Einjenfungen der Gehänge angehäuft wird. Der wechfelnde Pro- 
zeß des Auftauens an Sommertagen und des Wiedergefrierens in ben 





Big. 15. Firnfeld des Sargier Gletſchers 


Nächten giebt der Oberfläche dieſes Schnees, den man Firn nennt, ein 
graupenförmig grobfürniges Gefüge. In umferen Alpen erreicht der Firn 
eine Mächtigfeit von 3—500m. Er befteht aus 2—3m diden Schichten, 
von denen jede einem einjährigen Schneefall entjpricht. Nach unten geht 
er infolge de3 Drudes feiner eigenen Mafje in Eis über. Die Schnee- 
dede wird thalabwärts immer dünner, bis fie endlich an der Schneegrenze 
ganz verſchwindet. Hier hört der Firn auf und der Gletſcher beginnt, das 
Vodeneis wird zum Oberflächeneis. In der Firnregion überfteigt die 
Wenge des im Jahre gefallenen Schnees die des geſchmolzenen, in der 
Gletſcherregion findet das Umgefehrte ftatt. Höfer will gefunden haben, 
dab die Grenze zwiſchen beiden, die ſogen. Firn- oder Schneelinie (f. Fig. 20), 
ftets in halber Höhe zwiſchen dem Firnfamm und Gletſcherende Liege, doch 


üt der Beweis dafür thatſächlich nur für die Alpen erbracht 
Sadan, Vnſce Erdtunde 





Entftefung. 
‚Begeiff und 
Einteilung der 
Viencher 





114 Viertes Kapitel. 


Der vollkommen ausgebildete Gletſcher bewegt ſich nun als E 
ſtrom thalabwärts. Freilich tritt auch hier, ſelbſt im Sommer, nicht das 
alatte Eis zu Tage, ſondern iſt mit Firngraupen, die ſcheinbar eine Schnee: 
schichte bilden, bededt. Wie mehrere Flüſſe zu einem Hauptfluſſe ſich ver: 
einigen, jo and) mehrere Gletſcher zu einem einzige Eisftrom. Die vorliegende 

















r de Glace. 





Kartenſtizze, die einen Teil der Montblanc-Gruppe darſtellt, zeigt Dies deut: 
lich. Ans dem Zuſammenfluſſe dreier Gletſcher entſteht die berühmte Mer 
de Glace, die den Aveiron zur Arve entſendet. Von der Größe der drei 
Firnmulden geben folgende, von Pfaff entlehnte Zahlen eine Vorſtellung: 





Größe der Firnmulden der Mer de Glace — 


Firnmulde des Glacier du Geant 5200 4400 


6 
des Glacier de Leschaur. . . 4400 2000 5-7 
Ss 


des Glacier de Tale... un 3000 4 








Die Niederſchlage. 115 


%ı der Bereinigung ift der Eisftrom 2000 m breit, fpäter wird er auf 
«a 1000m eingeengt. Sein Ende erreicht dieſer vielbefuchte Gletſcher, der 
bis zu den Eisfataraften bes Geant 9800 m mißt, in 1125 m Seehöhe, aljo 
zur 75m über Chamounir. 






































































































































Fig. 17. Gorner Gletjcher. 


In der Regel ift der Eisftrom in der Mitte etwas höher als an den 
Ufern, wo er unter dem Einfluffe der erwärmten Berggehänge rajcher 
ichmilzt. Beim Aetjchgleticher in den Berner Alpen betrug die Erhöhung 
der Mitte über dem Rande im Auguft 1872 nahezu 60m. Wo aber die 
Rander eine dichte Schuttdecke tragen, während der mittlere Teil ſchutzlos 
der Birfung der Sonnenſtrahlen preiögegeben ift, da ift der Ießtere tiefer 
engefenft, wie dies z. ®. beim Vernagtgletiher in Tirol der Fall ift. In 
unieren Alpen beträgt die Mächtigfeit des Gletſchers in feinen oberen 
Lartien 2—300 m, am Ende aber, beſonders wenn e3 in die Kulturregion 
kineimreicht, überfteigt fie fauım Baumhöhe. Niemals läuft aber der Gletſcher 
allmãhlich aus, fondern bricht als eine mehr ober weniger hohe Eismauer 
ab, die aus einem gewölbten Thor den Schmelzwafjerbad) entläßt. Während 
dieier in den Alpen im Winter meift verfiegen foll, tritt im nördlichen 

g* 





Gletſcher⸗ 
bewegung. 


116 Viertes Rapitel. 








Grönland nach Kane's Beobachtungen ſelbſt Dei dem niedrigiten Tempe: 
ratıren feine völlige Erftarrung ein. Die Eismaſſe iſt bier mächtig 
genug, um Die unterſte Schichte vor der Luftkälte zu ſchützen und ſie 
jtets bis zum Taupunkt warm zu erhalten. Much anf der Tberrläce 
des Gletſchers ruft die Sommerſonne zahlreiche Bäche und Zeen hervor, 
aber die Nacht legt fie wieder in Eisfefleln, die erjt der folgende Tag 
wieder Iprengt. 

Überblicten wir das bisher Vorgetragene. Während im Winter Berg 
md Thal gleichförmig unter Schnee begraben liegen, folgt im Sommer tbal- 
aufwärts auf Die Negton des Waſſers Die des Eisftroms und endlich dir 
Firnregion, die Geburtsſtätte des Öletichers, der thatlächlich unter Dem Firn— 
Schnee Schon vorhanden tft. Im weiteren Sinne verſtehen wir alſo unter 
Gletſcher den Eisitrom ſamt dem Firn und können ihn daher als danernde 
Eisbildung auf der Tberfläche des Feſtlandes derfimeren. Im 
engeren Sinne verfteht man aber unter Öleticher nur den Eisſtrom, Der 
im Sommer umverhüllt zu Tage tritt, und durch den darauf gerallenen 
Schnee nicht vergrößert wird. Das Verhältnis des Areals der Eiszunge zu 
dem des Firns bewegt ſich in den Alpen innerhalb weiter Grenzen (bem 
Miagegletfiher = 1: 1-5, beim Gornergletſcher — 1:7.4)9: im den Up 
thaler Alpen ımd in der Tauerngruppe iſt cs durchſchnittlich gleich 1:3.7, 
beziehungsweiſe 1:3-8. 

Faſſen wir Den Gleticherbegriff im weiteren Sinne anf, Jo können 
wir Gletſcher erfter und zweiter Ordnung unterſcheiden. Die erit 
ven jind die Thalgleticher mit mächtig entwickeltem Eisſtrom, die ley 
teren Die Firngletſcher, Die entweder keine oder nur eine unbedeutende 
Eiszunge befigen. A. Schuſter führt daneben aud) noch halbausgebildete 
Gletſcher m Tibet an, Die er als zuſammengefrorene Schneemaſſen mil 
änßerſt geringer Bewegung charakteriſirt, aber Sie dürften nur eine Unter 
art der Firngletſcher bilden. Eine rem lofale Erſcheinung find jene Gleiſcher, 
deren oberes Ende unter der allgemeinen Schneelinie des betreffenden Ge 
bivges liegt, wie beiſpielsweiſe das Blaueis am Hochfalter bei Berchtes— 
yaden. 


8 100. Firn und Gletſcher befinden Sich in ununterbrochener Be 
wegung, Die aber einer täglichen und eimer jährlichen Periode unterworfen 
tt. Sie iſt bei Tag und im Sommer raſcher, als bei Nacht und im 
Winter, weil die Plaſtizität Des Eiſes zunächſt von der Antenfität der 
Beſonnung abhängt Der Hanptſache nach iſt ſie, ent/prechend dem Zuge 
der Schwerkraft, thalabwärts gerichtet, und folgt auch genau denſelben 
Geſetzen, wie das fließende Waſſer. Die Geſchwindigkeit hängt unter ſonſt 


Die Niederſchläge. 117 


gleichen Umſtänden von der Neigung des Bette ab, und wechlelt daher 
zit diefer innerhalb eines und desjelben Gletſcherkörpers. An der Mer 
* Ölace nimmt fie nach abwärts zu (3. B. bei Trelaporte 508, bei Mont- 
avert 864mm pro 24 Stunden im Sommer), am Morteratichgleticher da- 
gen ab. Aud) fteigert fie fich, wenn die Eigmafje durch das fich ver- 
engende Bett zujammengepreßt wird. Zahlreiche Beobachtungen haben 
mer gelehrt, daß fie von den Rändern nach der Mitte zunimmt, daß fie 
a gekrümmten Thälern am fonveren Rand jtärfer ift als am fonfaven, und 
daß dann die Linie größter Geſchwindigkeit nicht genau in der Mitte, 
imdern näher dem fonveren Rande liegt. Auch gelang es Tyndall am 
(lacier de Geant nad)zuweilen, daß die Bewegung von der Oberfläche nad) 
tm Grunde abnimmt. 

Tie Thatſache, daß das Eis fließt, beweift zur Genüge feine Plaiti- 
tat. Wie ein zähflüffiger Körper jchmiegt e3 fich den wechjelnden Formen 
ned Bettes an. An der Weſtküſte Grönlands reicht unter 62% 40° 9. 
on Ausläufer des Binnenjees in einen fchmalen, nordöjtlic) jtreichenden 
See, den er in T-Form ausfült. Bon den Gletichern des Franz-Joſef—⸗ 
vandes berichtet Bayer, daß die durch Bergvoriprünge geteilten Arme am - 
suße der erjteren wieder zujammenfließen. Wielleicht den draſtiſcheſten 
VBeweis liefert aber der Fleine norwegische Gleticher von Raagan (70° B.), 
n dem Forbes die Form einer herabrinnenden Thräne fo ſchön aus— 
xorägt fand. 

Tas Rätſel, daß ein anjcheinend fo jpröder Körper, wie das Gletſcher⸗ 
a3, fi) wie eine unvollfommene Flüfjigfeit verhält, löſte erſt die Ent- 
dung der Regelation. Man verjteht darunter jene, noch immer nicht 
san; befriedigend erklärte Eigenfchaft tauender Eisftüde, an den Berührungs- 
ttellen jofort wieder zufammenzufrieren. Jede Formveränderung des Bettes 
sun Brüche im Eife hervor, aber die Regelation heilt fofort wieder Die 
Zunden; und fie ift es auch, die zwei oder mehrere Gletſcher zu einem 
inzigen Strome vereinigt. 

Freilich reicht die Plaſtizitätstheorie nicht aus, um alle Eigentüm— 
heiten der Gletſcherbewegung, die man erſt in den letzten Jahren durch 
kundliche Beobachtungen erkannte, zu erflären. Pfaff, der zuerft nach— 
wies, daß der Firn nad) denfelben Gejeten wie der Gletſcher ſich thalab- 
würts bewegt, belehrte ung auch, daß jedes Teilchen desjelben neben der 
orizontalen auch eine vertifale Bewegung ausführt, daß aber beide Be- 
megungen unregelmäßig vor fi) gehen. Klode und Koch machten 
Ihnlihe Beobachtungen am Morteratichgleticher. Derjelbe Punkt bewegt 
ih bald zu Thal, bald zu Berg, bald vertifal aufwärts, bald abwärts, 
end dabei find alle möglichen Kombinationen beider Bewegungen neben 





118 Viertes Kapitel. 


Stillftand im einen oder anderen Sinne möglich. Beſonders unregelmäßig 
find die Bewegungen von Sonnenaufgang bis gegen Mittag. ! 
Die Geſchwindigkeit der horizontalen Bewegung ift ſehr verjchieden. 
Bei den großen Alpengletichern beträgt fie dDurchfchnittlich nur O-2 bis O-8 m 
in 24 Stunden. An der Der de Ölace erreichte fie ein Maximum von 1.3 m, 
und nur der Vernagtgleticher rüdte einmal über 45 m im Tage vor. 
In Norwegen wird die tägliche Bewegung des Krondalgletfcherd auf O-14 m 
geichägt. Im Himalaya beobachtete man ein jommerliches Vorrüden von 
2—3.7m in 24 Stunden. Die am jchnellften fließenden Gleticher befigt — 
joweit unfere jegige Kenntnis reicht — das nördliche Grönland, troßdem Die 
Neigung derjelben ſehr gering iſt. Am Torſukatakgletſchers (69° 50° N.) 
fonftatierte Helland im Sommer ein tägliches Vorrüden von 10m und 
am Gletſcher von Jakobshavn ein folches von 19.3 big 22.5m in der 
Mitte und von 14-3 biß 15-2 m in einer Entfernung von 400 m vom 
Ufer. Hammer bejuchte dieſen Gletſcher, der nur !/,? Neigung befikt, 
im März und April 1880 und fand ſelbſt in diejer Jahreszeit noch eine 
durchichnittliche tägliche Gefchwindigfeit von 5-1 und 12.6 m für eine Ent- 
fernung von 282, beziehungsweife 875m vom Rande. Aber jedenfalls 
find diefe Fälle nur als Ausnahmen zu betrachten, denn an den Gletjchern 
des Bezirks Julianehaab beobachtete Steenjtrup eine alpine Langſamkeit. 
Dasjelbe berichtet Bayer von den Gletichern einer anderen arktiſchen 
Gegend, des Franz-Joſef-Landes. 
Gletjcherſpalten $ 101. Die nächſte Folge der Gletſcherbewegung iſt die Spalten— 
und - Rublen. bildung; ſie iſt der Ausdruck des Kampfes der Kohäſion mit der Streckung, 
und erfolgt ſtets ſenkrecht zu Spannungslinie. Vom Bergſchrund an, 
jener Spalte, die die Schneemaſſe des Firn von der des Gipfelkörpers trennt, 
bis zum Gletſcherende iſt der Firn- und Eiskörper in allen Gegenden viel- 


ı Folgende Zahlen geben nur da8 Gefamtrefultat für je 24 Stunden. + bedeutet 
Abwärts⸗, — Aufmärtöbemegung. 


Skala I. f Stala II. 
Entfernung vom Gletſcherrand 
5m ' 90 


m 
Horizontale Bertilale I Horizontale | Bertilale 
Bewegung Bewegung Bewegung Bewegung 








sach zerflüftet, wenn auch im allgemeinen die nordifchen Gletſcher elaftifcher 
ericheinen, als unjere alpinen. Querjpalten werden durch die verſchiedene 
Reigung des Bettes hervorgerufen, vernarben aber wieder, wenn das Gefälle 
sch vermindert. Beim Fall über Thaljtufen Löft fich der Gletſcher in ein 
wildes Gewirt von Eisblöden auf. Eine eigentümliche Art der Querjpalten 
iind die Randfpalten (ſ. Fig. 17, r in Fig. 18), welche einen Winfel von 30 
bis ca. 45° mit den Seiten einfchließen und durd) die fchnellere Bewegung der 
Mitte erzeugt werden. Infolge dejjen nimmt in 
ig. 18 das Stüd A nach einer gewiljen Zeit die 
Form A’ an, und das Quadrat a wird zu a’ verzerrt. 
Tadurdh erfährt die Linie xy eine Stredung (z’ y‘), 
der aber das Eis nicht folgen kann. Es muß 
regen und zwar jenkrecht zur Linie der größten 
Spannung (Spalte ss). Iſt das Bett gekrümmt, fo 
it die Spaltung an der fonveren Seite ftet3 grö- 
her, ala an der fonfaven. Zängsfpalten bilden 
iih, wen der Gletſcher aus einem engen in ein 
weites Bett tritt, denn dann wirft die Spannung 
in der Ouerrichtung des Gletſchers. 

Wenn im Sommer die an der Oberfläche 
des Gletſchers entitehenden Bäche in eine Spalte 
bmabftürzen (fogen. Gletſchermühlen), jo höh- 
len fie mit der Zeit tiefe und beinahe zylindrifche 
Löcher im Eiſe aus, die manchmal bis auf den 
Grund reichen. Gelangen Steine in ein jolches 
Loch, jo werden fie von den Sturzbächen in freifende Bewegung gejeßt und fön- 
nen unter günftigen Verhältnifjen in dem Boden Vertiefungen, jog. Riejen- 
töpfe ausschleifen. Berndt fand zwei folche von 0-8 und 1-2m Durchmefjer 
im verlaffenen Bett des Rojenlauigletichers. Allerdings wandert die Gletjcher- 
mühle mit der Spalte abwärts, aber an gewifjen Stellen erzeugt Die Unebenheit 
des Bodens immer wieder Spalten, und die Ausarbeitung des Riejentopfez, 
die die eine Kaskade begonnen, febt einige Tage nachher eine andere fort. 

$ 102. Mit der Bewegung des Gletſchers hängt auch deflen Struftur 
zujammen. Das Gletjchereis iſt feine gleichförmige Maſſe, es befteht viel- 
mehr aus wechjelnden, mehr oder weniger dicht gedrängten Bändern ober 
Streifen von weißem Eis, das feine Farbe den fleinen Luftblafen ver- 
danft, mit denen e3 angefüllt ift, und von blauem Eis, aus denen die Luft- 
blajen ausgetrieben find (Fig. 19). Das erftere ſchmilzt wegen feiner größeren 
Forofität Leichter und bildet Vertiefungen, das leßtere dagegen Erhöhungen. 
Überblikt man den Eisftrom von einem erhabenen Standpunfte aus und 





Fig. 18. Randſpalten. 


Die nNiederſchlage 119 


Strultur. 


120 Viertes Kapitel. 


bei günftiger Beleuchtung, jo jcheinen die zahllofen Heinen Erhebungen zu 
Linien (O given 


) zu verſchmelzen, die quer über den Gfeticher binlaufen, 
- r - und in der Nähe des 
Fir kaum merkbar 
rümmt ſind, nach ab 
wärts aber, entſprechend 
— n der ſchnelleren Bewe— 
gung der Öletichermitte, 
immer jpigigere Bogen 
beichreiben. Jeder Zu 
fluß bringt jein eigenes 
Ogivenſyſtem mitiich. ſo 
daß nach der Vereini 
ÖL) ng mehrere ſolche 
Syſteme nebeneinander fanfen, bis fie endlich verſchmelzen oder bis die 
ſtärkere Ogive die ſchwächere verdrängt (Fig. 20). 













dig. 19. Ein Stück Gletjch 
aus blauem und weiten E 








Tie gebänderte Struktur 
Tutmergitr gi Franken — tritt mit voller Klarheit an 
u den Spaltenwänden hervor. 
Daß die Bänder ganz ver 
schieden find von den Firn 
ſchichten, beweiſt eine Stelle 
am Furkagletſcher, die Tyn 
dall entdeckte. Hier beob 
achtete er deutliche horizon 
tale Schichtung des Eiſe 
die offenbar aus der Firn 
ſchichtung hervorging, und 
in lotrechter Richtung ver 
laufend die blauen Adern. 
Tiefe Entdeckung bewog ihn 
hauptſächlich, die Gletſcher 
ſtruktur als eine Wirkung 
des Druckes, den jede hin 
tere nachſchiebende Partie 
Kai auf die vordere ausübt, und 
anf deſſen Richtung die Ban 

der jenfrecht stehen, zu er 
flären. Dadurch wind es 
auch verftändlich, day die Zahl und Größe der blauen Bänder thalabwärts 











=lftderns welenkayel iu, 











— * 


Fig. 20. Roimoosgletſcher nach v. Sonflar. 





ie Miederfchläge. 121 





nimmt. Doch find die Akten über diefe Frage noch nicht geſchloſſen. Man 
mird auch die nordifchen Gletſcher ftudieren müffen, da hier Die Bandftruftur 
beionders jchön ausgebildet ift. So bemerft man z. B. auf Spitbergen an fri- 
ihen Querſchnitten tiefbfaue Adern bis zu 1"/, m Dicke und 2—4 m Länge, die 
in verichiedenen Richtungen fich kreuzen, wobei jeboch die horizontale dominiert. 

$ 103. Eine andere, mit ber Gletſcherbewegung zufammenhängende 
Trigenung find die Moränen. Die Oberflähenmoränen werden 
durch die größeren und kleineren Geſteinsſtücke gebildet, die von ben nadten 
Felemaſſen fich losbröckeln und auf den Gletſcher herabfallen. Wallartig 
baufen fie fi) an den beiden Seiten des Eisftromes an. ließen zwei 
Öteticher zujammen, jo vereinigen ſich ihre inneren Seitenmoränen zu 
öner Mittelmoräne, umd bie Anzahl der leßteren giebt uns fomit über 
die der Zuflüſſe Aufſchluß (Fig. 20 und 21). 











Nicht alle Gletſcher haben ausgebildete Oberflächenmoränen, wenn 
dieſe auch in unſeren Breiten nie ganz fehlen. Dagegen find fie — wie 
wir jpäter eingehender befprechen werden — in ben polaren Gegenden 
ielten. Seinem Gletſcher fehlt aber die Grundmoräne. Dringt man 
durch die Höhle, aus der der Gletſcherbach kommt, unter die Eismaſſe ein, 
io findet man, daß dieſe nicht unmittelbar auf dem Felsboden aufruht, 
ondern von bemfelben durch eine Lage von Sand, Grus und Schlamm 


Moranen. 


Abſchmelzung. 


122 Viertes Rapitel. 


mit eingebetteten Geſteinsblöcken von verſchiedener Größe getrennt iſt. Die 
letzteren ſind mehr oder weniger gerundet, ihre Oberfläche iſt geglättet und 
— wenn das Geſtein nicht beſonders hart iſt — mit Schrammen und 
Kritzen bedeckt. In gleicher Weiſe findet man, wenn man die Grund— 
moräne entfernt, den Felsboden poliert und mit geradlinigen Kritzen in der 
Richtung der Gletſcherbewegung bedeckt. Dasſelbe Phänomen beobachtet man 
auch an den Seitenwänden des Eisſtromes; ihre urſprünglichen Unebenheiten 
ſind abgerundet und ihre Oberfläche iſt blank geſcheuert und geſchrammt. 

Selbſt ſolche, die — wie Penck — dem Gletſcher die Kraft zuſchreiben, 
Seebecken auszuſchaufeln, ſprechen ihm ausdrücklich die Fähigkeit ab, ſelbſt 
abſchleifend zu wirken. Dieſes Geſchäft beſorgen vielmehr nach der Anſicht 
der meiſten Forſcher teils jene Geſteinstrümmer, die zwiſchen der Thal- 
und Gletſcherwand auf den Grund gelangen, teils Stücke der Oberflächen— 
moräne, die durch Spalten immer tiefer und tiefer finfen und endlich den 
Grund erreihen. Man denkt ſich mit anderen Worten die Seiten- und Die 
Unterfläche de3 Gletſchers mit eingebadenen Gefteinsblöcden wie mit Zähnen 
beſetzt, und Dieje polieren und friten die Felſen und werden babei ſelbſt zer- 
malmt. Das Endprodukt dieſes Prozefjes ift eine fchlammig-fandige Maſſe, 
die zum Teil die Grundmoräne bildet, zum Teil durch den Gletſcherbach 
(„ Sletichermilch” wegen jeiner trüben Farbe) herausbefördert wird. 

Wir werden jpäter jehen, daß diefe Theorie zur Erklärung der Grund- 
moränen der polaren Gletſcher nicht ganz ausreicht. 

Während der Gleticher die Oberflächenmoräne auf feinem Rüden thal- 
abwärts trägt, fchiebt er unter fich auch die Grundmoräne vorwärts. Mn 
feinem Wusgange lagert er beide als Endmoräne ab, die bald als ein 
ſchmaler niedriger Steinwall, bald als eine weite Schlamm- und Kiesfläche 
una entgegentritt, in der mächtige Felstrümmer zwiſchen Fleinen unregel- 
mäßigen Schutthügeln zerjtreut liegen. Mit dem transportierten Material 
vermifcht ſich manchmal der vom Gletſcher zufammengefchobene [odere 
Boden des Borlandes. 

$ 104. Außer der Bewegung ruft auch die Abſchmelzung in der 
wärmeren Jahreszeit Veränderungen im Eiskörper hervor. Mancherlei 
Erfcheinungen find direfte Beweije dafür. Die Mittelmoräne befindet fich 
auf einem Eiswulfte, weil fie ihn vor dem Einflufje der Befonnung ſchützt. 
Denfelben Dienft leistet ein einzelner größerer Steinblod, der infolge der 
Abfchmelzung der Umgebung gleichjam aus dem Eiſe hervorzumachjen |cheint. 
So entftehen die befannten, ftet3 nad) der Mittagsſeite geneigten Gletſcher— 
tifche, denen freilich auch nur eine vergängliche Eriftenz beſchieden iſt. Die 
Sandfegel, die auch oft eine Höhe von mehreren Meter erreichen, ruhen 
ebenfalls auf geſchützten Eigerhöhungen. Dagegen find dünne Sand- und 


u ———— — — 


Die Niederſchläge. 123 


<chlammlagen, wie fie von den Abhängen herabgeſchwemmt oder durch den 
ind herbeigeführt werden, nicht nur fein Schugmittel, jondern geradezu 
Peförderer der Abjchmelzung, und bewirken Vertiefungen im Eije, die ogiven- 
artig nad) abwärts? gekrümmt find (die fogenannten Schmußbänder). 
Allgemein herrſcht in den Alpenländern die Überzeugung, daß der Gletſcher 
fremde Körper ausftoße; und dies ift auch infofern richtig, ala jeder Körper, 
der in eine Spalte fällt, an einem thalabwärt® gelegenen Punkte infolge 
der Abjchmelzung wieder an die Oberfläche kommt. 

$ 105. Die Abfchmelzung nimmt mit der Temperatur thalabwärts 
zu. Wo fie durch die Zufuhr von oben nicht mehr erſetzt wird, dort muß 
der Gletſcher enden. Sit die Zufuhr bedeutend, fo rüct der Gletſcher immer 
weiter vor; überjteigt der Betrag der Abjchmelzung jchon weiter oben den 
der Zufuhr, jo wird das Gletfcherende immer weiter thalaufwärts verlegt: 
der Eisſtrom zieht fich zurüd, er ſchrumpft ein. 

In einem ſolchen Zuftande befindet fich z. B. der Ahonegleticher, an 
dem jeit 1874 genaue Beobachtungen angeftellt werden. Das Rejultat 
war Ende 1880 folgendes: 














1874 1874— 80 
_ Entfernung | Borrüden 
Abichmelzung des Rhone⸗ vom Seehohe wenn in der 
j Bietiers. Gletfcherende u Gurvenlinie 





















Rote Eine . . . . ' 4050m! 2553m om 600 m 
See >. .| 2850 2 | 2 680 
Grüne» 2...) 50 !ısız | 80) 150 
Schwarze Linie . 400 1854 | 500 | 40 





Schon ca. 400m oberhalb des Gletſcherendes m alſo die Abſchmelzung 
bedeutender als das Vorrücken, und damit iſt die unmittelbare Urſache des 
Rückganges gegeben. 

Aber freilich iſt damit noch wenig erklärt. Die Geſchichte der alpinen 
Gletſcher belehrt uns, daß Vorſtoß und Rückzug periodenweiſe erfolgen, und 
daß wenigſtens der letztere innerhalb eines längeren Zeitraumes konſtant 
it. Fritz unterſcheidet in den Alpen folgende Hauptperioden: 


13595 - 1610 Vorrücken 1760—86 Vorrücken 
1677— 81 - | 1800—12 Rüdzug 
1710— 16 ⸗ 1811—22 Vorrücken. 


1750— 67 Rückzug 
Im Sahre 1850 begann die große Rückzugsperiode, die außer den 
Alpen auch in Norwegen und im Kaukaſus beobachtet wurde. Sie fcheint 
aber bereit? ihrem Ende fich zu nähern, denn in den legten Jahren waren 
zehn alpine Gletfcher wieder im Vorrücken begriffen. 


Bertobtiche 
Zängenänbe- 
rungen ber 


Gletſcher. 


Die mittleren 
und ntederen 
Breiten der 
Mord» 
hemiiphäre, 


124 Viertes Kapitel. 


Noch rätlelhafter wird dieſes Phänomen dadurch, day benachbarte 
Gletſcher ſich Häufig verschieden verhalten, und day ebenſo oft in falten 
Zommern ein Rückzug wie in warmen em Vorſtoß Stattfindet. Es beweiſt 
dies, daß der Abſchmelzungsbetrag des betreffenden Sommers nicht über 
die Lage des Gletſcherendes entſcheidet. 

Nach Forel hängt die Länge des Gletſchers von ſeiner Geſchwindig— 
keit ab, und dieſe wieder von der Mächtigkeit des Eiſes. Je dicker es iſt, 
deſto ſchneller fließt es. Wir haben alſo nach den Urſachen der wechſeln— 
den Mächtigkeit des Gletſcherkörpers zu fragen, und dieſe ſind offenbar 
die Abſchmelzung und die Speiſung durch den Firn. Die erſtere wird 
zwar durch die Mitteltemperatur des Sommers bedingt, aber ſie wirkt 
nicht ſogleich auf die Dicke des ganzen Eisſtromes ein. Iſt ſie nur 
vorübergehend ſehr groß oder ſehr gering, ſo wird ſie auf die Lage des 
Gletſcherendes am Schluſſe des betreffenden Sommers wenig Einfluß haben: 
vielmehr entſcheidet darüber unter ſouſt gleichen Verhältniſſen der durch 
ſchnittliche Geſamtcharakter einer größeren Reihe früherer Sommer. 

In zweiter Linie kommt die Niederſchlagsmenge in Betracht, Dem 
von ihr hängt die Mächtigkeit des Firns und damit der Betrag der Zu— 
fuhr ab. Forel zeigte, day dieſe Urſache von oben nach unten ihre 
Wirkung ſteigert. Nur mit etwas geminderter Mächtigkeit gelangt z. B. 
das Firneis bis zu einem gewiſſen Punkte des oberen Gletſcherthales. 
Die Folge davon iſt Abnahme der Geſchwindigkeit und Zunahme der 
Abſchmelzung. Schon ſtärker vermindert fließt die betreffende Eispartie 
weiter thalabwärts und zwar mit noch geringerer Geſchwindigkeit und 
daher noch mehr dem Abſchmelzungsprozeß preisgegeben. In eier ge 
wiſſen Anzahl von Jahren kann Diefe eine Urfache die ganze Länge Des 
Gletſchers durchwandert haben ımd dann erjt anf die Lage des Gletſcher 
endes bejtimmend einwirken. Nicht die Niederichlagsmenge des betreffenden 
Jahres tt alle dafür maßgebend, ob der Eisjtrom in demjelben vor: oder 
zurückrückt, ſondern das Mittel der Schneemaſſen, welche in den legten 
IH— 100 Jahren gefallen nd. 


Die geographiſche Verteilung der Gletfcher. 
S. arte NIIT) 
$ 106. Tie beiliegende Karte zeigt, daß die Gletſcher vorzüglich em 
polares Phänomen Sind. Penck ſchätzt die vereiſten Gebiete der Nord: 
hemiſphäre auf 2°, Mill. qkm, welche Angabe auf va. 3 Mill. zu erhöhen 
jein dürfte, und die der ſüdlichen Halbfugel auf nahe an 14 Mill. qkın, 
die Eriftenz eines antarftiichen Stontinentes vorausgeleßt. In den mitt: 


Die Niederfhläge. 125 


Iren und niederen Breiten fehlen zwar die Gletſcher nicht, aber fie find 
in der geologischen Gegenwart nur auf die höchiten Schneegebirge be- 
ihränft, von denen fie ftellenweife allerdings big in die Kulturregion herab- 
tigen. Diejelben Urſachen, welche die Höhe der Schneelinie bedingen, 
bewirfen auch, daß das Gletſcherphänomen einerſeits mit der Breite, ander- 
jeits in der Richtung von Weiten nach Oſten abnimmt, und diefes Gejeh 
macht ſich ſowohl innerhalb der SKtontinente, wie innerhalb der einzelnen 
Gebirge geltend. So beträgt in den Alpen das vergleticherte Areal der 
Schweiz 1839 (nach anderer Angabe 2096) qkm, das der öjterreichiichen 
3entralalpen aber nur 1196qkm. Die mächtigsten Eisftröme befißen Die 
Montblanc-Gruppe, das Berner Oberland, die penninischen Alpen und der 
öttlihe Teil des Obthaler Hochgebirges. Nur dreizehn erreichen eine Länge 
von mehr als 10km, und von diejen gehören nur zwei den Dftalpen an. 
Der Aetjchgleticher allein ift über 20km lang, und ſamt dem Firn be- 
dedt er eine Fläche von 149 qkm, d. h. beinahe da3 doppelte der Re- 
yublif San Marino. Die mittlere Seehöhe des Endes der alpinen Thal- 
gletiher wird zu 1860 m angenommen; unter 1000m fteigt nur der 
untere Grindelmaldgleticher herab (bis 983 m), der aber jegt auch im 
Rückgang begriffen ift. 

Sehen wir vom jfandinaviichen Hochland vorläufig ab, jo finden 
wir auf europäiſchem Boden Gletfcherbildung nur noch in den iberifchen 
Gebirgen. Doch beherbergen felbjt die Pyrenäen meift nur Firngleticher 
und vorwiegend nur auf der Nordjeite. Selbſt der Maladettagleticher endet 
hier Schon in 2286m Höhe. Ein Eleines Eisfeld fol auch die Sierra 
de Gredos bejiten. Der ſüdlichſte Eisftrom unferes Erdteiles ift der Corral- 
gletiher am Nordabhang der Sierra Nevada in 2845—2930 m Höhe. 

In Alien fenden außer dem Kaufafus vor allem die Hochgebirge 
Zentralafiend, der Altat, Kuenlun, Karaforum und Himalaya, Gleticher 
aus, und auch in Japan wurden an der Ditjeite des Tateyma Firn⸗ 
gleticher gefunden. Um Kaufajus erlangt die Eisbildung nur im zen- 
tralen Teil eine größere Ausdehnung. Das Gletjcherende liegt im Mittel 
m 2260m Höhe (der 7'/,km lange Kaltſchidon-Gletſcher big 1738 m). 
Cine Eigentümlichteit der Kasbekgletſcher ift es, daß fie fih in ihrem 
Unterfaufe teilen und in mehrere Thäler hineindrängen, doch ift ung eine 
ähnliche Erjcheinung auch von einigen ſekundären Eisſtrömen des Pitzthales 
m Tirol befannt. Rei) an Gletfchern ift der Himalaya; die erjter 
Lrönung enden durchſchnittlich in 35004500 m Höhe, am tiefften 
teicht der Bephogleticher in Tibet (bis 3010 m). Der größte Eisſtrom 
Hohafiens wurde im Karaforum entdedt, es ift der Baltörogletjcher, 
km lang und 1’/, bis 4km breit. Seiner geringeren Berühmtheit 


Die mittleren 
Breiten ber 
Süd» 
bemiiphäre, 


Bolares 
Inlandeis. 


126 Viertes Rapitel. 


erfreut ſich der Biafogletſcher, der ſich mit einem anderen am entgegen- 
gejegten Abhange vereinigt und dadurch eine Länge von 103 km erreicht. 

sn Nordamerika ift das Cordillerenſyſtem der Sit einer bedeuten- 
den Eisbildung, und zwar vor allem die pazififchen Ketten, wenn fie auch 
dem zwar höheren, aber niederjchlagsärmeren Felſengebirge nicht fehlt. 
Bejonders zeichnen ſich daS Kasfadengebirge und die Sierra Nevada durd) 
Gletſcherreichtum aus; und daß fie auch echt alpine Eisftröme beherbergen, 
geht Ichon aus der Thatjache hervor, daß der Uisquallygletſcher des 
Mt. Rainier noh am Ende eine Mächtigfeit von 160m beſitzt. Sn 
Mexiko tragen einige Vulkane Gletfcher. Auch die äquatorialen Andes 
entbehren nicht der Eisbildung, wie man vielfach glaubte, obwohl jchon 
ältere Neifende davon berichtet hatten. In neuerer Zeit hat Reif das 
Vorkommen von Gletſchern zweiter Drdnung beftätig. Da an der Firn- 
(inie (4630— 4770 m) da3 ganze Jahr hindurch eine gleichmäßige Tempe- 
ratur von ca. 1° herrſcht, jo findet hier ein gleichmäßiges Abtauen, aber 
feine Herabbewegung des Eifez jtatt. 

$ 107. Das niederjchlagsreiche Seeflima der jüdlichen Hemifphäre ijt 
der Sletfcherentwidelung beſonders günjtig. In den Breiten von Triejt bis 
Hamburg fteigen von den faum 2600 m hohen Andes Eisftröme bis zum 
Meeresipiegel herab, an den Abhängen begleitet von Hochwäldern der ant- 
arktiichen Buche und Birke. Kolibri und Papageien, die wir als tropijche 
Vögel zu betrachten gewohnt find, bewohnen hier Gleticherlandfchaften. 
An der Weitjeite der neujeeländifchen Alpen endet der Franz= Sojef- 
Gletſcher in der Breite von Florenz erſt in 213m Höhe, wo die mittlere 
Sahrestemperatur (10°) der von Wien gleicht, und eine üppige Tieflandvege- 
tation von Nadelhölzern, Buchen, Baumfarnen und Yuchjiabüjchen gedeiht. 
An der trocdeneren Oſtſeite liegt das Gletjcherende durchichnittlich in 1170 m 
Höhe, alfo auch Hier noch immer um 680m tiefer als in unſeren Alpen. 
Auf den Kerguelen-Infeln in der Breite von Nürnberg und Prag 
ſenkt fi) der Zeyegletſcher bis ca. 210, der Rindenberggleticher bis ca. 75 
und ber Naumanngleticher bis ca. 60m Seehöhe herab. 

$ 108. In den polaren Ländern, in Grönland, auf Spigbergen, auf 
Nowaja Semlja nördlich vom 740B., im Franz-Joſef-Land, in einigen Teilen 
Norwegens und wahrſcheinlich auch auf Island, unterjcheidet fich die Gleticher- 
bildung wejentlich von der unferer Gegenden. Der Firn lagert nicht in 
den Mulden des Hochgebirges, ſondern überzieht weite Hochplateaus und 
zum Zeil auch die höchiten Erhebungen. Nordenſkiöld nennt ihn mit 
Necht einen Eisſee, der in die zum Meer mündenden Thäler polypenartig 
Eisftröme (die Gletjcher im engeren Sinne) ausfendet oder — wo Thäler 
fehlen — als Eismauer plößlich abbricht. Dieſes Inlandeis fteigt von 





Die Niederſchläge. 127 


allen Zeiten, wenn auch unter verhältnismäßig Heinem Winkel, gegen das 
Innere an. Wir begegnen diefem Phänomen fchon in einigen Teilen des 
Itandinapijchen Hochlandes, fo am Joſtedalsbrä, wo das Eis eine Fläche 
von der Ausdehnung des Herzogtums Sachlen- Altenburg bededt, am 
Zvartiien und auf dem Jökulfjeld. Am großartigiten iſt e8 aber in Grön— 
land entwidelt. Etwa 15 km von der Weſtküſte beginnt das große Binnen- 
eis, das Sermerßuak der Eskimos, über dag ſich nur ftellenweife fchnee- 
freie Berge, die jogenannten Nunatafs, bis zu ca. 600 m erheben. Nicht 
iberall entjprechen die Eiszungen den gewvaltigen Firnmaſſen; e3 hängt dies 
sielmehr ganz von den orographiichen Verhältniſſen ab. “Der größte be- 
fonnte Gletſcher ift der nad) Humboldt benannte im wejtlichen Grönland, 
kr 110km lang ift und mit einer 100m hohen Eiswand endet. Im 
sitlihen Grönland ift der größte Gleticher über 7Okm lang. Die Breite 
vt ebenfall3 beträchtlicher als in unjeren Alpen. Dagegen erreicht im be- 
aachbarten Grinell-Land unter 81° B. kein Gleticher das Meeresniveau, 
rad auch Spigbergen hat verhältnismäßig Heine Eisftröme. Der größte 
em Belljund ift nur 16km lang und 5-3 km breit, und der Eleinfte 650 m 
lung und 240 m. breit. 





Sig, 22. "Grönländifches "Binneneis m nad "Senf en. 


Ein widhtiger Charakterzug des arktiſchen Binneneiſes ift der Mangel 
en Cherflähhenmoränen. Solche fünnen nur in der Nähe von Nuna- 
1ıl5 vorkommen, verfchwinden aber bald in den Spalten. Ob fie trotzdem 
sinreichen, die Grundmoräne, die nirgends fehlt, zu erzeugen, oder ob dieſe 
dauptſächlich nur aus tertiärem Verwitterungsfchutt befteht, iſt noch eine 
tiene Frage. 

Das Gletſcherende liegt in Norwegen nad Hartung durchichnitt- 
‘h in 375m Höhe. Die Gleticher des Fondalen (66—679 B.) reichen 
allerdings bi8 an das Meer, aber weiter nördlich ift Dies nicht mehr der 
Fall. Im Jökulfjord baut fich zwar eine Eismauer bis in die See hinein, 
aber fie beiteht nur aus abgebrochenen Eisftüden, die von den jchroffen 
Bänden herabfallen. In den höheren Breiten fchieben fich dagegen die 
\$leticher in der Regel bis in dag Meer hinein, und zwar big zu der Stelle, mo 


198 viertes Kapitel. 


das leichter wird, als Das von ihm verdrängte Waller. Hier erfolgt ein 
Bruch von unten nach oben, und die abgeritienen Gletſcherſtücke jenen nun 
als Eisberge ihren Weg im Meere fort, häufig auch Erde und Felsblocke 
— Bruchjtiide der Moränen — mit ſich führend. Zahlreiche Luftblaſen 
verringern ihr ſpezifiſches Gewicht, jo daß meiſt noch ',, der ganzen 
aus den Meere hervortaucht. Urſprünglich große Klötze mit meiſt font 
rechten Wänden und cbener geneigter Tberfläche, werden fie von der Sommer 
ſonne zu phantaſtiſchen Gejtalten umgeformt, bi endlich, in Trümmer 
zerfallen, mit dem Meereis verfchmelzen, oder im offenen Ozean verachen. 












ie 








Bis Kisberg nach Payer 


Grönland und Franz-Joſef Yand find die Hanptgeburtsitätten der großen 
arftiichen Eisberge, deren Maſſe in einzelnen Füllen zu 21 Mill. kbm be 
ſtimmt wurde. Tagegen fehlen fie an der ganzen Wet: und Nordküſte 
von Nowaja Semlja, wie an der Südſpitze von Spigbergen, weil bier 
das Meer an den Küſten zu jeicht iſt, und Daher nur fleine Stücke von 
den Gletſchern losbröckelt. 

Weitaus häufiger und größer, als im Nordpolarmeer, ſind die Eis 
berge in der antarktiſchen Zur. Sie beweiſen uns, daß um den Süd 
pol ein weiter Kontinent ſich ausdehnen muß, denn nur ein ſolcher kann 
ſo mächtige Gletſcher engen, wie wir fie nach den Dimenſionen der Eis 
berge vorausſetz 1. Jene Eismauer, an dev Nojs mehre hundert 
Kilometer weit entlang fuhr, ohne ihr Ende zu ichen, war in der That 
nichts anderes als die Bruchfläche eines koloſſalen Gletſchers. 




















Fünftes Ropitel. Das Klima. 129 


Sünftes Kapitel. 
Das Klima. 


Die Klimaprovinzen. 
(S. Karte XIV.) 


$ 109. Als die Hauptfaftoren des Klimas Haben fih Wärme und —— 

Yirderichlag erwiejen, indireft auch die Winde und die orographifchen * reilung. 
Verhältniſſe, da ſie die Verteilung der beiden erſteren Elemente weſentlich 
mitbedingen. Es iſt nun die Aufgabe der phyſiſchen Geographie, das 
Zuſammenſpiel dieſer vier Faktoren in den einzelnen Lokalitäten zu unter- 
iuchen, gemeinjames zuſammenzufaſſen, und nad) dem vorberrichenden 
Bitterungstypus Klimaprovinzen aufzuftellen. In jeder diefer großen Ab- 
teilungen laflen fich noch eine Reihe von Slimabezirfen, oder wie man 
te fonft nennen will, unterjcheiden, und in manchen Gegenden wird das 
Peobadhtungsmaterial noch eine weitere Untereinteilung geftatten. Es Liegt 
m der Ratur der Sache, daß über die Zahl und Grenzen ber Haupt- und 
Unterabteilungen wohl niemals eine, alle Zweifel ausfchließende Übereinftim- 
nung erzielt werden dürfte; und auch Karte XIV, die fich nur auf die 
Darſtellungen der Provinzen bejchränft, ift lediglich ala ein Verſuch 
aufzufaſſen. 

$ 110. Bon den 34 Klimaprovinzen — unter dieſe Zahl dürfte feine Ktima- 
Emteilung herabgehen — entfallen 21 auf die öftliche Landfeſte mit Poly: provinzen. 
neſien, 12 auf die neue Welt und 1 auf die Nordpol-Zone. Wir müſſen 
uns, um Wiederholungen zu vermeiden, auf eine furze, aphoriftiiche Schil- 
derung derjelben bejchränfen. 

1. Oflicde Kontinente und Jufeln. 

1. BVefteuropäifhe Provinz. Milde Wintertemperatur unter dem Ein⸗ 
Aue der weftlichen Winde und bes Golfitromes. Sährlihe Wärmeſchwankung unter 
15%. Reichliche Niederfchläge mit ziemlich gleihmäßiger Berteilung über die Jahres⸗ 
rien. Summen ſehr variabel, da die Terraingeftaltung außerordentlich) wechjelvoll ift. 
Überhaupt wechſeln die Himatijchen Verbältnifie oft auf kurze Diftanzen, und es wird 
taher eine eingehende Unterſuchung zur Aufitellung zahlreicher Unterabteilungen führen. 

2. Dfteuropäifhe Provinz. Es beginnt ſchon dag Gebiet des Landklimas. 
Sorherrichen der Ebene, daher Unterfchiede hauptſächlich nur von der geographifchen Breite 
ebhaͤngig. Die Niederſchläge find geringer, als in der 1. Provinz, und nehmen nad) 
EL. ab; audgeprägte® Sommermarimum. 

3. Weftfibirifhe Provinz. Die Grenze gegen die ofteuropäifche Provinz liegt 
ort, wo die pofitive Jahresanomalie, die Europa auszeichnet, aufhört; und es ift zu 


ktenen, daß fie faft genau mit der Urallinie zufammenfält. Im übrigen unterfcheidet 
Enpen, PBhufiihe Erdkunde. 9 


130 Fünftes Kapitel. 





fi) diefe Provinz von der vorbergenannten nur durch ein ichärferes Hervortreten aller 
GEharaftereigentüimlichfeiten. Große Temperaturperänderlichkeit. 

4 Oſtſibiriſche Provinz Jenſeits des Jeniſſei beginnt eine allgemeine 
Hebung des Yandes, Tiefebene nur an den Flüſſen. Gebiet eines winterlichen Kälte— 
pols, Jährliche Wärmeſchwankung am größten. Niederſchläge im allgemeinen gering. 

5. Kamtjchatfa: Provinz. Tas Meer mildert die Temperaturertreme un) 
führt veichlicheren Negen zu. 

6. Chineſiſch-japaniſche Provinz. Auf dem Feſtland relativ bedeuten! 
Winterkälte und ſtreng perivodiiche Negen. In Japan treten dieſe Eigentiimlichfeiten 
etwa3 gemildert auf. 

7. Aſiatiſche Hochlandprovinz umfaßt alle gebirgsumſchloſſenen Hochländer, 
die im allſeitigen Windſchatten liegen: daher ſehr trocken. Winterkälte durch die bedeu— 
tende Seehöhe geſteigert, Sommermwärme durch die fontinentale Lage. Tägliche Wärme— 
ſchwankung ſehr bedeutend. 

8. Aral-Provinz. Trockenes Tiefland: Niederſchlagsmaximum im Norden m 
Sommer, im Süden im Winter. In Turan ſtrenge Winter und ſehr heiße Sommer. 

9. Indus-Provinz,, durch Trockenheit und Hitze ausgezeichnetes Tiefland. 

10. Mittelmeer-Provinz. Große Mannigfaltigkeit wegen reicher borizontuie 
Bliederung und wechſelnder Oberflächenbeſchaffenheit. Mild it das Klima überall mit 
Ausnahme der inneren Hochländer. Winterregen. 

11. Sahara-Provinz, bis nach Meſopotamien reichend,, Gebiet der trodenen 
Nordiwinde, wahrſcheinlich regenärmſte Gegend der Erde. Nontinentalität und pers 
tationsarıner Boden Jteigern die Sommerhige außerordentlich, jährlihe und täglicke 
Wärmeſchwankung beträchtlich. 

12. Tropiſche Provinz von Afrika. Wärme auf dem inneren Hochland durd 
die Seehöhe gemildert, dejto größer aber auf den jchmalen Küſtenebenen. Tropenregen, 
nach Welten abnehmen». 

13. Kalahari-Provinz, umfaßt das ganze regenarme Gebiet von SW.Airik:. 

14. Kap: Provinz, jubtropiicd. 

15. Lftindiih-auftraliihe Monjunprovinz, Mit Ausnahme einiger 
Gegenden im Arcipel jtreng perivdiicher Negen mit EWR: Wind, bezw. NW-Wind. Tem— 
peratur ziemlich gleichmäßig troß beträchtlicdher Ausdehnung der Provinz; Jahresſchwan— 
fung ſehr mäßig. 

16. Auſtraliſche Binnenprovinz. Große Temperaturextreme; unregelmäßige 
Niederſchläge, vorherrſchend trocken. 

17. Auſtraliſche SW.-Provinz, ſubtropiſch. 

18. Auſtraliſche Oſt-Provinz, bis an die Waſſerſcheide auch die ST.-kiit: 
und Tasmanien umfaſſend. Niederſchläge ergiebig und ziemlich gleichmäßig. Wärme— 
ſchwankung mäßig. 

19. Neuſeeländiſche Provinz, wahrſcheinlich auch die kleineren Inſeln in der 
Umgebung umfaſſend. Mildes Klima mit ziemlich gleichmäßigem Regen. 

20. Polyneſiſche Tropenprovinz. Tropenklima, durch die See gemildert, 
eigentlich das ganze Jahr ein milder Sommer. Regen auf den hoben Inſeln reichlich 
und mit tropiſcher Periodizität. 

21. Sandwich-Provinz. Temperatur ebenfalls gleichmäßig mild. Regen 
ſubtropiſch. 


2. Amerika. 
1. Hudſon-Provinz. Zum größten Teil extremes Landklima und wenig 
Niederjchläge. 


Das Klima. 131 


2. Rordmweitlihde Küftenprovinz. Regenreiches, mildes, gleihmäßiges Klima. 

3. Kalifornifhe Provinz. Verhältnismäßig kühl, befonder8 im Sommer. 
Streng fubtropifche Regenperiobe. 

4. Hodhlandprovinz. Troden, große jährliche und tägliche Wärmeſchwankung. 

5. Alantijhe Brovinz, Im Winter großer Temperaturgegenfag zivifchen 
Rorden und Süden, Landllima aud an der Küfte Regen reichlich und gleichmäßig 
über da8 Jahr verteilt. Große Veränderlichkeit. 

6. Weſtindiſche Provinz, aud den Südrand von Nordamerika umfaſſend. 
Gleihmäßige Wärme, Niederichläge zu allen Jahreszeiten, aber mit ausgefprocdhenem 
Sommermarimum. 

T. Tropiſche Cordillerenprovinz. Im inneren Zafelland wegen beträdht- 
liher Seehöhe ewiger Frühling. In Mexiko und Sentralamerifa ausgeprägte Zenithal- 
regen, in Südamerika gleichmäßige Niederjchläge. 

8. Tropenprovinz don Südamerila. Der Gegenjag von Gebirgs⸗ und 
Ziefland dürfte eine ziemliche Mannigfaltigleit des Klimas hervorrufen, doch wifjen wir 
darũber nichts ficheres. 

9. Peruaniſche Provinz, auch einen Teil von Chile bis zum 80.0 B. um- 
fattend. Regenlos und abnorm fühl, 

10. Nordchileniſche Brovinz, fubtropiid). 

11. Süddileniihe Provinz, außerordentlich niederſchlagsreich. Temperatur 
gleichmäßig, Sommer kühl. 

12. Bampas- Provinz. Regen nicht reichlich; jährliche Temperaturſchwankung, 
wenigitend im Norden ziemlid) groß. 

Arktifhe Provinz Die Eigentümlichleiten des polaren Klimas wurden ſchon 
mehrfach erörtert. Auch bier laſſen fich viele Unterabteilungen unterfcheiden. Die Süd— 
grenze anf den Kontinenten iſt unjicher, man fann die 10% S$jothermen des wärmiten 
Monats, die annähernd mit der Baumgrenze übereinftimmt, als folde annehmen, 


Die Veränderlichkeit des Klimas. 


$111l. Schon bei einer anderen Öelegenheit wurde auf die cykliſche 
Zeriode der meteorologifchen Elemente aufmerkſam gemacht. Sie um- 
takt ca. elf Jahre und fteht nach der Anficht zahlreicher Meteorologen in 
imigem Zujammenhange mit der Sonnenfledenperiode. Doch muß im 
voraus bemerkt werben, daß die cykliſche Periode bei weitem nicht jo 
ſcharf ausgeprägt ift, als die beiden andern, ja bei vielen Stationen durch 
lolale Einjlüffe gänzlich verwilcht wird. Am Elarften tritt fie noch in 
den Niederfchlägen hervor, die mit der Zahl der Sonnenfleden fteigen 
und fallen; aber nur in den Tropen ijt diefe Abhängigkeit von praftifcher 
Vedeutung, injofern die Zeit der Fleckenminima — wie für Borderindien, 
China, Brafilien und die Injel Mauritius nachgewieſen wurde — Dürre 
und häufig fogar Hungersnot bringt. Dagegen ift es noch immer nicht 
ausgemacht, ob die fleddenarme Sonne der Erde mehr Wärme zufendet, als 
die fleckenreiche; und überdies iſt die cykliſche Temperaturſchwankung zu 


gering, als daß fie mehr ala bloß theoretijches Interefje erweden künnte. 
9* 


Cytliſche 
Periode. 


Geologiſche 
Klimata. 
Eiszeit. 


Angebliche Ver⸗ 
änderungen der 
Niederichläge. 


132 Fünftes Kapitel. 


$ 112. Wichtiger ift für den Geographen die Frage nad) der Be- 
jtändigfeit oder VBeränderlichfeit des Klimas. Seine Beränderlichfeit muß 
im vorhinein zugejtanden werden, denn ewiger Wechſel herricht in der 
Natur und auch die klimatiſchen Bedingungen find nicht immer diejelben. 
Die Verteilung von Waſſer und Land ändert fich, Gebirge entitehen und 
vergehen: und — was vielleicht noch tiefer eingreifende Folgen hat — aud) 
unfere kosmiſchen Verhältniffe find periodiichen Schwankungen unterworfen. 
Schon in $ 38 wurde von dem VBorrüden der Abfidenlinte gefprochen, und 
hier muß hinzugefügt werden, daß auch die Exrzentrizität der Erdbahn ein 
ſchwankender Wert ift. 

Noch find die Spuren jener Rlimaperiode, die die Geologie als Eis— 
zeit bezeichnet, und die der europäiſche Menſch miterlebte, dem Antlit der 
Erde tief eingeprägt. Ein gewaltiges Inlandeis, das auf dem jfandina- 
viichem Hochland jeinen Urjprung nahm, bebedte England big zum 51., 
Deutfchland bis zum 50. Breitengrade und Rußland bis zur Linie Charkow⸗ 
Kafan-Mejen. In Nordamerika reichte es bis zum 39. Barallel herab 
und dürfte eine Mächtigfeit von ca. 2000m erreicht haben (f. Karte XII). 
Die Alpen und zahlreiche andere Gebirge trugen ebenfall3 eine Eisdecke 
von mehr als 1000 m Mächtigfeit, und jandten Gletjcher in die umgebenden 
Niederungen. Nah Pend’3 Schäßung waren von den Nordfontinenten 
21 Mill. qkm und von den nördlichen Meeren 6 Mill. qkm unter Gletjchern 
begraben; und ein gleiches Areal dürfte das Landeis auf der füdlichen 
Hemiſphäre bededt haben. 

Bon einer anderen Klimaänderung in der Duartärperiode erzählt uns 
die Lößbedeckung ausgedehnter Landſtriche, denn fie fonnte nur zu einer 
Beit entjtehen, al3 die betreffenden Gegenden weit niederichlaggärmer waren 
als jet. Anderfeit3 erfennen wir aus den Eroſionsſpuren in den Wüften, 
daß Ddiefe einſt von gewaltigen Strömen durchfurdht wurden; und wir 
müſſen aus diefen beiden Thatfachen jchließen, daß die einjtige Verteilung 
des Regens von der gegenwärtigen beträchtlich abwid). 

$ 113. Bon diefen geologifchen Problemen wefentlich verfchieden ift 
die rein geographifche Frage: hat fich das Klima in der Hiftorifchen Zeit 
nachweislich geändert, oder mit anderen Worten: find die Grenzen ber 
Klimaprovinzen ſchwankend oder konſtant? 

Es leuchtet ein, daß eine erafte Löſung dieſes Problems nur auf 
Grund vielhundertjähriger Beobachtungen mit genau geprüften Injtrumenten 
möglich ift. Leider ift uns diefer Weg verſchloſſen, denn erft im 17. Jahr⸗ 
hundert begann man meteorologifche Tagebücher zu führen, und erft in 
unferem wurden fie allgemeiner. Wir find aljo nur auf indirelte Beweiſe 
angewiejen, und in allen ſolchen Füllen findet die menſchliche Phantafie 


Das Klima. 133 


einen weiteren Spielraum, als e3 fich mit dem nüchternen Charakter der 
Wiſſenſchaft verträgt. Noch immer wird ung von Zeit zu Zeit dag Mär- 
hen aufgetifcht, daß ftetige Negenabnahme Griechenland, Kleinafien, Cy- 
rin und andere Kulturftätten des Altertum zur Verödung und Barbarei 
verurteilt habe, anftatt die Untlichtigkeit der jetzigen Bewohner dafür ver- 
antivortlih zu machen. Denn einerjeit3 hat Unger jchon vor Sahren 
nachgetviefen, daß jene Länder auch im Altertum an Wafjermangel litten 
und anderjeit3 blüht die alte Fruchtbarkeit wieder auf, wenn — wie bei 
Urfa, Aintab, Meſſ'r u.a. a. D. — der Boden durch ein ausgebreitetes Kanal⸗ 
ioftem genügend benebt wird. Für die Gebiete an der Aguatorialgrenze 
der Zubtropenzone glauben viele Forjcher, wie G. Fritſch, Loew, 
Fraas, Theobald Filcher u. a., eine Klimaänderung im Sinne zu- 
nehmender Trodenheit nachweifen zu können; allein alle Erzählungen laufen 
doh nur darauf hinaus, daß die Quellen und Flüffe an Wafjerreichtum 
abgenommen haben oder ganz verfiegt find. Wir werden aber jpäter 
sehen, daB auch die Vernichtung von Waldbeitänden und die Abnahme der 
Bodenkultur zu diefem traurigen NRejultate führen fann, ohne daß die 
jahrliche Niederfchlagsmenge fich wejentlic) verändert. Es Tann Dies 
namentlich der Fall jein in Ländern, wo feine winterliche Schneedede all- 
mählich das Wafjer in den Boden verfinfen läßt, und der Regen ſich nur 
auf wenige Monate beſchränkt. Allfeitig zwingende Beweiſe für Die 
Randerung der faharifchen und arabilchen Wüſte gegen Norden find noch 
nicht erbracht, ebenſo wenig wie für dag Vorrüden der afrikanischen Tropen: 
tegen in gleicher Richtung. Wenn Whitney aus dem DVerjchiwinden von 
<een in Tibet und Turkeſtan auf zunehmende Trodenheit des Klimas 
ichließt, fo ift dies logiſch auch nicht gerechtfertigt; wir jehen darin nur 
em NRefultat des fortichreitenden Verdunſtungsprozeſſes in jenem großen 
Windſchattengebiete. In Amerika ift der Glaube ziemlich allgemein ver- 
breitet, daB die jährliche Regenmenge in jenen Teilen der Prärien, welche 
von der Kultur in Beſitz genommen wurden, beträchtlich geftiegen iſt. 
Kenn aber neue Quellen hervorbrechen und NRinnfale, die einft troden 
sagen, ſich mit Waſſer füllen, jo ift dies nur ein Beweis dafür, daß das 
atmoiphäriiche Wafjer jet weniger rajch verdunftet und tiefer in den 
Loden eindringt, anftatt fofort oberflächlich abzufließen. Beſonders wird 
ven Wäldern die Fähigkeit zugejchrieben, die Regenmenge zu fteigern, da 
die relative Feuchtigkeit im Walde infolge niedrigerer Mitteltemperatur 
aöber tft, als auf fahler Bodenfläche. Aber die gewiegtefte Autorität in 
sider Trage, Ebermayer, ift höchſtens geneigt, die Möglichkeit einer 
‚ofalen Regenvermehrung im Walde felbjt anzuerkennen, betont aber aus- 
rüdlih, daß der Einfluß des Waldes nicht über feine Grenzen hinaus 





Temperatur: 
änderungen, 


134 Fünftes Kapitel. Das Klima. 


reicht. Trotzdem gilt e8 faſt jchon als Axiom, daß mit der Entwaldung 
das Klima trodener werde; aber man vergißt, daß die klimatiſchen Be— 
dingungen fich nicht ändern, wenn an die Stelle des Waldes eine andere 
Vegetationsdede tritt. Übrigens lehrte ung die Regenkarte, daß der weit- 
aus größte Teil der Niederichläge vom Ozean ftammt ımd die fontinen- 
tale Feuchtigkeit nur eine untergeordnete Rolle ſpielt. Wex hat aller- 
dings zahlenmäßig nachzuweiſen gejucht, daß in unferem Erdteile, der 
immer mehr ſeines Waldjchmuces beraubt wird, die Flüſſe wafjerärmer 
werden. Aber ſchon Helmerjen und Wild machten darauf aufmerkjam, 
daß Pegelbeobacdhtungen nicht Hinreichen, um einen ſolchen Schluß zu recht- 
fertigen, fondern daß auch die Quantität des jährlid) von einem Strome 
bewegten Wafjer3 an mehreren Querjchnitten gemeſſen werden müßte; und 
Frauenholz bemerkt, daß wegen der in kurzer Zeit oft ſehr bedeutenden 
Umgeftaltungen der Flußbette die Pegelbeobachtungen nicht immer als voll- 
wertig betrachtet werden fünnen, um jo mehr, als lange feine Einheit im 
Nullpunkt des Pegels vorhanden war. 

$ 114. Vielleicht mit mehr Recht wird dem Walde ein Eimfluß auf 
Temperaturänderungen zugefchrieben. Die Beobachtungen an den 
forftwirtichaftlichen Stationen in Bayern haben gezeigt, daß im Walde Die 
jährliche. und tägliche Schwanfung der Luftwärme geringer ift ala im 
Freien, und zwar ift dort die Temperatur im Winter und bei Nacht höher, 
im Sommer und bei Tag dagegen tiefer al8 hier. Die Temperaturmarima 
find ebenfalls im Walde ftet3 Heiner, die Minima aber nur ftellenweife. 
Die Entwaldung verfchärft aljo die Extreme und erhöht gleichzeitig Die 
mittlere Iahrestemperatur um ?/,—1°, aber zunächſt nur an der ab- 
geholzten Stelle. Wie weit der Einfluß des Waldes auf Die Umgebung 
fi erftredt, ift noch nicht beobachtungsgemäß ermittelt, aber jedenfalls 
dürfte er nicht weiter reichen und mächtiger fein, al3 der ausgedehnterer 
Waflerflächen. Die Austrodnung von Seen, die Entfumpfung und Ent- 
waldung können alfo wohl Iofale und geringfügige Wärmeänderungen be- 
wirfen, aber niemals das Iſothermenſyſtem wefentlich umgeftalten; und e3 
wird wohl niemand jo fühn fein, zu behaupten, daß die Winterijothermen 
der alten Welt ihren meridionalen Verlauf aufgeben würden, wenn der ganze 
Kontinent vom atlantifchen bi3 zum pazifischen Geſtade ein einziger Wald wäre. 

Auch ſonſt hat man ſich in bezug auf Temperaturänderungen leicht 
fertige Schlüffe erlaubt. Wenn der Weinbau aus Gegenden verjchtwunden 
ift, in denen er noch im Mittelalter heimifch war, fo erklärt ich Dies 
einfach daraus, daß fich die Leute bei den jeßigen Verkehrsverhältniſſen 
nicht mehr mit einem fauern Weine begnügen, und Die einft mit Neben 
bepflanztern Flächen zu anderen Zwecken verwenden. Sehr oft werden 


Fünftes Kapitel. Das Alima. 135 


Kulturen aufgegeben, weil fich ihr Erträgnis aus äußeren Gründen ver- 
zuinder. So verjchwindet der Maulbeerbaum aus Südtirol, weil Die 
Konkurrenz der oftafiatifchen Seide zu mächtig geworden ift, und in einigen 
Jahrhunderten könnte ein Gelehrter daraus eine Klimaänderung folgern, 
wenn ihm nicht die zahlreichen Gejchichtäquellen der Gegenwart über Die 
uhren Urjachen belehren würben. 

Ebenfo wenig verjhmäht man es, unfichere oder längjt wiberlegte 
Vachrichten zu Guniten der Theorie von der Klimaänderung in das Feld 
zu rühren. Zwar nicht in der Abficht, um zu täuschen, jondern weil ſich 
die Naturforjcher felten auf Hiftorifche Kritif verftehen. Dahin gehört z. 2. 
:ıe Öeichichte von der mittelalterlichen Kolonie an der Oſtküſte Südgrönlands 
der die vom einftigen Kornreichtum Islands. Andere jchloflen aus dem 
Lorrüden der Gletſcher auf eine ftetige Verjchlechterung des Klimas, aber 
te bedacdhten nicht, daß auf Perioden des Wachstums wieder Perioden 
des Rückzugs folgen, oder daß die fortichreitende Bereifung an einem Orte 
durch ein Schwinden derjelben an einem anderen Orte fompenfiert wird. 

Die älteften Temperaturbeobacdhtungen, die in Oberitalien bis in bie 
Zeit Galileis zurüdreichen und bis in die Gegenwart fortgejeßt werden, 
ergeben keine Veränderung, troßdem der Apennin feit jener Zeit feinen 
Waldſchmuck zum größten Teil verloren hat. Nah Glaiſher ift die 
Mittelteımperatur in Greenwich) von 1770 bis 1860 um 0-72 geftiegen 
md m New-Haven nad) Loomis von 1778 bis 1865 um 0-08° gefallen. 
Aber man darf nicht vergefjen, daß die Vergleichbarkeit der zu verfchiedenen 
zeiten angewendeten Inftrumente nicht feftgeftellt ift. Die Frage nad) der 
Klimaänderung ift alfo noch nicht Spruchreif. Wenn man aber aud) zugiebt, 
‘ch lokale Veränderungen weder unmöglich, noch unwahrſcheinlich find, fo 
zu man doh — mit Rückſicht auf die Kürze der hiftorifchen Zeit im 
Vergleich zu den geologischen Perioden — die Klimaprovinzen als etwas 
veitändiges betrachten. 


— — — —— 


Sechstes Kapitel. 
Das Meer. 


Die Gliederung des Meeres. 
$115. Schon im $ 21 wurde der Einteilung des Weltmeeres gedacht. 
Zie offizielle, wie die morphologische Einteilung unterscheiden fünf Ozeane, 
und weichen von einander nur in ber Örenzbeftimmung ab; die phyfio- 
logiſche kennt Dagegen nur drei Ozeane. 


Einteilung der 
Meere. 


1 36 Sehstes Kapitel. 


Neben den Ozeanen giebt e3 noch zahlreiche unjelbftändige Meeres - 
räume, die zwar nur 6-8 Prozent der ganzen Meerezfläche einnehmen, aber 
wegen ihrer Lage in der unmittelbaren Nähe des Feſtlandes von befonderer 
Bedeutung für den Menfchen find. Krümmel hat diefelben in Mittel— 
und Nandmeere geteilt, und wir wollen diefe Namen beibehalten, wenn 
wir ihnen auch eine etwas abweichende Bedeutung beilegen. Zwei Mo- 
mente find in das Auge zu faflen: die Stellung jener Meere zu den 
Ozeanen und zu den Kontinenten. Mehrere derjelben find in das Feſt— 
land gleihjam eingejenft und ftehen mit dem Weltmeer nur durch eine 
einzige Pforte in Verbindung, mag fich dieſe auch, wie bei der Oſtſee, 
der Hudjonsbai und dem roten Meer, durch inſulare Mittelpfeiler in 
zwei oder mehrere Eingänge teilen. Dieſe morphologische Eigentümlichkeit 
hat zur Folge, daß die Binnenmeere von den großen Meeresftrömungen 
nicht berührt werden. Sie gleichen gefchlojfenen Häujern mit einem ein= 
zigen Thore, während die zweite Hauptart unjelbitändiger Meere, welche 
durch Inſelketten vom Ozean geichieden werden, offenen Säulenhallen ähn- 
[ih find. Durch die zahlreichen Eingänge fünnen ‚die Meeresſtröme un- 
gehindert ein- und ausfließen, wenn nicht die Tiefenverhältniſſe Hinder- 
niffe bereiten. Die meiften diefer Meere haben eine fontinentale Rüchwand, 
find aljo an das Feitland angelehnt, während das auftral-afiatifche Infel- 
meer und das Beringsmeer von mehreren Seiten zugänglich find und 
al3 echte Durdhgangsmeere Ozeane miteinander verbinden. Ihrer ganzen 
Natur nach find dieſe injular- abgejchloffenen Meere ozeaniſcher al3 die 
Binnenmeere, womit auch ihr größeres durchjchnittliches Areal und ihre 
größere Tiefe zufammenhängt. 

In bezug auf die Stellung diefer Meere zum Feſtland können wir 
Mittel- und Randmeere unterfcheiden. Die erjteren find Meeresräume, 
die Kontinente voneinander trennen, und auch durch ihre Größe vor den 
Randmeeren ausgezeichnet, welche einerfeitS vom Feſtlandsrumpfe, anderjeit3 
von Halbinfeln oder Infeln umſchloſſen werden. Wir rechnen daher auch 
das rote Meer zu diefer Gruppe, obwohl e3 die Grenze von Aſien und 
Afrika bildet. Es ift bemerkenswert, daß die Durchgangsmeere zur erften 
Art gehören und daß die beiden anderen Mittelmeere in junger geologiicher 
Vergangenheit wenigſtens zeitweije ebenfall8 Durchgangsbeden waren: ein 
Zuftand, der durch den Suez- und Panamafanal teil3 ſchon wieder- 
hergeftellt ift, teil® in nächſter Zukunft wieder hergeftellt werden wird. 
—— be $ 116. Aus dem Gejagten ergiebt fich nachjtehende Gliederung des 

Meltmeeres; die Areale und mittlere Tiefe (bei den Ozeanen nach den 
offiziellen Grenzen berechnet) fügen wir nah Krümmel bei. 


Das Meer. 137 


Te — — — — — — — — — 


Gliederung des Weltmeeres. 


L Ozeane. | Areal in km Mittlere Tiefeinm 
Großer Ozean . . 161125673 | 3900 (?) 
Atlantiider Ozean 79 721 274 3700 
Indiſcher Ozean 13325 872 3300 
Sũdliches Eismeer 20 477 800 3300 (?) 
Nördliches Eimer . . 15 292411 ı 1500 (?) 


IL Unielbftändige Meere. 


1. Aittelmeere. 


Binnenmeer. 
Europäifches Mittelmeer 





. Snfelabgefhlofjene Meere. 


Auſtral⸗aſiatiſches Dittelmeer . 
Amerikaniſches Mittelmeer . 
Beringsmeer 


2. Randmeere. 
Binnenmeere. 
Hudjondbai . . 
Rote Meer. . 
Lite . . . 
Rerfifches Meer. 
Kaliforniiches Meer . 
Weißes Meer 


. Znfelabgefhloffene Meere 


Schotäfiiches Meer . 
Iftchinefiiches Meer . 
Japaniſches Meer. . . 


Nordfee und brit. Randmeer . 


Meer von St. Lorenzo . . . 


2 885 522 


8 245 954 
4 586 174 


2 323 127 


1 069 578 
449 010 
415 480 
236 835 
167 224 

12 545 


1507 609 
1 228 440 
1043 824 
751 318 
274 370 


1300 


890 
1800 
1000 (?) 


Der Meeresboden. 


$ 117. Der ozeanographifche Zweig der phyſiſchen Erdkunde war big einge 
in die legten Jahrzehnte ein jeltiames Gemiſch von wahren und faljchen 
Vorſtellungen, guten Beobachtungen und willtürlichen Annahmen; und 
erit die wiflenfchaftlichen, mit zuverläffigen Apparaten ausgerüfteten Zee- 
peditionen, die feit den jechziger Jahren begannen und unter denen Die 
des britiſchen Kriegsichiffes „Challenger“ (1872—76) vor allen hervor- 
tagt, haben eine wiſſenſchaftliche Meereskunde begründet. Ihnen verdanfen 
wir zunächft eine richtigere Vorftellung von der Tiefe und Beichaffenheit 
des Meeresbobens. Auf Grund der von ihnen ausgeführten Xotungen ift 
die beiligende Tiefenkarte (Karte I) entworfen, für die die Tiefenfarte des 
alantiſchen Dzeans, welche die deutjche Seewarte herausgab, unmittelbar 
verwendet werden fonnte, während die Karten von Betermann, Mohn 


138 Sedstes Kapitel. 


und Krümmel erjt aus dem englischen Faden- in das metriiche Man 
jibertragen werden mußten. Freilich bietet auch unſer Entwurf mir ein 
annähernd richtiges Wild von den Tiefenverhältnifien des Meeres, da die 
Yotungen ſehr ungleichmäßig verteilt md. Glücklicherweiſe wird Dieter 
Übelitand Dadurch etwas gemildert, dat der Meeresboden ebener it 
als die Tberfläche des Feſtlandes, und zwar aus zwei Gründen: 
1) weil ſeine Vertiefungen mit Zedimenten ausgefüllt werden, und 2) weil 
er nicht der allmäblichen Zerſtörnng durch den Verwitterungsprozeß unter: 
liegt. Ein anderer Faktor, der das Relief des Feſtlandes ebenfalls fort 
während umgeſtaltet: die Eroſion durch fließendes Matter, kann in dir 
Flachſee, Teweit ihr Boden aus loſen Maſſen beſteht, wohl auch wirkſam 
ſein. Nach Deleſſe läßt die Wellenbewegung im ſchlammigen Grunde 
noch bis 155m Tiefe Spuren zurück, und nach Cialdi kann bei heftigen 
Stürmen Sand in einer Tiefe von 40m im Kanal, Dis zu 5Om Tieie 
im mittelländiſchen Meere und bis zu 200m Tiefe im Ozean Tortbaveat 
werden. Der Boden der Tierfee It aber vor Zerſtörung wobl vollſtändig 
geichügt, und hier finder nur Ablagerung ftatt. Zeine Erhebungen zuich- 
nen ſich Daher durch Sanfte Böſchungen aus  Ter nordatlantiicht 
Rücken zwiſchen Zombrero und Teneriffa ſteigt im Oſten unter einem mitt 
leren Winkel von 0° 8° und im Weſten unter einem ſolchen von 0" 5 an. 
As feſtländiſche Parallelen mögen folgende Werte dienen: Oberes Salz— 
achthal 0° 14°, Zillerthal 0° 12°, von der Kammhöhe der Cevennen bis 
zum atlantiichen Geſtade unter 44" B. 0" 10°, von der Höhe der Plateaus 
von Yangres bis zum Ozean 0° 4, Die deutsche Tiefebene im Meeridian 
von Berlin 0° 1°. Um jo überrajchender find daher die jüngst durch Krüm 
mel befannt gavordenen Lotungen am Südabfalle der ſubmarinen felſigen 
Faradayhügel AN. und 29" WM), die Böſchungen von 19—35 ° ergeben. 
An den Küſten — ſelbſt an flachen — iſt die Abdachung des See 
bodens im der Negel Tteiler, als im orfenen Ozean. So beträgt fie von 
der Inſel Noirmoutier bis zu 1000mm T. 0" 19 und von der Küſte der 
Yandes Dis zur gleichen Tiere (unter 4" B.) 09 34°, alſo mehr als auf 
dem Feſtlande. Noch höhere Werte erreicht Der unterſeeiſche Böſchungs 
winfel an Zteilfüften, Doch verflacht er mit zunehmender Tiefe. Vom Kar 
Sicie an der franzöſiſchen Mittelmeerküſte beträgt er bis 200. m Tiere 3" 49 
und von da bis LOOOM Tiefe 1° 41% An der norwegiichen Steilfitt 
wurden amter 69’ B. Folgende Tiefen gelotet, woraus ſich beijtehende 
Böſchungswinkel ergeben: 
Sittiche Yänge 14° 47° 197437 10° 38° 1" 3a LE BB 13" gr er ag een 
Zifem ... 118 439 616 190 SO 2639 28806 249% 
Borna Pe ee 00H 


Das Meer. 


189 

Ein ähnliches Gefälle finden wir in den fteileren Querthälern der 
Apen (Sillthal 1° 27°, Ahren-Taufererthal 2° 50‘, Gaſtein 3° 10°, Krimm- 
tr Achenthal 5° 28°, Habadjthal 8° 32‘, Ammerthal 10° 21"); da— 
cgegen find die Berggehänge im allgemeinen viel fteiler. Doch beobachtete 
man auch an Inſeln foralliniicher und vulfanischer Natur fo jteile Ab- 
ttürze, wie fie felbjt in ®ebirgen nur ausnahmsweile vorfommen. So 
lotete 3. B. die „Gazelle“ ſchon in einer Entfernung von 254 m von der 
Iniel Amfterdam 1485 m Tiefe, was einen Abfallswinkel von 80° ergiebt. 


$118. Che wir an die Schilderung des Reliefs des Meeresbodens Terminotogie. 


schen, müffen wir ung über einige Bezeichnungen verjtändigen. Die Er- 
dehungen nennen wir Plateaus, wenn Länge und Breite nicht erheblich 
trrerieren, und Rüden, wenn fie langgeftrecdt find. Unter Beden ver- 
itehen wir Dagegen die Haupteinjenfungen und unter Tiefen die tiefjten 
Stellen derfelben. Die Iofalen Vertiefungen von geringem Umfange be- 
‚ahnen wir einfach als Senkungen. Wie man fieht, find dies nur 
relative Begriffe. Abfolut ift dagegen nur der Begriff „Flachſee“, wozu 
wir alle Meeresteile von weniger ald 200m (etwas mehr als 100 Faden) 
tiefe rechnen. 

$119. Die Flachſee umgiebt die Kontinente und Inſeln entweder 
cut weite Entfernungen bin, wie im nordweitlicden Europa oder bei 
Smterindien oder an der Nordjeite von Australien; oder fie fällt ſchnell 
zu größeren Tiefen ab, wie an der Weſtküſte Amerikas zwifchen 50° RN. 
md 40% S. Br. Wir können fie ald unterjeeifche Fortſetzungen des 
seitlandes auffallen, denn auch im erfteren Falle ſenkt fich jenfeits der 
20 m=Linie der Boden raſch zu den eigentlichen ozeanischen Tiefen. Doc) 
nimmt Die Tiefe nicht ſtetig gegen die Mitte der Meereöbeden zu; Die 
tteriten Stellen, die man mit zuverläffigen Apparaten erreicht bat, 
uegen vielmehr nahe an den Rändern, und zwar im nordpagififchen, nord- 
md jüdatlantifchen am wejtlichen, und im ſüdpazifiſchen und indifchen 
Lean am öftlichen Rande: 


Größte Tiefe des Meeres: | Breite | Länge Tiefe in m 


Rordpazifiiher Izean . .  MUEE N 152026 0. H5ldm! 
Südpazifiicher .. . 78 45 W. 6160 = 
Nordatlantiſcher .. . 66 24 ı 88341 = 


Sidatlantiiher = en . 24 50 = | 6006 = 
Indiſcher . 117 32 O. 5533 - 
Nördlihes Eimer . . . aM. 4846 > 
Eñũdliches ⸗ on 95 44 C. 3612 = 





’ Bergl. damit die höchſte Erhebung, den Gauriſankar, 8840 m. 


Geftalt des 

Meeresbodens 
im 

allgemeinen. 


Roderrztier 
der Ozeane. 


110 


Schstes Rapitel. 


8 120. Die allerdings ſpärlichen Lotungen ſüdlich vom 60. Grad S. B. 
laſſen vermuten, daß der Boden des antarktiſchen Meeres ein Plateau von 
kaum mehr als 1000--1500 m Tiefe bildet. Größere Tiefen wurden nur 
ſüdlich vom indiſchen Ozeau gefunden, Tidlich vom großen Ozean über: 
ſteigt nur eine Meſſung 2000 m, und jenſeits des Bolarkreites lotete Roß 
nur Tiefen von 350— 1100 m! Von dieſem antarktiſchen Plateau 
ſenkt ſich der Boden nach Norden zu den eigentlichen ozeaniſchen Tiefbecken. 
Am einfachſten ſcheint der Bau mm indischen Becken zu ſein, welches 
ſich nach Oſten neigt, aber wir dürfen nicht vergeſſen, daß gerade hier auf 
werte Strecken bin die Lotungen gänzlich Fehlen. 

Im großen Ozean ſehen wir zwei Becken, die nur Durch eine ſchmale, 
von Inſeln unterbrochene Pforte miteinander in Verbindung ſtehen. Zwei 
Plateaus von weniger als 4000m Tiefe gehen von den beiden ſüdlicher 
Grenzkontinenten aus; das weltliche, das die Mehrzahl der polyneſiſchen 
Juſeln trägt, aber wenigſtens au vier Stellen von Zenfungen unter: 
brochen wird, HE nur eine Fortſetzung des antarktichen YMateans. Genauere 
Kenntnis von der Ausdehnung des ſüdöſtlichen Plateaus verdanft man 
erjt den in den legten Jahren ausgeführten Lotungen des „Alert” und 
„Bismarck“, doch ſind Terme Umriſſe noch immer etwas Ichwanfend, nament— 
Lich iſt ſein Verhältnis zum Paumotn-Platean mod) nicht ganz aufgeklärt. 

sm großen nordpazifiichen Becken, das dem ungeheueren Raum 
zwiſchen Amerifa und Alien einnimmt, ſind Direfte Tiefenmeſſungen mir 
im öſtlichen und nördlichen Teile angeſtellt worden. In der japaniſchen 
und Alaska-Tiefe? ſinkt der Meeresboden unter 6000 m und in jener ſogar 
unter 8000 m; ob ſie zuſammenhängen, iſt noch unbekannt. Bedeutendere 
Tiefen, aber von geringerer Ausdehnung liegen noch bei den Mariannen 
(ebenfalls über SOOOm) und bei den Fanning- und Phönixinſeln, und 
fünnen nad) dentelben benannt werden. Es iſt bemerfenswert, dag Zen: 
fungen und Erhebungen hier rasch wechlehn, eine Eigentümlichfeit, die dem 
ganzen pazifiichen Südweſtteile zukommt. 

Zwiſchen 25" N. und 19" S. und öftlich von 145. Meridian w. v. OT. 
fehlen mit Ausnahme der Küſtengewäſſer alle Lotungen. Glücklicherweiſe 
werden wir aber über die mittlere Tiefe dieſes ausgedehnten Meeresteiles 

t Tie ınittlere Tiefe in Krümmel's Verzeichnis (ſ. S. 13T) ift alſo wohl um mehr 
al3 das Toppelte übertrieben. 

= Pie Unfitte, Teile des ozeaniſchen Bodenrelieſs nach Schiffen, deren Kapitänen 
vder anderen berdienten Männern zu benennen, eine Unſitte, Welche die Geographie mi 
einer ſchwerfälligen Nomenklatur zu belajten drobte, ift von der deutſchen Seewarte für 
den atlantiichen Ozean glücklich befeitigt worden, und wir folgen allenthalben dieler: 
Beiſpiele. 


Das Meer. 141 


durch den Verlauf der Erdbebenfluten unterrichtet, welche am 23. Auguft 
is6$ von Arica und am 9. Mai 1877 von Iquique an der peruanifchen 
xujte ausgingen, durch den fraglichen Meeresraum ſich fortpflanzten 
und endlich die Sandwidjinfeln erreichten. Aus der Gefchwindigfeit dieſer 
Selten läßt ſich mit Hilfe der Formeln von Airy und Nuffel! die 
mittlere Tiefe des durchwanderten Meeres berechnen. Die von %. v. Hoc 
fetter und Geinitz gefundenen Werte find nun folgende: 
Mittlere Tiefe. 

Arica— Sandwihsinjeln (Mittel aus zwei Berechnungen) 4691 m 
Jquique— Hilo. . > 2 2 2 nn nn nenn. 4252 ⸗ 
Jquique — Honolulu . . » 2 2 2 2222... 4060 = 


Die Injelarmut dieje8 Meeresteiles läßt vermuten, daß der Boden 
iemli gleichmäßig in einer Tiefe von mehr als 4000 m verharrt. Daß 
er aber ftellenweile unter 6000 m fich ſenkt, beweifen die Lotungen der 
„Alaska“ an der peruaniſchen Küfte (1881); doch ift über die Ausdehnung 
ser Tiefe nichts näheres befannt. 

Im atlantifhen Ozean trennt ein zujammenhängender Rüden, der 
die S-jormige Geſtalt des Ozeans wiederholt und der Träger ber vulfanifchen 
Inſelbildung ift, die beiden wejtlichen vom öftlichen Beden. Meift beträgt 
kine Tiefe nicht erheblich mehr als 2000 m, und nur im Norden, wo er 
4 jtarf verbreitet, birgt er einige Einjenfungen. Cine Abzweigung diefes 
*üdens, die in der Nähe von Trijtan d'Acunha vom Hauptkörper fich 
leslöſt und zum afrikanischen Feſtland Hinüberzieht, ſcheidet das Kapbeden 
com oftatlantijchen. Wir werden ſpäter fehen, wie wichtig diefe Anordnung 
tür die ozeaniſche Wärmeverteilung ift. 

Ziefen von mehr al® 5000 m find in den drei atlantifchen Becken 
baufig, Jolche von mehr als 6000 m enthält dagegen nur der nordiweitliche. 
23 läßt ſich Schon jegt mit Beſtimmtheit ausfprechen, daß der nördliche 
Zeeboden ein mannigfaltigered Relief befist, als der füdliche, und daß in 
gleicher Weiſe der weitliche vor dem öjtlichen ausgezeichnet ift. Im Weften 
ind nicht bloß zwei Hauptbeden vorhanden, jondern das nördliche zerfällt 
wieder in drei nur durch verhältnismäßig enge Straßen verbundene Beden, und 
wischen denjelben erhebt fich ein Plateau von weniger als 2000 m Tiefe. 


2 2 
Airy's Formel h1* (sr) ‚Rufjel’3 Formel h= 35-1008 wobei v die 
"eihwindigleit der Welle in engliihen Fußen und h bie mittlere Tiefe in demfelben 
Rabe bedeutet. Diefe Formeln gelten für alle Wellen, deren Höhe Hein ift gegen die 
Tiefe des Waſſers, dieje Tiefe aber wieder Klein ift gegen die Wellenlänge oder Wellen⸗ 
breite. Die Fortpflanzungsgeſchwindigkeit hängt dann von ber Tiefe ab. 


Bodenrelief ber 
unfelbftänbigen 
Meere. 


142° Sechstes Kapitel. 


Der nordatlantiiche Rücken geht endlich in das breite isländiſche 
Plateau über, daS von der flachen Nordfee nach Grönland hinüberzieht; 
die höchiten Teile desjelben, füdlich von den Färder und in der Dänemarf- 
jtraße, nähern ſich bi auf 649, bezw. 660m dem Meeresfpiegel. Ien- 
jeit3 diefer Erhebung ſetzt ſich das atlantifche Thal im Eismeer— 
beden fort, das zwiſchen Epigbergen und Grönland feine größte befannte 
Tiefe erreiht. Die atlantiſche Ziefenlinie ift alfo die wahre 
Grenze zwifchen der alten und neuen Welt, die wohl faum jemals 
in der geologischen Vergangenheit von Feftlandbildungen überjchritten wurde, 
während im Beringgmeer eine Flachſee beide Zandfeften verbindet. Die 
größte Tiefe der Beringsftraße beträgt auf Dall's Meſſungslinie nur 52 m 
und damit hängt wohl aud) ihre geringe Breite im Vergleich zu den drei 
isländiſchen Kanälen zufammen. 

Bon den Weliefverhältniffen des übrigen arktischen Meeresbodens 
willen wir nur wenig, aber dieſes wenige läßt uns vermuten, daß Die 
Flachſee hier aufßerordentlih große Räume einnimmt. Da nur ver- 
hältnismäßig ſchmale Meeresftröme das polare Waller nad) Süden ent- 
führen, jo häufen fich die von den großen Flüſſen, hauptſächlich Sibirienz, 
herbeigeführten Sedimente auf dem arftiichen Mteeresboden wie in einem 
Eee an und erhöhen ihn beftändig. Dazu kommen noch die Moränen- 
laften der Eisberge, über deren Mafjen man aber freilich nichts Näheres 
weiß. Für das antarftifche Eigmeer dürften fie von größerer Bedeutung 
fein, al8 für das nordpolare. Aber auch anderwärts jchufen fie Flachfeen, 
wie 3.3. die über 700 km lange Neufundlandbant an der Stelle, wo die 
von der polaren Meeresitrömung mitgeführten Eigberge mit dem warmen 
Golfſtrom zufammentreffen. So mögen, wie Hahn auseinandergeſetzt Hat, 
auch andere Meeresräume ihre Flachheit den Gletſchern der Eiszeit direkt 
oder indireft (durch Eisberge) verdanken. Diejer Gefichtspunft mag auf 
die Dftfee, auf die Hudjonsbai, auf das Meer bei Patagonien und biel- 
leicht auch auf das Beringsmeer und die Nordfee Anwendung finden (wenn 
ſich auch wohl nie mit Beftimmtheit wird ermitteln laſſen, bis zu welchem 
Grade dieſe Anwendung geftattet ift), aber keinesfalls auf die auftralischen 
Slachjeen, auf die Sundafee, das oftchinefiiche und perſiſche Meer, zu deren 
Geſtaden feine diluvialen Gletſcher herabitiegen. 

$ 121. Den ſoeben genannten flachen Randmeeren ſtehen die tiefen 
gegenüber. Die Mittelmeere gehören inzgefamt zu den Tiefſeen, doc) 
das auftralifche und Beringsmeer nur zum Teil. Naturgemäß find aber 
alle unfelbftändigen Meeresränme weniger tief, als die ozeaniſchen Bedken, 
und nur im faraibifchen Meere und im öftlichen malayijchen Inſelmeer 
ſank dag Lot über 4000m. Mit wenigen Ausnahmen (wie das perfiiche 





Das Meer. 143 


und falifornijche Meer), die fich in der Form einer fchiefen Ebene zum 
Tzean ſenken, find die Mittel- und Randmeere trogartig geftaltet, jo daß 
die ozennifchen Ausgangspforten flacher find, ala der innere Raum; ein 
Umftand, der für die vertikale Wärmeverteilung beſonders wichtig ift. Am 
moiſchſten ift die Trogform im roten Meere ausgeprägt; die tiefjte Stelle 
1927 m) Liegt fait genau in der Mitte. In anderen Meeren iſt der Boden 
nnebener; am mannigfaltigften ift das Nelief des auftralafiatijchen, ameri⸗ 
taniichen und europäiſchen Mittelmeeres, aljo gerade dort, wo aud) die 
(stiederung der Stüftenländer am reicjiten iſt. Das leßtgenannte jpielt 
ribit wieder die Rolle eines Dzeand gegenüber einzelnen feiner Zeige. 
Tas Eingangsthor zwiſchen den Kaps Trafalgar und Spartel iſt meift 
weniger als 200m tief, und nur einige Durchfahrten reichen unter 400m 
krab; aber ſchon zwiſchen Gibraltar und Ceuta erreicht die Tiefe 950m und 
drüber. Das Mittelmeer felbjt gliedert fich in zwei Becken von mehr als 
anım Tiefe; das weitliche erreicht eine Darimaltiefe von 3070 m, dag 
Sitfidhe eine folche von 3968 m. Italien mit Sizilien und der tuneſiſche 
Landvorſprung trennen die Beden; in der fie verbindenden fizilijchen Straße 
beträgt die größte Tiefe nur 454m. Das zur Hälfte flache adriatijche 
Meer (Marimaltiefe über 1590 m) und der Pontus (1100 m) find echte 
Tinnenmeere, das Marmarameer (größte Tiefe 1344 m) eine abnorme 
Linnenmeerform mit zwei Ausgängen, das ägäijche Meer (größte Tiefe 
1225 m) eine durch Inſeln abgejchloffene Randbildung. Auch hier beftätigt 
“h jomit das Geſetz, daß die Randmeere flacher find als das Hauptmeer. 

Das amerifanische Mittelmeer zerfällt durch die Zandvorfprünge und 
Snieln, nämlich durch Yulatan—Euba und Mosquitoland— Jamaika — Haiti, 
in drei Becken, von denen das mittlere eine Tiefe von 6270 m erreicht. 
Ganz eigenartig ift das Nelief des auftralafiatiichen Mittelmeeres. Zwifchen 
den größeren Injeln und Inſelgruppen ſinkt der Boden zapfenförmig zu 
Holierten Tiefen von 3758 bis 5120 m herab, während die Tiefe der fie 
untereinander und mit dem Ozean verbindenden Meeresteile nur zwijchen 
«W und 1800m ſchwankt. Rafche Bodenjenkungen von geringer Aus⸗ 
dehnung find übrigen® dem ganzen weltpazifiichen Ozean eigen, aber 
nirgend3 ift diefer Charakterzug fchärfer ausgeprägt, als zwiſchen Formoſa, 
Vorneo und Neuguinea. 

$ 122. Nur an wenigen Stellen berührt das Lot Felsboden, meijt 
it der Grund des Meeres mit lockerem Material bededt. Die geologifche 
Arbeit nimmt eben ungeftörten Fortgang; die Ablagerungen in den Meeren 
nd die eigentlichen Alluvionen. Nach Urjprung und Beichaffenheit unter- 
\heidet man Küften- und Tieffeeablagerungen. Zu den erfteren 
licjert teil bie von den Meereswogen bejtändig benagte Küfte das Material, 


Bedeckung ded 
Meeresbodend, 


144 Sechstes Kapitel. 


teil das Innere der Feſtländer, von wo es durch die Flüſſe dem Meere 
zugeführt wird. Stets aber wird dad Material einem natürlichen Schlenm- 
prozefje unterworfen. Die gröberen Stücde bleiben in der nächſten Nachbar⸗ 
ſchaft der Küfte, der Sand wird etwas weiter hinausgeführt, der Schlamm 
aber am weitelten. Die Küften werden alſo in der Regel von Sand- 
ablagerungen begleitet; dort wo jich zwei einander entgegentommende jand- 
und fchlammbeladene Strömungen treffen, laſſen fte ihre Laft zu Boden 
fallen und bauen jene für die Schifffahrt jo gefährliden Sandbänfe 
oder Barren auf, die oft auf viele Kilometer Erftredung den Küſten ent⸗ 
fang ziehen. Manche fteigen dauernd über den Seejpiegel empor, manche 
nur zur Cbbezeit, manche — und dieje find die gefürchtetiten — verbergen 
fich ftet3 unter dem Meereöniveau. Häufig werden jie von Einſenkungen 
unterbrochen, die den Schiffen als Durdhfahrten dienen, aber die Lage und 
Tiefe diefer Kanäle ift vielfachen Veränderungen unterworfen; andere 
Barren find nur zur Ylutzeit und auch dann oft nur mit Kleinen Fahr⸗ 
zeugen palfierbar. 

Auf die Sandablagerungen folgen jeewärts die Schlammlager, die 
3. B. den ganzen Boden des europäiichen Mittelmeered mit Ausnahme der 
Litoralzone und den Boden der Oſtſee bededen, während die Nordjee jan- 
digen Grund hat. Auch die abgeichlofjenen Tiefen des auftralafiatifchen 
Mittelmeeres werden von grünem und blauem Ton anorganijchen Urjprungs 
erfüllt, und ausnahmsweiſe wurde folcher auch an der tiefjten Stelle den 
atlantifchen Ozeans gefunden. Ortlich treten an die Stelle des blauen 
Küſtenſchlammes andere Ablagerungen, jo in der Nähe von vulkaniſchen 
Inſeln graue Schlamm- und Sandmajjen, in der Nähe von Koralleninfeln 
Korallenichlamm, eine amorphe kalkige Maſſe mit Trümmern von Korallen- 
riffen und Foraminiferen-Schalen; oder an der füdamerifanifchen Küſte 
von Kap St. Rogue bi8 Bahia roter Schlamm, der von den oderhaltigen 
Maſſen berrührt, die die dortigen Flüſſe dem Meere zuführen. 

Feinere Küftenablagerungen fünnen durch Meeresftrömungen oft über 
die Gejtadezone hinaus (biß zu ca. 300km Entfernung) verbreitet werden, 
aber die eigentlichen ozeanischen Beden erreichen fie nicht. Hier liefert 
hauptjächlich die organifche Welt dag Material zu Wblagerungen. Auch 
in bezug auf die Verbreitung der marinen Qebewejen haben die Unter- 
juchungen in den lebten Jahrzehnten zu überrafchenden Refultaten geführt. 
Allerdings erliicht das Pflanzenleben wegen Lichtmangel fchon ca. 200 m 
unter dem Seeipiegel, aber dag Tierleben kennt feine Tiefengrenzen, wenn 
es auch am reichlichjten in der oberjten nrd in der unterjten Region ent- 
widelt if. Die Xierleihen fallen zu Boden und jchichten ſich hier auf. 
Welche Maſſen fi) an diefen Ablagerungen beteiligen, geht ſchon daraus 





— — — — | — — — — he. 


Dos Meer. 145 


bervor, daß der „Zravailleur” an der tiefiten Stelle des biskayſchen 
Meerbuſens (5100 m) in einem Kubifcentimeter Schlamm 116000 %ora= 
minferen und Radiolarien fand. Dieje mikroſkopiſchen Wurzelfüßer find 
auch hauptſächlich die Baumeifter der Tiefſeeſchichten. Die Erhebungen 
des atlantijchen Seebodens in 1000 bis über 4000 m Tiefe bebedt der 
Slobigerinenihlamm, aus den Kalkichalen mehrerer Arten pelagifcher 
Foraminiferen beitehend, von denen e3 aber noch nicht ficher gejtellt ift, 
ob fie lebend dieſe Tiefen bewohnen, oder ob fie erſt nad) ihrem Tode 
dahin gelangen. In den Beden von mehr als ca. 4200 m Tiefe lagert 
dagegen der Fiefelhaltige, Durch Eifenoryd rotgefärbte Tieffeethon; mehr 
oder weniger falfhaltiger grauer Thon bildet den allmählichen Übergang 
vom Kafkichlamm der Plateaus zum falffreien roten Schlamm. Auf der 
Strede von den Sanaren big St. Thomas in Wejtindien bedert die Glo— 
bigerinenschicht nach den Beobachtungen des „Challenger“ 1336, der Thon 
aber 3525 km. Woher ſtammt nun diejer anjcheinend unorganijche Thon, 
und was gejchieht mit den Kalkichalen jener Foraminiferen, die ja auch 
über bein Gebiete des Tiefſeeſchlammes Ieben? Ein Experiment Bucha⸗ 
nan’3 löſte diefe Fragen. Globigerinenfchalen mit ſchwachen Säuren be- 
handelt, verloren ihren Kalkgehalt und lieferten ala Rüditand eine Kleine 
Menge von roter Subftanz, die volllommen mit dem Zieffeethon überein- 
itimmt. Der mit der Tiefe zunehmende Kohlenjäuregehalt des Meerwaſſers 
wiederholt dieſes Erperiment im Großen. Das Vorkommen von milro- 
ſtopiſchen Mineralpartikelchen (von Lava, Bimsſtein u. dergl.) im Tieffee- 
tbon zeigt aber auch, daß er nicht ausſchließlich organifchen Urfprungs tft. 
Vulkaniſche Ausbrühe am Meeresgrunde oder überfeeifche Eruptionen, 
deren Iodere Produkte (Aſche) durch den Wind weit fortgeführt werden, 
liefern ebenfalls Material. Endlich ift es auch möglich, daß kosmiſcher Staub 
an der Zufammenfegung des Tieffeethones wie anderer Meeregablagerungen 
rich beteiligt, doch find die Beobachtungen in diejer Beziehung (von Norden- 
ſtiöld) noch allzu jpärlich, als daß man daraus weitgehende Schlüffe zu 
ziehen berechtigt wäre. 

Daß tiefreichende Strömungen auch auf die Anordnung der Tiefjee- 
ablagerungen von Einfluß find, beweifen die jüngften Forſchungen im Ge- 
bit des Floridaſtromes. Der Pteropodenſchlamm (Nuderjchneden- 
ihlamm), der die Tiefen des amerifanifchen Mittelmeeres bebedt, wird von 
der sloridaftrömung bis zum Parallel von Charleſton verbreitet; und erfi 
bier, an der füblichen Grenze der Polarftrömung, macht er dem Globigerinen- 
ſchlamm Pla. Den Boden des Floridaſtromes jelbft bedecken harte Stüde 
zertrümmerter Korallen. 


Im großen Ozean füblih von 10 N. fcheinen Globigerinenſchlamm 
Eupan, Bhnftihe Erdkunde. 


Meereöniveau, 


146 Zechstes Kapitel. 








und Tiefjeethon in derjelben Weiſe angeordnet zu fein, wie im atlantijchen 
Dzean. Im wejtlichen und mittleren Teile zwiſchen 15° N. und 10° €. 
wird der rote Thon durch mafjenhafte Anhäufung der Kiefelffelette der 
Radiolarien zum ſog. Radiolarienthon. Im nördlichen pazififchen Ozean 
fehlt der Globigerinenfchlamm gänzlich; feine Stelle jcheint ein gelblich- 
brauner Schlamm zu vertreten, der in der Nachbarfchaft der Aleuten mit 
vulfanischem Sande gemiſcht iſt. Im arktiichen Eißmeerbeden, deſſen 
Boden ftellenweije mit Steinen überjät ift, fand man unter 1800m Tiefe 
überall den Bilofulinenihlamm, der an Kalkgehalt die Globigerinen- 
ſchichten noch übertrifft. Im indischen Ozean, deifen Tieffeeablagerungen 
am wenigiten bekannt find, jcheinen Globigerinenichlamm und roter Thon 
vorzuberrfchen. Zwiſchen 53 und 63° ©. und 80-1100 O. liegt das 
merkwürdige Gebiet de Diatomeenſchlammes, welcher aus einer An- 
bäufung der feinen Kiefelpanzer diefer mifrojfopiichen Algen befteht. Süd— 
(ih davon fand man grünen und blauen Thon, wie in der Nachbarfchaft 
von Nordamerita: wieder ein Anzeichen von der Eriftenz eines antarfti- 
ſchen Kontinentes. 


Das Meerwafler. 


$ 123. Wir Haben uns bis jeßt mit dem ozeanischen Behältnis 
beichäftigt; betrachten wir nun den Inhalt desſelben. Zunächſt deſſen 
Niveau, da fih daran Folgerungen von außerordentlicher Tragweite 
fnüpfen. Im Gegenjaß zu der ftarren, unebenen Feftlandoberfläche galt 
die frei beivegliche Oberfläche des Meeres bis in die legten Dezennien als 
eine ungeftörte jphäroidale Fläche, deren einzelne Teile innerhalb gleicher geo- 
graphifcher Breite gleichweit vom Erdmittelpunfte entfernt find. Aus diefem 
Grunde wählte man das Mittelwafjer eines benachbarten Meeres, Dem der Null: 
punft des Pegel® an einer beftimmten Küftenftelle entipricht, zum Aus— 
gangspunfte aller Höhenmejjungen, ebenfo wie die Tiefenmeflungen auf das 
Nieveau jener Meerezftelle bezogen werden, wo das Schiff fich befindet. 

Wir berühren hier nur vorübergehend jene geringfügigen Störungen von 
nur lokaler Bedeutung, wie das Anfteigen des Oſtſeeſpiegels von Edernförde 
und Kiel bi gegen Memel um ca. !/;m, dag als eine Folge der vor- 
herrſchenden weftlihen Winde aufgefaßt wird, oder wie Die um *,, m tiefere 
Lage de3 mittelländifchen Meeres gegenüber dem atlantijchen Ozean an der 
franzöfifchen Küfte. Allgemein und ungleich größer find die Störungen, 
die durch die Anziehung der Feſtlandmaſſen hervorgerufen werben. 
Allerdings ift der Meeresfpiegel eine Gleichgewichtzfläche, die im ruhigen 
BZuftande ſtets jenfrecht auf der Lotlinie ftehen muß. Die legtere erfährt 


Das Meer. 147 





aber am Rande der Kontinente eine Ablenkung von 70 bis 80" von der 
normalen gegen das Feſtland Hin, und jomit muß auch das Meeresniveau 
in derfelben Richtung anfteigen. Da nad) PH. Fiſcher eine Lotablenkung 
von 1’ einer Steigung Des Meeres um 8m entipricht, fo Liegt defjen Spiegel 
an den Küften 560—640 m, in manchen Fällen aber über 850 m höher, 
ol3 in gleicher Breite mitten im Ozean. Zu ähnlichen Rejultaten führen 
die Pendelbeobachtungen. Auf den küftenfernen Injeln ift die Schwere 
beträchtlicher, als an den kontinentalen Gejtaden in gleicher Breite; jene 
mũſſen alſo dem Erdmittelpunfte näher liegen, oder die Erdrinde muß, wie 
Faye meint, unter dem Meere dider fein. Die erftere Annahme ftimmt 
mit den Zotablenfungen und ift daher wahricheinlicher. Eine Pendel: 
ſchwingung im Tage weniger als an einem andern Orte in gleicher Pol—⸗ 
höhe entjpricht dann einer Erhebung von ca. 120 m über dem regelmäßigen 
Erdſphäroid. So berechnete Lifting, daß der atlantifche Meeresipiegel 
an der Nordoftküfte von Südamerifa 500m über und bei St. Helena 847 m 
unter der normalen Sphäroidfläche liegt, was eine Niveaudifferenz von 
1347 m ergiebt. Bei Kalkutta jteht dag Meeresnivenu um 360 und bei 
Madras um 564m Höher als bei der Injel Minicoy (Malediwen); man 
erieht daraus, daß an den Feſtlandsküſten felbft auf verhältnismäßig 
furze Diftanzen das Meeresniveau um mehrere 100m ſich ändern kann. 
Tie Größe der Anziehungskraft des Feſtlandes wird eben durch verichie- 
dene Faktoren bedingt; einerjeitS durch feine Erhebung über dem Meere, 
anderjeit3 durch feine unterjeeiiche Maſſe, oder mit anderen Worten durch 
die Meerestiefe. Die jog. abjoluten Höhen und Tiefen find alfo feine 
itreng vergleichbaren Werte; fie find eigentlich aud) nur relative Werte. 

In Preußen wurden vor 1866 alle Höhenangaben in den öftlichen 
Provinzen auf den Nullpunkt des Pegels zu Swinemünde, und in den 
weitlichen auf den Nullpunkt des Pegels zu Amjterdam bezugen. Diefer 
legt aber um 1.077 m höher al3 der Smwinemünder. Man verlegte daher 
den Ausgangspunft des Nivellement3 der neuen Landesaufnahme feit 1879 
m die Berliner Sternwarte, wo an einem tief fundierten Pfeiler der Normal- 
Höhenpunkt angebracht ift. Gerade 37 m unter demfelben befindet fich die 
Rormalnull, auf die alle neuen Höhenmefjungen bezogen werden, und die 
m gleichen Niveau liegt, wie der Nullpunkt des Amjterdamer Pegeld. Es 
wäre ein bedeutfamer Fortfchritt, wenn alle Feſtlandsſtaaten Europas über 
einen gemeinjamen Nullpunkt fich verjtändigen würden. Würde man jid) 
dann auch in anderen Kontinenten auf je einen oder fehr wenige Pegel- 
millpunkte befchränfen, die Höhe derjelben über der normalen Sphäroid- 
flache mittel3 Pendelbeobachtungen beftimmen und den betreffenden Fix⸗ 


punkt in das Innere des Feſtlandes verlegen, wo er vor den Veränderungen 
10* 


Salzgehalt 
und Dichte, 


148 Zechstes Kapitel. 


des Mittelmafjerd gejchüßt ift, dann erſt fünnte man durch Rebuftion aller 
gemeſſenen Höhen auf die fphäroidale Fläche ftreng vergleichbare Werte 
Ihaffen; und ebenfo könnte man durch Pendelbeobachtungen auf allen 
ozeanifchen Inſeln die Tiefenmefjungen wenigftens annähernd untereinander 
und mit den Höhenmefjungen in Einklang zu bringen. Wie man fieht, iſt 
ber Hypſometrie ein Ziel geftect, dag fie wohl nicht jobald erreichen wird. 
$ 124. 32 Elemente find bislang im Meerwafjer nachgewiejen wor: 
den und e3 unterliegt feinem Zweifel, daß fünftige Unterfuchungen biefe 
Zahl noch vermehren werden. Sie ericheinen teil3 als Beitandteile des 
Waſſers felbit, teils 
ner als folche der abfor- 
” bierten Luft und Koh: 
lenfäure, zum größ- 
ten Teil aber als 
jolche der aufgelöjten 
chemiſchen Verbin⸗ 
dungen. Von dem 
durchſchnittlichen 
Salzgehalt, 3-48 
Proz. entfallen 2-72 
auf das Kochſalz. 
Infolge jeiner 
Bufammenjegung iſt 
dag Meerwaſſer 
ſchwerer al® Das 





—— Specifisches Gewicht auf 15-569 C. reducirt. Süßwaſſer. Sein 
— Wirkliches epec. Gewicht in 366m (200 Faden) Tiefe. ‚2: _ 
ann _ am der Oberfläche, jpezififhes Ge— 


wicht ober eine 
Dichte (deitilliertes 
Wafler von 40 C. als Einheit angenommen) ift aber außer vom Sal;- 
gehalt auch von der Temperatur abhängig, da es wie alle Körper fich mit 
der fteigenden Wärme ausdehnt und dadurch leichter wird. Daher bat 
die Dichte des Meerwaſſers auch eine tägliche und jährliche Periode und 
muß mit der geographifchen Breite zunehmen. Im allgemeinen bejtätigen 
die Beobachtungen auch diejen Satz, wie Fig. 24 zeigt, wenn auch Ano- 
malien nicht felten find, die in Jahresmitteln aber wohl verichwinden 
würden. ig. 24 zeigt aud), daß die durch die Temperaturverteilung hervor: 
gerufenen Gegenſätze fi) nur auf die oberen Schichten bejchränfen, und 
daß fie fchon in einer Tiefe von 366 m nahezu ausgeglichen find. Diele 
Thatjache, die ihre Erklärung in der gleichförmigen Temperatur der unteren 


Fig. 24. Spezififched Gewicht des Meerwaſſers. 


Das Meer. 149 


Schichten findet, ift von fundamentaler Bedeutung, denn fie lehrt ung, daß 
die Gewichtöverichiedenheiten des Meerwaſſers nicht imftande fein können, 
große Strömungen zu erzeugen, ähnlich den Paſſaten der Atwoſphäre. 

Reduziert man die beobachteten ſpezifiſchen Gewichte auf eine gemein» 
iume Temperatur (meift 600 %.=15°.56 E.), fo wird der eine Faktor, die 
Wärme, ausgejchieden und die Dichte erjcheint dann nur abhängig vom 
<alzgehalte: 

Salzgehalt in PBrozenten = 3-377 3.505 3.634 3.764 8.895 
Dihte - - » » x. .=1:025 1.026 1.027 1.028 1.029 

Aus Buchanan's Karte ergeben fich folgende Hauptſätze: der Salz- 
gchaft der oberen Schichten ift am größten in der Paflatzone und zwar in 
der Nähe der fubtropiichen Anticyklonen, wo der Niederichlag verhältnis- 
mäßig gering ift; und die Verdbunftung, die dem Meere nur reines Wafjer 
entzieht und fo das übriggebliebene Waſſer falzreicher macht, überwiegt. - 
Gegen die Kalmenzone nimmt der Salzgehalt ab, denn bier führen die 
reihlihen Regen beitändig reines Waller dem Meere zu; anderjeit3 nimmt 
er auch polwärt® ab, weil hier die Niederjchläge der an fich geringeren 
Verdunſtung das Gleichgewicht halten oder diejelbe übertreffen. 

Im atlantifchen wie im pazifiichen Ozean ift der Salzgehalt der Süd⸗ 
hälfte größer als der der nördlichen, was zum Zeil mit der intenfiveren 
Entwidelung der füdlichen Bafjatzone zujammenhängt. “Daher tritt jener 
Gegenſatz im großen Ozean ungleich jchärfer hervor, als im atlantijchen; 
und im imdilchen Ozean, wo der Nordpafjat nur eine periodijche Erjchei- 
nung ift, ift auch nur ein Marimum des Salzgehaltes vorhanden. Außer- 
dem find auch die außertropiichen Teile der Nordatlantif, joweit der Ein- 
tuß des Golfftromes reicht, viel falzreicher, al3 der pazifiiche Ozean in 
gleicher Bolhöhe. Aus diefen Gründen, ſowie wahrjcheinlich auch deshalb, 
weil er fteten Zuſchuß vom fchweren europäiichen Mittelmeer erhält, ift 
der atlantische Ozean an Salzgehalt den übrigen Ozeanen weit überlegen. 
ch auch den Eismeeren, ijt fraglich. Aus dem Umſtande, daß bei der 
Eisbildung im Meere Salz ausgejchteden wird, welches dem nicht gefrore- 
nen Waſſer zu gute fommt, ſchloß Buchanan auf einen hohen Salzgehalt 
der Bolarmeere.. Nah Tornöe ift aber daS warme Meer weitlich von 
Rorwegen weit falzreicher, als das echte Eismeer öftlih von Grönland, 
und zwar ſowohl an der Oberfläche, die hier durch Schmelzwaſſer verſüßt 
wird, wie auch am runde. 

In den unfelbjtändigen Meeren, die nur durch Inſelreihen oder 
‚gruppen abgejchlofjen find, ift der Salzgehalt ähnlich wie in den benad)- 
barten Teilen bes Dzeand. Anders in den Binnenmeeren. Im beißen, 
tegenarmen Roten Meer, in das fein größerer Fluß einmündet, erreicht er 


Farbe. 


Weſen der 
Wellenbewe⸗ 
gung. 


150 Sechstes Rapitel. 


3-9 bis 4 Prozent; und im europäiſchen Mittelmeer, wo auch die Ver- 
dunftung den Niederſchlag übertrifft und die Flüffe Hein find im Verhält- 
nis zur Meeresfläche, beträgt er 3-79 Prozent. ‚Dagegen vermindert Die 
Überfülle des vom Lande zuftrömenden Süßwaſſers den Salzgehalt im 
Ihwarzen Meer auf 1-82 und in der Dftfee ſogar auf 0-49 Prozent. 

Während das jpezifiiche Gewicht in Wirklichkeit ziemlich regelmäßig 
mit der Tiefe zunimmt, ift es, auf 15-56° C. reduziert, in der Nähe der 
Oberfläche am größten, nimmt bis ca. 730 m mehr oder weniger regelmäßig 
ab, und dann langjam bis zum Boden wieder zu. 

Im Gegenſatz zur Menge der Salze ift ihre Mifchung in allen 
Dzeanen und in allen Tiefen eine jo gleichartige, daß man zur Annahme 
einer rajchen Vermengung des Meerwaſſers verfchiedener Gegenden durch 
horizontale und vertifale Strömungen gedrängt wird. 

$ 125. Mit dem Salzgehalt ſteht nad) den Beobachtungen der 
„Gazelle“ auch die Färbung des Meerwaflers im engen Zufammenhang, 
indem fie mit zunehmender Verſüßung von blau über blaugrün in dunfel- 
grün übergeht. In der Nähe der Küften wird das Meer durch die von 
den Flüſſen herbeigejchafften Sedimente verjchieden gefärbt; jo erhält 3. 2. 
das gelbe Meer von den Lösmaſſen des Hoangho Farbe und Namen. In 
anderen Gegenden rufen Milliarden mikroſkopiſcher Organismen verfchiedene 
Farben hervor. Sie erzeugen auch jenes herrliche, beſonders den Tropen- 
meeren eigentümliche Phänomen, dag als Meeresleuchten befannt ift. 


Die fchwingende Bewegung des Waflers. 
J. Wind⸗ und Erdbebenwellen. 


$ 126. Wirft man einen Stein in ein jtehendes Waller, jo wird der 
Gleichgewichtszuftand desfelben durch die Bildung Tonzentrifcher Wellen 
vorübergehend geitört. An der Stelle, wo der Stein die Waſſerfläche 
trifft, wird das Waſſer herabgedrücdt, feine leicht verichiebbaren Teilchen 
weichen aus, und indem fie dadurch einen Drud auf alle benachbarten 
Wafferteilchen ausüben, wird um die Deprejjionsstelle eine Erhöhung des 
Wafferfpiegels, ein Wellenberg erzeugt. Dieſer finft wieder in fich zu— 
fammen, ſchwingt aber vermöge des Geſetzes der Trägheit noch über feine 
Gleichgewichtslage hinaus, und jo entjteht an der Stelle des früheren 
MWellenberges ein Freisfürmiges Wellenthal, das an feiner äußeren Peri⸗ 
pherie wieder einen Wellenberg erzeugt. Auf Diefe Weiſe pflanzt fich Die 
Bewegung fort, bis die Reibung die bewegende Kraft aufgezehrt hat. Ihr 
Weſen befteht alfo darin, daß fich die einzelnen Wafjerteilchen einerjeitd 
vertifal, andrerfeit3 feitlich (von Thal zu Berg und umgelehrt) beivegen, 


En — —— —— 





Dos Meer. 151 


um nach Berlauf einer Schwingung ftets wieder ihre urjprüngliche Lage 
einzunehmen. Nur die Bewegungsform fchreitet fort, nicht die einzelnen 
Waſſerteilchen; dadurch unterfcheidet ſich die ſchwingende Bewe- 
gung von der ſtrömenden, bei der die Waſſerteilchen ihre Lage im 
Raume dauernd verändern. 

8127. Zu der Gattung der fortſchreitenden Wellen gehören auch 
die durch den Druck des Windes erzeugten. Zunächſt bilden ſich nur 
ine und — Da die Windrichtung immer etwas ſchwankt — unregelmäßige 
Vellen, die ſich aber allmählich, wenn fie genügenden Raum haben, zu großen, 
meitgedehnten Wellenzügen vereinigen. Das Meer ift daher der Haupt: 
ihauplag mächtiger Wellenbewegung. Da die Wirkung die Urfache ftets 
was überdauert, jo wogt die See aud) noch, wenn der Wind ich ſchon 
xlegt Hat; und dieſes Steigen und Fallen (Dünung), das mit der Atem- 
bewegung täujchende Ähnlichkeit Hat, fett fich auch über die Grenzen bes 
<turmfeldes in weite Entfernungen fort, jo 3.8. aus den mittleren Breiten 
de: atlantiſchen Ozeans durch die Paſſatzone Hindurch bis zu den Inſeln 
<t Baul, Ascenſion und St. Helena. Starke Dünung kann oft dem 
Schiffe längere Zeit vorher den fommenden Sturm verfünden. 

Selbſt bei den höchſten Meereswellen erreicht der vertifale Abitand 
wiſchen der tiefiten Thal- und höchiten Bergitelle, der einerſeits von ber 
Bmditärfe, andrerjeit3 von der Waifertiefe abhängt, faum mehr ald 15m 
nah Kapitän Kiddle) und höhere Angaben müſſen jedenfalls mit Mik- 
trauen aufgenommen werden. Da die Länge (von einem Wellenfamme 
um anderen gemeljen) das zehn- bis zwanzigfache der Höhe beträgt, jo 
ſchwankt der mittlere Böſchungswinkel zwilchen 2.8 und 5-7%. Die Steil- 
beit der Wellen wird in Wort und Bild ebenfo übertrieben, wie die Höhe 
dertelben, und es läßt ſich Beides aus den Schwierigkeiten einer richtigen 
Schätzung zur Genüge erklären. Bon der Wellenhöhe ift auch die Tiefe 
abhängig, big zu der das Wafjer an der jchwingenden Bewegung teil- 
ammt, und die nach den Verfuchen der Gebrüder Weber 350 mal größer 
t als die Höhe. Die höchſten Wellen des Ozeans würden alfo das Waſſer 
bis zu einer Tiefe von 4550 m aufmwühlen, aber jchon in 130 big 260 ın 
Tiefe beträgt die Wellenhöhe nur mehr !/,.. derjenigen an der Ober- 
"öde, alſo jelbft im äußerften Yale nur Zem. Wir müßten daher 
der Bellenbewegung jeden Einfluß auf die Verteilung der Tieffeeablagerungen 
diprechen. Die Geichwindigfeit beträgt bei höherem Wogengange 6—10 m 
in der Sekunde, jo daß fich die Wellenbewegung in 24h von der Süd— 
füite Frankreichs bis Algier fortpflanzen kann; das Marimum ift nad) 
<tevenfon 14'',m. Iſt die Waffertiefe ‘größer als die halbe Wellen- 
länge, jo ift die Geſchwindigkeit der Länge direft proportional, im entgegen- 


Windwellen. 





Stehende 
Bellen. 


152 Schstes Kapitel. 
gejegten alle aber der Tiefe des Waſſerbeckens. Die Windwellen des 
Meeres gehören der erften Kategorie an, nur auf feichtem Grunde gehen 
jie in die zweite über. 

An den Ufern find die Wellen mannigfachen Veränderungen unter: 
worfen. Verhältnismäßig am einfachten ift der Vorgang, wenn die Woge 
eine teil bi8 zu größerer Tiefe abfallende Wand trifft. Sie wird von 
diejer zurüdgeworfen, d. 5. fie erfährt eine Gegenwirkung, ala ob eine 
Welle von gleicher Form und Geichwindigfeit ihr entgegenliefe. Der Rüd- 
jtoß wirft auch auf entferntere Wogen und in den meijten Fällen ift damit 
eine bedeutende Steigerung der Wellenhöhe verbunden. Ein Wogenchaos 
macht die Steilfüften oft unnahbar. Auch an fanfter anfteigenden Geſtaden 
erheben ſich die Wellen, denn, indem fie dasfelbe Hinanlaufen, werden bie 
Wellenteilchen, deren Echwingung nach vorn gehindert ift, genötigt, um jo 
höhere Schwingungen nach oben auszuführen. Zugleich verjchtwindet die 
ſymmetriſche Wellenform der: offenen See, indem die vorderen und unteren 
Teile der Welle durch die Reibung am Grunde in ihrer Bewegung mehr 
gehemmt werden als die hinteren und oberen. Die Vorbderjeite ber Wellen- 
berge wird immer fürzer und fteiler, bis die Wellenköpfe ſich überftürzen 
(branden). Eine Folge ungleicher Reibung ift es, daß die Wellen flachere 
UÜfer ſtets fenkrecht treffen, wenn der 
Wind auch jchräg gegen dasſelbe weht. 
Fig. 25 ftellt dies jchematish dar. Die 
Wellen ad, die in einiger Entfernung vom 
Ufer in der Richtung des Windes ver: 
laufen, machen in der Nähe des Landes 
eine Schwenfung, weil die a-Hälften ſich 
auf tieferem Grunde und daher rajcher 
bewegen, als die 5-Hälften. Bei heftigen 
und lange andauernden, gegen dad Land 
PER gerichteten Stürmen verbindet ſich mit 

Sig. 25. Wellen am Ufer. der Brandung der Bindftau, eine Er- 

hebung des Wafferjpiegels, die befonders 
in trichterförmig fich verengenden Buchten den Betrag von mehreren Meter 
erreichen fann und die Flüffe oft zwingt, aufwärts zu fließen. Solche 
Sturmfluten feten flache Küftenländer oft weithin unter Waſſer, und 
gehören daher zu den verheerenditen Bhänomenen. 

$ 128. Indem das Ufer des Meeres oder eines Sees die heranfommen- 
den Wellen reflektiert, entjtehen mannigfaltige Interferenzerfcheinungen. 
Eine von diefen iſt befonders wichtig. Begegnen fich zwei entgegengejeßte 
Wellen, eine primäre und eine refleftierte, jo bilden ic zwei jtehende 








Das Meer. 153 





Wellen von ber halben Ränge der fortichreitenden, Die durch einen Ruhe— 
punkt oder Knoten (X in Fig. 26) von einander getrennt find. In jeder 
Welle befinden fi) alle Teilchen in demfelben Zeitpunkt in demſelben 
Schwingungszuftand (entweder aufwärts oder abwärts), aber beide Wellen 
befinden ſich in entgegengejeßter Phafe. Solche Erjcheinungen find in den 
Seen ber Schweiz von Forel unterfucht worden; nad) Ratzel's Beichreibung 
find fie auch den fanadischen Seen eigentümlich. Der Genfer Lokalname 
Seiche Hat fich jegt allgemein dafür eingebürgert. Der Seepiegel nimmt 
die Form A C' K D' B an und nad) einer , 
gewiſſen Zeit die Gorm A CK D“ B, c 2’ 
um bierauf wieder über 4C X DB nad) ; 
IC K D'B zurüdzufehren. Während 
das Niveau an dem einen Ufer fteigt, 
fällt e8 am entgegengejeßten; und jolche 
Schwingungen, die durch rafche Iofale Veränderungen des Luftdrudes, 
- plögliche Windftöße von den Bergen herab, Stürme u. ſ. w., hervorgerufen 
werden und längere oder kürzere Zeit andauern, ftören den Gleichgewichts⸗ 
zuftand des Sees jowohl in der Längs- wie in der Querachfe.! Es ſei 
nur beiläufig erwähnt, daß Forel die merkwürdigen, des Tages 4—14 mal 
in ihrer Richtung wechjelnden Strömungen des Euripus durch Seiche- 
bildung im Kanal von Zalauli erklärte. Die eigentliche geographiſche Be- 
deutung der Seichetheorie werden wir im nächiten Abſchnitte fennen lernen. 

$ 129. Weſentlich verjchieden von den Windwellen find die Erd- Erdbeben 
bebenwellen, deren Geichwindigfeit von der Meerestiefe abhängig ift (vgl. wenen. 
S. 141). Bei den beiden peruaniſchen Erdbeben, die von ſolchen Erſchei⸗ 
nungen begleitet waren, ſchwoll das Meer an der Küſte an, zog ſich hierauf 
zurück, um dann das Geſtade zu überſchwemmen. Dieſe Flutwoge wieder⸗ 
holte ſich mehrere Male, und die Wellenbewegung pflanzte ſich bis zu den 
Sandwichsinſeln in ca. 14, bis Japan in 22—23 und bis Auſtralien in 
22!,, Stunden fort. 





> 


= * 
—E 


Fig. 26. Stehende Wellen. 


Die ſchwingende Bewegung des Waſſers. 
HD. Die Tiden. 


$ 130. Das Meeresniveau tft einem periodichen Schwanfen unter= weiſen ver 
worfen, indem es innerhalb eines Mondtages "von 24h 50m zweimal fällt n" zerm. 
und zweimal fteigt. Beiltehende Figur verfinnlicht ung Beobachtungen am notogie. 


— 


ı Die halbe Schwingungsdauer (in Sekunden) t= var l= Länge des See? (inm), 
h = mittfere Tiefe deöfelben (in m), g (Befchleunigung der Schwere) = 9-806. 





Theoretifche 
Tiden. 


154 Zechstes Rapitel. 





Pegel von Cuxhaven zwiſchen 5 5h früh und 8h abends. Der höchſte Bafferftand 
Gochwaſſer) tritt ein, wenn der Mond den Meridian des Ortes pajfiert 
(obere Kulmination) und wenn er 180° davon entfernt ift (untere Kulmination), 
dag Niedrigwaſ ſer aber beiläufig zur Zeit des Mond-Auf- und -Unter⸗ 
ganges. Da⸗ 
ber hatte Cux⸗ 
haven am 19. 
Auguft 1866 
Hochwaſſer 
früh und 
abends, und 
Niedrig⸗ 
waſſer mit- 
tags und um 
Mitternacht, 
während ſie⸗ 
ben Tage 
nachher der umgekehrte Fall eintrat. Das Steigen des Waſſers nennt man 
Flut, das Fallen Ebbe; beide Bewegungen zuſammen Tiden oder Ge— 
zeiten. Aus dem angeführten Beiſpiel erſieht man, daß die Zeitdauer 
von Ebbe und Flut nicht immer gleich iſt, ebenſo wie Hoch- und Niedrig- 
waſſer nicht immer den gleichen Punkt am Pegel berühren. Durch Rech— 
nung läßt fi das Mittelwafjer finden, d.h. die Höhe des Wafler- 
Standes, wenn fi) das Meer unter dem Einfluß des Mondes (und der 
Sonne) weder heben noch jenfen würde. 
$ 131. Nach dem von Newton entdedten Gele der Schwere be- 
figen alle Körper Anziehungskraft, die im geraden Verhältniffe zu ihrer 
Maſſe und im umgefehrten zum Quadrate ihrer Entfernung fteht. So 
wird nicht bloß der Mond von der Erde, jondern aud) die Erde vom 
Monde angezogen; und die Tidenbewegung wäre eine ebenjo einfache als 
regelmäßige Erjcheinung, wenn die Erde flüffig oder von einem Meer von 
gleichmäßiger Tiefe bededt wäre, das den anziehenden Kräften jofort Yolge 
zu leiften vermöchte. Befindet fich der Mond in der Äquatorialebene 
(Fig. 28), jo wird der Bunft A am meilten, C weniger, 3 am wenigiten 
angezogen. — wird alfo von C, und C von B entfernt, oder mit andern 
Worten: der Durchmefler 4 2 zu A‘ B' verlängert. Dadurch wird not- 
wendigerweife der Durchmeffer 0 verfürzt, und die Aquatorialebene 
AOBW nimmt die Geftalt 40 B’ W' an. Nördlich) und füdlich von 
A und B werden die Teilchen nicht bloß von C entfernt, jondern aud) 
nad 4 und B binübergezogen, jo daß 3. B. D nad) D' gelangt; und 








Fig. 27. Tiden zu Gurbaven. 


Dos Meer. 155 


infolge deſſen muß auch eine Verkürzung der Achfe N S eintreten. A und R 
bewegen fich alfo nur in vertifaler Richtung, alle übrigen Punkte aber 
auch horizontal gegen A und B hin, und die horizontale Bewegungs⸗ 
fomponente nimmt von A und B gegen O, W, N und S immer mehr auf 
Koſten der vertifalen zu. Das Niedrigwafjer in den Meridianen NOS 
und? NWS und das Hochwafjer in den Meridianen NAS und NBS be- 
dingen ſich ebenjo gegenjeitig, wie Thal und Berg in der Windwelle. In 
der That Haben wir es auch hier mit zwei großen Wellen zu thun, die 
dem jcheinbaren Mondumlauf folgend, in 24h 50m einmal die Erde um- 
freilen, jo daß in A auf dag Hochwaſſer das Niedrigwafler 0‘, dann das 
Hochwaſſer B', endlich das Niedrigwafler folgt. Dasſelbe gefchieht 
auch auf allen übrigen Barallelfreifen, und nur an den Polen! bleibt der 
Baflerftand unverändert. 





Fig. 28. Entitehung der theoretifchen Tiden. 


Die Tidenbewegung des Waſſers ift alfo ebenfalls ein Schwingen um 
die Ruhelage. Trotzdem jpricht der Küſtenbewohner von Ebbe- und Flut— 
trömungen, da die Wafferteilchen ſowohl im vertikalen, wie im horizon= 
talen Sinne oSzillieren, und die Schwingungen wegen ihrer langen Dauer 
(ſechs Stunden nach der einen und dann ſechs Stunden nach der entgegen- 
gejehten Richtung) — bejonderd an gewiſſen Küftenftellen, wo fie eine 
größere Gefchwindigfeit erlangen — den Eindrud von Strömungen machen. 

Neben dem Monde übt auch die Sonne eine merfliche Anziehungs- 
kraft auf die Erde aus, aber wegen ihrer 386-7 mal größeren Entfernung 
verhält fi) das von ihr erzeugte Hochwaljer zu dem vom Monde er- 
zeugten nur wie 4:9, obwohl ihre Maffe um ca. 26°/, millionmal die des 

1 In der Figur 28 iſt Hoch- und Niedrigwafjer der Deutlichfeit wegen in über: 
triebener &röße dargeftellt worben. 





156 Scehstes Kapitel. 


Mondes übertrifft. In 24h umfreifen alfo zwei Sonnenwellen und in 
24h 50m zwei Mond- 


⸗ — wellen von Oſt nach Weſt 

r ® die Erde. Mond» und 

’ Sonnenwelle vereinigen ſich 
FE 





zu einer einzigen Welle, de⸗ 
ren Höhe und Eintrittszeit 


— D 7 von der wechſelnden Stellung 
beider Geſtirne zu einander 
Fig. 29. Mondesphaſen. abhängt. In der Phaſe 


des Neumondes paffieren jie gleichzeitig den Meridian, und dag Sonnen- 
hochwaſſer tritt gleichzeitig mit 
dem Mondhochwafler ein. Tas 
wirkliche Hochwaſſer ſtellt alſo 
die Summe beider da, und ebenſo 
das wirkliche Niedrigwaſſer die 
Summe beider Niedrigwaſſer. Der 
umgekehrte Fall tritt im erſten 
Viertel ein; wenn A Sonnen⸗ 
bochwafler hat, hat es Monb- 
niedrigwafler und umgefehrt, und 
die wirklichen Tiden find gleich 
dem Unterjchiede der Mond- und 
Sonnentiden. Zur Zeit des Boll- 
mondes trifft die untere Kulmina⸗ 
tion des Mondes mit der oberen 
der Sonne zufammen, und das 
Refultat muß fomit dasfelbe fein 
wie bei Neumond. Innerhalb 
eines Monats erreicht alſo die 
Fluthöhe zweimal ihren höchſten 
(Springtiden) und zweimal 
ihren niederjten Wert (tanbe oder Nipptiden); die Übergänge zwilchen 





Fig. 30. Sonne und Mondwelle. 


Das Meer. 153 





—— 


Wellen von der halben Ränge der fortjchreitenden, die durch einen Ruhe⸗ 
pınft oder Knoten (X in ig. 26) von einander getrennt find. In jeder 
Flle befinden fih alle Teilchen in demjelben Zeitpunkt in demſelben 
Shwingungszuftand (entweder aufiwärt® oder abwärts), aber beide Wellen 
befinden ſich in entgegengejeßter Phaſe. Solche Erfcheinungen find in den 
Seen ber Schweiz von Forel unterfucht worden; nad) Ratzel's Bejchreibung 
md fie auch den kanadiſchen Eeen eigentümlich. Der Genfer Lokalname 
Zeiche Hat fich jegt allgemein dafür eingebürgert. Der Seefpiegel nimmt 
die Form 4 C'K D’ B an und nad) einer , 
gewiſſen Zeit die Sorm A C"KD“B, c 
um Hierauf wieder über ACK B nad) 
IC K D' B zurüdzufehren. Während 

3 Niveau an dem einen Ufer fteigt, 
tallt es am entgegengejebten; und ſolche 
Schwingungen, die durch rafche Lokale Veränderungen des Luftdruckes, 
plöglihe Windftöße von den Bergen herab, Stürme u. ſ. w., hervorgerufen 
werden und längere ober kürzere Zeit andauern, ftören den Gleichgewichts- 
zuſtand des Sees ſowohl in der Längs- wie in ber Queradhje.! Es ſei 
zur beiläufig erwähnt, daß Forel die merfwürdigen, des Tages 4—14 mal 
m ihrer Richtung wechjelnden Strömungen des Curipus durch Seiche— 
bildung im Kanal von Talauli erklärte. Die eigentliche geographiiche Be⸗ 
deutung der Zeichetheorie werden wir im nächſten Abfchnitte kennen lernen. 

$ 129. Wejentlich verfchieden von den Windwellen find die Erd- Erdbeben- 

bebenwellen, deren Gejchtwindigfeit von der Meerestiefe abhängig ift (vgl. wenen. 
<.141). Bei den beiden peruaniſchen Erdbeben, die von ſolchen Erſchei—⸗ 
mmgen begleitet waren, ſchwoll das Meer an der Küſte an, zog fich hierauf 
zurück, um dann dag Geftade zu überſchwemmen. Diefe Flutwoge wieber- 
bolte ſich mehrere Male, und die Wellenbewegung pflanzte fich bis zu den 
Sandwichsinſeln in ca. 14, bis Japan in 22—23 und bis Auftralien in 

21, Stunden fort. 





Fig. 26. Stehende Wellen. 


Die ſchwingende Bewegung des Waſſers. 
D. Die Tiden. 


$ 130. Das Meeresniveau ift einem periodiichen Schwanfen unter» wein ver 
vorfen, indem e3 innerhalb eines Mondtages "von 24h 50 m zweimal fällt _*ipenbewe. 


gung. Termi⸗ 


und zweimal fteigt. Beiftehende Figur verfinnlicht ung Beobachtungen am notogie. 





' Tie Halbe Schwingungsdauer (in Sekunden) t= Yan 1= Ränge des Sees (inm), 
b= mittlere Tiefe desfelben (in m), g (Beſchleunigung der Schwere) = 9-806. 


Theoretüche 
Tiden. 


1.4 Sechstes Kapitel, 


Pegel von Cuxhaven zwiſchen >h früh und Sh abends. Der höchſte Waſſerſtand 
Hochwaſſer;, tritt ein, wenn der Mond den Meridian des Ortes paſſiert 
(obere Kulmination) und wenn er ISO davon entfernt iſt (untere Nulmination), 
das Niedrigwaſſer aber beiläufig zur Zeit des Mond Auf: und Unter: 
-. rege Zr - ganges. Tu 
her hatte Cux— 
haven am 18. 
Auguſt 1866 
Hochwaſſer 
früh und 
abends, und 


Verlwaseeı 
“ 
1 buuns 





De ae nr Niedrig: 
Megane n Nıe nawusser .. " . 
| | — waſſer mit 
no — | — — tags und um 
| | Mitternadn. 
al Le Le Late während fie 





Kg. 27. Tiden zu Qinbaven. ben Tage 
— J 


nachher der umgekehrte Fall eintrat. Das Steigen des Waſſers nennt man 
Flut, das Fallen Ebbe; beide Bewegungen zuſammen Tiden oder Ge 
zeiten. Aus dem angeführten Beiſpiel erſieht man, daß die Zeitdauer 
von Ebbe und Flut nicht immer gleich iſt, ebenſo wie Hoch- und Niedrig— 
waſſer nicht immer den gleichen Puukt am Pegel berühren. Durch Ned 
mug läßt ſich das Mittelwaſſer Finden, d.h. die Höhe des Water 
Itandes, wenn ſich das Meer unter dem Einfluß des Meondes und der 
Sonne) weder heben noch ſenken wiirde. 

$ 131. Nach den von Newton entdeckten Geſetz der Schwere bi 
ftgen alle Körper Anziehungskraft, Die im geraden Verhältniſſe zu ihrer 
Male und im umgekehrten zum Quadrate ihrer Entfernung ſteht. So 
wird nicht bloß der Mond von der Erde, ſondern auch die Erde vom 
Monde angezogen; md Die Tidenbewegung wäre eine ebenſo einfache als 
regelmäßige Erſcheinung, wenn Die Erde flüſſig oder von einem Meer von 
gleichmäßiger Tiere bedeckt wäre, Das den anziehenden Kräften ſofort Folge 
zu leiſten vermöchte. Befindet ſich dev Mond im der Äquatorialebene 
(Fig. 28), ſo wird der Punkt „amt meiſten, © weniger, D am wenigſten 
angezogen. .“ wird alſo von GC, mmd € von D entfernt, oder mit andern 
Worten: der Durchmeſſer . Po su 1 B° verlängert. Dadurch wird nor 
wendigerweiſe der Durchmeſſer 99 vertürzt, und die Äquatorialebene 
IH BU nimmt Die Geſtalt Fo PN an. Nördlich und ſüdlich von 
Ind P werden Die Teilchen nicht blos von © eutternt, ſondern auch 
nach / und 5 bimibergerogen, To day z. I mach 2° gelangt; und 


Das Meer. 155 


wiolge Deifen muB auch eine Verkürzung der Achſe N S eintreten. A und R 
bewegen ſich aljo nur in vertikaler Richtung, alle übrigen Punkte aber 
ah horizontal gegen A und B hin, und die horizontale Bewegungs- 
!mponente nimmt von A und B gegen O, W, N und S immer mehr auf 
keiten Der vertifalen zu. Das Niedrigwaljer in den Meridianen NOS 
id NWS und das Hochwaſſer in den Meridianen NAS und NBS be- 
dagen ſich ebenjo gegenfeitig, wie Thal und Berg in der Windwelle. In 
tr Ihat Haben wir es auch hier mit zwei großen Wellen zu thun, Die 
m iheinbaren Mondumlauf folgend, in 24h 50m einmal die Erde um- 
kaien, jo daß in A auf das Hochwaſſer das Niedrigwaſſer 0‘, dann das 
sohwafjer 23°, endlich das Niedrigwaſſer #' folgt. Dasſelbe gejchieht 
uch auf allen übrigen Barallelfreifen, und nur an den Polen? bleibt der 
Vaſſerſtand unverändert. 





ig. 28. Entjtehung der theoretifhen Tiden. 


Tie Tidenbewegung des Waſſers iſt alfo ebenfalls ein Schwingen um 
die Ruhelage. Trotzdem jpricht der Küſtenbewohner von Ebbe- und Flut— 
krömungen, da die Wafjerteilchen jowohl im vertifalen, wie im horizon- 
talm Sinne oSzillieren, und die Schwingungen wegen ihrer langen ‘Dauer 
ichs Stunden nad) der einen und dann ſechs Stunden nach der entgegen- 
ceiehten Richtung) — befonders an gewiflen Küftenftellen, wo fie eine 
:tößere Geſchwindigkeit erlangen — den Eindrud von Strömungen machen. 

Neben dem Monde übt aud) die Sonne eine merfliche Anziehungs- 
Kat auf bie Erde aus, aber wegen ihrer 386-7 mal größeren Entfernung 
hält ſich das von ihr erzeugte Hochwaffer zu dem vom Monde er- 
Xugten nur wie 4:9, obwohl ihre Mafje um ca. 26/, millionmal die des 


— — — 


In der Figur 28 iſt Hoch- und Niedrigwaſſer der Deutlichkeit wegen in über- 
Tebener Größe dargeftellt worden. 


156 Sedistes Kapitel. 


Mondes übertrifft. 


T. Vierte) 


oð 
LS 
Pd 
7) 


S 


m 


N N 
' N 
C) Voulrond \ Uri ) A Neumond 0 
N — R 
2 


2 


Letztes Viertel 


© 


ig. 29. Mondesphafen. 


4 


In 24h umfreiien alfo zwei Sonnenwellen und in 


24h 50 m zwei Mond— 
wellen von Dit nach Wett 
die Erde. Mond- und 
Sonnenwelle vereinigen ſich 


— 


zu einer einzigen Welle, de— 
ren Höhe und Eintrittszeit 
von der wechſelnden Stellung 
beider Geſtirne zu einander 
abhängt. In der Vhaie 


des Neumondes paſſieren ſie gleichzeitig den Meridian, und das Sonnen— 


Yeusuon! 


e\ Tale vor 
Yıllımond 


VöOrmend 





Yon —I 


— _ Umbinete Bier! 


Fig. 50, Sonne- und Mondyelle. 


hochwaſſer tritt gleichzeitig mit 
dem Mondhochwaſſer ein. Des 
wirkliche Hochwaſſer ſtellt alis 
Die Summe beider da, und eben'e 
das wirkliche Niedrigwaſſer Die 
Summe beider Niedrigwaſſer. T 

umgekehrte Fall tritt im erſten 
Viertel ein; wenn „I Sonnen— 
hochwafier hat, bat es Mond 
niedrigwaſſer und umgekehrt, und 
die wirklichen Tiden ſind gleich 
dem Unterſchiede der Mond- und 
Sonnentiden. Zur Zeit des Boll 
mondes trifft Die untere Kulmina— 
tion des Mondes mit der oberen 
der Sonne zuſammen, und Das 
Reſultat muß ſomit dasselbe ſein 
wie bei Neumond. Innerhalb 
eines Monats erreicht alſo die 
Fluthöhe zweimal ihren höchſten 
Springtiden) und zweimal 


13 


ihren niederiten Wert taube oder Wipptiden); die Übergänge zwiſchen 


Das Meer. 157 


dieien Ertremen ftellt Fig. 30 dar. Aus dem Verhältnis der Mond- zur 
Sonnenflut ergiebt fi) da3 der Spring- zu den Nipptiden=9 +4:9 —4. 
Ten Unterjchted zwifchen den Fluthöhen zur Zeit der Syzygien und Qua⸗ 
draturen nennt man die hHalbmonatliche Ungleichheit. 

Die größte Fluthöhe fällt ftetS in die durch die Mittelpunfte der 
Erde und des Mondes, beziehungsweije der Sonne gelegte Ebene, in Fig. 28 
alio in die äquatoriale.e Da aber die Mondbahn um ca. 28° und Die 
ctliptik um ca. 281/,° gegen die Ebene des Aquatord geneigt ift, jo muß 
das Marimum der Mondfluthöhe innerhalb eines halben Monats zwijchen 
Yınd 2803. und das der Sonnenfluthöhe innerhalb eines halben Jahres 
‚michen O und 231/,0B. ogzillieren. Wir betrachten hier nur den einfachſten 
wall: die Deklination beider Himmelskörper betrage 231/,° N. (Fig. 31) 


Mond Sonne 
\ t 





Fig. 31. Halbmonatlihe Periode der Tiden. 


Am Aguator ift (im Vergleich zu Fig. 28) zwar die Fluthöhe gefunfen, aber 
Ebbe und Flut dauern noch immer gleihlang (7’N!= N! H’=- H?’N’= 
NH, Weſentlich anders geftalten ſich aber die Verhältniſſe nördlich und 
rüdlih Davon. In 40° n. Br. 3.2. ift das Hochwaffer bei der oberen Kul- 
mmation (2/2) größer als bei der unteren (27?) und ebenfo differieren Die 
medrigften Waſſerſtände. Ferner ift die Dauer der Ebbe zwifchen M 
and N? bedeutend länger, al3 die der darauffolgenden Flut (N? Z?), wo- 
rauf dann wieder eine kurze Ebbe (7? N?) und eine lange Flut (N? I?) 
tolgen. Dan nennt diefe Unterfchiede die tägliche Ungleichheit. 
Faſſen wir das bisher Gefagte noch einmal in Kürze zufammen. Die 
intgröße und die Eintrittszeit des Hoch- und Niedrigwaflers hängen ab: 
I, von der Stellung des Mondes zur Sonne, 2) von der Deflination 
beider Geftirne, und — wir fügen Dies noch Hinzu — 3) von der Ent- 


Hafengeit, 


100° Schstes Kapitel. 


zeitweiſe ſogar Dis zum völligen Verſchwinden der zweiten Welle ſich it 
gert, ein eigentümliches Gepräge verleibt. 

gu Von praftiicher Wichtigkeit ijt die Bejtimmung der Hafen 
zeit (T. i. des Zeitunterichiedes zwiſchen dem Meridiandurchgange dis 
Voll- und Nemmondes und dem daranffolgenden Hochwaſſer) und der 
Flutgröße oder des Höbenunterichiedes zwischen Hoch- und Niedrigwaöier. 

Entgegen der Theorie kommt die Flutwelle an die atlantiiche Nut 
unſeres Erdteiles von sten her. Um die bedeutenden Unregelmäßigkeiten 
in der Zeit ihres Eintrefiens zu erklären, entwarf Whewell Linien gleicher 
Hafenzeit, bezogen auf den Meridian von Öreemvich (jog. Cotidal lin. 























En 
* 























Fig. 34. „Coticlal Tines® nach Whewell. 





oder Iſorachien). Sie ſtimmen zwar mit den beobachteten Hafenzeiten an 
den Küſten völlig überein, aber ihre Verlängernng in das Meer hinaus ft 
— pie der Antor jelbjt ſpäter zugab — lediglich ein Phantaſiegemalde. 

Nach dieſer Tarſtellung erreicht die Flutwelle zuerſt die iberiſchen, 
dan Die franzöſiſchen Küſten, dringt ſodann in den Kanal und im die 
iriſche See ein amd umzieht Irland und Schottlaud, jo daß fie an der 
nordöſtlichſten Küſte Schottlands und au der Themſemündung gleichzeitig 
Oh nach dem Meridiandurchgang in Greenwich eintrifft. Zwiſchen dieſen 
beiden Punkten iſt aber die Hafenzeit Heiner amd nimmt von Norden nach 
Süden zu. Whewel!erklart dies durch die Aunahme. daß die Flutwelle in 











Das Meer. 161 


dieier Gegend nur eine Fortſetzung der vom nördlichen Schottland herkommen⸗ 
den ſei. An der Themſemündung trifft alſo die Kanalwelle mit der zwölf 
Stunden älteren ſchottiſchen Welle zuſammen, oder mit anderen Worten: 
in der Zeit, als die Flutwelle Schottland umzieht, um bis London zu ge- 
langen, paffieren zwei Wellen die Straße von Dover. In ähnlicher Weile 
iollen jich auch zwei Flutwellen in der irifchen See treffen, und aus der 
Interferenz beider Wellen erklärt man es, daß bei Courtown an der irischen 
Chlüfte der Meeresfpiegel troß der ftarfen Tidenftrömung unverändert 
bietbt, während bei der Inſel Dan ſtarke Niveaufchwanfungen ftattfinden, 
ohne daß eine Strömung bemerkbar ilt. 

Nach den vorgetragenen Anjchauungen verwandelt fid) alfo die ftehende 
Tivenwelle des offenen Dzeans in der Nähe des Feſtlandes in eine fort- 
ihreitende Welle. Uber noch gibt es manches Rätſel zu löſen. Lentz 
fragt mit Recht: „Wie jollen die zwölfftündlich neu eintreffenden Slutwellen 
ih im diefen geichlofjenen Zirkeln Aufnahme erzwingen, und wie entkamen 
die alten?“ Wie ift es zu erklären, daß eine jo Heine ozeanifche Snjel- 
gruppe, wie die Färöer, fo verichiedene Hafenzeiten Hat? Warum ift an 
an der Oftfüfte der Vereinigten Staaten auf eine Länge von 2200 km die 
Hafenzeit überall gleich, um fi) dann plößlidy um drei big vier Stunden 
‚u verfpäten? Wie man fieht, find wir von einer alljeitig befriedigenden 
Erklärung der wirklichen Tidenerfcheinungen noch weit entfernt. 

$ 134. Die Flutgröße iſt von Lokalen Berhältniffen fehr abhängig, 
namentlich von der Tiefe der Küftengewäfler und der Form des Geftades. 
Veſonders günftig erweiſen fich dreiedfürmige Buchten, deren Boden all- 
mählich anfteigt, da bier die Flutwelle an Höhe gewinnt, was fie an 
Breite verliert. So ift an der europäifchen Küfte beſonders der Briftol- 
Kanal durch hohe Tslutwellen ausgezeichnet (an einer Stelle bis 15-9 m) 
md auf der amerifanijchen Seite erreicht die Flutgröße in der Fundybai 
iogar 21-3 m. Überhaupt ift im norbatlantifchen Ozean nördlich von 
ca. 40° B. die Flutwelle höher, als irgendiwo anders, was Ferrel aus 
der Zeichenatur der Tidenbewegung und der Tiefe dieſes Meeresbeckens 
zu erflären verjuchte. Auf offener See ift die Flutgröße naturgemäß un- 
bedeutend; jelbjt an den Gejtaden ozeaniſcher Inſeln dürfte fie nirgends 
2! ,m überfteigen. Ebenſo gering ift fie in Binnenmeeren, und es ift da- 
ber erflärlih, daß man diefen früher die Tiden ganz abſprach. An der 
Litfüfte der Adria beträgt fie 3. B. durchichnittlih nur O-16m und in 
Zrieft und Venedig O-7m. Nur in den Syrien fteigt fie angeblich big 
3m. Im den Belten und im Sund ſchwankt fie zwiſchen 0-06—0-62 m 
und an der deutfchen Dftjeefüfte fogar zur Zeit der Syzygien nur zwiſchen 


".01 und O-11m. Bei Chifago am Michiganjee erreicht bie Springflut 
Eupen, Phofiiche Erdtunde. 


Siutgröße. 


Flut in den 
Bluß- 
münbdungen. 


Tiden bes 
Erdinnern. 





162 Zechstes Rapitel. 





0.07m. Es muß übrigens nochmals betont‘ werden, daß auch Stürme 
den Waſſerſtand wejentlich beeinfluffen, indem fie Waller zur Küfte hin- 
treiben (Windftau) oder von derfelben entfernen; die beobachtete mittlere 
Flutgröße ift alfo nicht allein das Reſultat der Tidenbervegung. 

$ 135. Die Flut dringt auch in die Flüſſe ein, indem fich das 
jchwerere Salzwaffer keilförmig unter das Flußwaſſer einjchiebt, um in 
manchen Strömen mauerartig aufwärts fortzufchreiten. Das Gefälle des 
Fluſſes wird dadurch vermindert, ja häufig wird feine Strömung völlig 
zum Stillitand gebracht. Natürlich ift dieſes Phänomen nur bei ozeaniſchen 
Slüffen von Bedeutung. So dringt die Flutwelle in der Wejer 67, in 
der Elbe 148, in den Hauptarmen des Ganges ca. 250, im Amazonas jogar 
320 km flußaufwärts. Ihr Endpunkt ift die eigentliche Grenze von 
Land und Meer; bier entwidelten ſich zahlreiche der bedeutendjten 
Handelsſtädte. 

$ 136. Wir haben bei unſeren bisherigen Betrachtungen die ftill- 
jchweigende Vorausſetzung gemacht, daß nur die leicht verjchiebbaren Waſſer⸗ 
teilchen der Anziehung durch Sonne und Mond Folge leiften. Diele An- 
nahme hat jedoch nur für eine abjolut ftarre Erde Giltigfeit. Da aber 
Thomson nacjgewiefen hat, daß die Erde felbjt dann noch der Tiden- 
bewegung untertvorfen wäre, wenn ihr Inneres die Feſtigkeit von Stahl 
oder Glas befiten würde, jo ift e8 wenigfteng im höchſten Grade wahr- 
icheinlich, daß auch das Feſtland wie der Boden des Meeres zweimal des 
Tages fich hebt und ſenkt. Es wäre in diefem ‘Falle alfo auch der Null- 
punlt des Pegels, nad) dem man Hoch- und Niedrigwafjer beftimmt, kein 
firer Bunt. Wenn am 26. Auguſt 1866 der Waflerftand zu Curhaven 
von 1-82 bis 4-95 m ftieg (ſ. Fig. 27), jo entfernte fich dag Meeres- 
niveau nicht bloß um 3-13 m vom Erdmittelpunfte, jondern um 3-13 m 
Plus dem Betrage, um welchen der PBegelnullpunft jelbit geftiegen war. 
In diefem Falle wäre aljo die beobachtete Flutgröße gleich der wirklichen 
Flutgröße des Waſſers weniger der Flutgröße der feften Erde, oder mit 
anderen Worten: die beobachteten Tiden wären Differentialtiden. 

Da man die Größe der durch den Deklinationswechjel des Mondes 
erzeugten vierzehntägigen Schwanfung des Erdinnern (entjprechend der 
vierzehntägigen Schwanfung des mittleren Wafjerftandes) unter der Vor: 
ausjehung, daß es eine nahezu homogene Maſſe ift, für verſchiedene Feltig- 
feit3grade berechnen fann, jo dürften uns Tidenbeobachtungen an geeigneten 
Orten (3. B. auf ozeanifchen Inſeln) einigen Auffchluß über die Beichaffen- 
heit des Erdinnern gewähren. 


"Das Meer. 163 


Die Meeresfirömungen. 
(S. Karte XIV.) 


$ 137. Strömungen können durch verjchiedene Urjachen bewirkt werden. 
Bon den fälfchlich jogenannten Tidenftrömungen wurde bereit3 gejprochen; 
es iſt aber wahrſcheinlich, daß Flut und Ebbe unter günftigen orogra- 
vhiichen Verhältniſſen (3. B. in engen Meerezftraßen) wirkliche Strömungen 
bervorrufen. Dieje geben wieder Veranlaffung zu Wirbelbildungen, von 
denen der Maeljtrom bei den Lofoten und die Scylla und Charybdis 
m der Meerenge von Meſſina die bekannteſten Beifpiele find. Zwiſchen 
Aimmenmeeren und dem Ozean entitehen Strömungen zur Ausgleichung 
es Salzgehaltes. Vom jalzreicheren Meere geht ein Unterftrom zum falz- 
ormeren und zum Erjah dafür ein Oberftrom in entgegengejeßter Richtung. 
En fließt das Waſſer der Dftfee oberflächlich zur Nordfee ab, während 
ein Tiefenitrom aus der Nordfee in die Oſtſee eindringt, der in der Kadetten- 
rınne zwifchen Darßerort und Gjedſer fein Ende findet. Atlantifches und 
dentiſches Waſſer ſtrömt oberflächlich in das falzreiche Mittelmeer ein, von 
dem wieder Tiefenjtröme zum Ozean und zum fchwarzen Meere ausgehen. 

$ 138. Weſentlich anderer Art find die großen ozeanifchen 
Strömungen, die im Haushalte der Natur eine jo bedeutjame Rolle 
isielen. Flußartig und ſcharf begrenzt, wie fie in der fchematifchen Dar- 
ttellung der meiften Karten erfcheinen, find fie freilich nicht; meift werden 
wir nur — wie bei Flüſſen von ſehr ſchwachem Gefälle — durch indirekte 
Anzeihen belehrt, daß die Waflerteilchen in einer beſtimmten Richtung 
tortichreiten. Amerikaniſches Treibholz gelangt 3. B. nach Island und 
Norwegen; Flaſchen, welche einen Zettel mit genauer Angabe der Stelle 
nd Zeit des Ausſetzens enthalten, werden an weit entlegenen Orten wieder 
aufgefunden. Die Gejchichte erzählt uns, daß Cabral i. 3. 1500, als 
er nad) Oftindien fegeln wollte, von den Strömungen nach Weſten entführt 
mb jo der ımfreiwillige Entdeder Brafiliens wurde. Vor allem aber ift 
die Temperaturverteilung im Meere ein ficherer Beweis für das Vor— 
handenfein von Strömungen ſowohl an der Oberfläche, wie in der Tiefe 
des Dzeans. 

§ 139. Betrachten wir nun die Strömungen im atlantiſchen Ozean, 
die man begreiflicherweife am beften kennt. In der Bone zwiſchen 
a. 200 N. und 10° ©. fließen die beiden Aguatorialftrömungen nad) 
Reiten, die nördliche in ihren Grenzen etwas ſchwankend, Die ſüdliche 
tets über den Äquator auf unfere Hemifphäre überfegend. Ihre Ge- 
ichwindigkeit iſt am größten, wenn die Sonne in den Wendekreifen fteht, 
runmt aber ſtets vom Äquator gegen die Ränder ab. Im Mittel beträgt 

11* 


Tiden- u, Yu 
aleichsſtrb· 


mungen. 


Ozeaniſche 
Stroͤmungen. 


Nordatlanti⸗ 
ſcher Ozean. 


164 Sehhstes Kapitel, 


fie in der nördlichen Strömung 24, in der füdlichen 30 km pro Tag. 
Zwiſchen beiden bewegt fich die Guineaftrömung mit einer durchichnitt- 
lichen Geichwindigfeit von 28 km in entgegengefeßter Richtung. Stets 
breitet fie fich fächerartig gegen Oſten aus; ihre Spike liegt nad) Krümmel 
im SIahresmittel in 351/,0 W., ſchwankt aber zwijchen 25 und 50° W., 
und ebenfo ſchwankend ift ihre Breite im Djten. 

Beim füdamerifanifchen Kap ©. Rogue teilt fich der füdliche Aqua- 
torialftrom. Der eine Arm verläuft, mit der nördlichen Agquatorialftrömung 
vereinigt, teils an der Außenjeite der weſtindiſchen Inſeln nach Nord- 
weiten, ? teild dringt er durch den Kanal zwiſchen Venezuela und der Infel 
Grenada, durch die zahlreichen Paſſagen zwifchen den Kleinen Antillen und 
endlih durch den Windwärts-Kanal zwilchen Halti und Kuba in Die 
taraibiiche See und durch den Yukatankanal in den Golf von Mexico ein. 
Hier ftaut fich die Waffermafje auf und bildet jo eine Art Nejervoir für 
den Sloridaftrom, der, im Süden der Mifliifippimündungen beginnend, 
direft nach der Straße von Florida fließt. Die langjamen Strömungen 
im merifanifchen Golf hängen, wie die amerifanijchen Unterfuchungen end- 
giltig erwiejen haben, mit dem Floridaftrome nicht zujammen. 

Beim Eintritt in die Floridaftraße vereinigt fich diejer große Strom 
mit jenem Ausläufer des ozeanifchen Armes, der zwilchen Kuba und den 
Bahamabänken gegen Welten fließt. Durch bedeutenden Salzgehalt, tief- 
blaue Färbung und hohe Temperatur ausgezeichnet, bewegt er fich dann 
entlang der 200 m-Linie und parallel mit der nordamerifaniichen Küſte, 
nah NW. bis zum Kap Hatteras. Von da entfernt er fich, feine frühere 
Richtung beibehaltend, immer weiter vom Feſtland und endet beiläufig in 
40° W. Die Breite ſchwankt zwiſchen 90 und nahezu 190 km; die Tiefe 
nimmt vou 800m in der Floridaftraße bi8 183m im Norden der Ber- 
mudas ab; die tägliche Geſchwindigkeit beträgt im Durchjchnitte 111 km, 
ift aber ziemlich variabel, und wie bei einem Fluſſe in der Mitte am 
größten. Auch die Temperatur nimmt gegen die Ränder ab, und gleich: 
zeitig finkft fie auch mit wachjender Breite im Winter von 25 auf 16-7° 
und im Sommer von 28-3 auf 25-6%. Die frühere Anficht, daß der 
ganze Floridaſtrom, wie andere warme Strömungen, aus wechjelnden 
warmen und falten Bändern beitehe, haben die neueften Unterfuchungen 
zwar nicht bejtätigt, wohl aber muß in feinem Unterlaufe ein ähnlicher 
Tall eintreten, da nur dadurd) feine deltafürmige Teilung erklärt werden kann. 


ı Wir nennen diefe Strömung den ozeanijchen Arm, da die Krümmel’fche Be: 
zeihnung „Antillenftrömung“ mit den neuchten Ergebniffen der amerikaniſchen For: 
fhungen nicht harmoniert. Sie feheint nad) älteren Unterfuchungen wenigſtens bis 65° 8. 
zu reichen. 


Dos Mer. " 165 


Der ozeanifche Zweig der Aguatorialftrömung bewegt fich wahrfchein- 
(ih parallel mit dem Floridaſtrom nad) Nordweſt und dann nad) Nordoft. 
As eine Fortfegung beider Etröme kann jener Arm betrachtet werden, ber 
in öftlicher Richtung den Ozean durchquert, um, an der afrikanischen Küfte 
ah Süden umbiegend, in die nordatlantifche Aquatorialftrömung ein- 
‚laufen. Da der meridionale nordafrifanifhe Strom von höheren 
ın niedere Breiten fließt, jo wirkt er abfühlend auf die Meeresoberfläche. 

Innerhalb de3 großen nordatlantiichen Stromwirbels breitet fich eine 
wrhältnismäßig ruhige See aus. Hier fammeln fi) die vom Strande 
der feichtem Meeresgrunde losgeriſſenen und von Strömen mitgeführten 
Zange vom Sargafiumgejchlecht an, die ſich vermöge des Reichtums an 
suftblafen in ihren oberen Teilen im Waſſer aufrecht erhalten. Nach 
Runge bededen fie das Meer mr in Ioderen, oberflächlichen Streifen von 
söhttens 30—40 m Länge; die Bezeichnung „Sargafjomeer”, die man 
ut vielen Karten findet, enthält alfo eine ziemlich) ftarfe Übertreibung 
dieſes untergeordneten Phänomen. 

$ 140. Unmittelbar an den Floridaſtrom fchließt fich jene berühmte 
nerdöftliche! Strömung an, die für dag Klima unjeres Rontinentes fo außer- 
ordentlich wichtig iſt, und auf die wir nach Petermann's Vorgang den 
Namen Golfſtrom beichränfen, während ihn andere auch auf den verhältnig- 
mäßig feichten Floridaftrom ausdehnen. Nicht bloß eine oberflächliche 
Schicht warmen Waſſers fließt dem arftifchen Meere zu; Liegt doch noch beim 
Felſeneiland Rodall (57.6° 3.) die Tiefenijotherme von 5° um 650 m 
reier als im atlantifchen Aquatorialgürtel. Im Sommer erreicht der Golf- 
itrom jeine größte Ausdehnung. Ein Ausläufer dringt in die Baffinsbai 
en, aber höchſtens bis zum 75. Barallel; ein zweiter bejpült die Wejt- 
:ufte Spitzbergens und ein dritter gelangt big Nowaja Semlja, hat aber 
nach einer Meſſung im Jahre 1881) am Eingang in die Matotichkinftraße 
zur mehr eine Mächtigfeit von höchſtens 2m. Über diefelbe hinaus ge- 
langt er wohl nicht; und wenn aud im Spätfommer, wenigiteng im 
September, eine eisfreie Rinne die Schifffahrt vom Jeniſſei bis zum Kap 
Zicheljusfin ermöglicht, jo ift dies nur ein Werk der großen fibirifchen 
slülie, deren Gewäſſer nad) dem Austritt in dag Meer durch die Erd- 
rotation nach Dften abgelenft werden. 

Im Winter erliicht der Golfftrom fchon in geringerer Polhöhe, aber 
roch immer umgiebt er ganz Island (wie Hoffmeyer nachwies) und ganz 
Norwegen mit einem warmen Mantel. 





Im Gegenjag zur Richtung der Winde bezeichnet man die der Meeresftrömungen 
rech der Himmeldgegend, nad) welcher fie fließen. 


Golfftrom und 
atlantifche 
Bolarftröme. 


Die übrigen 
Ozeane. 


166 j Zechstes Kapitel. 


An drei Stellen trifft er mit Polarftrömen zujammen, die im 
Sonmer Eisberge und Meereis nad) Süden entführen. Ber Zabrador- 
ftrom, der aus der Baffinsbai kommt und durch zahlreiche Zuflüſſe aus 
dem arftiichen Archipel von Nordamerifa verftärft wird, begegnet dem 
Floridaſtrom bei Neufundland, und weicht ihm, Durch die Erdrotation 
abgelenkt, nach links aus. Er bildet den fog. „falten Wal” an der Dſt—⸗ 
füfte der vereinigten Staaten und dringt auch — wie der Verlauf der Tiefen- 
ijothermen in Fig. 36 (S. 171) lehrt — unter die warme Strömung ein. Daß 
übrigens ein Zeil des falten Wafjers fchon bei Neufundland unter den 
Sloridaftrom untertaucht und direkt nach Süben fließt, ergiebt fich daraus, 
daß gelegentlich Eisberge den Ießteren durchqueren. Äühnlich verhält fich 
die oftgrönländifche Strömung, die an der Südſpitze Grönlands nad 
Norden umbiegt, zum Golfftrom bei Island, nur daß hier im Sommer 
das kalte Waſſer nicht bloß unterjeeifch unter dag warme eindringt, ſon⸗ 
dern auch oberflächlich dasjelbe überflutet, weil fein ſpezifiſches Gewicht 
durch dag Schmelzwaffer des Eifes verringert wird. ine dritte arktiſche 
Strömung begegnet dem Golfftrom im Sommer bei der Bäreninfel und 
teilt ihn in zwei Arme. Über das Verhalten diejes, fowie des vorher- 
genannten Polarjtromes im Winter wiſſen wir nicht8 Sicheres. 

8 141. Der füdliche Urm ber atlantischen Agquatorialftrömung fliet 
nach den neueften Unterfuchungen von Krümmel als Brafilitrom der 
Küfte von Südamerika entlang bis 48° ©. und biegt dann nad Weiten um, 
um als Benguelaftrom in die Aquatorialftrömung wieder einzumünden. 
Zwiſchen dem Brafilftrom und der Küfte zieht der Falklandſtrom, ein 
Ausläufer der antarktiichen Strömung und ſomit ein Bendant des Rabrador- 
ftromes, bi8 Rio Janeiro. 

Demjelben Kreislauf begegnen wir auch in den übrigen Dzeanen: 
zwei äquatoriale Strömungen, die durch eine ©egenftrömung getrennt 
werden; warme Ströme, die al3 Ausläufer der äguatorialen an den Oſt— 
füften der Kontinente höherer Breiten zueilen (der Kuro Siwo entipricht 
dem Florida, die oftauftralifche und Agulhasftrömung dem Brafil- 
ſtrome); falte Ströme, die an den Weftjeiten der Feſtländer gegen den 
Aquator vordringen, um fid) mit der äquatorialen Strömung zu ver: 
einigen (californijch-merifanifche Strömung, Beruftrom und weſt— 
auftralifche Strömung, lettere aber ausnahmöweile durch einen warmen 
Stromarm von der Küſte getrennt), und endlich öftliche Strömungen, die 
die meridionalen Flüſſe miteinander verbinden. 

Ist aber auch dieſe Anordnung allen Ozeanen gemeinjam, jo hat doch 
jeder wieder feine Eigentümlichkeiten. Im indifchen Ozean und in der 
Chinafee ift die nördliche Aquatorialftrömung und die Gegenftrömung nur 


Das Meer. 167 


zur Zeit des NOD.-Monfuns ausgebildet; in der Periode des SW.-Monfung 
— ſie aber ganz und die ſüdliche Äquatorialſtrömung nimmt ihre 
Stelle ein. Über die äquatorialen Strömungen im ſtillen Ozean be— 
ſitzen wir nur mangelhafte Kenntniſſe. So iſt es z. B. fraglich, ob die 
Geſtalt der Gegenſtrömung ſo ſehr abweicht von der des Guineaſtromes. 
Neuere Beobachtungen auf der Route Apia (Samoa)-Torresſtraße ſpre⸗ 
chen von konſtant öſtlichen Strömungen, während alle Karten hier weſt⸗ 
liche angeben. Der Kuro Siwo ift nur ein ſchwächliches Gegenſtück 
‚um Floridaſtrom. Er wird durch das oſtaſiatiſche Inſelgewirr vielfach 
geteilt und aufgehalten, und außerdem ein Drittel der Zeit durch widrige 
Binde abgelenft oder wenigfteng gehemmt. Eine dem Golfitrom ähnliche 
Strömung kann fich bier nicht entwideln, denn in der Breite, in welcher 
ner im atlantiihen Ozean erft beginnt, liegen die Aleuten und jenſeits 
derielben fteigt der Meeresboden raſch zur feichten Beringsenge an. Kein 
Ausläufer des Kuro Siwo dringt über den Aldutengürtel vor, wie Dall 
kürzlich nachgewieſen bat, und ebenjo dringt auch fein Strom aus dem 
arftiichen Meere durch die Beringsitraße in den ftillen Ozean ein. Wohl 
tommt eine falte, aber wechjelnde Strömung aus dem Beringsmeer; Die 
eigentlichen falten Ströme ſendet aber dag ochotskiſche Meer aus: den 
turilifhen längs der Weſtküſte Kamtichatlas big nad) Nipon, den ja- 
chaliſchen an der Dftleite Sachaling und die Amur-Liman» Strömung, 
die an der Feſtlandsküſte wahrfcheinlich bis nach Korea gelangt. 

Auch aus dem antarftiichen Ozean kommen Strömungen bi® gegen 
4’ S.; ein Beweis dafür ift die weit vorgefchobene Aquatorialgrenze des 
Zreibeifes, von der wir jpäter eingehender Sprechen werden (ſ. Karte XII). 
Tie Ströme verlaufen im allgemeinen in öftlicher und nordöftlicher Rich- 
tung; doch find unjere Kenntniſſe davon keineswegs fo eingehend, als 
manche Karten vermuten laſſen. Eine andere Trage iſt die, ob die Lalten 
Strömungen an den Weſtküſten der Südfontinente mit den Polarſtrömen 
zuſammenhängen. In Bezug auf den fälteften unter denjelben, den Beru- 
itrom, bat Hettner dieſe Frage verneint. Käme er nämlich aus dem 
Eismeer, jo müßte er auch an ber weitpatagoniichen Küfte die Temperatur 
bedeutend erniedrigen, was aber keineswegs der Fall ift. Sein erfältender 
Einfluß macht fich erft bei Chile geltend und fteigert fic) gegen den Aquator 
zu (1. Fig. 36). Schon früher haben wir darauf aufmerkſam gemacht, daß 
auch die nördlichen Weſtküſten von falten Strömen begleitet werden, von 
denen wir ficher willen, daß fie nicht aus den Polarmeeren kommen. 
E3 können aljo die Fortſetzungen der relativ warmen öſtlichen Verbindungs- 
tröme ihren thermifchen Charakter völlig verändern, fobald fie ſich aus 
höheren in niedere Breiten bewegen; fie erjcheinen danı als falt im Ver- 


— — — — — 











Iheorie der 
Meeresſtrö— 
mungen. 


168 Sechstes Kapitel. 


gleich zu ihrer Umgebung. Es iſt übrigens auch möglich, daß — wie 
Toynbee in Bezug auf die Benguelaſtrömung anuimmt — ihre Tempe 
ratur durch aufſteigendes Tiefenwaſſer, welches das durch die Paſſate weg— 
getriebene Oberflächenwaſſer zu erſetzen beſtimmt iſt, erniedrigt wird. 

8 142. Vergleicht man eine Karte der Meeresſtrömungen mit einer 
Windkarte, jo drängt ſich jeden vorurteilsfreien Beobachter die Überzeugung 
auf, daß beide Phänomene in irgend einem Zuſammenhange ſtehen mitten. 
Daß die Winde das Waſſer nicht bloß in Schwingung veriegen, Tondern 
auch in ihrer Richtung fortbewegen, ift eine tägliche Erfahrung Der See— 
fahrer, und ſeekundige Männer Haben auc) zuerst Die Anſicht ausgeiprochen, 
daß die Meeresftrömungen ein Broduft der Winde Jind Mean 
hat auch von jeber unregelmäßige oberflächliche Strömungen als Erzeug 
nie der Winde angeleben; aber dielen Sog. Triftftrömungen ftellte man 
Die tiefgcehenden echten Meeresſtröme gegenüber, De man aus den Tempe 
raturgegenſätzen zwiſchen Pol und Äquator, ans der Verschiedenheit des 
ſpezifiſchen Gewichtes und dergleichen zu erklären ſuchte. 

Tiefe genetische Einteilnng iſt durch Die theoretischen Untertuchungen 
von Zöppritz binfällig geworden. Tie Nelultate find in Kürze Folgende. 

Wenn ſich Die oberste Waſſerſchicht aus irgend einem Grunde mit 
gegebener Geſchwindigkeit in ihrer eigenen Ebene fortbewegt, jo erhält Die 
werte Zchicht infolge Ihres molekularen Zuſammenhanges nt der obersten 
einen Antrieb zur Bewegung in gleicher Nichtung, und ihre Geſchwindigkeit 
muß ſich der der erſten Schicht immer mehr nähern, wenn Die gleichförmige 
Bewegung Tortdanert. In gleicher Weiſe pflanzt ſich die Bewegung bei 
genügend langer Dauer auf die dritte, dann auf die vierte Schicht Tort, 
und endlidy bis zum Boden. In einem 4000 ın tiefen Ozean wird unter 
der Vorausſetzung, daß der Wind an der Iberfläche mit fonftanter Rich— 
tung und Geſchwindigkeit weht, Die Schicht in 100 1m Tiefe in 41 Jahren I. 
und in 239 Jahren Die balbe Oberflächengeſchwindigkeit erreichen. In ca. 
200 000 Jahren wird der ſtationäre Zuftand hergestellt Jen, in welchem die Ge: 
ſchwindigkeit von der Oberfläche bis zum Boden proportional der Tiefe abnimmt. 

In Wirtklichkeit bleibt ich aber weder Die Nichtung noch Die Ge: 
\chwindigfett Des Windes immer gleich. Aber auch Die Veränderungen 
pflanzen ſich mur mit großer Langſamkeit nach der Tiefe fort, ſodaß rasch 
vorübergebende nur die oberſten Schichten beeinfluſſen. Die tieferen 
Schichten werden dagegen im Laufe der Zeit eine Bewegung 
in der Richtung Der vorberrichenden Winde annehmen, und 
Ihre Geſchwindigkeit wird durch Die mittlere Geſchwindigkeit an 
der Oberfläche beſtimmt. 

Die Meeresſtrömungen der Gegenwart ſind alſo ein Produkt aller 


Das Mer. 169 





Rinde, die jeit ungezählten Jahrtauſenden über die betreffenden Gegenden 
des Dzeans Hinweggeftrichen find. Die große anticyklonische Luftbewegung 
um die jubtropiichen Barometermarima ruft einen gleichen Wirbel von 
Meeresftrömen hervor. Die falten meridionalen Ströme an den Weftfüften 
und die Aguatorialftröme folgen den Paſſaten, und der rückläufige Paſſat 
erwugt auch eine rückläufige Waſſerbewegung. Bon den Äquatorialftrömungen 
vd die ſüdlichen Eonjtanter und geſchwinder, wie der jüdliche Paſſat, und 
sangen mit diefem in die nördliche Hemilphäre ein. Die öftlichen Strö- 
mungen der höheren Breiten entiprechen der vorherrjchend weftlichen Wind- 
rätung und Die arftiichen Strömungen, ſoweit wie fie kennen, den nörd- 
ihen und nordwestlichen Winden. 

Infolge der ihm eigenen Bewegungsenergie jet jedes Wafjerteilchen 
nen einmal eingefchlagenen Weg fort, folange e3 auf fein Hindernis 
opt und die Reibung mit den ruhigen Wafferteilchen, die es ebenfall3 in 
Vewegung fegen muß, feine Gejchwindigfeit nicht aufgezehrt Hat. Die 
durh einen bejtimmten Wind, 3. 3. den Paſſat, erzeugte Be- 
pegung kann ji alſo aud) außerhalb feines 
Sereihes fortfegen. Aber im Gegenfag zu den 2 
xuftitrömungen find die Meeresftröme an fefte Ufer 2 
bunden, und ihre urjprünglicde Anordnung wird 2 
durch die Geftalt der Küften weſentlich modifiziert. % 
Sem die Ströme a und 5 (Fig. 35) die Vertifalwand 
sy treffen, fo mülfen fie ſich in je zwei Ströme (a’«“ / 
nd 55°) teilen, welche diefelbe Gejchwindigfeit, wie — 
die Mutterftrömung, aber nur deren halbe Breite 7 
keiigen. Während dann a’ und d' ihren Weg ber 
Sand entlang fortfegen, vereinigen fi a” und d“ 
ur Segenjtrömung ec, welche die Gejchwindigfeit und , 
Preite der Stammftröme befibt. 4 

In der Natur find die Verhältniffe freilich fom- 
eisierter. Die Kontinente werden nicht von gerade % 
verlaufenden Bertifalwänden begrenzt; fie fteigen all- 
mihlih vom Meeresboden an,. und ihre Küften find 
karegelmäßig und Häufig durch Infelreihen gedeckt. Sig. 35. Teilung ber 
Zrogdem vollzieht fich die Teilung der Nguatorial- —— und 
"töme an den Oſtküſten ber beiden Feſtlandmaſſen in rũclaufiger Strom. 
anliher Weiſe, wie unter den theoretifchen Borausfegungen, und ebenfo 
"den wir auch in allen Meeren äguatoriale Gegenftrömungen. 

$ 143. Aus unferen bisherigen Betrachtungen ergibt fich folgendes Ener ber 
<aitem der Meereöftrömungen: —— 





Oberflächen: 
temperahır., 


170 . " Sechstes Kapitel. 


I. Meeresftrömungen, durch Winde erzeugt. 

1. Paſſatſtrömungen beftehend aus brei Gliedern: a) Kalte Strö- 
mungen an den Oftfüften; b) Aquatorialftrömungen; c) Strömungen 
des rüdläufigen Paſſates. 

2. Ausläufer der Balfatftrömungen: a) Warme Ströme an den 
Weitküften der Ozeane; b) Aquatoriale Gegenftröme. 

3. Die Monjunftrömungen des nordindiichen Ozeans und der 
Chinafee, offenbar nur Oberflächenftrömungen. 

4. Die öftlihen Strömungen mittlerer und höherer Breiten. 

5. Bolarjtrömungen. 

I. Meeresftrömungen, dur andere Urſachen erzengt. 3. B. Die 
Strömungen zur Ausgleichung des fpezifiichen Gewichtes, Tidenftrömungen, 
Strömungen, die durch Flüffe erzeugt werden, u. dergl. Zu der zweiten 
Hauptkategorie gehören wohl auch manche ozeanische Strömungen, wie 
3. B. der Arm des Golfftromes, der entgegen den jtetig wehenden NW.⸗ 
Winden in die Baffinsbai eindringt. Überhaupt wird fich ein definitives 
Syftem der Meeresftrömungen erſt dann feitftellen laſſen, wenn eingehende 
Beobachtungen aus allen Meeren vorliegen und einige wichtige ‘Fragen, 
die wir im folgenden Abjchnitt berühren wollen, beantwortet jein werden. 


Die Wärmeverteilung im Meere. 

8 144. Schon in $50 wurde erwähnt, daß dag Waller Die Sonnen: 
wärme langjamer aufnimmt, aber auch langjamer abgibt, ala das Land. 
Daraus erklärt fich einerfeit3 die verhältnismäßig geringe Wärmeſchwankung 
an der Oberfläche des Meeres, anderjeit3 die Verjpätung der Marima und 
Minima gegenüber denen der Qufttenperatur. Im allgemeinen ift in den 
mittleren und niederen Breiten die Meeresoberfläche im März am Fälteften 
und im September am wärmiten. 

Die Dberflähentemperatur ift von der geographifchen Breite 
und von den Strömungen abhängig. Die Iſothermen der Meeresoberfläche 
(und unter ihrem Einfluffe auch die der Luft) ſinken im Bereiche kalter 
Strömungen gegen den Äquator herab, und fteigen im Gebiet warmer 
Ströme polwärt3 an (Fig. 36). Daher ift.zwilchen ca. 40° N. und 40° ©. 
das Meer im Oſten fälter und jenfeit diefer Parallelen wärmer als im 
Weiten. Die Mächtigfeit des Golfjtromes verrät ſich durch die weit nad) 
Norden gefchwungenen Iſothermenkurven, und dag Zujammenrüden der 
MWärmelinien bei Neufundland ift ein Werf der Labradorjtrömung. Für 
den atlantifchen, wie für den ftillen und indiichen Ozean gilt dag gemein- 
jame Gejeb, daß die nördlichen Partien wärmer find als die entiprechenden 
jüdlihen. Für die Zone von 8 big 20° N. beträgt das Plus im atlan- 


Das Beer. 171 





tüchen Ozean 2-1°, im ftillen 1. 80 und im indiſchen 0-8°; für die Breiten 
OR. im atlantiſchen Ozean 31° umd im pazifiichen O-8°. Diefer 
Gegenfag von Nord und Süd ift in feßter Linie eine Folge der ſtärkeren 
Intwidlung des SD.-Baffates. Die füdliche Aquatorialftrömung, die im 
atlantifchen Ozean beftändig, im indifchen aber nur zur Beit des SW.- 
Monſuns den Aquator überjchreitet, führt unferer Hemifphäre eine Menge 
emwärmtes Waſſer zu, und dieſes ernährt wieder die mächtigen warmen 
Ströme der nörblicheren Brei⸗ 
tm. Die Ozeane ber füdlichen 
zmäßigten Zone erhalten da⸗ 
segen nicht nur weniger Tropen- 
waijer, ſondern ftehen überdies 
noch mit dem Eismeer in offe⸗ 
ner Berbindung. Dies ift wahr- 
icheinlich auch der Grund der 
siemlich gleichmäßigen Tempe- 
raturverteilung jenfeit des 30. 
Züdparallel3. Diesſeit desſel⸗ 
ben ſind die Gegenſätze bedeu⸗ 
iend größer. Innerhalb des 
Tropengürtels (20° N. big 
30% 3.) ift der indiſche Ozean 
am wärmften, ber atlantifche 
am fältejten. Dagegen ift nörd- 
ih von 20° N. der atlantifche 
Drean beträchtlich wärmer als 
der pazifiſche, obwohl diefer 
f ir. Big. 86. Jſothermen der Oberfläche des atlantiſchen 

—— ae I ns nn Fairer ns an 
hoben Borrang des Golfftromes vor dem Kuro Siwo. 

$ 145. Wie in der Lufthülle unferes Planeten die Temperatur mit Ziefentempera- 
der Höhe abnimmt, jo in der Waflerhülle mit der Tiefe. In derſelben Be 
Richtung vermindert ſich auch die Wärmeſchwankung, die in ca. 200m im Meer. 
Tiefe völlig erliicht, ſodaß in den tieferen Schichten das ganze Jahr hin- 
durch eine gleichmäßige Temperatur herrfcht. 

Während aber die Atmofphäre hauptſächlich von unten erwärmt wird, 
empfängt das Wafler feine Wärme von oben, und die Temperaturverteilung 
in einer Waſſerſäule geftaltet fich daher weſentlich anders, als in einer Luftſäule 
von gleicher Höhe. In den tieferen Süßwaſſerſeen unferer Gegenden 
ehigt die Sommerjonne nur eine dünne Oberflächenſchicht, während bie 





D 


172 Sechsſtes Kapitel. 


Winterfälte viel tiefer eindringt; denn die Oberflächenfchicht, die durch Ab- 
fühlung ſchwerer geworden ift, finft unter, um wärmeren Tiefenſchichten 
Play zu machen. In der Tiefe kann ſich aber die Temperatur nie weit 
von 4° entfernen, denn bei diefem Wärmegrade erreicht dag Süßwaſſer 
jeine größte Dichte. Im Sommer nimmt aljo die Wärme mit der Tiefe 
ab, im Anfange raſch, dann langjam, bis die mehr oder weniger mächtige 
Schicht mit einer konſtanten Temperatur von ca. 4° erreicht iſt; im Winter 
findet dagegen in derjelben Richtung eine zeitweile Temperaturzunahme 
ftatt.? Die Eisbildung beginnt daher ſtets an ber Oberfläche und jchreitet 
langjam nach unten fort. Aber niemals können unfere tieferen Landfeen 
bis auf den Grund gefrieren, und fo kann das organifche Leben derjelben 
auch den Winter überdauern. 

Im Meere geftalten fich die Verhältnifje etwas anders. Die Sommer: 
wärme pflanzt fich nicht bloß durch Leitung nad) unten fort, jondern auch 
durch eine abjteigende Strömung, indem die Oberflächenichicht, durch Ber- 
dunſtung relativ jalzreicher und daher ſchwerer geworden, unterſinkt. Ferner 
erreicht bag Dteerwaffer fein Dichtigkeitgmarimum bei tieferen Temperaturen 
als dag Süßwaſſer, und zwar bei um ſo tieferen, je höher ſein Salz— 
gehalt iſt. Doch kann ſelbſt im polaren Klima die marine Bodentemperatur 
nicht unter ca. —4° ſinken. 

In jenen trogartig eingejenfkten Binnenmeeren, die Durch eine hohe 
Bodenjchwelle vom Ozean getrennt find, iſt die Temperatur der tieferen 
Schichten von der mittleren Wintertemperatur der Luft abhängig.‘ Im 
europäifchen Mittelmeer hat während der fälteren Jahreszeit fat die ganze 
Waſſermaſſe ca. 13%. Im Sommer wird die Oberfläche auf 21 big 27° 
erhigt, und dringt die Wärme im öftlichen Beden tiefer ein ala im weft- 
lichen; aber ſchon in leiner Tiefe von 560 m ſinkt überall das Thermo- 
meter auf ca. 13°, und diefe Temperatur bleibt fonftant bis zum Boden. 

Haben wir dag Eingangsthor zwifchen den Caps Trafalgar und 
Spartel überfchritten und das ozeaniſche Neich betreten, fo finden wir 
eine ganz andere Anordnung. Die oberjte Schicht, bis ca. 200 m Tiefe 
reichend, iſt dem Einfluſſe der Sonnenſtrahlen ausgeſetzt, und die Tempe— 

! Simony beobachtete im Oftober 1878 folgende Temperaturen: 


Oberfläche 20 w X. Boden 
Atterſe.. 171m T. 147° 4.78 4-00 


Gmundener See 191m T. 18-1 10-1 4-6 
Se geringer der Zufluß ift, deito wärmer ift die Oberfläche, aber deſto mächtiger 

auch die thermiſche Tiefenſchicht. 
2 Die Temperaturverteilung im Züricher See war am 25. Januar 1880 nach Forel 


folgende: 
Tiefe m 8 20 40 60 80 100 120 133 


Temp. 0-2° 2.90 3-50 3.70 3.80 3.90 4.00 4.00 


Das Meer. 173 


ratur nimmt außerordentlich vajch mit der Tiefe ab. In der mittleren 
Schicht, zwilchen ca. 200 und 1000m Tiefe, vermindert fich die Wärme 
iangiomer, aber immer noch um mehr als "/,° für je 100 m. Jenſeits 
der Tiefenlinie von durchichnittlich 1000 m finft die Temperatur bis zum 
Roden nur mehr um 4—5°. Dieje Dreiteilung ift in allen Ozeanen der 
ropiihen und gemäßigten Zone beobachtet worden. Von ca. 1800 m an 
derſchwindet hier der Einfluß der Breite völlig und die Temperatur iſt 
uberall ziemlich gleichmäßig; ja ſelbſt am Grunde der Polarmeere ift fie 
ar um etwa 5° niedriger, als die höchiten Bodentemperaturen der mehr 
ca 4000 m tiefen See niederer Breiten. 

8146. Berüdlichtigt man die Durchjchnittstemperatur der ganzen Waſſer⸗ 
maſſe, jo ift der atlantijche Ozean! (}. Fig. 37—39) zwilchen 30 und 
EN, der wärmfte Teil des ganzen Weltmeeres. Über einer Fläche von ca. 
1Mill. qkm lagert eine 550 m mächtige Schicht von mehr als 15-6° mitt- 
kere Wärme. Hier ift die Geburtsftätte jener allgemeinen nordöftlichen Waſſer 
bewegung zu juchen, die wir als Golfftrom bezeichnen. Selbft im Tropen- 
gürtel ift das Waſſer ſchon in 180 m Tiefe beträchtlich kälter, ja in den mittleren 
Schichten der ſüdlichen Hälfte (#—20° ©.) fogar kälter, als zwifchen 20 und 
wr S. Auch zwilchen Weit und Oft beftehen Gegenfäge, wenn auch nicht 
io tiefgreifender Natur, wie zwilchen Nord und Süd. Bis zu einer Tiefe 
son rund 550 m ift der nordatlantiiche Ozean im Weiten, d. h. im Ge- 
biet des Ausläufer der Aguatorialftrömung wärmer, als im Dften; in 
den unteren Schichten aber fälter, weil durch die untergefunfenen PBolar- 
tröme abgefühlt. Auch in der Südatlantik find die oberen Partien ber 
Beithälfte durch höhere Wärme ausgezeichnet, während in den mittleren 


t Bergleichende Überficht der Wärme des Utlantifchen und Stillen Ozeans: 



















| Atlantiſcher Ozean. 


Tiefe: Faden 0 . 50 | 100 | 200 | 300 500 1000 1500 
Meier 0 m 183 | 806 | 549 014 | 1829 , 2748 
































40 200 R.|21-20|17-8% 18-90 14-50| 12-70 7.70| 3.60| 2-50 
20-0 = 125.4 |16-4 |14-1 10-3 | 72 | 4-9 | 3-3 | 2-6 
0-20 ©.|24-8 |18-3 |13-2 9-2 | 6-5 | 4-3 | 3-4 | 2-6 
2-40 = [19-1 '18-3 |14+-1 10-8 | 6-8 | 3-6 | 2-6 | 2-2 
Stiller Ozean (nad Boguslamsti). 
40-200 9.120-80 16-60113-90 9-80| 8-20| 3-80] 1-90| 1.40 
2-0 = |26-7 24-3 |17-3 | 9-6 | 7-4 | 4-8 | 2-8 | 1-4 
6-20 ©.'26-6 |25.6 .21°2 |11-5 | TA | 44 2:3 | 1-5 
2-40 = 120.2 18.8 116.5 12-4 | 8-4 | 5-6 | 2.0 |(1-5) 





Atlantifcher 
Dean. 


174 Sechstes Rapitel. 


Wertifale Temperaturverteilung im atlantiſchen Ozean. 
(Nach den Beobachtungen des „Challenger“, 1872—13 u. 1876.) 





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Fig. 37. Tiefeniſothermen des atlantiſchen Ozeans zwiſchen 30 und 40* N. 


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Fig. 38. Ziefenjothermen des atlantiichen Izeans zwiichen 30 und 40° & 


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1090 za) wen, wich sU0O 400 000 — 1 


Fig. 39. Meridianaler Durchſchnitt Durch den atlantiſchen Ozean. 


keine ausgeſprochenen Differenzen zwiſchen Weſt und Oſt beſtehen. In den 
Bodentemperaturen der Becken tritt aber der Gegenſatz wieder ſcharf zu 
Tage, wie folgende Uberſicht zeigt: 
NW. Becken Nordhälfte des O.-Beckens 

1.30 Dis 1-8" 1-0" bi8 2 


SW. Becken Südhälfte des O.Beckens 


Norden 0-2" Dis 0.9" 2.1° dig 2.40 
Mitte 0-6 bis 0.8 
Ziden 0-4 bis —0-.6 Kap-Becken 


0. 50 bis 1.09 
Es iſt flar, Daß Diele niederen Temperaturen nicht an Ort und Stelie 
entitanden fein können. Ein anderes Beiſpiel wird Dies noch beifer zeigen. 


Dos Heer. 175 


Nur neun Bogenminuten nördlih vom Aquator (unter 30.30 W.) beob- 
achtete der „Challenger“ folgende Temperaturen: 


Oberfläche 253° Tiefe 914m 4-0° 
Tiefe 9Im 19-6 1829 3.0 
183 19-4 2377 2.0 

366 8-2 4160 
549 5.4 (Boden) 0-9. 


Wir haben hier eine Waffermafje von faft 4000 m Mächtigkeit, beren 
zanperatur niedriger ift, als die tieffte Hier mögliche Lufttemperatur. Wir 
‘hließen daraus, daß das Tiefenwafler vom PBolarmeer ftammt 
und Daß es Durch eine dauernde unterjeeifhe Strömung be- 
tändig erneuert wird, da e3 ja ſonſt jchon eine höhere Temperatur 
bitte annehmen müfjen. 

Es kann auch feinem Zweifel unterliegen, Daß da3 äquatoriale Tiefen- 
waſſer antarktiſchen Urfprungs ift, denn nur nad) ©. finkt die Boben- 
temperatur, während fie nach Norden Hin fteigt. Wir werden bier aufmerffam 
auf die hohe Bedeutung des unterfeeifchen Reliefs. Am ungehindertften 
ergießt ſich das polare Wafjer in das ſüdweſtliche Beden, wobei noch zu 
beachten ift, daß dieſe Strömung infolge der Ablenkung durch die Rotation 
der Erde überhaupt die Tendenz hat, nad) Weiten fich zu wenden. Auch 
m das Kap-Beden gelangt noch Waller von weniger als 1°, aber in die 
anderen, die durch zufammenhängende Bodenanfchwellungen vom füdweft- 
Ichen Becken gefchieden find, nıır das wärmere Wafjer jener Schicht, die in 
gleicher Höhe mit dem jubmarinen Rüden Liegt. Aus demfelben Grunde 
bieibt das Mittelmeerwaffer vor dem Einbruche der atlantifchen Kälte ge- 
hist, und Die nordatlantiichen Tiefen vor dem Eindringen des arktiſchen 
Kurerd. Dievon Krümmel berechneten Zugangsdimenfionen beweifen dies: 

Bugangäbreite Zugangätiefe Zugangsquerfänitt ! 
Arktifche 1521 km 585m 890 qkm 
Untarttiihe 9186 2740 25170 


$ 147. In der Fortſetzung des atlantifchen Thales Liegt dag nörd- 
he Eismeerbeden. Die Temperatur nimmt in den Polarmeeren 
— wenigftens im Sommer — nicht überall regelmäßig mit der Tiefe ab; 
baufig iſt eine kalte Schicht zwiſchen zwei wärmeren? oder auch eine 





! Die Breite multipliziert mit der Tiefe. 

239. 68-20 N., 15-7 ©. (19. Juni 1878, nad) Mohn) 

Zifem 0 18 37 7 10 14 183 866 624 (Boden) 
Zemp.° 10-7 8.0 57 44 GI 58 5-9 6-4 6-5 


Rördlidyes 
Elamerr. 


176 Schstes Kapitel. 





warme Schicht zwiſchen zwei fälteren eingeſchloſſen.! Nachſtehende Turd 
ſchnitte werden uns über die vertikale Wärmeverteilung Aufſchluß geben. 
Im Süden des Grenzplateaus, das hier bis 649m aufiteigt, breitet ſich 
das warme atlantiiche Waller aus, während im Eismeerbecken und in 
deſſen ſüdlicher Fortſetzung, der Färöer-Shetlands-Rinne, Die warm 








3x N 
12 ıW 13.” 11°% 11°3- 10% 1 10° 
m — — — En — — —— —— 57 un — = 
10” . 
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1090 H — — F 
J ...- + - a — — 1m 
ü I. wat Fäar-OVer- Shetland —.__ 
\ v Bir: m. 
2U00 x — 2 
— | 
200v0 N 1° 
Eismecer > 
becken 
ION —. un. — " — TE — — — — m, u — — ⏑ — mn PO: . 
Kuü [227% "ou Uo 1000 1200 12.-r Kr. 





Fig. 40. Bertifale Temperaturverteilung im europäiſchen Nordmeer nah Mohn. 


dicht, die offenbar aus dent atlantijchen Ozean ſtammt, verhältnismäru 
dünn iſt (Fig. 40). Unter derſelben hat das Wieer Weinus- Temperaturen, abır 
ohne den Gefrierpunkt des Salzwaſſers zu erreichen; Die Bodentenperaturen 
ſchwanken zwilchen — 1-2" und - - 1-7". Eine Vermiſchung beider wer 
Ihieden warmen Waſſermaſſen verhindert das Platean. Im Folgenden Turd:: 
ſchnitt (Fig. 41), Der ſenkrecht zum erſten gezogen tft, Vehen wir, wie die warm 














West In 
Island 9° qm. u 12° Kerr u | 
— HT 2.0. ” „1° — 7” 1.7 

x TI — — — — — .. . ie — f RK Irre N. 

Pe —757 ei. ! — Hınk Hırmıt 
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kinmeer-Bucken 

an “ TE U U —— . (ey — — In: U 4 nn 0, = nn 
PL) 100 u zoo 1000 Alın. im 


Fig. 41. Vertikale Temperaturperteilung im europäiſchen Nordmeer nah Mohn. 


Golfſtromſchicht von Weſten nach Oſten an Mächtigkeit zunimmt. Di 

0’ Hotherme Liegt im der öſtlichen Hälfte zwiſchen 549 und 1225m wii 

und im Mittel in S6O m Tiefe. Dieſer Gegenſatz erklärt ſich Dadurch, Du! 
ID TEAM. 45.50 O. 131. Juli 1878, Beob. „W. Barents“ 

Tieſem 17834 51 60 85 102 10 136 153 170 187 204 221 

Temp.“ 2-0 ID 0. 5 —ã - 05 —606 04 0.0 0:3 0:5 0:2 0:0 —60*2 


Das Mer. .177 


der Golfſtrom ſowohl durch die weftlichen Winde wie durd) die Erdrotation 
nah Dften gedrängt wird. 

Der norwegischen Küfte find mehr oder weniger breite Bänfe vor- 
gelagert, in die ber bedenartige Boden der Fjorde eingefentt iſt. Niemals 
serriert das Waſſer der letzteren, ſelbſt nicht unter den höchſten Breiten. 
Ihre Bodentemperatur ift durchichnittlih um 8-7° höher als die mittlere 
Jamartemperatur der Luft, ja nördlich vom 62. Barallel jogar um 2.2° 
höher, als die mittlere Jahrestemperatur. Es iſt Dies wieder ein augen- 
iheinlicher Beweis dafür, DaB das norwegijche Küftenwafjer feinen Wärme- 
torrat ans niederen Breiten bezieht; die Bänke ſchützen aber die Fjorde vor 
xm Eindringen des falten Waſſers des Eismeerbeckens. Auf jo mannig- 
jachen Bedingungen beruht aljo die abnorme klimatiſche Begünftigung des 
rordweftlichen Europa. 

Die warme Oberflächenjchicht wurde an der Weſtküſte von Spigbergen 
bis über den 80. Parallel und öftlich von der Bäreninfel big ca. 75° 3. 
verfolgt. In der Barentjee ſinkt die 00-Iſotherme nur noch an einer 
Stelle bis 200 m Tiefe herab, nähert fich aber im Norden jchon bis auf 
12? m dem Meeresjpiegel. Nördlich und nordöſtlich von Nowaja Semlja 
it das ganze Meer unter 0° abgekühlt. Nur an einigen Stellen wird bei 
Sindftille die Oberfläche durch die Sommerjonne vorübergehend ftärfer er- 
märmt, aber fchon von 50m an findet man eine nahezu fonjtante Tempe- 
tatur von —2-05 big —2-2°, und merfwürdigerweije im Winterhalbjahr 
rm ca. O-7° höher als im Sommer. Im fibiriichen Eismeer beobachtete 
man ſchon in 30—50m Tiefe —1 bi8 —2-4°, 

Es liegt aljo der Schluß nahe, daß das kalte Waffer des Eigmeer- 
bedens und der Färöer-Rinne arktifchen Urſprungs ijt. Dem widerjpricht 
aber der für polares Waſſer erfahrungsgemäß zu hohe Salzgehalt und 
enderfeitö der geringe Stidjtoffgehalt! desfelben; denn wir willen, daß Die 
Zuftmenge, welche das Seewajjer von der Atmofphäre aufnimmt, im um- 
gefehrten Berhältniffe zu jeiner Temperatur fteht. In der That finden 
wir auch im Gebiet der unzweifelhaft polaren oſtgrönländiſchen Strömung 
geringeren Salz und höheren Stidjtoffgehalt, als am Boden des Eis- 
meerbedend. Wir müſſen daher annehmen, daß das kalte Wafjer des 
legteren wenigften® zum Zeil aus dem atlantiichen Ozean ftammt, oder 
mit anderen Worten, daß hier der Golfitrom in einer abfteigenden Be- 
wegung begriffen iſt. 

$ 148. Im ftillen Ozean ijt die vertifale ZTemperaturverteilung 
m großen und ganzen zwar ähnlid) der im atlantiichen Ozean, doch be— 


ı Die Stidjtoffmenge des Wafjerd nimmt man ald Maß der gefamten Quftmenge, 
da der Sauerftofigehalt zum Teil von Zufälligfeiten abhängig if. 
Euyan. Bhufilte Erdkunde, 12 


Stiller Ozean. 


Antar! njcher 
Ozeun. 


—178 Scenstes Rapitel. 


ſtehen auch einige wichtige Unterſchiede. Der kälteſte Teil iſt der außer— 
tropische nördliche Izean. Am wärmſten iſt in den oberen Schichten die 
äquatoriale Zone und in den mittleren der ſüdliche Teil jenſeits von 20° 
ſ. B. In größeren Tiefen herrſcht weitaus mehr thermiſche UÜbereinſtimmung 
als im atlantiſchen Ozean. Ebenſo fehlen anch die verhältnismäßig be— 
deutenden Extreme der atlantiſchen Bodentemperaturen, denn in der Nord 
pazifik ſchwanken ſie im allgemeinen nur zwiſchen 0-5 und 1-69 umd in 
der Südſee zwiſchen 0-6 und 1". 

Wir ſehr die Mächtigkeit der nordatlantiſchen warmen Strömung die 
der nordpazifiſchen übertrifft, zeigen die Beobachtungen des „Challenger“ 
in beiden Meeren zwiſchen 32 und 380 N. 


Mittlere Tieſe der Iſothermen 


2,0 15° 10 n 
Atlantischer Ozean 20-10 W. 40m 430 m 786m 
Stiller Ozean 170! W. - 14070. 22 119 355 


Dagegen iſt Dis ca. 1000 m Tiefe der tropische und ſüdliche ftille 
Ozean wärmer als der atlantiſche in gleicher Breite, in größeren Tieien 
aber entichteden fälter, wen and) nirgends jo tiefe Bodentemperaturen 
gefunden wurden, als zwiſchen Südamerika und Triſtan d'Acunha. 

Eigentümlich iſt die Wärmeverteilung in den iſolierten Bodenſenkungen 
der öſtlichen Pazifik und des auſtralſaſiatiſchen Mittelmeeres. Su der Ge: 
lebesſee (zwiſchen dem Sulu-Archipel und Celebes) beträgt z. B. die Tempe— 
ratur von 1460m bis zum Boden in 4755 m Tiefe) gleichmäßig 3-6". Eine 
Barriere von 1190 ın Tiefe ſperrt nämlich Das kältere Tiefenwaſſer Des 
offenen Ozeans von dieſer Bodenſenkung ab. In der benachbarten, alt 
jeitig abgeichlofienen Suluſee, Die nur indirekt durch die China- und 
Celebesſee mit dem Ozean in Verbindung Steht, hat die Waſſerſäule ven 
730 — 4664m Tiefe (Boden, ſogar eine fonftante Temperatur von 10-3. 
Tas find weitere Beweiſe Für die Annahme, daß die ozeaniſche Tiefenkälte 
vom Südpole herſtammt. 

F 149. Verhältnismäßig wenig wiſſen wir von den Temperatur 
verhältniſſen des indiſchen Ozeans. Kaltes Bodenwaſſer erreicht auch 
hier den Äquatorialgürtel. Weiter als irgendwo anders drang hier der 
„Challenger“ gegen Die antarktiſche See vor. Zwiſchen 52 und 54" B. 
beträgt die Temperatur an der Oberfläche ſelbſt im Sommer nur 3°, in 
183m Tiefe nie mehr als 1°, und am Grunde in 3566m Tiefe —O-8", 
Welcher Gegenſatz zwiſchen dem füdlichen und nördlichen Ozean! Selbit 
in der verhältnismäßig kalten Nordpazifik fand man unter gleichen Breiten 
an der Oberfläche um 5-7 und in 183m Tiefe um 2-1° wärmeres 


Das Meer. 179 





Naller, und auch Die Bodentemperatur it dort Höher. Es müſſen alſo 
die warmen Strömungen in den höheren ſüdlichen Breiten — wenigſtens 
m Süden des indiſchen Dzeans — viel unbedeutender ſein, als in den 
nördlichen Meeren. Gerade dieſer Umſtand regt eine Reihe hochwichtiger 
‚fragen an, die noch ihrer Löſung harren. Es iſt Thatjache, daß eine Waſſer⸗ 
cirfulation zwiſchen dem Nordpol und dem Äquator durch das atlantiſche 
Thor mittels Oberflächenſtrömungen, die allerdings auch in beträchtliche 
Tieien hinabreichen, ſtattfindet. Ob außer dem Falkland-Strom noch andere 
dpolare Oberflächenſtrömungen bis in die Tropenzone hinaufgehen, iſt zweifel⸗ 
dait; aber ſicher iſt, daß eine ſubmarine antarktiſche Strömung den Äquator 
creicht und auch auf die nördliche Hemiſphäre hinübertritt. Sie iſt zwar 
außerordentlich langjam und verrät jich nur dem Thermometer, aber jedenfalls 
verdient fie den Namen einer Strömung, denn fie bewirkt eine Waſſer— 
veriegung. In welcher Beziehung fteht jie nun zu den Oberflächenftrömen? 
Und auf welche Weife erhält dag jüdliche Polarmeer Erſatz? Denn nur 
dann, wenn ebenjoviel Waſſer zufließt, als abfließt, kann fich eine fonftante 
Stromung entwideln. It es endlich wahricheinlih, daß die fchwachen 
warmen Strömungen der Südhemilphäre diefen Erſatz leiften ? 

Wyville Thomson ftellte die Hypotheje auf, daß auf der Wafler- 
balblugel die Niederichläge größer feien als die VBerdunftung, während auf 
den Meeren der Landhalbfugel, auf dem atlantischen, nordindilchen und 
nordpazififchen Ozean die Verdunſtung den Niederjchlag überwiege. Die 
antarktiiche Strömung gleiche nun dieſes Mißverhältni3 aus. So be- 
ttechend auch dieje Erklärung auf den erften Blick ericheint, fo erweiſt fie 
ch doch bei näherer Betrachtung als ziemlich haltlos, da fie auf ganz 
willkürlichen Annahmen beruht. Aber noch niemandem iſt es gelungen, 
etwas Beſſeres an ihre Stelle zu ſetzen. 


Das Meereis. 


$ 150. Während die übrigen Meere die Kontinente mehr verbinden 
als trennen, find die Polarmeere, als der Schauplag einer ausgedehnten 
ınd regelmäßigen Eisbildung, auch für das tauglichſte Schiff ein ernftliches 
Verkehrshindernis, das jeder Berechnung fpottet. Wie viele Opfer hat es 
getoitet, ehe man den Gedanken aufgab, durch die NW.-Baflage in den 
ihllen Ozean zu gelangen; und wenn auch die NO.-Paflage von Norden- 
ikiöld glüdlich überwunden wurde, fo ift doch auch diefe ruhmreiche That 
ohne praftifche Folgen für den atlantijch-pazifiichen Verkehr. Die marine 
Fisbildung ift überdies auch von Hoher Elimatifcher Bedeutung, denn das 


Eis verhält ſich gegen die Wärme wie Land, erfaltet aljo im Winter durch 
12° 


Bedeutung 
der marinen 
Eisbildung. 


Arten des 
Meereifes. 


Bildung bed 
Meereifes. 


180 Zechstes Kapitel. 





Ausſtrahlung raſch und intenſiv, und ruft Barometermarima und polare 
Winde hervor, während es in der fommerlichen Tauperiode Wärme ver- 
braucht und dadurch ebenfall3 abfühlend auf die Umgebung wirft. 

Eisbildung von polarem Charakter findet auch im Berings- und 
ohotsfifchen Meere ftatt. Auch das aſow'ſche Meer und die Dſtſee 
nördlich von der Linie Stodholm-Dfel gefrieren jeden Winter teilweife 
oder ganz, was offenbar durch den geringen Salzgehalt begünftigt wird. 
Süßwaſſer gefriert nämlich ſchon bei 0%, Salzwafjer aber erft bei ca. —2!/,°. 

$ 151. Das Eis der Polarmeere bejteht aus Eisbergen und Eis— 
feldern. Die erfteren ftammen faft ausſchließlich von Gletſchern Her 
(ſ. $ 108), doch können auch Teile der aufgebrochenen Eisdecke eines Fluſſes 
durch Aufeinanderpreffung wahre Berge bilden und wie das Gletichereis 
Geſteinsmaterial mit fich führen. Das Eisfeld ift marinen Urfprungs; 
Stüde desfelben nennt man je nad) ihrer Größe Flarden, Schollen 
oder Broden. Die Vorpoften gegen das offene Meer bilden loſe Eis- 
mafjen, das ſog. Treibeis, während das innere Bolarmeer mit ſchwerem 
Packeis beſetzt it, daS aber freilich auch nicht eine ununterbrochene Ei3- 
mafje bildet. Vielmehr werben die einzelnen größeren und kleineren Felder 
durch Stellen offenen Waflers, ſog. Waden, von einander getrennt. 

$ 152. erfolgen wir nun die Bildung und Umformung des Bolar- 
eiſes an der Hand der klaſſiſchen Schilderung von Weyprecht. Beim 
Beginn der kalten Jahreszeit ift noch altes Eis vorhanden, dazu kommt 
nun neue Eisbildung. Vom Sommer her hat das Polarmeer ein gewiſſes 
Wärmequantum, das ihm durch warme Strömungen, durch das Schmelz- 
wafjer des Eiſes, und (auf unjerer Hemifphäre) durch die Flüffe zugeführt 
wurde. Die erfalteten Oberflächenfchichten finken unter, die warmen fteigen 
in die Höhe. Eigentlich fünnte die Eisbildung erjt beginnen, wenn Die 
ganze Wafjermaffe unter — 2,,0 abgekühlt ift, aber in der That gefriert das 
Waſſer ſchon an der Oberfläche, ehe die warmeu Schichten herauffommen. Bei 
der rafchen Eisbildung an der Oberfläche wird nur ein Teil des Salzgehaltes 
ausgejchieden, bei der langjam nach unten fortichreitenden aber der ganze; 
dadurch werden die nächſten Schichten falzreicher, ihr Gefrierpunft wird 
herabgejeßt (bei 4 Prozent Salzgehalt auf —3°) und die vertikale Cirku— 
lation geht rafjcher vor fih. Erfahrungsgemäß beträgt die größte Dide 
des in einem arktiſchen Winter gebildeten Eijes nur 1—21/,m. Urjprüng- 
[ich hat es eine glatte Oberfläche, aber bald entjtehen infolge der Bewegung 
der Felder durch Wind und Strömungen, infolge von Gleichgewichtsftörungen 
und QTemperaturdifferenzen zwilchen Luft und Waſſer Riffe und Sprünge. 
Sofort fchießt in den Öffnungen Waſſer empor und treibt die Stüde des 
Feldes auseinander, wird aber bald ſelbſt von jungem Eiſe bededt. Die hin 


Das Meer. 181 


und ber getriebenen Felder fchieben fich über und unter einander (Eis— 
vreilung, Fig. 42), und verwachſen endlich, durch Negelation und Ausfrieren 
dr Zwiichenräume zu einer kompakten Maffe. Aber auc) jegt find dem Wachs- 
tm Grenzen geſteckt: nach unten, wenn das Eis den Gefrierpunft erreicht, 
uud auch nach oben, denn je mafjenhafter es wird, deſto feltener werden 
Price und Überjciebungen. Nach Weyprecht fann Salzwafjereis nur 
ine Mächtigfeit von 10 m erreichen, und wenn höheres beobadjtet wurde 
«8. 25m hohes im Smithfund), jo war e3 nur durch unterfchobene loſe 
Riten gehoben worden. 








Big. 42. Eispreffung nad) Bayer. 


Bon diefer Art ift alfo das winterliche Padeis: ein beftändig fi) be- 
»egender und umformender Trümmerhaufen aus altem und jungem Eis, 
Niin Oberfläche noch dazu durch Schneeftürme fortwährend verändert 
md. Ihre Unebenheit macht auch weite Schlittenreifen unmöglich). 

Ende Mai beginnt e8 im den arftiihen Gegenden zu tauen. Die 
feigende Temperatur, vor allem aber Nebel und Regen beſchleunigen diefen 
Worb. Es entftehen Seen und Flüffe, die dem Meere Süßwaſſer zu- 
ihren. Die Waren erweitern fi, und Schollen und Broden ſchwimmen 
drin herum. Die Polarftrömungen führen die Iofen Mafjen in wärmere 
genden. Die äquatoriale Treibeisgrenze (f. Karte XI) ſchwankt 
af der füdlichen Halbkugel zwiſchen 56° B. im Süden von Amerifa und 
5°8. am Kap ber guten Hoffnung. Echtes arktiſches Treibeis betritt mur den 
witlihen atlantifchen Ozean, während bis über den 70. Breitengrad hinauf 
‘an Eisftüct den Golfftrom zu paffieren vermag. Nach einer allerdings 


Tas „oijenoe 
Polarmeer“. 


lad. und 
Steiltuſte. 


182 Siebentes Kapitel. 


nicht ganz ſicheren Berechuung von Börgen it am Ende der warmen 
Jahreszeit 1, der Öejamtoberfläche des Eisgebietes eisfrei. Aber der kurze 
Sommer vermag nicht alles zu zerftören, was der lange Winter geicharten 
hat. Es müßte ſich daber in den Bolarmeeren immer mehr Eis anhäuien, 
wenn es richt thattächlich nur fo lange wachten würde, bis die winterliche 
Zunahme genan gleich iſt dem ſommerlichen Verluſte. 

$ 153. Die Gedichte der Polarfahrten lehrt, daß die Eisgrenzen 
von Jahr zu Jahr großen Schwankungen unterworfen ſind. Sie ſind 
weniger von Der Sommerwärme, als von den Wind ımd Strömungs— 
verhältniſſen innerhalb Des ganzen Polarbeckens abhängig. Traurige Er 
fahrungen haben den Glanben an ein offenes Polarmeer zerſtört. Tod 
hält Nordenſkiöld noch daran Felt, daß es famm jemals bis in be: 
deutendere Tiefen und ableits von Yande dauernd gefriert. Jenſeit des 
jibirtichen Stüftenetfes wurden auch im Winter breite eisfreie Stellen ſog. 
Polynia beobachtet. Aber von praftiichem Werte ſind alle Diele Sm: 
mungen nicht, denn launenhaft verschließen ſie ſich dem einen Sci, 
während ſie ſich dem anderen öffnen. Nur dem Luftballon iſt es vielleicht 
noch vorbehalten, in dieſen Gegenden eine große Rolle zu ſpielen. 


Siebentes Kapitel. 


Die horizontale Gliederung Des Feſtlandes. 


Küſtenveränderungen. 1. Die Arbeit des Meeres. 


Ss 154 Wir haben den flüſſigen Teil der Erdobertläche kennen gelernt 
und betreten nun den feſten Teil desſelben, die Wohnſtätte des Menſchen. 
Unſere Betrachtung ſei vorerſt der Grenze von Waſſer und Land, der 
Küſte gewidmet. In zwei Hauptformen tritt ſie uns entgegen: als Flach 
und als Steilküſte. In einigen Gegenden herrſcht eine Hauptform auf 
lange Strecken allein, wie die Flachküſte an der Oſtſeite der Vereinigter 
Staaten ſüdlich von Long Island, oder Die Steilküſte an der Weſtſeite von 
Nordamerika: in anderen wechſeln ſie auf längere oder kürzere Diſtanzen., 
wie an der Oſtküſte von Spanien. Im allgemeinen hängt die Küſtenform 
von der Oberflächengeſtaltung des Hinterlandes ab: Tiefebenen endigen mit 
Flachküſten und ſetzen ſich unterſeeiſch mit langſamer Seukung bis zur 
Tiefenlinie von 200m fort, wahrend Gebirgsländer mit Steilküſten an 
das Meer herantreten. Aber dieſe Regel gilt nicht ausnahmslos. Die 


Die horizontale Gliederung des Feftlandes. 188 


Nreidefüfte zwifchen der Seine- und Sommemündung gehört nad) hypſo— 
metriſchen Begriffen einem Tieflande an, und ift troßdem eine Steilfüfte 
mit ca. 100mm Hohen fenfrechten Wänden. Ebenſo iſt das öftliche Geftabe 
von Rügen eine prächtige Steilfüfte, obwohl dag Worgebirge Arcona nur 
3m über den Meeresſpiegel anfteigt; auch die ſamländiſche Niederung endigt 
mit einer 30—50m hohen Steilfüfte. Anderſeits fchieben ſich häufig 
mehr oder weniger jchmale Süftenebenen ziwiichen dag Meer und den Ge— 
ırgerand ein. So begleitet beiſpielsweiſe der jandige Küftenftric) Germefir 
den jüdlichen Steilabfall des iranischen Hochlandes und fchafft ein flaches 
Stade. Auch ift es unrichtig, daß der Küftencharafter ſich immer auf 
seite Entfernungen unter dem Seeſpiegel fortſetze. Die norwegische Steil- 
füjte wird von zwei auggedehnteren Ebenen (Orland 63.70 B., und Jä— 
"m 58-80 8.) unterbrochen, aber Die unterjeeifche Böfchung verflacht ſich 
hier nicht in gleicher Weile, denn jchon in einer Entfernung von 3—4km 
son Jädern lotet man eine Tiefe von 235m. Anderſeits erheben fich 
Ne Steilufer Dalmatien und der britichen Infeln aus einem ſehr jeich- 
tem Meere. 
$ 155. Die Umrifje der Feitländer und Inſeln unterliegen fortwähren- Küften- 
den Veränderungen. Jede Küſte befindet ſich nad) Pfaff's trefflichem erndruns. 
!usdrud im Belagerungszuſtand, beſtändig bedroht durch dag von Wellen 
«nd Strömungen bewegte Meer. Hauptjächlic find die Wind- und Flut— 
willen bei dem Beritörungswerfe beteiligt. Wie groß die Gewalt der 
Frandung ift, läßt fi) daraus entnehmen, daß fie vom Damm von Biarrig 
nen Felsblock von 34000 kg 10—12 m und einen anderen von 43000 kg 
bei Barra-Head 1'/, m weit fortbeivegte. Auf den Leuchtturm von Bell-Rod 
ct fie einen Drud von 17000 und auf den von Skerryvore einen Drud von 
3500 kg pro Quadratmeter aus. Selbftverjtändlich wächft die Kraft der 
Arandung mit der Windſtärke, und ihren Höhepunkt erreicht fie, wenn der 
<turm ſenkrecht die Küfte trifft, denn die Wellenbewegung fombiniert fich 
dann mit dein Winditau. Daher bieten uns die teilen Weſtküſten höherer 
Breiten ein Bild völliger Zerrifienheit dar. Mit gleichmäßigerer Stärke 
:oht die Brandung gegen die tropifchen Geftade, offenbar infolge der 
Segelmäßigfeit des Paſſates. Rufen wir ung ferner in das Gedächtnig 
zurück, was über die Verbreitung des Tidenphänomeng, namentlich über 
die Steigerung der Fluthöhe an gewiſſen SKüftenftellen gejagt wurde, jo 
werden wir leicht einjehen, daß der Kampf zwilchen Land und Meer nicht 
berall mit gleicher Heftigfeit geführt wird. 
$ 156. Auch die Küftenbeichaffenheit jelbjt ift von wefentlichem Ein- Berhörung 
Hufie darauf. Die Steilheit aller marinen Felsufer beweift uns fchon, der Steitaſen. 
daß hier der Zerſtörungsprozeß raſche Fortſchritte macht. Verſchiedene 


184 Siebentes Ropitel. 


Faktoren wirfen bier zuſammen. Indem die Woge an den Felſen ſchlägt, 
preßt tie die in den Spalten befmdliche Luft zuſammen und locert dadurd 
das Gefüge. Durch den Stoß der Brandung werden fleine Teilchen vom 
Felſen losgelöſt, feine Een werden abgebrochen und dadurd) neue Angriffs: 
punkte fir die Woge geichaffen. Gefteinstrümmer, die die Brandung mıt 
fich führt, wirken wie Geſchoſſe auf die Felſenfeſtung und in ähnlicher 
Weiſe wirft (auch ſchwimmendes Eis, wie Milne an den Küſten Neu: 
fundlands beobachtete. 

Hand in Hand mit Der mechaniichen Zertrümmerung des Geitens 
geht deſſen chemiſche Zerſetzung durch das Meerwaſſer und durch din 
Verwitterungsprozeh. Tas Ergebnis aller dieſer feindlichen Angriffe it 





—N — _ _ — 
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— — —— — — —, 
— in men — * — 0 
— — mm — —— en Tun 0 
ig. 43. Mir der Küſte don Neu-Siid Wales Fiq. 44. „Der alte Dur“, 
nach Dana. Neuſeeland, nad Dana, 


zunächſt eine Vertiefung innerhalb der Zerſtörungszone, deren untere Grenze 
etwas über dem Niveau des Niedrigwaſſers und deren obere Grenze etwas 
über dem Niveau des Hochwaſſers liegt. Aber auch oberhalb Dieter om 
tritt Die Stüfte immer weiter zurück, indem Die unterwaſchenen Partien, 
ihrer Stüße beraubt, endlich herabſtürzen. Die feineren Zerftörungs: 
produfte werden von den Ztrömmmgen fortgeführt, Die grüberen jchichten 
th am Fuße der Steilküſte auf und bilden meistens einen ichmalen Schutt 
wall, der unter Umſtänden die Küſte vor weiteren Angriffen ſchützt. Nur 
ſolch einem natürlichen Wellenbrecher verdanft es z. B. der waldgefrönte 
Kreidefelſen der Stubbenkammer auf Nügen, daß er nicht ſchon längſt in 
den Fluten verſunken ift. Das gewöhnliche Endretultat des ganzen Erofions: 
prozeſſes (Abrafion) iſt eine Terraſſe, Deren Plattform als ſanft geneigte 
Ebene vom Niveaun der Ebbe gegen die Rückwand anſteigt (ſ. Fig. 43 u. 44. 
Die Bildung ſolcher Terraſſen hat Th. Wolf an der Küſte von Ecuador, 
Rich. Lehmann bei der Skydsſtation Bolgen in Norwegen und Th. 
Studer am bafaltiichen Geftade der Stergueleninjel beobachtet. Ob dat 
Meer Ichneller oder langſamer an Terrain gewinnt, hängt hauptſächlich 
von der Stärke der Brandung, der Fluthöhe und der Widerftandsfühigkeit 
des Geſteins ab. An den Küſten des uurnhigen Nanals wird das jährlid 
vom Meere Fortgeführte Material anf 10 Millionen Kubikmeter geſchätzt. 
Raſch brechen hier die unterwaſchenen Kreidefelſen zuſammen, während der 
feſte Kalkſtein der liguriſchen Küſte überhängende Wände bildet. Granit, 


Die horizontale Gliederung des Feſtlandes. 185 


Gneis, Syenit, Bafalt u.|.w. fünnen lange der Brandung troßbieten, aber 
auch fie find nicht gegen die Zerjtörung gefeit. Leichtes Spiel haben da= 
ıegen die Wogen, wo fie eine aus Loderem Material aufgebaute Steilfüfte 
deipülen. So dringt z. B. bei Holderneß in Yorkſhire, wo Gefchiebelehm 
das ſchroff abftürzende Geftade bildet, daS Meer auf eine Länge von 58km 
ıhrlid 2-.3—3 mm landeinwärts vor. Bei feſtem Geftein ift aber der zer- 
sörenden Gewalt des Meeres ein Ziel gejebt, folange feine Niveau- 
irderungen eintreten; denn wenn die ZTerraffe eine gewilje — von den 
cengenannten Faktoren abhängige — Breite erreicht hat, muß die Flut- 
ze, indem fie die jchiefe Ebene binaufläuft, infolge der Reibung endlich 
er Kraft vollftändig einbüßen. 

Aber nicht immer erzeugt da8 Meer Terraffen. In Kalfftein, der 
xtanntlich im Waſſer direkt löslich it, gräbt Die Woge tiefe Höhlen, 
xımmern und Gänge ein, vorausgeſetzt, daß die Dede feit genug ift, um 
«ht einzuftürzen. Bon folder Bildung ift beiſpielsweiſe die Küfte der 
aritraliſchen Kolonie Viktoria in der Nähe des Kaps Otway. In anderen, 
ht löslichen Gefteinen fcheint die Höhlenbildung an das Vorhandenfein 
von Spalten gebunden zu fein, die vom Meer allmählich erweitert werden. 
Son ſolchen Grofionserfcheinungen am norwegifchen Steilufer, die jebt 
rzlıh infolge der Niveauveränderung dem Bereiche der Brandung entrüct 
nd, berichtet Reuſch. Die Sjongheller-Grotte auf Valderö ift 3. B. 
142m lang und am Eingang 38m Hoch, wird aber gegen die Tiefe zu 
‚mer niederer. Diejer Umjtand, ſowie die Glätte der Wände beweift, daß 
"c vom Meer ausgewajchen wurde. Weltberühmt ift die Inſel Torghat 
55-49 B.), deren Felſenkappe in einer Seehöhe von 110—125 m von einem 
cewaltigen Loche durchquert wird. Die Länge desſelben beträgt 280 m, 
kine Höhe 20—T5m und feine Breite 11—28m. Die glatten Wände 
dieies Riefenthores weilen mit Beſtimmtheit darauf Hin, daß e8 ein Wert 
der Meereserofion ift. Auch Riefentöpfe wurden mehrfach auf ehemaligen 
Meeresboden beobachtet. Strömungen in engen Sunden erzeugen nifchen- 
artige Vertiefungen in den Wänden, gerade jo wie die Flüſſe des Feſt— 
andes. Der WVechfel von Schichten von verjchiedener Beichaffenheit bringt 
es mit fi, daß die Küſte nicht überall gleichmäßig zurückweicht. Die 
=ı Brides-Bai im ſüdweſtlichen Wales ift in Carbonſchichten eingefchnitten, 
vährend die Eruptivgefteine zu beiden Seiten als Vorgebirge erhalten 
blieben; und diefelbe Erjcheinung, daß weicheren Schichten Buchten, härteren 
hingegen Borgebirge entfprechen, wiederholt ſich an der ganzen britilchen 
Weſtkũſte, ſoweit fie aus ſolidem Seftein befteht. Daher find Steilfüften auch 
viel hafenreicher als Flachküſten. Häufig fünnen Teile des Steilufers, Die 
ich durch bejondere Härte auszeichnen oder die jchon früher durch Spalten- 





ZJerſtorung Der 
Flachtuſten. 


156 Siebentes Kapitel. 


bildungen jich von ihrer Umgebung ganz oder teilweiſe losgelöft haben, 
als Inſelpfeiler Stehen bleiben, die einſtige Küſtenausdehnung verratend. 
Namentlich die ſteilen Weſtküſten der höheren Breiten werden von dichten 
Schwärmen ſolcher Felſeneilande und Klippen begleitet. Aber auch dieſe 
Vorpoſten werden mit Der Zeit vom Meere weggeräumt, um als bimde 
stlippen den Schiffen nur noch gerährlicher zu werden. So ſieht man be 
Arbroath an der Ichottitchen Weſtküſte eine lange Riffreihe aus feſtem Br 
jtern bei Ebbe bloßgelegt. Emm anderes ausgezeichnetes Beiſpiel iſt das 
Zanditeintiff, das die Küſte Braſiliens Durch acht Breitengrade vom Lady 
Frio bis zum Cabo de Calcanhar begleitet. 

157. Much Flachküſten Faller der Meereserofton zum pre, 
wie Die Geſchichte Des deutſchen und englischen Nordfeeitrandes beweiſt. 
Aber nicht unabläſſig wirkt bier die Branding zerftörend, wie an den 
Steilfüften, ſondern hauptſächlich nur bei Windſtau, wenn das Meer weite 
Gebiete überſchwemmt; aber dann mit furchtbarer Gewalt. Sehr lehrreich it 
im dieſer Beziehung Die Geſchichte der Z3niderſee (Fig. 45). Etwa *, derſelben, 
von der Inſelreihe Wieringen Ame 
land bis beiläufig zur Linie Edam— 
Kampen, war noch zur Mömerset 
Land. Der ſüdliche Teil bildete den 
Binuenſee Flevo: ihn durchfloß der 
Rheinarm Yſel, dev wahrſcheinlich 
zwiſchen Vlieland und Ter Sches 
ling mündete. Vom 4. Jahrhunden 
unſerer Zeitrechnung an beginnt das 
große Zerſtörungswerk, das beſon 
ders durch Überflutungen bei NW. 
Stürmen gefördert wurde. Am Ende 
des 7. Jahrhunderts waren Ter 
Schelling und Ameland ſchon Inſeln. 
Im Jahre 1170 wurde alles Land 
zwiſchen Texel, Medemblik und Sta 
voren verſchlungen, mit Ausnahme 
der inſularen Reſte. 1237 erweiterte ſich der Flevoſee beträchtlich, in 
Dem eine große Fläche zwiſchen Enkhnizen, Stavoren und Kampen dauernd 
überflutet wurde. Im Sabre 1395 fiel endlich auch der ſchmale Iſthmus 
zwiſchen Medemblik und Stavoren, und die nördliche Meeresbucht 
verband ſich mit dem ſüdlichen Binnenſee. Der Landverluſt ſeit Der 
Zeit Cäſars beträgt bier ca. 3600 qkm. Im Jahre 1218 ſchuf cum 
Sturmflut den Jadebuſen, und bis Weihnachten 1277 lag an der 








Ter Schelling 
d_”7 _ 


Mielany 7 


f Texel 7 


Verinsen 






o 
Leuwrurnten 







Stuworen 














Sırlermblik " 
Enkhuusen 


FKılamn O9 . 
‘ Zuider 


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j "AMSLrlmm. 


Tıreahr 
do 





Fig. 45. Juiderſee. 


Die horisontale Gliederung des Feſtlandes. 187 


Stelle des Heutigen Dollart das fruchtbare Neiderland. Den friefiſchen 
Inſeln, dem alten Küftenrande Deutjchlands, ift auch eine vergängliche 
criſtenz beichieden. Borkum wurde im 9. Jahrhundert in zwei Teile zer- 
rien, die nur noch bei Niedrigwafler zufammenhängen, und Langeoog im 
Lauie der Zeit in drei Stüde. Das Dorf auf der Inſel Wangeroog 
rurde Durch die Sturmfluten des Dezember: 1854 zerjtört und Kirchturm 
mie Leuchtturm werden jeßt von der Flut beipült. Auch Helgoland hat 
tedeutend an Umfang verloren, wenn auch nicht joviel, al3 man früher 
— verleitet durch eine angeblich alte Karte, die fi als eine Fälſchung 
cwies — glaubte. Die Inſel Nordftrand war einft ſowohl mit Sylt und 
xchr al3 mit dem Feſtland verbunden. Diejer Kompler maß in meridionaler 
Kıdtung 67 — 82 und in ojtweitlicher 45—60 km. 1240 wurde Nord» 
itrand von Sylt und Föhr, wie vom Feſtland getrennt, aber noch im 
Is. Sahrhundert hatte eg 30km Umfang. Die Sturmflut von 1634 zer- 
tudelte eg in drei Eilande: Norditrand, Nordftrandiih-Moor und Bell- 
zerm, die 1791—93 abermalige Zandverlufte zu beffagen hatten. Nach 
Guthe's Schätzung hat die Küfte von Flandern bis Jütland feit dem 
W:rtelalter 5045 qkm an fruchtbarem Marjchland eingebüßt, von denen 
rır 2588 qkm durch Menfchenfleiß wieder zurücgervonnen wurden. In 
ihnliher Weiſe hat die engliiche Nordſeeküſte gelitten. An der Stelle, wo 
erit die Drte Autburn, Hartburn und Hyde ftanden, dehnen fich jetzt 
<andbarren au. 

$ 158. Aber nicht alles Zerjtörungsmaterial wird auf dem Meeres- 
den abgelagert, jondern e8 wird zum Teil auch wieder der Küfte zu- 
‚rührt und vergrößert durch Anjchwenmung dag Land. Das Meer, dad an 
xr einen Stelle eroberungsjüchtig über feine Grenzen Hinausgreift, ſchränkt 
an einer andern felbjt feinen Bezirk ein. Auch an der friefifchen Küſte 
finden ſolche Neubildungen jtatt. Das nur bei Niedrigwafjer trodene 
Batt zwiichen den Inſeln und dem Feſtlande wird bei jeder neuen Flut 
durch Hinzugeführte Schlammteilchen etwas erhöht. Zwiſchen den Pflanzen, 
de fih darauf anfiedeln, bleibt immer mehr Schlamm zurüd, big endlid) 
Sie gewöhnliche Flut die Fläche nicht mehr zu überſchwemmen vermag. 
Neue Gräfer und Kräuter erhöhen und verfeftigen immer mehr den Boden, 
der ſchon als Weide benüßt wird (Nelter), bis er, durch Eindeichung völlig 
som Meere geſchützt, ala Polder ein fruchtbares Aderland liefert. Im 
Hafen von Naufet an der Oftküfte der Union haben fich feit Hiftorijcher 
Zeit Untiefen in Wiefen verwandelt. Tas Kap Cod wird an der Oſtſeite 
verftört und wächft im Weften in dag Meer hinaus. ine zweite Art 
der Küftenvergrößerung, durch Veltabildung der Flüſſe, werden wir an 
einer anderen Stelle befprechen. Bon auferordentlicher Bedeutung für 


Anichwem- 
mungen. 


Arten ber 
Riveauper- 
änderungen. 


188 


die Verbreitung der Sinkſtoffe find die Strömungen. Eine jolche, beladen 
mit dem Zerſtörungsmaterial der engliichen Küfte, verfandet die franzöfifchen 
Häfen des Kanald. Die Nennelsftrömung bringt den Detritus der ſpaniſchen 
Nordküfte an den Strand der Gironde. Eine vom Golf von Trieft nad) 
Weiten fließende Strömung füngt die Sedimente auf, die die Flüffe von 
Iſonzo bis zum Bo von den Alpen bringen, und füllt damit die Yagunen 
aus. Mit den Sinkftoffen des Dnjepr, Dirjefter und der Donau vergrößert 
eine Litoraljtrömung die Küſte der Dobrudfcha, und in gleicher Weile 
fommt das Material, das der Rhone den Alpen entführt, der Küfte der 
Languedoc zu gute; Hoff gibt ihr Wachstum auf 1—2m pro Sahr an. 
Inſeln werden durch angejchwenmte Sand- und Schlammmaffen Tandfeft 
gemacht, wie beifpieläweife Portland an der jüdengliichen, Giens an der 
jüdfrangöftichen, S. Antioco an der fardinifchen oder der Mt. Argentario 
an der tosfanifchen Küfte. Aber die Neubildungen, fo bedeutend fie aud) 
an manchen Stellen erjcheinen können, erjegen nicht den Verluft; das be- 
weift die große Ausdehnung der jubmarinen SKüftenablagerungen, von 
denen auf S.143 f. die Rede war. Das Ringen zwijchen Meer und Land 
endet ftet3 zu Ungunften des lebteren. 


Siebentes Kapitel. 





Küftenveränderungen. 2. Wivennveränderungen. 
(S. Karte XV.) 


$ 159. Die Geologie lehrt ung, daß die Verteilung von Waffer und 
Land in den früheren Perioden mehrfach wechfelte, und daß jede Stelle 
des heutigen Feſtlandes ein oder mehrere Male Meeresboden war. Auch 
in der Gegenwart ruhen die Niveauveränderungen nicht. Zuerſt beob- 
achtete man ſolche in Schweden, und Celſius erklärte fie durch ein Sinfen 
des Oſtſeeſpiegels. Am Beginn unjeres Jahrhunderts ftellten Playfais 
und 2. v. Buch die Theorie auf, daß Skandinavien langjam aus dem 
Meere emporfteige. Bis auf unjere Tage blieb dieſe Anficht die herrſchende. 
Man fprad von Hebungen und Senkungen der Küjten, und unterfchied 
inftantane oder plößliche und Jätnlare oder langjame Bodenbewegungen. 
Man ging dabei von der Anficht aus, daß das Meeresniveau eine unver- 
änbderlicde fphäroidale Fläche ſei. Wir wifjen aber, daß diefe Annahme 
unrichtig ift; der Meeresipiegel fteigt nicht nur von der offenen See gegen 
die Kontinente hin, fondern hat auch an verjchtedenen Küftenftellen ver: 
ichiedene Höhe. Jede Veränderung des Landes alteriert ferner deſſen 
Anziehungskraft, und größere Veränderungen müſſen auch ein merkbares 
Steigen oder Fallen des Meeres hervorrufen. Solche Veränderungen 
gehen aber auch in der Gegenwart vor fid. Das Land verliert und ge- 





Die horizontale Gliederung des Feftlandes. 189 


winnt an Maſſe durch die Thätigkeit des Meeres an den Küften. Die 
Flüſſe führen Material aus dem Innern des Landes in die See und ver- 
rücken dadurch — wie Zöpprib gezeigt hat — einerjeitd den Schwer- 
punkt gegen die Küfte Hin, anderſeits vergrößern fie den Sodel des Teit- 
landes ımd verjtärfen dadurch deſſen Anziehungskraft. Vulkaniſche Erup- 
sonen und Eisbildung vermehren die Maſſe de3 Landes, und endlich 
kwirft das fortdauernde Zuſammenſchrumpfen der Gejteinzhülle, das 
nh in den fogenannten geoteftonijchen Erdbeben äußert, Veränderungen, 
ve ſich freilich erjt im Laufe langer Zeiträume zu größeren Wirkungen 
immieren. 

Das früher als ſo einfach angenommene Phänomen geſtaltet ſich 
daher in der That zu einem ſehr komplizierten. Eine Verſchiebung der 
Ruftenlinte kann nämlich bewirkt werden: 

1. Durch eine mehr oder weniger lofale Niveauveränderung des Meeres. 

2. Durch eine Niveauveränderung des Landes infolge von Faltungs- 
ericheinungen und Verwerfungen, wodurch auch eine Hebung oder Senkung 
der Rüftengegenden bewirkt werden kann, oder infolge des Einſturzes unter- 
wdiiher Hohlräume. In allen diefen Fällen wird die Niveauveränderung 
de3 Landes auch von einer Niveauveränderung des Meeres begleitet und 
war wirfen beide einander entgegen. Eine Hebung des Landes bewirkt 
auch eine Hebung des Seefpiegeld, und bei einer Landſenkung finft auch) 
da3 Meeresniveau. 

3. Durch die Erofionsthätigfeit des Meeres. Auch diefer Faktor Tann 
ch mit den beiden anderen kombinieren, aber ohne daß wir es beftimmt 
nachweiſen fönnen. Hebung des Landes oder Sinfen des Seeſpiegels be- 
zunftigt Die Anſchwemmung, und die entgegengejegten Bhänomene befördern 
die Zerſtörung der Küjten. 

Tiefe Auseinanderjegung hat und wohl die Überzeugung verjchafft, 
daß wir — wenigftens derzeit — noch nicht in der Lage find, in jedem 
anzelnen Falle mit Beitimmtheit anzugeben, welche Urjachen die VBerfchiebung 
der Kiiitenlinie bewirkt haben. Wir müffen daher vor allem neutrale 
Arzeihnungen wählen, und werden im folgenden mit Sueß nur von nega- 
tiven (Hebung des Landes oder Sinten des Meereg — Landgewinn) und 
volitiden Niveauveränderungen (Sinken des Landes oder Steigen 
des Meeres = Landverluft) ſprechen. 

$ 160. Die Sucht, überall Niveauveränderungen nachzumeijen, Hat Yeweiie für bie 
u einem ſehr unkritiſchen Verfahren geführt. Vermutungen traten oft an —⸗ 
die Stelle von Beweiſen (die Phraſe, dieſe oder jene Küſte „ſtehe im Ver— 
dachte” der Hebung oder Senkung, begegnet ung allzuhäufig), und die 
Baveite ſelbſt find nicht immer ftichhaltig. An Flachfüften lagert die 


190 Siebentes Kapitel. 


Flut Sand» und Schlammmaſſen nebſt Meeresorganismen ab, Die zur 
Zeit der Ebbe nur zum Teil wieder fortgeführt werden. Dieſe Anhäufungen 
bilden die Strandlinie; und wenn wir eine ſolche außerhalb des jetzigen 
Bereiches der Flut finden, ſo Ichließen wir mit Necht, daß Hier die Kite 
weiter gegen das Meer vorgerüct ift. Aber immer bleibt es noch fraglich, 
ob infolge von Anſchwemmung oder von Niveauveränderumg; und wir werden 
uns mit einiger Sicherheit zu Gunſten der Legteren nur dann enticheiden 
können, went ſich der Landgewinn auf weite Streden verfolgen läßt. 
Ebenjowenig iſt das Anwachſen von Inſeln an das Feſtland ein genügen— 
der Beweis für eine negative Niveanveränderung. Auf Sardinien fand 
Yamarmora Meeermufchelvefte mit Töpferwerk untermiſcht Dis zu einer 
Höhe von 95m über dem Meceresipiegel, aber es iſt noch nicht erwie'en, 
ob wir es hier nicht mit Überreſten menfchlicher Mahlzeiten zu thun haben. 
Die häufig wiederfehrenden Nachrichten vom Berfanden der Häfen deuten 
ebenfalls nicht mit Beſtimmtheit auf eine negative Niveauveränderung, de 
Vernachläſſigung oder Verwendung größerer Kahrzeuge kann ebenfalls einer 
Hafen untauglicd) machen. Tas Zuſammenſinken dev Anſchwemmungsmaſſer 
it ein rein lofales Phänomen, das mit anderen politiven Niveauverände 
rungen ebenſowenig in Vergleich geſetzt werden kann, wie beiſpielsweiſe di 
Senkung der Küſte bei Folkeſtone (ſüdl. England infolge von Abrutſchungen. 
Häufig begegnen uns noch unter den Argumenten für Senkungen Märdhen 
von im Meer verſunkeuen Städten, oder Die Angabe eines alten Pfifaſters 
unter dem neuen im einer Seeſtadt, obwohl ſchon Forchhammer gezeiat 
hat, daß viele Städte auf dem Schutt der alten, durch Krieg oder Brand 
zerſtörten, aufgebaut wurden. Ganz verkehrt iſt es endlich, wenn aus 
Küſtenformen auf Niveauveränderungen geſchloſſen wird; iſt doch z. B. 
Die Form der Lagunenküſte mit Landgewinn Languedoce und Landvoerluſt 
Oſtküſte dev Vereinigten Ztaaten verträglich. 

Standinavien. $ 161. Am eingehendſten wurden die Niveauveränderungen am der 
ſtandinaviſchen Küſte ſtudiert. Wis zu einer Höhe von 200m laſſen 
ſich in Norwegen die Spuren der Anweſenheit des Meeres verfolgen. 





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et 
PT: 
22 
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1— 
⸗ 
* 
—: 


Fig. 46. Norwegiſche Thalterraſſen nach Kierulf. 

Zwiſchen 16 und 166m Seehöhe findet man Muſchelbänke, von denen die 
tieferen nur Solche Meerestiere enthalten, Die noch jegt die Küſtengewäſier 
bewohnen. Der Stufenban der meiften norwegiſchen Thäler iſt ein ebemo 


Die horizontale ‚Gliederung des Sehlandes. ‚191 


ücherer Beweis für eine negative Niveauveränderung. Die Stufen (1-4 

‚a ig. 46) find fanft gegen das Meer geneigte Ebenen, deren Zufammen- 
iesung aus Sand- und Thonſchichten mit Reften von Meeresorganismen ſich 
reicht erfenmen läßt, weil fie jegt von den Flüſſen (die punktierte Linie in 
Fig. 46) in tiefen Kanälen durcichnitten werden. Jede Stufe fällt zur 
aachſtiolgenden unter einem Winkel von 25—30° ab. Dieſe Terrafien 
meijen fich als fubmarine Deltabildungen der Flüffe, wie fie auch unter 
dem gegemivärtigen Meeresipiegel noch ftattfinden (5 in Fig. 46). Der 
Iuienbau iſt alfo zugleich aud) ein Beweis für die rudweife Niveau- 
tranderung.! Dasfelbe bezeugen ferner die ſog. Strandlinien (Fig. 47 u. 48). 
S: find Dies die in der Felſenküſte durch Die Brandung eingegrabenen Terraſſen, 
deten Bildungsgefchichte wir im vorigen Abſchnitt kennen gelernt haben. 





Fig. 47. Doppelte Etrandlinie bei Grötnes mit entfpredienden Terrafien an dem 
Thalausgang in der Mitte nah Mohn. 





jang und Staarliodden nah Mohn. 


Seit find fie Horizontal, manchmal aber aud) fanft geneigt, wie ja auch 
I Höhe des Meeresniveaus differieren fann. Die Länge ſchwankt zwiſchen 
"3 und 22km, die Höhe zwiſchen 5 und 178m. Mit den Thalterrafjen 
chen fie im innigen Zufammenhang, wie Fig. 46 und 47 (die weißen 
Yinten find Strandlinien) zeigen. An einigen Stellen tritt nur eine Strand- 
linie auf, an anderen mehrere. . Ein Beifpiel aus Rich. Lehmann's lehr— 
zichen Abhandlungen möge hier genügen. Bei Kverve, norböftlic von 
Aaleſund (627,,° N.), fand er 5 Linien übereinander: 


! Bon den einfeimifdien Forſchern Halten nur noch Sexe und Biptt an der Ans 
rehme einer langfamen ununterbrodjenen Hebung ſeſt. 





192 Siebentes Kapitel. 


— — — — — — — — — ⸗t 


Seehöhe bes Abfallswintel 


unteren Randes | oberen Ranbes sur 
| der Stufe . nädften Stufe 


ber Stufe 


; ziemlich fleil zur 
5 Sn ou 


Die Verteilung der Strandlinien zeigt keine Abhängigkeit von der 
Geſteinsbeſchaffenheit der Felsküſte oder von der Stellung der Schichten. 
Im Norden ſind ſie häufiger und beſſer ausgebildet als im Süden; die 
ſchönſten findet man in den Sunden. Es iſt klar, daß das Meer nicht 
überall ſolche Marken in den Felſen eingrub, aber ebenſo ſicher iſt es, 
daß manche derſelben ſpäter durch Verwitterung und Eroſion verwiſcht 
wurden. Doch laſſen ſich Strandlinien von annähernd gleicher Meeres— 
höhe zu einem Syſtem vereinigen, welches dem Meeresniveau in einer 
beſtimmten Zeit entſpricht. Indem man fie in Fjorden landeinwärts ver- 
folgte, bemerkte man, daß fie in immer höhere Niveaus Hinaufrüden. 
Aber wer bürgt uns dafür, daß fie einem einzigen Syſtem angehören? 
Bravais’ Schluß, daß die Felſenterraſſen ſich gegen dag Meer Hinneigen, 
war aljo voreilig; aber jelbjt wenn er richtig wäre, jo dürfte man — wie 
Penck nachwies — daraus noch immer nicht folgern, daß dag Land fid 
gehoben habe, der Seefpiegel aber ftabil ſei. Denn nichts fteht der An- 
nahme entgegen, daß das Meer, angezogen durch die Eismaſſe, die in der 
Slacialzeit das jfandinavische Hochland bededte, im Innern der Fiorde 
höher ſtand, al3 außerhalb derjelben. 

en $ 162. Bon der negativen Niveauveränderung der ſchwediſchen 
änderungen. Küſte wurde Schon oben geſprochen. Die recenten Mujchellager Finnlands 
weifen ebenfalls auf eine folche Hin. Alte Strandlinien und Mufcel: 
bänfe beobachtete man auch in Livland, Ejthland und auf der Infel Äſel. 
An den britifchen Küften findet man foldhe bi zu 182m Höhe, und 
ebenjo an der Küfte der franzöfiichen Departement? Pas de Calais und 
Somme. Alle arktiichen Länder find feit der Diluvialzeit in dag Meer 
hinausgewachſen. Schöne Strandterrafjen entdedte man überall an der 
grönländiichen Felſenküſte, ſowohl im Dften, ſoweit man diejelben fennt, 
als auch im Welten von der Südſpitze bis 820 N. Auch hier ging aljo 
die Niveauveränderung nicht gleichmäßig, fondern abſatzweiſe vor fich (unter 
78° 40° B. zählte z. B. Kane 41 Strandlinien über einander), und fcheint 
von Norden nadı Süden abgenommen zu haben; denn zwifchen 81 und 
820 3. fand man noch in 300m Höhe Seemufcheln, während weiter 








Die horizontale Gliederung des Fefllandes. 198 


im Züden die Terraſſen in der Regel nur wenig über 30 m und nur aus- 
nahmsweiſe über 100m anfteigen. Die Tundren, welche die polare Flach— 
tuite der alten Welt begleiten, find nah Middendorf jüngjt verlaffener 
Meeresboden. Zwiſchen der Lenamündung und der Beringsitraße finden 
ſich Treibholz⸗ Anſammlungen über 50km vom heutigen Strande entfernt; 
end recente Mufchelablagerungen beweijen, daß das Meer einjt an der 
Taimyrbucht wenigften? 214km und im Süden des weißen Meeres ca. 400 km 
zeiter landeinwärts reichte. Alte Strandlinien fieht man auch an der 
ırktiichen Küfte Amerilas. Auf Labrador Haben die recenten Muſchellager 
me Höhe von 120—150m (na) Dana), bei Montreal eine ſolche von 
158m und ſinken dann gegen Süden : am Champlainjee auf 90, an der Küfte 
von Maine auf 60—67 und in den füdlichen Neu-England-Staaten auf 4-5 
ki3 7-6m. Bon der Mündung des Hudfon biz zur Mündung des Rio grande 
del Norte ift das atlantische Geſtade den Vereinigten Staaten ein, erft in der 
geologiihen Gegenwart vom Meere gewonnener Boden. Von negativen 
Niveauveränderungen im tropischen Teil des atlantifchen Amerika haben wir 
nur vereinzelte und unfichere Nachrichten. Der Landgewinn von Guyana kann 
wohl auf Rechnung der Anſchwemmung gejeßt werden. Jenſeits Rio de 
Janeiro finden wir aber wieder allenthalben Spuren eines einft höheren 
Rafterftandes. In Brafilien fommen weit landeinwärt3 ſog. Sambaquis 
vor, d. h. künſtliche Mufchelanhäufungen, Die aber hier deshalb beweizkräftig 
iind, weil man weiß, daß fie ftet3 dicht am Strande angelegt wurden. 
In Ratagonien find die Küftenterraffen bi zu einer Höhe von 290m auf 
das Ichönfte ausgebildet, und recente Muſchellager reichen big 122m Höhe. 
Dieſes Gebiet der negativen Nivenuveränderung jet ſich an der pazifilchen 
Kite von Südamerifa wenigſtens bis Callao (12° ©.) fort. Die alten 
Strandlinien und Mufchelbänfe fteigen bei Valparaiſo big 396m über 
den jeigen Seefpiegel und finten dann gegen den Aquator hin (bei Callao 
mm 26m Höhe). Wahrſcheinlich haben wir es auch hier nur mit einem 
<infen des Meeresfpiegel3 zu thun, da die verjchiedenen Nachrichten von 
plogfichen, durch Erdbeben verurfachten Hebungen der Küfte bei einer ge- 
nouen Prüfung, wie fie vor kurzem Sueß angejtellt bat, als wenig 
glaubwürdig fich erwielen. Won den tropiichen Küften willen wir aud) 
bier nicht? Sicheres. TH. Wolf ſpricht zwar von einer negativen Niveau- 
veränderung in Ecuador, und vd. Seebad) von einer ſolchen im Golf 
von Nicoya (Coftarica), aber ohne ftichhaltige Beweiſe beizubringen. An 
der Küfte der Union beginnen aber wieder die Strandlinien, und fie laffen 
ih über diefelbe hinaus bis zum Königin-Charlotte-Archipel verfolgen. 
Auf der anderen Seite des ftillen Ozeans finden wir Anzeichen eines 


Landgewinnes auf der Beringsinfel, auf Sachalin und Jeſo, in Korea, auf 
Euyan. Bhyfiihe Erdkunde. 13 





Or zillterende 
Bewegung. 


194 Sicbentes Kapitel. 


den Liu Kinu-Inſeln und an der chineſiſchen Kiſte. Recente Muſchelbänke 
und Korallenriffe im Binnenland oder weit über der Fluthöhe (auf Ne 
guinea 3. B. 75m hoch’ bezeugen ferner eine ſtarke negative Niveau— 
verichtebung im der oſtindiſchen Inſelwelt von Zumatra bis Timor umd 
von Luzon über die Mollukken bis Neuguinea und bis zum neubritanniſchen 
Archipel. Alte Strandlinien befigt auch Tasmanien und die Oſtſeite vor 
Neuſeeland. 

Auch an den Küſten des indiſchen Ozeans begegnen wir zahlreichen 
Spuren eines einſt höheren Waſſerſtandes. So an der Küſte von Birma. 
an der Oſtküſte von Vorderindien, wo alte Uferlinien bis zu 64km land: 
einwärts gerüct ind, auf Ceylon, an verjchiedenen Punkten der NIE 
Küſte von Borderimdten, befonders ywilchen den Golfen von Gambaja 
md Katſcha; an der Küſte von Belntichiftan und des Buſens von Tman, 
im perſiſchen Meer und am VBorgebivge Nas Mombas in Ziidarabten. 
Auch in der Nauatorialzone des öſtlichen Afrika, Dei Bagamoyo, Liegen 
alte Strandlinien mit recenten Seetierreften in 60-90 m Meereshöhe, umd 
in jüngjter Zeit fand Thomſon hier aud) Korallenfelſen. Korallenbänke 
mit modernen Arten, Die bis ca. 50m über den Seeſpiegel hinaufreichen. 
umſäumen auch die Küſte des roten Meeres, und Icon auf S. 18 wurd 
der früheren größeren Musdehnung Des Golfes von Suez gedacht. Tie 
Geſtade Des Mittelmeeres find mm Laufe der geologiſchen Gegenwart 
ebenfalls wenigſtens ſtellenweiſe — weiter in das Meer hinausgerückt. 
Beweiſe Dafür Lrefern die Kiſten der Krim, Thraziens und Kleinaſiens, 
die Weſtküſte von Kreta, Die alten Strandlinien des Peloponnes, von Malta 
und Sizilien, wo (wie bei Kleinaſien) Landgewinn ſeit dem Altertum nad 
gewieſen iſt, die 2m hohe Auſternbank auf einer Inſel des Etang de 
Diane auf Corſika, das bei Livorno gebrochene Baumaterial Panchina, 
welches vecente Muſchelſchalen enthält; die Nohrlächer der Pholaden (Bohr 
muſcheln) und marine Ablagerungen in 20 25m Höhe an der liguriſcher 
Steilküſte, die 12 ın hoben Muſchelbäuke auf den Balearen, Die alten 
Strandlinien mit den Schalen noch lebender Meeeresconchylien bet Malaga 
und endlich die Terraſſen an der Südſeite des Sibraltarfeliens mit Rohr 
Löchern von Pholaden und Reſten junger Meeresablagerumgen. 

$ 163. An einigen der genannten Küſtenſtellen iſt die negative 
Niveauveränderung wieder im eine politive übergegangen. Ties 
iſt wahricheinlich der Fall an der SW. Küſte von Grönland, obwohl de 
neueſten Forſcher, Jenſen md Steenstrup, darüber nicht einig ſind. 
An den Küſten von Großbritannien ſind ſubmarine Wälder mit aufrechten 
Stämmen, die man zu den zuverläſſigſten Anzeichen einer poſitiven Niveau— 
veränderung zählt, häufig. In dieſem Falle werden wir auch geneigt ſein, 





Die horisontale Gliederung des Feſtlandes. 


195 





das Phänomen allgemein wirkenden Urſachen zuzufchreiben, wenn es auch 
möglich ift, daß hier und da Wälder durch langſames Abrutfchen ihres 
Bodens unter den Seeſpiegel gelangen. An der Küfte von Lancaſter be- 
undet fi ein Teil des ausgedehnten jubmarinen Waldes noch auf dem 
xonde, ijt aber von Dünenfand bededt. Aus den Beobachtungen über 
das Wachſstum der Dünen berechnete Mallard Reade für Die ganze 
Zundablagerung und damit auch für die pofitive Niveauveränderung ein 
Alter von 2180 Jahren. 

Das großartigite Beilpiel einer oSzillierenden Bewegung bietet aber 
die nordamerikaniſche Oftküfte von Georgia bis Neufchottland. Unter- 
keiihe Wälder, bis zu 5km vom Strande entfernt, find auch hier ſehr 
häufig. Daß auch feit den Zeiten der Kolonifation das Meer noch be- 
deutend an Terrain gewonnen bat, ijt unzweifelhaft und wohl nicht feiner 
Frofionsthätigkeit allein zuzufchreiben. Ein Beifpiel möge genügen. Die 
Entjernung eines Haujes vom Meere am Kap Day (Delawaremündung) 
betrug nad) Hoff: 

1804 1808 1812 1816 1820 

101-8 83-2 77-4 68-6 54-9 m 
in 16 Jahren ift aljo das Meer um 46-9m dem Haufe näher gerückt, 
die Bewegung ging aber ſehr unregelmäßig vor fih. Submarine Wälder, 
deren Holz noch feine Elajtizität bewahrt hat, begleiten auch die Südküſte 
son Chile; und der neuen pofitiven Niveauveränderung, deren Norbgrenze 
Fiiiis in die Nähe der Mündung des Rio Lebu (37-.6° B.) verfegt, ift 
es vielleicht zuzufchreiben, daß die patagoniſchen Injeln nicht auch Iandfeft 
worden find, wie die einftigen chilenifchen, Die jegt al3 Hügel aus der 
Küttenebenne hervorragen. Ein unterjeeiicher Wald von 382 Stämmen von 
Nhairbäumen bei Bombay weilt Darauf hin, daß der Waſſerſtand bier 
mindeſtens um 10m geftiegen iſt. Auch im füdlichen China ſoll eine 
volitive Niveauveränderung eingetreten jein. 

Eine umgefehrte o3zillierende Bewegung zeigt in der Hifto- 
rüchen Zeit nur das füdliche Schweden. Bei Yſtad (Schonen) liegt auf 
dem Diluvium eine Torfihicht mit Eichen- und Erlenjtämmen und zwei 
Artefaften, die, nad) der Verzierung zu urteilen, ſchon der chriftlichen Zeit 
angehören. Darauf liegt Meeresfand von durchſchnittlich 2m Mächtigfeit 
mit Sftfeeconchylien und zahlreichen menjchlichen Produften, denen man 
en Alter von 100 bis höchſtens 400 Jahren zufchreibt. Da Torflager 
ch nur auf dem Lande bilden können, jo muß hier auf eine pofitive 
Niveauveränberung eine negative gefolgt jein. Einen Beweis dafür Liefert 
zıh eine Hütte am untern Södertelje-Kanal bei Stodholm, die bis zu 
ener Höhe von 20 m mit recenten marinen Ablagerungen bededt ift, aber 

13* 


Gegenden, wo 

nur eine poji- 

tive Bewegung 
beobachtet 
wurde. 


196 Siebentes Rapitel. 





zur Seit der Muffindung Sich bereits wieder im Meeresnivean beram. 
Derzeit rüct die ganze Jchwedische Küfte in das Meeer vor, wie Forß— 
mann aus dem Watjerftandsbeobachtungen von 1852 bis 75 definitiv 
nachwies, aber dieſe Bewegung iſt feineswegs an allen Yunften gleich— 
förmig und erreicht bei Nitad ihren höchſten Wert. 

$ 164. Bon einigen — aber verhältnismäßig ſehr wenigen — Küſten— 
stellen Liegen nur Nadhrichten von pojitiven Niveanveränderungen 
vor. Auf eine Jolche denten die ſubmarinen Wälder und Torflager an 
der dentſchen Küſte der Oft: und Nordjee: aber teit ca. 500 Jahren hat 
ſich nad) Leutz der Waſſerſtand nicht mehr verändert. Dasſelbe gilt wehl 
aud) von den Niederlanden, wo allerdings in zahlreichen Fällen die Ober— 
fläche des Marichlandes jeit deſſen Eindeichung und infolge Derielben 
im Laufe von etwa zwei Sahrhunderten um 1—2ın ſich geienft Hat. Daß 
aber cine allgemeine pofitive Niveanveräuderung nicht mitwirkt, bemeiit 
Schon der Umftand, dal; — wie Franzius ausermanderjeßt — Die über 
300 Jahre alten Schleuſen- und Sielböden jowohl in Bezug auf Hoch— 
wie auf Niedrigwaſſer ſich noch immer in durchaus zweckmäßiger Lage 
befinden. Zuverläſſige Beweiſe beſitzen wir dagegen von den Fortſchritten, 
die das Meer in der normanniſchen Bucht (Bretagne und Cotentin ſeit 
den Römerzeiten gemacht hat. Unterſeeiſche Wälder werden an der ozea— 
niſchen Küſte von Frankreich und angeblich auch an der Nordküſte von 
Spanien gefunden. Gut beglaubigt iſt auch die poſitive Niveauveränderung 
an der dalmatiniſchen und iſtrianiſchen Küſte ſeit dem Altertum. In dieſem 
unterminierten Kalkgebiet läßt ſich wohl auch an Bodenſenkungen infolge 
von Einſtürzen unterirdiſcher Hohlräume denken: und ebenſo deuten die 
zahlreichen Erdbeben darauf hin, daß der Faltungsprozeß dieſes Gebirges 
noch nicht abgeſchloſſen iſt. Landverluſte ſollen in neuerer Zeit auch die 
Küſten von Barka und des Nildeltas erlitten haben: bei der erſtgenannten 
tt aber wohl hauptſächlich — nad) v. Beurmann's ausdrücklichem Zeug 
113 — die Branding das zerjtörende Element. An der Mündung des 
Amazonenjtromes ſtehen Leuchttürme, welche 1837 in einer Entfernung 
von km von der Külte erbaut wurden, bereits in Gefahr, unterivalchen 
au werden. Dieſer Umptand, ſowie die Verfleinerung und Zerteilung der 
Inſeln, werden als Anzeichen einer fortdanernden pofitiven Niveauverände: 
rung betrachtet, doch muß wohl auch die Wferzerftörung durch die ſtrom— 
aufwärts fortichreitende Flutwelle mit m Rechnung gezogen werden. Nad) 
Brough Smyth zeigt auch das nördliche Auſtralien eine pofitive Niveau: 
verändernung. 

Zum Schluſſe unſerer Aufzählung wollen wir nur noch kurz der ſog. 
Schaukelbewegung gedenken, von der man früher mit beſonderer Vor— 


Die horizontale Gliederung des Feflandes. 197 


liebe ſprach. So follen Schweden und Grönland im Norden fi) heben 
und im Süden ſinken. Daß diefe Annahme in Bezug auf Schweden un- 
richtig ift, Haben wir ſchon augeinandergejegt; und wenn man auch in 
Bezug auf Südgrönland an einer neueren pofitiven Niveauſchwankung feit- 
hält, jo find doch für die Fortſetzung der negativen Nivenuveränderung im 
Norden bis in die Gegenwart hinein feine Anzeichen vorhanden. Cbenjo 
irrach man von der Hebung der weitlichen und der Senkung des öftlichen 
Fatagonien, konnte aber für lebtere nur vage indirefte Beweiſe, die man 
der Küftenform entnahm, in das Feld ſchicken. Ebenſowenig ftichhaltig 
ind die Argumente für die Senkung der öftlichen Küfte von Kreta, und 
der weftlichen Küfte der neufeeländifchen Südinfel, aber noch immer figurieren 
dieie beiden Inſeln als klaſſiſche Beifpiele der „Schwengelbewegung“ in 
den Lehrbüchern. 

$ 165. Überbliden wir die Reſultate der Beobachtungen. Sichere 
Spuren einer negativen Niveauveränderung in der geologischen Gegenwart 
md an zahlreichen Küftenftellen vorhanden. Selbft dort, wo eine pofitive 
Verſchiebung der Strandlinie eingetreten ift, erreicht ihr Betrag noch immer 
nicht den der vorhergegangenen negativen Bewegung. Nur an verhältnis- 
mäßig wenigen fontinentalen Küjftenftellen ift eine pofitive Niveauverände- 
rung allein bemerkbar; aber wir dürfen nicht vergejlen, daß fie — wie 
Darwin fagt — ihre Zeugnifje felbft verbirgt, während die negative nod) 
nach Jahrhunderten fonftatiert werden fanı. Ob diefe Veränderungen auch 
im die hiftorifche Gegenwart oder gar bis in unfere Tage hineinreichen, ift 
eine ganz andere Frage, Die nur für wenige Punkte in dem einen oder 
anderen Sirme beantwortet werden fann. Endlich haben wir gejehen, daß 
die Veränderungen, wenn fie auch eine längere Küftenftrede betreffen, doch 
in ihrem Betrage ſehr ſchwanken. Gerade diefe Thatfache hat den Glauben 
an eine vertifale Bewegung des Feſtlandes erjchüttert, um jo mehr als eine 
jolche wellenförmige Bewegung doch auch in dem Schichtenbaue Störungen 
erzeugen müßte. Dagegen laſſen fich derartige Unregelmäßigfeiten wohl dem 
beweglichen Deere zutrauen; und Sueß und Penck gebührt das Verdienft, 
dieies Element in feine Rechte wieder eingejebt zu haben. 

Schmid ftellte die Theorie auf, Daß periodijch bald die eine, bald 
die andere Halbkugel höheren Waflerftand habe. Dadurch wollte er Die 
gegenwärtige Kontinentalität der nördlichen Hemilphäre erklären; aber dieje 
Iheorie wird ſchon durch die einzige Thatfache widerlegt, daß die höheren 
judlichen Breiten ebenjo Land gewonnen haben, wie die nördlichen. Sueß 
iprach in einer vorläufigen Anzeige die Meinung aus, daß das Meer 
veriodifch von den Polen zum Äquator und umgefehrt ocsilliere. Gegen: 
wärtig feien die Aquatorialgegenden das Gebiet pofitiver und die höheren 





NRüdblid und 
Schlüſſe. 


198 Siebentes Kapitel. 





Breiten die Gebiete negativer Niveauveränderung. Penck hat dieſen Ge- 
danfen nach einer Richtung weiter ausgeführt, und bringt das Sinfen des 
Meeresjpiegeld in den höheren Breiten in Zufammenhang mit dem voll- 
jtändigen oder teilweijen Echwinden der diluvialen Eisdede, die Nordeuropa, 
Nordamerika, PBatagonien, Neufeeland u. ſ. w. bebedte (ſ. Karte XI). 
Eine Beitätigung feiner Anficht findet er darin, daß im ſüdweſtlichen 
Grönland das Meer dort fteigen fol, wo die Gletfcher im Vorrüden be- 
griffen find. 

Die Annahme von einer vorherrichenden pofitiven Niveauveränderung 
in der Tropenzone wird durch die Beobachtungen im oftindifchen Archipel 
und an der Sanſibarküſte nicht begünftigt. Es ift aber nur zweierlei 
möglich: entiveder werden die negativen Veränderungen durch die pofitiven 
völlig fompenfiert oder nit. Im lebteren Falle muß das Waffer auf 
der Erde abnehmen, was allerdings nicht unmöglich, wohl aber ſchwer zu 
erweifen ift. Im erfteren Falle könnten wir, da weder die Schmid’iche 
noch die Sueß'ſche Hypothefe mit den Beobachtungen vereinbar find, an- 
nehmen, daß das Meer periodiich gegen die Kontinente flute und fich dann 
wieder zurüdziehe. Aber auch da begegnen wir wieder Schwierigfeiten. 
Zahlreiche von den hohen Inſeln des pazifiichen Ozeans zeigen unzweifel- 
bafte Spuren einer negativen Niveauveränderung, und in Bezug auf die 
Koralleninfeln der Südſee und des indischen Ozeans, die Darwin für dad 
Produft einer gewaltigen Senkung erklärte, haben ſich auch die Anfichten 
etwas geändert. Es wird fpäter auseinandergejegt werden, daß die An- 
nahme einer bedeutenden Cenfung in den Thatjachen nicht begründet ift; 
und auch neuere pofitive Niveaufchwanfungen in diefen Gebieten find fehr 
zweifelhaft. Alle Nachrichten von der zunehmenden Verkleinerung oder 
dem gänzlichen Berjchtwinden diefer nur wenige Meter hohen Injeln, deuten 
nur auf eine energiſche Thätigfeit der Wogen Hin; und nur auf den Ber: 
mudas im nordatlantiichen Ozean, wo man bei einer Felsſprengung in 
13ın Tiefe auf eine °,m mädjtige Schicht roter Erde mit deutlich erfenn- 
baren Reiten der Bermuda-Ceder (die noch dieſe Injeln bewohnt) ftieß, iſt 
eine pofitive Niveauveränderung ficher nachgewiefen. Dagegen find Beweiſe 
für negative Niveauveränderungen im Baumotu-, Tonga= und Balau-Archipel 
vorhanden. Wir werden daher qut daran thun, wenn wir ung vorläufig 
von theoretifchen Crörterungen fern halten und uns auf die Vermehrung 
und kritiſche Sichtung des Bemweismateriald bejchränfen. In den folgenden 
Abjchnitten werden wir von einigen Anzeichen einer älteren Niveauverände- 
rung jprechen, die noch bedeutiame Spuren im Antlit der Erde zurüd- 
gelaſſen hat. 





Die horizontale Gliederung des Feftlandes, 199 





Rüftenformen. 


$ 166. Niveaufchwanktungen und die Thätigfeit des Meeres im Ver- 
ein mit der deltabildenden Kraft der Flüſſe verändern die Küften unaug- 
geſetzt. Ob fie in gerader Linie fortziehen, oder ob fie Einfchnitte und 
Vorſprünge zeigen, in beiden Fällen ift ihre heutige Geftalt dag Reſultat 
emes langen Entwidelungsprozefjes. Die gezähnte oder ausgeſchweift ge- 
‚ihnte Form der Steilfüften wiederholt fih im großen im bogenförmigen 
Lerlauf mancher weit gedehnter Küftenftreden, wobei Vorgebirge oder 
vorgejchobene Deltas gleichjam die Aufhängepunfte der Uferguirlanden 
bilden. Zwiſchen dem Karjtgebirge und Ancona, wo wieder ältere Gefteine 
an das Meer herantreten, breitet jich der flache alluviale Bogen des vene- 
taniichen Golfes aus, nur unterbrochen vom PBodelta; und von Ancona 
bis zum Monte Gargano, der ebenfall3 aus feiten Kreide- und Jurajchichten 
ich aufbaut, erftredt ſich der flache pliocäne Bogen, in deſſen Mitte Pescara 
liegt. Ebenſo wellenförmig geftaltet ift die europäische Küfte des öftlichen 
Mittelmeerbeckens vom Golf von Palermo bis zum flachen Golf von Car- 
tagena. “Die weicheren Schichten weichen vor der Brandungsmwoge immer 
weiter zurüd, wo nicht ein fedimentreicher Fluß ihr entgegenarbeitet, 
während Ausläufer von Gebirgen oder nur vereinzelte Schollen feiteren 
Geſteines ihr erfolgreichen Widerftand leiſten. An der italienischen Küfte 
iind es auch landfeſt geivordene Inſeln, die Vorfprünge bilden. Nur der 
Golf von Genua iſt fein Werk der Dkeereserofion, jondern durd) den Bau 
der Apenninen vorgezeichnet. Schön ausgebildete Bogenformen zeigen auch 
die atlantiichen Küften von Patagonien und der Vereinigten Staaten. Ob 
wir es in allen diefen Fällen nur mit Schöpfungen des Meeres zu thun 
haben, ift freilich noch nicht mit voller Sicherheit zu bejahen. Häufig 
wiederholen nämlich die Tiefenlinien die Bogenform der benachbarten Küfte, 
wenn auch in der Regel in gejchwächten Grade. Es ift aber wohl zu 
beachten, daß bei der Spärlichkeit der Lotungen der Verlauf der Tiefen- 
Iinien zum Zeil von der Willfür des Zeichner abhängt und für unjere 
Ftage nicht ganz beweisfräftig ift. Wohl aber ift anzunehmen, daß auf 
lachen Meeresboden auch die unterfeeiiche Erofion an weicherem Material 
ſich kräftiger erweift, al8 an härterem; daß alſo auch die Bogenform der 
Ziefenlinien unter Umftänden ein Produkt der Meereserofion ift. 

$ 167. Bereinigt fih an einer Steilfüfte mit der Brandung eine 
dofitive Niveauänderung, jo macht die Zerjtörung des Landes die raſcheſten 
vortichritte, wie v. Richthofen in neuejter Zeit mit bejonderem Nach— 
drud betonte. Die Terraffenbildung, die bei ftabilem Meeresipiegel nad) 
Erreichung der Dtarimalbreite Stille fteht (ſ. S. 185), rückt in der allmählich 


Bogenform. 


Abrafions- 
flächen. 


Fiorde 


200 Siebentes Kapitel 





in die Fluten verſinkenden Litoralzone immer weiter landeinwärts vor. 
Die Plattform der Terraffe wird immer breiter und ihre Rückwand weicht 
immer mehr zurüd. Alle Unebenheiten des Bodens, einige bejonders wider 
jtandsfähige Partien vielleicht ausgenommen, werden von dem ſiegreich 
vordringenden Meere wie mit einem jcharfen Meſſer wegrajtert, und die 
jo geichaffene jchiefe Ebene trägt daher den charakteriſtiſchen Namen 
Abrafionsflähe. Junge Meeresablagerungen von größerer oder ae 
ringerer Mächtigkeit bedecken fie allmählich) in horizontalen Schichten. 
Solche Abrajionsplatrans find vielleicht Die norwegiſchen Bänfe und dir 
ausgedehnte unterſeeiſche Sockel der britiichen Injeln, denn eine Reihe von 
Erſcheinungen, von denen wir die Fiorde fogleich kennen lernen werden, 
dentet darauf Hin, daß dieſe Yänder vor ihrer negativen Niveauveränderung 
einer ftarfen poſitiven Bewegung unterworfen waren. 
$ 168. Die Fiordbildung, die mit allen ihren charakteriitichen 
Eigentümlichfeiten nur anf Steilufer beſchränkt iſt, iſt die höchſte Porn 
der Küſtenentwickelung. Die thatſächliche Länge der norwegischen Küſte 
ift 6-8 mal amd die der Stüfte von Maine jogar 13-3 mal größer als 
Die im gerader Yinie gemefiene Küſtenlänge. Unter einem Fiord versteht 
man eine thalartige Bucht, die jenfrecht oder unter einem jteiten Winkel 
mehr oder weniger tief in das Ufer einſchneidet. Meijt treten fie geſellig 
und im Verbindung mit Dichten Schwärmen von Felſeneilauden auf und 
bejtinmen jo den ftüftencharatter auf lange Strecken. Im übrigen bereit 
aber auch hier große Mannigfaltigteit. Den extremſten Typus stellt der nor 
wegiſche Lyſefjord dar. Er ift bei einer Yänge von +1 km nur 600 — 1900 ın 
breit, und feine Felswände erheben ſich ſeukrecht oder ſtellenweiſe ſogar über 
hängend bis ca. 950m Höhe. Dagegen begrenzen den größten Teil d 
Chriſtiania- und dem ſüdlichen 
und öſtlichen Teil des Trond 
bjemfjordes ſanft anſteigende 
Böſchungen. Die Thalform zeigt 
in draſtiſcher Weiſe der 237 km 
ng n lange Sognehjord (Fi 49), ein 
SP aus einem Haupt und mehreren 
ig. 49. Sogue-Flord Norwegen. Nebenforden bejtchendes Sy 
ſtem. Die Vereinigung mehrer 
Fiorde zeigt and Fig. 50. Im Trendbjemfjord (Fig. 21 tritt der Paralle 
der Wände ſchon etwas zurück, und noch mehr im Laxefiord Fig. 52). Aber 
dasſelbe iſt ja and) bei Thälern der Fall, die ſich bald verengen, bald erweitern. 
Jeder unbefangene Beobachter wird daher die Horde für untergetaudte 
Thäler halten, um jo mehr, als fie ſich meiſt auch als Ihäler oberirdiſch 


























































Die horigontale Gliederung des ‚Feflandes. 201- 





fortiegen. Zwar jcheint dagegen zu ſprechen, daß viele Fjorde fih an 
ihrem Ausgange in mehrere Arme teilen (f. Fig. 50 und 53), allein ſchon 
Hartung hat dieſe Eigentümlichfeit befriedigend erklärt. Zwiſchen ben 
100m und barüber Hohen Bergen Norwegens führen tiefeingejenkte flache 





Big. 50. Fiorde bei CHriftianjund Fig. 51. Trondhjem-Fjord 
(Norwegen). (Norwegen). 








ng. 52. Late⸗Fjord (nördl. Fig. 53. Fisle- und Aniggof-Fjord 
Rorwegen). (Beft-Grönland). 


Kite (Eide) aus einem Thal in das in entgegengejeßter Richtung ver- 
laujende. Überftieg der Betrag ber pofitiven Nivenuveränderung die See- 
dohe der Eide, die in manchen Fällen nicht einmal 100m beträgt, fo 
mußten mehrere Thäler zu einem einzigen Fjordenſyſtem verichmelzen, 
kiien Arme Gebirgsinſeln einschließen. Ein ähnlicher Vorgang ift übrigens 
ion beobachtet worden. Auf der Infel Caviana im Miündungsgebiet 
des Amazonas gab es zwei entgegengefegt laufende Flüſſe. 1850 drang 
de Flut zum erſtenmal in ben öftlihen Fluß ein und überjchritt die 


202 Sicbentes Kapitel. 





Waſſerſcheide. Tiefer Vorgang wiederholte ſich öfter, bis endlich die Inſe: 
durch einen Meeresarm in zwei Teile getrennt war. Auf gebirgiaem Ier 
ram enutſtehen jo Fjordenſtraßen mit parallelen Wänden, wie beiſpiels 
weiſe Der Matotſchkin Scharr zwiichen der Nord: und Südinſel von Nowaje 
Zenlja. 

Arch die Tiefenverhältniſſe der Fjorde wideripredden unſerer Mur 
faſſung nicht. Schon Nakel erflärte, daß das Seichterwerden an ir 
Mimding nicht eine allgemeine Eigenschaft der Fjorde ſei. Dafür ſprickt 
auch der ſehr gleichmäßig tiefe Sermiliffjord an der grönländiſchen Wet: 
küſte (631,3); Die Lotungen im der tiefſten Rinne ergaben hier mi 
Unterichtede von Sm. Tagegen hat der Jervisfjord in Britiſch Columbia 
zwei Zenfungsitellen: eine von 380 m im Innern und eine von Fon 
Tiefe am Ausgang. Immerhin iſt aber jener obenerwähnte Charakter: 
zug zahlreichen Fiorden, wie den norwegiſchen und jchottiichen, eigen— 
tümlich. Der Lyſefjord iſt z. B. im Hintergrunde 19-5, in Der Mitte 
106 und an der Mündung 30m tier ſſ. auch Fig. 41). In dieſen Fällen 
haben wir es mit untergefunfenen Seebecken zu thun, die entweder durd 
Schutt (vielleicht Moränen) oder durch feſtes Geftein abgedämmt find. Ir 
der That liegen auch in der Fortſetzung der Fjorde ibefonders in Schon 
landı Jolche Seebecken, die, wie wir Tpäter hören werden, nur abgedanınt 
Thalſtücke ſind. Wie dieſe Thäler und Seebecken entſtanden, iſt eme 
andere Frage, die uns vorläufig noch nicht berührt. 

In den höheren Breiten find die Fjorde am häufigſten und ſchönſter 
ansgebildet. So an der norwegischen Küſte, an der Weſtſeite der bit 
ſchen Inſelwelt, im Grönland und auf den anderen arftichen Inſeln, an 
der Titjeite von Nordamerifa von Labrador bis Name und an der Weſt 
ſeite nördlich vom 50. Parallel, an der weſtlichen Küſte von Südamerika 
jenſeit des 40.“ B., auf den Kerguelen, in Tasmanien und auf der Südin'el 
von Neuſeeland. Dana }prach Daher der Zaß aus, day die Verbreitun 
der Fjiorde ſich auf ehemalige Gtletjchergebiete befchränfe. Einige nahmen 
an, day die Fjorde durch Gletſcher ausgepflügt wurden, andere behaupten. 
das Eis habe die Fijordenbecken nur vor frühzeitiger Verſchüttung bewahrt. 
Daher teren auch bauptlächlich Die regenveichen Weſtküſten durch Fiorden— 
reichtum ausgezeichnet, denn an dieſen Hätten ſich die dilnvialen Gletſcher 
länger erhalten. Peſchel verſchärfte noch den Ausſpruch Dana's, indem 
ev die Jahresiſotherne von 10" als die Aquatorialgrenze der Fiorden 
bildung bezeichnete. 

Gegen dieſe Annahme ſpricht noch nicht die Entdefung echter Fiorde 
im kauadiſchen Zeengebiet (beſonders am Nordufer des Huronſees), vor 
denen Raßel und in neueſter Zeit Spencer berichteten. Sie beweiöer 


Die horizontale Gliederung des Feſtlandes. 203 


aber, daB die Fjordbildung nicht auf die Meeresküſten beſchränkt ift. 
Zagegen überichreiten die 100⸗Iſotherme bereit die jchön ausgebildeten 
iorde der Bretagne, und noch weiter nach Süden liegen die Rias von 
Galicia, ebenfalls echte Fjorde, die aber wohl noch in der Eiszeit von 
Gletſcherſtrömen erfüllt waren. Alle äußeren Kennzeichen der Fjorde haben 
die ſog. Canali in Iſtrien (3.8. der Canali di Leme, 12km lang und 
mr ca. 460 m breit) und ähnliche Bildungen an der dalmatinifchen Steil- 
tiite, vor allem die berühmte Bocche di Cattaro, die in ihrer Form dem 
Eiefjord auf Spigbergen ähnlich ift, und deren Boden auch bedenartig im 
‚snern fich ſenkt. Nicht? Hindert uns, im Bosporus eine der fchönften 
Fiordenſtraßen der Welt zu finden, wenn wir einmal vorgefaßten Mei- 
nungen entfagt haben. Noch näher dem Äquator finden wir Fjordbildungen 
on der chineſiſchen Küfte, jüdlih von 30°B. v. Richthofen fpricht von 
den langen, gewundenen Einfahrten und von den Untiefen an den Mün- 
dungen. Auch diefe Einjchnitte jeßen fich landeinwärts als Thäler fort, 
und zahlloſe Klippeninjeln umjchwärmen die Küſte. ine ähnliche Ge— 
rıltung zeigt die NW.-Küfte von Auftralien (14—17° ©.) auf Beter- 
wann's Speziallarte. Der tieffte Einfchnitt ift Hier der Cambridgegolf, 
10km lang und bei der Adolphuginfel 15km breit. Dieſe Breite jcheint 
allerdings für einen Fjord zu groß zu fein, aber wir müfjen ung erinnern, 
daß der Efagafjord an der Nordfüfte von Island nicht ſchmäler ijt. An- 
geſichts ſolcher Thatjachen läßt ſich Dana's Theorie wohl nicht mehr feit- 
balten, aber ebenjowenig fünnen wir Rütimeyer’3 Erklärungsverſuch, 
der mır auf Unterjuchungen in der Bretagne bafiert, allgemeine Gültigkeit 
serfennen. Auch der berühmte Schweizer Geologe verjchließt fich nicht der 
Thatjache, daß die Fjorde Fortſetzungen oberfeeifcher Thäler find, aber 
‘re eigentliche Ausbildung und Vertiefung betrachtet er als eine durch 
das kryſtalliniſche Geftein bedingte Wirkung der Meereserofion. Aller⸗ 
dings kommen Fjorde hauptfächlid in Eryftalliniichen Gebieten vor, aber 
untere Aufzählung zeigte, daß fie nicht ausſchließlich daran gebunden find. 
In manchen Fällen mag wohl ein Vorgang, wie ihn Rütimeyer |childert, 
stattgefunden haben. Die ſechs fjordartigen Buchten im ſüdweſtlichen Ir— 
ind (Kerry und Cork) z.B. entiprechen genau den Carbonkalkmulden, 
während der wiberftandsfähigere devonijche Sandjtein die dazwiſchen be- 
ndlihen Halbinjeln bildet. Aber problematijch ericheint ung die An- 
nahme, daB die Brandungswelle fo tief einfchneidende und mannigfach ver- 
‚weigte Fjorde aushöhlen fünne, wie wir fie beiſpielsweiſe in Norwegen 
teınen gelernt haben; aber ſelbſt diejes zugeftanden, jo fünnen wir Doc) 
richt die Bedenform des Bodens fo zahlreicher Fjorde für ein Produkt 
der Weereserofion halten. Es bleibt aljo wohl nichts anderes übrig, als 


Tünen, 


204 Sichentes Aapitel. 


das Fjordenphänomen mut pofitiven Niveanveränderungen in Verbindung 

zu bringen. 
$ 169. Die charakteriſtiſchen Formen der Flachküſte, die übrigens 
auch zuſammen auftreten können, Jind die Dünen- und die Lagunenkuſte. 
Der von der Flut am Strande (jenem amphibiſchen Küſtenſtrich, der bei 
Niedrigwaſſer Yand und bei Hochwaſſer Meeresboden tft; zurückgelatene Sand 
wird, Jobald er trocken geworden, von den Seewind landeimvärts getragan. 
Da oder dort ſtaut er ſich vor einem Hindernis auf, beiſpielsweiſe wie in 
‚sig. 54, vor einem Pilocke, den man abſichtlich in den Boden geſteckt hat, 
um daran die Art der Dünenbildung experimentell zu erweiſen. Der 
Zandhiigel wacht im— 
mer höher an, bis tem 
| Böſchung im eine Yınk 
I. Stadium. mit Dem oberen Piloc 
ende kommt, worauf dit 








_. 7” — -. 
— — — Sand ſich auch an der 
nn ee Leeſeite des Hinderniſies 


II. Stadium. anhäuft. Endlich wird 
auch der leere Rat, 
Den Die kleine Wirbel— 
EB SR: bewegung des Winde— 
5 j III. Stadium. . vor dem Pflocke en 

hielt, ausgefüllt: Das 
Hindernis tft völlig mit 
Zund bedeeft, und Die Die kaun nun weiter achten, ſoweit es Das zu— 
gerührte Material, alfo indtreft die Stärke der Tiden und der Wind au 
statten. Stets iſt die Böſchung auf der Windſeite ſanfter als auf der 
Leeſeite, wo der Zand nur der Schwerkraft folgt. In den Landes ſteigen 
die Dünen unter einen Winfel von T—12" von der Zeefeite an und falleı 
unter einem Winkel von 29—32", ſtellenweiſe Sogar unter einem ſolchen 
von 35" gegen das Yard ab. An der Weſtküſte der Zabara, we Au 
Paſſat Düuenhügel aufwirft, iſt natürlich Die Seeſeite Die ſteilere. Da dus 
Baumaterial nicht immer gleichmäßig tt, ſo tritt auch Schichtung ein, wie 
Fig. 54 (II. Stadium zeigt. 

In der Natur veranlaſſen die verſchiedenartigſten Hinderniſſe, wie 
Baumſtümpfe, Haufen ausgeworfener Muſcheln und dergleichen, Zand- 
anſammlungen. Kein Hindernis iſt zu klein, denn der Sand macht es 
ſelbſt von Tag zu Tag größer. Sind ſie dicht gedrängt, jo entſtehen ſtan 
einzelner Bügel game Dünenwälle, Die manchmal, halbmondförmig a 
bogen, ihre fonfave Seite dem Yande zukehren. Wird das Hindernis der 





sig. 54. Tünenbildung. 


Die horizontale Gliederung des Feſtlandes. 205 


richtet, jo verliert die Düne ihren Halt und wird wieder ein Spiel der 
Winde. Wan jagt dann, die Düne wandere landeinwärts. Weite 
<treden werden dadurd) verjandet, die menſchlichen Wohnfite zurücgedrängt 
und Wälder verjchüttet, die, wenn fie auch ein günftiges Gefchic wieder 
von ihren Feſſeln befreit, ihre Lebenskraft doch unwiederbringlich eingebüßt 
heben. In den Landes rüden die Dünen im Durchſchnitte jährlich 1—2 m 
Isndeinwärts, an manchen Stellen aber — wie die Dünen von Tefte und 
sge — 20 big 25m; ferner in Schlegwig 7, auf der friichen Nehrung 
3.7—5.6 und auf der kuriſchen Nehrung ca. 5'/;,m. So entjtehen 
zehrere Hügelreihen Hinter einander, landeinwärts ftetig an Höhe zu- 
schmend. In der Tropenzone, wo fogleich Pflanzen, beſonders Mtangrove- 
taume von den Dünen Beſitz nehmen, ift ihre Beweglichkeit gering, und 
ad in Europa fcheinen fie ehemals natürliche Wälder getragen zu haben, 
fun Montaigne berichtet im 16. Jahrhundert, fie hätten erſt feit kurzer 
Kit zu wandern angefangen. In unjeren Tagen jucht man fie durd) An⸗ 
mlanzung von Gewächſen mit langen Wurzeln wie Sandhalm, Sandhafer, 
Zandroggen und Sandweide, zu befeitigen; hat fich dann aus den Ab- 
tällen derfelben eine dünne Humusjchicht gebildet, jo fiedeln ſich auch an- 
xre Pflanzen an, die die Seeluft vertragen. 

Größere Tünen können fi) nur an jenen Flachküſten bilden, wo eine 
breite Strandfläche den nötigen Sand nadjhaltig liefert. Schon wieder: 
bolt wurde der Dünen der Landes ziwilchen den Pyrenäen und der 
Gironde gedacht. Hier, wo das Meer im Jahre durchichnittlich fünf 
Rillionen Kubikmeter Sand auswirft, befigt die Dünenzone nad) Delejje 
ine Länge von 250 km und eine durdhichnittliche Breite von 5km und 
bededt 1200 qkm Land. Die Hügel erreichen eine Höhe von 75—89 m. 
Kördlih von der Gironde find die Dünen zu Inſeln zerbrochen, und 
binter denjelben ſchuf das ruhige Meer durch Ablagerung feinen Schlides, 
der hauptjächlich von den großen Flüſſen der Eee zugeführt, aber von 
der Flutſtrömung ſtets wieder zum Lande hingetrieben wird, das frucht- 
bare Marichland der Vendée. Dasjelbe iſt der Fall an der friejiichen 
Kuſte, wo die im 17. Jahrhundert begonnene Eindeichung die Marſch 
wenigitend vor allzuhäufiger Zerſtörung durch dag Meer jchügt. In 
den Niederlanden bededt da3 Marichland 18170 qkm; gegen Djften 
nimmt e3 ab, und auf der jütiichen Halbinſel beträgt fein Areal nur 
mehr 2533 qkm. Auch die britiſche Nordfeefüfte wird, ſoweit fie flach 
st, von Dünen begleitet, und ebenfo die friſche und kuriſche Nehrung der 
Titiee. Auf der lebteren ift der Dünenzug ohne Unterbrechung 67 km 
lang; fein Kamm hat 30—50m Höhe und feine Gipfel fteigen bis zu 
Km empor. Eine beträchtliche Ausdehnung bejigen auch die Dünen⸗ 


Lagunen. 


206 Siebentes Kapitel. 


bildungen an der Oſtküſte der Vereinigten Staaten von Long Island bis 
zur Chejapeaf-Bai, an den Küſten von Florida, Teras, Mexiko (zwiſchen 
Beracruz und Tampico), Brafilien, Peru und am Geſtade der Atacama- 
wüſte. In Afrifa finden wir fie am Nildelta, an den Syrien, an der Weftfüfte 
ber Sahara, wo jie am Kap Bojador ihre größte Höhe — 120 bis 180m — 
erreichen, und an der Küfte des Namagualandes. An der auftraliichen 
Süd- und Weftfüfte werden fie durch ein kalkiges Bindemittel, das die 
Mujchelichalen Liefern, zu einem feiten Sandftein verfittet. 

$ 170. Mit der Dünenbildung fteht häufig die Lagunenbildung im 
Zufammenhang. Lagunen oder Strandjeen find Meeresteile, Die durch 
eine jchmale, Tanggeftredte Landzunge mit oder ohne Dünen — bie og. 
Nehrung — von der offenen See getrennt find. Bald ftehen fie mit 
der leßteren durch einen oder mehrere Ausgänge in Verbindung, bald find 
fie völlig abgejchloffen. An der füdruffiichen Limanfüfte oder im Donau- 
delta laſſen fich alle diefe Verhältniffe mit allen ihren Übergängen gut 
jtudieren. An der Kifte der Landes treiben die fortichreitenden Dünen 
die Strandjeen (Etangs) immer weiter landeinwärt3 und verſetzen fie damit 
in ein immer höheres Niveau, das jetzt jchon ca. 20m über dem Meeres- 
ſpiegel Liegt. 

Die Nehrung war urjprünglic) eine Sandbarre, die meift durch Die 
vereinigte Thätigfeit von Meer und Fluß gejchaffen wurde. Dort nämlich, 
wo ein Fluß der Brandung begegnet, hemmen te fic) gegenjeitig in ihrer 
MWeiterbeivegung und laſſen ihre Sedimente fallen. Die Sandbank wächſt 
immer höher an, bald tauchen einige Inſeln auch über das Hochwaſſer 
empor, endlich verwachien fie zu einem Zandftreifen, der gelegentlich mit 
dem Feſtland in Verbindung tritt. Wohl nur ausnahmsweife vermag 
das Meer allein eine Nehrung zu bilden, wie Dana von der Küjte von 
Long Island berichtet. Deltas find in der Negel reich an Lagunen, aber 
auch Küften mit offenen Flußmündungen werden häufig von Nehrungen 
umſäumt. Das zeigt am beiten die Oftfüfte Nordamerikas, wo von New— 
Ierjey bis Nicaragua das Lagunenphänomen im großartigften Maßftabe 
entwicelt ift, und die Nehrungen von Nord-Carolina, Florida und vom 
füblichen Texas eine Länge von 350, beziehungsweife 300 und 390 km 
(gleih der Entfernung zwiſchen Wien und Trieft!) erreichen. Die Be— 
trachtung der Karte lehrt und auch, daß hier nicht immer den größten 
Flüffen Nehrungen vorgelagert find. Die größten Lagunen liegen nicht 
im Donaudelta, fondern zu beiden Seiten desjelben; und während der 
Strandjee von Mefolungi nur einen ganz unbedentenden Zufluß erhält, 
münden die großen Flüffe, Achelous und Phidaris, außerhalb dezfelben. 
In allen diefen Fällen find entweder die Flüſſe Fräftig genug, ihre Mün— 




















Die horizontale Gliederung des Feftlandes, 207 


dungen offen zu Halten, oder fie haben ihre Lagunen bereit? ausgefüllt, 
cder ihre Sedimente werden von einer Strömung erfaßt und einem benach- 
harten Geſtade zugeführt, mo ſie jich Hinter einem ſchützenden Ufervorjprung 
ablagern. Über die Bedeutung der Strömungen wurde ſchon auf ©. 188 
:öprohen. Auch die Windrichtung ift von Einfluß, wie das Beiſpiel der 
Zhrutichaküfte zeigt, wo troß des Mangels größerer Flüſſe der herrichende 
ST.-Wind im Berein mit der Literalftrömung mächtige Sandbarren auf- 
ut und dadurch die Lagunenbildung außerordentlich fördert. Auch 
terfeeiich austretendes Süßwaſſer kann im Kampfe mit dem Meer Neh- 
angen Jchaffen, wie Schott von der Küſte des nördlichen Yukatan meldet. 

Selbftverftändlich find aucd) Niveauveränderungen von großem Ein- 
auß. Eine negative Bewegung hob einft die Furifche Nehrung — wie 
Berendt nachwies — fo weit über den Meeresipiegel, da die Dünen 
auf derjelben aufhörten zu wachen und fic mit einem dichten Wald be- 
kleiden konnten, wodurd) die Nehrung eine größere Feſtigkeit erhielt; dann 
trat wieder eine pofitive Bewegung ein. ine folche ſchuf auch das Oder⸗ 
bat und den Ran (Vorderindien), zwei uneigentliche Zagunen, denn die 
te abichließenden Landftüde jind feine Nehrungen. Dasjelbe gilt auch 
som Coorong, einem fchmalen, 130 km langen Strandfee an der füdauftra- 
lichen Küfte, denn die Dünen der Nehrung ruhen nad Jung auf einer 
Interlage von Kalkfelfen. Dagegen war offenbar eine negative Niveau- 
wränderung bei der Bildung des faulen Meeres und der ca. 60km langen 
Rehrung von Arabat beteiligt. 

Nehrungen und Lagunen find ſehr veränderliche und raſch vergängliche 
Sidungen. Flüffe und dag bei Ebbe zurüdjtrömende Meer benagen fort- 
während die Innenſeite der Nehrungen, die fich durd) ihre unregelmäßige 
orm wejentlich von der geradlinig verlaufenden Außenfeite unterjcheidet. 
Hiufig wird die Nehrung, bejonders durch Sturmfluten, durchbrochen, und 
ebenio häufig verfanden wieder die Ausgänge. An der kuriſchen Neh- 
amg wies Berendt vier Öffnungen nach, aber bis auf die von Memel 
zuben fich bereits alle geſchloſſen. Die Lagunen werden durd) die Fluß—⸗ 
\öimente ausgefüllt, und Seeftädten, wie Navenna, wird Dadurch ihr 
zehensnerd abgefchnitten. An der Außenfeite des jungen Landes können 
weder neue Nehrungen entjtehen, und fo fchreitet die Landbildung ſiegreich 
gen das Meer fort, aber nur zu häufig unterbrochen von Perioden 
nariner Reaktion, beſonders wenn eine pojitive Niveauveränderung die 
stere unterftügt. An der Stelle des Menzalehjees im Nildelta ftanden 
ent die Städte Tanis und Tennis, und der See von Abufir entitand 
ent 1784. Dagegen fann eine negative Niveauveränderung das ange: 
ichwemmte Sand dauernd vor Überflutungen jchüßen. 


Formen ber 
Halbinfeln. 


Abgegliederte 
Halbinfeln. 


208 Siebentes Kapitel. 


Die Halbinfeln. 


$ ıT1. Wie die Küftenformen im Heinen, fo find auch die Umrifie 
der Feſtländer im großen das Produft einer langen Entwidelungsgejchichte. 
Niveauveränderungen, ſowohl de3 Landes wie des Meeres, fpielen Dabei 
die Hauptrolle. In zutreffender Weife hat man die Kontinente mit Drga- 
nigmen verglichen, und Halbinſeln und küſtennahe Infeln als Glieder be- 
zeichnet, die in der That auch wie Arme nach benachbarten Erdräumen 
hinübergreifen. 

Die Halbinfeln, zu deren Betrachtung wir nun übergehen, find fehr 
ungleichmäßig verteilt. Ihr Areal beträgt nämlich in Prozenten der Ge- 
ſamtfläche des Kontinentes (ohne die Injeln): 


Nordkontinente Südkontinente 
Europa...... 292.7 Auſtralien.. .. 144 
Alien . . 2 . 20.5 Eidameria . . .» 2.2.0.4 
Nord» und Sentralamerifa 10.9 4 Aha . . » 22.2.0090 


Die Halbinjelbildung ift alfo vorwiegend ein den nördlichen Feſt— 
ändern eigentümliches Phänomen, und von diefen ift wieder Europa am 
meiften gegliedert. Es bejitt überdies alle Hauptformen derjelben. Die 
mit dem Feſtland innig verwachſene Bretagne, eigentlich nur ein jcharf 
marfierter Vorſprung desfelben, jtellt ung das fontinentale Ertrem; die Krim 
Dagegen, welche nur durch den 11km breiten, jandigen Iſthmus von 
PVerefop mit dem Feſtland zujfammenhängt, das infulare Extrem dar. 
Übergänge finden wir in der Baltanhalbinfel, die fi) zwar ſchon deutlich 
vom Kontinent abgliedert, aber doch nur ganz allmählich aus demfelbem 
hervorwächſt; in der italienischen, die nur mehr mit einem jchmalen Ge— 
birgsſtück an das Feſtland gefettet it; endlich in der orographiich jelb- 
ſtändigen pyrenäifchen Halbinjel, die al3 ein fremdes Anhängfel am euro- 
päifchen Körper erjcheint. Nur ift hier, im Gegenfate zur Krim, das 
Verbindungsglied eine breite Ebene. 

$ 172. Schon aus diefer furzen Betrachtung ergibt ſich, daß Halb- 
infeln auf zweierlei Weiſe fich bilden können: durch Ab- und dur An- 
gliederung; die erftere gejchieht durch eine pofitive, die letztere Durch eine 
negative Niveauveränderung. In den abgegliederten Halbinſeln ſetzt 
jich ftet3 die Terrainform des benachbarten Yeftlandteiles fort. 
Die beiden unteren Stufen des Karſtes bilden die Halbinjel Iftrien, und 
dasſelbe Gebirgsſyſtem zieht durch die ganze Wefthälfte der Balkanhalbinſel 
bis in den Peloponnes fort. Ebenſo gehören das jerbifche und das Banater⸗ 
gebirge geognoftifch und orographiſch zuſammen. Zwei Gebirgszüge aus 


Die horizontale Gliederung des Feftlandes, 209 


roftalliniichem Geſtein ziehen aus Armenien in Die tleingſiatiſche gvalb⸗ 
mel hinein, endigen am Kyſyl Irmak und tauchen im Weſten wieder 
aus der tertiären Ebene auf. Die Gebirge, die Hinterindien in ſüdſüd— 
öitfiher Richtung durchziehen, beginnen nad) von Richthofen auf dem 
Kontinent ſchon unter 32° B. Das granitiſch-vulkaniſche Gebirge des 
nördlichen Teiles der Falifornifchen Halbinfel endigt auf dem Feſtlands—⸗ 
rumpte erjt bei 208 Angelos. Zu gleichen Ergebnifjen dürfte wohl aud) 
ne genaue geologische Unterfuchung der Gebirge von Korea und Kam— 
tihatla führen. Auch die Upenninen Italiens find nur ein Ausläufer des 
Apinen Syſtems, während die Poebene erjt in der Duartärzeit dem Meere 
igerungen wurde. Stalien gehört aljo nur fcheinbar zu den abgeglieder- 
ten Halbinſeln mit breiter Bafis. Noch jchmäler al3 der Apenninenifthmus 
t das Verbindungsglied zwiſchen Neufchottland und Neubraunjchtweig. 
Es beiteht aus Karbonjchichten, die vom Feſtland auf die Halbinjel Hin- 
überjtreichen; und es unterliegt feinem Zweifel, daß die abnorm hohe Flut- 
welle der Fundybai wejentlic) zur Zerſtörung der Landenge beigetragen 
bit. Wo das Hinterland flach oder Hügelig ift, finden wir diefelbe Terrain- 
torm auch auf den abgegliederten Halbinjeln, jo auf der jütifchen und 
wahricheinlich auch in Labrador und Arabien. 

$ 173. Die angegliederten Halbinjeln find geologifch und 
orographiich ſelbſtändige Individuen, und diefer Charafterzug drüdt 
ch auch meift in den gejchichtlichen Schidfalen ihrer Bewohner aus. Eine 
Tietebene von jugendlichem Alter verbindet fie mit dem fontinentalen Rumpfe. 
Der Anfchluß der iberischen Halbinjel an Frankreich vollzog ſich zugleich 
mit der lebten Aufrichtung der Pyrenäen; die miocänen Schichten, die Die 
wdrranzöfiiche Ziefebene bededen und an der Gebirgsfaltung nicht mehr 
tilgenommen haben, find Süßwafjerablagerungen. In gleicher Weije ge- 
wann Aſien das altkryftalliniiche Maffiv von Dekan bei der Aufrichtung 
des Himalaya, aljo ebenfalls in der Tertiärzeit, und ſeitdem wurde Die 
Berbindung durch die Auffchüttung von Flußfedimenten in der hindufta- 
niſchen Tiefebene eine immer feftere. Erſt in der Quartärzeit ſchloß fich 
die Krim mit ihrem ifolierten Satlagebirge, und das aus altkryftallinifchen 
Geiteinen bejtehende finniſch-ſkandinaviſche Plateau an das Teftland an. 
Der Yadoga- und Onegaſee find noch Überrefte der einft die Oſtſee mit 
dem weißen Meer verbindenden Waflerftraße. 

$ 114. Eine Kombination beider Arten ift Florida. Soweit e3 aus 
tertiärem Kalk befteht (d. 5. der größte Teil der Halbinfel), ift es eine 
tontinentale Fortfegung. Nach allen Seiten hat es fich aber durch Anſatz 
nmger Mufchel- und Korallenkalfe vergrößert, namentlich) im Süden, jenem 


Agentümlichen Mittelding von Sumpf und See, das nur 2m über 
Euvan, Vhyſiſche Erdkunde. 


Ungegliederte 
Halbinfeln. 


Kombinierte 
Halbinſeln. 


WYLTIATD 
Anordnunzder 


Imln. 


210 Siebentes Kapitel. 


dem Meeresſpiegel liegt. Bei anderen abgegliederten Halbinſeln ſind die 
angegliederten Stüce orographiſch noch viel ſchärfer marftert. Die Stiefel 
gejtalt Italiens tt das Produkt einer ſolchen Kombination. An zwei 
Stellen (im Cratithal und zwiichen den Buchten von Eufemia und Sauillace 
wird das Fryftalliniiche Gebirge der Halbinſel Galabrien von horizontal 
gelagerten Meeeresbildungen tertiären Alters, Die von Küſte zu Nüfte reichen, 
durchichnitten, und Dielen geologiichen Unterbrechungen entiprecjen auch 
prograpdiiche Depreſſionen. Bier wurden alfo zwei Inſeln angegliedert, 
die aber doch — wie wir ſpäter auseinanderfeßen werden — mit den 
Apenninenſyſtem und einem inneren Zuſammenhang Stehen. Dagegen iſt 
der Sporn von Italien, der Mte. Gargano, ein den Apenninen ganz fremdes 
Gebirgsſtück und von dieſen auch durch eine weite Ebene getrennt. Seine 
Landſchneckenfaung trägt nad) Kobelt's Unterſuchungen auch jetzt noch nicht 
den italieniſchen Charakter an ſich. Noch ſchärfer ausgeprägt ſind die ſekun— 
dären Halbinſelbildungen der Balkanhalbinſel. Die mittlere und öit 
liche Landzunge von Chalkidike ſind erſt in der jungtertiären Zeit ange— 
wachſen, während die weſtliche eine abgegliederte Halbinſel iſt. In die 
ſpätere tertiäre Periode fällt auch die Angliederung des Peloponnes, denn 
zwiſchen den aus Kreidekalk beſtehenden Bergen, dem Mte. Geraneo in 
Megara (1057m) und dem onraniſchen Berg in Morea (582m, bilden 
horizontal gelagerte Tertiärſchichten, die mit marinem Plioeän abichließsen, 
den nur 5940 m breiten Iſthmus von Korinth, deſſen Maximalhöhe nur TS m 
beträgt. Malaceca war ebenfalls eine Inſel, wie jetzt noch Sumatra, dem 
es auch in ſeiner Geſtalt ſehr ähnlich iſt, und ſeine Verwandlung in eine 
Halbinſel konnte noch nicht ſeinen fauniſtiſchen Charafter verwiſchen, deu 
noch jetzt gleicht ſeine Tierwelt der der Sundainſeln, nicht der Hinterindiens. 


Inſeln. I Feſtländiſche Inſeln. 


8 175. Im Gegenſatz zu den großen Landmaſſen oder Kontinenten 
nennt man Die kleinen von Meer umgebenen Landſtücke Infelm. Tin 
Definition ſcheint auf den erften Blick allerdings der nötigen Schärfe zu 
entbehren, m der That reicht Ne aber vollitändig aus, deun zwiſchen den 
tleinſten Kontinent mit 7-6 Millionen qkın (Auſtralien) und der größten 
Inſel mit 0-8 Millionen ykm Men Guinea) iſt doch em gewaltiger Unter 
ſchied. Em Mittelglied bildet Grönland nut ca. 2-1 Millionen qkm: da 
wir aber noch nicht wiſſen, wie weit es ſich nach Norden erjtredt, ‘0 


I Gier werden nur die Meeresinſeln berückſichtigt, Da nur Diele einen Beam 
Jap zu den Kontinenten bilden. 


Die horizontale Gliederung des Feſtlandes. 214 


tonnen wir es vorläufig weder zu den Kontinenten, noch zu 1 ben Inſeln 
zählen. Das Areal aller bekannten Inſeln beträgt beiläufig 8-3 Mill. qkm, 
davon kommen 57 Prozent auf die 23 Inſeln mit mehr als 50000 qkm! 
und nur 43 Prozent auf die übrigen ungezählten Taufende von Eilanden, 
de zufammengenommen nur ?/, des europäilchen Rußlands bededen 
TÜrden. 

Verhältnigmäßig jelten find vereinzelte Inſeln, wie St. Helena 
123qkm), Ascenſion (88 qkm) oder Sala y Gomez (4qkm); meift treten 
 gejellig auf. Entweder wird eine Hauptinjel nur von einigen Klippen 
angeben, wie Island, oder von größeren Eilanden wie Madagasfar. Zwei 
Jauptinfeln enthalten die britifche und die Spihbergen-Öruppe. Doppel- 
nein find Neufeeland und Nowaja-Semlja. Eine reihenweije Anordnung 
zigen die Antillen, die Aleuten, u. a. Eine anfcheinend unregelmäßige 
Anhäufung größerer und Kleinerer Infeln, die aber meift nur aus mehreren 
Reihen beftehen, nennt man einen Arcchipel. Auch Hier finden wir bezüg- 
lich der Größe wieder dieſelben Unterfchiede, wie bei den einzelnen Injeln. 
zer malayische Archipel hat 2-8 und der arktiſch-amerikaniſche 1-3 Mil- 
ionen gkm; auf beide zujammen entfallen alfo ca. 50 Prozent de3 ge- 
\amten Inſelareals. Dagegen find die 180 Bermudainfeln (50 qkm) nicht 
anmal fo groß, wie die Repulik San Marino. 

$ 176. Die Bildung von Inſeln durch Abtrennung vom Feſtland 
wurde auch in hiſtoriſcher Zeit gelegentlich beobachtet, und im $ 157 
wurde ein folcher Fall bereits erwähnt. Übergangsbildungen find folche, 





ı Diefe find mit Ausſchluß derjenigen Inſeln des amerikaniſchen Polarardipels, 
‘ern Grenzen nicht genauer belannt find: 


qkm 
1. Neu-Buinca. . . . 774862 
2. Borneo 73140 | 12. Neufundland 
. S8lanıd 
3. Madagastar . . . . 591568 
430 954 . Nowaja-Semlja 
. Mindanao 


5. Reufeeland . . . . 256 004 


6. Nippon 
ĩ. Britannien . - . . 217720 


. Banksland 

. Zadmanien . . . . 
. Geylon 

. Norddevon 





Geologiſche 
Beweiſe. 


Flora und 
Fauna. 


212 Siebentes Rapitel. 





die, wie die frieſiſchen Inſeln oder der Mount St. Michael in der Mounts- 
Bai (Cornwallis), zur Flutzeit Anfeln und zur Ebbezeit Halbinfeln find. 
Solche direkte Beweiſe der Zugehörigkeit zum Feſtland oder zu einer 
anderen Injel können aber natürlic) nur felten erbracht werden. Doch 
haben wir einen Erfah dafür in indireften Beweilen zuverläffigiter Art. 
Die zahlreichen größeren und kleineren Tseljeneilande, die viele Steilfüften 
umfchwärmen, verraten fofort ihre fontinentale Abkunft, ehe man ſich noch 
davon überzeugt Hat, daß auch ihre geologiiche Beichaffenheit genau mit 
der der Küfte übereinftimmt. Ein Beifpiel dafür find die dalmatiniſchen 
Inſeln, die aus demjelben Kreidefalf (mit untergeordneten Tertiärbildungen) 
beftehen, wie das dalmatinische Gebirge. Bon Veglia bis Zuri ftreichen 
fie nach Nordweſten, d. 5. parallel mit der Küfte und mit dem Streichen 
der Schichten. Südlich von Sebenico liegt noch ein Stück vollftändig er- 
haltenes Küftenland, und genau in der Richtung desjelben Tiegt weiter 
nach Süden die Infel Solta. Dagegen find die füddalmatinischen Inſeln 
in äquatorialer Richtung geftredt, die durd) eine Wendung im Streichen 
der Schichten bedingt ift, wie man auf der Halbinjel Sabbioncello gut 
beobachten fanı. Die Cyfladenreihen big Sikinos, Nios und Naros 
find geologiſch die Fortfegungen von Attifa und Euböa, die Spitzen eines 
untergefunfenen Gebirges. Nach den Forſchungsergebniſſen der öfterreichiichen 
Geologen haben wir es nämlid) hier mit einer bedeutenden nachplivcänen 
Niveauveränderung des Landes zu thun, der das ägäiſche Meer feine 
Eriftenz verdankt. Durch denfelben Prozeß, durch den Abgliederungs- 
halbinfeln entjtehen, werden aljo auch an den Rändern derjelben die flachen 
Teile unter Waller gejegt und dadurch die Erhebungen in Inſeln ver: 
wandelt. Die jütifche und die Balfan-Halbinfel, Italien, Hinterindien und 
da3 polare Amerifa mit Zabrador werden von folchen fejtländiichen Inſeln 
begleitet. . 

$ 177. Auch aus der Pflanzen- und Tierwelt einer Inſel läßt ſich 
auf deren Abkunft jchließen, ja jogar bis zu einem gewiljen Grade ber 
Sicherheit auch auf die Zeit der Abtrennung vom Feltland. Die briti- 
ſchen Infeln Haben 3. B. die Flora und Sauna mit Wefteuropa gemein, 
und wie jchließen daraus, daß fie noch in der geologischen Gegenwart 
mit dem Kontinente verbunden waren. Denn wenn auch die Samen 
mancher Pflanzen und manche Vögel über die zwar ſchmale, aber unrubige 
Meeresftraße von Frankreich nad) Britannien gelangen fonnten, jo hätte 
diefelbe doch für die überwiegende Mehrzahl der Organismen, namentlic) 
für die Säugetiere eine unüberjchreitbare Barriere gebildet. Die Annahme, 
daß der Menfch alle Pflanzen und Tiere eingeführt Habe, die nüßlichen 
wie die fchädlichen, ift — ganz abgejehen von ihrer Unwahrſcheinlichkeit 








Die horizontale Gliederung des Fefllandes, 213 


— Ichon deshalb nicht jtichhaltig, weil der Reichtum der britifchen Fauna 
in der Hiftorifchen Zeit abgenommen hat; ja mandje Tierformen, wie der 
Löwe, das Rhinozeros, das Mammuth u. }. w., die in der vorgejchichtlichen 
Periode Britannien bevölferten, find gänzlich ausgeftorben. Beftätigt wird 
das — geologifch gejprochden — jugendliche Alter der Lostrennung durch 
die geringe Tiefe des Meeres und durch die geognoftifche Identität der 
kiden Ufer der Doverjtraße; vielleicht fielen die lebten Reſte der Land⸗ 
brüde der Meereserojion zum Opfer, wie ja auch jebt noch die Straße 
mmer mehr erweitert wird. 

Der Landzujammenhang wurde aber früher aufgehoben, ehe die ganze 
!ontinentale Lebewelt in Britannien einwandern konnte, und Irland war 
ihon eine Imfel, ala die Brüde von Dover noch beitand.! Auch deutet 
das Borhandenfein einiger eigentümlichen Arten auf längere Iſolierung hin. 
Zer infulare Endemigmus läßt ſich auf verjchiedene Weile erklären. In 
den feltenften Fällen iſt er urjprünglich, d. h. die betreffenden Organismen 
wohl nur Pflanzen und niedere Tiere) waren nur auf einen Tleinen Ver— 
breitungsbezirt bejchräntt, und dieſer wurde vom Feſtland abgetrennt. _ 
Bahrfcheinlich ift der Reichtum der deutichen Inſel Borkum an eigentüm- 
lichen Pflanzen darauf zurüdzuführen. Häufiger ift der Fall, daß orga= 
ganische Formen unter günftigen Bedingungen auf einer Inſel ſich erhielten, 
während fie auf dem Feſtland überhaupt oder wenigſtens in dem Mutter- 
lande im Kampf ums Dajein zu Grunde gingen. In den meiſten Fällen 
haben fich aber die eingewanderten Tiere und Pflanzen den neuen Lebens⸗ 
bedingungen allmählich angepaßt. Veränderliche Artenmerfmale konnten 
fi befeftigen, weil eine Vermiſchung mit der Stammart nicht mehr mög- 
ih war. Wie rafch die infulare Abgeſchloſſenheit unter beſonders günftigen 
Umitänden ſolche Veränderungen erzeugen kann, lehrt uns folgende That- 
ſache. Auf den Reelingsinfeln wurden durch ein gefcheitertes britifches 
Schiff Ratten eingeführt, und ihre Nachkommen unterjcheiden fich von den 


! Anzahl der Arten nah Wallace: 


England | Irland 


(Deutſchland) | 
22 


Reptilien und Amphibien . 
(Belgien) 
Landvögel — 


Vhanerogamen und Farne . . | 





Zunge Abalıe 
derungsimiel, 


214 Sicbentes Kapitel. 


englifchen Verwandten bereits dadurch), daß fie kleiner umd heller ge 
färbt ſind. 

$ 178. Der größere oder geringere Reichtum einer Inſel an eigen: 
tümlichen Arten iſt alle bis zu einem gewiſſen Grade ein Zeugnis für ihr 
velatives Alter. Berückſichtigen wir nur den Endemismus in den höheren 
Tierklaſſen, To erhalten wir beiſpielsweiſe nachltchende Reihenfolge: Tie 
britijchen Snfeln mit 3 Bogelarten, Hainan mit einer Säugetierart um 
20 Bogelarten, Formoſa mit 14 Züngetierarten, 43 Vogelarten umd 
jogar einem Bogelgeichlecht, endlich Sapan mit 25 Landſäugetieren von 30, 
aber nur I1 Bügeln (von 165 dort lebenden). Alle übrigen Arten ſtimmen 
mit Denen des benachbarten Feſtlandes überein, und auch Die endemi— 
ichen find mit legteren verwandt. Auf derjelben relativen Altersſtufe, wie 
Hainan, stehen die Falklandinſelhn, deren eigentümliche Arten: der 
Fuchs, einige Singvögel und ca. 30 Gefäßpflanzen, mit den patagoniſchen 
Arten jehr nahe verwandt find. Alle die genannten Inſeln find durch die 
200 Meter Linie mit dem Feſtland verbunden. 

Sehr Ichrreich ſind die fauniſtiſchen Verhältniſſe im malaniichen 
Archipel, um deren Kenntnis ſich Wallace unſterbliche Verdienſte erworben 
hat. Eine Linie zwiſchen Bali und Lombok, durch die Makaſſarſtraße und 
die Celebesſee trennt zwei fundamental verſchiedene Tierwelten: die indiſche 
und die auſtraliſche. In Übereinſtimmung damit ſinkt hier auch der Meer— 
boden zu größeren Tiefen ab, während Borneo, Sumatra und Java durch 
ein unterſeeiſches Plateau von nur ca. 50 m mittlere Tiefe an Hinterindien 
gefettet find. Die Fauna Dieter Inſeln trägt einen echt Fontinentalen 
Charakter. Bon den 154 Familien derjelben ſind 144 hinterindiſch und 
nur fünf werden im übrigen indiſchen Gebiet nicht gefunden. Unter den 
letzteren iſt beſonders der Tapir intereſſant, deſſen Verwandte derzeit nur 
noch im tropiſchen Südamerika leben, aber im Tertiär auch Nordamerika. 
Europa und Indien bewohnten. Am längſten blieben Sumatra und Borneo 
mit dem Feſtland verbunden; hier iſt die Säugetierfaung am vollſtändigſten. 
Dagegen fehlen in Java der Elefant, der Tapir, mehrere Geſchlechter von 
menſchenähnlichen Affen, Igel, Zibethkatzen u. ſ. w. Noch merkwürdiger iſt 
das Vorkommen einiger Vogelgeſchlechter, die weder auf Sumatra, noch 
auf Borneo, ſondern erſt im Himalaya wiedergefunden werden. Wallace 
erklärt dies auf folgende Weiſe. In der Eiszeit waren noch alle drei 
großen Inſeln Feſtlandsteile, und himalayiſche Arten verbreiteten ſich bis 
nach Java. Dann wurde dieſe Inſel abgetrennt, und jene Vogelarten 
blieben hier gleichſam wie in einem Käfig gefangen, während ſie von Borneo 
und Sumatra, durch die Klimaänderung verdrängt, wieder in die ihnen 
angemeſſeneren Hochgebirgsgegenden zurückkehren konnten. 


Die horizontale Gliederung des Feſtlandes. 215 


No Früher als Java wurden die Philippinen, die auch außerhalb 
der 200 Meter-Linie liegen, in Injeln verwandelt. Auch Bier ift nicht etwa 
an beionderer Reichtum an endemijchen Formen, jondern das Fehlen großer 
Affen-, Raubtier- und Einhufergefchlechter ein Beweis dafür. Stleinere 
inteln führen nad) Formoja und Selebes Hinüber, und auf diefen Straßen 
tunden Tpätere Einwanderungen chinefiicher und auftralifcher Vogeltypen jtatt. 

Auf der anderen Seite find Neu-Guinea und Tasmanien mit Auftralien 
duch eine Kglachjee verbunden. Als die jüngfte Inſel ericheint Tasmanien, 
cher auch Hier fehlen einige Beuteltiergefchlechter und zwei find endemifch. 
Ähnliche Verhäftniffe finden wir auf Neu-Guinea, wo aber auch das 
auftraliiche Echnabeltier fehlt. In feiner Vogelwelt gibt es zwar zahl- 
reiche indiſche Elemente, ebenjo wie unter jeinen Reptilien und Inſekten, 
aber das weift noch nicht auf eine Zandverbindung mit dem weftlichen 
Ardipel Hin. Die Vögel und Inſekten konnten ſich in diefem infelreichen 
Meer, wo ſo viele Ruhepunkte fich ihnen boten, leicht verbreiten; und 
von den Schlangen, die auf Neu-Guinen hauptfächlich indiſchen Urjprungs 
'ıd, wiflen wir, daß fie auf fchwimmenden Baumftämmen und Schiffen 
längere Seereifen ausführen fünnen. Auf einem Baumftamm gelangte 
eine Boa constrictor lebend von Südamerifa nad St. Vincent, das in 
kürzeſter Diltanz 00km vom Kontinent entfernt ift. Dagegen find auf 
Neu-⸗Guinea die Amphibien, die mit feltenen Ausnahmen allein auf den 
Landweg angewiejen find, insgeſamt auftralifh. Außerhalb der 200-Meter- 
Yınie liegen die Molukken und die weitliche Inſelreihe bis Lombok, und 
ah die Fauna dieſer Inſeln zeigt ung, daß fie ſich früher ala Neu- 
Guinea von dem auftrafifchen Crdteile Iosgelöft haben. Noch älter ift 
dad merkwürdig geitaltete Celebes, das an drei Ceiten von tiefen Dleere3- 
beden umgeben ift. Neben auftralifchen und indijchen Tierformen, die auf 
zitweilige Landverbindung mit dem öftlichen wie mit dem weitlichen 
Archipel ſchließen laſſen, beherbergt e3 noch Überrefte einer uralten Sauna 
ne Affenart, Cynopitbecus nigrescens, der wilde Stier Anoa depressi- 
mis und die Schweineart Babirusa alfurus, nebft fünf Vogelgeichlechtern), 
deren Verwandte — wie wir annehmen müſſen — fonft überall aus— 
aeitorben find. 

Fauniſtiſche Unterfuchungen haben una bisher bei der Altersbeftim- 
mung der Inſeln geleitet, aber auch fie reichen nicht in allen Fällen aus. 
A. Kirchhoff hat darauf aufmerkjam gemacht, daß die Halligen an ber 
ichleswigſchen Hüfte, die nachweisbar erft im Mittelalter den Zufammen- 
bang mit dem Feſtland verloren (ſ. S. 187), weder Amphibien noch Säuge- 
tere befigen außer den von den Menſchen hierhergebrachten Haustieren; 
denn die Sturmfluten, die fich über dieſe faum mehr als tijchhohen 


Reihenfotge 
der Niveau— 
veranderungen. 


216 Siebentes Rapitel. 


Eilande ergoſſen, vernichteten die urſprüngliche Fauna. Anderen Schwierigkei— 
ten begegnen wir im arktiſchen Meer. Zwarbraucht es keines weitläufigen 
Beweiſes, um den fontinentalen Charafter des nordamerifaniichen Archipels 
zu erkennen; und auch Grönlands einjtige Verbindung mit Amerika, mit dem 
es eine Lemmingsart, den Biſamochſen und den Schnechaten gemein hat, 
kann als ziemlich fichergeftellt betrachtet werden. Deſto weniger Anhalis— 
punkte bietet uns aber die gegemwärtige Tierwelt der übrigen arfruichen 
Inſeln. Sie alle befigen ſedimentäre Geſteine, meiſt von hohem Wer. 
Nowaja-Semlja tft, wie Höfer nachweiſen fonnte, eine Fortſetzung des 
Ural, alſo eine fontinentale Amel; aber Spitzbergen, König Karl-Land und 
Franz-Joſef Land liegen weiter vom Feſtland entfernt und ind and) durch 
ein tieferes Meer von demjelben getrennt. Die Geſteinsbeſchaffenheit iſt, 
wie wir jpäter ſehen werden, wicht allein enticheidend, uud auch Die Säuge— 
tierfanna fordert hier nicht eine Yandverbindung in der Quartärzeit. DTenn 
der Eisbär kommt mit Dem Treibeis überall din, Die Nenntiere unter: 
nehmen weite Wanderungen über gefrorene Meeresſtraßen, und auch der 
Polarfuchs, obwohl nicht jo kühn, kann doch gelegentlich mit Treibeis auf 
eine fern abliegende Set gelangen. Ob auch der gemeine Fuchs, der m 
Spitzbergen gefunden wird, und die überall verbreiteten Lemminge ähnlich: 
Reiſen ausführen, iſt uns nicht bekannt. Dagegen HE ein ſtichhaltiges 
Zeugnis für den einſtigen Landzuſammenhang das foſſile Vorkommen von 
Mammut und Rhinozeros auf den neuſibiriſchen Inſeln und der Fund 
eines großen Mammutzahnes im Innern des Wrangellandes. Zwiichen 
dieſen Inſeln und der ſibiriſchen Küſte dehnt ſich auch ein ganz flaches 
Meer aus. 

$ 179. Halten wir einen Augenblick inne, m einige allgemeine 
Folgerungen aus den uns bisher bekannt gewordenen Thatſachen zu ziehen. 
Die meiſten der bisher genannten Juſeln haben ihren Zuſammenhang mit 
dem Feſtland in nachtertiärer Zeit verloren, wenn ſie auch beträchtliche 
Altersunterſchiede aufweiſen. Es iſt augenſcheinlich, daß die Meereseroſion 
allein nur bei wenigen dieſer Juſeln die Haupturſache der Abtrennung 
geweſen ſein kann, wenn ſie auch im Verein mit einer poſitiven Niveau— 
veränderung mächtige Wirkungen erzielen konnte. Berückſichtigen wir außer— 
dem noch einige andere Erſcheinungen, von denen früher die Rede war, 
ſo erhalten wir folgende ſchematiſche Überſicht der Niveauveränderungen, 
deren Spuren noch jetzt ſichtbar ſind: 

1. Poſitive Bewegung: Abgliederung von Halbinſeln, Inſeln, Ent 
ſtehung der Fjorde. 

2. Negative Bewegung: Entſtehung der alten Strandlinien. Angliede 
rung Skandinaviens. 


Die horizontale Gliederung des Seftlandes. 217 


3. In manchen Gegenden folgte darauf wieder eine pofitive Bervegung. 

Es läßt fich allerdings weder mit Beftimmtheit behaupten, daß alle 
großen Abgliederungsinfeln gleichalt mit den Fjorden find, noch daß Die 
Injeln oder die Fiorde oder beide älter find als die Strandlinien. Es iſt 
auch jehr leicht möglich, daß in verfchiedenen Gegenden die Altersfolge 
eine verjchiedene ift, und nur eingehende Detailftudien werden dieſe Frage 
beantworten können. 

$ 180. Aber auch noch ältere Niveauveränderungen haben bedeutungs⸗ 
rolle Spuren zurüdgelafien. Schon in Celebes Haben wir ein Beiſpiel 
ner alten feitländifchen Injel fennen gelernt. Ein zweites iſt Ceylon. 
Swar ijt jeine Säugetierfauna entichieden vorderindiſch, und weder durch 
ane größere Zahl endemijcher Formen noch durd) den Mangel hervor- 
ragender Geſchlechter ausgezeichnet, aber für feine lange Iſolierung ſpricht 
dx Erhaltung altertümlidher Typen, deren Verwandte in Hinduftan nicht 
gefunden werden, wohl aber in den benachbarten Teilen von Defan, das 
— wie wir gehört haben — erſt in der Tertiärzeit an das Feſtland an- 
gegliedert wurde. Gegenüber Dekan ijt Ceylon alfo eine junge Inſel, worauf 
ihon die Küftennähe und noch mehr die geringe Tiefe der Palksſtraße 
bindeutet, gegenüber dem Feſtland aber eine alte Anjel. Zu jenen alter- 
tumlichen Typen gehört das Fiſchgeſchlecht Eutroplus, deſſen Verwandte 
zur noch in Syrien, Afrika und Südamerila vorfommen, und bejonders 
die Lemurengattung Loris. Darauf baute man einft die Hypotheſe von 
anem verfunfenen Kontinent, Zemuria, auf, der von Indien bis Mada- 
gascar gereicht haben fol. Auf dieſer Inſel, die durch eine Tiefſee von 
Mrifa getrennt, und ca. 400 km von demjelben entfernt ift, leben nämlich 
noch jechs Lemurengefchlechter und die ihnen verwandte Samilie der Aye- 
Am. Außerdem finden ſich Lemuren noch in Süd- und Weftafrifa und 
m indiichen Gebiet. Sie find alfo offenbar die Überrefte einer einft weit 
terbreiteten Kamilie, die auch im Eocän von Europa und Nordamerika 
nachgewieſen wurde, und nicht etwa durch direfte Wanderung von Afrika 
nach Indien gelangt. Auch fonft erhielten fich noch auf Madagaskar und 
den benachbarten Inſeln ſeltſame Tiergejtalten, wie die endemijche Familie 
der Erpptoproctidä, ein Kolleftivtypus von Kate und Zibethkatze, oder 
re flugunfähigen Rieſenvögel oder die Rieſenſchildkröte auf der Inſel 
Aldabra. Die Erhaltung dieſer intereffanten Faunaüberreſte erklärt fich 
us der Abweſenheit der mächtigen ‘Feinde, die erjt nach der Abtrennung 
Radagaskars Afrika bevölferten, wie der echten Affen, der meiften Infelten- 
reiter und Raubtiere, aller Einhufer mit Ausnahme des tosmopolitifchen 
Schweines und aller Zahnarmen und Nager mit Ausnahme der ebenfalls 
fosmopofitiichen Ratten und Mäufe. Auch die übrigen madagaffifchen 


Alte 
Abgliederungs⸗ 
inſeln. 


Reftinieln. 


218 Siebentes Kapitel. 


Tierklafjen zeigen bedeutende Lüden, und ebenjo bürgt der Reichtum an 
endemifchen Pflanzen für das hohe Alter der ganzen Injelgruppe, die einit 
wahrjcheinlich von Madagaskar über die granitifchen Seychellen big zu 
den Kofosinfeln ein zufammenhängendes Land bildete, während die Mas- 
farenen und möglicherweife auch die Comoren urjprüngliche Infeln find. 

Ebenſo alt oder noch älter find die Antillen, die troß ihrer Küjten- 
nähe alljeitig von Tiefjee ungeben find. Ihre Fauna weit auf Süd— 
amerifa als Mutterland Hin; die Annäherung an Nordamerika trat erit 
dann ein, als diejes in das Meer hinauswuchs. Die Tierwelt ift außer- 
ordentlich) dürftig an Formen!, und ebenjo wie die Flora durch ftarfen 
Endemigmus ausgezeichnet. Beſonders bemerkenswert ift der tgelartige 
Solenodon, der nur einen Verwandten auf Madagaskar bat. Es find 
dies Die einzigen Überbleibfel einer einft weiter verbreiteten, in den Mio- 
cänzeit auch in Südfrankreich lebenden Familie. Ob Weftindien immer 
jo arm an Säugetieren war, wie jeßt, wurde zwar bezweifelt, feit man 
in den Höhlen von Anguilla Refte einer ausgeftorbenen Nagerfamilie fand, 
und man glaubte, die VBerfümmerung der Säugetierfauna durch die Ber: 
minderung des Areals erklären zu fünnen. Daß die Antillen einft größer 
waren, ift wohl jehr wahrjcheinlich: die Zinfen der gabelförmig geftalteten 
Inſel Halti ſetzen fi) in der Sierra Maeſtra Cubas und in Jamaica 
fort, dürften alfo einmal zufammengehangen haben; und ebenjo deuten die 
zahlreichen Fleinen Eilande um Cuba auf eine einft größere Ausdehnung 
diefer Inſel Hin. Aber Wallace macht mit Recht darauf aufmerkjam, 
daß die jegigen Hauptinjeln noch geräumig genug wären, um die mannig- 
faltigften Säugetiere zu ernähren. Auch ift jene ausgeftorbene Nager: 
familie in dieſer Frage nicht beweisfräftig, da fie ja auch im tropifchen 
Südamerika erlojchen iſt. 

$ 181. Die ältefte feſtländiſche Infel ift Neufeeland, denn es be- 
fißt nur einige fliegende Säugetiere und ein einzige® Amphibium (die 
Froſchart Liopelma), dag nur mit Arten in Südamerifa und in Europa 
verwandt ift. Die Abwejenheit aller mächtigen Tiergeichlechter gejtattete 
hier, wie auf den madagaffiichen Inſeln, die Erhaltung großer flügelloſer 
Vögel, die außerdem noch auf der Chatam-, Audland-, Lord Howe» und 





1 Bon den in den benadhbarten Rändern [lebenden Zieren find in Weftindien nur 
vorhanden: 


Säugetiere . . 17 (11) Prozent 
Amphibien . . 26 (22) = 
Reptilien . . . 4 (IN) - 
Landvögel . . 47 (18) 


Die eingeflammerten Zahlen geben den Prozentſatz nad) Abzug der Kosmopoliten. 











Die horizontale Gliederung des Feſtlandes. 219 


Xortolfinfel vorfommen. Das find die äußerften nachweisbaren Grenzen 
des einſtigen neufeeländifchen Feſtlandes. Nach Süden reichte es nicht 
mehr bis zur Campbellinſel, wie Filhol's Unterſuchungen (im Gegenſatz 
ur Annahme von Wallace) lehren. Es fragt ſich num, in welchen Ver⸗ 
baltnis Neufeeland zu Auftralien fteht, von dem es durch ein nahezu 
2000 km breites und tiefes Meer getrennt ift. Eine Verbindung fonnte allen- 
ials über Reucaledonien ftattfinden, daS ebenfall3 aus Sedimentgefteinen 
steht und nad) Heurteau in jeinem ganzen geologijchen Bau mit der 
zwinjel von Neufeeland übereinstimmt. Bis hierher gelangten auch noch 
te auftraliichen Beuteltiere, die die neufeeländifche Gruppe nicht mehr er- 
rahren. Beſtand aljo eine Verbindung mit Auftralien, jo mußte fie ſich 
doch Ichon in der Sekundärzeit gelöft haben. Allerdings enthält die neu- 
jeclaändiſche Vogel⸗ und Pflanzenwelt eine beträchtliche Anzahl auftralifcher 
Elemente, aber bezüglich jener erflärt Wallace und bezüglich dieſer 
Engler, daß fie nicht notwendig auf einen ehemaligen Landzufammenhang 
bimveiien. Vielleicht repräfentiert ung alfo Neufeeland mit feinen Trabanten 
ene eigene Art feitländifcher Infeln, die Kirchhoff im Gegenfaß zu den 
Ahgliederungsinjeln verjchiedenen Alters als Reftinjeln bezeichnete. 

Seit Wichmann's Unterfuhung der Gefteine der Fidſchi inſeln 
Mm die Frage aufgetaucht, ob nicht auch einige von den hohen polynefilchen 
Imeln, denen man bislang vulfanischen Urfprung zufchrieb, zu den Neft- 
mein zu zählen feien. Sicher ift, daß Fidfchi-Lenu neben tertiären Eruptiv- 
seiteinen und Tuffen alte maſſige Gefteine und kryſtalliniſche Schiefer beſitzt. 
Lalãozoiſche und meſozoiſche Schichten fehlen ganz, und Dies deutet auf 
ane Feitlandperiode. Ältere fedimentäre Gefteine follen auch auf Neu- 
britannien und den Salomonsinjeln vorkommen. Auf den Palau— 
‚ieln werden fowohl am Meeresjtrand wie in Höhen von 400m Blöcke 
as Granit und Diabas angetroffen; und es ift wahrfjcheinlih, daß fie 
ad anftehend gefunden werden. Endlich wird von den weit im Often 
egenden Marqueſas gemeldet, daß fie aus Granit und Gneiß bejtehen. 
Ziete letzteren Angaben find allerdings noch nicht zuverläffig genug, um 
“5 Srundlage einer neuen Theorie über ben Urfprung der Hohen Infeln 
a der Südjee zu dienen; aber jedenfall3 muß die Trage, ob dieje Infeln 
eder wenigften® ein Teil derjelben nicht ala Reſtſtücke eines untergetauchten 
Rintinente3 zu betrachten jeien, offen gelafjen werden. 


Infeln. II. Urfprünglice Infeln. 


y 182. Dieje zweite Kategorie umfaßt alle Infeln, die im Meer 
Standen find und niemals mit dem SSeftland verbunden waren. Im 


Hebungs- und 
Aufihüttungs- 
infeln. 


Kultaniiche 


Inſeln. 


220 Siebentes Rapitel. 


Gegenſatz zu den kontinentalen bezeichnet man ſie auch als ozeaniſche. 
weil die überwiegende Mehrzahl derſelben in der offenen Zee liegt, Def 
it der von A. Kirchhoff gewählte Name, den aud) wir amwenden, un— 
gleich zutreffenden, da einerſeits ſolche Inſeln auch in den Kürten 1a 
vorfinden, andererjeits auch Fernliegende Inſeln (wie Neuſeeland) zu der 
feſtläundiſchen gezählt werden müſſen. 

Ihrer Entjtehung nad unterſcheidet A. Kirchhoff wieder vılfa 
nische, Aufſchüttungs- und nichtvulkaniſche Hebungsinſeln. on 
verhältnismäßig geringer Bedeutung ſind die letztgenannten: ſubmarine Nanke 
und Klippen, Die Durch eine negative Niveanveränderung über den Meeres— 
\piegel gehoben werden, wie die Klippeninſel Harrilaid, Die in unſeren 
Tagen an der Öftlichen Kite zwitchen Dagd und Worms auftauchte, oder 
wie die Golfſtrominſeln an der Nordierte von Nowaja:Zemlja, Die man 
ISTI geman an der Stelle entdeckte, wo 1594 cine Zandbanf von 33m 
Tiefe gefotet wurde. Derſelben Urſache verdanft vielleicht auch der 
St. Panls-Felſen in der Mitte des äquatorialen atlantiichen Ozeans Win 
Taiein (Fig. 55). Wahricheintich zu den Aufſchüttungsinſeln gehört Die Kva 
Edmondſtone zwiſchen der Mündung das Hugli und dem Kanal De la 
Baye (Gangesdelta), Die nach einem Berichte von 1819 innerhalb vn 
fünf Jahren aus einer Sandbank zu einem Eiland von 3km Yänge um 
ca. +’, km Breite heranwuchs und eme ſolche Höhe erreichte, daß ſie nur 
noch von den höchſten Sturmfluten überſpült wurde Es iſt aber Kar, 
daß hier auch eine negative Niveauveränderung mitgewirkt haben kann. 
ebenſo wie bei anderen Deltainſeln oder bei jenen Inſelchen, die allmählich 
zu einer Nehrung ſich zuſammenſchließen. Die wichtigſte Art der Ir 
ſchüttungsinſeln ſind die flachen Koralleninſeln, die zuſammen nut den 
hoben vulkaniſchen Eilanden die weitaus größte Menge der urſprünglichen 
Inſeln bilden. 

$ 183. Unterjeeiiche vulkaniſche Ausbrüche haben auch in der hiſto— 
rischen Zeit mehrfach zu Landbildung Veranlaſſung gegeben. Werden di 
Inſeln nur ans lockeren Matten (Aſche und Schladen) aufgebaut, jo fallın 
ſie bald Voieder den Meereswogen zum Opfer, wie beiſpielsweiſe die In'el 
Ferdinandea v. J. 1831: dagegen verleiht Ihnen der Erguß von Lara 
größere Feſtigkeit und ſichert ihren Beſtand. Yon den Inſeln der lipariſchen 
Gruppe (bei Sicilien entſtanden wahrscheinlich mehrere in der geſchichtlichen 
etz mit Beſtimmtheit weiß man dies freilich nur von der Inſel Volca 
nello (ca. 200 v. Chr.‘ Andere Beiſpiele ſind die Inſeln Joanna Bogos 
lowa bei den Aleuten 1796) und Didica nördlich von den Philippinen (1856. 
gu den merkwürdigſten vulkaniſchen Inſelbildungen gehört Santorin en 
ägäiſchen Meer (Fig. 56). Innerhalb eines Mraterrandes ans vorhiſtoriſcher 


Die horizontale Gliederung des Feflandes. 221 


Zeit, deſſen Reſtſtücke die Infeln Thera, Therafia und Afpronifi find, dauert 
die Schöpfung von Neuland durch vulkaniſche Ausbrüche feit dem Alter- 
zum bis in umjere Tage fort. Nach Fouque’8 eingehenden Unterſuchungen 








II 


Fig. 556. Ct. Paul im indiſchen Czean. (Beilpiel einer vultaniſchen Infel.) 


atitand 197 v. Chr. die Untiefe Banco, 46 n. Chr. die Injel Paläo- 
Naimeni, die 726 beträchtlich an Ausdehnung gewann, aber 1457 zum 
Zeil wieder einftürzte; 1570 ober 1573 die Mifra-Kaimeni und 1707 die 
Rea-Raimeni, die durch die Eruption von 1866 um das Doppelte ver- 


Siebentes Kapitel. 








größert wurde. Übrigens iſt nicht ganz Santorin als 
Inſel zu betrachten, denn der Kern von Thera, der gro 
beſteht aus kryſtalliniſchen Schiefern und Kalkſtein, und erwei 
als ein echtes Glied der fontinentalen Inſelgruppe der Entladen. 
iſt (mach Dölter) Zaunone, eine der pontinischen Inſeln, nur ein dı 
vulkaniſche Neubildung vergrößertes Reſtſtück der innern apenniniſchen 6 
birgskette, und derſelbe Forſcher bat jüngft die Wiſſenſchaft mit der Ent 
deckung bereichert, daß die Vulfangruppe der Gapverden einft den We 
rand von Afrika bildete, da ſich, mit Ausnahme der weitlichiten Ariel, 
auch kryſtalliniſche Schiefer und andere Zedimentgefteime an ihrem Pau 
beteiligen. Aber ielbit 
dan, wenn eine kuſten⸗ 
nahe Inſel nur aus 
vulkaniſchen Maſſen zu 
ſammengeſetzt iſt, kann 
man ſich über ihre Ni 
geichichte täuſchen, wem 
man nicht alle 
gebenden Moment 
rückſichtigt. Die d 
Inſeln im Guineggolj 
beſtehen aus Ernvrip— 
geſteinen, wie das Came— 
rongebirge an der nuike, 
aber im Gegenſaß zu 
S. Thome und dr 
Prinzeninſel beher— 
bergt Fernando Po 
zahlreiche Säugetiere. 
und von dieſen, wie von 
der übrigen Faung it 
wahrſcheinlich teine An 
endemiſch. Fernaudo Po iſt alle eine feſtländiſche Inſel von ſehr jugendlichen 
Alter, während die beiden anderen urſprüngliche Inſeln ſind. Schwierig iſt die 
Entſcheidung bezüglich der Comoren, wo zwei endemiſche und zwei mada— 
gaſſiſche Landſäugetiere gefunden werden: aber Wallace läßt die Frage 
offen, ob fie nicht auf ſchwimmenden Bäumen hierher gebracht wurden. 
Dagegen find Die Maskarenen, die weder einheimische Landſäuger nech 
Amphibien beſitzen, ſicherlich Meeresgeburten. meiſten Schwierigkeiten 
bietet Island, Das noch immer nicht genügend erforſcht iſt. Nach 


eine urſprungliche 
Eliasbera. 






















UZIETHERASIA 








MINRAKAYMEN! 
eo 
S 


8? 
PALAEA KAYMEN 





1% 
ASPRONISI 





Die horizontale Gliederung des Seftlandes. 223 





Sinfler gehört e8 zum Teil der Miocänformation an, und Wallace 
rechnet es Daher auch zu den altfontinentalen Inſeln, aber ohne zu be- 
denken, daß gleiche Schichten auch auf St. Martha in der Azorengruppe 
rorkommen, und dieſe trogdem nach ihrer organischen Welt unbedingt zu 
den urfprünglichen Injeln gezählt werden muß. Ein anderer Geologe, 
Tonfull, der 1865 Island bereifte, jagt dagegen wörtlich: „Die ganze 
mel ift aus Baſalten mit den diejelben begleitenden Tuffen entjtanden.“ 
<iheren Auffchluß könnte man von ber Fauna erwarten, aber aud) fie 
Spt ung im Stih. Von den drei Säugetieren können der Polarbär und 
ve arftiiche Fuchs, die eine cirfumpolare Verbreitung haben, auf Treibeis 
serher gelangt fein, und die angeblich endemiſche Mausart gehört einer 
ksmopolitiichen Familie an, die vielleicht durch die erſten Koloniften ein- 
Yührt wurde. Von den Vögeln find 3 endemiſch, 20 europäiich und 
> amerifanifch; aber auch fie deuten nicht mit Notwendigkeit auf einen 
‚nitigen Landzuſammenhang, denn noch jet bejuchen alljährlich 45 euro- 
suide und 1 grönländiihe Vogelart die Inſel. Sollten fünftige 
serihungen ergeben, daß Island niemals fontinental war, jo würde es 
xdenjalls wegen feiner Größe unter allen urjprünglichen Injeln einzig 
deſtehen. 

1.184. Zu den intereſſanteſten Erſcheinungen der Erdoberfläche ge— 
bören die Koralleninſeln. Die riffbildenden Korallen, dieſe unermüd— 
ben „Arbeiter des Meeres”, find bekanntlich gallertartige Zellen, die 
eae kalkige Subftanz ausfcheiden. Die Vermehrung gejchieht durch) 
Xnospung, wobei feine vollftändige Trennung der Individuen eintritt, fo 
sah jede Familie mit ihren lebenden wie mit ihren abgejtorbenen Gliedern 
ren gemeinfamen Stod bildet. Feſter Meeresgrund, ungetrübtes Salz: 
zafier, genügende Nahrungszufuhr durch Wellenichlag oder Strömungen, 
an) eine Temperatur, die felbjt im Mittel des fältejten Monats nicht 
arter 20° finkt, find die unerläßlichen Bedingungen ihrer Exiſtenz. Aus 
»m legteren Grunde find fie einerjeit3 an die Tropenmeere gebunden, und 
then auch Hier den Gebieten der kalten Meeresſtröme fern (j. Karte XVII), 
:ıderieitö find fie nur auf die oberen Schichten des Meeres beichräntt. 
xeder iſt ihre Tiefengrenze nicht durch Beobachtung fejtgejtellt, und Die 
Angaben ſchwanken daher zwiſchen 30 und 100m; aus der Tabelle auf 
<.113 ergiebt fi), daß ihnen Die Temperatur im ftillen Ozean zwifchen 
"und 20° ©. wenigſtens ftellenweile dag Leben bis zu einer Tiefe von 
Nm und darüber geftatten würde. 

‚sn den meiften Fällen vereinigen fich mehrere Ktorallenarten zu einer 
xolonie, von denen die einen, entjprechend ihren bejonderen Xebensbedürf- 
"en, vorzugsweiſe auf die unteren, Die anderen vorzugsweiſe auf die 


Koralleninfeln. 


224 Siebentes Rapitel. 


oberen Waſſerſchichten fih beichränfen. In dem Maße, in welchem Die 
Anfiedler Sich vermehren und die Individuen an der Baſis oder ım In— 
nern des Baues abjterben, wächſt diefer mm die Höhe und Breite. Eine 
Grenze bildet nur das Niveau des Niedrigmwaffers; aber einige Korallen, Dir 
ſich einer zeitweifen Beſonnung ohne ernſte Folgen ausſetzen fünnen, wachten 
ſogar über dasjelbe hinaus, etwa bis zu einem Drittel der Fluthöhe. Zu 
Diejen gehören bejonders Die Roriten, das widerftandfähigfte aller Polypen— 
gejchlechter, da es jogar im getrübten Waſſer noch leben kann. Die torallen: 
jtöcfe bilden aber nur das Zfelett des Riffes: auch andere Meerestiere 
nijten Sich in den Zwiſchenräumen desjelben ein, vor allem aber iſt es 
das Meer, welches den Bane Fertigkeit verleiht. Unabläſſig zerbröckelt vs 
Die Außenſeiten Des Niffes, zerreibt die abgerifienen Ztüde zu Zand und 
lagert denſelben eimerjetts in den Fugen des Bauwerkes ab, anderſeits 
wirft es ihn bei heftigen Stürmen auf der Oberfläche desſelben auf und 
erhöht ſomit allmählich den Korallenfels über das Niveau des Hochwaſſers. 
Wir haben alſo zwei Teile zu unterſcheiden, den unterſeeiſchen oder das 
Riff, und Den oberſeeiſchen, aufgeſchütteten, inſularen Teil, der aber 
manchmal ganz fehlt.! 

Über das Wachstum der Korallen lauten die Angaben verſchieden. 
Eine ſehr intereſſante Thatſache bat jüngſt v. Lehnert mitgeteilt. Tas 
große Bum Bum Riff an der Nordoſtküſte von Borneo, das 1875 gan: 
nahe der Meeresfläche lag, erſcheint auf den Plänen der Bum-Bum Inieln. 
die Sir Edward Belcher im Jahre 1843 aufnahm, nicht einmal ange 
deutet: und da die Möglichkeit Des Überſehens wohl ganz ausgeſchloſſen 
tt, jo muß das Riff damals mindeftens 6m tiefer gewejen jeın. Tas 
ergiebt eine jährliche Höhenzunahme von wenigftens 20cm, oder, wenn 
man Die Ausdehnung Des ganzen Norallenfeldes (193 qkm) berüdtichtgt, 
eine jährliche Vermehrung der Kalkmaſſe um ca. 36 Mill. Kubikmeter. 

In Bezug auf Die geograpbiiche Verbreitung unterscheiden wir Saum: 
riffe md ſelbſtändige Riffe. Die einfachſte Form der Saumrifie 

ſo genannt, weil ſie Feſtländer oder Inſeln umſäumen — ſind die 
Küſtenriffe, die ſich unmittelbar an das Geſtade anſchließen, mit Aus— 
nahme jener Stellen, wo die Küſte zu größeren Tiefen abſtürzt, oder wo 
einmündende Flüſſe oder Strömungen das Meerwaſſer trüben. Der Außen 
rand des Riffes IE meiſt etwas erhöht, weit hier, wo die Nahrungszufuhr 
am reichlichſten iſt, Die Korallen kräftiger gedeihen und raſcher wach'en. 


mDie Terminologie iſt übrigens ſchwankend. Manche verſtehen unter Korallen 
riffen die die Küſten der Kontinente und Inſeln umſäumenden Korallenbildunzen, 
und unter Koralleninſeln de iſolierten Korallenbildungen auf hoher Zee, 


Die horizontale Gliederung des Feſtlaudes. 225 


Son dem Außenrande gegen das Land Hin vertieft fich etwas das Riff 
und bildet einen ſchmalen ſeichten Kanal, der durch das Material, welches 
die Bogen in benjelben Hineinfchleudern, bald ausgefüllt werden würde, 
wenn nicht eine rücläufige Strömung aus dem Kanal heraus für deſſen 
Reinhaltung forgte. Die Breite der Riffe ſchwankt zwiſchen ca. 45 und 
%m; ihre bei Ebbe faum bedeckte Oberfläche ift hart und glatt; Inſel- 
biſdungen find felten. Sehr beträchtlich ift die Entfernung zwiſchen der 
Küfte und ben Wallriffen,! die’ die zweite Art der Saumriffe bilden. 
beſonders befannt ift das Riff, das die Nord- 
ottüfte von Auftralien in einer Entfernung von 
30-50, ftellenweife von 80— 140 km und in einer 
Lange von ca. 1770 km begleitet; die Tiefe des 
Kanals zwifchen Riff und Küfte beträgt 20—80 m, 
amd fteigert fi) im Süden fogar bis 110m. Meift 
find es aber einzelne ober mehrere Injeln aus jedi- 
mentären oder altvulfanifchen Gefteinen, die von 
Ballriffen umgeben werben (Fig. 57). Die Tiefe des J 81. 

Kanald variiert hier von ein paar bis über 100 m. —— 
Sein Boden iſt von Korallenſand und -Schlamm "Sägen und Tiefen in m. 
oder von Riffen bedeckt. Öffnungen in ver- 

ſchiedener Anzahl, oft tief genug, um größeren Schiffen den Eingang zu 
geftatten, führen aus dem Meer in die ruhige Lagune, die dann einen 











Fig. 58. Bolabola-Infel (Geſellſchafts-Gruppe) mit einem Teil ihres Wallriffes 
nad Darwin. 
natürlihen Hafen bildet. Der Durchmeſſer des Riffes ſchwankt zwiſchen 
5 und 74km. Größere und fleinere Injeln bedecken dasjelbe, aber nur 
jelten ift (wie in Fig. 58) ein beträchtlicher Teil des Korallenbaues in 
Land verwandelt. 


? Untere Benennungen find: Barrieres, Damm- und Kanalriffe. 
Eupen, Bhufiiche Erdkunde, 15 


226 Siebentes Kapitel, 


Ungefähr dasselbe gilt auch von den langgeſtreckten Atollen oder 
den jefbjtändigen Korallenbildungen der Tiefiee, ans der fie meiſt unter 
einem ſteilen Winkel von 45" und darüber fich erheben (Fig. 59). In der 


Dex MARSILALL INSELN 
d 1:1.000.000 





Fig, 59. Atoll Otdia (Marjbalt Infelm. Tiefen in ın. 


Regel umſchließen fie eine Lagune, die nur bei wenigen fleinen Atollen Fehlt, 
d. b. wahrfcheintich ausgefüllt ift. Tas meiſt von mehreren Offnungen 








Fig. 60. Pingitinjel (Panmotu Gruppe) nad Darwin. 


unterbrochene Riff trägt Anfeln, die an der Windſeite am höchſten find: 
nur in wenigen Fällen (Fig. 60) finden wir es in eine volljtändige Ring 





Fig. 61. Querſchnitt durch ein Atoll nad) Dana. 


infel verwandelt. Mich aus der bald jeichten, bald bis zu 90m tiefen 
Lagune fteigen Juſelchen empor, die beiſpielsweiſe in den nördlichen Male 
diven jelbft wieder Feine Seen Haren Salzwaſſers enthalten. Fig. 61 ſtellt 
einen Durchſchnitt durch eine Inſel dar. ad iſt eine Terraſſe aus Korallen 


Die horizontale Gliederung des Feſtlandes. 2927 


tele, ungefähr 90m breit und nur bei Ebbe troden. Darüber erhebt fich 
2—21/,m hoch und gewöhnlich 250—360 m breit die aus Korallenfand 
auigeſchüttete Injel, die die tropifche Lebenzfülle mit einer dichten Pflanzen- 
decke bekleidet Hat. „Die Unendlichkeit de Ozeans,“ jagt Darwin, „bie 
Wut der Wellen im jcharfen Gegenjat zur niedrigen Erhebung des Landes 
und zur Glätte des Hellgrünen Wafjerd innerhalb der Lagune kann man 
ih faum voritellen, ohne dies alles gejehen zu Haben.” Wber nicht alle 
Xoralleninjeln find flach, manche haben — wie jchon auf ©. 198 erwähnt 
wurde — Durch eine negative Niveauveränderung eine beträchtliche Höhe 
langt. Daß die Eriftenz der niederen Infeln beftändig gefährdet ift, und 
daß wohl fein Jahr vergeht, ohne daß eine oder die andere verjchwindet, 
t ebenjo verjtändlich, wie es anderjeit3 einleuchtend ift, daß Sturmfluten 
hrerzu Völlig ausreichen und daß die Annahme einer pofitiven Bewegung 
zanz überflüſſig ift. 

8 185. Wenn man aber an dieſer Annahme hartnäckig feſthielt, jo 
bat Dies feinen Grund darin, daß fie eine mächtige Stüge der Darmwin’- 
ihen Theorie von der Entftehung der Koralleninfeln bildete. Darwin ging 
von der, zu feiner Zeit auch begründeten Vorausſetzung aus, Daß der 
oꝛeaniſche Steilabfall der Atolle und Wallriffe nur von Korallenmauern 
gebildet werden fünne, da jelbit Vulkane janft ſich abdachen. Man ge- 
‚ungte infolgedeflen zu der Vorftellung von einer bedeutenden Mächtigfeit 
der Wallriffe und Atolle. Für die erjteren juchte man in einigen Fällen 
die Mächtigkeit zu berechnen,! und fand für dieſelbe Beträge bis zu 600, 
a bis zu 900m. Bringt man Diejes Refultat in Verbindung mit der 
Thatfache, daß die Polypen nur bis zu einer gewillen Tiefe leben können, 
to fommen wir notwendigerweile zu dem Schlufje, daß hier eine pofitive 
Kiveauveränderung — Darwin hielt, entjprechend den damaligen Anfichten, 
aur eine Senkung des Meeresgrundes für möglich — jtattgefunden bat, 


' Da es wichtig ift, die Rechnungsmethode kennen zu lernen, in deren Refultaten 
Ne Tarwin'ſche Theorie eigentlich ihre Begründung jucht, jo müge hier ein Beilpiel von 
Tana folgen; fig. 62, in welder 
ie ausgezogenen Linien dem der 
Keobachtung Zugänglicdhen, die punk⸗ 
verten Yinien aber dem Hypotheti⸗ 
‚ben entiprechen, dient als Erläu⸗ 
wrung Belannt ift nur der 
Ködungswintel g und die Ent- Ba. a. Miatieien der Roraleneife 
'emumg ih der Küfte von dem Außenrand des Riffes; angenommen wirb 1. daß g=p'; 
und 2, daß die Infelböfhung ſich als eine ſchiefe Ebene mit gleihmäßigem Gefälle 
unter dem Meereöipiegel fortjege, m (Mächtigleit des Riffes) ift dann = Itgy. Sit 
I=1 engl, Meile (1609-3 m) und y = 8°, fo iſt m = 226 m, 





15* 


Theorie ber 
Koralleninfeln. 





— — — — — — — — — — — —— 





228 Siebentes Kapitel. 


baues bis an den Meeresſpiegel damit gleichen Schritt halten konnte. Jedes 
Atoll begann nach dieſer Theorie ſeine Laufbahn als Küſtenriff um eine 
Inſel, wie Fig. 63 im Durchſchnitt darſtellt. Steigt das Meeresniveau 
von m’m’ auf m’m“ (oder ſinkt der Boden um denſelben Betrag), jo 
erhöht fich die äußere Norallenmauer und es entjteht zwilchen ihr und dem 
Geftade ein breiter und tiefer Kanal. Dauern diefe Vorgänge fort, jo 
verſchwindet endlich die zentrale Injel und wird von Korallen überwuchert; 
aber das Atoll behält die urjprüngliche Form des Wallriffes bei, und der 
Kanal fchließt fich zu einer Lagune zufammen. Jedes Atoll ift alfo der 
Reichenftein einer begrabenen Inſel. 





Fig. 63. Da rwin'ſche Riff⸗Theorie. 


Die Herrſchaft dieſer geiſtreichen Theorie, die die wichtigſten Korallen⸗ 
bildungen genetiſch mit einander verbindet, iſt zwar noch nicht völlig ge: 
brochen, aber durch die Unterfuchungen von Semper, Rein und Mur: 
ray doch bedeutend erjchüttert. Als unrichtig hat es fich Herausgeftellt, 
daß nur die Wallriffe und Atolle fteil in die Tieffee abjtürzen, und die 
Ungaben von der großen Mächtigkeit der Riffe finden keinen Glauben 
mehr, da fie auf willfürlichen Vorausfegungen beruhen. Bohrungen 
könnten darüber zuverläffigen Aufichluß geben, aber jolche find noch nicht 
ausgeführt worden. In einigen Fällen wurde Korallenkalk durch eine negative 
Niveauveränderung über den Seeipiegel erhoben und damit der bireften 
Meilung zugänglich gemacht. So beträgt 3. B. feine Mächtigkeit auf der 
Injel Wawau in der Tongagruppe ca. 130m. In einer Tiefe von 180m 
können aber vielleicht nod) Polypen leben, wie oben angedeutet wurde; 
auch ijt uns unbefannt, ob nicht in der pliocänen Zeit, der jener Kalt 
angehört, die Tiefentemperatur des jtillen Dzeans höher war. Günſtiger 
für Darwin’s Theorie jcheint folgende Thatjache zu jein. Zwiſchen den 
Sandwidinjeln nnd Japan fand die „Iuscarora“ fieben unterfeeifche Er: 
bebungen und auf und zwilchen ihnen in Tiefen von 2000 —4000 m 


Die horizontale Gliederung des Feftlandes. 229 





Korallenſchlamm nebft Stücden von Korallenkalf und Lava. Man meinte, 
bier fei die Senkung jo raſch erfolgt, daß die Polypen auf den fieben 
Erhebungen abfterben mußten; aber wenn es auch richtig ift, daß hier 
Korallenriffe in Tiefen gelangten, in welchen fie unmöglich entjtanden fein 
fonnten, fo läßt fich dies doch ebenfogut mit der Rein’schen Theorie, der- 
‚utolge die Atolle die Krönungen fubmariner Berge find, vereinigen, wie 
mit der Darwin'ſchen. Bedenken gegen die lebtere erregt in ung dag 
Torlommen emporgehobener Koralleninjeln neben Atollen in der Balau- 
muppe, alfo die unmittelbare Nachbarſchaft von ficheren Beweiſen einer 
sgativen und den angeblichen Zeichen einer pofitiven Niveauveränderung. 
ẽs zwingt una aljo nichts, die Darwin'ſche Hypothefe anzunehmen, es 
wricht manches gegen ihre allgemeine Anwendung, aber andererjeit3 auch 
nichts für ihre abfolute Verwerflichkeit. 

Um die Form der Atolle zu erklären, nahm einft Chamiſſo und 
ın neuefter Zeit Murray an, fie feien auf den Kratern jubmariner Vul⸗ 
tane, mit denen fie in der That überrafchende Ähnlichkeit haben (vgl. 
ig. 56 und 59), aufgebaut; aber ſchon Darwin hat das Unwahrjchein- 
Ihe einer foldden Annahme dargelegt. Sie ift außerdem überflüjfig, denn 
die elbftändigen Riffe der Flachſeen, die auf ebenem Grunde ruhen, 
zeigen ebenfalls atollähnliche Formen, und manche von ihnen haben aud) 
bereit3 begonnen, ſich in Infeln zu verwandeln. An den Rändern einer 
Rorallenbant wachjen eben die Polypen rafcher, als gegen die Mitte zu. 
Schwieriger ift eine befriedigende Erflärung der Wallriffe und ihrer breiten 
Kanäle, an deren Ausweitung und Vertiefung vielleicht die oben erwähnten 
ridläufigen Strömungen gearbeitet haben. 

$ 186. Ein noch ungelöftes Nätjel bietet und die geographiſche 
Verbreitung der Koralleninjeln. Der atlantifche Dzean bat feine Wall- 
rifſe und nur ein einziges Atoll: die Bermudas. Häufiger find fie im 
mdiichen Ozean, wo Die drei großen Atollgruppen: die Lakkadiven, Die 
Malediven und der Tſchagos⸗Archipel eine meridionale Kette bilden. Ihre 
eigentliche Heimat ift aber die Südſee. Die größten Anhäufungen von 
Xoralleninfeln find hier der Karolinen-, Marfhall-, Gilbert-, Elice⸗ und 
Paumotu-Archipel; aber obwohl jede diefer Gruppen aus taufenden von 
Eilanden befteht, ift Doch feine größer, als eines der kleinen thüringifchen 
Fürſtentümer. Schon an einer früheren Stelle wurde gezeigt, daß ihre 
Anordnung in norbweftlich ftreichenden Linien eine auffallende Regel— 
mäßigfeit befitt; und bie Tiefenfarte lehrt uns, daß fie felbft oder bie 
Erhebungen, die fie tragen, auf ausgedehnten fubmarinen Plateaus ruhen. 
Barum fehlen fie aber im atlantiſchen Ozean? Hängt dies zulammen mit 
der Bodenbildung desfelben, oder mit der rafchen vertikalen Temperatur- 


Geographiiche 
Verbreitung 
der urfprüngli- 
hen Inſeln. 


Flora und 
Fauna. 


230 Siebentes Rapitel. 


abnahme, oder mit dem Mangel an geniigender Nahrung, oder mit der 
Anweſenheit zahlreicher ‚seinde? Die Antwort auf diefe ragen muß der 
Zukunft überlaffen bleiben. Anffallend ift auch die Armut des atlantiichen 
Ozeans an urſprünglichen Inſeln überbaupt, im Gegenſatz zum Neichtum der 
Südſee zwiſchen Aſien und Dem 130. Meridian wejtlich von Greenwich. Tir 
Kartenbilder derſelben ſind freitich nicht ganz wahrheitsgetren. Veit Aus 
ſchluß der fontinentalen Inſeln und der beiden größten ozeaniſchen (Hawaii 
und Viti Levu) haben alle die unzähligen pazitiichen Inſeln, ſowohl hobe 
als niedere, zuſammen nur einen Flächeninhalt von 28 000 qkm, d. h. nur 
ſoviel wie Böhmen. Da ſie ſich auf eine Meeresfläche von wenigſtens 
37 Millionen qkm verteilen, ſo kommt durchſchnittlich auf ca. 13 000 km 
Meer 14km Yand, oder — um Dies an einem Beiſpiele Har zu machen 
— anf em Meer von der Größe Europas em Land von der Ausdehnung 
des Großherzogtums Bellen. 

$ 15%. nf den urſprünglichen Inſeln müſſen Tiere md Pflanzen erti 
eimvandern, und es kann uns Daher wicht wunder nehmen, dat dieſe Inſeln 
dürftiger ausgeltattet find, als die feſtländiſchen. Auf St. Paul im atlan 
tiichen Ozean fand Darwin feine Vegetation, nur zwei Vögel, wenig 
Inſekten, aber zahlreiche Spinnen. Mur Aſcenſion haben ſich zwar ſchon 
einige Pflanzen angeſiedelt, aber die Flora iſt doch noch recht ärmlich. 
Von den Tieren ſind die Säuger, mit Ausnahme der fliegenden und 
ſchwimmenden, und Div Lurche faſt völlig von den urſprünglichen Inſeln 
ausgeſchloſſen. Ratten und Mäuſe ſind zwar auf Den Färöer, den Gala 
pagosinſeln amd den Andamanen einheimiſch; aber wir willen, daß fü 
dem Menſchen überallhin folgen, und fie ſind daher wahrscheinlich einge 
rührt. Auf den legtgenammten Inſeln wurde auch eine Schweincart gefunden, 
aber die Andamanen Find wahrſcheinlich von Feſtlande abgetrennt worden, 
da die ſüdlichen nach Kurz geologiſch und floriſtiſch ganz mut der Mint 
von Arakan übereinſtimmen. Mus ihrer kontinentalen Bergangenhett ſtamm: 
wohl auch ihre Amphibienfauna. Sonſt bavohnen einheimiſche Lurche mur 
och einige weſtpolyneſiſche Inſeln, aber alle gebören der Banmfroſchfamilie 
Polypedatidae an. Tagegen ſind Yandvögel allgeme verbreitet. Einige 
md mit großer Flugkraft ausgeſtattet --- Jo beiuchen alljährlich 170 nord 
amerikaniſche Vögel die 1IOO kn entfernten Wermudas —: andere werden 
durch Stürme weithin verſchlagen. Dasſelbe widerfährt in noch höherem 
Grade den Inſekten, die überdies noch eine Zeitlang den Wirkungen des 
Salzwaſſers widerstehen können, und deren Larven und Eier auch auf 
ſchwimmenden Pflanzen weithin transportiert werden fünmen. Eine genau 
Analyſe der Naferfauna von Madeira ergab, daß mit wenigen und at 
zu ertlarenden Ausnahmen mim jene eimopätichen Käfer fehlen, die Flügel 


Die horizontale Gliederung des Feſtlandes. 231 





(05 find oder eine geringe Flugkraft befigen. Um fo auffallender ift 
bier (wie auf den Kerguelen) die ungewöhnlich große Zahl flügellofer 
Inſekten. Darwin hat dies durch dag Prinzip der natürlichen Zuchtwahl 
erflärt. Bei jenen Inſekten, Die die Flügel nicht unbedingt brauchen, trat 
eine Verkümmerung diejes Organs ein, da fie für den Aufenthalt auf einer 
'nirmereichen Inſel förderlich war. Bei den anderen mußte aber aus 
demjelben Grunde das Drgan ſich ftärker entwideln, und in der That 
haben die geflügelten Arten auf Madeira meift größere Flügel, als ihre 
aropätichen Bertwandten. 

Im Gegenjah zu den Vögeln und Inſekten werden Striechtiere und 
Yandjchneden nur zufälligerweife über die See verfchleppt; aber ihre 
weite Verbreitung zeigt, daß dieſe Zufälligkeiten nicht allzu felten eintreten. 
Reptilien findet man mit Ausnahme der Azoren, Madeiras, der Canaren, 
värder und der Revillagigedo-Gruppe faft überall. Seltener fcheinen Land- 
ichnecken Seereifen zu unternehmen, daher gerade in diefer Tierklaſſe der 
:ılulare Endemismus jo ftarf ausgebildet ift. 

Pflanzen verfügen über verjcjiedene Transportmittel. Winde und 
Vögel fcheinen dabei die wichtigfte Rolle zu fpielen. Manche Samen, Die 
mit borftigen oder ftacheligen Fortſätzen verjehen find, bleiben am Gefieder, 
andere in Verbindung mit erdigen Teilchen an den Füßen der Vögel haften. 
Noch bedeutungsvoller für die Pflanzenverbreitung erjcheint die Gewohnheit 
diefer Tiere, manche genofjene Früchte unverdaut wieder auszufcheiden, da 
die Keimfraft des Samens dadurch nicht nur nicht zerftört, fondern ſogar 
erhöht wird. Sporen und kleine Samen, die oft nur Hunderttaufendftel 
eines Grammes wiegen, können durch die Winde, und einige Pflanzen, 
deren Samen, durd) beſonders harte Schalen geihüßt, auch im Salzwaſſer 
ihre Lebenzfähigfeit beivahren, durch Meeresftrömungen weithin geführt 
werden. Die Aquatorialftrömung brachte die urjprünglich amerifanifche 
Cocospalme den Injeln der Südſee und verbreitete fie von da big nad) 
Madagaskar und zu den Seychellen. Im übrigen ift aber die Flora 
Polyneſiens ojtindischer Abkunft, alſo wahrjcheinlicd) durch die äquatoriale 
Begenjtrömung und die rüdläufigen PBaffatftrömungen der Luft und des 
Meeres verbreitet. Madeira, die Canaren uud Azoren find durch den 
Paſſat mit Südeuropa verbunden, und von da ftammt auch ihre Pflanzen- 
welt. Die meiften Gewächle der Bermudas find mit dem Floridaſtrom 
aus Weftindien eingewandert. Eine lofale Strömung von der Banamabai 
zur Rordoftjeite der Galapagosinjeln brachte dorthin zentralamerifanijche 
Bilanzen. Triſtan d' Acunha liegt dem Kaplande um das Doppelte näher 
als dem fübamerifanischen Kontinent, mit Dem e3 aber weitliche Winde und 
Strömungen florijtiich auf das engjte verknüpfen. 


232 Sichentes Kapitel. Die horizontale Gliederung des feftlandes. 


Im allgemeinen find aber Prlanzenwanderungen über weite ozcantice 
Streden doch nur zufällige Ereignifje. Sie werden öfter eintreten, je 
ftürmifcher ein Meer tft, wie die Armut der Oalapagos an Pflanzen 
(wie an Vögeln) im Gegenfage zum Neichtum der Azoren oder der Bermudas 
lehrt. Aber ſelbſt die am beſten ausgeftattete Flora einer urfprünglicen 
Insel ift ärmlich im Vergleich) mit fontinentalen oder auch mit Floren feitlän- 
discher Bruchſtücke. Der Umftand, daß jene Eilande nur auf jpärliche Almo 
jen angewieſen find, bewirkt einerjeits, daß die Geſchlechter meiſt nur durch 
wenige Arten vertreten find, und begünstigt anderjeits den Endemismus. 
Legterer ift freilid aud) von dem Alter der Inſel abhängig, wie, unter 
übrigens gleichen Umständen, auch die Anzahl der Arten. Die Azoren 
und Madeira befigen — wie Schon oben erwähnt wurde — eine medt- 
terrane Flora. Auf jenen fommen durchfchnittlich 20, auf diefer S5 Gefäß— 
pflanzen auf 100 qkm; auf jenen find 8-3, auf diefer 15-2 Prozent ende: 
mic, und die eigentümtichen Gewächſe der Azoren find viel näher mit den 
europäischen verwandt, als die von Madeira, wobei nod) der Umitand in 
Betracht gezogen werden muß, daß Die erfteren weiter von unſerem Erdteil 
entfernt find als die leßtgenannte Infel. Wir müſſen daraus Ichließen, day 
Madeira älter ift als die Azoren. Die Berimmdas find ein junges Xtoll, 
und ihre organische Welt ftimmt faſt ganz mit der nordamerifanijcdhen 
iiberein. St. Helena, die Sandwichs, die Salapagos find Beiſpiele alter 
Bulfane. Die lebteren haben faft mır eigentünnliche Tierarten; noch größer 
it der Endemismus der Sandwichsinſeln, die jogar zwei eigentümlick 
Familien (aus den Klafien der Bügel und Landſchnecken) bejigen; am 
überrafchenditen tft aber der Neichtum an eigentümlichen Formen auf 
St. Helena, da Diele Inſel ſogar vom Fürjtentum Liechtenftein an Aus 
Dehnung übertroffen wird. Das europäische Element jeiner merkwürdigen 
Käferfauna weift darauf hin, daß die Eimwanderung zu einer Zeit erfolgt, 
als die Winde und Meeresſtrömungen weſentlich anders verteilt waren als 
jet; umd ein ähnliches Nefultat liefert die Analyſe der Flora in Bezug 
auf die ſüdamerikaniſchen Bejtandteile. Mean muß noch Hinzufügen, dat 
man die ursprüngliche Flora und Fauna nicht einmal ganz fennt. Tie 
eingeführten Ziegen haben den Urwald zerjtört, und infolgedeilen find 
auch feine einheimischen Bewohner, Vögel und Anfekten, zum großen Zeil 
ausgejtorben. Dasfelbe Schiefjal trifft übrigens jede ozeaniſche Jnſel, ſo— 
bald der Menjch von ihr Belip nimmt. Er führt Nußtiere und Nutz 
pflanzen ein, denfelben folgen auc andere Tiere und Unkräuter, und beit 
verdrängen Die durch den langen Imjelfrieden geſchwächten einheimiſchen 
Organismen. So haben auf den Masfarenen die Zuderpflanzungen die 
frühere Vegetation fast völlig vernichtet, ſo beichränfen auf Neufeeland die 


Achtes Rapitel. Die Kräfte, welde die Oberfläche des Feſtlandes geftalten. 233 


tiegreichen englifchen Gräſer die fo merkwürdige alte Flora auf immer 
fleinere Flãchen, jo wurde fie auf Madeira durch den Wein, das Zucker⸗ 
rohr und den Bilang bis auf 650m Höhe, und auf den Canaren durd) 
den Wein und die Opuntien big auf 1000 m Höhe zurüdgedrängt.! 


Achtes Kapitel, 
Tie Kräfte, welche die Oberflä rfläche des Feſtlandes geſtalten. 


Allgemeine Überficht. 


8 188. Wie die horizontale Gliederung und die Umrißformen des 
Feſtlandes ein Werk fchaffender und zerftörender Kräfte find, jo aud) die 
Tberflächengeftaltung desfelben. Negative Nivenuveränderungen veriwandeln 
Meeresgrumd in Land, und ihnen verdanken alle heutigen Kontinente ſamt 
den von ihnen nachträglich abgetrennten Infeln ihre Exiſtenz. Für die 
Cherflächengeftaltung find aber zunächſt bie Lagerungsverhältniſſe 
der oberen Schichten maß⸗ — —7 
gebend. Ihre urfprünge .V 


—A— 


liche horizontale oder Inf 2 00 
geneigte Lage wird ent- 
neder beibehalten oder oo 

durch eigentümliche Be- IK Im eo oo b 
wegungen der Erdrinde, IM 8 NT | 
die die moderne Geologie VPWPRTTIDERDM ORG I 
durch das allmähliche Zu- 89.64. Bermerfung. 

jemnmenfchrumpfen bes Erdkerns infolge zunehmender Abkühlung und das 
Nachſinken der Krufte erflärt, geftört oder — wie die Geologen fich aus— 
trüden — disloziert. Die Dislokation ift zweierlei Art: Faltung und 
Berwerfung; offenbar find aber beide Vorgänge nur verfchiedene Auße- 
rangen einer und berfelben Sraft, und gehen daher auch häufig Hand in 








IL a 0 7 9); 
/ 
7 — a 7 Y 1 







5. G. Hahn thellt in feinen kürzlich erjchienenen fehr lehrreichen „Inſel⸗ 
Yubien” (Leipzig 1888) bie Inſeln in teftonijche, die durch die Bewegungen und alten: 
Eilyang der Erdrinde entftanden (abgegliederte und vulkaniſche Infeln), in Eroſions⸗ 
ınfeln, bie burch Hinwegmwafhung der verbindenden Landjtreden injular wurden, und 
eadlich in Auffhüttungsinfeln, deren widhtigfte Gruppe die Korallenbildungen find. 
Tiefe Einteilung leidet nach unferem Erachten an zwei Fehlern: 1) an ber Einfeitigfeit 
des Einteilungsprinzipes und 2) an der Uberſchätzung der Erofion (vgl. ©. 216). 


Die unterirdi- 
{hen Kräfte. 


Tie Ober⸗ 
Nachenfräfte, 


234 Achtes Rapitel. 


Hand miteinander. Die verſchiedenen Arten der Faltung, wodurch die Schich 
ten mehr oder minder ſteil aufgerichtet, häufig ſogar vertikal geſtellt, ja bi: 
zur Überkippung zuſammen geſchoben wurden, werden wir bei einer an 
deren Gelegenheit näher kennen lernen. Unter Verwerfung verſteht man be 
kanntlich die Niveauverſchiebung zweier Teile eines Schichtenkomplexes en 
lang einer Spalte (58“ in Fig. 64). Solche Senfungen, die ſowohl ır 
Gebieten gefalteter, wie horizontaler Schichten außerordentlich häufig vor 
kommen, ſind geographijch beionders dann von Wedentung, went fie von 
beträchtlicher Sprunghöhe find vder über größere Strecken ſich verbreiten. 
Die trennenden Rücken zwifchen zwei treppenfürntgen Senkungsjeldern 
nemm Sueß Horjte Neben den vertifalen „Verwerfungen“, auf die wi 
dDiefen Ausdruck beichränfen wollen, erlitten die Schichten manchmal aut 
horizontale „Verſchiebungen“, die im einzelnen Fällen ebenralls die & 
Italtung der Erdoberfläche weſentlich beeinflusfen. 

Die orographiſch wichtigen Schichtenſtörungen gehören allerdings der 
geologischen Borzeit an, aber es unterliegt feinem Zweifel, daß die Kräfte, 
welche jie hervorriefen, auch jeßt noch thätig find. Darauf weijen die ſeg— 
geoteftonmichen Erdbeben Hit, Die wir in einen ſpäteren Abſchnitt beſprecher 
werden. Nur find ihre Wirfungen verhältnismäßig ſo geringfügig, daß 
jie erft durd) Summierung in langen Zeiträumen, gegen die die paar tau'end 
Sahre ver hiſtoriſchen Yeit wie ein Tag erſcheinen, einen für Die Um 
gejtaltung der gegemwärtigen Erdoberfläche bedeutenden Erfeft erzielen fünnen. 

eben den Bewegnugen dev Erdrinde, wenn and) örtlich beichränftr. 
beteiligen ſich noch vulkaniſche Ausbrüche an der Formung der br 
fläche unſeres Planeten. Alle Diele Kräfte haben ihren Sitz im Erdimer: 
fie wirken hauptſächlich ſchaffend und halten jenen Agentien das Gleich. 
gewicht, die, von außen auf die Oberfläche wirkend, die Erhöhungen ad 
zutragen, Die Unebenheiten auszugleichen trachten. 

$ 189. Das große Drama des Zerſtörungsprozeſſes zerfällt in zwe 
Afte: Verwitterung ımd Denudation. Die Verwitternng wird dur 
die Luft eingeleitet und durch das Waſſer und die Pflanzen fortgeiest; di 
Abtragung (Denudation: beiorgen die Schwerkraft, das fließende Mutr 
im flüjfigen und feſten Aggregatzuſtand und die Luftſtrömungen. um 
und Gletſcher beichränfen ihre Thätigkeit aber nicht bloß auf das sen 
Ichaffen des Verwitterungsſchuttes, jondern wirken aud) durch Ihre aus 
höhlende (erodierende) Kraft direkt zerjtörend auf ihre Unterlage ci. 
Während fie aber an der einen Stelle Material fortführen, lagern I 
dasfelbe an einer anderen Stelle ab; Abtragung und Auftragung, ST 
ftörung und Neubildung bedingen fich gegenſeitig, beide dienen der Mrd 
lierungstenden; des fließenden Waſſers. Es bewirft alfo eigentlich nur 


Die Kräfte, welhe die Oberfläche des Feſtlandes geftalten. 235 
ene Umlagerung des Material. Eine ähnliche Rolle fällt dem Winde 
u, der um fo mehr an Bedeutung gewinnt, je trodener das Klima ift. 
Tas atmofphärifche Waſſer ift fein gefährlichfter Rivale; wo es in Über- 
ille vorhanden ift, bemächtigt es fich fajt der ganzen Denubdationsarbeit. 
In Bezug auf die Terrainbildung fommt daher dem Winde eine bejchränf- 
tere Bedeutung zu, ala dem fließenden Waller; und ebenjo hat auch die 
Krottonsthätigkeit des Meeres (AUbrafion) nur vereinzelte, wenn auch höchſt 
bedeutungsvolle Spuren auf der Oberfläche des Feſtlandes Hinterlaffen. 

In den folgenden Abjchnitten werden wir die wichtigften Vorgänge 
'omen lernen, die unausgejest und allgemein an der Modellierung der 
vandoberfläche arbeiten. 


Derwitterung und Abtragung. 
$ 190. Die Berwitterungsfräfte dringen nicht nur allmählich von der Spalten. Me. 


Cherfläche in das Innere einer Geſteinsmaſſe vor, fondern finden ihren en 
Reg in dasſelbe auch durch zahlreiche Spalten und Riffe, die in ver- 
ihiedenfter Ausdehnung jedes Geſtein durchſetzen. Bei Felsmaſſen, die 

dur) Ablagerung im Waſſer entitanden, werden die einzelnen Schichten 

duch mehr oder minder weite Klüfte von einander getrennt; bejonderg 
sahlreich find aber die Spältchen zwischen den dünnen Lagen der gejchieferten 

Geſteine, und namentlich dann eröffnen ſich den zerjegenden Agentien viele 
Emgangötbhore, wenn die Schieferung die Schichtung ſchneidet. Cruptiv- 

geiteine werden von Abjonderungsflüften durchzogen, und ebenſo werden 

re, wie die Sedimentgefteine, häufig von Dislofationzipalten durchſetzt. 

infolge der Temperaturſchwankungen dehnen ſich die Meaffenteilchen aus 

und ziehen fic) dann wieder zufammen, und zwar um jo intenfiver, je 

dunkler die Farbe und je rauber die Oberfläche iſt. Riſſe und Sprünge 

nnd das Nefultat diefer Volumveränderungen; ja in tropiichen Wiüjten- 

sebieten erweift fich die große tägliche Wärmeſchwankung als kräftig genug, 

große Geſteinsmaſſen völlig zu zertrümmern. In den höheren Breiten und 

m den Hochgebirgen der warmen Zone Spielt dag Eis eine ähnliche Rolle. 

Tas gefrierende Waſſer in den Spältchen und Klüften des Gefteing dehnt 

ch aus und Löft dieſes in fcharflantige, unzerſetzte Fragmente, oft von 
tolotjalen Dimenfionen, auf. 

$ 191. Hand in Hand mit diefer mechanifchen Zertrümmerung Chemiſche Ber. 

geht die chemische Berfeßung, d. 5. die Veränderung der Subftanz des Ge- ittruns. 
tens durch die Einwirkung von Sauerftoff, Kohlenfäure und Wafler. 

Bir nennen diefen Vorgang mit Roth die einfache Vermwitterung. 

Keine Kalkfteine und Dolomite, Anhydrit und Gyps, Salz (Chlornatrium) 

und andere Mineralien, die aber beim Bau der Erbrinde fich nicht in fo 


236 Adıtes Kapitel. 


hervorragender Weije beteiligen, werden durch Fohlenfäurchaltiges War 
volfftändig gelöft und fortgeführt. So entjtcht auf der Oberfläche hoher 
vegetationslofer Kalkplateaus, wo der Schnee lange liegen bleibt und der 
größten Teil de3 Jahres feine Unterlage naß erhält, jene eigentümliche 
Bildung, die man in den Alpen unter dem Namen Narren oder Schratten 
fennt (Fig. 65). Sie beftchen anf ftärfer geneigter Oberfläche aus zahlreichen, 
langen und parallelen Furchen, die der Abdachung folgen, und zwiichen welden 
Nippen von verjchiedener Breite, oft mit mefjericharfer Kante und dam 
ſehr gefährlich für den Wanderer, fid) erheben. Beſitzt die Oberfläche cine 
geringe Neigung, jo herrſchen unregelmäßige tiefe Löcher und kurze Furchen 
vor. Stets entiprechen die Vertiefungen den leichter, die Erhebungen dın 














Fig. 65. Ein Narrenjeld nad) Heim. 


ſchwerer löslichen Partien; ift der Kalkſtein unrein, fo bilden ſich zwar 
rauhe Oberflächenformen, aber keine Karren. 

Von den anderen Mineralien werden nur einige Beſtandteile entweder 
direkt aufgelöſt oder in lösliche Verbindungen umgewandelt, während cin 
unlöslicher Reſt als Verwitterungserde zurückbleibt, und nur unter 
Umftänden der mechanischen Abtragung unterliegt. Zu diefen gehören vor 
allem die thonerdehaltigen Silifatgefteine, die neben den kalkigen Geſteinen 
ein Hauptbeftandteil der Erdfrufte find. Den Rückſtand derjelben bil 
mehr oder weniger reine Thonerde, die allein der Vegetation eine dauernd 
Wohnftätte bieten fann. Es muß übrigens betont werden, daß aud dr 
Kalfftein in zahlreichen Fällen Beimengungen von Thonerde enthält, welche 
bei der Verwitterung ebenfalls zurücbleibt. 


u Die Bräfte, melde die Oberfläche des Feſtlandes geftalten. 237 


Tie durch Die einfache Verwitterung erzeugten Löfungen wirken eben- 
ls zerſetzend auf die Gefteine ein. Roth nennt diefen Vorgang die 
Iomplizierte Verwitterung. Auch die Pflanzen beteiligen fich in her- 
vorragenbdem Maße an dem Berftörungsprozeß. Im lebenden Buftande 
ind ihre Wurzeln imftande vermöge ihrer organifchen Säuren durch 
Sndosmofe mineralifche Beitandteile zur Nahrung in fich aufzunehmen. Beim 
Itterben entwideln fi die jog Humusfäuren, die ſich mit den im 
dilanzenkörper vorhandenen Allalien zu humusſauren Alkalien ver- 
baden und ebenfalls löſend und zerjebend auf das Geftein einwirken. 
Ih ſcheinbar nadte Felſen unterliegen ihrem Einfluß. Winde führen 
die Keime von Schurfflechten herbei, die an der befeuchteten Felsfläche 
leben bleiben und ohne eigentliche Wurzeln feiten Fuß fallen. Bald be- 
deden fie Diefelbe mit farbigen, ftaubartigen Überzügen und zerftören allmählich 
durch ihre Verweiungsprodufte ihren mütterlihen Boden. Sp arbeiten viele 
Generationen diefer mikroſtopiſchen Organismen an der Herftellung einer Erd- 
trıme, Die endlich auch weniger genügjame Pflanzengefchlechter ernähren fann, 
schrenb Die urfprüngliche Vegetation immer mehr an Boden verliert. Je 
machtiger Die Erdfrume wird, deſto dichter und mannigfaltiger wird die Pflanzen 
deite, biß endlich auch Bäume fich anfiedeln, Die durch ihre tieftreibenden 
Vurzeln teils mechanifch, teils chemifch das Zerſtörungswerk vollenden. 

So arbeiten Luft, Waſſer und Pflanzen feit ungezählten Jahrhunderten 
‚meinfam an der Umgeftaltung der Erdoberfläche. Modifiziert wird aber 
dieſer Prozeß durch die verfchiedenen Flimatifchen Bedingungen und durd) 
2 Qagerungsverhältnijfe des Gefteind. Je geneigter die Schichten, je 
reicher die Eruptivgefteine an Abfonderungsflüften find, deſto rajcher geht 
die Verwitterung vor ſich. Die Gebirge find daher vor allem der Sik 
der zerftörenden Kräfte, auch deshalb, weil fie unter allen Umftänden regen- 
cher find ala die Ebenen. In den Eißregionen der Hochgebirge und in 
der Polarzone ſchützt die Sleticherdede vor den Angriffen der Atmofpäri- 
lien, aber in um fo höherem Grade unterliegen die nadten Felſen der zer- 
trummernden Gewalt des Froſtes. Im der warmen Bone fehlt diejes 
Agens, aber um fo kräftiger wirken bier die tropifchen Regengüffe und die 
tichte Vegetation. Wo die Niederichläge gering find, ift der mechanifche 
Einfluß des Temperaturwechfeld um jo größer, während anderjeit3 die ge- 
trage chemische Zerſetzung ftellenweife auch die Erhaltung der feinften Ober- 
ächenformen möglich macht. Th. Fuchs fand z.B. auf dem Iſthmus 
con Suez noch Wellenfchlagfpuren in der Umgebung der Bitterfeen, und 
Röderfpuren im Sand des Kabretplatenus waren noch nad) zwölf Jahren 
anverwiſcht. So bat jebes Klimagebiet feine eigentümliche Verwitterungs⸗ 
torm, die dem Relief ein charakteriftiiches Gepräge verleiht. 


Bodenarten. 


Gebiete vor⸗ 
herrſchender 
Denudation. 


238 Adıtes Rapitel. 


$ 192. Unter allen Umſtänden tft es aber das Ziel der Verwitterungs 
fräfte, den feſten Felſſen m Steinſchntt (Blöcke, Gerölle, Grus und Sand' 
aufzulöſen. Dieſer bildet den ſog. Geröll-oder Schuttboden. Schreitet 
die chemiſche Zerſetzung weiter fort, jo entſteht die pulverartige Erdfrume, 
das letzte Verwitterungsprodukt aller thonerdehaltigen Mineralien. Stein 
ſchutt in Verbindung mit Erdkrume giebt den ſog. Mineral: oder Roh— 
boden, der nad) ferner Znſammenſetzung und daher aud) nad) einer land- 
wirtſchaftlichen Branchbarfeit in mehrere Arten eingeteilt wird. Beſtehl 
die ganze Bodenmaſſe aus mindeſtens SO Prozent Zand, jo nennt man 
ihn Sandboden. Thonboden enthält wenigſtens 65 Prozent Thor. 
ſubſtanz, Lehmboden it ein Gemenge von Ihon und jehr feinem Sand, 
und Mergelboden ein Gemiſch von höchſtens 75 Prozent Thon um 
werigftens 15 Prozent Kalk nebſt verschtedenen anderen Beimengunger 
Mit dem Nohboden vermijchen ſich mehr oder weniger Pflanzenreſte: be 
jteht wenigstens die Hälfte des Bodens aus feften Humusſubſtanzen um 
der Reſt aus anderen Erdarten, jo wird er als Humusboden bezeichrnet. 
Bei der Bildung desfelben find — wie Darwin nachgewieſen hat — die 
Regenwürmer in hervorragender Weiſe beteiligt. Indem ſie unglaublich 
Maſſen Erde, mit Vegetabilien gemiſcht, verſchlingen und wieder ausſcheiden. 
werden immer neue Oberflächen der Einwirkung der Kohlen und Humus 
ſäuren ausgeſetzt und die Zerſetzung wird dadurch außerordentlich gefordert! 
Nicht kulturfähig iſt der allerdings ſelten vorkommende, reine Kalkboden, 
ebenſo wie der nur aus Quarzſand zuſammengeſetzte Boden, denn unter all 
Umſtänden iſt der Pflanzenwuchs an das Vorhandenſein von Thonerde ge 
bunden. Die Mächtigkeit des Geſamtbodens (Humus- und Rohbodens) — 
ſehr verſchieden: für die meiſten Kulturgewächſe ſind nur die oberſten 3H—60 m 
maßgebend, nur die Waldbäume treiben ihre Wurzeln beträchtlich tiefer. 

8 193. Auf völlig horizontalem Felsboden häufen ſich Die Ver 
witterungsprodukte an; nur Die feinſten können vom Winde fortgefuhrt 
werden. Iſt der Boden aber — wie dies in der Regel der Fall iſt — geneigt. 
ſo bemächtigt ſich auch das fließende Waſſer (und das Eis) des Schuttes, und 
bei ſtärkerer Neigung auch die Schwerkraft. Man unterſcheidet daher 
eine trockene und eine naſſe Abfuhr, wenn auch in der Natur gewöhn 
lich beide zuſammenwirken. Das Endziel des Deundationsprozeſſes iſt die 
Bloßlegung des verwitterten Felsbodens, wodurch den Atmoſphärilien wieder 
neue Angriffspunkte geboten werden. 

Es giebt Gebiete, in denen die Abtragung mit der Verwitterung ſtets 


I Ev wurde z. B. in der Nähe von Maer Hall innerhalb zehn Jahren cin ſandi 
ges Wrasfeld mit einer 50 ımın diden Humusſchicht überfleidet. 


Die Rräfte, welche die Oberfläche des Feſtlandes gefalten. 239 


das Gleichgewicht Hält und es daher niemals zur Bildung eines Ber- 
winerungsbodens kommen fann. Reichliche Niederſchläge und ſtarke Nei- 
gung des Bodens find notwendige Vorbedingungen dieſes Vorganges, der 
daher hauptfächlich nur auf die fteilen Abhänge ber Gebirge beichränft ift. 
iu den gebirgigen Teilen des Feſtlandes finden die zerftörenden Kräfte 
rberhaupt — wie ſchon erwähnt — den freieften Spielraum. Schafft die 
Erofion die Gegenſätze von Berg und Thal, jo arbeitet die Verwitterung 
vorwiegend an der Form der Gipfel und Gehänge. Je fteiler die Schich- 
ten aufgerichtet find, je zahlreicher die Spalten, je verwitterbarer Die Ge- 
keine, defto ruinenhaf⸗ N 

kr ericheinen bie Kämme E 

ad Gipfel. Bei der 2 
mdlihen Mannigfal⸗ 
faleit ihrer Formen 
m man freilich auf 
eniahe morphologifche 4 
Berge verzichten, nur 
von einigen beſonders 
— Typen BU 9% Sämarghorn im Ballis (8207 m) nad) Heim. 
farm hier die Rede fein. Wirkt die Verwitterung gleihförmig in allen 
Yaanen, und ſetzt bu das Gefein 1 feinen Ace Biberftanb ent 








Big. 67. Königftein. 


zen, jo entftehen die ſchönen, regelmäßig gebildeten Kuppenformen, wie 
fie manche Mafjengefteine (Borphyre, Granite, Gabbros u. |. w.) zeigen. 
Emd die Selüfte aber zahlreich, fo Löfen ſich die Gipfel häufig in unförmliche 
Nodhaufen auf (Fig. 66). Felſenmeere nennt man fie, wenn fie eine größere 


240 Achtes Kapitel, 


Ausdehnung erreichen. Die große Mehrheit der Pyrenäengipfel find nach Yon 
merie folche Trümmerhanfen; nicht bloß die Granit, fondern aud) die Kalt: 
berge. Werden 
im Laufe der 
Zeit Blocke 
weggeführt, io 
bildet der Reit 
oft Säulenrui— 
nen, wie z. B. 
der Plöcken⸗ 
ſteingranit im Böhmer Wald (ſ. Fig. 67) oder der Sandſtein in den Vogeien 





Fig. 68. Aclettagrad nad Heim. 





Fig. 69. Mythen nad Geim. 


und der fächfischen Schweiz. Manche Bergipigen find jo verwittert, daß man 
3 N — um mit Heim zu reden — 

„mittels Hebeeiſen dem gan 
zen Gipfel Schleifen fünnte, 
ohne einen zufammenhängenden 
feiten Bfod, von einem Petr 
Durchmeſſer zu finden“. Mit 
Recht tragen viele derſelben 
Namen, wie „Fauler“, „Faul 
berg“, „Faulhorn“ und der 
gleichen. Im den Zonen der oft 
ſenkrecht ſtehenden kryſtallini 
ſchen Schiefer find wild zer— 
riſſene Kämme und kühn ge 
formte Gipfel ſehr Häufig 
—— 10 — - (Fig. 68), aber es fehlt auch 

Fig. 70. An dem Colorado Gebiet wei J u nicht an Veijpielen vom ent: 
günge im horizonialen Sandftein) nach Dauden. Genengefepten Erirem. So bil 
det der leicht verwitterbare Thonfchiefer in der jpanijchen Sierra Nevada 
langgezogene Nücten, über die ſich die beiden höchſten Punkte (Veleta und 





Die Kräfte, welche die Oberfläche des Seftlandes geftalten. 241 


Mulahacen) faum merklich erheben. Wechſeln Gefteine von verfchiedener Wider- 
ſtandskraft mit einander ab, jo werben bie härteren durch die Verwitterung 
aleichſam herausmodelliert, wie zwei draſtiſche Beifpiele aus der Natur in 
Fig. 69 und 70 zeigen. Fig. TI belehrt 
uns endlich, welde Kammform gebogene 
Sedimentſchichten erzeugen können. 

In Bezug auf die Gehängeform 
unterieiben fich die Sebimentgefteine 7 
weſentlich von den kriſtalliniſchen Schie- 
fern. Der Böſchungswinkel ift unter 
ionft gleichen Umftänden — wie Lage- 
tung, Zerflüftung, Verwitterungägrad 
und flimatifche Verhältniffe — bei ver- 
idieenen Felsarten verſchieden. Seine Steilheit kann nur bis zu einer 
gewifien Grenze, die Heim die Marimalböfchung nennt, zunehmen; wird 
diefe überfchritten, jo brechen bie oberen Mafjen ſchneller oder Tangfamer 
nach, jtürzen herab und Kamm und Gipfel werden erniedrigt. So haben 
die nach oben fortfchreitenden Schluchten den urfprünglich gerade verlaufen- 
den rat der Churfirſten in 9-11 Zacken zerichnitten (Fig. 72). 












Fig. 71. Sicheltamm nad; Heim. 





Sig. 72. Die Churfiriten nad) Heim. 

Im allgemeinen ift die Maximalböſchung am größten bei Kafkfteinen 
ud Dolomiten, feiner bei Sandfteinen und Quarziten, am kleinſten bei 
Shiefern. Da nun bei einem aus verſchiedenen Sedimentgefteinen be- 
ftedenden Berge die Marimalböjchung von Schicht zu Schicht wechjelt, jo 
entftehen ungleihmäßig geneigte Abhänge mit jog. Bandftruftur, d. h. 
mit flach geneigten Verwitterungsterrafjen, die den weicheren Schichten 
atipredhen (Fig. 73). Bei den kriſtalliniſchen Schiefern bleibt dagegen 
in der Regel die Marimalböfchung den ganzen Abhang entlang die gleiche. 
Als eines ber ſchönſten Beiſpiele nennt Heim den Briſtenſtock (in der 


Schweiz), wo mit Ausnahme einer ganz unbebeutenden Einbiegung der 
Eupen, Bhnflie Erdkunde. 16 


242 Ahıtes Kapitel. 





ganze Abhang unter einem Winfel von 3 
schen Schiefer nehmen übrigens eine ähnliche Verwitterungsform an, wie 
die Sedimentgeſteine, wenn fie flach gelagert find: anderjeits tritt auch bei 
den Sedimentgeſteinen die Bandſtruktur zurück, wenn fie ſteil aufgerichter, 
dünuſchichtig oder ſchieferig Find. 

Es muß übrigens bemerft werden, dal; die wirkliche Böſchung nicht 
immer der Maximalböſchung entipricht. Sie it größer, wenn das fließende 
Waſſer durch Abtragung und Unterwaſchung jo raſch arbeitet, daß die Ver: 
witterung nicht gleichen Schritt Halten kann; fie iſt Fleiner im umgefehrten all 
Senkrechte oder überhängende Wände find verhältnismäßig jelten und ſtets 
lokal bejchränft; wenn trogdem häufig ſolcher Grwähnung geichicht, ie 


geneigt iſt. Die kriſtallini 












Fig. 73. Verwitterungslerraſſen im Glärn Gebirge nach Balser. 
font dies daher, daß das ungeübte Auge nichts jo jehr überſchätzt, als 
Böſchungswinkel. Häufig wird die Böſchung am Fuß eines Abhangs plöszlich 
ſanfter: das find entweder Schutthalden, die meiſt anf trocdenem Wege 
ich bildeten und gewöhnlich nur unter 3—10" geneigt find, oder vom 
Waſſer abgelagerte Schnttkegel, die meiſt einen Winfel von 30° erreichen. 

Neben der regelmäßigen Tenmdationsarbeit, die den Verwitterungsi 
zu Thal Führt, um ihm allmählich mit Hilfe des fließenden Waſſers in die 
Ebene hinauszuſchaffen, giebt es auch fataftrophenartige Ereig! , welche 
große Maſſen auf einmal von den Auhöhen in das Thal befördern. Nadı 
lange andauernden Regengüſſen verwandeln ſich div Wildbäche nur allzu- 
häufig in gewaltige Schlamm- und Schuttſtröme (og. Muren), die weite 
Thalſtrecken überſchütten. Turch ſolche Muren wurden z. B. in den Jabren 








ie 





















Die Aräfte, welde die Oberfläche des Feſtlandes geftalten. 243 


1874 und 1875 bei Nied im Oberinntal 320000cbm Schutt angehäuft. 
Seltener, aber noch verheerender find die Berg- und Felsſtürze, wodurd 
das oft Sahrbunderte lang angehäufte Verwitterungsmaterial, manchmal 
auch koloſſale, durch den Froſt losgelöfte Felsblöde, oft durch unbefannte 
Urſachen aus dem Gleichgewicht gebracht, in eine ftürzende Bewegung geraten. 
Erdbeben geben häufig VBeranlaffung dazu; dies war der Fall beim Abfturz 
der Schlaggendorfer Spite in der Tatra (1662), wodurd) diefelbe ca. 300 m 
an Höhe verlor, und beim Einfturz der Südfeite der Villacher Alpe (25. Januar 
1348), wodurch 13 Dörfer begraben wurden. Entlang von Schicht- oder 
Kluftflächen, die gegen das Thal einfallen, können nicht nur Iofe, fondern 
auch Felsmaſſen abrutichen, wenn ihre Kohäſion durch Spaltenbildungen 
gelodert und ihre Unterlage durch ftarfe Regengüſſe oder abgelenkte Duellen 
durchweicht if. Der Sturz des Roßberges am 2. September 1806, wo- 
durch vier Dörfer verfchüttet wurden, ift eine der befannteften Kataſtrophen 
diefer Art. Leider treten fie in naſſen Jahren im Gebirge fehr häufig ein. 
Nah Aretin fehweben in Tirol 300000 Menschen in fteter Lebensgefahr, 
und Simony veranjchlagt den jährlichen Schaden auf durchſchnittlich 
eine Million Darf. Der Unverftand der Menſchen unterjtügt oft noch die 
zerftörenden Kräfte, indem natürliche Widerlager, die die zum Rutſchen 
geneigten Maſſen ftauen, leichtfinnigerweife weggeräumt werden. So ver- 
anlaßte z. B. die Anlage von Steinbrüdhen bei Elm jenen furdhtbaren 
Bergſchlipf am 11. September 1881, der nicht bloß den Thalboden, fon- 
dern auch den unteren Teil der gegenüberftehenden Lehne mit einer Schutt- 
maſſe von zehn Millionen Kubikmeter bedeckte. In manchen Gegenden 
jepen fich fleinere Rutſchungen durch Iahrhunderte Hindurch fort. In 
Thälern, die das Waffer im Ioderen Material ausgegraben hat, find Be- 
wegungen der Mafjen infolge ihrer eigenen Schwere eine regelmäßige Er- 
ſcheinung. 

$ 194. Gegenüber dieſen Gebieten einer kräftigen Denudation, wo 
die Berwitterung ftet3 neue Angriffspunfte findet, giebt e8 auch weite Erd⸗ 
räume mit warmfeuchtemn Klima, wo unter dem Schuße einer dichten, tief- 
greifenden Waldvegetation, die die Abfuhr der Verwitterungsprodufte hin- 
dert, der Berjeßungsprozeß von den Klüften und Fugen konzentriſch gegen 
das Innere des Felsbodens fortichreitet und denfelben im Laufe langer 
Zeiträume bis zu einer bedeutenden Tiefe in ein Haufenwerf von edigen 
Sefteinsfragmenten, Gruß und fandigen und thonigen Maffen verwandelt, 
während der Denudationsprozeß fich hauptjächlich auf die Fortführung der 
Carbonate beſchränkt. PBumpelly, der auf diefen Vorgang befonders 
aufmerffam gemacht hat, bezeichnet ihn als ſäkulare Verwitterung. 


Tie Gebiete derjelben teilt von Richthofen in Regionen der Laterit- 
16* 


Gebiete ſaͤkula⸗ 
rer Verwitte⸗ 
rung. 


244 Achtes Rapitel. 


bildung und in jolche der lehmigen Zerjfegung. Ber Laterit, der 
nur im Tropengürtel vorkommt, unterjcheidet ic) von den lehmigen Ber- 
witterungsprodukten der gemäßigten Zone oder der ihr entiprechenden Ge— 
birgsregionen der warmen Zone hauptjächlich durch den hohen Gehalt an 
Eifenoryd und die dadurch hervorgerufene ziegelrote Farbe des Zerreibung?- 
mehles. In VBorder- und Hinterindien, im brafilianijchen Gebirge und in 
Afrifa von Senegambien bi? zum Kapland ift diefe Bodenart außerordent- 
lich häufig und erreicht ftellenweife eine Mächtigfeit bis zu 60m. In der 
gemäßigten Zone find hauptfächlich die öftlichen Staaten der Umon im 
Süden der diluvialen Gletſchergrenze von einer mächtigen Verwitterungs- 
rinde, dem Produkte des einftigen Urwaldes, bededt. 

In einigen Gebieten fäfularer Verwitterung wurde das Felſengerüſt 
infolge von Klimaänderungen in vorgefchichtlicher- Zeit oder von Niveau: 
veränderungen, die eine erhöhte Erofionsthätigfeit hervorriefen, wieder bloß— 
gelegt und zeigt nun eigentümliche unregelmäßige Oberflächenformen, einen 
Wechiel von Erhöhungen und Vertiefungen, die der Verbreitung widerjtands- 
fähiger und leicht zerftörbarer Gefteine entſprechen. In der Mongolei gab 
wahrfcheinlich eine ftarfe Verminderung der Niederfchläge die Veranlafjung 
dazu. Die Vegetation ftarb infolgedefien ab und der Wind bemächtigte 
fi der feineren Verwitterungsprodufte, während der gröbere Schutt zurüd- 
blieb. Die Grundmoräne de3 großen dilupialen Binneneiſes, dag Das 
arktiiche Amerika bededte, hält Bumpelly nur für die umgeiwandelte ein- 
jtige Vermwitterungsfrufte, die aus der Zeit ftammt, als die Polarländer 
noch mit einem milden Klima gejegnet waren und Dichte Wälder trugen 
(vergl. S. 127). Als Beifpiel für die Zerftörung der ſäkularen Verwitte⸗ 
rungsdede durch Erofion führt von Richthofen Dekan an, wo der jepige 
Hochflächen-Laterit nur der Überreft einer einft allgemein verbreiteten, zu- 
jammenhängenden Dede ift. 


Grundwafer, Quellen und unterirdifche Flüſſe. 


Gebirgäfeud- $ 195. Bon den Niederſchlägen fließt ein Teil oberflächlich ab, ein 

sn Zeil verbunftet, ein Zeil wird von den Organismen aufgenommen und 

water. kehrt erft nach deren Tode wieder in den Kreislauf des Waſſers zurüd; 

ein Teil verfinft in den Erdboden, bildet das Grundwaſſer und kommt 

ftellenweife ala Quelle wieder zu Tage; und nur ein Heiner Bruchteil wird 

für längere Zeit, vielleicht dauernd, der großen Wafjercirfulation (von ber 

Erboberflähe in die Atmofphäre und von der Atmofphäre auf bie Erd- 

oberfläche zurück) entzogen, indem er bei der Umwandlung wajjerfreier in 
waflerhaltige Mineralien aufgebraucht wird. 


Die Kräfte, welche die Oberfläche des Feſtlandes geftalten. 245 


Man nimmt an, daB von der jährlichen Niederichlagamenge etwa !/, 
m den Erdboden eindringt, und zwar kann es ala Regel gelten, daß heftige 
Riederſchläge dem Grundwaſſer weniger Nahrung zuführen, als ſchwacher, 
aber andauernder Negen oder jchmelzender Schnee. Sobald die Kapillar- 
räume Der oberen Schichten mit Waſſer gefüllt find, nimmt letzteres feinen 
Weg in Die Tiefe, ſei es durch loſe Sand- und Schuttmaffen, fei es durch Die 
Sprünge und Klüfte, wie durch die mikroſkopiſchen Poren des feften Gefteing, 
das es als jog. Gebirgsfeuchtigfeit durchdringt. Orographiſche und 
teltoniſche Verhältniſſe bedingen mancherlei Modifilationen dieſes allgemeinen 
Lorganges. Mit der Neigung des Bodens fteigt die Menge des oberfläch— 
:h abfließenden Waffers, aber diefer Übelftand wird dadurch aufgehoben, 
dab im geftörten Schichtbau der Gebirge die Zahl der Spalten und Klütte, 
d. b. der in das Innere führenden Kanäle, eine beträchtliche it. 

Das unterirdische Waſſer cirkuliert entweder frei in Spalten und 
Hohlrãumen, oder fammelt fich ala ſog. Grundwaſſer auf einer undurd)- 
iifigen Schicht, die meift aus einer Thon- oder Lehmlage befteht. Die 
Reitungen des Grundwaſſerſtandes in Brunnen, die an verjchiedenen Orten 
der öfterreichifch- ungarischen Monarchie angejtellt wurden, zeigen mit ziem- 
lıher Übereinftimmung im fünfjährigen Mittel ein Marimum im Frühjahr, 
d. 5. zur Zeit der Schneejchmelze, und ein Minimum im Herbſt oder 
Binter. Diefe Thatſache beweift jchon den innigen Zufammenhang des 
Grundwafjerd mit den Niederjchlägen, und mit ihr ftimmt auch die Beob- 
achtung überein, daß regenreiche Jahre den mittleren Grundwaſſerſtand 
erhöhen und regenarme Perioden ihn berabdrüden. Allerdings find die 
Riederichläge nicht ausschließlich die Ernährer des Grundwaffers, denn in 
den Klüften und Poren des Geſteins cirkuliert auch Luft und kondenſiert 
bier im Sommerhalbjahr, wo die Bodentemperatur big 30m Tiefe niedriger 
it, als die Luftwärme, deſſen Gehalt an Waflerdampf. Außer der atmo- 
iphäriichen Feuchtigkeit dringt auch Fluß⸗ und Seewaſſer in die Ufer- 
wandungen ein (ſog. Seihwaffer) und) durchnäßt ein größeres oder 
Heineres Gebiet. In manchen Küfterigegenden fällt und ſteigt das Brunnen- 
zivean mit Ebbe und Flut: ein Beweis für das Eindringen des Meer- 
rafjers, welches das leichtere Süßwaſſer hebt und ſinken macht. 

$ 196. Das unterirdiiche Wafjer folgt eben jo, wie das ober- 
ırditche, dem Geſetz der Schwere; und aud) das Grundwaſſer, das man 
imrtünmlicherweife als ruhend betrachtet, bewegt fich, fobald die Unterlage 
nur eine geringe Neigung befitt, zwar langſam, aber doch nach einer be- 
mimmten Richtung. Schichtenbiegungen und Spalten zwingen e3 aber 
haufig, feinen Weg nach abwärts aufzugeben und die entgegengejehte Richtung 
anzuihlagen. Als Quelle tritt e8 an einem, manchmal weit von feinem 


Quell» 
bildung. 


246 Achtes Kapitel. 

Urſprungsorte entfernten Punkte wieder zu Tage, Freilich nicht immer als 
ſcharf marfierter Waſſerfaden. Häufig bezeichnen nur ein intenfiveres Grun 
der Begetation, Bien, Tumpfiger Boden oder dunkle Flecken inmitten aus 
getrocneter Felder die Stelle, wo Waſſer aus dem Boden hervordrugt: 
in dieſem Falle verfinft es auch zum Teil wieder in die Erde, um einen 
streislauf von nenuem zu beginnen. 

Am einfachsten ift der Vorgang der Quellbildung im Gebirge, wern 
das eingedrungene Waſſer entlang den thalwärts einfallenden Schichten 
auf waljerdichter Unterlage Gay im Fig. 74) bis zum Ausgang derſelben 

— ſich bewegt. Daß dieſe ſogen. Schicht— 
quellen nur an einigen Stellen Des be— 
treffenden Thalgehänges hervortreten, hat 
ſeinen Grund einerſeits in den Unebenheiten 
der Unterlage, anderſeits in dem Vorhanden 
fein von Spalten, die dem Waller bejtimmt 

Sig. 7. Schichtquelle (0). Bahnen amweilen. Im Gegenjag zu dieſen 
abjteigenden Unellen, die dem Zug der Schwere folgen, werden Die au’ 
fteigenden zum Teil durch hydroſtatiſchen Truck zu Tage gefördert. Mur 
muldenförmiger wasierdichter Unterlage (ay in Fig. 79) kann das Grund 
waſſer entweder als Spalt= oder als Überfallsguelle an die Uber 
fläche gelangen. Zu der 
erjteren gehören eigentlih 








—— auch die arteſiſchen 

ir 

ey Brunnen, bei deren die 
u a 0 near: \ 

— re Spalte künſtlich durch Rob 


58 ee, 
Paanfe RP IE 
“er _ar 


rung erzeugt wird. Wer 
wandt find ihnen auch dir 
Ounelltümpel (m manchen Gegenden Seeaugen genannt), welche dadurch 
entjtchen, daß das Grundwaſſer bei hohem Stande in einer Vertiefung der 
waſſerführenden Schicht oder ihrer Dede, wenn eine ſolche vorhanden it, 
an Die Tberfläche tritt. Ein folder Unelltümpel im großartigen Maß 
ſtabe iſt der Neufiedler See, der infolge trodener Jahre 1865 ganz ver 
ſchwand, aber jet 1870 ſich wieder zu füllen begann. 

Man faßt die genannten Unellarten häufig unter dem Begrif 
„Bodenquellen“ zuſammen und ftellt fie den Raſen- und Gejteins- 
quellen gegenüber. Die Najenguellen kommen auf ſchwer durchläſſigem 
(thonigem) Woden vor, in den mir wenig Waller eimdringt, und wo daher 
and) die Quellbildung (wenn von einer ſolchen bier überhaupt die Rede 
jein darf) mur in der oberjten Schicht Itattfindet. Dagegen fommen dir 
Geſteinsquellen oft aus bedentender Tiefe, von wo Sie ein fompliziertes 


Fig. 75. Spaltquelle (—) und Überfallsauelte (ei. 


Die Kräfte, welche die Oberfläche des Seftandes geftalten. 247 





Kegwerf von Spalten wieder zu Tage leitet. Sie find Hhauptlächlich 
Gegenden mit ftärfer Disloziertem Schichtenbau eigentümlich. 

Wie das Grundwafler, fo find auch die Quellen von den Nieder- 
ihlägen abhängig. Epalten, die unter normalen Verhältniffen troden find, 
ergießen in fehr naſſen Jahren die jog. Hungerbrunnen, die dieje Be- 
wichnung deshalb führen, weil fie ald Anzeichen einer fchlechten Ernte be- 
trachtet werden. In Gegenden mit periodilchem Negen fließt aud) die Mehr⸗ 
sahl der Quellen periodifch!; überhaupt befigen nur ſolche Quellen, die mit 
jrogen umterirdifchen Waſſerreſervoirs (z.B. in der Nähe von Seen) in 
Berbindung ftehen, eine gleichmäßigere Wafjermenge. 

In regenlojen Gegenden treten die Quellen in weiter Entfernung von 
ihrem Uriprung hervor. In den Dafen der lybiſchen Wüſte, deren eine Kette 
parallel mit dem Nil zieht, während die andere den Südabhang des cyrenäi- 
ihen Plateaus umjäumt, ftammen fie nach Zittel aus dem tropischen Negen- 
gebiet von Afrika. Auf den wafjerdichten Schichten der nubiſchen Sandftein- 
tormation fließt das Sickerwaſſer nach Nordojten, wo es ſich in einer jeichten 
Mulde weitlich vom Nil anjammelt, da eine Schwache Aufbiegung der Kreide- 
ihichten unter der nördlichen Dafenreihe den Abfluß zum Mittelmeer ver- 
hindert. Die ältere Hypotheje, daß das Seihwaſſer des Nil die öftlichen 
Taten ſpeiſe, erweiſt ſich ſchon deshalb als unhaltbar, weil die Schichten 
gegen den Nil einfallen. 

$ 197. Quellen, die dem Grundwaffer entftammen, aljo aus mäßiger 
Ziefe kommen, haben eine Temperatur, die im allgemeinen der mittleren 
Jahreswärme des betreffenden Ortes entjpricht, aber doch eine jährliche 
Schwankung zeigt. Kälter find die abjteigenden Quellen im Gebirge, die 
durh Schnee und Gletſcherwaſſer gefpeift werden?, und die unterirdifchen 
Abflũſſe tieferer Seen, deren Bodenfchicht bekanntlich nur eine Temperatur 
von 4° befitt. Als warme Quellen oder Thermen bezeichnet man jene, 
deren Zemperatur die mittlere Jahresiwärme der Luft an der Ausflußftelle 
überfteigt. Dan kann daher relativ und abjolut warme Quellen unter- 
iheiden, und als Grenzwert das höchfte thermifche Iahresmittel im Meeres⸗ 





ı Eine andere Art periobifcher Quellen ift mehr phyſikaliſch interefiant als geo- 
graphic wichtig. Dazu gehören jene, die, wie die Fontana Chiſtaina im Unterengabin 
Val d'Afſa), auf dem Prinzip des Hebers beruhen, und unter anderen aud) der inter: 
mittierende Epringbrumnen des NRant-Herleiner Bades im Hegyalljagebirge, bei dem 
die Koblenfäure da8 treibende Agens iſt. Nur die Geyfirs find von größerer Bedeutung 
und werden daher ſpäter eingehender beſprochen werden. 

Die höchften, bisher bekannt gewordenen falten Quellen liegen nad) einer Zu⸗ 
iammenſtellung von Schlagintweit in Tibet 5379, im Himalaya 4852, in ben Andes 
4132 und in den Alpen 3182 m bod). 


Temperatur 
der Quellen. 





Geyſir. 


248 Achtes Rapitel. 


niveau (30°) annehmen.! Ihre höhere Temperatur beweiſt, daß fie aus 
bedeutenden Tiefen kommen; fie find daher auch. in der Regel wafferreicher 
und weniger variabel als die anderen Quellen. Ein tief hinabreichendes, 
vertifaled® Spaltenſyſtem ift die Grundbedingung der Thermenbildung, und 
diefe ift daher an größere Dislofationen gebunden. Wenn vullanifche 
Diftrifte, oft auch längſt erlofchene, an warmen Quellen bejonders reich 
jind, jo find doc) die Thermen nicht als Begleiterfcheinungen vulfanifcher 
Vorgänge aufzufaflen, jondern beide find Begleiterfcheinungen beträchtlicher 
Schichtenftörungen. Daher entipringen heiße Quellen aud) dort, wo es 
nicht zu vulfanischen Ausbrüchen fam. Daraus erklärt e8 fi) au, daß 
die in ſtark dislozierten Gegenden häufigen Erdbeben oft dauernd Die 
Temperatur der Thermen verändern, indem fie tiefere Spalten entweder 
öffnen oder fchließen. Durd) das Lilfaboner Erdbeben (1755) wurde 3.8. 
die Temperatur der Königinquelle zu Bagneres de Luchon in den Pyrenäen 
von ca. 8 auf 50° erhöht, und anderjeitS verwandelte das Erdbeben von 
1660 die Thermen zu Bagneres di Bigorre in kalte Quellen. 
$ 198. Kochend heiße Quellen kommen nur in vulfanifchen Gegenden 
vor. Steigt ihre Temperatur über den Siedepunft, jo verwandeln fte id) 
zum Teil oder ganz in Dampf, wie die Karapiti auf Neufeeland. Die inter- 
effanteften Erfcheinungen diefer Art find die Geyfirs, intermittierende Spring- 
quellen, die große Quantitäten Kiefelfinter um ihre Mündungsſtelle ab- 
ſetzen. Dadurch entftehen allmählich fanft anjteigende Kegel mit einem 
flachen Becken in der Mitte, auf deſſen Boden ein cylindriicher Kanal 
mündet. Eingehend wurde eigentlich nur der große Geyfir auf Island (Fig. 
76 u. 77) ftudiert, und in 
diejer Beſchränkung' liegt ein 
großer Mangel aller bis- 
berigen Erflärungsverfuche. 
Bor der Eruption ift jein 
Fig. 76. Durchſchnitt des großen Geyfird auf Island Beden mit kryſtallhellem, 
a ng Häfiögrinen Bafer 
D eyſir⸗ 2. 
— — —— am füllt, deſſen Temperatur (nad) 
einer neueren Beobachtung 
von Walfer) von 86° an der Oberfläche big 130'/,° am Boden der Röhre 








I Zu ben beißeften Quellen gehören: Aguas de las Trindherad (Mexico) 97°, 
Aguas de Comangillad bei Queretaro (Merico) 96-2°, die Quellen von Hammam: 
Meskhutin im algerifchen Atlas 95°, die Duelle von Manikaru (Bentralafien) 94-4° x. 
In Mitteleuropa: Burtſcheid 775°, Karlabad 750, Wiesbaden 70°, Baden⸗Baden 67-5°, 
Dfen 64°, Mehadia 64°, Aachen 57-.5°, Ems 56-8°, Leuferbad 50-2°, Teplitz 49.4°, 
Gaftein 48°. 


Die Kräfte, welche die Oberfläche des Seftlandes geftalten, 249 


zunimut und gleichzeitig auch in jeber Schicht bis zum Zeitpunkte ber 
Eruption fich fteigert. Heftiger unterirdifcher Donner kündigt den Ausbruch 
on, das Waffer beginnt zu wallen, Eleinere Eruptionen erfolgen, endlich 
ihiet ein Strahl heißen Wafferd, ca. 3m ſtark und über 30m hoch, 
von Dampfwolken umgeben und manchmal auch von Steinen begleitet, hervor. 
von Zeit zu Zeit ſcheint der Strahl einzufinten, aber immer wieber erhebt 
a fi. Nach ca. 10 Minuten fällt er endlich in fich zufammen, das Baffin 
it feer und nur die Steigröhre ift td bis 2m unter ber Dberfläche ge- 
Alt. Rach einer Paufe von 2 
4—30 Minuten wiederholt 
ih dieſes impoſante Schau- 
iviel in ber eben geichilderten 
Reihenfolge. 

Es ift Mar, daß Dampf 
de Wafjermafje im Kanal 
mporjchleudert, und die ver- 
idiedenen Erklärungsverſuche 
weichen nur in der Ungabe ber 5 
Irtlichkeit, wo die erfte Dampf- ® 
enwickelung ftattfindet, von 
anander ab. Bunfen, deſſen 
Onpothefe allgemeine Anerten- ' 
aung fand, verlegte fie in die 
Mitte der Steigröhre; und in 
der That haben aud) die neue- 
rm Meffungen Walter’3 be- 
itätigt, daß Hier vor der 
Eruption das Waſſer dem Sie- 
punkt! am nächiten ift. In= n 
folge fortg we A I Fig. 77. Der große Geyſit nad) Fuchs. 
unten müßte e8 hier — jo meint Bunfen — einmal zur Dampfentroidelung 
fommen, die eine Hebung der oberen Wafjerfäule bewirkt, und fo durch 
Verminderung des Drudes bis zum Boden de3 Kanals fortſchreitet. Die 
Möglichkeit eines folchen Vorganges hat in jüngfter Zeit Lang beftritten. 
In einer von unten erwärmten Waſſerſäule muß durd Strömungen ein 
Bürmeausgleich ftattfinden, und es fann unmöglich eine Partie ihren 
Ziedepunft erreichen, während die darüber befindliche Maſſe noch weit 


































Belanntlich fteigt der Siedepunkt mit dem Drude. Im vorliegenden Fall be 
ägt er an der Cherfläce des Baſſins 98-9° und am Boden der Röhre 186-7°. 


Mineralgebalt 
der Quellen. 
Inkruſtierende 
Quellen. 


250 Achtes Kapitel. 





davon entfernt iſt. Lang verlängert daher das Geyſirrohr (I, in Fig. 760, 
läßt die Erwärmung von FT” ausgeben und den Tampf in dem Rohre >, 
ſich entwickln. Zuerſt Fommt es zur Dampfbildung in -/, wo der Koch 
punkt am tiefſten ıft. Das Waſſer in der Steigröhre ſpielt mur em: 
paſſive Nolle, es bildet den hydrauliſchen Verschluß der Vorrichtung, Der 
endlich) Durch den Tampf heransgejchleudert wird. Befindet ſich auch be 
N em Wärmeherd, aber ein weniger urtenjiver als der bei 77, jo wird der 
Vorgang nur verftärft. Die Periodizität erflärt Yang durch die Annahme 
eines zweiten Spaltenſyſtems (S,), das dem Kanal nad) deyien Entleerung 
faltes Wafter zuführt. Aus den Schwankungen und der Temperatur Dietts 
JZufluſſes erftären ſich ungezwungen die thatſächlich beobachteten Unregel 
mäßigkeiten der Periodizität. Die Dauer der Periode iſt auch bei ver 
ſchiedenen Geyſirs eines und desſelben Gebietes verſchieden, und neben 
ihnen gibt es auch mit warmem Waſſer gefüllte Baſſins, die bereits in 
Ruheſtand verſetzt ſind. 

In Island iſt neben dem ſchon genannten großen Geyſir der Strokr, 
der erſt 1784 wahrend eines Erdbebens entſtand, am bekannteſten. Noch 
großartiger iſt dieſes Phänomen im Nationalpark im Felſengebirge sam 
oberen Yellowſtone und Madiſon) entwickelt. Zahlreich ſind hier die 
Dampfquellen, Geyſirs und heißen Quellen; im oberen Geyſirgebiet am 
Feuerlochfluß werden Waſſerſtrahlen von 70—80m und Dampfſäulen von 
300 m Höhe emporgeſchleudert. Dieſen beiden Bezirken kann ſich nur noch 
die Nordinſel von Neuſeeland an die Seite Stellen, wo aber leider in den 
legten Jahren viele der ſchönſten Geyfirs ausgetrodnet find und Neu 
bildungen immer Jeltener werden. Einen wunderbaren Anblick bieten nament 
(id) die terrajjenfürmig aufgebauten, marmorweißen Ntiejeltuffablagerungen 
des Ieterata. Das Geyſirphänomen ift aber auf die drei genannten 
Hauptgebiete nicht bejchränft. Man findet es nod) in Californien, nördlich 
von Zan Francisco; einen Geyſir in Japan hat Kuntze beichrieben, und 
im Jahre 1852 entjtand ein Jolcher won 26m Höhe) infolge von Boh— 
rungen and bei St. Etienne in Frankreich. 

$ 199. Wie an der Oberfläche und in den Ritzen und Klüften Des 
eselsbodens das fohlenjäurchaltige Waller zerießend wirft, jo auch auf 
jeinen weiten unterirdiſchen Bahnen. Jede Tielle iſt daher mit feſten 
Beſtandteilen verjegt, ıumter denen Carbonate, Sulfate und Chlortde Die 
Hauptrolle ſpielen.! Der Mineralgehalt hängt zunächſt von der Bejchaffen: 


U Ne nach dem Kalkgehalte unterfcheidet man bartes und weiches Waſſer. Hartes. 
d. b. Stark falthaltines Waſſer iſt bekanntlich zum Waſchen und zum Kochen der Huren: 
richte nicht geeinnet. 


Die Rräfte, welde die Oberflähe des Feſtlandes geſtalten. 251 


heit des Muttergefteind ab. In England find jene Quellen am reinjten, 
die aus dem Granit und Gneiß fommen; ihnen zunächſt fommen die aus 
dem Silur und Kohlenjanditein jtammenden; am meijten verunreinigt 
imd jene, die ihren Weg durch den Dyasfalf und durch das Diluvium 
und Alluvium nehmen. Unter ſonſt gleichen Umjtänden find Thermen 
reicher an feiten Beitandteilen, al3 kalte Quellen, weil warmes Wafler 
eine größere Löſungskraft bejigt; doch giebt eg auch verhältnismäßig reine 
Thermen, wie die von Pfäffers, Gaftein, Plombieres und Bormio. 

Je nach dem vorherrichenden Mineralgehalt unterfcheidet man Kalf:, 
Kiejel-, Stahl-, Natron-, Schwefel-, Soolquellen u. |. w.; find die Quellen 
sehr kohlenfäurereich, jo nermt man fie Sauerquellen. Viele von ihnen haben 
wegen ihrer Heilkraft große Bedeutung, einige wirken jogar auf die Ober- 
Hächengeftaltung ein. Das gilt hauptſächlich von den falf- nnd fiejel- 
iiurereichen Quellen; lebterer, die ftets heiße Quellen find, haben wir 
bereit3 gedacht. Die erfteren lagern Travertin, oft in großer Mächtigfeit, 
ab. Aus Italien find viele Beilpiele davon befannt; am berühmteften 
find die Ablagerungen des Anio bei Tivoli. Das an den Ufern wachjende 
Rohr wird infruftiert, der Schaum des Waſſerfalls bildet Stalaftiten, und 
die tiefe Schlucht, in die er fich ftürzt, befteht aus horizontalen Schichten 
von Tuffen und Zravertin von 120—150m Mächtigkeit, ift alſo zum 
großen Teil auch ein Ablagerungsproduft des Fluſſes. Noch weit groß- 
artiger -Jind die Travertinbildungen der Quellen auf dem Kleinafiatifchen 
Plateau Bambul-Kalaffi in der Nähe der alten Stadt Hieropolis, 

$ 200. Die chemifche Erofion ijt zwar überall thätig, aber von her- 
vorragender Bedeutung für die Oberflächengeftaltung ift fie doch nur in ge- 
wiſſen Kalk⸗ und Dolomitgebieten. Dies gilt hauptſächlich vom Karft, welcher 
ih von der Laibacher Ebene über Iſtrien, Dalmatien, Bosnien, die Herze- 
gowina und Albanien bis nach Griechenland erftredt, weshalb man jet alle 
bierder gehörigen Erfcheinungen unter dem Namen Karjtphänomen zu— 
iammenzufafien pflegt. Das Charakteriſtiſche desjelben bejteht darin, daß 
die Erofion hauptſächlich unter die Oberfläche verlegt ift, wodurch eine 
ſtarke Zerflüftung und Durchlöcherung des ganzen Terrains erzeugt wird. 

Die befanntefte Karftbildung find die Höhlen. Indem dag unter: 
icdiſch cirkulierende Waſſer Kalk auflöſt und fortführt, werden die Klüfte 
immer mehr erweitert oder leichter zerſtörbare Schichten zwiſchen wider⸗ 
ſtandsfähigeren fortgeführt; jo entſtehen im Laufe langer Zeiträume grö- 
bere und Hleinere Hohlräume, die man füglich als unterirdiſche Thäler 
bezeichnen kann. Wie in oberirdifchen Thälern wechjeln auch Hier oft 
Eugen und Weitungen, findet man auch hier Seen und Wafjerfälle. Wenn 
viele Grotten feine Flüſſe beherbergen, jo erklärt ſich Dies Daraus, 


Das Karfl- 
phaͤnomen. 
Höhlen, 








52 Acıtes Bapitel. 


daß die Eröffnung neuer Klüfte (3. B. infolge von Erdbeben) das Waſſer 
von feiner urfprünglichen Bahn abgefenft hat. Häufig münden Zeiten 
höhlen in die Haupthöhle, wie Nebenthäler in das Hauptthal, oder die 
Zweiggänge eines Grottenſyſtems find nur verlaſſene Wege des Haupt: 
fluſſes. Manche Grotten bejtehen aus mehreren, ſtockförmig übereinander 
liegenden Höhlen, deren unterfte in der Pegel von einem Bache durchileiien 
wird. Ein berühmtes Beiſpiel diefer Art ift die Lueger Grotte in rain. 





Fig. 78. Aus der Adelsberger Grotte in Nrain. 





Sind die Höhlen einerjeits ein Produft der zerftörenden Kraft des 
Wafjers, fo find fie anderjeits auch der Schauplag von Neubildungen. 
Kies und Lehm werden vom fließenden Waſſer abgelagert, während di 
Tropfteine von dem durch die Decke ſickernden Regemvafier gebildet werden. 
Dieſes jcheidet den Kalk, mit dem es ich auf dem Wege befaden bat, bi 
der Verdunftung zum Teil an der Decke, zum Teil an dem gerade darunter 
liegenden Punkte des Bodens aus. Die herabhängenden Tropfiteine oder 
Stalaftiten und die vom Boden auffteigenden Stalagmiten vereinigen ſich 
endlich bei ungeftörtem Wachstum zu Sänlen (Fig. TS). Neben den Zapfen 
und segeln, die Tropfen um Tropfen ihre Entjtehung verdanten, giebt es auch 
ſchwammartige Naltbildingen, Die aus größeren Waflermengen abgelagert 
find, und oft einen zanberbaften Anblie gewähren, wie z.B. die Draperien 
an den Wänden, die durch Niederſchlage ans den Überrieielungen der Wand 
ftächen entſtehen. Iſt der Nalf vein, jo find alle dieſe Bildungen waier 
beit; häufig werden fie aber durch Beimengung von Metalloxyden, br 
jonders von Eiſen, gefärbt. In den ſog. Eishöhlen vertritt Eis Me 
Stelle des Trovfiteins. 

















Die TKräfte, welche die Oberfläche des Feſtlandes gefalten. 253 


$ 201. Mit der Höhlenbildung fteht die Erſcheinung verſchwin⸗ 
dender Flüſſe, die nach einem längeren oder fürzeren unterirdiichen Lauf 
als mächtige Quellen wieder hervortreten, im innigiten Zujammenhange. 
Tie unterirdifchen Kanäle hat man fich ala eine Reihenfolge von Höhlen- 
tammern vorzuftellen, deren Scheidervände bald folofjale Thore bilden, von 
denen manche ſchon zufammengeftürzt find, bald bis auf den Wafjerfpiegel, 
ja fogar unter denjelben hinabreichen. Der Karft ijt außerordentlich reich 
an derartigen Erſcheinungen. Ein drajtiiches Beifpiel bietet uns der 
Laibachfluß (Fig. 79), der als Poik feinen Anfang nimmt, dann bei 





dig. 79. Flußſyſtem ber Laibach in Krain, nah) Urbas. 
Oberirdifhe, unterirdijche Ylußläufe 





Adelsberg in die berühmte Grotte eintritt, als Unz wieder zu Tage kommt, 
abermals verfchwindet und endlich unter dem Namen Laibach als ſchiffbarer 
Fluß das oberfrainifche Thalbeden betritt. Won den 85km feiner Ge- 
\amtlänge kommen 20 auf den unterirdiſchen Lauf; in gleicher Weife ver- 
halten ſich auch viele feiner Nebenflüſſe. Das Verſchwinden gejchieht ent- 
weder plöglich in eine Spalte oder in eine im Niveau der Thalfohle fich 
befindende Höhle. 

Es gibt auch Flüffe, die niemals zu Tage treten und unterirdiich in 
dad Meer münden. An folchen Stellen ift das Seewaffer von geringem 


Berichwin- 
denbe Flüfie 
und periodiſche 
Seen. 





Tolinen und 
Thaltefie, 


254 Adıtes Kapitel. 


Salzgehalt. Wir begegnen dieſem Phänomen an allen Kalkküſten. In den 
dalmatinifchen Gewäfjern hat z. B. die Hertha-Erpebition das Vorhanden- 
fein zahlreicher Grundquellen feftgeftelt. Die Duelle von Cannes mündet 
162, die von S. Remo 190, die am Kap St. Martin fogar 700m unter 
dem Meeresniveau. Anderfeits tritt auch das Meerwaſſer in die Klüfte 
des Kalkſteines ein und bricht nach unterirdiichem Laufe als Quelle hervor. 
Bekannt find die beiden Quellen bei Argoftoli auf Kephalonia, die ſtark 
genug find, um Mühlen zu treiben; einen ähnlichen Fall hat von Lorenz 
in Iftrien beobachtet. 

Hier mag auch ber periobiichen Seenbildung gebadjt werben. Der 
Birfniger See ift dadurch zur Berühmtheit gelangt, aber es verdient er- 
wähnt zu werden, daß auch ber Südabhang des Harz im Bauerngraben 
ober Hungerfee einen Pendant dazu befist. Das feebildende Wafjer fommt 
in allen Fällen hauptſächlich von unten, aus den mit Geröll bededten 
Spalten und Löchern am Fuß des Gebirges oder am Boden ber zeit- 
weilig waſſerbedeckten Thalebene, und verjchwindet dann auch wieder in 
denfelben. Alle diefe Sauglöcher führen nad) Tiege zu einem verti— 
falen Spaltenfuftem, das einerjeit3 mit unterirdiichen Wafjerbehältern, 
anderſeits mit der Oberfläche im Verbindung fteht. Bei anhaltenden 
Negen ober bei Schneefchmelze werben diefe Adern mit Waſſer gefüllt, 
und aus den in tieferem Niveau mündenden muß dann das Waſſer nad) 
dem Geſetz der fommunizierenden Gefäße Hervortreten und das Thal er- 
füllen. Wird durch irgend ein Ereignis dem Waffer ein anderer unter- 
irdifcher Weg angemiefen, jo hört die Seebildung ganz auf, wie in der 
Ebene von Verdoletſch in Kroatien oder wie auch in manchen Kefjelthälern 
von Innerkrain. 

$ 202. Nicht bloß die Oberfläche des Karſtplateaus, fondern auch 
die Abhänge der Berge find mit trichter- ober keſſelförmigen Vertiefungen 
bededt, für Die die deutſche 
Wiſſenſchaft die ſloveniſche 
Bezeichnung Dolinen an- 
genommen hat. Sie treten 
vereinzelt oder geſellig auf, 
und find häufig fo Dicht neben 

Fig. 80. Doppeldoline bei Leſetſche im Karft einander, daß Die Rarftober- 
nach Beyer. fläche in ber That einem blat- 

ternarbigen Gefichte, womit man fie fo oft verglichen Hat, ähnlich ſcheint. 
Die Form dieſer Löcher ift bald freisrund, bald unregelmäßig, ihre Tiefe 
variabel, ihr Durchmeſſer im Trieftiner Karſt gewöhnlich 50—75 m groß. 
Nach unten ftehen fie durch Spalten mit Hohlräumen in Verbindung; 











Die Rräfte, welche die Oberfläche des Feſtlandes gefalten. 255 


reilih find dieſe Kanäle oft oberflächlich mit nachjtürzendem Geftein oder 
Werölle verftopft, aber nie jo hermetiſch verjchloffen, daß nicht das Negen- 
maiter jofort in denfelben verjchwinden würde. 

Man ift allgemein der Anficht, daß die Dolinen durch Einbrüche der 
Tede unterirdifcher Hohlräume, die man fich aber nicht al3 plögliche Ein- 
yurze Der ganzen Dede zu denken bat, entjtanden und dann durch Die Nieder- 
ihläge mannigfad) modelliert worden find. Der weitliche Arm der Planina- 
ırorte wird oberflächlich durch eine Dolinenreihe gekennzeichnet, mit der Die 
zrimmeranhäufungen in der Höhle genau Torreipondieren. Einen Deden- 
anbruch erlebte Dr. Joſef in der Grotte Volcja jama am Nanos, und 
die Bildung eines Trichter wurbe 1870 beim Erdbeben von Klana be- 
obachtet. Nach Pilar geht im Eroatifchen Grenzbezirfe die Neubildung 
von Tolinen fo raſch vor fi), daß mancher Bewohner, der nad) einigen 
Jahrzehnten wieder in feine Heimat fam, diefelbe kaum mehr zu erfennen 
xrmochte, denn Häufer waren infolge von Erdjtürzen verlegt, neue Wege 
daren gebahnt, Obftgärten waren verſchwunden. 

Zu den Eigentümlichfeiten der Karjtbildung gehören endlich auch die 
cleitig geichloffenen, trogartigen Kefjelthäler. Wenige haben eine kreis— 
ihnliche Form, die meiften find langgeftredt und oft von bedeutender Aus- 
dehnung, wie die 60km lange Thafebene von Livno in Bosnien. In 
iberwiegender Mehrzahl ftreichen fie, parallel mit dem Gebirge und den 
Zchichtenfalten, in nordweftlicher Richtung, und damit hängt auch ihre 
:ühenweile Anordnung zujammen. Die Flüffe, die Hindurchziehen, bilden 
nh teils durch oberflächlichen Abflug, teils kommen fie aus Höhlen, aber 
in allen Fällen verfchwinden fie wieder im Boden. Die echten Karjtthäler 
beitchen alſo aus oberirdifchen (Kefjelthäler) und unterirdiichen Partien 
Sohlen... Sobald die Dede der letzteren zu wanken beginnt, bilden fich 
ertlang ihrem Berlaufe Dolinenreihen; endlich ftürzen ausgedehntere Partien 
xt Dede ein, und das unterirdifche Thalftüd verwandelt ſich in ein ober- 
diides. Überrejte der Dede bilden fog. natürliche Brüden, die man 
m Ralfgebirgen manchmal antrifft. Doch werden Brüden diefer Art aud) 
surh herabgeſtürzte, große Felsblöcke gebildet, die ſich zwiſchen den unteren 
Thalwänden einklemmen; und eine dritte Entftehungsart, durch Überwuche- 





rımg der Travertinablagerungen, hat Keller an einem Beifpiele auß der 


Frovinz Umbria erläutert. 

$ 203. Wenn alle bejchriebenen Phänomene im Karftgebirge mit 
einziger Bollftändigfeit zu einer geographiich hochbedeutſamen Gejamt- 
wirkung fich vereinigen, jo kommen einzelne derjelben Doch auch in zahl- 
sehen anderen SKaltgebieten vor. Durch großen Höhlenreichtum zeichnet 
ñch 5. 8. der Jurakalk des Bihargebirges, der Jura- und Kreidefalf der 


Verbreitung 
bes Karfiphä- 
nomens, 


Waſſermenge. 


256 Achtes Tapitel. 


Pyrenäen und der Franche-Comté aus. Grotten und unterirdiſche Flüſſe 
beſitzt der devoniſche Kalkzug von Weſtfalen. Unterirdiſche Flüſſe findet 
man auch im Departement Manche und in den juraſſiſchen Teilen der 
Departements Lot und Aveyron. Die Sorgue, die aus der Grotte von 
Vaucluſe kommt, iſt ein allbekanntes Beiſpiel dieſer Art. Ein Teil der 
Loire verſchwindet bei Saucerre im Kreidegebiet und kommt in der Nähe 
von Olivet als Loiret wieder zu Tage. Dolinen bezeichnen ihren unter⸗ 
irdifchen Lauf, ebenjo wie den der Flüffe, die im filuriichen Kalk von 
Livland und der Infel Dfel verfchwinden. Dolinenbildungen fommen aud) 
im Jura, im füdlichen Frankreich, im englischen Kreidegebiet bei Norwich 
und im weltlichen Balkan vor. Außereuropäilche Beijpiele find jeltener. 
Das Kreidegebirge von Paläſtina und das nordamerifanijche Kalkgebirge 
von Kentudy! Haben Höhlen und unterirdiiche Flüſſe. Dolinenbildungen 
in Wisconfin hat kürzlich Strong bejchrieben. Grottenreich find aud das 
Kalkgebirge zwijchen dem Rio das Velhas und dem Rio Paraopeba in 
Brafilien und der ſüdöſtlichſte Teil von Südauftralien, wo ebenfalls 
Trichterbildungen häufig find. 

Warum das Karftphänomen nicht in allen Kalfgebieten gleichmäßig 
ausgebildet ift, ift noch wenig erforſcht. Sein Vorkommen im horizontal 
geichichteten Plateau von Livland beweilt, daB Faltenbildung feine Haupt- 
bedingung dafür ift. Als eine folche bezeichnet Peters das Vorhandenfein 
einer wafjerdichten Unterlage, die den Abzug der Gewäſſer in allzugroße Tiefen 
verhindert. „Die Kalkiteinjtufe”, fährt er weiter fort, „muß aber aud), 
einigermaßen zerflüftet, in genügend großer Ausdehnung und genügend 
lange bloßliegen, um den einfinfenden und einfidernden Gewäſſern ihr 
Spiel zu geftatten.” Es darf übrigens nicht verjchwiegen werden, daß 
auch in Gefteinen, die nicht direkt im Waſſer löslich find, Höhlen vor- 
fonmen. In dieſen allerdings jehr feltenen Fällen haben wir es mit 
Spalten zu thun, die nicht durch chemifche, fondern durch mechanijche 
Erofion erweitert wurden. 





Das fließende Waffer. 


$ 204. Die Quellen, das oberflächlich abfließende Regenwaſſer und 
das Schmelzwaffer des Schnees und Eifes vereinigen fich ſchließlich zu 
Waſſerfäden, die wir je nach ihrer Größe als Bäche, Ylüffe oder 
Ströme zu bezeichnen gewohnt find. Dem Geſetz der Schwere folgend, 
jtreben fie insgefamt dem tiefften Niveau der Erdoberfläche, dem Meeres- 


ı Die berühmte Mammuthöhle mit 223 Verzweigungen unb einer Gejamtlänge 
von 220 km, 


Die Kräfte, welche die Oberfläche des Feſtlandes gefalten. 257 


niveau zu, wenn auch nicht alle dag Ziel’erreichen. In regenarmen Gegenden 
it ihre Waſſermenge zu gering, al3 daß fie der Verdunftung Widerftand 
leiſten könnten, und jo finden fie ein vorzeitiges Ende, indem fie entweder in 
einen Zee münden, oder, in den Boden einfidern, oder, von der Sonne auf- 
sesehrt, ſpurlos verſchwinden. Nur größere Ströme, wie der ägyptiſche Nil 
oder der Euphrat und Zigris, deren Uuellgebiete in einer niederſchlagsreichen 
Zone fiegen, oder die durch die Schmelzwäfler fchneereicher Hochgebirge er- 
aöhrt werden, dringen fieghaft durch Wüftendiftrifte bis zum Meere durch. 
Die jährliche Beriode (Fig. 81) und die Schwankungen des Waſſer— 
kandes Der Flüſſe werden in unjeren Gegenden, wo fein Monat ohne Regen 
vergeht, mehr durch Lokale Verhältniffe, als durd) die. Niederfchläge bedingt. 
zo verhält fi nad) Hagen die geringste Waffermenge zur größten beim 
Rhein an der holländifchen 
srenze wie 1:6-6, bei der winter 
Moiel oberhalb Met wie1:98 7 
und bet der Loire bei Briare + 
wie 1:312-4. Dieſe Zahlen 
ſind freilich nicht ganz ficher, 
aber immerhin lehrreih. Die 
Urjache der ftarfen Schwan- 
tung des Waſſerſtandes der ' 
Yoire haben wir unzweifelhaft 
m der fortichreitenden Entwal- 
tımg ihres Gebietes zu juchen. Fig. 81. Wafferftand des Memels bei Tilfit im 
Tie Beobadjtungen an den Mittel der Jahre 1842— 71. 
torjtlich-meteorologiichen Sta⸗ 
tionen in Bayern ergaben zwar die Unrichtigfeit der weit verbreiteten An- 
jicht, daß der Wald die Negenmenge erhöhe; aber anderfeits ift es ebenfo 
iichergeftellt, daß im Waldboden mehr Waſſer einfidert ala im freien Selb, 
dab alfo mit der Entwaldung die Menge des oberflächlich abfließenden 
Waſſers zu⸗ und die Zahl der Quellen abnimmt. Zur Zeit heftiger 
Regengüſſe müflen daher die Flüſſe mächtig anjchwellen, während in der 
Beriode des Niedrigwaſſers die Ernährung durch die Quellen gering ift. 
Am Niederrhein ift die jahreszeitliche Verteilung der Niederjchläge eine jehr 
zleihmäßige, denn im Sommer, wenn der Spiegel anderer Flüſſe beträcht- 
Ich finft, erhält er reichliche Zufchüfje von dem fchmelzenden Echnee der 
Alpen. Außerdem wirken aud) Seen und Uferfümpfe als Regulatoren, 
mdem fie zur Zeit großer Waflerfülle einen Theil des Waſſers zurüd- 
behalten, um ihn in der Trodenzeit langfam wieder abzugeben. Daher 


it das Verhältnis des tiefften Waſſerſtandes des Rheins zum höchſten 
Eupas, Bhnfiihe Erdkunde. 


Frühling Sommer Herbst 


— — — 





258 Adıtes Kapitel. 


oberhalb de3 Bodenjees in Graubünden = 1:70, bei Bafel aber nur 
= 1:14, 

Hoch- und Niedrigwaſſer treten bei großen Strömen nicht an allen 
Drten gleichzeitig ein. Vom Bobdenfee big Ketjch erreicht der Ahein feinen 
höchſten Stand im Juli, wenn der Schnee in den Alpen jchmilzt, von 
Bacharach abwärts aber (mie die Wefer) im Februar, weil hier die Neben- 
Hüffe durch die Schneejchmelze am Beginn des Frühlings anfchwellen. 

In den fubtropifchen und tropischen Ländern tritt die jährliche Periode 
der Flußhöhen natürlich fchärfer hervor, als im allgemeinen in der Bone 
der gleichmäßigen Niederjchläge. Die ſpaniſchen Plateauflüffe, die im Früh— 
jahr zu braufenden Fluten anfchwellen, ziehen fich im Sommer zu un: 
icheinbaren Wafferfäden zufammen; und in den Gebieten regenlojer Som- 
mer verjchwinden in dieſer Jahreszeit viele von den Eleineren Flüſſen 
(intermittierende Slüffe oder Fiumaren) ganz. Weniger ſchwankt der 
Waſſerſtand nur bei jenen fubtropifchen Flüffen, die aus dem Hochgebirge 
fommen, wie beifpieläweife bei dem Guadalguivir. Noch größer find die 


Schwankungen in der 
— „= Tropenzone, wo die 

AAnRAnAnEAAR 

FEHHHHRNDAREN ANI 





s Regenzeit mit der al- 
pinen Schneefchmelze 
zufammentrifft, wenn 
nicht andere Verhält—⸗ 
niffemildernd einwir- 
* fen, wiebeim Ril(Fig. 
" 82) oder Ganges. 
° Das Quellgebiet des 
Fig. 82. Mittlere — Si ben Barrages unter- erfteren fiegtimlqua- 

torialgürtel, wo der 
Gegenſatz von Wegen und Trodenheit nicht fo fchroff ift, und überdies 
wirken bier aud) die großen Seen al3 NRegulatoren. Das Duellgebiet des 
Ganges und feiner nördlichen Nebenflüffe, der Himalaya, erhält befannt- 
ih auch im Winter Durch den Antipaffat Niederichläge. Eine Ausnahms- 
ftellung nimmt der Amazonas ein, der faft parallel mit dem Äquator flicht. 
Im Gebiete des Hauptfluffes vergeht fein Monat ohne Regen, während 
jeine Nebenflüffe in den entgegengejegten Jahreszeiten, die nördlichen im 
nordhemifphärifchen und die jüdlichen im füdhemifphärifchen Sommer an- 
Ichwellen; und die Gleichmäßigkeit der Waſſermenge des Hauptfluffes wird 
nur Dadurch etwas geftört, daß die jüdlichen Zuflüffe größer find; als Die 
nördlichen. Ähnliche Bedingungen dürften bei dem zweiten Aquatorial- 
jtrom der Erde, dem Kongo, ftattfinden. 













Die Kräfte, melde die Oberfläche des Feſtlandes geftalten. 259 


Die Bafjermenge der Flüſſe wechjelt von Jahr zu Jahr mit den Nieder- 
ihlägen (Fig. 83), am meiften in den Gegenden der unregelmäßigen Regen, 
wie befonders im Innern Auſtraliens. Die fogen. Creeks beftehen gewöhn- 
id nur aus einer Reihe unzufammenhängender Teiche, die fi nur nad) 
ondauerndem Regen zu Flüſſen aneinanderjchließen. In den Jahren 1817 





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Aa . 


Fig. 83. Waflerftände des Rheins bei Düffeldorf, 1800-1879. 


ker: 

und 1870 breiteten fi) Murray und Darling feeartig aus und das Hoch— 
waſſer brauchte Monate, um abzufließen, während in trodenen Jahren 
sahlreiche Nebenflüſſe nur ausnahm sweiſe den Hauptjtrom erreichen. Für 
untere Gegenden glaubte man aus Pegelbeobadhtungen! den Schluß ziehen 
zu dürfen, daß die Wafjermenge der Flüſſe abnehme; andere behaupten, 
dab wenigjtens der mittlere und niedere Waſſerſtand finfe, während die 
dochwäſſer jteigen. Für Die preußiichen Flüſſe wenigſtens hat Hagen 
die Unrichtigkeit dieſer Anficht durch eine wiljenjchaftliche Berechnungs- 
methode nachgemiefen. Der mittlere Waſſerſtand ift nad) Hagen feinen 
tafularen Beränderungen unterworfen, während ſich Hoch- und Niedrig⸗ 
waſſer im allgemeinen — offenbar infolge von Flußkorrektionen — etwas 
ienfen. 

Außergewöhnliche Hochwäſſer, die Überfchwemmungen verurfachen, 
werden nicht bloß durch Heftige Regengüſſe, plößliche Schneefchmelze und 
durch den Eisgang,? wenn die treibenden Schollen zu Barrieren fi) auf- 





Pegel von Düsseldorf 






ı Aus Begelbeobacdhtungen läßt ſich überhaupt nicht bireft auf die Waflermenge 
a.:een; denn bei unveränbertem Flußbett ift der Wafferftand nicht bloß von ber Wafler- 
ange, fondern aud) von der Gefchwindigfeit abhängig. 

| 2 Die Eisbededung der Flüſſe bietet auch infofern ein geographifches Intereffe, ala 
” ein Verkehrshindernis iſt. Für folgende Flüffe beträgt die mittlere Dauer der 
gisbededung in Tagen: 

Donau bei Galatz (1836-75). - » . 2 2.2. 87-5 

Elbe bei Hamburg (1816-73) -»- . » 2. 2... 39 


260 Adtes Kapitel. 


ftauen, ſondern auch durch orographiiche Hinderniffe im Flußlauf hervor: 
gerufen. Im lebteren Falle gehören fie zum geographifchen Charafter 
größerer oder Fleinerer Gebiete. Ungarn bietet uns ein Iehrreiches Beiſpiel 
Davon. Der Untergang Szegeding im März 1879 ift nur ein Glied einer 
langen Reihe ähnlicher Katajtrophen, die, wie Stefanovid nachwies, 
insgeſamt durch Stauungen de3 Donauwaſſers in den Felsengen zwiſchen 
Bazias und Orſowa bewirkt wurden. 

—— 8205. Die Geſchwindigkeit des fließenden Waſſers fteigt unter 
fonft gleichen Umftänden mit dem Gefälle und der Waflermenge und ver: 
mindert fi) mit der Erweiterung des Bette. Daß fie niemals der Nei- 
gung- des Bette genau entjpricht, jondern ftet3 etwas kleiner ift, erflärt 
ſich einerjeit3 au8 der Reibung des Wafjerd an der feiten Begrenzung, 
anderſeits aus der inneren Reibung, welche nad) Bouffinesg dadurd) 
entiteht, daB der molekulare Zuſammenhang zwijchen den einzelnen Waſſer— 
Ichichten befonder3 in der Nähe der unebenen Wände zerriffen wird und 

abgelöjte Waflerteilchen ſich 

fortwährend wirbelartig von 
den Begrenzungsflächen durd) 
die übrige Flüſſigkeit Hinbetve- 

Fig sa. Lin * Dendigkeit innerhalb gen. Nicht alle Waſſerteilchen 

ig. 82. Smnien gleicer Gaapindigtente innerhalb eines Querſchnittes 
des Querprofils eines Fluſſes. fließen daher gleich ſchnell 

(. Fig. 84). Im der Vertikalen nimmt die Geſchwindigkeit vom Grunde 

gegen die Oberfläche ftetig zu, erreicht aber ihren größten Wert nicht an 





— — — — — 


Weichſel bei Barihau ». . 2 2 2 nn 85 
Düna bei Riga > 22m nr 126 
Newa bei St. Petersburg . » . 22 nn. 147 
Wolga bei Koftroma . . . >. 2 2 ee. 160 
= 2: sn 158 

= ⸗2 Aſtrachannnn.. 101 
Dwina bei Archangelsk (1734—1853) . . . . . 191 
Ob bei Barnaul (1752—1800) . . 2. 2... 169 
Jeniſſei 6. en 162 
en 194 
⸗—69/,0 > 240 

Fe, (1 De > ... 295 
Lena bei Kiſensk (1815—53) . - . > 2 2 00.. 204 
Sana bei Werchojansk (1869). . - . 2... 252 
= = Witjansl (1869) . - > 2 2 2 2. 260 
St. Lorenzoſtrom bei Quebeck (1815—68) . . . 141 
Erie-Kanal (1828-57) . » 2 2 2 2 2 nn. 136 


Hudfon bei Alban (1817-67) . . . . ... 92 


Die Kräfte, welde die Oberfläche des Feſtlandes geftalten. 261 


der Oberfläche jelbit, fondern etwas unterhalb derjelben, und zwar in der 
Regel um fo tiefer, je tiefer der Fluß ift. Un der Oberfläche fteigert fie 
ich ftetig von den Ufern gegen die Mitte zu. Die Linie, welche die Puntte 
größter Oberflächengejchwindigfeit verbindet, der Stromjtrich (oder Thal- 
weg) genannt, bewegt ſich im allgemeinen über der tiefften Furche des 
Betted. Aus diejer Verteilung der Gejchwindigfeiten erklärt es fich, daß 
die Oberfläche der Flüſſe nicht Horizontal ift. Bei Hochwafjer wird der 
Mitte mehr Waſſer zugeführt al3 den Rändern, und der Flußſpiegel 
ammmt eine fonvere Geſtalt an. Sinkt der Waſſerſtand, fo fließt in der 
Mitte die größte Waljermenge ab, und die Oberfläche wird fonfav, bis 
»ieder normale Verhältniſſe eintreten und der Spiegel ein wenig über der 
Sorizontalebene fi) emporwölbt. Beim Miffiifippi betragen diefe Oszilla— 
tionen bi3 zu 2m. 

Tie Reibung durch die innere Bewegung des Wafjers fteigert fich, 
venn bedeutendere Hindernifje, wie Ufervorjprünge, große Cand- und Kies— 
blagerungen oder Felsriffe vorhanden find. Sie erzeugen Seiten- und 
Gegenſtröme, die unter Umſtänden zur Wirbelbildung führen und erft all- 
mibli wieder in die normale Richtung einlenfen. 

Hürden die Flüffe vom Urfprung bis zur Mündung auf glatten 
\hiefen Ebenen ſich bewegen, jo wäre ihr Lauf ein völlig geradliniger. 
Aber diefe Bedingung wird in der Natur nicht er- 
ill. Mannigfache Hindernifje oft unfcheinbarer Art 
und vorhanden; und da das fließende Waſſer ſtets 
den tiefften Punkt aufſucht, jo wird es häufig von 
kınem geraden Laufe abgelenkt und gezwungen, in 
‘hangenartigen Windungen (Serpentinen) ſich zu 
savegen. Dieje werden um jo zahlreicher, je geringer 
das Gefälle if. In jeder Biegung werden die am —F 
ichnellſten ſich bewegenden Waſſerfäden gegen das — 
tontave Ufer (@ in Fig. 85) hingetrieben, tauchen 
on ihm in die Tiefe hinab, wobei fie durch Reibung s a 
nen Teil ihrer Berwegungsenergie einbüßen, und FR 
eigen am fonveren Ufer (d in ig. 85) wieder in 2 / 
sie Höhe. Der Stromftrich (ss in Fig. 85) befindet A, 
ch daher nicht mehr in der Mitte, ſondern ſchwankt 
von einem Hohlufer zum andern. Die unmittelbare 
solge diefer Bewegungsart ift die Vertiefung des Flußbettes in der Nähe 
Xs fonfaven Ufers und die Unterhöhlung und Abnagung des leßteren, 
während in dem verhältnismäßig ruhigen Raume an der entgegengejeßten 
Seite (bei 5) Sinkftoffe abgelagert werden. Dieſe Doppelthätigleit ver- 





ig. 85. Serpentinen. 


Croſion und 


Sedimen!'irh· T 


rung der Flirie., 





262 Achtes Kapitel. 


größert die Krümmung immer mehr, befonders wenn der herrichende Wind 
das Waſſer gegen das Hohlufer treibt und die Verfandung des Konver— 
ufers durch Treibmaſſen unterjtügt. Iſt der Iſthmus zwiſchen den Bogen: 
enden ſehr enge geworden, ſo wird er häufig vom Hochwaſſer durchbrochen: 
auf dieſe Weiſe entſtand z. B. die Inſel 
Budſak bei Zenta (Fig. 86). In der 
Mehrzahl der Fälle muß aber 
Menſch dieſes Regulierungswerk aus: 
führen. Die Kurve, welche dann an— 
faugs noch als Nebenkanal dient, ver— 
ſandet wegen des ſchwachen Gefälles 
uuind der geringen Waſſerzufuhr immer 
| mehr, bejonders an der Aus- um 
Eingangsſtelle, und wird endlich völ 
— GE — lig vom Fluſſe abgeichnitten. Solche 
Fig. 86. Theis bei Zenta. fichelförmige Seen (Altwaſſer), die 
nur noch bei Hochwaſſer vorübergehend mit dem Fluſſe in Verbindung 
treten, find in Tiefebenen ſehr häufig (ſ. Fig. Sn. 


206. Die geologtiche 





— — — — — —— .. —— — A 


Arbeit der Flüſſe, Deren 

Leiſtungsfähigkeit zur Je 

Kis Kören Des Hochwaſſers natürlıh 
J am größten iſt, beſteht in 


der Abnagung der Ufer und 





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Altwaſſer der Theiß bei Kis-Körös. 





Fig. 7. 


Vertiefung des Bettes, in der 
Fortführung der Verwitte 
rungs-und Eroſionsprodukte 
und in der Ablagerung der— 
ſelben. Schon durch die eigene 
mechaniſche Kraft vermag 
raſchfließendes Waſier tem 
Bett abzureiben und tieier 
au legen, und außerdem be: 
ſitzt es noch im den mit: 


geführten Geſteinsfragmenten, im Geichiebe, ja ſelbſt noch im feinften Thon— 


Ichlamm eine wirkſame Feile. 


Selbſtverſtändlich iſt vertifale Eroſion nur 


dort möglich, wo das Gefälle die Fortſchaffung der Sinkſtoffe geſtattet, da 


im entgegengeſetzten Falle Ablagerung eintritt. 
ſo vermag eine größere oder kleinere Waſſermenge, 


erfüllt, 


Iſt aber dieſe Bedingung 
ein ſtärkeres 


oder ſchwächeres Gefälle, ein härteres oder weicheres Geſtein die Schnellig— 


Die Kräfte, welde die ©berflähe des Feſtlandes geftalten. 263 





feit des Eroſionsprozeſſes zwar 'zu beeinfluflen, aber niemals die ftetige 
Vertiefung des Bette zu verhindern. 

Die Menge der Sedimente, die die Flüffe teil8 in gelöftem Zu— 
ttande, teils mechanijch mitführen, giebt uns eine Vorftellung von ber 
allmählichen Zerſtörung des Feitlandes. Die Elbe bei Lobofig enthält nad) 
Breitenlohner in 1cbm Waſſer 91-2g gelöfte und 103-8g fufpendierte 
Stoffe. Für das Jahr 1866 wurde das Gewicht der bei Loboſitz vorbei- 
geführten Stoffe auf ca. 1170 Mill. kg berecdjnet. Die Neuß jebt nad) 
Heim an ihrer Mündung im Vierwaldftätter See jährlich durchichnitt- 
lich 150000 cbm Geſchiebe ab; jeder Quadratkilometer ihrer Flußgebietes 
verliert alſo jährlich 242 chm Material, wodurch die Gebirgsoberfläche in 
4 Jahren und 1 Monat um Imm erniedrigt wird. Für ganz England 
berechnete Reade einen Höhenverluft von Imm in 42%/, Jahren. Der 
Vergleich dieſer Zahlen lehrt ung, wie rajch die Zerftörung im Hochgebirge 
vor fih gebt. Nach Guppy beträgt die Anzahl der Jahre, die zur Ab- 
ragung von Imm im ganzen Flußgebiet notwendig ift, beim Po 2-4, 
Soangho 4-6, Rhone 5-1, Ganges 7-9, Jangtjefiang 12-5, Miffiffippi 20-1, 
kei der Donau 23, der Themfe 32-2, beim Peiho 84-7 und beim La- 
elata 98-4. Wohl mit Recht jagt Heim: „Schließlich bleiben wir nach 
ſolchen Meflungen und Betrachtungen unentfchieden, ob wir jagen follen: 
Tie Benwitterung und Erofion ift ein Vorgang, der mit ftaunenerregender 
Schnelligkeit und Gewalt an der Umformung der Gebirge arbeitet, oder 
'sllien wir jagen: Sie ift ein Vorgang, der faft unmerflich langſam arbeitet. 
Leides ift wahr — den erfteren Eindrud erlangen wir bei Betrachtung des 
<hutttransportes durch die Ströme, den legteren im Anblid der viel ge- 
raltigeren Maſſe des Gebirges.“ 

$ 207. Die chemiſch gelöften Mineraljtoffe der Flüſſe (kohlenſaurer 
und jchwefeljaurer Kalt, etwas fohlenfaure Magnefia und untergeordnet 
Kochjalz) bilden zwar nur ca. Y/,o00 der Waflermenge, können aber im Laufe 
geologiicher Zeiträume einen hohen Betrag erreichen. Ein Teil diefer 
Stoffe wird bei Hochwaſſer im Inudationsgebiet abgelagert, ein anderer 
durch das Sickerwaſſer dem Boden zugeführt, der größte Theil aber ge- 
langt in da8 Meer. Warum das Meer trogdem feine konzentrierte Löſung 
von kohlenſaurem Kalk und Gips ift, erklärt ſich aus dem Verbrauch dieſer 
<toffe durch die marine Tierwelt. Da die Transportkraft des Waffers 
von der Geichwindigfeit abhängt, jo wird das mechanisch mitgeführte Ma- 
terial einem Schlemmprozeffe unterworfen. Größere Felsſtücke können 
boͤchſtens durch angeſchwollene Waſſermaſſen fortgefchleppt werben; jo ver- 
mag z. B. die Linth bei Hochwaſſer 50 kg ſchwere Blöcke weiterzubewegen. 
Aber in die Ebene gelangen fie nicht, fondern bleiben ebenfo wie grobes 


Ablagerungen, 


264 Adıtes Kapitel. 


Gerölle im Gebirge zurüd. Weiter hinab werden Kies, Sand und am 
weiteften der Schlamm geführt. Der leßtere wird ſchwebend erhalten, der 
Sand aber nur jolange, als die innere Bewegung des Waſſers eine be- 
Deutende ijt. Im entgegengejegten Falle finkt er zu Boden und wird hier 
ftromabwärt3 gejchleppt. In geradlinigen Slußjtreden bilden fich wan— 
dernde Sandbänfe (Untiefen), jo daß die Tiefe des Flußprofils be: 
jtändig ji) verändert, während die Ablagerungen an den fonveren Ufern 
verhältnismäßig ftabil find. Auch wenn die Gejchwindigfeit des Waſſers 
fich nicht verändert, entiteht eine Sandablagerung an den Stellen, wo das 
Bett fich verbreitert. Iſt das Gefälle beträchtlich, fo können fich die Sedi- 
mente nur dort am Boden anhäufen, wo ein Rüdftau eintritt — aljo 
hinter einem feſten Gegenſtande im Flußbette und an den toten Stellen 
in den Biegungswinfeln eines plößlich fich verengenden Bettes — oder 
infolge von Scharung, d. 5. beim Zujammentreffen zweier fonvergierender 
Strömungen. So fann eine Infel durch Ablagerungen nad) oben infolge 
von Rückſtau und nach unten infolge von Scharung vergrößert werden. 
Sandinjeln bilden fi nach den Erfahrungen der Hydrotechnifer in den 
meiften Fällen aus jtromabwärts gerichteten Landzungen, deren Berbindung 
mit dem Ufer durchrifjen wurde, oder bei der Durchbrechung einer Serpen- 
tine (©. 262). Dieſe aus loſem Material anfgehäuften Gebilde können 
natürlic) wieder vom Waſſer verfchlungen werden, wenn nicht der Pflanzen- 
wuchs, namentlich tiefer wurzelnde Bäume Halt gewähren. Die Pflanzen- 
dede hält auch das immer neu berbeigefchaffte Material feit, jo daß ſich 
die Injel endlich auch über den Hochwaſſerſtand erhebt. In tropifchen 
Flüſſen veranlaßt häufig auch Treibholz die Entjtehung von Inſeln, oder 
gar gejchlofienen Wehren, da wegen des größeren jpecifiichen Gewichtes 
des Wurzelendes die Bäume eine fchiefe Stellung im Waffer einnehmen 
und leicht im Grunde fich feſtſetzen können. 

In den beichriebenen Fällen wird das Flußbett erhöht, oder eine 
Inſel gebildet oder das Ufer vergrößert. Ähnlicher Art ift die Ablagerung 
im log. Snudationsbett wenig tief eingejchnittener Ströme, dag fie nur 
bei Hochwaſſer überſchwemmen. Seßt der Menſch — wie z.B. im unteren 
Poland — der Verbreitung des Hochwaſſers durch Dammbauten Schranten, 
jo wird alleg Material im Flußbett zurücdbehalten und erhöht dasſelbe 
jtetig, jo daB das Flußniveau oft mehrere Meter Hoch über der umgeben- 
den Niederung liegt. Natürlich müſſen auch die Dämme immer höher 
wachen, aber leider fünnen fie das Kulturland zu ihren Füßen nicht 
immer vor dem Einbruch des Waſſers ſchützen. 

Gebirgsbäche, die aus fteilen Seitenthälern kommen, lagern faſt ihr 
gejamtes Material beim Eintritte in das fanfter geneigte Hauptthal in 

















Die Rräfte, welche die Oberflähe des Seftlandes geftalten. 265 


dir Form eines Schuttfegels ab. Nebenflüffe, die ihre Sinkitoffe big _ 
wur Mündung mitführen, werden bier geftaut und gezwungen, dag Material 
im inneren Winkel der Mündungsftelle fallen zu laſſen. Je mehr die Ab- 
lagerung anwächſt, deito weiter wird die Mündungsitelle nad) abwärts 
serihoben. Die Nebenflüffe des Bo zeigen diefen Vorgang in bejonders 
prignanter Weile; ja die Landzunge zwilchen der Etſch und dem Po iſt jo 
raſch gewachſen, daß der tiroliiche Fluß aus dem Klientel feines einftigen 
Sauptitromes entlafjen wurde und nun parallel mit diefem in dag Meer fließt. 

Tie Sedimente, die am Lande feine Ruheſtätte finden, werden endlich 
m einem Zee oder im Meere abgelagert. Daß felbjt die langjam fließen- 
den Ströme der Tiefebenen noch imfjtande find Material forizufchaffen, 
ut feinen Grund darin, daß fie in der Regel bis zu ihrem Ende Zuflüffe 
enpfangen und daß zwei Flüſſe nach ihrer Vereinigung niemalg ein Bett 
son doppelter Breite einnehmen. Das Bett des Hauptfluffes behält ent- 
mder jeine frühere Breite bei oder verengt ſich jogar, wie 3. B. das des 
Miſſiſſippi von 1400 m in der Nähe der Ohiomündung big 750 m zwifchen 
Sırollton und der Deltagabelung. Tritt aber auch feine Verjchmälerung 
in, jo muß doch die größere Waſſermenge jetzt raſcher fich bewegen, als 
sor Aufnahme de3 Nebenflufjes, um jo mehr als jet nur die Reibung von 
wei, ftatt von vier Ufern zu überwinden ift. Mit der Gejchwindigfeit 
rırd aber auch die Transportkraft des Waſſers gefteigert. 

$ 208. Wenn aud) Vertiefung des Bettes und Ablagerung — wie rteilung des 

. . se. . . , n Flußlaufes. 

in der Serpentine — gleichzeitig in einem Querprofil ſtattfinden können, 
io ſind doch im großen und ganzen dieſe beiden entgegengeſetzten Thätig- 
teiten an verichiedene Streden des Flußlaufes gebunden. Da in einem 
aermal gebauten Fluß das Gefälle ftetig von der Quelle bi8 zur Mündung 
bnimmt, jo wird der Oberlauf durch Erofion, der Unterlauf durd) 
Ablagerung charakterifiert. Im Zwiſchenſtücke oder im Mittellaufe ift 
die Geſchwindigkeit im allgemeinen wenigjtens bei Hochwajler eben noch 
roß genug, um die Sinfftoffe fortzufchaffen, reicht aber nicht mehr Hin, 
ım das Bett zu vertiefen. Dagegen bewirkt Hier die feitliche Erofion durch 
Zerventinenbildung eine Verbreitung des Bettes. injchneiden, Verbreiten 
and Erhöhen folgen ſich alfo thalabwärts aufeinander, doch ift feine diefer 
Thatigkeiten ausſchließlich auf eine der drei Abteilungen des Flußlaufes 
beichräntt. 


Thalbildung durch Erofion. 


$ 209. Die erſten Anfänge der Thalbildung durch Eroſion können wein der 
ir nach jedem Regenguß im Gebirge beobachten. Das abfließende Wafjer kevſionzatbeit. 


266 Achtes Kapitel. 





bat ſich Rinnfale im Iodern Boden ausgegraben, die, wenn die Böſchung 
nicht allzufteil ift, nicht Direft von der Höhe ins Thal Hinunterziehen, 
fondern diagonal einander zulaufen, um fic) endlich zu einer einzigen Rinne 
zu vereinigen. Die Produkte feiner Zerftörung lagert es als Schuttfegel 
am Fuße des Gehänges ab und fließt in weit verzweigten Waſſerfäden 
über denjelben Hin. Der Schuttfegel bildet den Unterlauf, alles übrige 
den Oberlauf des Wildbaches, während der Mittellauf nur auf emen 
Punkt zufammengedrängt ift. Nach den nächften Regengüfjen finden wir 
das Bett im Oberlauf vertieft, den Schuttkegel erhöht, und gleichzeitig hat 
fi) dag Quellgebiet nad) rückwärts erweitert. Die Erofion bewirkt .aljo 
nicht nur eine Vertiefung des einmal entitandenen Bettes, jondern aud) 
eine Verlängerung desjelben nach rüdwärts. Es muß diejes Geſetz, 
von deſſen Nichtigkeit fich jeder durch unmittelbare Beobachtung überzeugen 
kann, bejonder3 betont werden, weil e8 in neuefter Zeit angeziweifelt wurde. 
Das Rüdichreiten der Erofion ift überhaupt das wichtigſte 
Moment in der Bildungsgefchichte der Thäler. Das fließende Waſſer iſt 
beftrebt der Thaljohle ein folches Gefälle zu geben, daß an jedem Punfte 
die Transportfraft des Waſſers der Geſchiebelaſt das Gleichgewicht hält. 
Dann würde weder eine Vertiefung noch eine Erhöhung des Bettes mehr 
ftattfinden.. Aber dieſes Ziel wird niemals dauernd erreicht, weil Die 
Waſſermaſſe eine veränderliche Größe iſt. Und zwar einerfeits veränderlic) 
von Tag zu Tag, anderjeit3 mit der Erweiterung des Duellgebietes zu- 
nehmend. Daher hört Einfchneiden und Ablagern niemals ganz auf, aber 
die drei Hauptteile des Thales verlängern oder verfürzen fich und ver- 
ichieben fich dabei nach aufwärts. In einem Teile des Oberlaufes wird 
die Sohle endlich fo tief gelegt, daß die Erofionäfraft erlifcht und nur 
mehr die Fortführung der Sedimente möglich ift. Auf diefe Weile ver: 
längert fi) der Mittellauf nad) oben und nimmt von einem Teile des 
bisherigen Oberlaufes Befig, während er nach unten, wo das Waſſer die 
Gefchiebelaft nicht mehr fortzufchaffen vermag, ein Stüd an das Gebiet 
des Unterlaufes abtreten muß. 
Meberne Ebel $ 210. Das Entjtehen von Thälern durch Erofion wurde in hiſto— 
riſcher Beit mehrfady beobachtet. Im Vispthal wurde am rechtjeitigen 
Gehänge zwifchen Visp und Salden 1855 eine eifenhaltige Quelle eröffnet, 
die fich zwei Jahre darauf bereit? eine Schlucht ausgegraben hatte. 1865 
war dieſe nach Lyell's Bericht fchon beträchtlich erweitert und hatte fich 
gleichzeitig nach rückwärts big in einen Weingarten verlängert, den fie nun 
entzweifchnitt. Ihre Breite betrug hier 37m und ihre Tiefe ca. 41/,m. 
Derfelbe Geologe erzählt auch von einer Thalbildung bei Milledgeville im 
Staate Georgia, wozu allerdings Klüfte von ca. Im Tiefe im abgeholzten 











Die Arafte, welde die Oberfläde des Feſtlandes gefalten. 267 





Donboden Veranlaffung gaben. Innerhalb eines Zeitraumes von 20 Jahren 
waren fie zu einer Schlucht von 17m Tiefe, 274m Länge und 655m 
Preite auögearbeitet tworben. Häufig wurden auch Auswafchungen in loſen 
dultanijchen Maſſen beobachtet; auf diefe Weife entftand 1824 am Veſuv 
en Thal von 7'/,m Tiefe in drei Tagen. In Südrußland find viele 
‚pille befannt, wo Karrengeleife zu Schluchten von 30—50m Tiefe und 
mehreren Kilometer Länge erweitert wurden. Das find Thalbildungen in 
Ioderem Boden; jeltener find natürlich Hiftorifche Nachrichten von ſolchen 
Ericheinungen im feiten Geftein. Ca. 5km oberhalb Aderno am Weft- 
chhang des Atna verfperrte ein Lavaftrom 1603 dem Simeto den Weg. 
Bis zu Lyell's Vefuch im Jahre 1828 Hatte der Fluß im verfeftigten 
Geitein ein neues Thal von 15 bis ca. 100m Breite und 12—15m Tiefe 
ensgehöhlt. Nach Hoff Hat auch das Flüßchen Caltabianco in einem 
346 v. Chr. ergofienen Lavaftrom ein 4-3m tiefes Thal fich eingegraben, 
und ähnliche Fälle werden von den vorgefchichtlichen Lavaergüffen in 
Fentralfrankreich erzählt. 

$ 211. Die Anfänge der meiften Thäler liegen aber weit jenfeit 
der renyen Hiftorifcher Erinnerung, und nur im Laufe — Beit- (Mammen, 
niume konnten fo tiefe a 
Einihnitte in Gebirgen 
und Plateaus, wie wir J 
fie jetzt beobachten, ent= I 
ftehen. Aber vielfach tre- 
tm und noch fichtbare 
Zpuren der Erofion ent- 
gen, und fönnen wir das 
fließende Waſſer bei feiner J 
Zerſtörungsarbeit belau⸗ 
iden. Bon den zahlrei⸗ 
den Rinnen mit ſpiegel⸗ 
alatt polierten Wänden und 
von verſchiedener Tiefe, Die 
andeinbare Waſſerfäden 
im der harten Nagelfluh 
de Rigi bei Vihnau aus⸗ 
gemeißelt, und die Rüti- 
mener fo anjchaulich be⸗ 
’chrieben Hat, bis zu ben tiefen Klammen unferer Alpen, Montenegros, 
des Thüringer Waldes bis Eifenad) u. |. w., gibt es alle möglichen Über- 
gaͤnge. Eine der Iehrreichften Bildungen diefer Art ift die Liechtenftein- 

























Big. 88. Liegtenfteintlamm. 





2:0 Acıtes Rapitel. 


oberen und jchmalen unteren Teil, wie auch manche Nlammen der Alven. 
Die ſteilen, oft ſenkrechten Wände zeigen Glättung und Nifchenbildung, die 
Sohle ift oft jo ſchmal, daß ſie vom Fluſſe ganz überſchwemmt wird, und 
wie bei den Klammen hat die Thallinie eine Serpentinenform mit aus: un) 
einfpringenden Winfeln 
(Fig. 91). Wir jeben 
alfo, daß die Eroſion 
aleihe Gebilde jchaftt, 
ob fie in aufgerichte: 
ten oder in horizontalen 
Schichten arbeitet. Tie 
Ganons find aber nicht 
bloß dem Colorado 
eigentümlich. Auch der 
obere Miffonri, Der Rio 
grande del Norte, der 
NedRiverumdArkanias 
fliehen teilweiſe durch 
ſolche gigantiſche Klam 
men, und endlich finden 
wir auch ſolche von 
1500— 1800 m Tieie 
im Scottgebirge nörd 
li) von der Zivrra 
Nevada. In anderen 
Plateauthälern zeigen 
noch Ablagerungen in 
verschiedenen Höhen die 
allmähliche Tiefer 

legung der Sohle an. 
So findet man z. B. im Elbethale oberhalb Dresden Schotterbänfe 100m 
über den Flußſp ‚md im Nilthal kommt die Cyrena Anvialis, die neh 
jet den Strom bewohnt, 37m über der Fluthöhe vor. 

Tie Mehrzahl der Thäler kann aber direkte Zeichen ihres 
wicht mehr aufweiſen. Verwitterungserde bededt die 
mehr oder minder ſanft anſteigenden Gehänge, und Flußſedimente, Schutt: 
halden, Ablagerungen von Bergſtürzen u. ſ. w. verhülten die felfige Unter: 
lage der Thalſohle, die der Fluß höchſtens bei außerordentlichem Hoch— 
waſſer noch der ganzen Breite nach überſchwemmt. Glücklicherweiſe hat 
ums aber die Erofionsarbeit ungezäblter Jahrtaniende in den Terraiien 





Fig. 91. Marbte Caion. 








Die Bräfte, welche die Oberfläche des Feſtlandes gefalten. 269 


opramiden, Die aus dem Gebirgsſchutt ausgewaſchen werden (Fig. 90a). 
Zie an der Oberfläche oder im Schutt befindlichen Steinblöde dienten dabei als 
Schutz gegen die fortichreitende Erofion, wie Fig. 90b erläutert. Solche 
Rildungen findet man 
bei Bozen, im Visp⸗ und 
Pergunthal im Kanton 
Wallis, in den Pyrenäen 
set Luchon, am Ufer von 
Kournemouth und im 
sroßartigften Maßſtab Zig. 90b. Durchſchnitt zur Erklärung der Bildung der Erd- 
m Himalaya. Im der Phramiden nad Lyell. ade die Wände und die Sohle des 
Umgebung von Mel- im Porphyr urſprünglich ausgewaſchenen Thales. de bie 
. . Ausfülung des Thales durch den Moränenſchutt eines alten 
bourne wird der lehmige Gleuchers gfA jegiger Thaleinſchnin mit Erbpyramiden 
Zanditein in ähnlicher zu beiden Geiten. 
Weiſe ausgewajchen, 
jo daß nur noch vertifale Säulen unter vorjpringenden Teilen der Kalfdede 
stehen bleiben. Verſchieden von den Erdpfeilern, aber auch ein Erofions- 
produft find die Schwedischen Aſar, lange, ſchichtweiſe aufgebaute Rüden 
von Grus und Geröllen, welche (nach Helmerjen) das fließende Waſſer 
aus einjt weiter ausgedehnten Ausfüllungen herausfchnitt. 
$ 212. Wir haben den Erofionsipuren im Gebirge bejondere Auf- 
merfjamfeit geſchenkt, weil die Meinung, die Gebirgsthäler feien nur vom 
Waſſer bearbeitete Spalten, noch immer verbreitet ift. Dagegen ift man 
io ziemlich allgemein der Anficht, daß in Gebieten mit horizontalem, un- 
settörtem Echichtenbau die Thäler ausschließlich ein Werk des fließenden 
Waſſers find. Daubree denkt zwar auch hier an Klüfte, die wenigftens 
tem Wafjer bejtimmte Bahnen angewiejen haben, und faßt die Flußläufe 
als ein Neb Sich Freuzender Spalten auf, ohne einen zwingenden Beweis 
safür liefern zu können. Geometrifche Köpfe mögen es allerdings Lieben, 
uberall geraden Linien nachzufpüren, aber angeficht® der großartigen, un⸗ 
weifelhaften Erofiongerfcheinungen in den Blateauländern des weitlichen 
Nordamerika find kümmerliche Ausfunftsmittel, wie Klüfte, die niemals 
tief dringen fönnen, wohl überflüſſig. Der große Canon des weftlichen 
Colorado ift in leicht nach Süden geneigten feiten Gefteinsschichten ein- 
söchnitten. Nah Durton’3 Unterfuchungen begann die Erojion am 
Unde der Kreide- oder am Anfang der Tertiärzeit. Die tertiären, Kreide-, 
Jura» und Triasfchichten wurden denudiert, uud am Ende der Miocän- 
veriode begann der Colorado fein Bett in Carbon einzujchneiden und ift 
bereitö bis zur granitiichen Unterlage fortgejchritten. Das 1800 m tiefe 
Dal ift im Querſchnitt trichterförmig, d. h. es befteht aus einem breiten 





Thalbildungen 
im nicht bis. 
lozierten Ge⸗ 

ſtein. 


Terrafienbil 
dung. Ausfül- 
Tungeterraffen. 


270 „ Adıtes Kapitel. 





oberen und fchmalen unteren Teil, wie auch manche Klammen der Alpen. 
Die fteilen, oft fenkrechten Wände zeigen Glättung und Nifchenbildung, die 
Sohle ift oft fo ſchmal, daß fie vom Fluſſe ganz überſchwemmt wird, und 
wie bei den Klammen hat die Thallinie eine Serpentinenform mit aus⸗ und 
einfpringenden Winkeln 
(Fig. 91). Wir fehen 
alfo, daf die Erofion 
gleiche Gebilde fchafft, 
ob fie in aufgerichte- 
ten oder in horizontalen 
Schichten arbeitet. Die 
Cañons find aber nicht 
bloß dem Colorado 
eigentümlich. Auch der 
obere Miffouri, der Rio 
- grande del Norte, der 
Red River und Arkanſas 
fließen teilweiſe durch 
7 Solche gigantische Klam- 
men, und endlich finden 
wir auch ſolche (von 
1500— 1800 m Tiefe) 
im Scottgebirge nörd- 
li von der Gierra 
Nevada. In anderen 
Plateauthälern zeigen 
noch Ablagerungen in 
verfchiebenen Höhen bie 
Fig. 9. Marble Caton. altmähliche _Tiefer- 
legung der Sohle an. 
So findet man z. B. im Efbethale oberhalb Dresden Schotterbänfe 100m 
über dem Flußfpiegel, und im Nilthal tommt die Cyrena fluvialis, die noch 
jegt den Strom bewohnt, 37 m über der Fluthöhe vor. 
$ 213. Die Mehrzahl der Thäler kann aber direkte Zeichen ihres 
Erofionsurfprungs nicht mehr aufweiſen. Verwitterungserde bededt bie 
mehr oder minder fanft anfteigenden Gehänge, und Flußjedimente, Schutt: 
hafden, Ablagerungen von Bergftürzen u. |. w. verhüllen die felfige Unter- 
lage der Thalſohle, die der Fluß höchſtens bei außerordentlichem Hod- 
waffer noch ber ganzen Breite nad) überſchwemmt. Glücklicherweiſe hat 
ung aber die Erofionsarbeit ungezäglter Jahrtaufende in den Terraſſen 





Die Kräfte, melde die Oberfläche des Feſtlandes geftalten. 273 


Dann folgen raſch Thalftüce mit wechjelndem Charafter, und endlich das 
ausgedehnde Auflagerungsgebiet von Amſteg bis zur Mündung der Neuß 
in den Umer Eee. In anderen Alpenthälern iſt der Stufenbau nod) 
ausgeprägter, jo 3. B. im Gajteiner Thal, wo drei Stufen! mit fanftem 





Fig 95. Querprofile des Reußthales nah Heim. a nahe bei Altdorf, 5 nahe Gö— 
ibenen, ce im Urferentbal. (Die römifchen Zahlen bedeuten Thalftufen, wie in Fig. 94, 
und die arabifchen die ihnen entfprechenden Terrafien.) 


Gefälle und bedenartiger Erweiterung mit einander und mit der Mündungs- 
mje durch jteile Klammen oder durch Gefällsbrüche und Waſſerfälle ver- 


Bier Nuchen 
f spe 
N 
. Steinthalstein 
2622* 
N N 
\ NS 
Binderbihl X 
XX N 
HYaderaner Nano 
\ \ 





— — — EN Thal K J N 
—— u —— > Y 
Fr vr rjurz 7 N SSL 
9. 6. Geologiſches Duerprofil dur das obere Maderaner That (Nebenthal des 
Reußthales) mit der Felsterraſſe des Rinderbühl nach Heim. 


bunden find. Dagegen zeigt und das Reußthal an mehreren Stellen, wie 
oberhalb Amfteg oder in der Schellenenfchlucht (f. Profil 5 in Fig. 95), 
die Entftehung der Terrafien aus Thalftufen. Inden das Waſſer, durd) 
gend einen Umftand zu erneuter Thätigfeit gezwungen, eine tiefe Schlucht 
na dem alten Thalboden ausarbeitet, bleiben Nefte des lehteren als Ter— 
raſſen an einem oder an beiden Gehängen zurüd. Erlahmt die Erofions- 


— — nn 


1 1. Stufe, Mündung bei Lend. 637m hoch 
2, = Velen von Gaften. 80 - [708m 
83. = ⸗ = Bödftein 1080 - 240 ⸗ 
4.- Noll . ... 1640⸗-13260- 


Sa pan, Boyfiide Erdkunde. 18 


274 Achtes Kapitel. 


fraft, jo Hört die Tieferlegung der neuen Thaljohle auf, und es begimt 
die Verbreiterung derjelben, wodurd natürlich die Terrafjen immer mehr 
bejchränft werden. Außerdem arbeiten auch Verwitterung, Seitenbäche, 
Muren, Bergftürze, Lawinen u. |. w. an ihrer Zerftörung; und wir dürfen 
ung daher nicht wundern, wenn wir diefe Refte alter Thalböden nur nod) 
ftellenweife an den Gehängen finden. Ebenſo ift es erflärlich, daß die 
oberen und daher älteren Zerrajien weniger gut erhalten find, als die 
unteren und jüngeren. 

Vereinigen wir die Zerraffen und die etwa noch vorhandenen Thal- 
ftufen, die annähernd im gleichen Niveau liegen, mit einander, fo erhalten 
wir verjchiedene Thalböden, die unter janften Winkeln thalabwärts fich 
neigen (die punftirten Linien in ig. 94). Bier ſolche, in 2200—1900, 
1600— 1400, 1200—900 und 900 bis 600m Höhe, unterjcheidet man im 
Reußthale; der unterfte, von Amſteg bis Flüelen (in 536437 m Höhe) 
hat natürlich noch feine Terraſſen gebildet. Es würde das aber jofort 
gefchehen, wenn die Mündungzftelle in ein tiefere Niveau verlegt würde. 
Wir können diefen Prozeß in den Seitenthälern des unteren Reußthales 
verfolgen. Die Eleineren und daher waſſerärmeren Nebenbäche fonnten in 
ihrer Erofionsarbeit mit dem Hauptfluffe nicht gleichen Schritt halten; ihre 
Miündungsitellen liegen daher in beträchtlicher Höhe über der Sohle des 
Hauptthales, und zwar in um jo größerer, je näher fie dem Ausgang des 
feteren liegen. In Kaskaden und Waflerfällen ftürzen fie in dag Reuß- 
thal hinab. Aber indem die Erofion immer weiter nach rüdwärts ein- 
jchneidet, nähert fi) das Niveau der Sohle im unteren Teile des Neben- 
thales immer mehr dem der Mündungsſtelle im Hauptthatl. 

Auf den Thalftufen herrſcht jest Ruhe, in den Abſätzen derfelben aber 
ununterbrochene Bewegung. Das Niveau V jchreitet gegen IV, IV gegen IH, 
III gegen DI fort. Das Endproduft wäre eine Kurve mit einem Ober-⸗, 
einem Mittel- und einem Unterlauf. Geftört würde diefer Prozeß nur, 
wenn die Mündungzftelle jchneller, ala ihr die Erofion zu folgen vermöchte, 
durch Bodenbewegungen tiefer gelegt oder das Thal gehoben oder Die 
Waſſermenge des Fluſſes durch eine Klimaänderung vermehrt würde. Der: 
artige Ereigniſſe müſſen einft jtattgefunden haben; höchſt wahricheinlich waren 
es abjolute oder relative Niveauveränderungen der Mündung, die (Fig. 94) 
von 1 nad) 2 und fo fort bis zur heutigen Stelle herabrüdte. Die Stufen- 
und Zerrafjenoberflächen entiprechen Ruhepaufen, die Abſätze Bewegungs⸗ 
perioden. Die Nebenthäler nehmen jelbftverftändlich Anteil an den Ber- 
änderungen des Hauptthales, daher ihre’ Terraffen und Stufen denen des 
legteren entjprechen, während verjchiedene Flußgebiete in der Höhenlage 
und Zahl ihrer Stufen und Terrafjen von einander abweichen. Hier haben 








Die Träfte, welche die Oberfläche des Feſtlandes geftalten. 275 


wir aljo einen jicheren Beweis für die allmähliche Aushöhlung des Thales. 
Unterfuchungen über die Verbreitung der Telsterraffenbildung werden eine 
der Hauptaufgaben der nächſten Zeit fein, da fie für die Thalbildungs- 
theorie die wichtigften Auffchlüffe verfprechen; Teider jcheinen manche Thäler, 
wie ®. die von Bosnien und Griechenland, auch diejes Beweismittels 
ganzlih zu entbehren. 

$ 215. Im Gegenfat zu den Vermwitterungsterraffen nimmt die Bil- 
dung der Eroſionsterraſſen auf die Härte des Geſteins feine Rüdjicht. 
Nur dort, wo die Erojion langjamer arbeitet, finden die härteren Geſteins⸗ 
vortien Zeit, ihre Widerftandskraft zur Geltung zu bringen. In Diejem 
Falle entiprechen die fteilen Thalengen den härteren und die Thalftufen den 
weicheren Schichten. Dieſe teftonifchen Stufen, wie Löwl fie nennt, 
imd zwar auch Zeugen der Eroſion, aber fie vermögen Terrafjen durch 
dad ganze Thal hindurch nur dann hervorzubringen, wenn der Riegel an 
dr Mündung fich befindet. Wejentlich verfchieden von den Stufen, die 
a der urfprünglichen Thalunterlage ausgearbeitet wurden, find die jehr 
häufig vorfommenden Abdämmungsitufen. Bergftürze, alte Endmoränen, 
oder raſch wachſende Schuttfegel von Nebenbächen ftauen den Hauptfluß 
zu emem See auf: ein Ereignis, von dem ung die Gefchichte der Hoch- 
gebirgsländer wiederholt erzählt. Iſt der Damm folid genug, um dem 
Rafjerdrud dauernd Wibderftand zu leiften, jo wird der See allmählich 
ausgefüllt und bildet dann eine Thalebene, die durch eine fteile, in den 
Tamm eingeriffene Schlucht mit der nächſten Stufe in Verbindung fteht. 
m Vintſchgau wiederholte ſich diefer Prozeß nachweisbar viermal und 
erzeugte dadurch einen jcharf ausgeprägten Stufenbau.! Werden dieſe 
Zhalebenen jpäter durchichnitten, jo entftehen Terraffen, Die mit den Aus⸗ 
rüllungsterraffen in allen wejentlichen Buntten übereinftimmen. 


Tie Stufen und die fie trennenden Schuttlegel des Mittlere Be 8 
| Seehöhe tiefften 


Vintſchgaus (oberen Etſchthales). 


— — — — — 


. Stufe, Seen 
Malfer Heide 

. Etufe, Glurnſer Ebene 
Schlanberfer Kegel 


. Etufe, Ebene zwiſchen Göflan und Latſch. .. 
Tarſcher Kegel 

. Stufe, Ebene zwiſchen Darein und Staben 
Zabfander Kegel | 

5. Stufe, Ebene zwiſchen Natums und NRabland . 
Töl-Kegel 





Tektoniſche 
und Abbäm« 
mungaftufen. 


Waſſerfaͤlle. 


276 Achtes Kapitel. 


$ 216. Eines der landſchaftlich bedeutſamſten Phänomene unfertiger 
Thäler, nämlich der Waſſerfälle, wurde bereit3 vorübergehend gedadıt. 
Man kann Mündungs- und Thalfälle unterjcheiden; der untere Gafteiner 
Tall gehört beiſpielsweiſe zur erjten, der obere zur zweiten Kategorie. Jeder 
Mündungsfall fchreitet zurüd, wird in ein hintere® Thalftüc verlegt und 
dadurch zu einem Thalfall. An dem unteren Gafteiner Fall fann man die 
Anfänge diefes Prozeſſes gut beobachten. Nicht alle Thalfälle aber waren 
einst Mündungsfälle, fondern fie können auch mit der Bildung teftonifcher 
oder Ausfüllungsftufen zufammenhängen. 

Der Waſſerfall ift der Ausdrud des denkbar größten Gefälles. Stets 
ilt aber fließendes Waſſer beftrebt, das Gefälle zu mäßigen, die Gleich- 
gewichtslinie Der Thalſohle herzuftellen. Start geneigte Schichten ſetzen 
ihm in der Regel fein Hinderniß entgegen. Indem es einerfeitd in den 
Boden einfchneidet, anderfeit3 den Rand abichleift und abbrödelt, wird der 
Neigungswinktel der Sohle immer kleiner. Das Waſſer, das früher in 
einem einzigen Strahl über die jenfrechte Felswand fich herabftürzte, Löft 
fi in eine ftufenförmige Reihe von Fällen — Kaskaden — auf, und 
da bei jedem einzelnen Fall diejelbe Arbeit fich wiederholt, jo entjtehen 
aus Kaskaden Katarakte. Haben fich endlich die Böſchungen foweit ge: 
mildert, daß das Waſſer nicht mehr fällt, wohl aber noch pfeiljchnell dahin- 
ſchießt, jo ift der einftige Wafjerfall beim letzten Aft feiner Entwidelungs- 
geichichte angelangt: beim Stadium der Stromfchnellen. Lebtere können 
übrigens auch jelbitändig durch Felsjtürze, deren gewaltige Trümmer im 
Flußbett fich verbreiten, entjtehen. 

In horizontalen oder ſchwach geneigten Schichten findet der gefchilberte 
Umwandlungsprogeß nur dann ftatt, wenn das Material gleihmäßig ift 
oder die Härte der Gefteine von oben nad) 
unten zunimmt. Der Öenejeefall beiRochefter 
in Nordamerika (Fig. 97) ift bereit in das 
Stadium der Kasladen eingetreten. Da: 

= gegen befteht die 49m hohe Felswand, 

über die der Niagara fich ftürzt, in den 

Fig. 97. Profil des Geneſee-Falles nad) oberen Partien aus hartem Kalfftein und 
Dont k Be “ —— in den unteren aus weichen Schiefern 
9. B.—grauck Band, «= Sandſtein. (Fig. 98). Diefe werben durch die wirbeln- 
den Wafjermafjen am Fuße des Falles ausgewafchen, der Kalkſtein bricht 
ſtückweiſe herunter, und der Waſſerfall jchreitet langſam thalaufwärts fort. 
Bis jest hat er einen Weg von 12km zurückgelegt, und verwandelt ſich da: 
durch aus einem Mündungsfall (bei Queenstown) in einen Thalfall. Ana: 
loge Erfcheinungen zum Niagarafall weiſt das efthländifche Kallplateau 








Die Kräfte, welche die Oberfläche des Feſtlandes geftalten. 277 


auf; die Fälle der Narowa, des Jagowal u. a. find jeit einem Menſchen⸗ 
alter ſchon beträchtlich thalauftwärts gerüdt. 

Einige Waſſerfälle zeichnen ſich durch ihre Höhe (als höchſter gilt 
der Joſemitefall in der californiichen Sierra Nevada, 680m Hoch), andere, 
wie der Aheinfall bei Schaffhaufen, der Niagarafall, der Victoriafall des 
Zambefi u. a., durch ihre Waſſermaſſe aus. Häufig greift die Erofion 
nicht gleichmäßig die Gefteinsunterlage an; e3 bleiben dann Felsreſte im 
Bette zurüd, und der Fall teilt ich in Arme (3. B. der NRheinfall). Un- 
‚ühlig ſind ſolche TFelsklippen in den Katarakten des Nil oder in den Strom- 
ihnellen des Drinoco bei Maypures. 


Lerd. Süd, 
Ontario Ser Dueenstoton Riagara-Fall Erie-Gee 





dig. 98. Der — und d feine Fälle, 
s Reihe Oneida⸗ und Medina-Canditeine und Clinton-Gruppe. 2 Weiche Niagara 
Schiefer. % Harter Niagara-Kalfftein. 


$ 217. Die Frage nad) dem Urfprung der Thäler ift mit jener nach @intelung ber 

der Ausbildung derjelben häufig verwechjelt worden. Es werden heutzutage 

wohl nur wenige leugnen, daß die Eroſion in der Entwidelungsgeichichte 

aller oder wenigften® der meiften Thäler eine hervorragende Rolle jpielt; 

dag bemeift jchon das gleichmäßige Vorkommen von TFelsterrajjen und 
Zhalftufen in Thälern, die ſonſt ihrem Charakter nad) völlig verfchieden 

md. Im diefem Sinne kann man die Thäler fchlechtiweg als Erofiong- 

produfte bezeichnen. Anderſeits ift es aber ebenſo feftgeftellt, daß die 
miprüngliche Anlage zahlreicher Thäler im Bodenbau begründet war, indem 

dieier den erodierenden Kräften eine bejtimmte Richtung anwies. Neben 

dieien teftonifchen Thälern giebt es aber viele andere, bei denen ſich 

fein Zufammenhang mit geologiichen Verhältniffen nachweiſen läßt, wohl 

aber mit hypfometrifchen, injofern fie der Hauptabdachung eines Gebirges 

oder einer fchiefen Ebene folgen. Wir, nennen fie Abdachungs⸗- oder 
orographifche Thäler. Es bleibt jedem unbenommen fich vorzuftellen, 

saß gelegentliche Riſſe und Klüfte die erften atmofphärifchen Nieder- 

'hläge zu Waſſerfäden gefammelt haben, aber es muß betont werden, daß 

bei dem gänzlichen Mangel an oberflächlichen Klüften das fließende Waſſer 

die gleiche Richtung nehmen und in derfelben Thäler aushöhlen mußte. 

$ 218. Neben dem fließenden Waller fchreiben viele Forſcher auch Steticer- 

den Stetfgern thalbildende Kraft zu. Die Beobacdjtung in verlafjenen le Gin. 
Wletichergebieten Iehrt uns, daß die Eisftröme die Tendenz haben, Die 


278 Achtes Kapitel. 


Unebenheiten zu befeitigen und die Eden abzurunden, und daß fie daher 
ihre Unterlage wie ihre Seitenwände glätten. Es leugnet auch niemand, 
daß fie auf die Form der Gehänge einen beitimmenden Einfluß ausüben; 
oberhalb der diluvialen Gletjchergrenze find die Formen edig, unterhalb 
derjelben gerundet. Es muß aber auch jeder zugeftehen, daß Polierung 
der Felſen mit Fortführung von Material, aljo mit Erofion verbunden 
if. Die Erofionsprodufte in Verbindung mit dem von den Oberflächen- 
moränen ftammenden Schutt liefern die enormen Schlammmajjen, Die der 
milchigtrübe Gletſcherbach abwärts jchafft, und Penck hat daraus berechnet, 
daß das Gebiet des Unteraargleticher in ca. 1’/, Jahren nur Imm er- 
niedrigt wird. Kann aljo die erodierende Kraft der Gletſcher! nicht ge- 
leugnet werden, fo muß man ſich doch ſtets vor Augen halten, daß Gletſcher 
anders arbeiten als fließendes Wafler. Jene bewegen fich ungleich Tang- 
ſamer, aber fie entfalten über einem Punkte eine größere Mafje, wenn 
auch an eine Zerquetichung und Zertrümmerung der Gefteinsunterlage felbit 
durch den mächtigſten Eisftrom nicht gedacht werden darf. Der Fluß wirft 
ferner nur entlang einer Linie vertiefend, der Gletſcher aber auf Flächen. 
Die U-Form der Cañons in Nordamerika fchreiben daher manche der 
Sleticher-, die V-Form der YFlußerofion zu. Beide Medien ftimmen aber 
darin überein, daß fie, je nach dem Gefälle, bald erodieren, bald ablagern. 
Das VBorhandenfein Lofer Mafjen in verlaffenen Gletſcherbetten beweift aljo 
nicht3 gegen die Erofion. 

Die diluvialen Gletſcher mögen alfo allerdings an der Umgeftaltung 
und Vertiefung der Thäler gearbeitet haben, aber ebenjo ijt es fichergeftellt, 
daß fie in unferen Klimaten nur eine fetundäre Rolle ſpielten. Die jegigen 
Thallinien find nachweisbar vorglacialen Alters, und ebenjo fommen Thäler 
auch in jenen Gegenden vor, die nie eine Eizzeit hatten. Ob in den polaren 
Gebieten die Thäler nicht vorwiegend ein Gletſcherprodukt find, muß die Zukunft 
lehren; dieſe Frage hängt jehr enge zuſammen mit jener nad) der Entftehung 
der polaren Grundmoränen, von der auf ©. 127 und 244 die Rede war. 

Wo Gletſcher oder fließendes Waſſer ift, findet Erofion ftatt und 
werden Thäler gebildet. Wenn wir folche in regenlofen Gegenden finden, 
wie 3. B. in der Sahara, jo fünnen wir dies nur durch die Annahme 
einer Klimaänderung erklären. Weichen die beiden Abhänge eines Ketten: 
gebirges in Bezug auf die Niederichläge beträchtlich von einander ab, jo 
iſt nad) Krümmel's Unterfuchungen die Thalbildung auf der Negenjeite 
entiwidelter und greift tiefer in dag Gebirge ein, als auf der entgegen- 





ı In der Beitjchrift des deutjchen und öſterreichiſchen Alpenvereins, 1879, ©. 60, 
wird berichtet, daß der Dafdoraki⸗Gletſcher am Kasbek 1876 fein Bett tiefer gelegt habe. 
Über die Zuverläffigfeit diefer Beobachtung ift uns nichts Näheres befannt. 


Die Kräfte, welde die Oberfläche des Seftlandes gefalten. - 279 


geiegten. Beſonders ſcharf ift dieſer Gegenfag im Elbrusgebirge ausgeprägt, 
defien Norbabhang von tiefen Thälern durchfurcht wird, während der 
Züdabhang nad; St. John ein einziger fchroffer Abhang ohne eigentlichen 
Fluß if. Aber auch in unferen Gegenden läßt fich der klimatiſche Ein- 
Au auf den Erofionsprozeß nachweiſen. So berichtet 3.8. de Lamb— 
lardie, daß alle Thäler ber Hohen Normandie, die mehr oder minder 
jentrecht vom Regenwind getroffen werben, fteiler und tiefer eingejchnitten 
find, als Die anderen. 





Deltabildungen. 
$ 219. Wie fi in der Thalbildung die zerftörende Kraft des fließen- 
den Waſſers geographiſch am wirfjamften äußert, fo in der Deltabildung 
ine aufbauende Kraft. Wenn ein Fluß in ein ruhendes Waſſer mündet, 
io tritt nicht fogleich eine Vermiſchung ein, ſondern er behält vermöge feiner 
Stoßfraft noch einige Zeit den Charakter einer felbftändigen Maſſe bei. 











Fig. 99. Nildelta nah R. Credner. 


In Meer und in Salzſeen kommt noch der Umftand hinzu, daß das ſüße 
Flußwaſſer wie DI auf dem ſchwereren Safzwafjer ſchwimmt. Allmählich 
dermengen ſich beide Flüſſigkeiten zu ſog. Brackwaſſer, bis endlich unter 
iondauerndem Einfluß der Waſſerbewegung das Flußwaſſer völlig abſorbiert 
wird. Vor der Kongomündung iſt das Oberflächenwaſſer noch bis zu 
ciner Entfernung von 23km füß, und die Zone des brackiſchen Waſſers 
reiht noch 37—47 km weiter. 


Mandungẽ · 
formen der 
gäfe. 


280 Adıtes Kapitel. 


Mit der Geſchwindigkeit des Fluſſes erliſcht auch deſſen Tragkraft, 
und die Sedimente lagern ſich am Boden des Meeres oder Binnenſees ab, 
und bilden entweder Sandbänke, Untiefen und Barren, oder wachſen unter 











Fig. 100, Müſſiſſippidelta nach R. Credner. 


züuſtigen Verhältniſſen über den Seeſpiegel empor. Es giebt alſo nah 
den eingehenden Unterſuchungen von R.Creduer nur zwei Mündun 









—R 
— —— 





Fig. 101. Peuchoradelia nach N. Gredner. Fig. 102. Ebrodelta nach R. Credner. 


formen: offene Mündungen mit unterſeeiſchen Ablagerungen und Delta— 
mündungen, wobei ſich Das Yand auf Noften Des Meeres oder eines Sees 


vergrößert. Man kann Daher ozeaniſche md Binnendeltas umtericheiden. 


Die Aräfte, welche die Oberfläche des Feſtlandes gefalten. 281 


Die Bezeichnung Delta wurde urſprünglich nur auf den Unterlauf 
des Nils angewendet (Fig. 99). Das Hauptgewicht legte man, dem Namen 
entiprechend, auf die Gabelung des Fluſſes in zwei oder mehrere Arme, und 
in diejem Sinne ſprach man aud) von einem Delta des Cooper Ereef oder 
des Amazonas, obwohl in feinem diejer Fälle eine Schöpfung von Neu- 
and durch Fußabſätze, die von recenten Bildungen ftehender Gewäſſer 
unterfagert werden, ftattfindet. Gerade das betrachtet aber der moderne 
Teltabegriff als das weſentliche. Die Gabelung ift Dagegen ein neben- 
‘ihliher Borgang, die keineswegs immer mit dem Beginn des Deltalandes 
wanmenfällt, ja bei einigen echten deltabildenden Strömen, wie 3. B. beim 
ẽbro (Fig. 102), ganz fehlt. 

$ 220. Das Baumaterial liefern Hauptjächlich die Flußſedimente, 
bet größeren Flüſſen feiner Sand und Schlamm, bei kurzen Küſtenflüſſen 
betonders an Steilufern) auch Gerölle. Das gröbjte Material fällt ſchon 
zunächſt der Mündung, dag feinere aber erjt in größerer Entfernung zu 
Boden. Da aber das Hochwaſſer vermüge feiner größeren Transport⸗ 
rchigfeit Die fchiwereren Sedimente weiter hinausführt, al3 das Mittelwaſſer, 
nd diefes wieder weiter ald dag Niedrigmwafler, jo entjteht zugleich auch 
ene Rechjellagerung von gröberem und feinerem Material. Die Lagerung 
it im Meer gewöhnlich eine flach geneigte bis nahezu Horizontale; nur 
ın Binnenjeen kann die Bölchung des Schuttkegels, an deſſen Zufammen- 
gung ſich auch Gerölle in größerer Menge beteiligt, 35° erreichen. Neben 
den Flußſedimenten liefern auch Treibholz, das fpäter in Torf oder Lignit 
umgewandelt wird, und in jehr untergeordneter Weife animalifche Beſtand⸗ 
ıle Bauftoffe zur Deltabildung. Die von Sand- und Schlammmaſſen 
bedeckten organischen Subftanzen entwideln bei ihrer Zerjegung Gaſe, die 
in manchen Deltas (bejonders in dem des Miſſiſſippi) genug Spannfraft 
teiigen, um bie Dede zu fprengen und Kleine Schlamm- und Gasvulkane 
'cg. Mudlumps) zu erzeugen. 

Tie Mächtigkeit der Deltabildungen, über die ung Bohrungen Auf- 
'hluß geben, ift jehr verfchieden. Beim Nil beträgt fie höchſtens 15, beim 
Rhein über 60, beim Rhone über 100, beim Bo 173m. Nicht in allen 
‚allen läßt fi) Die Grenze zwifchen den Fluß- und Dkeeresfedimenten mit 
Zicherheit ziehen, daher die Angaben z. B. in Bezug auf dag Miffiffippi- 
delta beträchtlich differieren. 

Häufig entftanden Deltas in tief eingefchnittenen Meeresbuchten. Wenn 
die Auffaffung, daß der blaue Thon, auf dem die modernen Alluvionen 
des Miſſiſſippi ruhen, nicht rein fluviativen Urfprungs ift, der Wahrheit 
ertipricht, jo beginnt das Delta des amerifanifchen Rieſenſtroms fchon 
ser der Ohiomündung. In der Gegenwart fünnen wir die Ausfüllung 


Bau, Geſtalt 
und Ober: 
flaͤchenform 
ber Deltas. 


Waſhstum der 


Teltae, 


2832 Adıtes Rapitel. 


von Meeresbuchten 3.9. am La Plata oder am Diyjeftr beobachten. In man- 
chen Fällen find die Buchten durch Uferwälle Nehrungen) abgeſchloſſen, wir 
an der Memelmiündung. Der Wit hat jeine Bucht Schon beinahe ganz aus: 
gefüllt; nur noch einige Reſte bfieben als Lagunen übrig. Die Bo: 
anſchwemmung iſt über die Uferwälle bereit3 hinausgewachſen, nnd hat 
jich jomit aus einem Ausfüllungsdelta in ein vorgelichobenes Delta 
verivandelt. Bejonders draſtiſche Beiſpiele der legteren Art ſind die Deltas 
des Ebro (Fig. 102), der Lena und Des Miſſiſſippi (Fig. 100). 

Die Teltaländer find völlig horizontale Ebenen, die ſich bei Hochwaſſer 
stetig erhöhen und gegen das Meer hin im em Tumpfiges Litorale über 
gehen. Nur wo das Delta nicht alljeitig wächlt, wie das des ham, 
werden am Strande Dünenreihen aufgeavorfen, Die aber mit den hen 
erwähnten präcrtitierenden Uferwällen nicht vernvechtelt werden dürfen. Ta 
das Gefälle Sehr gering iſt, Jo iſt der Flußlauf Fortiwährenden Verande— 
rungen unterworfen, indem alte Kanäle dertanden und nee Tidy bilden. 
Wenn die Gabelung unter einen ſpitzen Winkel erfolgt, wie am Wil, io 
erlerdet Die Spitze des dreieckförmigen Landes beftändigen Abbruch und 
rüct thalabwärts vor. 

$ 221. Am raſcheſten ſcheint das Delta des Terek in wachſen, dam 
es rückt jährlich durchſchnittlich 195 m im den Kaspiſee vor. Unter den 
großen Ztromdeltas dürfte ſich das des Miſſiſſippi am ſchnellſten ver: 
gröpgern, aber — wie Dies auch bei anderen Flüſſen der Fall iſt — nich 
gleichmäßig an allen Mündungsſtellen. Ein Zuſammenhang mit der Waſſer— 
menge der einzelnen Arme (hier Päſſe genannt) findet dabei nicht ſtat. 
wie folgende Tabelle zeigt: 

SW-Paß. S Paß. NO Rap Rapal’Tum 
Waſſermenge in Prozenten! 200934 N 22 3% 
Sährtiches Wachtum mm... 103 85 40 — 


Am Podelta läßt ſich der Einfluß des Menſchen auf das Wachstum 
des Landes erkennen. Dieſes betrug pro Jahr von 1600 bis 1804 70m, 
von 1200 bis 1600 aber nur 23 m, weil damals noch nicht ein um 
faſſendes Deichſyſtem den Fluß zwang, den größeren Teil feiner Sinkſtoffe 
in das Meer zu führen. Aus demſelben Grunde rückt das Nildelta jährlich 
nur um Am vor, denn Die regelmäßigen Überſchwemmungen entziehen ihm 
eine Menge Sedimente, die im Binnenlande liegen bleiben. Wo eine 
poſitive Niveauveränderung ſtattfindet oder das ſtürmiſche Meer beſonders 
heftig die Neulandbildungen bekämpft, können ſogar Deltas wieder zerſton 


' Tie übrigen 15 Prozente werden durch Nebentanäle abgeführt. 


Die Uräfte, welche die Oberfläche des Feſtlandes gefalten. 283 





werden. Das Narentabelta an ber dalmatifchen Küfte verliert immer mehr 
on Umfang, und das Rheindelta, das ſchon zum großen Teil unter dem 
Seeſpiegel Tiegt, würde demfelben Schidfal verfallen, wenn e3 nicht durch 
Tämme geihügt wäre. Das Emsbelta, das noch zur Römerzeit beſtand, 
in ganz verfchwunden, und wir haben Urfache anzunehmen, daß auch die 
Beier, Elbe und Eider, wie der Hudſon und Connecticut an ber Oſtküſte 
der Vereinigten Staaten einft Deltas bejeffen haben. 

Infolge des Wachstums können Deltas benachbarter Flüſſe mit ein- 
ander verjchmelzen, wie das des Ahein, der Maas und Schelde, des Ganges 
und Brahmaputra; ober zwei Flüffe können ſich zu einem Hauptkanal 
vereinigen wie Euphrat und Tigris; oder urfprünglich jelbftändige Flüffe 
iinfen zu Mebenflüffen herab. So wurde z. B. der Pruth der Donau 
und der Red River dem Miffiffippi tributär. Das Landfeftwerden von 
Inſeln, die Zweiteilung Tanggeftredter Seen durch feitlich einmündende 
Flufſe, die endliche Ausfüllung der Seen find alles Folgeerfcheinungen 
des Wachstums der Deltas. 

$ 222. Die unterſeeiſchen Ablagerungen an offenen Flußmündungen 
säigen häufig eine jo auögefprochene Deltaform, daß wir fie geradezu als 
ijubmarine Del 
tas bezeichnen fün- — F 
nen (vgl Fig. 103 r je | 
mit Fig. 101). Je— 

Yes Oberflächendelta 
muß al3 fubmarines 
begonnen haben unb | 
tann wieder unter | 
beionderen Umftän- | 
den in ein ſolches 
verwandelt werben“ Ro 
wiſchen beiden for- | > — N 3 
men befteht alſo fein Fig. 108. Submarined Delta des Merſey, 1847. 
ıenetiicher Gegenſatz. 

Es entteht num die frage, unter welchen Bedingungen die Flußablagerungen 
unterjeeiich bleiben, unter welchen fie über ben Meeresſpiegel emporwachien. 
Taf allgemein wirkende Urfachen dabei im Spiele find, ergiebt ſich ſchon 
us dem gefelligen Auftreten beiber Mündungsformen. Deltafüften find 
B. die ruffiiche und oftfibirifche Eismeerküfte, bie ſüdoſtaſiatiſche Küfte 
vom gelben Meer bis zum Golf von Bengalen, der nördliche Teil der 
Tirküfte von Südafrika, das Geftade des Golfes von Guinea, die Küften 
des ſchwarzen und mittelländifchen Meeres, die Süboftküften ber baltifchen 





jur 
rl 
vo 











Bedingungen 
der geographi- 
ſcen Berbrei- 
tung berDeltad. 


284 . Adıtes Kapitel. 


See, die Küften des amerikanischen Mittelmeeres u. |. w. Dagegen haben 
der Juba, die Kerfa, der Bug u. a. offene Mündungen, obwohl fie ſich 
an Deltafüften in das Meer ergießen, und anderfeit3 geben uns die Mün- 
dungen des Indus, Schat de Arab, La Plata, Rhein u. |. w. Beilpiele von 
Deltabildungen an fonft deltafreien Küſtenſtrecken. 

Es ift bisher fein einziger Faktor gefunden worden, der allein bie 
eine oder die andere Mündungsform bedingt. Die Gironde, die 66 mal 
mehr Sedimente in das Meer führt, ala die deltabildende Weichlel, hat 
trogdem eine offene Mündung. Elbe und Wefer haben ein ftärferes Ge- 
fälle, als zahfreiche Deltaflüffe, und können daher aud) mehr Material an 
der Mündung ablagern, aber trogdem ohne fichtbaren Erfolg. Träge 
Ichleihen Nil und Donau dahin, einen großen Teil ihrer feften Bejtand- 
teile laſſen ſie im Binnenland zurüd, und doch bauen fie Deltad. Im 
tiefen Meere jchaffen die Küftenflüffe zwifchen Toulon und Genua neues 
Land, während die Themje in einer Flachſee nur Sandbänfe abzulagern 
vermag. Daß Ufermälle feine notwendige Bedingung der Deltabildung 
find, beweift jchon der Umstand, daß viele Deltas über diejelben Hinaus- 
wachjen. Anderjeit3 giebt es, wie an der Oſtküſte der Vereinigten Staaten, 
Zagunen mit Nehrungen, in die bedeutende Flüſſe münden, ohne fie aus- 
zufüllen. Biele waren der Meinung, eine kräftige Tidenbewegung verhindere 
die Deltabildung, aber fie konnten durch den Hinweis auf Die großen 
Delta des Ganges, Indus, Niger u. a. leicht widerlegt werden. Im 
Gegenſatz zu den genannten Flüffen haben Murray und Columbia offene 
Mündungen, obwohl diefe von Ebbe und Flut nur ſchwach bewegt werden. 
Wohl aber beeinfluffen die Tiden die Form der Aftuarien, d. 5. ber 
Mündungsarme, in die fie eindringen. Indem das Ylußwafjer, durch die 
fetlartig eindringende, ſpezifiſch ſchwerere Flut nach ober gedrängt, an 
Breite zu gewinnen fucht, was es an Tiefe verliert, wird das Äſtuarium 
trichterförmig erweitert, gleichgültig, ob die Mündung eine offene oder eine 
Deltamündung ift. Nur darf man nicht alle trichterförmigen Buchten (tie 
beijpiel3weile die La Plata-Bai) als Flußfchöpfungen betrachten und als 
Aftuarien bezeichnen. 

Auch Küftenftrömungen verhindern weder, noch rufen fie Deltabildung 
hervor. Im Bereiche des Mozambiqueftromes mündet ber Zambeſi mit 
und der Limpopo ohne Delta und ebenjo verhalten ſich Drinoco und 
Amazonas an der von der füdäquatorialen Strömung beſpülten Küfte. 
Der Einfluß der Strömungen befchräntt fich darauf, daß unter Umftänden 
die Flußablagerungen durch Sedimente, die von fernher ftammen, ver- 
größert werden. Winde verftärfen die Strömung des Fluſſes und damit 
auch deſſen Transportkraft, wenn fie thalabwärt® wehen, während fie um 








Die Rräfte, weldhe die Oberfläche des Feſtlandes geftalten. 285 


umgetehrten alle auf das Wachstum des Deltas verzögernd einwirken, 
aber one e3 verhindern zu fünnen. Auch die Richtung der Mündungs- 
orme ift oft eine Folge der vorherrichenden Windrichtung; die öftliche 
Ablenkung der Rhonearme durch den Miftral (ſ. S. 85) mag als Beilpiel 
angeführt werden. 

R. Eredner glaubte in den Niveauveränderungen den Schlüffel zur 
Erklärung der geographiichen Verbreitung der Deltas gefunden zu Haben. 
Es ift auch ſehr einleuchtend, daß pofitive Niveauveränderungen die Ent- 
fehung offener Mündungen und negative die Deltabildung im hohen Grade 
begünstigen müſſen. Aber nicht immer gehen beide Phänomene Hand in 
Hand. Im Po⸗, Memel-, Rhein, Ganges- und Miffijjippidelta fand man 
bei Bohrungen in mehr oder minder beträchtlichen Tiefen und wiederholt 
Torflager und Baumftämme in ungeftörter Stellung. Es laſſen fich dieſe 
Zhatfachen kaum anders al3 durch die Annahme einer pofitiven Niveau- 
veränderung erklären. Möglicherweiſe fanden ruckweiſe Bodenſenkungen 
oder Hebungen des Meeresfpiegels ftatt, mit denen Ruhepauſen, die zur 
Reubildung des Deltas benubt wurden, wechlelten; aber in feinem Falle 
kann man bier von negativen Niveaufchwanfungen jprechen. Anderſeits 
iind auch Gegenden, in denen das Niveau ich entichieden im negativen 
Zinne ändert, frei von Delta, wie die pazifiiche Küfte der neuen Welt 
oder das Miündungsgebiet des Amur. 

Das Zuſammenwirken verjchiedener Faktoren, unter denen die Niveau— 
beränderungen jedenfalls eine bedeutſame Nolle fpielen, bedingt alfo die 
geographiiche Verbreitung der Deltas, ohne daß wir jebt fchon in jedem 
einzelnen Falle die Haupt» und Nebenurfachen, die fürdernden und hemmen- 
den Momente zu jondern vermöchten. WBielleicht werden uns eingehende 
Zetaifftudien der Löſung des Rätſels näher bringen, aber derzeit läßt ſich 
noch nicht einmal die Vermutung ausſprechen, ob e3 jemals gelingen werde, 
die Anordnung der offenen und Deltamündungen auf eine einfache Formel 
wrudzuführen. 


Ablagerungsgebiete, 


$ 223. Die transportierenden Kräfte: das fließende Waſſer, das Eis Fluviatile und 
und der Wind, beteiligen fich in verſchiedener Weiſe an ber Geſtaltung der 
Erdoberfläche. Die fluviatilen Ablagerungen bilden horizontale Ebe- Br 
nen, welche die relativ tiefiten Stellen einnehmen. Wir finden fie in größerer 
oder geringerer Ausdehnung überall, wo die atmoſphäriſchen Niederjchläge 
slüffe ernähren können oder fonnten; und fie fehlen nur den unter Eis 


begrabenen Polarinſeln. Eine viel bejchränftere Verbreitung haben Die 


286 Achtes Kapitel. 


glacialen Ablagerungen (Moränen), und geographiich bedeutjam treten 

fie nur in den Gebieten der diluvialen Sleticher auf. Die echte Moränen- 

landfchaft beiteht aus Dicht aneinander gehäuften Endmoränen; unregel- 

mäßig verteilte Hügelwälle, die bald durch enge Schluchten, bald durch 

größere Deprefjionen mit Seen oder Mooren getrennt werden, bilden bier 

ein außerordentlich wechielvollez Relief. Eine folche Moränenzone umgiebt 

den Nord» und Siüdrand der Alpen, an den Ausgängen der großen, einft 

gletichererfüllten Thäler bogenförmig weit in die Ebene vorbringend. Nur 

an ihren äußeren Rändern find fie jchon zum Teil der Denudation zum 

Opfer gefallen. Die in den öfterreichifch-italienifchen Kriegen viel um- 

fämpften Höhen von Cuſtozza und Solferino find ſolche Moränenwälle. 

Bejonders Ichön ift der Bogen bei JIvrea; Hier fteigen die Hügel bis zu 

330m über die Ebene empor. Die Landrüden von Preußen, Bommern 

und Mecklenburg find ebenfall® feenreiche Moränenlandichaften, und in 

noch größerer Ausdehnung finden wir fie in Nordamerika, wo umfangreiche 

Bodenanjchwellungen, wie das Plateau du Coteau du Miſſouri oder das 

Plateau du Coteau des Prairies in Dakota, nur aus glacialem Material 

aufgebaut find. 

— $ 224. Die Erkenntnis der geologiſchen Bedeutung des Windes als 

eines Transportmittel verdankt die Wiſſenſchaft v. Richthofen. Schon in 

unferen Gegenden können wir beobachten, wie ftärfere Winde fich des Ver: 

witterungsjtaubes bemächtigen und große Mengen desjelben weithin führen. 

Im Gegenjate zu den Flußablagerungen find die äoliſchen Ablagerungen, 

entiprechend der fchranfenlofen Bervegungsfähigfeit der Luft, an fein be- 

ſtimmtes Niveau gebunden und bilden ungefchichtete Anhäufungen; aber 

nur dort, wo der Regen fpärlich oder nur periodijch ift, können fie fich 

dauernd der Abtragung durch fließendes Waller entziehen. Die fruchtbare 

Schwarzerde (Tſchernoſem), die das füdliche Rußland vom Pruth bis 

zur Wolga und da3 weitliche Sibirien in einer Mächtigleit von 1—5m 

(ftellenweife von 10—20 m) bededt, wird jet allgemein als äoliſches Pro- 

dukt angefehen, und einen gleichen Urſprung jchreibt v. Richthofen der 
indiſchen Schwarz= oder Baummollerde zu. 

Berbreitung $ 225. Der geologifche Einfluß des Windes wächſt mit der Negen- 

ber abhußlogen armut, und ift am mächtigften in den abflußlofen Gebieten.! Auf 

Gebiete. dem afiatifch-europäifchen Feſtlande und in Auftralien tritt der Gegenjah 

des abflußlojen Zentrums und der ozeaniſchen Peripherie ſehr fcharf her- 

vor; die arabifche und die Fleinafiatifche Halbinjel verhalten fich in dieler 

Beziehung wie felbftändige Kontinente. In Nordamerika find die abfluß- 


ı Die Grenzen derfelben find auf Karte I angegeben. 


Die Kräfte, melde die Oberfläche des Feſtlandes geftalten. 287 


loſen Gebiete mit dem Hochgebirgawall nad) Weiten gerüdt, und ebenjo- 
wenig nehmen fie in Afrifa und Südamerika die Mitte des Feſtlandes ein, 
da die Aquatorialzone durch reichliche Niederichläge ausgezeichnet ift. Süd— 
merifa Hat nur einen, Afrita aber wegen feiner großen Erſtreckung nach 
Norden zwei fontinentale Hauptbezirte. 

Tie Eigentümlichfeit dieſer Gebiete befteht darin, daß die Berwitterungs- 
und Erofionsprodufte im Lande bleiben; es findet alfo Feine Abfuhr, 
iondern nur eine Umlagerung ftatt. Das Regenwaſſer! führt den Ge- 
teinsichutt den tiefften Stellen zu, und: verbreitet die dem Boden entzoge- 
nen Salze, während fich der Wind des feineren Materials bemädhtigt, und 
dabei mit Hilfe des Sandes auch eine erodierende Wirkung ausübt. Ge—⸗ 
tensplatten werden glänzend poliert und Blöde zu jeltfamen Formen ab- 
geichliffen. Welche Mengen Material3 von der Luft transportiert werben, 
lann jeder ermeljen, der eine Schilderung jener gewaltigen Staub⸗ und 
Zonditürme in Wüſten und Steppen, die die Sonne verfinjtern, gelefen 
bat. Grasvegetation hält den feinen Staubniederfchlag feit und jo erhöht 
ih allmählich der ebene Boden oder werden die urfprünglichen Ber- 
rungen ausgefült. Cinförmigfeit ift daher allen abflußlojen 
Webieten eigentümlich. Mächtige Schutthalden umfäumen die Gebirge, 
ia in manchen Gegenden, wie z. B. in Berfien, hüllt fie ein Schuttmantel 
bi3 an den Kamm ein. Nur wenn die Gebirge ewigen Schnee tragen, 
wie einige in Gentralafien, haben fie noch edige, zadige Formen beibehalten, 
weil das Waſſer das Zerfebungsmaterial ſogleich abführt. An die Stelle 
der Deprejfionen treten flache Beden, deren tiefjte Stelle häufig ein Salzjee 
eimimmt. Mannigfaltiger ift das Terrain in der Felswüſte (in ber 
Zahara Hammada genannt), wo der Wind die feite Unterlage bloßgelegt 
bat, beſonders dann, wenn die Erofion in einer früheren Klimaperiode 
Thaͤler eingefchnitten hat. 

$ 226. Die Ablagerungen in den abflußlofen ®ebieten find ver- 
‘Hiedener Art und abhängig von der Geſteinsnatur der Unterlage und der 
umgebenden Gebirge. In der Stein- oder Echuttiteppe, die ſich auf 
kleinere Depreifionen zwiſchen gletichertragenden Gebirgen und in größeren 
Mulden und Beden nur auf den Gebirgsrand beichränft, ift der Boden 
mt edigen Trümmerftüden bededt. Je weiter wir uns vom Gebirge ent- 
ternen, deſto feiner wird das Material und nimmt bald einen mehr ſan⸗ 
digen, bald einen mehr lehmigen Charakter an: die Steinfteppe geht in Die 


! Da Regen aud) in fog. regenlojen Gegenden gelegentlich vorlommt, wurde ſchon 
erräßnt. Duveyrier fah zB. 1861/62 im centralen Bergland der Tuaregs, wie die 
mwäller Geröllmafien von 1000 und mehr cbm 10—15 km weit fortſchwemmten. 


Ablagerungen 
in abflußlofen 
Gebieten (Step- 
pen u. Wüften‘. 


Übergangsfor- 
men. Der DR. 


288 Achtes Rapitel. 


———. 


Salziteppe über. Die verjchiedenen Salze, mit denen die langfam fich 
beivegenden Flüſſe den Boden imprägnieren, ftammen, wie die Ausfüllungs- 
ftoffe, von den umgebenden Gebieten. Beſonders mächtig treten fie an der 
Stelle ausgetrodneter Salzſeen auf. | 

Wie das fließende Wafjer, jo führt auch der Wind einen Saigerungs- 
prozeß aus, indem er die thonigen Beitandteile von den fandigen fondert 
und die erjteren als Staubwolfe weit mit fich fortführt, während er bie 
letzteren langſamer vor fich Hinwälzt und nur zu oft fruchtbare Gebiete in 
Sandwüjten verwandelt. Dünen, die in der Sahara 100—150m und 
wenn fie einem feiten Gefteingfern angelagert find, eine Höhe big zu 300 m 
erreichen, werden aufgeführt und wandern gerade fo wie die Küftendünen, 
mit denen fie auch in Bezug auf ihre äußere Form genau übereinstimmen. 
Nur die großen Dünen bleiben ziemlich feft, fo daß fie durch Jahrzehnte 
den Karawanen als fichere Wegweiler dienen. In früherer Zeit glaubte 
man, daß der Wüſtenſand ebenfo, wie da8 Baumaterial der Küftendinen, 
vom Meere ftamme, und für manche Gegenden mag biefe Anficht auch zu: 
treffen. So behaupten 3. B. die indifchen Geologen, daß die Wüfte Thurr 
noch in junger geologifcher Vergangenheit vom Meere bejpült war. Aber 
gerade in Bezug auf die größte Sandwiüfte der Erde, auf die Libyiche, 
hat Zittel nachgewieſen, daß der Flugjand ein VBerwitterungsproduft des 
nubifchen Sandfteines ift, und ebenjo ftammt der Sand im Tarimbeden 
von den mürben Sandfteinen der Kreideformation. Legt der Wind größere, 
quarzhaltige Geſteinsſtücke bloß, jo werden diefe durch den treibenden Sand 
abgefchliffen und ihrer weicheren Beftandteile beraubt, bis endlich Quarz 
in der Form gerundeter, glatter Kiejel allein zurüdbleibt. Einen derartigen 
Ursprung fchreibt v. Richthofen den Kiesſteppen der Mongolei zu, 
denen die Sferir der Sahara öſtlich vom Meridian von Tripolis ver: 
wandt find. Ein draftiiches Beifpiel davon ift die Kalanjcho-Sferir zwi- 
ſchen Audſchila und Dſchibbena, wo man nah Rohlfs ftundenlang über 
linſen- und erbfengroße, dann wieder ftundenlang über nußgroße Kieſel 
wandern muß. 

$ 227. Zwiſchen den echten abflußlojen Gebieten und den echten 
Gebieten mit Abfluß giebt e8 Übergangsformen, d. h. Gebiete, die — 
geologifch gefprochen — erft vor kurzer Beit aus dem einen Typus in den 
anderen übergegangen find und daher die Eigentümlichteiten des früheren 
Zuftandes noch nicht völlig verloren und die des jegigen noch nicht völlig 
angenommen haben. Eine ſolche Umgeftaltung ift die Folge eines Klima- 
wechfel3, die in manchen Fällen wohl auch mit einer Niveauveränderung 
Hand in Hand geht. Die Tiefebene, die ihre Hauptflüffe zum Kaspi⸗. 
Aral- und Balchaſchſee ſendet, iſt ſolch ein junges abflußloſes Gebiet, das 





Die Kräfte, welhe die Oberflähe des Feſtlandes geftalten. 289 


namentlich an feinem niederfchlaggreicheren Rande im Centrum von Ruß—⸗ 
land noch alle Charafterzüge der ozeaniſchen Peripherie bewahrt hat. Doc) 
zeigen fi” auch ſchon Begleitericheinungen der Abflußlofigfeit, wie Die 
Salzjümpfe der faspilchen Niederung und die ausgedehnten Sandwüſten 
zu beiden Seiten de3 Amu, Syr und Ili. Auch das weftliche Utah fcheint 
erit ſpät dem ozeaniſchen Regime entzogen worden zu fein. Aus den alten 
Uterlinien, die man bis zu 295m über dem jeßigen Spiegel des großen 
Salzſees beobachten kann, läßt fich jchließen, daß dieſer See einft mit dem 
Utoh- und Sevierfee verbunden war, und die Vermutung liegt nahe, daß 
der Columbia einft der Abfluß dieſes bedeutenden Waſſerbeckens geweſen 
ſei. Aber wie dem auch jet, derzeit ift der Typus abflußloſer Gebiete hier 
ſchon völlig ausgeprägt. 

Der umgelehrte Fall tritt ein, wenn Die Niederichläge zunehmen, fo 
daß fie den Betrag der Verdunftung überjteigen. Die erjtarkten Flüſſe 
bahnen fi) dann einen Weg zum Meere oder zu den nächiten ozeanifchen 
Flüſſen, graben tiefe Eroſionsſchluchten in das Becken der Salziteppe ein, 
tragen die äovlifchen Ablagerungen dem leere zu, befreien den Boden von 
ieinem Salzgehalte und machen ihn dadurch dem Aderbau zugänglich. Die 
Steppengebilde werden auf dieſe Weile, nad) von Richthofen's Theorie, in 
Löß umgewandelt. 

Man unterjcheidet zwei Arten von Löß: Land- und Seelöß. Der 
erftere, die weitaus verbreitetite Art, ift eine nahezu homogene Maſſe aus 
(ehmiger gelber Erde mit etwas Sand, etwas fohlenjaurem Kalf und einigen 
teiht löslichen alkaliichen Salzen. Feine Kanälchen, die Hohlräume aus- 
gewitterter Wurzelfafern, durchziehen ihn, faugen das Waſſer begierig auf 
und verhindern Dadurch die Bildung von Seen und Sümpfen; wahrjchein- 
uch bedingen fie auch den Hang des Lößes zu vertifaler Zerflüftung, Die 
— wie wir bei einer anderen Gelegenheit fehen werden — landfchaftlich 
io bedeutungsvoll wirkt. Wirkliche Schichtung fehlt; eine fcheinbare Schid)- 
tung wird durch die lagerartig horizontale Anordnung von Mergelfnollen 
den ſog. Lößmännchen) hervorgerufen; doch beweift ihre vertifale Stellung, 
daB fie an Drt und Stelle entitanden find. Dieſer Umftand, fowie Die 
eigentümliche Verbreitung des Lößes, die fi) an fein Niveau bindet, und 
das faſt ausfchließliche Vorkommen von Landichneden in demjelben, be- 
weilen ben äolifchen Urfprung dieſer, durch außerordentliche Fruchtbarkeit 
ausgezeichneten Adererde. Der Seelöß wurde dagegen in Salzieen ab⸗ 
gelagert; er ift geichichtet und ermangelt der Kapillarftruftur. 

In Europa ipielt der Löß eine verhältnismäßig untergeordnete Rolle, 
wenigſtens in morphologifcher Beziehung. Am verbreitetiten ift er im 


Rhonethal, im Rhein- und Donaugebiete (im letzteren von Bayern bis 
Suyan, Phoffijche Erdkunde. 


290 Adtes Kapitel. Die Kräfte, welde die Oberfläche des Feſtlandes geftalten. 


Rumänien), in Thüringen, im nördlichen Böhmen, und beſonders in Galizien 
und der Bulowina, von wo er fi) über das volhyniſch⸗podoliſche Plateau 
bi3 in die Ukraine fortſetzt. Seine Mächtigfeit beträgt aber nur 30 bis 
60m. Dagegen erreicht er im nordweitlichen China, wo er ein Arenl von 
der Größe des Deutſchen Reiches faft ununterbrochen bededt, ftellenweile 
eine Mächtigfeit biö zu 600m. Kaum weniger entwidelt ift er auf dem 
nordamerifanifchen Brärienplateau von Miffourt bis Teras, wo noch Salz- 
jeen und weite fandige Streden an den einftigen Zuftand erinnern!, und 
in der füdamerifanifchen Bampasebene, die ſich vom mittleren Bolivia bis 
Potagonien erjtredt. 


—e $ 228. Betrachten wir die Erdoberfläche unter dem Einfluß der 
in Berug auf Atmofphärilien, wozu wir im weiteren Sinne auch dag Waſſer rechnen 
a6 müſſen, jo gelangen wir (zum Zeil nad) dem Borgange von Richthofen’3) 
ſpharuien. zu folgender Einteilung derjelben: 
1. Gebiete der aftumulierenden Zerftörung, in welchen die 
Berwitterungsprodufte an Ort und Stelle liegen bleiben: 
a) Gebiete der Lateritbildung, 
b) Gebiete der lehmigen Zerſetzung. 
2. Brimäre Denudationsgebiete, in welchen die Verwitterungs- 
und Erofionsprodufte der urfprünglichen Unterlage abgeführt werden. 
a) In bezug auf dag Medium, welches vorwiegend die Denudation 
bejorgt, laſſen fich unterfcheiden: 
«) Abtragungsgebiete des fließenden Waſſers, 
£) Abtragungsgebiete der Gletjcher, 
y) Abtragungsgebiete des Windes. 
b) In bezug auf das Map der Denudation lafjen ſich unterfcheiden: 
a) Gebiete beitändiger Denudation, in welchen die Felsunterlage 
zu Tage tritt (jteile Abhänge, bejonders in den höheren Teilen 
der Hochgebirge, Felswüſten), 
A) Gebiete teilweifer oder periodischer Denudation. 
3. Ablagerungsgebiete: 
a) Anſchwemmungen der Flüſſe (fuviatile Ablagerungen) : 
«) Inudationsablagerungen, 
£) Veltabildungen. 
b) Glaciale oder Gletjcherablagerungen. 


1 In neueſter Zeit hat fih Todd für den wäſſerigen Urfprung des Miffourilößes 
außgefproden, und Hilgard u. a. haben ihm beigeftimmt, aber oßne Richthofen's 
Theorie erfchüttern zu fönnen. 











Heuntes Kapitel. Die wichtigſten Oberflächenformen des Feſtlandes. 291 


c) Gebiete der durch den Wind bewirkten (äoliſchen) Aufjchüttung: 
e) ın abflußlofen Regionen 
ac) Salziteppen, 
PP) Sandwüften; 
A) in Gebieten mit Abfluß. 

4. Sekundäre Denudationzgebiete, Ablagerungsgebiete, Die Durch 
erneute Erofion infolge von Niveauveränderungen (3. B. die Ausfüllungs- 
terraffen) oder infolge von Klimaänderungen (3. B. die Lößlandichaften) 
dem Denudationsprozeß verfallen. Die Untereinteilung ijt diejelbe wie bei 2. 


Neuntes Kapitel. 
Die wichtigjten Oberflächenformen des Feſtlandes. 


— — 


Überſicht. 


$ 229. Die Oberflächenform wird zunächſt durch den inneren Bau Einteilung ver 
bedingt; Schichtendislofationen rufen im allgemeinen ein unebenes, un —— 
geſtörter Schichtenbau ein ebenes Terrain hervor. Ein zweites, nicht 
minder wichtiges Moment iſt die Höhe, denn von ihr hängt zum Teil die 
Energie der zerſtörenden Arbeit ab. Nur darf man nicht zur Abgrenzung 
verwandter Formen beftimmte Seehöhen anwenden, da dies zu unnatür⸗ 
lichen Unterfcheidungen führt. So ift es z. B. ganz willfürlich, wenn wir 
alle Ebenen unter 200m ald Tief- und alle höher gelegenen ala Hoch— 
ebenen bezeichnen. Es giebt Tiefebenen, die, unmerflich anfteigend, See- 
hohen von mehr al3 200m erreichen, ohne ihren Charakter zu ändern, und 
es giebt ‘Flächen unter jener Höhengrenze, Die wegen ihrer fteilen Abhänge 
den entichiedenen Eindrud von Plateaus machen. Solche fünjtliche Syfteme 
bringen in die Auffafjung der Natur mehr Verwirrung ala Ordnung, denn 
die orographiſchen Verhältniſſe find trog aller Mannigfaltigleit einfach, 
imjofern nämlich, ala die Hauptformen das größte Areal einnehmen und 
die Übergangsformen nur in untergeordneter Weife auftreten. Was die 
Aufitellung detaillierter Syfteme außerdem noch erjchwert, ift — abgefehen 
von der Lückenhaftigkeit unferer geographiichen und geognoſtiſchen Kennt- 
niſſe — der ftark ausgeprägte Individualismus der einzelnen Ober- 
Hähenformen. Wie jeder Kontinent und jedes Meer feine eigentümlichen 
Züge bat, jo auch jedes Gebirge, jede Ebene; denn ficherlich haben zwei 
Erdftellen, troß Übereinftimmung im Grundcharafter, im Verlaufe ihrer 
19* 


toi 


nosome- 


voben · 


menuno. 


Neuntes Rapitel. 





geſchichte nicht genau dieſelben -dihele erfahren. Es iſt 
auch leicht erflärlich, daß der Audividualismus mit der Schichten 
ftörumg zunimmt, und dal; er Daher amı meisten im den Stettengebirgen aus 
gebildet ift. Dieſe Abweſenheit von allem Schematiſchen bedingt zum 
großen Teil die Mamnigfaltigfeit des Wölferlebe 

Ansgehend von der Arciteftonif der Erdoberfläche, gelangen wir zur 
Anfjtellung von fünf Haupttypen, von denen die vier erften alle oro 
graphiichen Formen umfaſſen, die größeren Erdräumen ein beſtimmtes Ge— 
präge verleihen, während der fünfte als ein allgemein verbreitetes Tetail: 
phänomen von befonderem geographiichen Intereſſe it: 

1. Gebiete mit gefaltetem Schichtenbau: 
1. Lineare Faltengebirge (Nettengebirge). 
2. Maffios. 

I. Gebiete mit borizentalem Schichtenbau: 
1. Plateaus. 
2. Tiefebenen. 

1. Vulkaniſche Erhebungen. 

8230. Neben geognoftiichen Unterfuchungen find — wie bereits er 
wähnt wurde — Höhenmeſſungen ein unerläßliches Hilfgmittel der Tro 
graphie. Leider find auch fie verhältnismäßig jpärlid und von ungleichem 
Werte Die Höhe läßt ſich auf trigonometriſchem und barometriſchem Wege oder 
mi fe des Kochthermometers beftimmen. Dieſelbe Reihenfolge bejteht auch 
in bezug auf die Zicherheit der Reſultate. Die trigenometriiche Methode 
wollen wir an folgendem einfachen Fall erläntern. Ein iolierter Vera, 
deijen Höhe gemeſſen werden ſoll, erhebe ſich über einer völlig horizontalen 
Ebene. Wir mefjen von irgend einen Punkte derſelben (A) mittels eines 
Nivellierinftrumentes den 
Winfel, den eine vom Berg— 
apfel (D) bis zu unſerem 
Fußpunkte gezogene Gerade 
mit der Ebene bildet, und 
dasielbe wiederholen wir an 
einem zweiten Runfte :B, 
der mit A und D im einer 
Vertikalebene fiegt. Hierauf 
mejjen wir die Diſtanz 1.3 (1908-3 ın) und tragen fie nach einem beitimm 
ten Maßitabe anf das Papier auf. Von A und B zichen wir Gerade 
unter den gemeſſenen Winkeln (20 and 509): ihr Schnittpunkt ift der Berg 
gipfel und die Vertikale DC ſtellt die Höhe desielben über der Ebene dar. 
Sie läßt fih, wenn die Zeichnung genan ift, direkt meſſen. In unſerem 

















ig. 104. Trigenometriiche Höhenmeſſung. 
Maßitab 1:50.00, 


Die Die wigtigften Oberflähenformen des & des Seſtlandes. 293 


Halle beträgt fie 20mm, entipricht alſo 1000 m in der Natur. Wiflen wir, 
daß die Ebene 200 m über dem Meere Liegt, jo ergiebt eine einfache Rech— 
nung die abjolute Höhe des Berggipfel® — 200 + 1000 = 1200m. Die 
Seehöhe eines Punktes findet man alfo Durch Nivellement nur dann, wenn 
dieſes vom Meeresipiegel oder von einem Punkte ausgeht, deſſen abjolute 
Höhe ſchon genau befannt ift. 

In den meiften europäijchen Ländern und in anderen Ländern mit 
europãäiſchen Einrichtungen find umfafjende Nivellement3 bereit? ausgeführt 
worden; wenn auch die Höhe von verhältnismäßig wenig Punkten tri- 
gonometrifch beſtimmt ift, fo ift doch damit eine fichere Baſis für Die 
barometrifche Höhenmefjung benachbarter Punkte gefchaffen. Anders ver- 
hält es ſich aber in jenen weiten Länderräumen, welche von wiffenichaft- 
Iıh gebildeten Männern nur vorübergehend bejucht werden. Hier find 
wir nur auf Höhenbeftinnmungen mittel3 meteorologischer Inſtrumente an- 
gewieſen. 

8231. Die barometriſche Höhenmeſſung gründet ſich auf das Ge— 
ſetz, daß der Luftdruck in geometriſcher Progreſſion mit der Höhe abnimmt. 
Iſt in einer beſtimmten Zeit der Barometerſtand und die Temperatur an 
der unteren Station B und T und an der oberen b und t, fo iſt nach 
Rühlmann die Höhendifferen; (in m) 

H = 18400 (1. 00157 -+ 0-00867 Tre) log 5 - 

Allein diefe Formel hat einen Mangel. Sie jet voraus, daß die Wärme 
der Luftſäule zwifchen beiden Stationen gleich ift I+*, was nicht richtig 
it. Daher liefern die Barometerablefungen zu verjchiedenen Tages- und 
Sahreszeiten bald zu hohe und bald zu niedere Werte, und nur die Jahres- 
mittel der meteorologischen Beobadjtungen geben Höhen, welche fich von 
den wahren Werten nur wenig entfernen. Es ift klar, daß Höhenbeftim- 
mungen auf Grund von einigen wenigen, ja oft nır von einer einzigen Ab- 
lefung ſehr unficher fein müfjen, befonder8 dann, wenn die Beobachtungen 
an beiden Stationen nicht gleichzeitig erfolgten, oder wenn die Seehöhe der 
unteren Station nicht völlig fichergeftellt ift. Noch zweifelhafter wird das 
Reiultat, wenn als untere Station das Meeresniveau mit einem Barometer: 
ttand von 760 mm angenommen wird, denn wir wifjen, daß der Luftdrud 
daſelbſt ebenfalls zeitlich und örtlich wechſelt. 

Welche Ungenauigfeit ſelbſt jehr jorgfältigen barometrifchen Höhen- 
beitimmungen anhaften fann, zeigt folgendes Beilpiel aus Dftfibirien: 

Nivellement Barometer Differenz 
Niveau der Angara bei Irkutsk 453-8 382.5 71-3m 
Bailalfe . 2 2 2020202 469-4 409.3 60-1m 





Höbenbeitim- 
mung mittels 
Barometer und, 
Kochthermo⸗ 
meter. 


Orometrie. 
Mittlere Höhe 
der Kontinente. 





294 Heuntes Kapitel. 


Ein noch unfichereres Instrument ift das Kochthermometer. Die 
Höhenmeſſung mittel3 desfelben beruht darauf, daß der Siedepunkt mit 
abnehmendem Luftdruck hinaufrüdt; er befindet fich z. B. bei einem Baro- 
meterftand von 760 mm bei 100°, von 700mm bei 97.7°, von 600mm 
bei 93-5°, Die verjchtedenen Höhenangaben von Wandi in der ägyptifchen 
Aquatorialproving (4° 35° N. 30° 26‘ D.) belehren und, wie ſchwankend 
unjere Kenntniſſe von den hypſometriſchen Verhältniffen uncivilifierter Län⸗ 
der find: 
Seehöhe 670m barometriſch (min Bey) 
675 = Siedepunttbelt. ( - ) 
731 - - (=) 
754 = barometriih (Junker). 
$ 232. Um größere oder Eleinere Gebiete in bezug auf ihre Seehöhe 
vergleichen zu fünnen, muß man aus dem vorhandenen Meflungsmaterial 
Mittelwerte ableiten. Die Lehre von der Art und Weife, wie Dieje 
Operation nach einer logiſch richtigen Methode vorzunehmen ift, nennt 
von Sonklar Orometrie. Das Endziel der orometriichen Arbeit ift die 
Teitftellung der mittleren Erhebung der Kontinente. Schon U. von Hum— 
boldt berechnete auf Grund höchſt mangelhafter Hypfometrifcher Daten 
jolche Mittelwerte und fand für Europa 205, für Nordamerifa 228, für 
Südamerika 345 und für Afien 350m Mittelhöhe Für Europa erhöhte 
Zeipoldt, deffen Unterfuchungen den bahnbrechenden Arbeiten von Sonklar's 
ebenbürtig zur Seite ftehen, die Humboldt’fhe Zahl auf rund 300 m. 
Ebenjo dankenswert ift die orometrifche Bearbeitung Afrikas dur Cha⸗ 
vanne, ber für dieſen Erdteil eine durchfchnittliche Seehöhe von 660 m 
ermittelte. Dagegen find die amerikanischen Arbeiten wertlos. Nach Toner 
erheben fich die Vereinigten Staaten im Mittel 648m über dem Meere; 
berecänet man aus den von Gannet angegebenen Mittelhöhen der ein- 
zelnen Staaten nad der Sonflar’fhen Methode den Mittelwert, jo er- 
hält man fogar 781m. Beide Zahlen find offenbar zu hoch, denn Die 
Erhebung Nordamerifas, das zum großen Teil aus Tiefland befteht, Tann 
unmöglich glei” oder größer fein, als die des aſrikaniſchen Blatenu- 
fontinentes. Man Hat die Mittelhöhe von ganz Amerika auf ca. 400m 
und die von Auftralien auf 250 m gejchäßt, und bei dieſen Werten müſſen 
wir vorläufig bleiben. Sebt man für Wien die gleiche Zahl, wie für 
Afrika, in die Rechnung ein, fo erhält man als mittlere Erhebung des 
ganzen Feſtlandes 540 m. Da die mittlere Tiefe des Weltmeereö ca. 3000 m 
beträgt, jo erheben ſich alſo die Stontinente ala mächtige Plateaumafjen 
öncchichnittlich 3500 m über dem Meeresboden. Gegenüber ihrem Volumen 
ift das der oberflächlichen Unebenheiten, die wir Gebirge nennen und Die 


Die wichtigſten @berflähenformen des Feſtlandes. 295 


man einft als das Knochengerüfte der Erde betrachtete, verfchwindend Hein. 
Zu demfelben Refultate gelangen wir, wenn wir berechnen, um wie viel 
orographifch verfchiedene Gebiete, gleichmäßig über den Kontinent aus- 
gebreitet, denfelben erhöhen würden: 


Mittlere Eifeft auf den 
Höhe Kontinent 
m 


m 


1389 ! 27 
692 32 
167 90 





Man erfieht aus diefem Beifpiele, Daß die orometriiche Bedeutung 
einer Terrainform nicht allein von ihrer Seehöhe, jondern in viel höherem 
Grade von ihrer Ausdehnung abhängt. Im diefer Beziehung find Die 
großen Hoch- und Tiefebenen viel wichtigere Beftandteile des Feſtlandes, 
als die gewaltigften Stettengebirge. 


Bau und Höhe der Kettengebirge. 


Die Urten ber 


$ 233. Alle großen Kettengebirge find durch Tyaltung der Erdrinde gatten u. ihre 
entftanden. Die einfachite Form find die normalen jtehenden Falten. Gliederung. 
Jede derjelben befteht aus zwei Teilen: dem Sattel, von dem Schichten 





a. Antillinallamm b. Synllinalthal ec. Siollinallamm 
d. Sfollinalthal e. Antiflinalthal F. Synllinallamm. 


dig. 105. Form und Orographie der Falten nad) Heim. 


beiberfeitig abfallen (daher Antiflinale genannt), und der Mulde, zu der 
die Schichten beiderfeitig fich zuneigen, und die man daher auch ala Syn- 
klinale bezeichnet. Der Faltungsprozeß in feiner einfachften Form bedingt 
einen wellenförmigen Bau der Erdoberfläche und fchafft mehr oder minder 
longgeftredte Antiflinaltämme und Synklinalthäler (a und 5 in 





I Hier kann nur die mittlere Maſſenerhebung in Betracht fommen, d. h. die Höhe 
jenes Plateaus, das durch gleichmäßige Planierung von Berg und Thal entitehen würde. 


296 Heuntes Kapitel. u BE 


Fig. 105). Die nachfolgende Denudation kann aber dieſe natürliche An- 
ordnung vollftändig umkehren, fo daß Synklinalkämme und Anti- 

“tlinalthäler (f und e 
in %ig. 105) entftehen. 
Ein zweites Produft der 


| : Se So. Berftörung find die Iſo— 
liegende Falte schiefe Falte stehende Falte fi na [£ ämme und J } D= 


Big. 106. Lage der Falten nad) Heim. klinalthäler (c unddin 


dig. 105), in welchen die Schichten beiderjeit3 nach der gleichen Richtung 
fallen. 

Die genannten Kämme und Thäler verlaufen in der Richtung ber 
alten und des Gebirge — vorausgefegt, daß dieſes normal gebäut ift — 
und find daher Längsfämme und Längsthäler. Dagegen durch- 
Schneiden die Duerthäler und 
Duerfämme — wie Fig. 107 
zeigt? — die Schichten in ihrer 
Streichrichtung und bilden ſomit 
mit ber Hauptrichtung des Ge- 
birges mehr oder weniger rechte 
Winkel. 

Neben ftehenden Falten fom- 
men auch ſchiefe und liegende 
Falten vor (f. Fig. 106). In 








— —— — —E——— Querdidur . — 
Fig. 107. Längs- und Quergliederung een E nen € ve 
der Hohen Tauren. 3.8. am Glärniſch — die Schich— 


ten volltommen horizontal liegen, 
und nur eingehende Unterfuchungen können hier die Dislokation nachweifen. 
Bei größerer Faltungsintenſität entjtehen die ſog. Fſoklinalfalten (Fig. 105), 
in welchen die zujammengedrüdten Mulden und Sättel im gleichmäßigen 
Schichtenfall verſchwinden. Selbftverftändlich ift Hier auch die Längs- 
gliederung nur auf iſoklinale Kämme und Thäler beſchränkt. Wahrjcheinlich 
der Ausdrud der größten Faltungsintenfität ift die Fächerſtruktur 
(Fig. 105), die der Eryftallinifchen Zone der Alpen und auch anderer Ge⸗ 
birge (3. B. des Kaufafus) eigentümlich ift. Die natürliche Ordnung erfcheint 
bier gerade umgekehrt, indem die Sattelkämme ſynklinalen und die Mulden⸗ 
thäler antiklinalen Bau befiten. 

Was wir von den Falten beobachten können, find nur Ruinen, Die 
überdie8 nod zum größten Theil durch: das Pflanzenfleid oder durch 
Schnee- und Eigmafjen unferen Bliden entzogen find. Außerordentlich 
mühevoll ift Daher die Arbeit des Geologen, der aus unzähligen Einzel- 


Die wichtigſten Oberflähenformen des Feſtlandes. 297 


beobachtungen den inneren Bauplan der Gebirge herzuftellen jucht, und es 
darf und nicht Wunder nehmen, daß manches geologifche Profil mehr ein 
Thantafiegemälde, als ein getreues Abbild der wirklichen Verhältniffe ift. 
Namentlich muß vor unkritifcher Benutzung älterer Profile gewarnt werden, 
da die Erfenntnig der Faltungsphänomene ala einer allgemeinen Erjchei- 
nung erit aus den lebten Dezennien jtammt, und man früher nicht die 
Vorſicht gebrauchte, 
die Profile quer zur 
Langsachſe der Fal⸗ 
ten aufzunehmen 
vergl. Fig. 108 a 
nd b). 

$ 234. Durd) 

den Faltenwurf in 
den oberen Schich— Fig. 1086. Dasſelbe Profil nah Kjerulf. 
tn erleidet der Um⸗ 
'ıng der Erde eine Verminderung. Wir müfjen uns aber dabei ftet3 
vor Augen halten, daß Die gewaltigiten Hochgebirge im Vergleich zum 
Erdlörper Hein erjcheinen. Auf einem Riejenglobus von 2m Durchmeffer 
mürde felbft der höchſte Berggipfel der Erde, der Gaurijanfar, fich als 
‚me kaum merkbare Erhebung von 1-3mm Höhe darſtellen. Es ift daher 
‚flärlih, daß der Einfluß der Faltungen auf den Erdumfang — wie 
Heim durch exakte Rechnungen nachgewieſen hat — verhältnismäßig ge- 
smgfügig iſt. Der Zujammenjchub der Schweizer Alpen beträgt nur 
‘5.2km (Breite vor der Faltung 158-2, jebige Breite 82km), und ber 
Srdumfang wurde dadurch um nicht ganz 0-3 Prozent, ja durch die Fal—⸗ 
:ung aller im Meridian der Alpen liegenden Gebirge höchſtens um 0-89 
Prozent verkleinert, d.h. der frühere Erdradius von 6427 auf 6370 km 
verfürzt, wodurch eine Senkung der Erdoberfläche gegen den Mittelpunkt 
ım Betrage von 57 km eintrat. 

Damit find wir auch ſchon der Trage nad) der letzten Urfache der 
Webirgsbildung näher getreten. ‘Früher, als man das Wefen des Gebirgg- 
baues noch nicht erfannt hatte, dachte man an mehr oder weniger plöß- 
„che vertifale Erhebungen, die durch das Auffteigen eruptiver Maſſen be- 
rirtt wurden. Aber Falten fünnen nur durd) Zujammenfchiebung, alſo 
daurch eine Horizontal wirkende Kraft hervorgebracht werden. Da Diele 
Kraft Schichten von jedem geologischen Alter und jeder mineralogifchen 
‚juiammenfegung ergreift, fo muß fie außerhalb derjelben liegen, und da 
wir ihre Erzeugniſſe überall finden, fo muß fie eine allgemein wirkende 
grait fein. Cine folde ift die Schwerkraft; fie zwingt die Erdfrufte, 








Entftehung der 
Gebirge. 


298 Neuntes Kapitel. 


— — — — — —  —n, 
— — — — —— — 


ſich dem durch Ausſtrahlung kleiner werdenden Kern anzuſchmiegen. Aber 
die Kruſte kann nur dadurch, daß fie durch Faltung ihren Umfang ver- 
mindert, dem Geſetz der Schwere folgen, d. h. die vertikal wirkende Schwer⸗ 
kraft äußert ſich in einem horizontalen Zuſammenſchub. Daß aber nicht 
die ganze Oberfläche in gleichmäßige Falten gelegt wird, erklärt ſich wahr- 
jcheinlich aus der ungleichmäßigen Kontraktion. Die faltende Kraft ergreift 
zunächſt die ſchwächſten Teile der Krufte, und die Runzelung ift um jo 
intenjiver, je mehr andere Teile derjelben widerftehen.! 

ne Be $ 235. Wir wollen uns nicht weiter in theoretifche Erörterungen ein- 
lafien, da e8 dem Geographen nur darauf ankommt, die äußere Form der 
Gebirge aus deren innerem Bau zu erflären. Leider können wir dieſer 
Forderung der modernen Wiſſenſchaft nur in ſehr beichränttem Maße ge- 
nügen. Die Lüdenhaftigfeit der geognoftiichen Erfenntnis und der ſtark 
ausgeprägte Individualismus der SKettengebirge geftatten noch nicht Die 
Aufftellung eines Syſtemes; und wir müſſen ung damit begnügen, den 
Gebirgsbau an einigen lehrreichen Beilpielen zu erläutern. 

Einige Erhebungen, wie 3. B. der füdliche Ausläufer des pennintjchen 
Gebirges oder der „Weald“ in England, bejtehen aus einer einzigen Unti- 
flinale. Bon diefer einfachften architeftonifchen Form wollen wir aber ab- 
jehen, da fie nur bei niederem Hügelland beobachtet wurde. Unter den 
echten Rettengebirgen ift der Schweizer Jura am einfachſten gebaut (Fig. 109). 


Nard 






-_ 


Fig. 109. Profil durch den mweitlihen Jura nad P. Choffat. 


Er befteht aus Triag-, Jura⸗, Kreide- und Eocänſchichten, die in ftehende 
oder nordivärt® geneigte Falten gelegt find. Nach Heim beträgt die Zahl 
der Falten cirfa 160; feine derjelben — und dies fcheint ein allgemein 
gültiges Gejeß zu fein — erreicht die Länge des ganzen Gebirges (320 km), 
fondern fie ftreichen nur 12—90 km (eine fogar 162 km) weit und tauchen 
dann unter, um anderen Pla zu machen. Auf dem Wege quer durd) 
das Gebirge durdjjchneidet man etwa 10—12 Falten, die parallel neben 
einander berziehen. An beiden Seiten wird der Jura von Hochebenen be 
grenzt, zwifchen denen nur infofern ein Unterfchied befteht, als die ſüdliche 
aus jüngeren Tertiärbildungen zufammengefebt ift, während dagegen auf 





1 Favre verjuchte die Gebirg3bildung experimentell zu erklären. Thonſchichten, die 
auf geipannten Kautſchukplatten aufgetragen wurden, wurden durch die Zufammen: 
ziehung ihrer Unterlage, alfo durch Verminderung ihres Umfanges, gefaltet. 


Die widtigften Gberflähenformen des Feſtlandes. 299 


der franzöfifchen Seite diefelben Schichten, die dag Gebirge aufbauen, in 
ungeftörter Lagerung das Plateau bilden. 

Zu den einfachen Gebirgen gehört auch der aus kryſtalliniſchen Schie- 
tem und Granit bejtehende Böhmer Wald. Mit größter Regelmäßigfeit 
ftreihen die Schichten von Südoften nach Nordweiten und fallen nad) 
Rordoſten; es läßt fich daher das Vorhandenfein einer Reihe ifoflinaler 
‚alten vorausſetzen. 

$ 236. Die zonalen Gebirge mit einfeitigem Bau beftehen aus 
einer inneren kryſtalliniſchen Schieferzone und einer äußeren Sedimentzone. 
Die erjtere enthält meift auch alte Eruptivgefteine, denen man einjt Die 
Aufrichtung des Gebirges zujchrieb, während fie in Wirklichkeit gegenüber 
der faltenden Kraft nur eine palfive Rolle fpielten. Die Wejtalpen find 
das Muſter eines unſymmetriſchen Zonengebirges (Fig. 110). Won Norden 
nah Süden treten immer ältere Gebilde zutage, und wird das Bebirge ftufen- 












Zud id 
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\) Zraisirvttrmanan E_1Hreideformasion \sdAreformanon. Doors Zias) A Erstlin. Scaöfer 
Fig. 110. Profil durch die Weftalpen nad) Heim. 


weiſe höher. Die innere und höchite Zone bilden kryſtalliniſche Schiefer und 
Mafjengefteine, und jüngere Sedimente haben ſich nur noch in den Falten⸗ 
mulden vor der Denudation gerettet. In den daran fich fchließenden 
Rartien der Sedimentzone ift die Fryftallinifche Unterlage noch ftellenweife 
chtbar, aber die Hauptmafje der Gebirge befteht ſchon aus Trias-, Jura-, 
Kreide- und Eocängejteinen. Dann verjchwindet die kryſtalliniſche Unter- 
lage gänzlich unter der Sedimentdede, und am äußeren Rande machen 
auch die älteren Schichtgefteine der miocänen Molafje Platz, die nur noch 
in der Nähe des Gebirges in Falten gelegt wurde. Ein Blid auf das 
obige Profil (Fig. 110) lehrt ung, daß die Intenfität der Faltung in der Iryftal- 


Inifchen Zone am größten ijt und nad) außen abnimmt. Nur durch die 


Bildung großer Falten fünnen zonale Gebirge entjtehen, während in ein- 
tachen Gebirgen von der Art des Jura die faltende Kraft nur die ober- 
flächlichen Schichten ergriff. 

Sn den Alleghanies Liegt die kryſtalliniſche Zone im Dften und die 
Zedimentzone im Weiten. Wie in den Weftalpen grenzt auch hier Die 
eritere Zone an ein junges Tiefland und Die Ichtere an ein älteres Plateau, 
Das aus flach gelagerten Schichten derjelben Formationen befteht, wie der 
Außenrand der Sedimentzone. Aber in einer anderen Beziehung unter- 


Normale Ge⸗ 
birge mit zona⸗ 
lem und ein- 
feitigem Bau. 


Einjeitig— 
zonale GGebirge 
mit geſuntener 

Innenzone. 


300 Neuntes Kapitel. 


ſcheiden ſich die Alleghanies weſentlich von den Weſtalpen. Dieſe endigen 
an der inneren Zelte mit einem Steilabfall, jene ſinken aber langſam und 
terraſſenförmig zur atlantischen ITiefebene ab. Dagegen jcheint der Ural 
ganz nach dem Typus der Weſtalpen gebaut zu jein. Die kryſtalliniſche 
Zone fällt im Oſten ſteil zum ſibiriſchen Tiefland ab, während ſich die 
Sedimentzone nach Weſten allmählich verflacht. 

8237. Es liegt m der Natur der Sache, daß die kryſtalliniſche Zone, 
als die am meiſten gehobene auch die höchſte iſt, und dies iſt auch in 
den bisher genannten Gebirgen der Fall. In anderen Gebirgen haben 
aber Senkungen der Innenzone den urſprünglichen Zuſtand verwiſcht. So 
beſteht z. B. in den neuſeeländiſchen Alpen nur die weſtliche Ab— 
dachung der Hauptkette aus kryſtalliniſchen Schiefern und Granit. Eine 
Folge ſpäterer Niveauveränderungen iſt auch die häufig zu beobachtende Zer— 
trümmerung der kryſtalliniſchen Zone. 

Verhältnismäßig am beſten erhalten iſt ſie im bätiſchen Syſtem. 
unter welchem Namen man die nach Oſten bis Nordoſten ſtreichenden Ge— 
birge im ſüdöſtlichen Winkel ven Spanien zujfanmenfaßt.! Eine Scholl 
der inneren Schieferzone finden wir bei Cartagena; weiter ſüdlich treffen wir 
aber auf einen wohlerhaltenen Schieferzug, der ſich von der Sierra de los 
Filabres bis in die Provinz Malaga erſtreckt und mit dem Serpentinſtock 
von Marbella endet. Noch hat ſie ihren urſprünglichen hypſometriſchen 
Rang nicht eingebüßt, denn die Sierra Nevada, deren einfachen anti— 
klinalen Bau von Draſche anſchanlich geſchildert hat, iſt noch immer die 
Königin der iberiſchen Gebirge. Im Norden wird die Schieferzone von 
einem Gürtel ſekundärer und tertiärer Geſteine begleitet, die den Gibraltar 
fels und die Gebirge bis zur Guadalquivir- Ebene und nördlich von Lorco 
und Murcia zuſammenſetzen. 

In den Karpaten und Apenninen iſt dagegen nur noch die Außen— 
zone vollſtändig erhalten. Die Trümmer der Innenzone ziehen in Ungarn 
in der Form zahlreicher kleinerer und größerer Inſeln aus kryſtalliniſchem 
Schiefergeſtein und Granit von Preßburg bis Kaſchau (die hohe Tatra 
gehört zu denſelben) und tauchen dann wieder nach einer langen Unter 
brechung als zuſammenhängende Kette in der ſüdöſtlichen Bukowina und 
im öſtlichen Siebenbirgen auf. Noch größer iſt die Zerſtückelung dr 
apenniniſchen Innenzone, wie Sueß gezeigt hat; ihre Überreſte finden wir 
in den apmanmchen Alpen, anf den toskaniſchen Inſeln, im der Catena 


Dieſes Beiſpiel zeigt auch deutlich, wie ſehr die Geographie der geognomian 
Nertiefung bedarf, um die innere Zuſammengehörigkeit von anjcheinend ſelbſtändigen 


I berflächenformen zu erkennen. 


Die wihtigften Oberflächenformen des Feſtlandes. 301 


metallifera, im Circecap und auf der Inſel Zannone; und nur im Süden 
bat fih noch ein zufammenhängender Gebirgsreft in dem fteil gegen Weſten 
abiollenden calabrijchen Gebirge erhalten. Dem Senktungsfeld der unga- 
richen Tiefebene entfpricht die tyrrheniſche Tiefſee und dem galizifchen 
Plateau das adriatifche Flachmeer. Diejelbe Bauart, wie der Apennin, 
zeigt auch der Atlas, nur ift bier der Bruchrand der nördlichen Welt- 
gegend, aber ebenfall® dem Meere zugefehrt. 


Eine Bariation desſelben Phänomens bieten ung das böhmiſch— 
jächſiſche Erzgebirge und der centrale Balkan. Beide kehren ihre aus 
truftalliniſchen Schiefern beftehende Steilfeite nad) Süden, zu den Senkungs⸗ 
ieldern Des Egerthales und oberen Tundſchabeckens, während fie nad) 
Rorden fat unmerflich ſich abdachen. Ein Teil der Innenzone ift unter 
inen Senkungsfeldern begraben, aber die höchſten Partien derfelben ragen 
noch jenfeit der Tiefbeden als jelbftändige Gebirge empor (das Karls— 
bader Gebirge in Böhmen und das Ichtimaner Mittelgebirge in Ru— 
melien). 

Im Elburs find nad) Tietze Reſte der kryſtalliniſchen Zone nur 
noch im Weften und Oſten des kaspiſchen Abhanges erhalten. Die Cteil- 
ſeite befindet fich aber Hier nicht an der Innen=, jondern an der Außen- 
jite, obwohl jene in normaler Weife von einer Tiefebene und dieſe von 
einer Hochebene begrenzt wird. Aber auch) dieſe Anordnung ift fein all» 
semein befolgtes Geſetz. Der Himalaya hat eine Tiefebene an der 
äußeren und ein Plateau an der inneren Seite. Der Oftfuß des Felſen— 
aebirges liegt faft gleich Hoch, wie der weitliche, und ebenfo befteht zwi- 
ihen dem Ebrobeden im Süden und dem Garonnebeden im Norden der 
Pyrenäen fein beträchtlicher Höhenunterfchied. 


$ 238. In einigen Kettengebirgen wird die kryſtalliniſche Zone beider- Bonate Gebirge 
ſeits don Sedimentzonen eingefaßt. Man kann ihnen infofern einen len 
inmmetrifchen Bau zufchreiben, ala die Sedimente von beiden Seiten ihrem dimentzonen. 
Alter nach aufeinanderfolgen, jo daß die jüngjten den äußeren Randitreifen 
bilden. Eine vollftändige Symmetrie ift aber nicht vorhanden. In den 
Pyrenäen 3. B. bilden nur unzujammenhängende Granitmaſſen von 
unregelmäßiger Form die Erpftallinifche Achſe. Häufiger treten fie nur im 
öitlihen und mittleren Teil auf, während die Weftpyrenäen nur zwei 
Heine Granitinſeln befigen. Darauf folgen die Sedimentformationen big 
zum &ocän;! aber während die Kreide und das Eocän der Nordſeite auf 
den Fuß des Gebirges beichränft find, fteigen fie auf der Südſeite zu be— 


— — 


Carbon iſt nur unbedeutend entwickelt und Dyas ſcheint ganz zu fehlen. 


Verſchieden 
heiten des 
Raues ınner: 
halb eines 
Aettengerbirges. 


302 Neuntes Rapitel. 


dentenden Höhen an (Mt. Perdu 3352m) und bilden in den Central— 
pyrenäen Jogar den waſſerſcheidenden Hauptfamm, an dejien Zujammen- 
ſetzung fonft nur Granit und ſiluriſche Schiefer und im Weſten aud) Trias: 
ſandſtein Anteil nehmen. 

Die kryſtalliniſche Schieferzone der Alpen wird öftli vom Lago 
Maggiore auch im Süden von einer Kalkzone begleitet, doc kann letztere 
nicht als ein vollftändiges Analogon der nördlichen Zone aufgefaßt werden. 
Wir ſehen hierbei ganz ab von dem maſſenhaften Vorkommen von Eruptiv: 
gejteinen in Zidtirol. Bedentungsvoller It die abnorme, nordnordöjtlide 
Streihrihtung der Falten zwiſchen der Etſch und dem Fryftallintichen 
Ortler. und Adamellogebirge und der eigentümliche Bau der tiroliich: 
venetianiſchen Alpen (öftlich von der Etjch), in denen großartige und weit 
ſich erſtreckende Verwerfungen die dorherrichende Störungsform ſind und 
Faltungen nur lokal auftreten. An dem ganzen Außenrande der Süd— 
alpen (im großartigſten Maßſtabe im Karſt) herrſcht aber normale Faltung: 
und wie die Falten der nördlichen Zone nach Norden ſich neigen, ſo die 
der ſüdlichen nach Siden. In einem gewiſſen Sinne kann man alſo wohl 
and) heute noch, wie Bittner jüngſt dargethan Hat, von einem ſynimmetri— 
ſchen Ban der Oſtalpen ſprechen. 

Das höchſte Kettengebirge der Erde, der Himalaya, beſteht nach 
der Auffaſſung Stoliezka's aus fünf Zonen. Vie ſüdlichſte Zone, 135 km 
breit, beſteht zunächſt aus terttären Vorhöhen, worauf ein 2000—3N00 m 
bobes Gebirge aus ſiluriſchen und triaſſiſchen Schiefern, Sandfteinen um 
Konglomeraten und endlich ein noch höheres Gebirge aus kryſtalliniſchen 
Schiefern folgt. Die zweite, 25km breite Zone, der der höchſte Kamm 
angehört, bildet porpbyrartiger Gneiß. Die dritte Zone (59 km breit be 
jteht aus verichtedenen Schichten primärer und ſekundärer Formationen, 
Die vierte (56km breit) wieder aus kryſtalliniſchen Schiefern, und die 
fünfte aus dem coränen Schiefern und Zandjteinen des Andusthales. 
Nechnen wir das Karakorumgebirge mit Rücklicht auf ſeine Streichrichtung 
zum Himalayaſyſtem, jo haben wir m legterem ſogar acht Zonen zu unter: 
jcheiden. Denn auf das Tertiär am Indus folgt eine 97km breite Jon 
aus Syenitgneiß, darauf eine 50—60 km breite Zone aus primären und 
jefundären Schichten, und endlich cine Zone von Chloritgeiteinen in einer 
Breite von ca. 60 km. 

239, Schon aus diefem Beiſpiele können wir entnehmen, wie außer: 
ordentlich kompliziert der Ban mancher Gebirge it. Dies gilt auch ın 
anderer Beziehung. Schr treffend jagt von Mojſiſovies von den Alpen: 
„Ein gemeinſames Dach wölbt ſich zwar über dem großen, mit uniformen 
Schnörkeln ausgeftatteten Bau, aber die einzelnen Teile find zu verſchie— 


Die wichtigſten Gberflädenformen des Feſtlandes. 303 


denen Beiten, von verfchiedenen Baumeiftern und nach abweichenden Bau- 
itilen ausgeführt worden.” Neben der vorherrichenden Kammbildung finden 
wir in dieſem Hochgebirge auch Plateaus, die ſtets durch flache Lagerung 
der Schichten bedingt find; jo beiſpielsweiſe im Dachfteingebirge (Fig. 111), 
in den Kall- und Dolomitalpen Venetiend und des jüdöftlichen Tirols, und 
vor allem im Karft. Unter der Bezeichnung „Rarpaten“ verftehen wir 
nicht bloß das gefaltete Gebirge, fondern auch vulfanische Erhebungen, aljo 
wer genetiich ganz verfchiedene Bildungen, die aber orographifch völlig 
verſchmelzen. Ein anderes Beifpiel diefer Art find die Andes von Süd⸗ 
amerila. Längere Kettengebirge find felten in ihrem ganzen Verlauf gleich- 
mäßig ausgebildet. Eine vom Bodenfee bis zum Lago Maggiore fich 
erftreckende Thallinie fcheidet (nach den Ausführungen von Mojfifovics) 
die Alpen im zwei Teile, die in bezug auf ihre geologiiche Beichaffenheit 
weientlich verjchieden find. Geographiſch befonders wichtig ift die ſchon 








‘ 
' 
H 
D. . 
— 
— — 


Ss 
0 


G Srauwade. UT Untere Trias. Werfener Schiefer, Steinjalz. Virgloria⸗Kalk. 
Chbere Trias. H Hallitätter Kall. D Dadjftein-Ral.e L Lias. J Oberer Jura. 


Fig. 111. Profil des Dachſtein⸗Gebirges nad) von Hochſtetter. 





erwähnte Thatfache, daß nur die Ditalpen eine füdliche Sedimentzone be- 
ken. Die großen Kall- und Dolomitmafjen, welche bauptjächlich Die 
ördliche Sedimentzone zufammenfaffen, find in den Dftalpen obertriatifchen 
ınd rhätischen Alters, während fie in den Weftalpen der Sura- und Kreide- 
'ormation angehören. Hier nehmen auch die eocänen Flyjchichiefer und Sand- 
tteine hervorragenden Anteil an der Gebirgsbildung, indem fie zonenartig 
wiichen ben ſekundären Gefteinen auftreten, während fie in den Dftalpen 
zur auf den äußeren Rand beichräntt find; das unter dem Namen Nagel- 
ab befannte neogene Konglomerat fommt nur in den Weftalpen vor. 
m Balkan unterfcheibet Kanitz drei Teile. Won dem Bau des centralen 
Tales zwiſchen Sliwno und dem Iskerthal wurde fchon oben gefprochen; 
m weitlichen nahezu gleich hohen Balkan wird ber wafjericheidende Kanım 
ebenfalls von Fryftallinifchen Gefteinen gebildet, aber fie brechen am Süd⸗ 
cbhang nicht fteil ab, fondern werden an vielen Stellen von ſekundären 


Trometrie. 
Mittlere Höhe 
der Kontinente. 


294 Ueuntes Rapitel. 





Ein noch unfichereres Inftrument ist das Kochthermometer. Tie 
Höhenmeſſung mittels desjelben beruht daranf, daß der Siedepunft mit 
abnehmendem Luftdruck hinaufrüdt; er befindet ſich z. B. bei einem Baro— 
meterjtand don 760mm bei 100°, von TOO mm bei 97.7, von 6900 mm 
bet 93-5°. Die verjchiedenen Höhenangaben von Wandi in der ägyptiſchen 
Äquatorialprovinz (4" 35° N. 30% 26° D.) befehren ums, wie ſchwankend 
unjere Kenntniſſe von den hypſometriſchen Verhältniſſen uncivilifierter Yün- 
der find: 

Seehöhe 670m barometriſch (Emin Bey) 
575 = Ziedepunftbeit. (= ) 
731 - - (=) 
754 = barometriih) (unter). 

$ 232. Um größere oder fleinere Gebiete in bezug auf ihre Seehrhe 
vergleichen zu fünnen, muß man aus dem vorhandenen Meijungsmaterial 
Mittelwerte ableiten. Die Lehre von der Art und Weile, wie Diele 
Operation nad) emer logiſch richtigen Methode vorzunehmen tt, nennt 
von Sonklar Trometrie Das Endziel der orometriichen Arbeit ut die 
Feſtſtellung der mittleren Erhebung der Kontinente. Schon A. von Hum— 
boldt berechnete auf Grund höchſt mangelhafter hypſometriſcher Taten 
jolche Meittelwerte und fand für Europa 205, für Nordamerifa 223, fur 
Ziidamerifa 345 und für Wien 350m Mittelhöhe. Für Europa erhöhte 
Leipoldt, deſſen Unterſuchungen den bahnbrechenden Arbeiten von Sonklar's 
ebenbürtig zur Seite fteben, die Humboldt'ſche Zahl auf rumd 300m. 
Ebenjo dankenswert ift die orometriiche Bearbeitung Afrikas durch Cha— 
vanne, der für dieſen Erdteil eine durchichnittliche Seehöhe von 660m 
ermittelte. Dagegen find die amerifanichen Arbeiten wertlos. Nach Toner 
erheben ji) die Vereinigten Staaten im Vettel 648m über dem Meere; 
berechnet man aus den von Ganıet angegebenen Meittelhöhen der ein: 
zelnen Staaten nad) der Souklar'ſchen Methode den Mittelwert, jo er— 
hält man fogar 781m. Beide Zahlen find offenbar zu Hoch, denn die 
Erhebung Nordamerikas, das zum großen Teil aus Tiefland bejteht, fann 
unmöglich gleich oder größer fein, als die des afrikaniſchen Plateau— 
fontinentes. Man hat die Mittelhöhe von ganz Amerifa auf ca. 4WUm 
und die von Anſtralien auf 250m geichäßt, und bei diejen Werten müſſen 
wir vorläufig bleiben. Setzt man für Aſien die gleiche Zahl, wie fir 
Afrika, in Die Rechnung em, jo erhält man als mittlere Erhebung des 
ganzen Feſtlandes 540 m. Da die mittlere Tiefe des Weltmeeres ca. 3U0U m 
beträgt, jo erheben fi) alſo die Stontinente als mächtige Plateaumaſien 
durchſchnittlich 33500 m über dem Meeresboden. Gegenüber ihrem Bolumen 
iſt das der oberflächlichen Unebenheiten, die wir Gebirge nennen und de 


Bu Die wichtigen Gberflähenformen des Feſtlandes. 295 








man einſt als das Knochengerüſte der Erde betrachtete, verſchwindend klein. 
Zu demſelben Reſultate gelangen wir, wenn wir berechnen, um wie viel 
orographifch verichiedene Gebiete, gleichmäßig über den Kontinent aus⸗ 
gebreitet, denjelben erhöhen würden: 


Mittlere Effekt auf ben 
Die ' Rontinent 
m 


191 950 1389 ! 


Ipen 
Iberiſches Tafelland 452 222 
Rufland (vorwiegend Tiefebene). . | 5310 817 





Man erjieht aus diefem Beifpiele, daß die orometrische Bedeutung 
einer Terrainform nicht allein von ihrer Seehöhe, jondern in viel höherem 
Grade von ihrer Ausdehnung abhängt. In diefer Beziehung find Die 
großen Hoch- und Tiefebenen viel wichtigere Bejtandteile des Feſtlandes, 
als die gewaltigften Kettengebirge. 


Bau und Höhe der Kettengebirge. 
Die Arten ber 


$ 233. Alle großen Kettengebirge find durch Faltung der Erdrinde garen u. ihre 
entitanden. Die einfachfte Form find die normalen ftehenden Falten. Sliederung. 
Jede derfelben befteht aus zwei Teilen: dem Sattel, von dem Schichten 





a. Antillinallamm b. Synllinalthal c. Siollinallamm 
d. Iſoklinalthal e. Antillinalthal F. Syntlinallamm. 


dig. 105. Form und Orographie der Falten nad) Heim. 


beiderfeitig abfallen (daher Antiklinale genannt), und der Mulde, zu der 
die Schichten beiderfeitig fich zuneigen, und die man daher aud) als Syn- 
finale bezeichnet. Der Faltungsprozeß in feiner einfachiten Form bedingt 
einen wellenförmigen Bau der Erdoberfläche und jchafft mehr oder minder 
langgeftredte Antitlinalfämme und Synklinalthäler (a und 5 in 





! Hier kann nur die mittlere Mafjenerhebung in Betracht kommen, d. 5. die Höhe 
jenes Plateaus, das durch gleichmäßige Planierung von Berg und Thal entftehen würbe. 


296 Neuntes Rapitel. 


Fig. 105). Die nachfolgende Denudation kann aber dieſe natürliche An 
ordnung volljtändig umfehren, jo das Synklinalkämme und Anti— 
flinaltbhäler (f und — 
m — in Fig. 105) entſtehen. 
en — Ein zweites Produkt der 
— Zerſtörung ſind die Iſo— 
klinalkämme und So: 
Flinaltbäler ic und in 
sig. 105°, im welchen die Schichten beiderſeits nach der gleichen Richtung 
fallen. 

Die genannten Kämme und Thäler verlaufen in der Richtung der 
Falten und des Gebirges vorausgeſetzt, daß dieſes normal gebaut iſt — 
und ſind daher Längskämme und Längsthäler. Dagegen durch— 
ſchneiden Die Querthäler und 


loop nide Falte schirfe Flle stehend Fulte 


Fig. 106. Lage der Kalten nad Heim. 





ur Querkämme — wie Sig. 10% 
Br zeigt — die Schichten im ihrer 


Ztreichrichtung und bilden Som 
mit der Hanptrichtung Des Ve: 
birges mehr oder weniger recht 
Winkel. 

Neben ſtehenden Falten kom— 


men auch ſchiefe und liegende 


[1 
& 
° 
D 
1 
8 
— 
— 
8 
[ 
& 
& 
[} 
1 
s 


’ 








— [u ykeumme Lanastliden alten vor (ſ. Fig. 106). un 
rn —— — letzteem Falle können — wir 


Fig. 107. Längs— und Quergliederung 


N Hlärniſch — die Schid 
der Hohen Tamen. B. am Glärniſch — die Schich 


ten vollkommen horizontal liegen, 
und mir eingehende Unterſuchungen können hier die Dislokation nachweiſen. 
Bei größerer Faltungsintenſität entſtehen die Jog. Fſoklinalfalten (Fig. 1, 
in welchen die zuſammengedrückten Mulden und Sättel im gleichmäßigen 
Schichtenfall verſchwinden. Selbſtverſtändlich iſt bier anch die Längs— 
gliederung nur auf iſoklinale Kämme und Thäler beſchränkt. Wahrſcheinlich 
der Ausdruck der größten Faltungsintenſität iſt die Fächerſtruktur 
(gig. 105), Die der kryſtalliniſchen Zone der Alpen und auch anderer Ge— 
birge (3. B. des Kaukaſus) eigentümlich it. Die natürliche Ordnung erſcheint 
bier gerade umgekehrt, indem die Sattelkämme ſynklinalen und die Mulde: 
thäler autiklinalen Bau beiigen. 

Was wir von dein Kalten beobachten können, ſind nur Ruinen, die 
überdies noch zum größten Iheil durch das Pflanzenkleid oder durch 
Schnee md Eismaſſen unſeren Blicken entzogen ſind. Außerordentlich 
mühevoll iſt daher die Arbeit des Geologen, der aus unzähligen Einzel— 


Die wichtigſten Sberflähenformen des Feſtlandes. 297 


beobachtungen den inneren Bauplan der Gebirge herzuſtellen jucht, und es 
darf ung nicht Wunder nehmen, daß manches geologiiche Profil mehr ein 
Thantafiegemälde, als ein getreues Abbild der wirklichen Berhältnifje ift. 
Kamentli muß vor unkritifcher Benugung älterer Profile gewarnt werden, 
da die Erkenntnis der Faltungsphänomene al3 einer allgemeinen Erjchei- 
ng erſt aus den lebten Dezennien ftammt, und man früher nicht Die 
Vorſicht gebrauchte, 
die Profile quer zur 
vangsachſe der Fal⸗ 
ten aufzunehmen 
vergl. Fig. 108 8 
und b). 
1234 Durd Gran, ATZE 
xden Faltenwurf in Siur 
den oberen Schich— Fig. 1086. Dasſelbe Profil nad Kjeruff. 
ten erleidet der Um⸗ 
ıng der Erbe eine Verminderung. Wir müſſen uns aber dabei ftet3 
ser Augen halten, daß die gewaltigften Hochgebirge im Vergleich zum 
Erdförper Hein erjcheinen. Auf einem Riefenglobug von 2m Durchmeſſer 
würde jelbjt der höchſte Berggipfel der Erde, der Gauriſankar, fich als 
‚me faum merfbare Erhebung von 1-3mm Höhe darſtellen. Es ift daher 
erflärlih, daß der Einfluß der Faltungen auf den Erdumfang — wie 
Heim durch exakte Rechnungen nachgewieſen hat — verhältnismäßig ge- 
singfügig iſt. Der Zuſammenſchub der Schweizer Alpen beträgt nur 
‘5.2km (Breite vor der Faltung 158-2, jebige Breite 82km), und der 
Srdumfang wurde dadurch um nicht ganz 0-3 Prozent, ja durch die Fal— 
tung aller im Meridian der Alpen liegenden Gebirge höchſtens um 0-89 
Prozent verkleinert, d. 5. der frühere Erdradius von 6427 auf 6370 km 
verfürzt, wodurch eine Senkung der Erdoberfläche gegen den Mittelpunft 
im Betrage von 57 km eintrat. 

Damit find wir auch jchon der Frage nad) der legten Urjache der 
ebirgsbildung näher getreten. Früher, als man das Weſen des Gebirgs- 
raues noch nicht erkannt hatte, dachte man an mehr oder weniger plöß- 
.:che vertifale Erhebungen, die durch das Aufjteigen eruptiver Mafjen be- 
rt wurden. Aber Falten können nur durch Zuſammenſchiebung, aljo 
durch eine Horizontal wirkende Kraft hervorgebracht werden. Da dieje 
Kraft Schichten von jedem geologiichen Alter und jeder mineralogijchen 
Zuſammenſetzung ergreift, fo muß fie außerhalb derjelben liegen, und da 
Dir ihre Erzeugniſſe überall finden, fo muß fie eine allgemein wirtende 
Kraft jein. Eine ſolche ift die Schwerkraft; fie zwingt die Erdfrufte, 








Entftehung ber 
Gebirge. 


Einfache (We: 
birge. 


298 Neuntes Kapitel. 





ji dem durch Ausftrahlung Eleiner werdenden Stern anzufchntiegen. Aber 
die Strujte kann nur dadurd), daß fie durch Faltung ihren Umfang ver- 
mindert, dem Geſetz der Schwere folgen, d. h. die vertifal wirkende Schwer 
fraft äußert fi) in einem horizontalen Zuſammenſchub. Daß aber nid: 
Die ganze Oberfläche in gleihmäßige Falten gelegt wird, erflärt fid) wahr: 
Iheinlich aus der ungleichmäßigen Kontraktion. Die faltende Kraft ergreit 
zunächſt Die ſchwächſten Teile der Kruſte, und die Runzelung ift um te 
intenſiver, je mehr andere Teile derſelben widerftehen.! 

$ 235. Wir wollen ung nicht weiter in theoretiiche Erörterungen ein 
lafjen, da e8 dem Geographen nur darauf ankommt, die äußere Form Der 
Gebirge ans deren innerem Bau zu erflären. Leider fünnen wir Dieter 
‚sorderung der modernen Wiſſenſchaft nur im jehr beſchränktem Maße ar- 
nügen. Die Lückenhaftigkeit der geognoitiichen Erkenntnis umd der ſtart 
ausgeprägte Individualismus der Stettengebirge geftatten noch nicht Di 
Aufſtellung eines Syſtemes; und wir müflen uns damit begnügen, der 
Gebirgsbau an einigen [chrreichen Beiſpielen zu erläutern. 

Einige Erhebungen, wie 3.9. der ſüdliche Ausläufer des penniniſchen 
Gebirges oder der „Weald“ in England, beitehen aus einer einzigen Ant: 
klinale. Von dieſer einfachſten architeftoniichen Form wollen wir aber at 
ſehen, da fie nur bei niederem Hügelland beobachtet wurde. Unter der 
echten tettengebirgen it der Schweizer Jura am einfadhiten gebaut (Fig. 10. 


Nord Yun! 


rn me et nn. SIT — > 
— — — — — — — — — — — — Timm. 





ig. 109. Profil durch den weſtlichen Jura nad) P. Choffat. 


Er bejteht aus Trias, Sura, Kreide und Eocänſchichten, die in ſtehende 
oder nordivärts geneigte ‚galten gelegt find. Nach Heim beträgt die Jah. 
der Falter cirka 160; feine derſelben — umd dies Tcheint ein allgeme 
gültiges Gejeg zu ſein — erreicht die Yänge des ganzen Gebirges (32U km’, 
ſondern Ste ſtreichen nur 12 - 90 km (eine jogar 162 km) weit und tauchen. 
dann unter, um anderen Pla zu machen. Auf dem Wege quer durd 
das Gebirge Durchichneidet man etwa 10—12 Falten, die parallel neben 
einander herziehen. An beiden Zeiten wird der Jura von Hochebenen be 
grenzt, zwischen denen nur inſofern ein Unterichied beſteht, als die ſüdliche 
aus jüngeren ITerttärbildungen zuſammengeſetzt it, während dagegen auf 


I Sadre derfuchte die Gebirgsbildung erperimentell zu erflären. Ihonichichten. die 
auf geſpannten Kautſchukplatien aufgetragen wurden, wurden durch die Zulammer- 
ziehung ihrer Unterlage, alfo durch Verminderung ihres Umfanges, gefaltet. 


Die wichtigſten Gberflähenformen des Feſtlandes. 299 


der franzöfifchen Seite diefelben Schichten, die dag Gebirge aufbauen, in 
ungeftörter Lagerung das Plateau bilden. 

Zu den einfachen Gebirgen gehört auch der aus kryſtalliniſchen Schie- 
tem ımd Granit beitehende Böhmer Wald. Mit größter Negelmäßigkeit 
ftreihen die Schichten von Südoſten nach Nordweften und fallen nad) 
Nordoften; es läßt fich daher das Vorhandenfein einer Reihe ijoflinaler 
Falten vorausſetzen. 

5236. Die zonalen Gebirge mit einſeitigem Bau beſtehen aus 
einer inneren kryſtalliniſchen Schieferzone und einer äußeren Sedimentzone. 
ie erftere enthält meift auch alte Eruptivgefteine, denen man einft die 
Aufrichtung des Gebirges zujchrieb, während fie in Wirklichkeit gegenüber 
der faltenden Kraft nur eine paſſive Rolle jpielten. Die Weſtalpen find 
das Mufter eines unſymmetriſchen Zonengebirges (Fig. 110). Bon Norden 
nah Süden treten immer ältere Öebilde zutage, und wird das Gebirge ftufen- 





Fig. 110. Profil durch die Weitalpen nad) Heim. 


weite Höher. Die innere und höchſte Zone bilden kryſtalliniſche Schiefer und 
Maſſengeſteine, und jüngere Sedimente haben ſich nur noch in den Falten⸗ 
mulden vor der Denudation gerettet. In den daran fich fchließenden 
Zartien der Sedimentzone ift die kryſtalliniſche Unterlage noch ftellenweife 
ſichtbar, aber die Hauptmaſſe der Gebirge befteht ſchon aus Triag-, Jura-, 
Kreide- und Eovcängefteinen. Dann verſchwindet die kryſtalliniſche Unter- 
lage gänzlich unter der Sedimentdede, und am äußeren Rande machen 
auch die älteren Schichtgejteine der miocänen Molaſſe Plab, die nur nod) 
in der Nähe des Gebirges in ‘Falten gelegt wurde. Ein Blid auf das 
obige Profil (Fig. 110) lehrt ung, daß die Intenfität der Faltung in der kryſtal⸗ 


nniſchen Bone am größten ift und nad) außen abnimmt. Nur durch die 


Bildung großer Falten können zonale Gebirge entjtehen, während in ein- 
tachen Gebirgen von der Art des Jura die faltende Kraft nur die ober- 
flächlichen Schichten ergriff. 

In den Alleghanies Liegt die Eryftalliniiche Zone im Dften und die 
zedimentzone im Weſten. Wie in den Weftalpen grenzt auch hier die 
eritere Zone an ein junges Tiefland und Die letztere an ein älteres Plateau, 
das aus flach gelagerten Schichten derjelben Formationen bejteht, wie der 
Außenrand der Sedimentzone. Aber in einer anderen Beziehung unter- 


Normale Ge- 


birge mit zona⸗ 


lem und ein- 
feitigem Bau. 


Kinizıtiy- 
zonale twebirge 
mit geiumfener 

Innenzone. 


300 Ueuntes Rapitel. 


ſcheiden ſich die Alleghanies weſentlich von den Weſtalpen. Dieſe endigen 
an der inneren Seite mit einem Steilabfall, jene ſinken aber langſam und 
terraſſenförmig zur atlantiſchen Tiefebene ab. Dagegen ſcheint der Ural 
ganz nach dem Typus der Weſtalpen gebaut zu ſein. Die kryſtalliniſche 
JZone Fällt im Oſten ſteil zum ſibiriſchen Tiefland ab, während ſich die 
Sedimentzone nach Weſten allmählich verflacht. 

8237. Es liegt in der Natur der Sache, daß die kryſtalliniſche Zone, 
als die am meiſten gehobene auch die höchſte iſt, und dies iſt auch in 
den bisher genannten Gebirgen der Fall. In anderen Gebirgen haben 
aber Senkungen der Innenzone den urſprünglichen Zuſtand verwiſcht. So 
beſteht z. B. im den neuſeeländiſchen Alpen nur die weſtliche Ab— 
dachuug der Hauptkette aus kryſtalliniſchen Schiefern und Granit. Eine 
Folge ſpäterer Niveauveränderungen iſt auch die häufig zu beobachtende Zer— 
trümmerung der kryſtalliniſchen Zone. 

Verhältnismäßig am beſten erhalten iſt ſie im bätiſchen Syſtem. 
unter welchem Namen man die nach Oſten bis Nordoſten ſtreichenden Ge— 
birge im ſüdöſtlichen Winkel von Spanien zuſammenfaßt.“ Eine Scholle 
der inneren Schieferzone finden wir bei Cartagena: weiter ſüdlich treffen wir 
aber auf einen wohlerhaltenen Schieferzug, Dev ſich von der Sierra de los 
‚stlabres bis in Die Provinz Malaga eritredt und mit dem Zerpentmvtet 
von Marbella endet. Noch Hat Te ihren urſprünglichen hypſometriſchen 
Manag nicht eingebüßt, denn Die Zierra Nevada, deren einfachen antı 
finalen Bau von Draſche anſchaulich geichildert hat, iſt noch immer die 
Königin der ibertichen Gebirge. Im Norden wird die Scdjieferzone von 
einen Gürtel ſeknndärer und tertiärer Geftene begleitet, die den Gibraltar 
fels und die Gebirge bis zur Guadalquivir Ebene und nördlich von Lorco 
und Murcia zuſammenſetzen. 

In den Karpaten und Apenninen iſt Dagegen nur noch die Außen— 
zone vollſtändig erhalten. Die Trümmer der Innenzone ziehen in Ungarn 
in der Form zahlreicher kleinerer und größerer Inſeln aus kryſtalliniſchem 
Schiefergeſtein und Granit von Preßburg bis Kaſchau (Die hohe Tatra 
gehört zu denſelbhen) und tauchen dann wieder nach einer langen Unter: 
brechung als zuſammenhängende Kette in der ſüdöſtlichen Bukowina und 
im öſtlichen Ziebenbirgen auf. Noch größer iſt die Zerſtückelung der 
apenniniſchen Innenzone, wie Sueß gezeigt Datz ihre Überreſte finden wir 
in dem apuaniſchen Alpen, anf den toskaniſchen Inſeln, in der Catena 


! Tiefes Beiſpiel zeigt anch deutlich, wie ſehr die Geographie der geognoſticn 
Vertiefung bedarf, um die Innere Zuſammengehörigkeit den anſcheinend ſelbſtaändzen 
Tperflachenrermen zu erkennen. 


Die wichtigſten Gberfläcdienformen des Feflandes. 301 


metallifera, im Gircecap und auf der Inſel Zannone; und nur im Süden 
bat jich noch ein zujammenhängender Gebirgäreft in dem fteil gegen Weften 
abjallenden calabrijchen Gebirge erhalten. Dem Senktungsfeld der unga- 
rien Tiefebene entipricht die tyrrheniſche Tiefſee und dem galiziichen 
Plateau das adriatiiche Flachmeer. Diejelbe Bauart, wie der Apennin, 
xigt auch der Atlas, nur ift hier der Bruchrand der nördlichen Welt- 
gegend, aber ebenfall3 dem Meere zugefehrt. 


Eine Variation desfelben Phänomens bieten ung das böhmifch- 
sähliiche Erzgebirge und der centrale Balkan. Beide kehren ihre aus 
hnftallinifchen Schiefern beitehende Steilfeite nad) Süden, zu den Senfungs- 
ieldern des Egerthale® und oberen Zundjchabedens, während fie nach 
Norden faft unmerklich fi) abdachen. Ein Teil der Innenzone ift unter 
jenen Senkungsfeldern begraben, aber die höchften Bartien derfelben ragen 
noch jenfeit der Tiefbeden als ſelbſtändige Gebirge empor (dag Karls- 
baber Gebirge in Böhmen und das Ichtimaner Mittelgebirge in Ru— 
melien). 

Im Elburs find nah Tiege Refte der Fryftallinifchen Zone nur 
noch im Weſten und Djten des kaspiſchen Abhanges erhalten. Die Steil- 
ſeite befindet fich aber Hier nicht an der Innen-, fondern an der Außen- 
ite, obwohl jene in normaler Weije von einer Ziefebene und diefe von 
einer Hochebene begrenzt wird. Aber auch diefe Anordnung ift fein all- 
gemein befolgtes Geſetz. Der Himalaya Hat eine Tiefebene an ber 
äußeren und ein Plateau an der inneren Seite, Der Oftfuß des Felſen— 
gebirges liegt fajt gleich hoch, wie der weſtliche, und ebenfo befteht zwi- 
ihen dem Ebrobeden im Eüden und dem Garonnebeden im Norden der 
Pyrenäen fein beträchtlicher Höhenunterjchied. 


$ 238. In einigen Kettengebirgen wird die kryſtalliniſche Zone beider- Zonale Gebirge 
kıts von Sedimentzonen eingefaßt. Mean kann ihnen infofern einen —— 
inmmetrifchen Bau zuſchreiben, als die Sedimente von beiden Seiten ihrem dimentzonen. 
Alter nach aufeinanderfolgen, fo daß die jüngsten den äußeren Randftreifen 
biden. Eine vollftändige Symmetrie ift aber nicht vorhanden. In den 
Pyrenäen 3. B. bilden nur unzufammenhängende Granitmaffen von 
unregelmäßiger Form die Eryftallinifche Achje. Häufiger treten fie nur im 
öftlichen und mittleren Zeil auf, während die Weftpyrenäen nur zwei 
Heine Sranitinjeln befigen. Darauf folgen die Sedimentformationen big 
zum Cocän;! aber während die Kreide und das Eocän der Nordfeite auf 
den Fuß des Gebirges beichränft find, fteigen fie auf der Südfeite zu be- 


— — — 


* Sarbon iſt nur unbedeutend entwickelt und Dyas ſcheint ganz zu fehlen. 


Einfeitig- 
zonale Gebirge 
mit geiunfener 

Innenzone. 


300 Neuntes Rapitel. 


ſcheiden ſich die Alleghanies weſentlich von den Weſtalpen. Dieſe endigen 
an der inneren Seite mit einem Steilabfall, jene ſinken aber langſam und 
terraſſenförmig zur atlantiſchen Tiefebene ab. Dagegen ſcheint der Ural 
ganz nach dem Typus der Weſtalpen gebaut zu ſein. Die kryſtalliniſche 
Zone fällt im Oſten ſteil zum ſibiriſchen Tiefland ab, während ſich die 
Sedimentzone nach Weſten allmählich verflacht. 

$ 237. Es liegt in der Natur der Sache, daß die kryſtalliniſche Zone, 
als die am meiften gehobene auch die höchfte ift, und dies ift auch in 
den bisher genannten Gebirgen der al. In anderen Gebirgen haben 
aber Senfungen der Innenzone den urfprünglichen Zuftand verwiſcht. So 
beiteht 3. B. in den neufeeländifhen Alpen nur die weitliche Ab- 
dachung der Hauptfette aus kryſtalliniſchen Schiefern und Granit. Eine 
Folge ſpäterer Niveauveränderungen ift auch die häufig zu beobachtende Ber: 
trümmerung der kryſtalliniſchen Zone. 

Verhältnismäßig am beiten erhalten ift fie im bätifchen Syſtem, 
unter welchem Namen man die nach Oſten big Nordoſten jtreichenden Ge- 
birge im füdöftlichen Winkel von Spanien zufammenfaßt.! Eine Scholle 
der inneren Schieferzone finden wir bei Cartagena; weiter jüdlich treffen wir 
aber auf einen wohlerhaltenen Schieferzug, der fich von der Sierra de los 
Filabres bis in die Provinz Malaga erftredt und mit dem Serpentinftod 
von Marbella endet. Noch hat fie ihren urjprünglichen hypſometriſchen 
Rang nicht eingebüßt, denn die Sierra Nevada, deren einfachen anti- 
finalen Bau von Drafche anfchaulich gejchildert Hat, ift noch immer Die 
Königin der iberifchen Gebirge. Im Norden wird die Schieferzone von 
einem Gürtel fetundärer und tertiärer Gefteine begleitet, Die den Gibraltar- 
fels und die Gebirge bis zur Guadalguivir-Ebene und nördlich von Lorco 
und Murcia zufammenfeten. 

In den Karpaten und Apenninen ift Dagegen nur nod) die Außen- 
zone vollitändig erhalten. Die Trümmer der Innenzone ziehen in Ungarn 
in ber Form zahlreicher kleinerer und größerer Injeln aus kryſtalliniſchem 
Schiefergeftein und Granit von Preßburg bis Kafchau (die hohe Tatra 
gehört zu denfelben) und tauchen dann wieder nach einer langen Unter- 
brechung al3 zujammenhängende Kette in der jüdöftlichen Bulowina und 
im öftlichen Siebenbürgen auf. Noch größer ift die Berftüdelung der 
apenninifchen Innenzone, wie Sueß gezeigt hat; ihre Überrefte finden wir 
in den apuaniſchen Alpen, auf den tosfanijchen Inſeln, in der Catena 








ı Diejes Beijpiel zeigt auch deutlich, wie fehr die Geographie der geognoftifchen 
Vertiefung bedarf, um die innere Zufammengebörigkeit von anſcheinend felbjtändigen 
Oberfläcenformen zu erkennen. 


Die widtigften ®berflähenformen des Feſtlandes. 303 


denen Beiten, von verjchiedenen Baumeiftern und nad; abweichenden Bau- 
ttilen ausgeführt worden.” Neben der vorherrfchenden Kammbildung finden 
wir in dieſem Hochgebirge auch Plateaus, die ſtets durch flache Lagerung 
der Schichten bedingt find; fo beifpielsweife im Vachfteingebirge (Fig. 111), 
ın den Kall- und Dolomitalpen Venetien® und des füdöftlichen Tirols, und 
vor allem im Sarft. Unter der Bezeichnung „Karpaten“ verftehen wir 
at bloß das gefaltete Gebirge, ſondern auch vulfanifche Erhebungen, alfo 
wei genetifch ganz verjchiedene Bildungen, die aber orographiſch völlig 
serichmelzen. Ein anderes Beifpiel diefer Art find die Andes von Süd— 
amerifa. Längere Kettengebirge find felten in ihrem ganzen Verlauf gleich- 
mäßig ausgebildet. Eine vom Bobenfee bis zum Lago Maggiore fich 
erſtreckende Thallinie fcheidet (nach den Ausführungen von Mojfifovica) 
ie Alpen in zwei Teile, die in bezug auf ihre geologische Beſchaffenheit 
meientlich verfchieden find. Geographiſch bejonders wichtig ift die fchon 


DEE 
0 


I 2 








G Grauwade. UT Untere Trias. Werfener Schiefer, Steinfalz. Virgloria⸗Kalk. 
Cbere Trias. H Hallitätter Kalt. D Dadjftein-Kall. L Liane. J Oberer Jura. 


Fig. 111, Profil des Dachſtein⸗Gebirges nad) von Hochſtetter. 


erwähnte Thatjache, daß nur die Oftalpen eine füdliche Sedimentzone be- 
een. Die großen Kalk- und Dolomitmaffen, welche hauptfächlich die 
rördliche Sedimentzone zujammenfajlen, find in den Oftalpen obertriatifchen 
und rhätiichen Alters, während fie in den Weftalpen der Jura- und Kreibe- 
iormation angehören. Hier nehmen auch die eocänen Flyſchſchiefer und Sand- 
reine hervorragenden Anteil an der Gebirgäbildung, indem fie zonenartig 
wiichen den ſekundären Gefteinen auftreten, während fie in den Dftalpen 
zur auf den äußeren Rand beichräntt find; das unter dem Namen Nagel- 
Auh befannte neogene Konglomerat kommt nur in den Weftalpen vor. 
Im Balkan unterjcheidet Kani drei Teile. Von dem Bau des centralen 
Teiles zwiſchen Sliwno und dem Iskerthal wurde ſchon oben geiprochen; 
m weftlichen nahezu gleich hohen Balkan wird der wafjerfcheidende Kamm 
benfalls von kryſtalliniſchen Gefteinen gebildet, aber fie bredden am Süd⸗ 
ıbhang nicht fteil ab, fondern werden an vielen Stellen von felundären 


Berichieden: 
heiten des 
Baues inner- 
halb eines 
Kettengebirges. 


302 Heuntes Kapitel. 


dDeutenden Höhen an (Mt. Perdu 3352 m) und bilden in den Gentral- 
pyrenäen fogar den wafjerjcheidenden Hauptlamm, an deſſen Zufammen- 
jegung jonft nur Granit und filuriiche Schiefer und im Weiten auch Trias- 
jandftein Anteil nehmen. 

Die kryſtalliniſche Schieferzone der Alpen wird öſtlich vom Lago 
Maggiore auch im Süden von einer Kalfzone begleitet, doch kann letztere 
nicht als ein vollftändiges Analogon der nördlichen Zone aufgefaßt werden. 
Wir jehen hierbei ganz ab von dem mafjenhaften Vorkommen von Eruptiv- 
gejteinen in Südtirol. Bedeutungsvoller iſt die abnorme, norbnorböftliche 
Streihridtung der Falten zwifchen der Etſch und dem kryſtalliniſchen 
Ortler- und Adamellogebirge und der eigentümlihe Bau der tirolifc 
venetianischen Alpen (öftlic) von der Etſch), in denen großartige und weit 
fich erjtredende Verwerfungen die vorherrichende Störungsform find und 
Faltungen nur lofal auftreten. An dem ganzen Außenrande der Süb- 
alpen (im großartigften Maßſtabe im Karjt) herricht aber normale Faltung; 
und wie die Falten der nördlichen Zone nach Norden fich neigen, fo die 
der füdlichen nach Süden. In einem gewiſſen Sinne kann man alfo wohl 
auch heute noch, wie Bittner jüngft dargethan bat, von einem ſymmetri⸗ 
Ihen Bau der Oſtalpen fprechen. 

Das höchſte Kettengebirge der Erde, der Himalaya, befteht nad) 
der Auffaffung Stoliczfa’3 aus fünf Zonen. Die füdlichite Zone, 135 kn 
breit, befteht zunächit aus tertiären Vorhöhen, worauf ein 2000—8000 m 
hohes Gebirge aus filurifchen und triaffiichen Schiefern, Sandfteinen und 
Konglomeraten und endlich ein noch höheres Gebirge aus Eryftallinischen 
Schiefern folgt. Die zweite, 23km breite Zone, ber der höchfte Kamm 
angehört, bildet porphyrartiger Gneiß. Die dritte Zone (89km breit) be- 
jteht aus verjchiedenen Schichten primärer und felundärer Formationen, 
die vierte (56km breit) wieder aus kryſtalliniſchen Schiefern, und bie 
fünfte aus den eocänen Sciefern und Sanbdfteinen des Industhales. 
Rechnen wir das Karaforumgebirge mit Rüdficht auf feine Streihrichtung 
zum Himalayaſyſtem, jo haben wir in lehterem fogar acht Zonen zu unter- 
Icheiden. Denn auf das Tertiär am Indus folgt eine 97 km breite Zone 
aus Syenitgneiß, darauf eine 50—60km breite Zone aus primären und 
ſekundären Schichten, und endlich eine Zone von Chloritgefteinen in einer 
Breite von ca. 60km. 

$ 239. Schon aus diefem Beifpiele können wir entnehmen, wie außer⸗ 
ordentlich kompliziert der Bau mancher Gebirge ift. Dies gilt auch in 
anderer Beziehung. Sehr treffend jagt von Mojfifovics von den Alpen: 
„Ein gemeinfames Dach wölbt fi) zwar über dem großen, mit uniformen 
Schnörkeln ausgeftatteten Bau, aber die einzelnen Teile find zu verjchie- 





i Die wichtigen ©berflähenformen des Seflandes, 5 305 


Schantung und das Gebirge von Liautung in China. Das alte kryſtal⸗ 
liniſche Gebirge ftrih nah Süpdfüdoften, wurde aber fpäter famt den 
jüngeren Gebilden in oftnordöftlich gerichtete Falten gelegt. Nur einzelne 
Maſſen widerftanden dem zweiten Zuſammenſchub, wie der gewaltige Zug 
des Hwangſchan, der die ältere Richtung beibehalten hat, während unmittel⸗ 
bar daneben Ketten dem zweiten Syſtem folgen. 

In der Regel ſtreichen die Gebirgsketten parallel mit den Schichten, 
aber Ausnahmen find nicht jelten. Im öſtlichen Elburs fchneiden ſich 
beide (nad) Tietze) unter einem = 20 2 ny0 
ipigen Winkel. Dasfelbe ift der | 
sal im Dlymp und Hymet- 
tus, während im Oſſa und 
Pelion und auf der Athoshalb- 
intel das Gebirge nah Süb- 
often, die Schichten aber nad 
Rorboften ſtreichen. Im Gegen⸗ Fig. 112. Das Bufammentrefien des ſiniſchen 
ſatz Dazu zieht das Gebirge ber 5, peg Kuenlun-Syftems nad) v. Richthofen. 
auſtraliſchen Provinz Viktoria 
von Weiten nach Dften, während Die Falten der meridionalen Richtung 
folgen. In allen diefen Fällen haben wir es offenbar mit fpäteren, 
tiefgreifenden Veränderungen zu thun; wir müfjen uns vorjtellen, daß ein 
Teil des Gebirges abgefunfen, und daß die Richtung des Gebirgskammes 
durch die der Bruchlinie bedingt ift. 

$ 241. Tritt nicht eine fpätere Senkung des ganzen Gebirges oder 
einzelner Teile desjelben ein, jo ift feine Höhe einerfeit von der Faltungs— 
intenfität, anderfeit8 von dem Betrage der Denudation abhängig. Lebtere 
wird, wie befanmt, durch die Ragerungsverhältniffe, Geſteinsbeſchaffenheit 
und das Klima, fowie aud) durch ihre Dauer, d. 5. durch das Alter des 
Gebirges bedingt. Man beftimmt das Alter nad) dem von Elie de Beau- 
mont anfgeftellten Prinzip, wonach die Dislofation einer Schicht jünger ift, 
als die Schicht felbit, aber älter als die nächfte ungeftörte Formation. 

Zu den älteren Gebirgen gehören die Alleghanied. Der Hochgebirgs- 
harafter ift bereits verfchwunden, Teine Gipfel erheben fich in fühnen 
Formen und das ganze Gebirge erjcheint als eine Folge mauerartiger 
Kämme. Die höchſte Erhebung (Blad Dome) beträgt nur 2044m. Ein 
altes Gebirge ift auch der Kuenlun; feine Gipfel fteigen zwar, infolge der 
bedeutenden Faltungsintenfität und wohl auch aus dem Grunde, daß es 


ı 8 tft beachtenswert, bat bie ebenfall3 aus primären Yormationen beftehende 
Oeupttette von Sübauftralien meribional ift. 
Guyen, Bünfifiche Erdkunde, 20 





Odhe ber 
Stettengebirge. 


Die Richtung 
der Ketten 
gebirge. 


304 Heuntes Kapitel. 





und tertiären Sedimenten bededt. Im niederen Dftteil treten die Exryital- 
liniſchen Geſteine gar nicht zu Tage; Horizontal gelagerte Kreideichichten 
bilden die janften Höhen und wechjellagern am Südabhang mit Eruptiv- 
mafjen. Dieſe Beijpiele mögen genügen, um zu zeigen, daß die Ein- 
teilungen der Gebirge ftet3 auf den Berfchiebenheiten des inneren Baues 
fi gründen müfjen; nur muß dem Geographen zugeftanden werden, Die 
einzelnen Teile durch orographiich bedeutfame Linien, alſo vor allem burd) 
Thäler zu begrenzen, wenn dieje auch nicht genau mit den geognoftiichen 
Grenzen zujammenfallen. | 

$ 240. Die Richtung der Kettengebirge hängt zunächſt von ber 
Richtung der zujammenjchtebenden Kraft ab. Bei den bogenfürmig ge: 
frümmten Gebirgen von Europa ift die fonfave Innenfeite nah Süden 
und die fonvere Außenfeite nach Norden gefehrt, während in Aſien der 
umgefehrte Fall ftattfindet. Es läßt ſich daraus jchließen, Daß die gebirgs- 
bildende Kraft dort im allgemeinen von Süden nach Norden und bier von 
Norden nad Süden wirkte. Die Bogenform felbft ift entweder eine Folge 
von Veränderungen der Richtung oder der Intenfität des Zuſammenſchubs. 
Se gleichmäßiger die Kraft wirkt, deſto geradliniger verläuft das Gebirge. 
Der Kuenlun, der auf eine Länge von ca. 3000 km feine Richtung konftant 
beibehält, und der faft Halbfreisföürmige Bogen der Karpaten bilden ın 
diefer Beziehung Scharfe Gegenfäte. 

Die Richtung der Kettengebirge wurde überdies auch durch benachbarte 
ältere Gebirge beeinflußt. Für das Alpenſyſtem bildeten das Gneißmaſſiv 
der Eerre (bei Töle, füdöftlich von Bejancon), der Schwarzwald und das 
große böhmische Maſſiv ftauende Hinderniffe; wo ſolche fehlen, entwideln 
ih die Falten freier und regelmäßiger. Beſonders Har tritt dieſes von 
Sueß entdedte Geſetz am Dftende des böhmischen Maſſivs hervor, indem 
die Alpenketten ſich fächerfürmig teilen und der Karpatenbogen weit nad) 
Norden vorrüdt. 

Es ift eine Folge der Faltenbildung durch eine horizontal wirkende 
Kraft, daß fich Kettengebirge niemals freuzen. Die fogenannten Gebirg3- 
fnoten, von denen Ketten nach verjchiedenen Richtungen ausgehen, find 
nur Erofionsprodufte. Wohl aber greifen verjchiedene Richtungsſyſteme 
an ihren Enden in mannigfaltiger Weife ineinander. ig. 112 zeigt uns, 
wie ſich das ſiniſche Gebirgsſyſtem allmählich immer inniger an den älteren 
Kuenlun anfchmiegt. Im Fichtelgebirge, in dem zwei Syſteme faſt recht⸗ 
winfelig aufeinander treffen, verlaufen nad) Gümbel die Falten in ber 
Richtung des älteren Erzgebirges und die Bruchlinien in der des jüngeren 
Böhmer Waldes. Das einzige befannte Beiſpiel einer doppelten Faltungs⸗ 
richtung in einem und demfelben Gebirge bieten und der öftliche Teil von 








Die widtigften Oberflähenformen des Feſtlandes. 307 


Andes beträgt die Paßhöhe im Mittel 4400 und in ben öftlichen 4100 m. 
Im üblichen Felſengebirge finkt fein gemeffener Pak unter 3000 m herab, 
und erjt nördlich vom 41. Parallel, wo Thäler die Hauptwaſſerſcheide 
durchbrechen, fand die Pacifichahn im Evanspaß (2378 m) ein bequemes 
Turhgangsthor. Wie wenig Schwierigkeiten bieten dagegen die Alpen 
dem Verkehr! Die mittlere Paßhöhe wird auf 2300 m berechnet; der 
hödhfte Paß, das neue Weißthor, erreicht allerdings 3699 m, aber ber 
niedrigfte des Hauptlammes, die Waſſerſcheide im Palten-Liefingthal, erhebt 
ich nur 846m über das Meereöniveau. 

Das Verhältnis der mittleren Paßhöhe oder der mittleren Kammhöhe! 
um Höhe des kulminierenden Gipfeld giebt uns einen ebenfo bequemen 
als exakten Ausdrud für den orographiichen Charakter der Känme. Es 
ft 5 8. bei den Pyrenäen = 1:1-43,. bei den Alpen aber = 1:2-05; 
beim Kuenlun = 1:1-13, beim Himalaya aber =1:1-86. Die Pyrenäen 
und der Kuenlun bejiten alfo mauerartige Kämme, während die Kämme 
der Alpen und des Himalaya fich bald zu hohen Gipfeln erheben, bald 
zu tiefen Paßeinſchnitten ſich ſenken. 


Gliederung der Kettengebirge. 


$ 242. Neben dem Bau und der Höhe der Kettengebirge ift deren 
Öliederung durch Thäler das wichtigite Moment, da die Zugänglichkeit 
nd Bewohnbarkeit hauptfächlich davon abhängt. Die Querthäler find Die 
Serbindungslinien zwijchen den Ländern zu beiden Seiten des Gebirges; 
die in der Regel breiter und fanfter ſich abdachenden Längsthäler find 
dagegen bie Hauptftätten des Aderbaues und daher am dichteften bevölkert. 

Dat die großen Längsthäler geotektonifchen Urfprungs find, d. h. 
daß die Erofion durch gewille, nicht mehr zu ermittelnde Bedingungen ge- 
wungen wurde, in einer bejtimmten Richtung parallel mit dem Streichen 
der Schichten zu arbeiten, beweijen die großen Längsfurchen vieler Gebirge, 
durch die mehrere Flüſſe, nur durch niedere Waſſerſcheiden getrennt, und 
haufig in entgegengelegter Richtung fließen. In den Alpen find die be= 
deutenbften diefer Längsfurchen folgende: 1) die Linie Martigny-Chur 
Rhonethal, Furkapaß, Urjerenthal, Oberalppaß, Rheinthal); 2) die Linie 
Feldkirch⸗-Wörgl (Thäler der IU und Alfens, Arlberg, Thäler der Roſanna 
and des Inn); 3) die Linie Zell am Ziller-Hieflau (Gerlosthal und -Paß, 
Salzachthal, Arlthal, Sattel von Wagrein, Ennsthal); 4) die Mur⸗ 
Mürzlinie; 5) die Linie Franzensfeſte-Marburg (Rienzthal, Toblacher 





ı Man verfteht darunter das Mittel aus ber mittleren Gipfel⸗ und Paßhöhe. 
20 


Bängsthäler. 


308 Neuntes Kapitel. 


Wafjericheide, Drauthal). In den Karpaten ift neben der Waag-Hernab- 
linie befonders ‚jene breite Furche bemerfenäwert, die in einem 140 km 
fangen Bogen von Namejto bi Nagy-Saroz hinzieht und von der Arva, 
dem Dunajec, Poprad und der Zoriffa entwäflert wird. Sie fällt mit 
einem Kreideaufbruch und mit einem der bedeutendften Juraklippenzüge 
zufammen. Die größte Längenfurche (2200 km) bilden die oberen Thäler 
des Indus und Brahmaputra. 

Die meiften Längenthäler find entweder Faltungs- oder Verwer— 
fungsthäler. Unter den erfteren fcheinen die Iſoklinalthäler am Häufig: 
ften und die Synflinalthäler am jeltenften zu fein; nur im Thianſchan 
dürfte die letztere Form vorherrichen (3. B. das Thal der Iſſyk⸗Kul oder 
. die Thäler des mittleren Naryn und Zichon-Burundy). Die Gehänge der 
echten Synklinalthäler werben beiderſeits von Schichtenflächen gebildet, fie 
fteigen daher fanft an und find quellenreich. Die Gehänge der Antiklinalthäler 
werden von Schichtenköpfen gebildet, fie find fteiler, meift von Berwitterung3- 
terraffen unterbrochen und quellenarm. Die Iſoklinalthäler vereinigen beide 
Charaktere, indem die eine Seite Schichtenköpfe, die andere Schichtenflächen 
dem Thale zufehrt. Sehr oft vereinigt ein Yängenthal mehrere Formen in 
fi, wobei der Übergang aus ber einen Form in die andere durch kurze 
Querthalftreden vermittelt wird. 

Schöne Beilpiele von Berwerfungsthälern bietet ung das ſüdweſtliche 
Tirol, wo die jogenannte Judikarienſpalte das kryſtalliniſche Ortler-Adamello- 
gebirge von dem öftlichen Kalkgebirge trennt. Entlang berfelben haben 
ſich mehrere Thäler entwidelt: Val Bona, Val Rendena, Val Selva, Val 
Eole bis Caſanna und das Maraan-Ultenthal. In den waſſerſcheidenden 
Nüden, die Höhen von 800 bi 2400 m erreichen, hängen beide Gebirge 
zujammen — ein Beweis, daß jene Thäler nicht primäre Spalten, fon- 
dern nur Erofionsprodufte entlang einer Verwerfungsipalte find. 

Es giebt aber auch große Längsthäler, an deren Bildung die Erofion 
feinen bedeutenden Anteil zu haben fcheint. Sie find in der Regel fehr 
breit, jo daß man ſchwankt, ob man fie den Thälern oder ben Ebenen 
zuzählen fol. Als Sentungsfelder haben wir bereit das Egerthal 
und das obere Tundichathal fennen gelernt (S. 301). Das NRheinthal 
zwifchen Bafel und Mainz verdankt demfelben Vorgange feinen Urfprung 
und wurde fpäter mit glacialem Geröll und mit Löß ausgefüllt. Sein 
geographijches Pendant ift die Sadne-Rhöne-Furdhe; fie unterfcheiden fid 
aber dadurch, daß das Aheinthal zwei gleichförmig gebaute, das burgundifche 
Thal aber zwei grundverjchiedene geologische Provinzen trennt. Zu den 
Senfungsfeldern gehört wahrjcheinlich auch das californifche Thal und 
jedenfall® das merkwürdige ſyriſche Thal, welches die Bekaa (Thäler dei 


Die wichtigſten Oberflähenformen des Feſtlandes. _ 309 


Drontes und Leontes), das vom Jordan durchfloſſene Chor, dag vom 
Tiberiasſee bis zum toten Meer unter dem Spiegel des Mittelmeeres 
liegt, und das Derzeit trodene Wadi el Araba umfaßt. Nah Hull's 
neueften Unterfuchungen ftammt die große Verwerfung, der die Iordan- 
linie entipricht, au8 der Mivcänzeit; die Senkung dauerte bis in Die 
PBliocänperiode fort. Ein urjprünglides Thal ift das der oberen 
Rarika und Aluta in Siebenbürgen, welches auf der einen Seite von dem 
Steilrand der Karpaten, auf der anderen von dem fpäter entftandenen, 
vulkaniſchen SHargittagebirge begrenzt wird, und wahrjcheinlich auch das 
Rur- und Rionthal im Süden des Kaufafus. Solche Thäler find nur 
Zwiichenräume zwiſchen Erhebungen, die nie zufammenhingen. 

$ 243. Die Querthäler gehören vorherrichend der Gattung der 
Abdadhungsthäler an. Dkan erfennt dies daraus, daß die Schichten ohne 
sichtbare Störung von einer Thalfeite auf die andere hinüberftreichen, und 
manchmal kann man auch beobachten — wie Ejcher in der Tamina- 
ichlucht — daß der Fels einen fugenlofen Thalboden bildet. In manchen 
‚allen entiprechen fich aber in den oberjten Partien der Gehänge die Schichten 
nicht völlig. Im Engpaß bes Guldal (füdl. von Trondhjem) ftreichen nad) 
Kierulf die Schichten an der Dftfeite in N. 309 O. und an der Weit- 
jeite m N. 400 O. bis N. 500 O. Ob diefe Anzeichen genügen, um baraus 
auf das VBorhandenfein einer urfprünglichen Spalte zu fließen, ift noch 
Taglih; Heim nimmt zur Erklärung ähnlicher Abnormitäten nachträgliche 
Schichtenbewegungen an. Jedenfalls muß man aber zugeftehen, daß manche 
Tuerthäler durch geoteftonifche Linien bedingt find. 

Im allgemeinen find die Querthäler fteiler und enger, al3 die Längs- 
thäler und gehen nad) oben in Teljelartige Erweiterungen, oft von mehreren 
Stunden Breite, über (Circus, cirque de neve), welche im Hochgebirge zur 
Aufnahme der Firnmaſſen dienen. Mit den nechfetnben Formationen, die 
Luerthäler durchſchneiden, ändert fi) auch Gefälle und Phyfiognomie. 
Turchwandert man das Salzachthal in jüdlicher Richtung, jo fommt man 
aus der engen, jteilmandigen Schlucht zwiſchen den Kalkmaſſen des Tännen⸗ 
aebirge8 und ber Balfenipige in die Zone der Graumadenfchiefer, in der 
xt Fluß eine breite Thaljohle und die Verwitterung fanfte Gehänge ge- 
‘harten hat. Dagegen haben jene Thäler, die man orographifch zu den 
Cuer- und geologifch zu den Längsthälern zählt, in der Regel den Cha- 
tafter ber letzteren. Kine folche Zwitterbildung ift das Etſchthal ſüdlich 
von Bozen, das zur Richtung des ganzen Gebirgsſyſtems ſenkrecht fteht, 
aber parallel mit den Schichten ftreicht. Ein anderes Beiſpiel ift das 
breite Hubjonthal, das jenfeit der nur 43m boden Waſſerſcheide im Thal 
des Champlainſees fich fortſetzt. 


Querthaͤler. 


Durchbrucht· 
thäler. 


310 Neuntes Kapitel. 


$ 244. Die wictigfte Art der Querthäler find die Durchbruchs— 
thäfer, welche eine oder mehrere Gebirgsfetten durchichneiden, und daher 
vorzugsweiſe Die Verkehrswege zwijchen den beiden Seiten des Gebirg$- 
walles bilden. Ganz allgemein ift die Erjcheinung, daß Längenthäler 
mittel3 einer mehr oder minder fcharfen Inieförmigen Umbiegung in Quer: 
thäler übergehen. Jukes machte im jüdlichen Irland die Wahrnehmung, 
daß am Knie dieſer Längenthäler ein von der Hauptwafjerfcheide Tommen- 
der Nebenfluß einmündet, deſſen Thal die obere Fortſetzung des Durchbruchs⸗ 
thales iſt. Die Betrachtung der Karte lehrt ung, daß dieſe Anordnung 
außerordentlich häufig wiederfehrt. So empfängt 3.3. der Ahöne die Drance, 
der Rhein den Oberhalbfteinerbach, die Salzad) den Groß⸗Arlbach (Fig. 113), 
die Enns den Rabmer- und Erzbadh, die Mur den Tragosbach, die Adda 
die Mera und den Liro, der Xiber den Anio, der Alt den Cibinfluß, die 
Moldau den Haindad u. ſ. w. Dean kann vom morphologischen Stand- 
punfte aus das ganze Querthal als Haupt- und das Längsthal ala Neben: 
thal betrachten, ohne ſich um den Sprad)- 
gebrauh zu fümmern, der überdies 
> Pelze, inkonſequent verfährt, indem er das 
Durhbruchsthal bald mit dem Namen 
Oo, des Längsfluffes (z. B. Salzach), bald 
mit dem des QUuerfluffes (3.8. Eiſack) 
herher , bezeichnet. Jukes verband mit dieſer 
Te Auffaſſung auch eine genetifche Bor- 
ftellung. Ber von der Haupwaſſer⸗ 
icheide fommende Querfluß begann be- 
Fig. 118. Thalfyftem der Salzach. reits zu fließen, als Die Längsthäler noch 
ausgefüllt waren, und gab erit Ber: 
anlafjung zur Trainierung der letzteren, eilte aber in jeiner Erofionsarbeit 
denjelben immer voraus, jo daß er feine Ablenkung erfahren fonnte.? Auf 
einen fpeziellen Yall angewendet, wäre alſo dag Querthal von der Arl- 
höhe in den hohen Tauern bi8 Salzburg al® primäre, das Längsthal 
der Salzach vom Gerlosjattel big St. Johann als fefundäre Bildung an- 
zujehen. 






1 Seltener ift der Fall, daß — mie bei der Gurf in Untertrain — zwei Längs⸗ 
thäler unter nahezu rechtem Winkel aufeinander ftoßen. 

2 Laſaulx erflärt das Durchbruchsthal des Bladwater in anderer Weife. Der 
Fluß fei einſt nad) Often gefloffen und feine Yaufveränderung (Umbiegung nad) Süden) 
dur eine, zur Streichridhtung ſenkrechte Verwerfung eines Gebirgsteiles hervorgerufen 
worden. Er ftüßt fi) dabei auf das thatſächlich beobachtete Vorkommen foldyer Dis⸗ 
Lofationen. 


Die widtigken ®berflähenformen des Selen Eu 311 


Diefe Theorie könnte höchitens auf jene Duerthäler Anwendung finden, 
die in ber höchſten Kette ihren Urſprung nehmen und jucceffive niedrigere 
Ketten durchſchneiden. In den Alpen trifft diefe Vorausſetzung allerdings 
im den meijten Fällen zu, aber nicht in allen. Das Durchbruchsthal des 
Inn ift eine durchaus eigenartige Bildung. Es läßt fich nicht bis zur 
Hauptwafjerfcheide verfolgen, ift breit und verhältnismäßig wenig geneigt, 
und die Kniebeugung ift nur durch die Einjchiebung des 100—150 m hohen 
tertiären Angerberges angedeutet. Nach Mojſiſovies find die Formationen 
zu beiden Seiten des Thales etwas verſchoben, und möglicherweije wurde hier 
die Erofion durch Spaltenbildung in eine bejtimmte Bahn gelenft. In 
den meisten Durchbruchsthälern ift aber feine Spur ehemaliger Spalten zu 
finden, und wir müſſen annehmen, daß Flüſſe nicht nur niedrigere Vor⸗ 
höhen, ſondern auch die höchiten Ketten eines Syſtems, ja jogar ganze 
Gebirgsſyſteme zu durchbrechen vermögen. 

Im Himalaya-Syftem ift die Muftaghkette die Hauptwaſſerſcheide. 
Ter Indus, Setledih und Brahmaputra durchichneiden alle Ketten des 
eigentlichen Himalaya und der Phungtu hat fi) durch die höchſte Kette 
gerade zwiſchen ihren beiden Kulminationspunkten ein Thal gegraben. Die 
veruanifchen Andes haben ihre Hauptwafjericheide in der Küftenfette, wäh- 
rend die Sentralcordillere die hödjite if. Der Delaware, Susquehanna 
md Rotomac durchbrechen vier bis fünf Parallelfetten der Alleghanies, 
die jeervärt3 immer höher werden. Eines der [ehrreichiten Beiſpiele ift der 
Isker, der im Nilo-Dagh entipringt, dann die Alluvialebene von Samakov 
durchfließt, Hierauf den Syenit des Vitojchgebirges durchichneidet, die große 
Ebene von Sofia bewällert und endlich den ganzen Balfan in einem viel: 
gewundenen, engen Querthal durchbricht. Berühmt find aud) die Durd)- 
brudhsthäler der Donau, befonders das letzte zwiſchen Baziad und Orſowa. 
Tas nördliche Randgebirge von Kleinafien wird von drei Flüſſen, das 
Zagrosſyſtem vom Gamas, der Elburs vom Kyfyl-Ujen in ebenderfelben 
Weiſe durchichnitten, wie der Balkan vom Isker. 

Diefe Beifpiele mögen genügen, um den Lejer mit einem der ſchwierig— 
ſten Brobleme der phyfiichen Geographie befannt zu machen. In einigen 
sällen läßt es fich nachweiſen, daß das Turchbruchsthal einem See feine 
Entftehung verdankt, der an der niedrigften Stelle feiner Umgebung über- 
iloß und den Abzugsfanal immer tiefer legte. Die Durchbrüche der Eger 
md der der Elbe zwilchen Tetichen und Pirna bildeten fich auf dieſe Weife. 
Jur Erklärung der übrigen Durchbruchsthäler wurden in neuerer Zeit zwei 
Theorien aufgeftellt. Tietze geht von der Anficht aus, daß das Gebirge 
nicht zuerft fertig daftand und dann erjt die Erofion begann, fondern daß 
das Waſſer gleichzeitig mit der Gebirgsfaltung feine thalbildende Thätig- 


Einteilung Der 
Nettengebirge 
nach der lie: 
derung und 
Lage der 
Wa'ſerſcheide. 


312 Neuntes Kapitel. 


keit zu entfalten anfing. Beſonders energiſche Flüſſe, welche vom älteren 
Hinterland ausgingen, konnten das anliegende jüngere Gebirge während 
deſſen allmählicher Erhebung durchſchneiden, ſo daß Faltung und Durch— 
ſägung gleichen Schritt hielten. Schon früher hatte Powell dieſen Er— 
klärungsverſuch auf den Green River, der die Uintah Mountains in einem 
echten Cañon durchbricht, angewendet. Allein ſo ſehr auch Tietze's Theorie, 
die manchen Fällen geradezu auf den Leib geſchnitten erſcheint,! durch ihre 
Einfachheit und Übereinſtimmung mit den modernen Anfichten über die 
Entftehung der Gebirge beſticht, jo ſind doc die Bedenken, die Löwl 
dagegen ausgeiprochen hat, nicht ganz bejeitigt. Namentlich das eine, das 
ſich mit der ungeftörten Lage der Thalterrafjen und -Stufen eine Faltung 
während der Thalbildung nicht verträgt. Um diefem Dilemma auszuweichen, 
mußte Tieße zur Annahme greifen, daß die Durchbruchsthäler nicht mäh- 
rend der Faltung, Jondern während einer }päteren Hebung des Gebirges, 
welche den Schichtenbau nicht mehr ſtörte, entjtanden find. Leider ſind 
wir damit ganz in das Gebiet der Hypotheje verjegt, freilich nicht minder 
durch Löwl's Theorie, die die Turchbruchsthäler durch rückläufige Eroſion 
erflären will. Nach diefer Annahme begann die Ihalbildung am nieder: 
\chlagsreicheren Außenrand des Gebirges und jchritt allmählich bis über 
die waſſerſcheidende Kette, ja über diejelbe hinaus bis an den entgegen: 
gefegten Rand des Gebirges fort. 

$245. Die Art der Gliederung führt uns zu einer neuen Einterlung 
der Kettengebirge. Das eine Extrem Stellt uns den Tſinling-Schan im 
Süden des Weifluſſes dar. Dieſer 140 km lange und circa 3000 mi hohe 
Gebirgszug befißt nad) von Richthofen's Schilderung troß vollfommener 
geologiicher Paralleljtruftur fein einziges größeres Yängsthal, und wird 
nur durch enge und wilde Duerthäler gegliedert. Im Gegenſatze dazu 
bietet uns der Thianſchan das Beiſpiel eines Gebirges mit vorherrichender 
Yingsgliederung. Nur die kurze jüdliche Abdachung ſendet einige größere 
Querflüſſe zum Tarim, während auf der Nordjeite die drei großen, Längs— 
thäler des Naryn, Tſchu (mit öftlicher Fortſetzung im Tefesthat) und Al 
nach Welten ziehen. Durch eine gleichmäßige Gliederung in beiden Rich— 
tungen und tm ganzen Verlauf des Gebirges find die Alpen ausgezeichnet: 
infolgedeſſen ſind auch die Durchbruchsthäler hier am zahlreichſten ent: 
wickelt. Verhältnismäßig arm an Längsthälern ſind die Pyrenäen, und 
im Kaukaſus beſitzt nur der Nordoſten (Dagheſtan) und der Südweſten 
Abchaſien und Mingrelien) eine reichere longitudinale Gliederung. 


5,8, den Thälern der Tunaiec und Poprad, die im älteren kryſtalliniſchen 
Karpatengebirge entipringen und die füngere Sandſteinzone durhbreden. 


Die widtigften Oberflähenformen des Feſtlandes. 318 


Einen zweiten Einteilungsgrund gewinnen wir aus der Betrachtung 
der Lage der Waſſerſcheide und ihres Verhältnifjes zu der Höhe der Ketten. 
Normale Gebirge find jene, in denen die höchite Kette zugleich die Waſſer⸗ 
iheibe ift, wie 3.3. in den Alpen; anormal find Dagegen der Himalaya, 
die Andes von Beru u. ſ. w., und natürlich aud) alle jene Gebirge, welche 
in ihrer ganzen Breite von Flüſſen durchbrochen werden. Wenn manche 
dieſer Gebirgszüge, die feine abfolute Waſſerſcheide bilden, im Böller- 
ieben troßdem die Rolle von Barrieren Spielen, fo ift dies nur der 
Unwegfamfeit der meiften Durchbruchsthäler zuzufchreiben. Einige von 
den anormalen Gebirgen, wie der Jura, die Alleghanies und vor allem 
das füdliche China, befigen nad) von Richthofen’3 Ausdrud einen roft- 
iörmigen Bau, welcher darin beiteht, daß die Gewäſſer abwechſelnd den 
muldenförmigen Einſenkungen zwiſchen den Paralleffetten folgen und die 
egteren in kurzen Querthälern durchbrechen. In diefem Falle wandert 
die Waſſerſcheide regello8 von einer Kette zur anderen und bildet eine viel- 
tah gebrochene Zidzadlinie. 

Je nach der Lage der Waſſerſcheide find die Gebirge entweder ſym⸗ 
metrifch oder einfeitig gegliedert. Die Pyrenäen gehören 3.2. zur 
eriten, der Himalaya zur zweiten Kategorie. Die Alpen find im Often 
und der Kaukaſus im Weiten ſymmetriſch und in der anderen Hälfte ein- 
jeitig gegliedert. Die Alymmetrie fcheint häufiger zu fein und iteht nach 
Xrümmel’3 Unterſuchungen — wie bereit3 erwähnt wurde (S. 278) — 
mit der Regenverteilung im Zufammenhange. 

$ 246. Wie einerjeitd die höchſten Kämme ohne Einfluß auf die 
Terteilung der Gewäſſer fein können, fo können anderſeits unmerfliche 
Bodenanfchwellungen in einer Thalfurche die wichtigften Waſſerſcheiden 
siden. Es liegt auf der Hand, daß folde Thalwaſſerſcheiden den 
Berfehr außerordentlich erleichtern, und ebenſo groß iſt ihre orographiiche 
Vedeutung. Tief eingefchnittene Thäler, die entweder durch zwei in ent- 
gegengeſetzter Richtung fließende oder fogar durch mehrere Flüffe bewäflert 
werden, ſcheiden die Alpen nicht nur in zwei, beziehungsweiſe drei Zonen, 
ste den geologifchen nahezu entiprechen, fondern löſen auch im Verein mit 
ten Durchbruchsthälern die Zonen ftellenweife in mehrere, völlig indivi- 
tualifierte Gruppen umd Bergftöde auf. Solche find z. B. die Otzthaler 
Sruppe in der kryſtalliniſchen Zone und die zahlreichen größeren und 
leineren Gruppen und Stöde in der Kalkzone zwifchen dem Inn und der 
Zalzach (Fig. 114). 

Die Entwidelungsgeichichte der Thalwafferfcheiden ift leider noch nicht 
eingehend ftudiert worden, obwohl fie das größte Intereſſe darbietet. Der 
einfachſte Vorgang dürfte der fein, daß zwei Flüſſe, die von einem ge- 


Thalwafler- 
ſcheiden. 


314 Neuntes Kapitel. 


meinjamen Punkte nad) entgegengefegten Richtungen ausgehen, durch ruck 
läufige Erofion den waſſerſcheidenden Kamm allmählich abtragen. Tas 
Pfitſcher Joch (2224m) in den Zillerthaler Alpen, das zwiſchen dem Hoch— 
feiler (3515 m) und der Hohen Wand (3286 m) eingeſenkt iſt, und das 
Ffiticherthat vom Zemmthat trennt, kann als Beiipiel einer unvollendeten 
Ihahvaiiericheide angefügrt werden. Im legten Entwidelungsitadium 
befindet ſich z. B. das Toblacher Feld (1204 m) zwiichen der Nienz und 
Trau, das Ratſchacher Feld 860 m) zwifchen dem Tran: und Zavegebit, 
die „Eider” in Nor: 
wegen, die Thal— 
wajjericheide zwi 
jchen dem Indus 
und Brahmaputra 
(4694 m), und Die 
zwiſchen Orontes 
und Leontes 
(1158 m), auf der 
id) Die Ruinen von 
e Heliopolis erbeben. 
4In allen dieien 
Fällen gelangt man 
jebirge im nordöſtlichen Tirol. undermerft aus 
Folgende Strafen fübren ber die Tralwafierichiten Des watfergebirnes vom toi. einem Flußgebiet it 
Achen · in das Innihat: I. Noilen- Wuldire—Ebbs, 2 obann— Ellman— 
SeU-Wörgt das Weitadthal it gu engen, 3. mipbuchel—atrhberg-Morgl DAS andere. 
Erienbaln). — Koben in Yicter. Arbeitet ein Fluß 
raſcher als der andere, Jo kann es vorfommen, daß der erftere dem letzteren 
einen Teil von deiien Gebiet entzieht. Auf diefe Weiſe mußte der Tber 
engadiner Jun, wie Heim ans der Höhe der Ihalterraffen nachivi 
Sammelgebiet an die raſcher fließende Mera abtreten. 

Thalwaſſerſcheiden zwiſchen zwei entgegengeleßt fließenden Gewäſſern 
ſcheinen vorwiegend ein Phänomen geotektoniſcher Thäler, alſo der Langs 
thäler zu ſein. Sie kommen nur in zwei alpinen Querthallinien vor 
Brenner 1370 und Neichenicheidet 1493 m), aber gerade hier fanden ac 
waltige Schichtenſtörungen Statt, die anf eine Zuſammenpreſſung in oitweit 
licher Richtung schließen laſſen, und durch Gefteinszertrümmerung die 
günſtigſten Bedingungen Für die Eroſion ſchufen. 

Auch verlaſſene Thalſtücke können als Thalwaſſerſcheiden fungieren. 
Trifft ein Fluß, der ſein Thal nach rückwärts verlängert, auf einen anderen 
Fluß, deſſen Richtung mehr oder weniger ſenkrecht ſteht zur Richtung d 
erſteren, To wird Der letztere Fluß entzweigeſchnitten und ibm ein Ie 




















ſein 








Die wichtigſten Oberflädenformen des Feſtlandes. 315 


ſeines bisherigen Regimes entzogen. So trennte nach Heim der Schynbach 
da? Oberhalbfteinerthal vom Rabiofathal, und mahrjcheinlich entjtand auf 
dieielbe Weife auch die flache Wafferfcheide zwiſchen der Salzach und 
Saalach bei Zell am See. 

Weit fchwieriger find andere Vorgänge zu erflären. Man nimmt 
allgemein an, daß der Rhein einst durch das Thal von Sargans und den 
Wallenjee und die Etſch über Mori in den Gardafee floß. In dieſen 
beiden, wie in zahlreichen ähnlichen Fällen finden wir Thalwafjerfcheiden 
wilden dem alten und neuen Lauf eingefchalte. Bei Greifenburg ver- 
zaͤßt Die Drau ihre natürliche Thalfortfegung, in der der Weißenſee liegt, 
um in einem Bogen fich nordwärts zu wenden und dann das Möllthal zu 
benugen. Was hat fie zu dieſem weiten Umweg veranlaßt? Nur jelten 
titten fich die Urfachen noch auffinden, wie beim Achenbach, der einft in 
den Inn mündete und durch gewaltige Echotterablagerungen an jeinem 
Ausgang gezwungen wurde, eine nördliche Richtung einzufchlagen. Manch— 
mal werfen auch indirekte Anzeichen einiges Licht in dag Dunkel der Ent- 
rsidelungsgejhichte unferer Gebirge. Aus der Verteilung der diluvialen 
teticherablagerungen ſchloß z. B. Penck, daß der breite und nur 1250 m 
hohe Fernpaß in Nordtirol, auch eine Art Thalwafjerfcheide, in der Glacial- 
zeit noch nicht eriftierte, und er vermutet, Daß dieje Einſenkung durd) 
iväteren Cinfturz der Dolomitmafjen über ausgelaugtem unterirdiichem 
Sins entitanden tft. 


Maſſws. 


8*247. Unter dem Namen Maſſivs oder Maſſengebirge faſſen wir 
iene Gebirge zufammen, bei denen die Breitenausdehnung die Längen- 
ausdehnung übertrifft, wie im fchottilchen Maffiv, oder die Entwidelung 
nad) beiden Timenfionen eine ziemlich gleichmäßige ift, wie im böhmischen 
oder centralfranzöfiichen Maſſiv. Im flandinavifchen Gebirge überwiegt 
war die lineare Richtung, aber man vermißt die ausgeiprochene Kamm— 
bildung der Kettengebirge. In bezug auf dag Areal, das fie bededen, 
ttehen fie ben letzteren kaum nach; fchon in Europa ſpielen das ffandinavifch- 
fniſche Maſſiv, das Gebirge von Schottland und Wales, das Plateau der 
Bretagne, das böhmiſche Maſſiv, das niederrheinifche und centralfranzöfifche 
Gebirgsland und der Despoto Dagh in Rumelien eine hervorragende Rolle. 
Tie wichtigften außereuropäiſchen Beifpiele find die Gebirge von Guyana 
md Brafilien in Südamerika, die Bamir und das Defanplateau in Afien, 
und vielleicht kann die ganze Südhälfte von Afrika als ein einziges Maffiv 
aufgefaßt werben, in dem andere orographifche Formen nur untergeordnet 
auftreten. 


Merkmale ber 
Maſſivs. 


Dberflädgen: 


form. 





316 Neuntes Kapitel. 


— — — 


Die genannten Maſſivs — und ebenſo die zahlreichen kleineren — 
find oro- und Hybrographifch ebenjo felbftändig, wie die Kettengebirge. 
Alle bilden Waſſerſcheiden, wenn fie auch in der Verteilung der Gewäſſer 
ſich verfchieden verhalten. Im brafilianifchen Gebirge verläuft die Haupt- 
wafjerfcheide in oftweitlicher Richtung und nahezu in der Mitte: der Norden 
gehört dem S. Francisco und dem Gebiet des Amazonenftromes, der 
Süden dem Baranı an. Eine ftreng ajymmetriiche Anordnung zeigen die 
Maſſivs von Skandinavien, Centralfrankreich und Dekan: es entiprechen 
ſich die Steilfeiten von Norwegen, der Cevennen und Weſtghats und bie 
langen Abdachungen der entgegengefeßten Seite. Eine mediane Bewäflerung 
beit das böhmifche Mafliv; der Moldau-Elbe-Strang durchzieht genau 
die Mitte des Landes, und die Waſſerſcheiden liegen an den Rändern. 
Dagegen fehlt dem Iufitanifchen Maffiv, das von Galicia bis zur Guadal- 
quivir-Ebene reicht und mit drei Armen (der Sierra de Guadarrama, den 
Montes de Toledo und der Sierra Morena) weit nach Oft hinübergreift, 
die hydrographiſche Selbftändigkeit ganz; es erjcheint gleichlam nur als 
Anhängjel der inneren Plateaulandichaften. Wenn wir e8 aber troßdem 
den Maſſivs zuzählen, fo glauben wir dazu im Hinblid auf deſſen innern 
Bau wohl berechtigt zu fein. Alle Mafjengebirge find nämlich außer ihrer 
unregelmäßigen Geftalt durch zwei beitimmte geologische Merkmale aus: 
gezeichnet: durch ihre Zujammenjegung aus Granit und archäifchen und 
primären Schichten, die mehr oder minder ſtark gefaltet find. 

$ 248. Die heutige Oberflächenform der Maſſivs hängt auf das 
Innigfte mit ihrer eigentümlichen Entwidelungsgefchichte zufammen. Der 
Mangel jüngerer Gebilde oder ihre Beichränfung auf den Rand der Maſſivs 
ift keineswegs ein urjprünglicher Charalterzug. Schottland war einſtens 
mit einem etwa 1000 m mächtigen Komplex jefundärer Bildungen bededt, 
aber nur wenige vereinzelte Schollen davon konnte Judd noch auffinden. 


Mannagen Birgel Gerolſtein 






Fig. 115. Profil der Eifel. 
b unterdevonifche Grauwacke, e Schiefer und Sandftein, d Kalt, m Buntfandftein. 
Den Schwarzwald, die Vogejen, das franzöfiiche Centralplateau betrachtet 
Sueß als Horfte, die aus der allgemeinen Einſenkung des ſekundären 
Landes hervorragen, jo daß fie ihre gegenwärtige Höhe nicht einer Er- 
bebung, jondern der Senfung der Umgebung verdanken. Auch fie waren 
einft mit ſekundären Bildungen bededt, die aber jebt verſchwunden find. 


Die wichtigen Oberflächenformen des Feſtlandes. 817 


Ein Produkt gewaltiger Abtragung ift auch die Abhobelung der archäiich- 
paläozoiſchen Unterlage, die jebt allein noch erhalten ift, und deren Heutige 
Iherflächenforn dem urfprünglichen Bauplan jo ganz und gar widerſpricht. 
Auch die Maffivg waren einft SKettengebirge, aber die Falten wurden 
— wahrjcheinlich Durch die Brandungswoge während einer pofitiven Niveau- 
veränderung (vergl. 8167, S. 199) — wegrafiert, und jo wurbe eine mehr 
oder minder ebene PBlateaufläche geſchaffen. Wer die böhmiſche Hoch— 
ebene oder das rheiniiche Schiefergebirge (Fig. 115) durchwandert, den er- 
innert faum noch irgend etwas an die einftige alpine Natur des Bodens. 
Im allgemeinen befiten die Maſſivs einen welligen oder hügeligen Zerrain- 
charakter, wechſeln mit höheren, jcheinbar aufgejeßten Gebirgen oder mit 
völligen Ebenen; aber von einem dominierenden Punkte aus gejehen, tritt 
ihr Plateaucharakter deutlich hervor. Es gilt für alle, was Campbell 
vom Dekan jagt: „Berge fehlen nirgends ganz, aber das Land ift auch 
jelten ganz gebirgig.“ 

Ungleiche Gefteinsbefchaffenheit gab in vielen Fällen Veranlafjung 
zur Bildung gebirgsartiger Terrainwellen, die durch die Verwitterung heraus⸗ 
modelliert wurden. So treten beiſpielsweiſe die fattelfürmigen Erhebungen 
des Taumusquarzites als langgejtredte Höhenzüge (Hoch-, Idar- und Soon⸗ 
wald; aus den weicheren Thon- und Dadjichiefern der Hunsrück-Plateaus 
beroor. Über dem aus devonifchen und karboniſchen Gefteinen beftehenden 
Harzplateau, das in weitlicher Richtung von 500 big 650m anfteigt, 
erheben fich drei Berggruppen: der Broden (1141m), der Ramberg (552 m) 
und der Auerberg (576m); die beiden erfteren aus Granit, der letztere aus 
Borphyr bejtehend, während feſte Quarzite die Ader- und Bruchberge zu- 
ſammenſetzen. Die größere Widerftandsfähigkeit von Granit und Gneiß hat 
das Srampiangebirge zur kulminierenden Partie des fchottifchen Hochlandes 
gemacht (Fig. 116), und im böhmischen Maffiv fungiert eine zufammenhängende 
Granitmaſſe ala Wafjerfcheide zwifchen der Elbe und Donau; wo fie aufhört, 
verliert auch die Waflericheide ihren geradlinigen Verlauf, und das Elbe⸗ 
gebiet greift weit in das Donaugebiet über. Neubildungen find natürlich 
au oft von großer orographifcher Bedeutung. Die horizontal gelagerten 
Schichten eines neogenen Süßwaſſerſees bilden bie umfangreichite Ebene 
Zübböhmens, die von Budweis und Wittingau. Vulkaniſche Ausbrüche 
ſchufen auf zahlreichen Maſſivs (3.8. auf dem centralfranzöfiichen) Berge 
und Berggruppen, auf die man den viel mißbrauchten Ausdrud „aufgejegte 
Gebirge“ beichränfen follte.e Die bedeutendften Wirkungen hat aber Die 
Grofion hervorgebracht, wo fie unter günftigen hypfometrifchen Verhält- 
niſſen fräftig wirken konnte. Die Thalbildung löfte die gejchloffenen Ab- 
tafionsplateaus wieber in Bergzüge und Berggruppen auf. Die Loire 


Erloſchene 
Maſſivs. 


Blad Hill. 





318 Yeuntes Kapitel. 


und ber Allier haben aus dem franzöfifchen Plateau das Forezgebirge 
herausgefchnitten, und im brafilianiichen Maſſiv hat das Waller jo zahl- 
reiche und mannigfaltige Thäler und GSeitenthäler ausgewafchen, „Daß“, 
wie Heufjer und Claraz bemerken, „nur noch die ziemlich gleich hohen 
und fchmalen Rücken (espigäos) an ein Plateau erinnern können“. 
Viele diefer Thäler folgen geotektoniſchen Linien, wie im fchottiichen oder 
niederrheinifchen Gebirge, oder wie in Norwegen nad) der Behauptung 
Kierulf’ 3. 

8 249. Die Maffivs find alfo die ehrwürdigen Überrefte uralter 
Kettengebirge, die mannigfachen Schidjalswechleln unterworfen waren und 
in ihrer heutigen Geſtalt wejentlich abweichen von ihrer urjprünglichen 
Sorm. Ja, manche haben ihren Gebirgscharakter völlig eingebüßt und 


Crampian-Gebirge OchürkEügel . Lammermuir-Hügel 


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Fig. 116. Profil durch das ſchottiſche Maſſiv in der Nähe von Edinburgh nach Ramſay. 
1. Untered Silur mit kryſtalliniſchem Kallſtein. 2. Alter roter Sandftein. 
3. Steintohlenformation. 


find ſchon unter die Tieflandgrenze herabgeſunken, jo zum Teil ſchon das 
Plateau der Bretagne und vollftändig die Kohlenmulde von Aachen oder 
Die centrale Ebene von Irland, die aus vielfach gefalteten Kalf- und 
Schieferichichten der Karbonformation befteht. Nicht die diluvialen und 
alluvialen Auflagerungen, die nirgends über 30m mädjtig find, gaben ihr 
den Charakter einer Ebene, jondern die untere Abrafionzfläche. 

$ 250. Es muß übrigens bemerkt werden, daß nicht alle Mafjengebirge 
der Definition entiprechen, die wir oben gegeben haben; unfer Syſtem ift eben 
lüdenhaft, wie die geologiiche Erkenntnis. Cine merkwürdige Ausnahme, 
die ganz ifoliert dafteht, bildet das von Newton erforichte ſchwarze 
Gebirge (Blad Hill) in Nordamerifa. Die Schichten wurden hier, ohne 
weiter gefaltet zu werden, zu einem einzigen abgeflachten Gewölbe empor- 
getrieben, und fallen vom kryſtalliniſchen Kern allfeitig ab, um endlich 
in die horizontale Lagerung der Schichten der Prärie-Ebene überzugehen. 
In ebenjo eigentümlicher Weife arbeitete die Erofion. Der Kohlenfalt und 
gewifle Granite, die ihr den größten Widerftand entgegenfeßten, bilden jebt 
die höchfiten Erhebungen (ca. 1000 m über der Ebene), während die Zer⸗ 
ſtörung der triadifchen Gefteine eine ringförmige Depreffion ſchuf, der die 
Indianer den bezeichnenden Namen „die Rennbahn” gegeben haben. 


Die wichtigſten @berflähenformen des Feſtlandes. 319 


Die vulkaniſchen Berge. 


$ 251. Jede Erdſtelle, die durch einen Kanal mit dem Erdinnern 
in Verbindung fteht, aus dem heißflüſſiges Gejteinsmaterial zu Tage ge- 
tördert wird oder in ber Vorzeit gefördert wurde, nennt man einen Bulfan. 
Meift bildet fi) an diefen Stellen aus den Auswurfsmalfen ein Berg, 
wie 3. B. der Veſuv, oder e8 erzeugt die Aneinanderreihung von Eruption- 
stellen Berggruppen und Ruppengebirge, wie in der Yuvergne, oder 
ſogar Gebirgsketten, wie die Hargitta in Siebenbürgen. In allen 
wällen find aber die vulfanifchen Berge und Gebirge — und dadurch 
unterſcheiden fie fi) auf das Beſtimmteſte von allen übrigen Gebirgsarten 
der Erde — ein Produkt ihrer eigenen Thätigfeit. 

Das heißflüſſige Gefteingmaterial (oder Magma) erjcheint an der 
cherfläche in zufammenhängenden oder loſen Maffen, je nachdem es von 
Flüſſigkeiten (Gafen) wenig oder ftark durchtränkt ift. Im erfteren alle 
wird e8 Lava genannt und nach feiner mineralogijchen Zufammen jegung 
in fiefelfauere oder ſauere (Rhyolith, Trachyt) und Fiefelfäuerearme oder 
hañſche Laven (Andefit, Dolorit, Bafalt) unterjchieden. An der Oberfläche 
Jildet die Lava Ströme, Deden oder Kıppen. Die größten Ioderen Aus⸗ 
mürflinge find die Lavablöde, die oft einen beträchtlichen Durchmeſſer 
eigen; kleinere Lavaftüde nennt man Schladen, wenn fie von unregel- 
Zäßiger Geftalt find, und Bomben, wenn fie infolge der rotierenden 
Bewegung beim Auswurf abgerundet find. Kleine Bomben werden als 
Yapilfi bezeichnet. Zerſtäubte flüffige Lavaſubſtanz erjcheint entweder in 
timiger Beichaffenheit, als vulkaniſcher Sand, oder als feines graues 
Vulver (vulkaniſche Aſche). Vermiſchen fich die feineren Auswürflinge 
mit Waſſer, ſo entſtehen Schlammſchichten, die im verhärteten Zuſtand 
Tuffe genannt werden. 

Je nach der Zuſanmenſetzung teilt man die Vulkane in Strato vul— 
kane und in homogene Vulkane ein. Die erſteren find aus loſen Aus— 
wirfsprodukten, in oder ohne Verbindung mit Lavaſtrömen, aufgeſchichtete 
Regel, während die leßteren Kuppen, Deden oder Ströme aus erftarrtem 
Magma bilden, wobei die loſen Auswurfsmaſſen nur eine untergeordnete 
Rolle fpielen. Unſere Betrachtung wird vorerft den Stratovulfanen ge- 
widmet fein, da mit ein paar Ausnahmen alle jet noch thätigen Vulkane 
dieſer Kategorie angehören. 

$ 252. Wenn an irgend einer Erdftelle ein Vulkan fich zu bilden 
deginnt, jo entfteht zunächft im Boden eine trichterförmige Vertiefung: der 
grater, die Mündung des Eruptionsfanald. Um den Krater werden 


Vegriff und 
Sinteilung ber 
Bultane, 


Bau ber 


GStratovulkane. 


| ! 
320 Heuntes Kapitel. 


mit den Trümmern des durchbrochenen Bodens die vulkaniſchen Auswürf- 
Iinge wallartig angehäuft. Diejes erfte Entwidelungsftadium eines vulfa- 
nifchen Berges ftellen ung wahrjcheinlich die Maare dar, keſſelartige, meijt 
mit Waſſer gefüllte Vertiefungen im Boden, die auf der Eifel, in der 
Auvergne, auf Neufeeland, Java und den kanariſchen Injeln häufig vor- 
kommen. Es find dies Stellen, wo nach einem einzigen, ſchwachen 
Eruptionsverſuch die Ruhe wiederhergeftellt wurde. Iſt aber der Ausbruch 
ftärfer und wiederholt er fich öfter, jo wächſt der Wall immer mehr in Die 
Höhe und es entiteht ein Vulkankegel. Werden nur lofe Mafjen zu Tage 
gefördert, jo bilden fich, je nach der Größe des Baumaterial, Alchen- 
oder Schuttfegel und, wenn die Eruption fubmarin erfolgte, Tufftegel. 
Lavakegel beftehen dagegen aus Lavaftrömen, abwechjelnd mit Aichen- 
und Schlackenſchichten. Meift aber find die Vulkane eine Kombination 
mehrerer Typen, wie uns der Durchichnitt des Veſuvs in ig. 117 dar- 
ſtellt. In diefem Falle wechſelt auch der Böſchungswinkel der Gehänge, 





> Be 


— _ * 





— — 4 


Big. 117. Idealer Durchichnitt des Veſuvs nad von Hochſtetter. 


a die Somma, Reſt eine vorbiftoriichen Tufflegel®, 5 Lavakegel, ce Aſchenkegel, d Heine 
paraſitiſche Schuttlegel, e hypothetifcher innerer Lavaraum. 


der in der Regel von oben nad) unten abnimmt. Bei dem Vulkan von 
Pico (Azoren) beträgt er am Fuß 3°, weiter oben 6—12° und in der 
Nähe des 2500 m Hohen Gipfels 30—35°. Fig. 117 zeigt ung aud) bie 
deutliche Schichtung der Stratovulfane, wobei die Schichten regelmäßig 
vom Eruptiongfanal, der fi) nad) von Hochftetter’3 Anficht innerhalh 
des Berges zum jogenannten Lavaraum erweitert, abfallen. In der Regel 
dringen Lavagänge vom Eruptionskanal feitlich in den Kegel ein und bilden 
gleichſam das feſte Gerüfte derfelben. 

Die naturgemäße Geftalt des Stratopulfans ift der Kegel, der bei 
manden Vulkanen, wie beim Cotopari oder beim Pic von Drizaba 
(Fig. 118), noch in wunderbarer Reinheit erhalten ift. Aber die Erofion 
in den Zeiten der Ruhe und heftige Eruptionen (befonders feitliche, die 
einen Teil des Kegels zerftören) verändern meist die urfprüngliche Geftalt, 
wenn auch jelten bis zur völligen Unkenntlichkeit, wie beim Pinchincha in 


Die wigtigften @berflädenformen des Seftlandes. 321 


Luito, der dem Beſchauer jeßt al3 eine breite Mauer mit vier Gipfeln 
eiceint. 

Den Gipfel der Stratovulfane krönt eine trichterförmige Einſenkung 
von freisähnlicher oder ovaler Form: der Krater, auf deſſen Boden ſich 
die Mündungen des Eruptionskanals befinden, die aber in der Zeit der 
Ruhe verftopft find. Die Wände des Krater find meift unter einem 
Bintel von mehr ala 50° geneigt; fein Durchmefjer! ift verfchieden und 
itcht in feinem Verhältniſſe zur Höhe bes Berges. Auch der Krater ift 
vortmährenden Veränderungen unterworfen. Heftige Eruptionen können 
ihn zu einem großen Cirkus mit fteilen, immer mehr einftürzenden Wänden 
mmeitern, und eine ähnliche Form kann auch die Erofion in langen Ruhe: 








Fig. 118. Bil von Orizaba (aus dem Wald von Jalappa gejchen) 
nad A. von Humboldt. 


daujen erzeugen. Mit der Erweiterung des Kraters geht aber eine Ver- 
fingerung feiner Tiefe ftet3 Hand in Hand. Auf diefe Weife entftanden 
jene mächtigen Ninggebirge, die große Kefjelthäler einſchließen. Eines ber 
berüßmteften Beifpiele eines ſolchen Keſſelthales ift die Caldera auf Balma, 
die durch eine ſchmale Schlucht (Barranco) entwäſſert wird. 

8253. Bon größter Bedeutung für den Bau eines Vullans iſt e8, 
ch die Eruptiongftellen fonftant bleiben oder fich verfchieben. Vier Fälle 
jmd möglich. Benugt die neue Eruption den vorhandenen Kanal, jo findet 
fie auf dem Boden des alten Krater ftatt, und es entftehen innerhalb beö- 
jelben einer oder mehrere Austwurfäfegel, die ebenfalls Kratere befigen, in 





* Stromboli 670, Atna circa 700, Kilauen circa 4700, Tengger auf Java, ber 
stößte thätige Krater, gegen 4900 m. 
Euren, Bhrfiide Erdkunde. 21 


Höbe der 
Vunane. 


322 Neuntts Kapitel. 





denen ſich unter gleichen Umjtänden wieder neue Kegel aufbauen fünnen. 
Findet aber die neue Eruption anf einer Zeite des alten Kraters ſtatt, jo 
wird eim Teil desfelben zerftört, wie beiipielsweile die Somma des Veſuv 
durch den Ausbruch von 79. Solche Vulkane eriheinen dann Doppel 
aipfelig (Fig. 119). Häufig fuchen fi) aber die vnlkaniſchen Gewalten 
an den Abhängen des Kegels neue Bahnen und bauen hier jeitlihe Eruptions- 
kegel anf, die mit dem alten eine vielgipfelige Bergmafie bilden. Der 
Aetna hat mehrere hundert und der Gelönggöng auf Java mehr als 10m 

















ig. 119. Der Veſuv während des Ausbruchs im Jahre 1822. 


ſolcher Kegel. Findet aber auf befchränftem Terrain jede neue Eruption 
an einer anderen Stelle ftatt, jo kommt es zwar zur Bildung von vielen, abır 
nur von Heinen Kegeln. Die phlegräifchen Felder bei Neapel zählen auf 
einer Fläche von ca. 220qkm 27 (Fig. 120) und der Iſthmus von Audland auf 
einer beilänfig doppelt jo großen Fläche 63 felbftändige Ausbruchsſtellen. 

8254. Die Höhe der Vulkankegel hängt einerfeits von ihrem Alter, 
ji von der Art der Eruptionen ab. Mafgebend ift aber nur die 
relative Höhe: und es it Dies befonders zu berüdfichtigen bei den zahl: 














Die wichtigſten Oberflä—enformen des Feftlandes. 323 





reichen Andesvulfanen, die auf einem gewaltigen Gebirgsfodel ruhen. Als 
bödfter Bulfan gilt die Kliutſchewskaja Sopfa auf Kamtſchatka, 4886 m, 
die aljo noch den Montblanc an Höhe übertrifft. 

Bei ruhiger, gleihmäßiger Thätigfeit und genügendem Lavaerguß 
wähft ein Bulfan kontinuierlich; wechfeln aber Ruhepauſen mit ungehin- 
derter Erofionsarbeit und Perioden heftiger Ausbrüche, bei denen nicht 
jelten der ganze obere Teil des Berges wie weggeblafen wird, fo variiert 
die Höhe ziemlich ftart. Der Veſuv war 5.8. 1832 1140m und 1855 
126m hoch und ſank am Ende dieſes Jahres auf 1235 m herab, erreichte 
1867 eine Höhe von 1387 m und maß nad) 1872 nur mehr 1297 m. 











Fig. 120. Neapolitanifcher Vulkandiſtrikt. 


$ 255. Bon ben thätigen Pulfanen find einige erſt in hiſtoriſcher 
Zeit entftanden. 375 v. Chr. ift das Geburtsjahr des Vulkans auf der 
griechifchen Halbinfel Methana, der aber nicht mehr thätig ift, und in das 


Jahr 286 v. Chr. verlegt die Tradition die Entftehung des japanifchen - 


Vulkans Fuſijama (3769 m Hoc). Viel jünger ift der Monte nuovo 
139m hoch) in ben phlegräifchen Feldern, der feit feiner Bildung im 
Jahre 1538 feinen Ausbruch mehr erlebte. Im das Jahr 1759 fällt die 
Entftehung bed Vulkans Jorullo in Merito (1809 m Hoc); 1793 ent 
ftand der Vulkan von Izalco in San Salvador, der eine relative Höhe 
von 292m erreicht. Der jüngfte vulfanifche Berg ift der von Leon in 
Ricaragua (14. November 1867), der etwas über 60m hoch, und deſſen 
Nrater ebenfo tief ift. Er ftellt uns alfo die einfachſte Form eines vulka⸗ 
nichen Berges, bie einer wallartigen Umrahmung der Ausbruchsſtelle dar. 
Ton jubmarinen Ausbrüchen, die die Bildung von Infeln zur Folge 


hatten, wurde ſchon auf ©. 220 geſprochen. 
21° 


Bultane. 


324 Heuntes Kapitel. 





Eine zweite Art von Vulkanen umfaßt alle jene, deren Urfprung in 
die vorhiftoriiche Zeit fällt, die aber bis in die letzten Jahrhunderte in 
Thätigkeit waren. Die Thätigkeit ift entweder eine gleichmäßige oder eine 
periodiide. Auf Stromboli, einer ber lipariſchen Infeln, wiederholen fid 
die Eruptionen in regelmäßigen Paufen von 5—15 Minuten. Die eine 
Offnung des Gipfelkraters ftößt in Intervallen von wenigen Minuten 
Dampf -aus, was ca. eine Minute dauert, in der anderen fteigt und fällt 
die Lava in Intervallen von 10—15 Minuten, und wird beim Steigen 
eine Schladengarbe emporgefichleudert. Man bezeichnet daher die gleich 
mäßige Thätigfeit, die auch dem Izalco und feit dem vorigen Jahrhundert 
dem Sangay in Quito eigen ift, als Strombolithätigfeit. 

Bei den meilten Vulkanen wechſeln jedoch Perioden der Ruhe mit 
ſolchen mehr oder minder heftiger Eruptionen. Da in den Ruhepaufen id 
der Kanal mit erjtarrter Lava, Aſche und Schladen verftopft, jo muß ber- 
felbe bei neu erwachter Thätigfeit erit wieder davon befreit werden, oder es 
bildet fich ein neuer Kanal. Es kann daher al3 Regel gelten, daß, je länger 
die Ruhe, defto furdhtbarer die darauf folgende Kataftrophe ift. 

Eine Gefegmäßigfeit ift in der intermittierenden Thätigfeit nicht zu 
entdeden. Der Veſuv galt bis zum furchtbaren Ausbruch im Jahre 79, 
dem die Städte Herculanum und Bompeji zum Opfer fielen, für erlofchen. 
Bon 79 bis 1631 zählt man nur elf Ansbrüche, aljo durchſchnittlich alle 
141 Jahre einen. Die Ruhepaufen ſchwankten zwifchen 40 und 308 Jahren. 
Seit 1631 nahmen die Ausbrüche zwar im allgemeinen an Heftigfeit ab, 
aber an Zahl zu: im 18. Jahrhundert war er 12 mal und im 19. (bis 1872) 
15 mal thätig. Eine gewiſſe Negelmäßigfeit zeigt nah Ban Dyk ber 
Merapi auf Java infofern, als die Ruhepaufen immer länger find, al 
die Perioden der Thätigkeit, und die Iebteren um fo andauernder, je 
länger der Vulkan früher gerubt hatte. 

Die Eruption. $ 256. Erbderjchütterungen mit unterirdiichem Getöfe leiten meijt die 
intermittierende Thätigfeit ein und hören gewöhnlich mit der Eruption auf; 
gelegentlich) wurden folche aber auch nad) derjelben (3. B. im Jahre 1865 
beim Wtnaausbruch) verfpürt. Doc find Erdbeben feine gefegmäßige Be- 
gleiterfcheinung, denn fie fehlen (mit einer einzigen Ausnahme) bei ben 
Eruptionen des Cotopari und meift auch bei den ruhigen Lavaergüſſen 
des Mauna Loa (Hawaii). In diefen Fällen ift anzunehmen, daß die 
Kanäle nicht gehörig verftopft find und den Eruptionsmafjen einen be: 
quemen Ausweg geftatten. Es liegen auch) Beobachtungen vor, denenzu⸗ 
folge Bulfane vor dem Ausbruch ſich heben und dann wieder finten. 
Immer mächtigere Dampfmalfen entfteigen dem Krater, bis biefer berſtet, 
und eine hohe Aichenjäule, die ſich oben pinienartig ausbreitet, empor: 








Die wichtigſten Oberflähenformen des Seftlandes. 325 


teigt Fig. 119). Ein feiner Afchenregen beginnt, der burch den Wind 
ort weithin geführt wird; jo beim Ausbruch des Cofeguina (in Nicaragua) 
am 20. Sanuar 1835, einem der fchredlichiten Phänomene diejer Art in den 
legten Jahrhunderten, 2000 km in die See hinaus und bis zu dem 350 km 
entternten Guatemala. Nacht? erjcheint an der Stelle der Rauchpinie eine 
mpojante Feuerſäule von wechfelnder Helle. Da fie auch im heftigſten 
Sturm unbeweglich bleibt und ſelbſt Sterne von ſchwacher Leuchtkraft 
durchicheinen läßt, jo ift fie nur ala der Wiederfchein der glutflüffigen Lava 
un Kanal zu betrachten. Aber auch wirkliche Flammen, erzeugt von brenn- 
baren Safen, wurden manchmal beobachtet; aber fie find ſchwach und von 
geringer Höhe. Gewaltige Schladenrafeten verfünden dag Auffteigen der 
Yava. Der Cotopari jchleuderte 1533 Felsftüde von 3m Dice 900 m 
hoch und über 22km weit. SHeftigere Eruptionen werden von Gewittern 
begleitet. Die Wafjerdämpfe enthalten nämlid — wie Balmieri nad) 
wies — durch fchnelle Verdichtung pofitive, die Aſche aber beim Fallen 
in diefem Medium negative Elektrizität; wahrjcheinlich ift auch der ganze 
Berg eleftrifch geladen. Gewöhnliche meteorologifche Begleiterfcheinungen 
iind Sturm und Regengüfje; diefe oder der gejchmolzene Schnee erzeugen, 
mit Aiche vermicht, die Schlammjtröme, die oft verheerender wirken 
als die Lavaſtröme. 

Den Schluß des Eruptionsaktes bildet meiſt der Austritt von Lava, 
ſeltener aus dem Gipfelkrater als an den Abhängen, wo ſich eine radial 
auf die Achſe des Kegels ſtehende Spalte öffnet; ja, oft ſpielt ſich die 
ganze Eruption am Abhang ab, wie 1861 am Veſuv, während der Haupt⸗ 
krater nur duch eine intenſivere Gasentwickelung daran teilnimmt. 
Meist fließt die Lava in ruhigen Strömen, die felbft bei einer Steigung 
von 40° und darüber noch zulammenhängende Geſteinsſchichten zu bilden 
vermögen; nur der Mauna Loa auf Hawaii fchleudert oft Lavafontänen 
anpor. Eine foldhe im Jahre 1852 Hatte eine Mächtigfeit von 300 und 
eine Höhe von 200 m. Die Mafje der ausgeworfenen Lava ijt eine jehr 
bedeutende; fie betrug 3. B. bei der Eruption des Veſuvs i. 3. 1872 20 und 
bei der des Bourbon-Vulkans im Jahre 1787 fogar 900 Mill. cbm. Der 
<taptar Jökull auf Island jandte im Jahre 1783 zwei Ströme aus, von denen 
der eine cirfa 80 km lang und ftellenmweife 24 km breit, der andere 64 km 
lang und zum Teil 11 km breit war; ihre Mächtigfeit erreichte an einigen 
Stellen 150 m und darüber. Geht der Eruptionsprozeß rajch und unter 
bedeutender Dampfentwidelung vor fich, jo zerfällt der Lavaſtrom in einen 
Trümmerhaufen (Blod- oder Schollenlava); im anderen alle geht er 
durch das Zwiſchenſtadium der Zähflüffigkeit aus dem flüffigen in den feften Zus - 
itand über und bildet dann die zufammenhängenbe Fladen- oder Gekröslava. 


326 Ueuntes Kapitel. 


Aus manchen Vulkanen, wie aus den javaniichen oder aus dem 
Demawend in vorhiftoriicher Zeit, tritt die Lava nicht in flüffigem Zu— 
ftand, fondern halb erfaltet ala ein Gewirr von Blöden aus. Dagegen 
Icheint nach TH. Wolf die Nachricht von den ſüdamerikaniſchen „Rotlaven“ 
nur auf ungenauer Beobachtung zu bafieren. Es find einfache Schlamm- 
ftröme, die am Cotopari neben echten Zavaftrömen vorfommen. 
. —E $ 257. Wenn auch mit dem Lavaerguß der Ausbruch gewöhnlich 
Suftane. dein Ende erreicht, jo folgen doch Häufig mehrere ſolcher Ausbrüche raſch 
auf einander. Eine ſolche Eruptionsperiode dauerte 3. B. beim Veſuv 
vom Sanuar 1871 bis Ende April 1872. Dann verfinten die Vulkane 
wieder einige Zeil in einen Zuftand der Erfchöpfung, der durch die fogenannte 
Solfatarenthätigfeit charakterifiert wird. Mean veriteht darunter das 
Ausftrömen von Wafferdampf in der Geftalt Eleiner Säulen (Fumaro- 
len) und von Gaſen jowohl aus dem Krater, wie aus den Riffen der Wb- 
hänge. Manche Vulkane, wie die Solfatara von Puzzuoli, der Dema- 
wend in Perfien u. a., verharren immer in diefem Zuftand. Fluor und 
Chlor, die das intenfivfte Eruptionsftadium charafterifieren, find aus den 
Gasexhalationen verichwunden; endlich verjchwinden auch die ſchwefeligen 
Safe, die Temperatur nimmt ab, die Sumarolen hören auf, und nur bie 
Kohlenfäure, die entweder ala Gas augftrömt (Mofetten) oder mit Wafler 
vermifcht erjcheint (Sauerquellen), und manchmal aud) Thermen er- 
innern an die einftige vulfanische Thätigkeit der betreffenden Erdftellen. 
Da aber — wie die Gejchichte lehrt — ſelbſt jahrhundertelange Ruhe 
feine Gewähr für die Zukunft bietet, jo ift die Grenze zwilchen tätigen 
und erlofhenen Vulkanen nur eine willürlide Karl Fuchs zählt 
3. B. zur lebteren Kategorie alle jene, die feit 300 Jahren nicht mehr 
thätig waren. Solcher giebt es nach jeiner Zujammenftellung 323; eine 
Zahl, die jedenfall3 zu niedrig gegriffen ift. Bon diefen fommen 102 auf 
bie afiatiiche und 113 auf die amerifanifche Seite des ftillen Dzeans, und 
25 find in demfelben zerjtreut. Das ergiebt eine Summe von 240 (74°;,); 
die pazifiiche Welt ift jomit in der Gegenwart der Hauptfiß der vulkaniſchen 
Thätigkeit. Dagegen kommen auf den atlantifchen Ozean nur 30, auf den 
indifchen 5, auf das füdliche Eigmeer 2, auf Europa mit dem Mittel- 
meer 7, auf Afrifa 27 und auf das afiatifche Feſtland 12. 
—— $ 258. Des erloſchenen Vulkans bemächtigt ſich ſofort die Denudation. 
Bultarc. Das fließende Waſſer ſchafft regelmäßige Rinnen, die mit zunehmender 
Breite und Tiefe vom Gipfel bi zum Fuß herabziehen und durch ebenfo 
regelmäßige Rippen getrennt werden. Den Gunung Sumbing auf Java, 
-an dem die radiale Thalanordnung beſonders regelmäßig entwidelt ilt, 
bat man fehr paſſend mit einem Halbgeöffneten Regenſchirm verglichen. 


Die wictigften @berflähenformen des Feſtlandes. 327 


Am leihteften wird der Ajchenfegel zerftört, doch ift er bei einigen Qul- 
fanen, bie feit der vorgefchichtlicden Zeit ruhen, wie bei den Puys ber 
Auvergne ober bei den Rocca Monfina zwifchen Rom und Neapel noch er- 
halten. In ber Mehrzahl der Fälle find uns aber nur noch die lavagefüllten 
Gänge, das fefte Gezimmer des einftigen Qulfans, erhalten. Solche 
homogen ſcheinende Wulfankegel werden zwar häufig von Tuffen und 
Ronglomeraten begleitet, doch fehlen dieſe manchmal auch gariz, wie bei 
den Monts du Velay an der oberen Loire. Die Denudation ift meift fo 
ftart, daß es nur felten mehr gelingt, die ‘genaue Lage eines tertiären 
Stratovulfand nachzuweiſen. Was wir jegt vor uns fehen, find in ben 
meiften Fällen nur Überrefte von Lavagängen und Lavaftrömen, und man 
darf nicht wähnen, jeder Bafalt- oder Trachytkegel fei über einer Eruptions⸗ 
elle aufgebaut. Das fogenannte böhmijche Mittelgebirge z. B. befteht 
nach Jokely aus wechſelnden Tuffihichten und Bafaltlagen, die von 
iungeren Bafalten durchbrochen wurden. Dieſe Iegteren erſcheinen als 








Fig. 121. Durchſchnitt aus dem böhmiſchen Mittelgebirge nad) Jokéely. 
a Bafaltftröme, 5 Bafaltgang, e Tuff: und Konglomerat, d Glanzlohle. 
-- zeigt den einftigen Zuſammenhang an. 


üolierte Kegel oder al3 langgeſtreckte Rüden mit meift auffällig ſcharfen 
und zadigen Konturen (Fig. 121). Die Denudation hat aber auch 
Eruptivmafien aufgedeckt, bie niemals die Oberfläche erreichten, fondern 
weite Hohlräume des Erdinnern erfüllten. Solde „Batholityen“ von 
der Geftalt unvegelmäßiger großer Brode oder Kuchen find beifpielaweife 
der Drammengranit im Gebiet von Chriftiania und die Granitftöde der 
Vogeſen und des Erzgebirges. 

$ 259. Don denubierten Stratovulfanen find die Homogenen Bul- 
fane wohl zu unterjcheiben, obgleich beide fich äußerlich oft völlig gleichen, 
und erft eingehende Unterfuchungen ihres inneren Baues über ihren Ur— 
iprung aufflären können. Verhältnismäßig leicht laſſen fi, wie Reyer 
gezeigt hat, homogene Kuppenberge als folche erfennen. Zähflüffiges und 
dampfarmes Magına zerftäubt nämlich nicht, fondern ftaut ſich über der 
Ausbruchsſtelle zu einem ftumpfen, aber fteilen Kegel an, über welchem 


domogene 
Sultane. 


328 Ueuntes Kapitel. 


die ſich nachbrängende glutflüffige Mafje ftromartig fich ausbreitet. Bei 
der Erftarrung jondert fich die Lava plattenförmig ab, in der Weife, wie 
es Fig. 122 im Durchſchnitte darftellt. Eine, an allen Seiten des 
Berges deutliche Zwiebelftruftur zeigt aljo an, daß diejer nicht das Ende 
oder ein Teil eined mächtigen Lavaſtromes iſt, jondern an Ort und Stelle 
aus dem Erdinnern hervorgequollen ift und fich zu einer Kuppe ge- 
formt hat. 

Es ift ein unfchäbbarer Gewinn für die Wiffenfchaft, daß der Aus— 
bruch auf Santorin im Jahre 1866 Gelegenheit gab, die Bildung folder 
homogener trachytiſcher Vulkane zu ftudieren. „Mit eigenen Augen“, 
Schreiben Reiß und Stübel, „haben wir eine, an manchen Stellen bis zu 
200 m mächtige, von fteilen Böſchungen begrenzte Lavamaſſe entjtehen 
jehen, deren Oberfläche kaum irgend welche Schladenbildung zeigte, und 
der jeder Aſchen- oder Schladenfegel fehlte.” Die neugebildeten Inſeln 
Georgios und Aphroeſſa „glichen zuerjt”, heißt e8 in einem anderen Be- 
richte eines Augenzeugen, „einem riefigen Schwamme, der fich über Die 

Waflerfläche er- 
hob und aus einer 
rauben, ſcholligen 


Geſteinsmaſſe be- 
U ZZ ftand, auf welcher 
( zahlreide große 
A) 2 VL ‚  Gefteinsblöde un- 

| regelmäßig zer⸗ 

| ftreut lagen. Die 


. ganze Maſſe war 

dig. 122. Profil eines homogenen Vulkankegels nad) Reyer. nach allen Rid- 
tungen hin von Spalten zerriffen.” Aus diefen Spalten ftrömten Gaje 
aus und wurden Lavablöde ausgeworfen. Ein Krater war an der 
Oberfläche nicht bemerkbar; erjt nad) der Erplofion am 18. Juli, 
welche den mittleren Teil der Georgsinjel zeritörte, entſtand an der Stelle 
eine fraterähnliche Vertiefung, wo fich Lava anjammelte und Ausbrüche 
ftattfanden. „Die anfangs flach gemwölbte Geftalt der Inſel formte fich 
allmählich zu einem regelmäßigen ftumpfen Kegel.“ 

Iſt alfo auch ein echter Krater nur den Stratovulkanen eigen, weil 
nur dieſe vom Eruptionskanal in ihrer ganzen Höhe durchbrochen werden, 
jo fehlen doch auch den Gipfeln mancher homogener Vulkane kraterähnliche 
Vertiefungen nicht. Sie bezeichnen dann, wie Reiß und Stübel in Bezug 
auf den Methanavulkan (f. S. 323) ausſprechen, das eigentliche Eruptions- 
centrum, wo Dampferplofionen und die Entwidelung gasförmiger Pro- 


Die wichtigſten Oberflähenformen des Feſtlandes. 329 


dukte ftattfinden. Sie bilden fich, jolange das Magma noch nicht erſtarrt 
ist, fönnen aber dann noch durch Exrplofionen erweitert werden. 

Bie und Santorin die Entjtehung homogener trachytiſcher Vulkane 
sor Augen führt, fo ift der Mauna Loa ein modernes Beifpiel eines 
nur aus bafifcher Lava aufgebauten Kegels. Seine Lavaergüfje, Die plöß- 
ch ans Radialipalten und ohne Bildung von Aſchenkegeln erfolgen, kün- 
ren und vielleicht auch über jenen Vorgang belehren, der in der Vorzeit 
wr Bildung von ungeheuer ausgebreiteten Zavaftrömen führte. Die Bajalt- 
decke im nordweſtlichen Defan ift über ein Areal von mehr al3 400 000 qkm 
ausgebreitet, d. 5. über eine Fläche, die beträchtlich größer ift, als das 
Königreich Preußen. 

$ 260. Unſere bisherige Betrachtung ergiebt folgende Einteilung der Bea ber 
Vulkane: 

L Echte Bulkane, d. h. Produkte von Oberflächeneruptionen. 

1. Thätige Vulkane. 

a) Stratovulkane. 
b) Homogene Vulkane. 
2. Erloſchene Vulkane. 
a) Stratovulkane. 
a) Mit noch gut erhaltenen Aſchenkegeln und Kratern (z. B. der 
Kammerbühl bei Eger). 
A) Denudierte Überrefte (Hauptfählih nur Lavagänge und 
-Ströme). 
b) Homogene Qulfane. 
IL Batholithen, d. h. denudirte Produkte von Tiefeneruptionen. 


Die geographifche Verbreitung der Vulkane. 
(S. Karte XVII.) 


$ 261. Obgleich die Geſetze der geographifchen Verbreitung der Weiche der 
Sulfane noch nicht völlig Mar erkannt find, was ſich aus der Lüdenhaftig- nd der 
fett unferer geographiichen und geologischen Kenntniffe zur Genüge erklärt, 
io iſt doch — hauptſächlich durch die bahnbrechenden Arbeiten von Sue 
— die eine Thatjache Hinlänglich feitgeftellt, daß die Vulkane in einer 
ianigen Beziehung zu den großen Dislofationen der Erdrinde 
tehen. Sie folgen einerfeit3 den Faltenſyſtemen, jedoch nur in der be- 
iheidenen Rolle von Begleiterfcheinungen, anbererjeit3 den Bruchlinien 
der Kontinente. Wo die Schichten auf weite Streden niemals eine Stö- 
rung erlitten, wie in der ruffiichen und fibirifchen Ebene, oder wo junge 
Zierländer allmählich in das Meer verlaufen, wie an den arktifchen Küſten 


Beziehungen 
der Vulkane 
su den Falten⸗ 
inftemen. 


330 Ucuntes Kapitel. 


der Kontinente, da fehlen and) Vulkane. Mllerdings giebt es aber aud 
mächtige Ktettengebirge, wie die Pyrenäen, Alpen oder der Himalaya, bei 
denen nad ihrer völligen Aufrichtung der Vulkanismus gar feine odır 
nur eine untergeordnete Rolle Ipielte; und ſteile fontinentale Bruchlinien, 
wie Die norwegiſche, bei denen dasſelbe der Fall iſt. 

Die Beſchränkung der Vulkane auf gewiſſe tektoniſche Linien tritt noch 
dadurch ſchärfer hervor, daß ſie hier in der Regel geſellig auftreten. 
Meiſt zeigen ſie eine reihenweiſe Anordnung und laſſen damit auf das 
Vorhandenſein langer Spalten ſchließen, von denen jede an mehreren 
Punkten bis an die Erdoberfläche reicht. Das gruppenförmige Vor 
kommen von Vulkanen dürfte auf der Turchkrenzung mehrerer Rebe 
beruhen. 

$ 262. In Europa waren die inneren Senkungsfelder jener Ketten— 
gebirge, Deren kryſtalliniſche Zone nur mehr in Bruchſtücken vorhanden tt, 
ein Hauptſchauplatz Der vulfanichen Thätigkeit. Am inneren Nande der 
Apenninen ziehen Vulkane von ITosfana bis Zizilien. Solche ſind du 
Trachytberge Monte Amiata und Monte Cimino, die Kraterſeen von Bolſena, 
Vico und Bracciano, das Albanergebirge bei Rom, das vielleicht noch in 
hiſtoriſcher Zeit thätig war: die acht Vulkane des Hernikerlandes bei Froſi— 
one, deren Entſtehung nad) Branco in die vor- oder altalluviale Periode 
fällt; die Nocca monfina, die tertiären Vulkane der pontiniichen Inſeln, 
die phlegräiiche Gruppe mit der Zolfatara und dem Monte nuovo, die 
Inſeln Procida, Vivara und Iſchia mut dem Epomeo, der 1302 den legt 
Ausbruch erlebte, der Veſuv und endlich Die lipariſchen Inſeln, von dere 
Stromboli, Vulcano und Panaria noch thätig find. Nur der Ätna urd 
der erlojchene Vultur Legen an der Außenſeite der Apenninen und bilden 
nah) Sueß die Endpunkte radialer Erdbebenlinien. Am mediterrane 
Bruchrand des Atlas finden ich ebenfalls infulare und kontinentele 
Vulkane, und im gleicher Werte iſt die Innenſeite des bätiſchen Gebirge 
ivitems von Cabo de Sata bis Cabo de Ralos mit jungen Eruprivbil— 
dungen bejeßt. Den inneren Nand der Narpaten begleiten Die vor 
wiegend trachytiichen Gebirge von Schemnitz und Kremnitz, von Gran, ir 
Matraſtock, die weinberühnte Hegyallja, der Bihorlat Guttin-Zug und di 
kettenförmige Dargitta. Auf der öftlicdhen Bruchteite der Alpen mangein 
trachutifche und baſaltiſche Ausbruchitellen nicht gänzlich, und die Wiener 
Thermenlinie iſt eim anderer Zeuge des gewaltigen Einſturzes dieſer Ee 
birgstette. An der Südſeite der böhmtichen Erzgebirge fanden mächtige 
Baſaltergüſſe in der Neogenzeit Ttatt (böhmiches Mittelgebirge, Duppauet 
Gebirge), und bier Liegen auch Die weltberühmten Thermen von Teplig und 
Narlsbad. Tas Pendant des Erzgebirges, der Balkan, bat ebenfalls an 


Die wichtigſten Oberflähenformen des Feſtlandes. 331 


feiner Bruchfeite junge Eruptivgejteine und warme Quellen. In ähnlichen 
Periehungen ftehen vielleicht die erlojchene Vulkanreihe vom Argäus big 
um Kara-Dagh zum Taurus und die armenifchen SFeuerberge zum 
Kaukaſus. 

Das weſtamerikaniſche Hochland enthält noch jetzt über 80 thätige 
Vulkane, von denen aber die Mehrzahl Central- und Südamerika angehört. 
Top aber Nordamerika einft nicht nachſtand, beweilt das Kasfadengebirge, 
das zum großen Teil aus übereinandergelagerten Zavaftrömen von ftellen- 
weile mehr al3 1000 m Mächtigkeit befteht, deren Ausbruch in die nach- 
tertiäre, zum Zeil jogar in die nachglaciale Zeit fällt; und nicht minder 
deutlich ſpricht das große Lavafeld des Columbia und Snafe-River, dag 
ch über fünf Längen und drei Breitengrade ausdehnt. Die meiften 
Kordillerenvulkane find dem Gebirgskamm aufgelegt. In Quito, füdlich 
von 2° S., Liegen fie zwiſchen beiden Kordilleren, aber auch fie über- 
lagern jowohl das kryſtalliniſche Schiefer- wie das Porphyrgebirge, und 
bh. Wolf jpricht die Anficht aus, daß fie erft nach dem älteren Diluvium 
cut denſelben Spalten entftanden, auf welchen der alteruptive Porphyr auf- 
tig. Im Mexiko durchziehen die Vulkane quer das Plateau, und in 
Ventralamerifa durchjchneidet die Vulkanreihe zwiichen 8° 48° und 16° 10’ 
die Hauptachſe der Kordilleren, indem fie im Süden auf der atlantijchen 
Abdahung, dann auf dem Scheitel des Gebirges und endlich auf ber 
pazifiichen Seite auftreten. Die vulfanifche Linie ift alfo gegen NW. big 
ENB. gerichtet, aber die Feuerberge erheben fi in Guatemala auf 
Tuerlinien, die nahezu jenkrecht die Hauptlinie fchneiden; und auf jeder 
Luerlinie ift der thätige Vulkan in der Regel der dem Dean nächſte. 
Es findet alfo bier eine Verſchiebung der Ausbruchsftellen gegen den 
itiihen Rand ftatt. In Nordamerika liegen Laſſen Peak und Mount 
chaſta zwar im Streichen der Sierra Nevada, aber nicht auf bem Kamme, 
imdern an jenen Stellen, wo das ganze Gebirge einen Einbruch er- 
linen bat. 

Ähnliche Beifpiele Tiefert auch die alte Welt. Die kaufafifchen 
Vulkane find ebenfo dem Gebirge aufgejett, wie die Demawend-Solfatara 
dem Elburs; letteres Gebirge wird aber auch an feinem füdlichen Bruch— 
md nach Tietze von trachytiſchen Hügelreihen begleitet. Das vulfanijche 
Gebiet des Hegaus Liegt in einem Einfturzfeld des Jura zwifchen Thayngen 
und Arftingen; hier war wenigſtens der eigentliche vulfanifche Herd, wenn 
cuh der Jura noch von Eruptivfanälen durchzogen und von Bafaltkuppen 
gektrönt wird. Auch die kanariſchen Infeln liegen im Streichen des 
Atlas, 

Auch die alten Faltenſyſteme der Erde, die wir als Maſſivs kennen 


Infulare Wul« 
tanz u. Yullane 
von Anfiralieıt, 
Afrika u. Title 
alien. 


332 Ueuntes Rapitel. 


gelernt haben, tragen Vulkane. Beiſpiele diefer Art find das ſchottiſche 
und irische Maſſiv, das franzöfiiche Gentralplatenu und das rheiniſche 
Schiefergebirge. Die legten Ausbrüche des Mont Tenife und der Eiteler 
Vulkane hat der prähiſtoriſche Menſch noch miterlebt. 

$ 263. Genane Beziehungen zwiſchen dem Yluftreten von Wulker- 
reihen und den vrograpbiich geologischen Verhältniſſen laſſen fih auch iz 
qriechiichen und weſtindiſchen Archipel nachweiſen. Die 15 Cykladen— 
Vulkane, die ſämtlich trachytilche Yaven zu Tage Fürderten, ziehen von 
Niſyros über Santorin und Milo nad) Methana und gina, alte an 
Außenrand des zu Inſeln zerjtückelten Gebirges und entlang einer 8er: 
werfingsipalte, wo das Jeichte ägäiſche Meer zu bedeutenden Tiefen ab 
finft. Wir verdanfen dieſe Deutung dem öfterraichiichen Geologen Neu: 
mayr; dagegen hat die Yage der Anttllenvulfane Schon X. v. Buc 
richtig aufgefaßt, ohne zu jeiner Zeit viel Beachtung zu finden, obweh. 
jeine Auffaſſung die moderne Theorie ſchon im Keime enthält. Tee 
Vulkanreihe zieht in einem Bogen von Grenada über Martinique nat 
Zt. Chriſtoph: an der fonveren Außenſeite Tregen von Tabago im Süden 
bis St. Martin im Norden nur Inſeln, die aus Kalkſtein bejtehen. Sie 
find die Nefte eines Gebirges, an deſſen Innenrande, wie bei den Apeminen 
oder Karpaten, Die vnlkaniſche Thätigkeit ſich mächtig entfaltete. 

Am dichteſten drängen ſich die Feuerberge an der pazifiſchen Wet: 
füfte. Sie bilden von Kamtſchatka über Japan, die Vhilippinen, en 
Guinea, Die neuen Hebriden und die Nordinfel von Neuſeeland bis zum 
antarftiichen Viktorialand einen Bogen, der von GO! N, bis 780 S. rait. 
Te Anficht von Draſche's, day dieſe Linie den Außenrand der älteren 
geichichteten Geſteine der öftlichen Hemiſphäre bezeichne, iſt ſeit den Unter: 
ſuchungen Wichmann's, von denen chen auf S. 219 die Nede mar, 
allerdings nicht mehr haltbar; aber es dürfte genügen, darauf Hinzinveren, 
daß wir hier, wie auch im oſtindiſchen Archipel auf einem der größten 
Zenfungsfelder der Erde ftehen. Auch die madagaſſiſche Schelle, die 
ebenfalls zu einer beträchtlichen Tiefe abſank, iſt durch Eruptionsſtellen 
ausgezeichnet. 

Dürftig iſt unſere Kenntnis von den Vulkanen Afrikas, Oſtaſiens 
und Anſtraliens. Ein großes tertiäres Eruptivgebiet, dag zum Teil 
wohl noch bis im die Nestzeit thätig war, finden wir an der Südſeite der 
Grampians in der anftraliichen Provinz Viktoria. In Afrika und Arabien 
scheinen thätige Vulkane nur auf die Küſtengegenden beichräntt zu tem. 
erloichenen begegnet man aber auch im Inneren des Feſtlandes. Die um 
geblich noch thätigen Vulkane im Thianſchan Gebiet haben ſich als Kohler 
brände erwieſen, und eine gleiche Bewandtnis hat es wohl auch mit din 


Die wichtigſten Oberflähenformen des Feſtlandes. 333 


Mount Wingan im Liverpoolgebirge (Neu⸗Süd-Wales), der ala brennender 
Berg bezeichnet wird. Die vermeintlichen centralafiatiichen Vulkane mach: 
ten jenen Forſchern Schwierigkeiten, die da3 Vorkommen von Eruptionen 
an die Meeresnähe fnüpften; es dürften aber auch die Vulkane, die ſich 
nidöftlich von Mergen (in der Manöfchurei) befinden, aljo über 800 km 
vom Meere entfernt find, und nad) von Richthofen noch am Anfang des 
Is. Jahrhunderts in Thätigkeit waren, mit jener Theorie jchwer verein- 
bar jem. 

Schwierig ift e3, in der Verteilung der ozeaniſchen Vulkane eine 
Geſetzmãßigkeit zu finden. Es fällt Hier beſonders der Umſtand in das 
Gewicht, daß verhältnismäßig wenige fubmarine Ausbrüche fich ein dauern- 
des Denkmal in einer Inſel Schaffen. Bon den anderen befommen wir 
aber nur zufällig Kenntnis, und an zahllofen Stellen der Tiefjee mögen 
Eruptionen ftattfinden oder ftattgefunden haben, die uns wohl für immer 
verborgen bleiben dürften. Vielleicht iſt e8 aber nicht zufällig, daß 
die atlantifche Vulkanlinie von Ian Mayen über Island, die Azoren, 
Acenfion ımd St. Helena bis Triftan d'Acunha die Geftalt des Dzeans 
wiederholt und zum Zeil mit der mittleren Erhebung des Meeresbodeng 
wianmenfällt. 

$ 264. Die Betrachtung über die geographiiche Verbreitung der 
Bulfane führt uns zur Frage nad) den lebten Urjachen des Vulkanismus. 
Tie heißflüffigen Maſſen des Erdinnern können offenbar nur dort zu 
Zage treten, wo tiefgehende Spaltenbildungen ihnen Wege bahnen. Die 
ältere Anfchauung ging von den beiden Thatjachen aus, daß Wafjerdampf 
bei vulkaniſchen Ausbrüchen eine hervorragende Rolle fpielt, und daß die 
meiften Bulfane in der Nähe des Meere oder anderer größerer Waffer- 
beten fich befinden. Sie fchloß daraus, daß infolge der Verwandlung 
des in Die Erde eingedrungenen Waſſers in Dampfform und der dabei ein- 
tretenden Spannung ſich Riffe in der Erödrinde bilden, durch die das 
Magma, gehoben durch die eingeichloffenen Safe, einen Ausweg findet. 

Das Magma wird von Neyer als eine von Zöfungen durchtränfte 
kryſtallmaſſe bezeichnet. Daß die Kryſtalle ſchon in der Tiefe gebildet 
md, zeigt die Beobachtung, denn leicht fchmelzbare Kryſtalle werden oft 
von ſchwer jchmelzbaren eingejchlojien, und zertrümmerte Kryftalle werden 
durch Lavamaſſe verfittet. Die Beobachtung lehrt ferner, daß das Magma 
Sale, vor allem Wafjerdampf enthält; aus der Thatjache, daß beim 
Eritarren der Lava die Gaſe in einer beftimmten Reihenfolge entweichen, 
können wir fchließen, daß ſich Magma und Gafe nicht indifferent zu ein- 
ander verhalten, fondern die lebteren vom erfteren abjorbiert find. 

Es ift num ſehr wahrjcheinlich, daß ein großer Teil des Waſſer⸗ 


Theorie bes 
Bullanismus, 


Shlamm- 
fprubel. 


334 Yeuntes Kapitel. 


dampfes vom Meere ftammt, aber ein Teil ift dem Magma wohl jchon 
urjprünglich eigen, jonjt wäre das Vorkommen der oben erwähnten man- 
dichuriichen Vulkane nicht erflärbar. Andererfeits ift die Dampfentwide- 
lung bei den trachytiſchen Ausbrüchen auf Santorin verhältnismäßig gering, 
obwohl fie mitten im Meere ftattfinden. | 

Wenn die Vulkane der Gegenwart an da8 Meer gebannt erjcheinen, 
jo ift doch wohl zu beachten, daß fie nicht alle fontinentalen Ränder um- 
fäumen, jondern nur dort vorfommen, wo zerftüdeltes Küftenland zu 
größeren Tiefen abfintt.e Ebenſo führen die Beziehungen zwiſchen den 
Vulkanen und Yaltengebirgen zu dem Schluffe, daß die Spaltenbildung, 
die wir als die erjte Urjache bezeichnet haben, an die Gebiete größerer 
Cchichtendislofationen gebunden iſt. 

Diejer Teil der Frage nach den Urjachen des Vulkanismus erjcheint 
hiermit gelöft; über den zweiten Teil, der die Herkunft des Magmas be- 
trifft, find die Meinungen noch nicht geklärt. Die ältere Hypotheſe be- 
trachtet die Lava als den Ausfluß des heikflüffigen Erdferns, und diejer 
Anficht kann auch derjenige beipflichten, der einen feiten oder gasförmigen 
Buftand des Erdinnern annimmt. Denn in diefen beiden Fällen ift der 
aktuelle Zuftand nur eine Folge des Drudes der darüberliegenden Gefteind- 
mafjen und muß in den flüffigen übergehen, jobald eine Entlaftung durch 
Spaltenbildung eintritt. Gegen die Eriftenz eines gemeinfamen Lava- 
herdes jcheint aber die Thatſache zu jprechen, daß die gleichzeitigen 
Laven ſelbſt benachbarter Vulkane häufig verjchieden und andererſeits die 
Laven verjchiedenen Alters und verfchiedener Gegenden oft völlig gleid 
find. In ben älteren Eruptionen entdedte von Richthofen das feitdem 
mehrfach bejtätigte Geſetz, daß Propylitgefteine die Ausbruchsthätigkeit er- 
öffneten, darauf Andefit folgte, endlich bei abnehmender vulfanifcher Thätig- 
feit Trachyt, Nhyolith und Baſalt. Man hat zur Erklärung dieler That 
Sachen lokal abgefchloffene Lavabehälter („Maculae“) angenommen, die nad) 
Dutton im Inneren der Erde neu gebildet werden. 

8 265. Neben den echten Vulkanen nennt der Sprachgebraud) aud) 
„Schlammvulkane“, für die Gümbel die richtigere Bezeichnung Schlamm: 
ſprudel (Sig. 123) einzuführen verſuchte. Man verſteht darunter Hügel, 
die, wie die echten Vulkane, das Produkt ihrer eigenen Thätigkeit find, 
aber nur aus thonigem Schlamm beftehen, der bei ftarfem Regen oft Io 
völlig erweicht wird, daß ber ganze Hügel zerfließt. Auf dem Gipfel be- 
findet fich der, zur Zeit der Ruhe meift mit fchlammigem Walfer gefüllte 
Krater mit den Eruptionsöffnungen. Die Höhe ift in der Regel außer 
ordentlich gering im Vergleich zum Umfang, auf Trinidad z. B. nur 
1-3 m. Zu den höchften gehören der Macaluba auf Sizilien (49 m) und 


Die wichtighen Oberflähenformen des Seſtlandes. 335 


der Agh Sibyr (150 m). Perioden der Ruhe, in denen nur Gasaus- 
ftromungen ftattfinden, wechſeln mit ſolchen heftiger Thätigfeit. Dieje 
wird manchmal fogar von Erberichütterungen eingeleitet; es erhebt ſich eine 
Tampfäule, Schlamm und Steine werden ausgeworfen, endlich ergießt 
ich aus dem Krater ber Schlammftrom. 

Unter dem Begriff „Schlammfprudel“ hat man zwei, in ihrer oro- 
graphiichen Erſcheinung zwar gleiche, genetiſch aber verjchiedene Phäno— 
mene zufammengefaßt. Die eine Art, die man als warme Schlammfprudel 
bejeichnen kann, wird durch eine beftändig hohe Temperatur und durch 
das Ausftrömen großer Mengen von Wafjerdampf harakterifiert. Sie find 






































































































































Fig. 123. Die Schlammfprudel von Turbaco bei Carthagena (Tolumbien) 
. nad 9. von Humboldt. 


zur vulfanifche Vegleiterfcheinungen: Solfataren in der thonreichen Um- 
gebung von Feuerbergen, namentlich im Gebiet der Tuffſchichten, und als 
ſolche auch nur auf vulfanifche Gegenden (Island, Centrafamerifa, Celebes, 
Yızon, Neufeeland) beichränft. 

Die falten Schlammfprudel ftehen dagegen mit dem Vulkanismus 
in feinem bireften Bufammenhang. Ihre Temperatur erhöht ſich nur zur 
Zeit heftiger Eruptionen, und auch dann nur wird Waflerdampf in 
größerer Menge ausgeftoßen. Sonft aber bildet Kohlenwaſſerſtoff 90 bis 
5°, aller erhalierten Gaſe. Solche Schlammfprudel find die unter dem 
Romen „Mublumps“ befannten Inſelchen an ben Mündungen bes 
Rififfippi, die der Zerfegung der, in ben Deltaablagerungen aufgehäuften 


336 Neuntes Kapitel. 


organiichen Subftanzen und der damit Hand in Hand gehenden Gasent- 
widelung ihre Eriftenz verdanfen. Andere Schlammjprudel find in ihrem 
Vorkommen auf das Vorhandenfein von Naphta und Thonjchichten ge- 
bunden; ihr Hauptgebiet finden wir am Südabhang des Kaufafus, auf 
den Halbinfeln Taman und Kertſch und in der Umgebung von Baku. 
Das Naphta, ein verjchiedenartige8 Gemiſch Flüffiger Kohlenwaſſer— 
jtoffe, entfteht nach älterer Anjchauung durd die Verweſung organifcher 
Mafjen. Eine neuere Hypotheje läßt es größtenteils auf anorganischem Wege 
jich bilden. Wafferftoff und Sauerjtoff dringen in der Form von Waſſer 
zu der ſtark erhigten Tiefenregion, und gehen mit den dafelbjt vorhandenen 
Metallen und dem damit verbundenen Kohlenſtoff neue chemifche Verbin- 
dungen ein. Es entjteht auf dieje Weife Eifenoryd und Kohlenwaſſerſtoff. 
Lebterer dringt, zu Naphta verdichtet und durch den Drud des Wajier- 
Dampfes und der Safe getrieben, an die Oberfläche, ſobald entweder Fünft- 
lich durch Bohrung, oder auf natürlichem Wege durch tiefgehende Spalten- 
bildung, alfo durch eine Dislokation der Schichten, die Gelegenheit dazu 
gegeben ift. Unter diefen Vorausſetzungen wären aljo aud) die meiften Naphta— 
quellen und damit auch die meijten falten Schlammfprudel, gerade fo wie die 
echten Vulkane, eine Begleiterjcheinung der Faltenbildungen und Berwerfungen. 


Erdbeben. 


—— $ 266. Hier dürfte der geeignetſte Ort fein, um des verheerendſten 
Phänomens zu gedenken, das die jegige Erdgefchichte kennt, und Das eben— 
falls mit den Dislofationen im innigften Zufammenhange fteht. 

Erſchütterungen der Erdoberfläche können auch durch plötzliches Nieder: 
fallen großer Maſſen auf diefelbe, z. B. durch Bergftürze, erzeugt werden; 
aber man pflegt nur ſolche Erjchütterungen als Erdbeben zu bezeichnen, 
deren Urfache unter der Oberfläche gelegen ift. Die Stelle, von wo bie 
Bewegung ausgeht, nennt man das Centrum oder den Erbbebenherd. 
Die Bewegung ift entweder eine ftoßförmige (fuffuforifche) oder eine 
wellenförmige (undulatoriiche). Die erftere macht fich als vertikaler 
Stoß fühlbar, wodurd oft Häufer und Menſchen emporgefchnellt und 
Leichen aus den Gräbern herausgeworfen werden. Die wellenförmige Be 
wegung fchreitet nad) einer beftimmten Richtung fort, mandjmal dem 
Auge direkt fichtbar, meift aber nur erfennbar aus der Richtung ber Riſſe 
und Spalten in Gebäuden, aus der Lage umgeworfener Gegenftände 
u. dgl. Aus der drehenden Verſchiebung der Steine an Pfeilern, Obe: 
lisken u. |. w. glaubte man früher auch auf eine rotatorifche Bewegung 
Ihließen zu müflen; es hat ſich aber herausgeftellt, daß in all dieſen 


Die wichtigen Gberflähenformen des Feſtlandes. 337 


Fällen der Schwerpunft und der Haftpunkt der Steine nicht in einer ſenk⸗ 
rechten Linie lagen, und unter folchen Umftänden muß auch die Wellen- 
bewegung eine Drehung der Steine bewirken. Am kräftigſten äußert jich 
die Bodenerjchütterung in den oberften, nicht belafteten Schichten, während 
fie in der Tiefe meift gar nicht bemerft wird. Im Bergwerk von Eſſen 
ipürte man das rheinische Beben vom Jahre 1828 nicht, und das große 
Agramer Beben im Jahre 1880 machte fich in den Gruben von Wies in 
Steiermark nur big zu einer Tiefe von 28—30 m, aber nicht mehr in 
Tiefen von 60—120 m fühlbar. 

Die Dauer eines Stoßes beträgt meift nur wenige Sekunden, aber 
es vergehen oft mehrere Minuten, bis da3 Zittern des Bodens aufhört 
und die Ruhe völlig wiederhergeftellt ift. Selten bejteht das Erdbeben 
aus einem einzigen Stoß, wie das rheinifche im Jahre 1846; auch 
dad berühmte Beben von Caracas am 26. März 1812, wo nur drei 
Stöße unmittelbar auf einander folgten, gehört zu den ſeltenſten Aus— 
nahmen. In der Regel treten zahlreiche ſekundäre Erjchütterungen ein, 
die dem Hauptitoß entweder vorangehen oder ihm folgen. Erjtreden fie 
fh auf eine größere Zeitdauer, fo ſpricht man von einer Erdbeben- 
periode. ine folche war das Jahr 1783 für Calabrien; ja, die Schwachen 
Eridütterungen dauerten noch über ein Jahrzehnt fort. Das Großgerauer 
Beben am Mittelrhein dauerte von 1869—1873; vom Oktober bi3 Ende 
1369 zählte man über 600 Stöße. Die Ugramer Erdbebenperiode, die 
1880 begann, ift leider noch immer nicht abgejchlofjen. In Yokohama 
traten vom 1. bis 6. Mai 1870 123 Stöße ein, und in Hawaii betrug 
im März 1868 allein die Zahl der jtärleren Stöße über 2000. 

Manche Erdbeben find nur Lokal, die meiften aber verbreiten fich über 
emen größeren oder Eleineren Bezirk. Einzig in der Geſchichte fteht da 
da3 Liffaboner Beben vom Jahre 1755, welches angebli ein Gebiet 
von der Größe Ameritas (38'/, Mill. qkm) betraf; nur das Neufeeländer 
Beben vom 23. Januar 1855 mit einer Ausdehnung von ca. 20 Mill. qkm 
lommt ihm nahe. An den Küftenlandfchaften nimmt auch dag Meer an 
dr Bewegung des Feſtlandes teil, und gewaltige Flutwellen (ſ. ©. 153) 
bringen fernen Geſtaden Kunde von dem Phänomen. Eine Erjchütterung 
de; Meeresbodens (Seebeben) erzeugt feine Flutwelle, ja überhaupt feine 
nötbare Bewegung, aber ber Stoß pflanzt fid) durch das Wafler fort 


und wirb von einem, zufällig daſelbſt befindlichen Schiffe auch als folder 


anpfunben. 
! 267. Höchſtens die tropiichen Cyklonen bewirken manchmal ähn- 
lde Berheerungen, wie-die Erdbeben. Noch ift in aller Erinnerung bie 


hehtbare Kataftrophe von Ischia im Juli 1883. Nacd) einer amtlichen 
Enpan, Bhufiihe Erdkunde, 22 


Berftörung 
durch 
Erdbeben. 


Wenetiiche 
Einteirung der 
Beben. 


388 Neuntes Rapitel. 





Zuſammenſtellung wurden in Italien jelbjt im verhältnismäßig ruhigen 
Jahr 1870 durch Erdbeben 2225 Häuſer zerftürt, 98 Menichen getötet 
und 223 verwundet. In Südamerika verloren 1868 ca. TO 000 Menichen 
bei Erderichütterungen das Leben. Je fteiler der Winfel tft, umter den 
der Stoß erfolgt, dejto größer iſt die Verwüſtung; aber andererteits 
tft Diefe auch von der Beichaffenheit des Bodens abhängig. Tas Yilia- 
boner Beben (1755) zerjtörte nur die anf Sand und Thonſchichten erbauten 
Ztadtteile, während die auf feſtem Kalkſtein und Baſalt ftehenden verschont 
blieben; das Erdbeben von Bellumo (1873) richtete feine ganze Kraft gegen 
die auf Diluvialſchotter erbaute Stadt, während die Häufer auf dem Fluß— 
alluvium nur wenig litten. 

Die Bildung von Spalten iſt eine gewöhnliche Folgeerſcheinung der 
Eröbeben. Grundwaſſer und Schlamm bricht häufig aus denjelben hervor 
und baut Schlammkegel auf, die bet Laien die Meinung eriveden, es 
handele ſich hier um vulkaniſche Eruptionen. Längsſpalten, oft von be: 
trächtlichen Dimenfionen, jind am häufigſten; bei Einttürzen unterirdiicher 
Hohlraume bilden ſich auch Nadiahipalten. Wind und Waffer füllen dieie 
Öffnungen zum Teil wieder aus; manchmal shliehen ſich dieje ſelbſt, wobei 
eine Sorizontalverjchtebung der Ränder bemerfbar wird. infolge von 
Spaltenbildungen verfiegen Unellen oder neue brechen hervor, und Thermen 
verändern ihre Temperatur (ſ. S. 248). Anch zu Bergftürzen geben Erb: 
erichütterungen häufig die letzte Veranlaſſung. Beim Erdbeben von Katſchh, 
1819, janf eine Fläche von ca. 520 qkm und wurde in einen Zee ver: 
wandelt, teilweiſe Uferſenkungen traten 1565 am Züricher See und 1861 
am Lago Maggiore ein, und 15865 verſchwand bei einem Beben plöglid . 
eine Inſel dev Mealedivenreihe. Dies find nur einige zufällig herausge— 
griffene Beilpiele von Bodenlenfungen, während die Nachrichten von 
Hebungen bei Erdbeben einer ſchärferen Kritik mit Stand halten. 

$ 268. Vielleicht mehr noch, als in bezug auf andere geophyſikaliſche 
Probleme ftehen wir in Bezug auf die Erdbebenerihemungen und ihren 
inneren Zuſammenhang erjt am Anfange der Erkenntnis. Hauptfſächlich 
wurde fie gefördert durch die Unterfuchungen von Such, R. Hoernes u. a. 
und die bedeutendſten Reſultate dürfen wir von den Beobachtungen cr: 
warten, Die jest mit muſtergültiger Sorgfalt in der Schweiz angejtellt wer: 
den. Während man früher alle Erdbeben mit dem Bulfanismus in Ber: 
bindung brachte, unterscheidet man jeßt vulkaniſche und nichtvulka— 
tische Erdbeben. Gerade die legteren, Die man mit Hoernes in Ein- 
fturz: und teftonische Beben teilen kann, find die wichtigjten und ver: 
breitetiten. Einfturzbeben, d. h. ſolche, die durch den Einfturz der 
Decken unterirdiſcher Hohlräume entitchen und fich von dieſem Centrum 


Die wichtigſten Oberfläenformen des Feſtlandes. 339 


wellenförmig nach allen Seiten ausdehnen, dürften in Kalk- und Salz 
gebirgen wohl Häufig fein; aber e3 ift ſchwer, fie mit Sicherheit als ſolche 
wu erfennen. Das Beben, das den Schweizer Ort Viſp, wo 20 gipsfüh- 
rende Quellen vorkommen, im Jahre 1855 heimfuchte, dürfte vermutlich 
dieier Kategorie zuzurechnen fein. Jedenfalls find aber alle diefe Erſchütte- 
rungen lokal beichräntt, und baher von weit geringerer Bedeutung, als die 
teltoniſchen oder Dislofationsbeben, die von fortdauernden Be— 
wegungen innerhalb der Erdfrufte beredtes Zeugnis ablegen. 

Das charafterijtiiche diefer Erdbeben befteht darin, daß fie an gewiffe 
“inien, die man ala Stoß- ober Schütterlinien bezeichnet, gebunden 
ind. In den Oſt⸗ 
alpen und in Un- —— 
teritalien find zwei 
Arten folcher 
Ztoßlinienerfannt 
worden. Eine pe= 
ripheriſche Linie 
icht an der Süd⸗ 
ieite der Alpen vom 
Gardaſee über 
Wine und Görz 
bis Fiume; Er⸗ 
ihätterungen find 
in diejen Gebieten 
iehr Häufig und a dr 
hängen offenbar gi, 124. Die Erdbebenlinien in Unteritalien nad; Such. 
mit der, auch im 
Gebirgsbau Mar zu Tage tretenden, almähfichen Abfenkung der Süd⸗ 
pen zufammen. Noch fchärfer tritt der teftonifche Charakter ber peri- 
oheriſchen Erbbebenlinie in Calabrien und Sizilien (AB in ig. 124) 
bervor. Schon an einer früheren Stelle (S. 300) wurde der dur Sen- 
fung zerbrochenen Innenzone des Apenninengebirges gedacht, und bei einer 
ipäteren Gelegenheit (S. 330) wurde angeführt, daß in dieſem Senkungs- 
biete zahlreiche Vulkane ſich entwickelten. Das kalabriſch-peloritaniſche 
webitge iſt ein Reſtſtück des einſtigen kryſtalliniſchen Gürtels, und wir 
dürfen nicht zweifeln, daß die Senkung in dieſem Gebiete noch fortdauert. 
Te Schütterlinie liegt zwiſchen dem Monte Cocuzzo, den vatikaniſchen 
Bergen und dem Scyllafeljen im Weften und dem Silawald und Afpro- 
ante im Dften; in Gigilien umzieht fie das peloritanifche Gebirge. 
Imerhalb des freisförmigen Sentungsfeldes, deſſen Peripherie jene Stoß- 

22° 








Gentrale und 
lineare Ber- 
breitung. 


340 Neuntes Kapitel. 


linie bildet, Liegen die Liparifchen Vulkane, von denen trangsverjale 
(radiale) Schütterlinien ausgehen (a —f in Fig. 124); an dem Endpunfte 
einer berfelben befindet fich der Atna. 

Wir erjehen aus diejem Beiſpiele, daß Erdbeben in einem bulfant- 
chen Diftrifte nicht immer jener Kategorie angehören, die als ftreng vul- 
fanifche Erjchütterungen aufgefaßt werden müſſen. Dieje Begleiterichei- 
nungen vulkaniſcher Ausbrüche gehen vom Krater aus, verbreiten ſich 
wellenförmig nad) allen Seiten und erjchüttern entweder nur den oberen 
Teil oder den ganzen Feuerberg oder verbreiten jich auch über deſſen Um— 
gebung. In der Regel find fie lokal beichränft, wenn fie auch oft ver: 
heerende Wirfungen ausüben. Freilich gelingt e3 nicht immer, vulfanı- 
che von teftonischen Beben mit Sicherheit zu jcheiden; find doch die vul- 
kaniſchen Eruptionen ſelbſt nichts Anderes, al3 eine Folgeerſcheinung der 
Bewegungen innerhalb der Erdfrufte. 

$ 269. Unſere Betrachtung ergab, daß einige Erjchütterungen (die 
vulfanischen und Einfturzbeben) von einem Centrum nad allen Seiten 
ſich verbreiten, während die meiften teftonischen Beben eine lineare Ber: 
breitung zeigen. In der Schweiz wurden allerdings auch ſolche mit deut: 
lichen Eonzentrifchen Zonen beobachtet, aber auch in diefen Fällen waren 
die Centra nicht punktförmig, fondern bildeten Linien oder Flächen. Bon 
einem deutlichen Mittelpuntte, von dem die Stöße ausgehen, um an ver- 
Ichiedenen Punkten je nad) deren Entfernung zu verjchiedenen Beiten an- 
zulangen, läßt fich bei teftonifchen Beben überhaupt nicht |prechen. Für 
die peripheriſche Schütterlinie in Unteritalien iſt es charakteriftiich, daß die 
Stoßpunfte wandern. Während des falabrifchen Erdbeben im Jahre 1783 
befand fich dag Sentrum am 5. Februar in Oppido, am 7. in Soriano, 
am 28. in Bolia und am 28. März in Girifalco, war aljo langſam nad) 
Norden vorgerüdt. Dann fprang es nad; Süden zurüd und befand id 
am 5. Juni wieder in der Nähe von Oppido, bei Radicena. Die Beob- 
achtungen in der Schweiz haben und Beben kennen gelehrt, die über weite 
Flächen gleichzeitig auftreten, aljo durch die ruckweiſe Bewegung eines 
größeren Stüdes der Erdrinde verurfacht werben müſſen. Am 26. Mär; 
1872 wurde die Dftfeite der Taliforniichen Sierra Nevada vom 34. bis 
zum 38. Parallel faft gleichzeitig erjchlittert, und ebenfo differierten die 
Eintrittözeiten der Stöße bei dem Beben im Pandſchab am 2. März 1878 
auf einer Linie von 732 km Länge, und bei dem Beben vom 4. Juli 1880, 
das fich von der Poebene bis zum Schwarzwald erftredte, an den ver- 
Ichiedenen Orten jo wenig, daß man daraus fchließen muß, daß die Er- 
ſchütterung nicht von einem einzigen Punkte ausging. Es gilt dies haupt⸗ 
jächlih von jenen teftonijchen Beben, die Transverfallinien folgen. Eine 





Die wichtigſten Oberflächenformen des Fehlandes. 341 


Reihe von ſolchen Linien ift in den Alpen nachgewieſen, 3. B. die Garda⸗ 
und Etichlinie, die Linie von Venedig bis Villach, die in ihrer Ver⸗ 
löngerung die Mürzlinie trifft, die Linie Trieſt-Littai u. ſ. w. Man ift 
ıegt allgemein der Anficht, daß fie Horizontalverjchiebungen (f. S. 234) 
entiprechen; von der St. Eroce-Linie 


I ° ‚ıluM _ 
fonnte dies Hoernes bireft nach: yuide a Pl 
. . - . ... pi en en. = 5 Li7 
weijen (J. Fig. 125); die Antiklinale „nn god 7 [& 1p09° 
ist bier in zwei Hälften gejpalten, fie _ —- gear HF en 
richt mehr zuſammenpaſſen. Solde, 7 „NIE spiocd®t 
ee ug > 7 
noch jeßt Fortdauernde Verfchiebungn 7 — — —, 
vo. .. . > of'-: a 
ninen fi) natürlich auf der ganzu — ex J — 5 
Linie gleichzeitig durch Erſchütterungen Ane⸗nrbate —— 
iuhlbar machen. ———— —— — 
. wu _ N _—" 5 
Tas Erdbeben Tann ji aber _-— — —— de: 110 
. _ — 7 Car . 1F — 
auch durch elaſtiſche Fortpflanzung — ——e— 
af Gebiete ausdehnen, die an en fe Bip —ii 
teltoniſchen Veränderungen nicht teile — _-— 7 
. . . o 50 
nehmen. So wird das böhmiſche & — ae 
Maifiv Häufig von Erfchütterungen ie 


beimgefucht, deren Herd in den Ä 
asrdlichen Alpen oder angrenzenden Fig. 125. Verſchiebungs⸗ und Erdbebenlinie 
Karpaten liegt. Beim Graubündener von St.Croce (beiBelluno)nahR.Hoerne3. 
Beben vom Jahre 1880 gelang es das Gebiet der primären Erfchütterung 
von jenem der fortgepflanzten zu fondern; die Umrifje derfelben find 
anander jehr unähnlich, was durch Dislokationen bedingt erfcheint. 

$ 270. Dan muß den Unterfchied von centralen und linearen Erd» 
beben bejonderz ſtark betonen, da man ſonſt Gefahr läuft, die Refultate 
der geometrijchen Unterfuchungsmethoden von Mallet und von Seebad, 
die einft großes Aufjehen erregten, zu überſchätzen. Zweck diejer Unter- 
Iuhungen war die Beitimmung der Fortpflanzungsgeichwindigfeit der Erd⸗ 
debenwelle und der Tiefe des Centrums. Man jebte Dabei voraus — mas 
<ber in der Natur nicht zutrifft — daß die Erde eine homogene Maſſe 
nd die Fortpflanzungsgeſchwindigkeit daher konſtant if. Mallet, der 
%3 verheerende neapolitaniiche Erdbeben von 1857 bearbeitete, fuchte Die 
Lage und Tiefe des Centrums aus dem Neigungswinfel der Spalten in 
den Gebäuden zu ermitteln. von Zeebach benubte dagegen Beitbeftim- 
zungen. Er verband die mitteldeutichen Drte, wo die Erjchütterung am 
6. März 1872 gleichzeitig eintrat, durch Linien (Homofeiften), die unter 
der Borausfegung, daß das Beben central und die Erde homogen ift, Kreije 
‘zn müſſen. Damit ift die Lage des genau über dem Centrum gelegenen 


Geometriſche 
Methode. 





Erd—eben 
ſtatütit. 


342 Neuntes Kapitel. 


Oberflächenpunktes, des Epicentrums, gegeben. von Seebach fand nun 
folgendes Geſetz, welches durch die Fig. 126 illuftriert wird. Trägt man 
auf der Abeiſſenachſe eines Koordinatenſyſtems, deſſen Nullpunkt im Ent: 
centrum (#) liegt, die Entfernungen der 

FA vom Beben betroffenen Orte (a, a? u. ſ. w. 

| md in diefen Punkten die Zeit, um welche 











Pe R “oder von C (Centrum) ausgehende Stoß in 

ur N ERBEN a", u. ſ. w. Ipäter eintrifft, als in E 
N % PA (f, . u. } w.), als Ordinaten auf, jo bil: 

/ \ „ bet die Verbindungslinie der Endpunkte die— 
VVVV ſer Ordinaten eine Hyperbel. Es würde. 
VAL PA bejonders in Anbetracht des Umſtandes, Dar 
Er i dieſe Methode nur anf ſehr wenige Beben 
1 amvendbar ift, zu weit führen, wollten wir 
in 126. Zu von Seebach's Die Regeln, die ſich aus dem angeführten De: 
Methode. eb für das praftiiche Verfahren ergeben, 


weiter ausführen; hier genügt es, Die Reſul— 
tate der darauf gegründeten Berechnungen anzuführen: 
Fortpflanzungoͤ⸗ 


geſchwindigkeit 
pro Sekunde 


Tiefe des 
Gentrums 


von Seebach's Berechnungen. 





Rheiniſches Beben, 1545 

Neapolitaniſches Beben, 1857 
Zilleiner : 1558 
Mitteldeutiches = 1372 
Herzogenratber = 1373 





Abgefehen davon, Daß dieſe Meetbode auf der unrichtigen Voraus— 
ſetzung einer qleichartigen Erdkruſte beruht, und daß ihre Nejultate auch 
ans Dem Grunde nie genau ſein können, weil die Jeltangaben in der Kegel 
der nötigen Sicherheit entbehren, tt fte Schon Deshalb von geringerer Re 
deutung, als man früher glaubte, weil fie nur anf jtreng centrale Beben 
angewendet werden darf. Die weitaus größte Zahl der Erderjchütterungen, 
Die teftontichen, md von Dieter Behandlungsweiſe auszufchließen. In der 
Ihat konnte Höfer nachweiſen, daß Die für das Beben von Herzogenrath 
gefundenen Werte ans Diefem Grnnde nicht gültig ſind. 

SITE Lange Zeit und auch Heute noch glaubt man der Statiitif 
der Erdbeben die Gelege dieſes Phänomens entnehmen zu fünnen. Unglück 
licherweiſe leidet auch Diele Methode an einigen erheblichen Mängel. 





hr 





’ in: u. Maasbecken, 9. Jahrh. 21844 








Lrent Tũrkei und Griechenland) 1200 


l ederõſterreich 1000-1873 ($oernes) . 


Tenaubedeg, 5. Jahrh. 184 (Berreh) : 270 238-1 | 22-2*| 24-8 
Juin und Savoyen 4.—19. Jahrh. 


w:2nkreich, Belgien. und Niederlande 


Die wichtigſten Oberflähenformen des Fefllandes. 343 


Nur aus den dichter bewölferten Kulturländern, die ja nur einen kleinen 
Trozentiag der ganzen Landfläche ausmachen, erhalten wir auch von 
ihwächeren Beben Kunde, aus den übrigen Ländern aber nur von den 
heftigſten Erjcheinungen diefer Art, und die Seebeben entziehen fich fait 
ganz unjerer Beobachtung. Die Nachrichten aus den früheren Sahrhun- 
berten find nicht nur außerordentlich mangelhaft, jondern in mandjen 
willen geradezu gefäljcht, wie Th. Wolf in Bezug auf alle fog. vulfa- 
niſchen Ereignifje in Südamerifa nachwies. Allein trobdem ift auch die 
Erdbebenftatiftit nicht ganz ohne willenjchaftlichen Wert, wie manche For⸗ 
iher, angeefelt durch das marktichreieriiche Benehmen der „Erdbeben⸗ 
propheten”, vorjchnell meinten. Wie aus nachfolgender Tabelle, die für 
einige größere und Eleinere Gebiete die jahreszeitliche Verteilung der beob- 
ahteten Erjchütterungen enthält, fich ergiebt, ift feine Zeit erbbebenfrei. 
Es verhält ſich alſo mit den ſeismiſchen Erjcheinungen ebenfo wie mit 





Binter gruhling | Sommer | Hersn 

Decbt. ı Miäy— ! JZuni— | Sept.— 

Februar Mai Auguft | November 
In Brozenten | 


Berteilung der Erdbeben nad) 
Jahreszeiten. | 
| 


Differenz 


— —— — — — — — — 
—— — —⸗ — — — — — e 





120| 35-0 19-2*| 25-8 | 20-0 |15-8 


x:mten 1000-1877 (Doernes) . oo. 180, 42-2 | 20-0 16-1°| 21-7 |26-1 
Scmeiz (Bolger) . . 1230 | 37-5 | 25-6 | 11-5*| 25-6 |26-0 
;neberten, 16.19. Jabrh. (Berrey) 182| 84-1 | 17-6*| 19-2 | 28-9 |16-5 





tern). . . 5291 80-2 | 19-5 191° 31-2 12-1 
| 248 5-9 
| 


Fern) . 1020 30-1 25-4 | 20-2* 24-3 


| 
20-9 Ä 28-3 | 10-2 








! 
| 
| ] 
4. Jahrh.— 1848 (Berrey) . . . | 656 | 80-5 | 20-3° 
' ) 
| 2188| 25-8 26:2 














5 1873 (Schmidt) . 19.1*, 28-9 , 9-8 
1876—78 . . . 129 | 27:9 | 33.6 | 17- or 22-5 115-6 
en England 1638 — 1869 Brigkam) ı 231 | 35-1 | 19-9 | 18-9*| 26-1 |16-2 
Sıldivia (Chile) 1851-75 .. 1058| 17-0° 30-2 | 22-6 | 80-2 13.2 
Zmtiago (Chile) 1849—65 . . 1891 18-9* 27-9 | 28-8 | 24-3 | 9-9 
s.Ptapo (Chile) 1862-77 (Halb) . | 501 24-0 | 26-5 23-7°| 25.7 | 2-8 
"rd. Hemifphäre 800-1794 (Falb) | 2750) 30-2 23-6 | 22-0*| 24-1 , 8-2 
⸗ ⸗ 1794—1842 = | 2750 ' 37-6 | 24-9 : 21-2*%' 26-8 | 6-4 
= ⸗ 1850—57 Eluge) 1810 25-3 | 22:7° 24-9 | 239-1 | 4-4 
Zudl. 637 28-1 :ı 24-2 | 22-9*, 24-8 | 5-2 
vanze Erde von den älteften Zeiten. an | | 
Shmib) . . “22149 26-6 26-0 ee· ze 24-9 | 4-1 
23-8 ‚13-4 
| 








sone Erde 1874-80 (nach Fuchs) 861 88-4 22-9 20.0°| 









Geographiſche 
Verbreitung 
der Beben. 


344 Neuntes Kapitel. 


den Niederſchlägen in den Gebieten gleichmäßiger Verteilung: Die Urſachen 
ſind immer vorhanden, aber in manchen Zeiten kommt ein gewiſſes Plus 
hinzu, das die Häufigkeit ſteigert. Freilich iſt die Periodizität nicht überall 
die gleiche; aber im großen und ganzen ſcheinen doch die Monate der 
Sonnennähe erdbebenreicher zu ſein, als die der Sonnenferne, wobei es 
freilich noch fraglich bleibt, ob eine vollſtändige Statiſtik dasſelbe Reſultat 
liefern würde. Man hat die Beben als Fluterſcheinungen des heißflüſſigen 
Erdkerns aufgefaßt, und Perrey ſuchte nachzumweifen, daß fie bei den 
Syzigien häufiger feien, al® bei den Quadraturen. 3. Schmidt fam aber 
zu einem weſentlich anderen Schluſſe. Das Marimum tritt allerdings 
bei Neumond ein, aber ein zweites Maximum auch zwei Tage nad) dem 
erften Viertel; zur Zeit des Vollmondes (alſo ganz im Gegenjate zu dem 
Flutphänomen) nehmen die Beben ab und find am Tage des letzten Viertels 
am jeltenften. Zwar ift im Hinblid auf die Tidenbewegung der feiten 
Erde (1.-S. 162), die bei bejonderer Stärfe der fluterregenden Kräfte 
Spannungen in den oberen Teilen der Erödfrufte zur plößlichen und ge- 
waltfamen Auflöfung bringen Tann, die Fluttheorie in der angedeuteten 
Beichränkung nicht Turzweg von der Hand zu weilen, aber ein alle 
Zweifel ausjchließender Beweis ift dafür noch nicht erbracht worden. 
Noch geringeren Wert haben die Theorien von Poey und Delauney, 
von denen die erjtere für einen Zuſammenhang der Beben mit den Sonnen- 
fleden eintritt, während die lebtere fogar an einen Einfluß des Jupiter 
und Saturn uns glauben machen will. 

$ 272. Wenn auch nad) unferen jebigen Erfahrungen die Erdbeben 
jo jehr zum Haushalte der Natur gehören, daß fie als ein alltägliches 
Phänomen aufgefaßt werden müflen,! jo find fie doch nur in gewilfen 
Gegenden jehr Häufig und in anderen fehlen fie ganz (f. Karte XVII). In 
Europa werden bejonders heimgejucht die drei ſüdlichen Halbinfeln, die 
Alpen und Pyrenäen, Ungarn, das deutjche Mittelgebirge, vor allem die 
Rheinlandichaften; die gebirgigen Teile von Frankreich, England und 
Irland. In Alten wird das Kaufafusgebiet, der Nordrand von Eentralafien, 
Kleinafien, Perfien und Syrien, dag weftliche Arabien, das Indus⸗ und 
Gangesgebiet, Hinterindien, der malayifche Archipel und Japan fehr häufig 
erjchüttert. Afrika und Auftralien find verhältnismäßig ruhig. Im pazifi- 
ſchen Ozean find Neufeeland und die Sandwichinjeln reich an Erdbeben, 
und in Amerifa bejonders die Weſtabdachung, wenn fie auch im TSeljen- 
‚gebirge, in den Alleghanied nnd an der Küfte von Venezuela häufig vor- 





1 1850-57 wurden 4620 Beben beobadjtet; es fommt alfo ein Beben auf durch⸗ 
jchnittlih 15 Stunden. 


Die wichtigſten Oberflächenformen des Feſtlandes. 345 


kommen. Lima wurde zwiſchen 1586 und 1868 elfmal zerſtört, und das 
Thal von S. Salvador wird in jehr bezeichnender Weife die Hängematte 
genannt. 

Aus Ddiejer kurzen Aufzählung ergiebt ſich, daB Erbbeben bejonders 
haufig und intenfiv in Gebieten mit jungen Schichtenftörungen und den 
ihnen benachbarten Gegenden, hauptſächlich an den Bruchrändern der 
Gebirge und auf größeren Senktungsfeldern auftreten. Es find Dies 
dekanntlich auch Die Verbreitungsbezirfe der Vulkane; aber aud) dort, wo 
ieihe noch thätig find, dürfen nicht alle Beben als vulkaniſche aufgefaßt 
werden. Dafür ſpricht beſonders der Umftand, daß felbft dort, wo man 
dies am meiften vermuten könnte, in den Andes, die linearen Erjchütterungen 
Irwiegen. | 

Erdbebenarm oder völlig ruhig find Dagegen alte Gebirge, wie Skan— 
dinavien, Brafilien, das ſüdafrikaniſche Plateau, die Auftralalpen; ander- 
‘ats junge Meeresgebilde, wie die atlantifchen Küftenlandichaften von 
Nordamerifa oder das ſibiriſche Tiefland, und endlich ausgedehnte Ge— 
Eicte, die niemals eine Schichtenftörung erlitten haben, wie das europäiſche 
Rußland. 

Merkwürdig iſt das Vorkommen kleiner anſcheinend erdbebenfreier 
Vezirle zwiſchen Häufig erſchütterten Gebieten. Heim iſt der Anficht, 
daß auch in diefen Ausnahmefällen Bodenbewegungen zwar ftattfinden, 
Ser in jo geringem Grade, daß fie nicht fühlbar werden. 


Die Hochebenen (Platenus). 


$ 273. Weitaus größer, ald das Areal, welches die Faltenfyfteme 
zimehmen, ift die Fläche des ungefalteten Terrain. Diejes zeichnet 
ih orographifch durch verhältnismäßig geringe Höhendifferenzen benad)- 
sarter Punkte aus, d. h. es tritt ung als Ebene entgegen, und zwar je 
nah jeiner Erhebung als Hoch- oder Tiefebene. ine bejtimmte Zahl 
ald Grenze zwifchen beiden ;sormen anzunehmen, wäre willfürlich; ge- 
'ordert wird bei dem Begriff „Hochebene“ nur eine mehr oder minder be- 
deutende Erhebung über das umliegende Land oder über dag Meer, wenn 
dieſes Die Grenze bildet; denn dadurch erhalten die Flüſſe ein ftärferes 
serälfe und rufen jene Erofionserjcheinungen hervor, die wir in den fol- 
senden Paragraphen kennen lernen werden. 

$ 274. Horizontale oder unmerklich geneigte Schichten von feſtem 
Beitein bilden Tafelformen. Selbft das Faltenſyſtem des Karftes trägt, 
me ſchon einmal erwähnt wurde (S. 303), größtenteils Platenucharafter, 
weil die alten fehr breit find. Der Plattenjura (f. Fig. 109) befteht 


Ungefaltetes 
Kerrain. 


Schichtungs⸗ 
plateaus. 
Tafelformen, 


346 Neuntes Kapitel. 


aus denjelben Scichten, wie der Kettenjura, nur ihre Tektonik ift ver- 
Ichieden; und diejelben Formationen, die in jteilen Falten dag Alleghany 
Gebirge zufammenfeten, bilden in flachemuldenförmiger Zagerung die Bafıs 
des großen appaladhifchen Kohlenbedens, das wir orographifch den Tafel: 
ländern zuzählen müflen. Derſelbe Sandjtein erjcheint in der Süphälfte 
von Afrika bald ala Tafelberg und Plateau, bald als zadiger, pittoresfer 
Berggipfel; und die erjtere Form ift ſtets an horizontale Echichtung, die 
letztere ſtets an fteile Aufricätung der Bänke gebunden. 

Dislofationen fommen aber auch in Tafelländern vor, ja fie find es 
zum größten Teile, welche die Detaild der Bodenbildung bedingen. Ein- 
fache Verwerfungen herrichen entichieden vor. Die Erhebung des Schnee 
berge3 in der fächliichen Schweiz (Fig. 127) über die Umgebung ift eine 
Folge des treppenfürmigen Abſinkens der öftlichen Gebirgsglieder; Die: 
jelben Schichten, die dort eine Höhe von 724 m erreichen, liegen im König: 
jtein nur 362 m über dem Meere. In noch anfchaulicherer Weife zeigt 


JDrigsein- lLilienstwin: or 
u Zipthal 





* 127. Profil durch die Duaderfondfeinbildungen der ſächſiſchen Schweiz 
nad von Hodjftetter. 
Gn Gneis; 1 untere, 2—4 mittlere Quader, B Bafalt. 


uns das ausgedehnte Tafelland des Colorado den Zuſammenhang zwiſchen 
den Dislofationen und den Hauptzügen der Terrainbeichaffenheit. Der 
leicht nach Süden geneigte Schichtenfompler, der vom Carbon bis zum 
Eocän eine Mächtigfeit von ca. 3000 m befitt, wird durch meridionale 
Sprünge von bedeutender Länge in eine Anzahl größerer und kleinerer 
Schollen zerlegt, von denen die einen ihr früheres Niveau beibehielten, die 
anderen ſich ſenkten. Die größte Mannigfaltigfeit wird dadurch erzielt, 
daß das Maß der Senkung verjchieden ift, und die Senkung bald auf 
der einen, bald auf der anderen Seite desfelben Sprunges eintritt. alten 
von großer Amplitude und einjeitige Falten verjeßen ebenfalls die Schichten 
in verjchiedene Niveaus, ohne dem Charakter des Plateaus Eintrag zu thun. 
Auf dieſe Weiſe entjteht der bald ftärker, bald ſchwächer ausgeprägte 
Zerraffenbau der Zafelländer; der Abfall der Terraffen, der von unten 
gejehen, ala Gebirge erfcheint, ift entweder ein einfacher Schichtenbruch 
und dann gewöhnlich fteil, oder eine Scyichtenumbiegung. Der erjtere 





Die wichtigen Oberflähenformen des Feſtlandes. 347 





all ſcheint aber ber weitaus häufigere zu fein. Im großen nordchinefiichen 
Zufellande ift das, nordweſtlich von Peking gelegene Nanfou-Gebirge ein 
ausgezeichnetes Beijpiel einer einfeitigen alte, fonft überwiegen die Ver- 
werfungen. In neun Stufen, die ebenfovielen Brüchen eutſprechen, fteigt 
das Carbonplateau von Süd-Schanfi über die öftliche Tiefebene auf, 
und zwiſchen den Störungslinien zeigen die Schichten zum Teil Anſätze 
von Faltung. Im Dften des Fönn-ho erhebt ſich aus den horizontalen 
Schichten der GSteinfohlenformation die Gneißunterlage im wild jer- 





























Fig. 128. Geitencanons des Colorado nah Dana. 


riienen Kammgebirge Ho-fchan. Fremdartige Erhebungen bilden auch 
dulfanifche Gefteine, wie 3. ®. Bafalt die Kuppe des großen Winterberges 
im der fächfifchen Schweiz (Fig. 127). 

Ter zweite Hauptfaftor ift die Erofion, welche mannigfach verzweigte 
Thalſyſteme ſchafft. Eine feltene Ausnahme bildet der Llano eftacado in 
Kordamerifa, eine wüfte, völlig ungegliederte Sandfteinplatte von ber 
Größe Bayerns und 970—1450m hoch. Jenſeit des Zeljengebirges finden 
wir aber die großartigen Cañons des Coloradoplateaus (S. 269 u. Fig. 128), 
die, je nach der Widerftandsfraft der Schichten, in U- ober V-Form in 
das Tafelland eingefchnitten find. Sind die oberen Schichten härter als 


348 Neuntts Kapitel. 


die unteren, jo entſtehen ſteilwandige Schluchten, die im U Vergleich zur Aus 
xhuuug des Plateaus nur als unbedeutende Riſſe erſcheinen (ſ. Fig. ©, 
0), während im umgefchrten Falle die Gehänge janfter und meiit 








ftufenförmig fi) abdachen. Zwiſchen nahe aneinander gelegenen Parallel: 
thälern fann dann die einjtige Hochebene zu einer ſchmalen Kippe 
im Verhältnis zur 


zuſammenſchrumpfen; ijt die Anzahl der Thä— 
Größe des Infellandes eine bedeutende, jo Löft ſich diefes in ein Tafel: 
gebirge auf. Das Quaderſandſt birge der ſächſiſchen Schweiz iſt 
ein ſolches Erofionsproduft. Fortſchreitende Erofion modelliert aus dem 
Rücken des Tafelgebirges einzelne Tafelberge mit fteilen, oft terrafien: 
fürmigen Abhängen und tifchartig flacher Gipfelpfatte. In Europa jind 
der König- und Lilienftein (ſ. Fig. 127) berühmte Beiſpiele. In Sid: 
afrifa find die aus Sandſtein aufgebauten Tafelberge eine weitverbreitere 

















Fig. 129. Ambas in Abeifinien. 





harafteriftiiche Form, die z. B. in den bogenfürmig angeordneten Karre— 
und Praambergen füdlich von Garip geſellig auftritt. Kluftartige Thäler 
scheiden diefe Hunderte von Bergen, deren Gipfel ohne Ausnahme ca. 309 m 
über der Hochebene Liegen und deren Abhänge mit foloffalen Trümmern 
herabgeſtürzter Sandſteinmaſſen bedeckt find. Das abeſſiniſche Hochland 
beiigt in feinen Ambas (Fig. 129) echte Tafelberge, und auch dem aröfte 
Tafellanpde der Erde, der Sahara, fehlen ſolche Zeugen einjtiger Walter: 
arbeit ebenſowenig wie die Thäler. In Neu Mexifo nennt man 
Berge in bey Mofas (Tijche. Aber nirgends hat das 
fließende Waſſer grofartigere Spuren feiner Thätigkeit hinterlafien, a 
Coloradoplatean (Fig. 125), beionders im Gebiet der leicht zerſtörbaren 
cocänen Zandfteine und Mergel, wo das Seltſame jener phantaſtiſch ruinen— 
haften Oberflächenformen, die unter dem Namen der „bad land erusim* 
berühmt geworden fd, noch durch die lebhaften, häufig wechſelnden Ge 
fteinsfarben erhöht wird. 























Die wichtigſten ®berflähenformen des Seftlandes. 349 


275. Die Mannigfaltigfeit der Oberflächenbildung, die den Tafel: 
lindern eigen ift, fehlt jenen Hochebenen, deren Boden bis auf bedeutende 
Tieren aus loderem Material beſteht. Uber auch Hier ift der Boden 
ſelten völlig eben. Selbft auf der einfürmigen, wagerechten Fläche des 
nenfaftififchen Plateau kommen Hügel vor, die aus denjelben horizontal 
gelagerten, weißgrauen Mergelichichten, wie das übrige Terrain, bejtehen 
und jomit von einer ausgedehnten Denudation Kunde geben. Das innere 
Ziebenbürgen (520m Mittelhöhe), aus flach gelagerten Sanden, Sand- 
tteinen und Mergeln von neogenem Alter zujammengejegt, bejteht aus 
niedrigen Höhenzügen und weiten Thalmulden, jo daß die einftige Ober- 
ttahenform, die wir uns als eine flache Mulde zu denken haben, völlig 
verwilcht ift. Im anderen Gegenden ift die Erofionsarbeit noch nicht foweit 
gediehen. Bis zu 200m tiefe Thäler, von denen einige jebt troden liegen, 
durchfurchen den ſchwäbiſchen Theil der oberbeutichen Hochebene, aber die 
breiten Zwifchenftüde haben ihren urfprünglichen Charafter gewahrt (Fig. 130). 
Tie bayerifche Hälfte ift ein einförmiges Flachland, und erft am Rande 





Big. 130. Profil eines Teiles ber ſchwäbiſchen Hocebene nad; Bend. 
1 Tertiär, 2 diluviale Nagelfiub, 3 unterer Slacialfchotter, 4 Moränen. 


der Alpen betreten wir ein abwechjelungsreicheres niederes Hügelland: die 
Endmoränen der diluvialen Riefengletfcher. Fremde Auffchüttungsmaffen 
in der Form von Gebirgszügen und ifolierten Bergen bebeden auch das 
meritanifche Plateau, nur find fie Hier vulfanifchen Urjprung?. 

Die Schichten, welche diefe Hochebenen bilden, find ſämtlich Ab- 
Iogerungen von Meeren oder Seen. Nirgends reichen fie über die Tertiär- 
zeit hinauf, und ihre mehr oder minder lodere Bejchaffenheit ift eben eine 
Folge ihrer geologischen Jugend. Die Plateau von Alt- und Neu- 
caltilien waren in der Miocänzeit, ebenjo wie das Ebrothal, Süßwaſſer⸗ 
beden, in benen zu unterft Konglomerate, dann mergelige und endlich 
kallige Schichten abgelagert wurden; nur ftellenweife werden diefe von 
dilnvialen Kiefen und Sanden bededt. Sogenannter Diluvialtuff, beftehend 
ans Mergel, Thon und Sand, füllt die Einſenkungen des trachytifchen 
und porphyriichen Gebirges in Merico aus und bildet bedenartige Plateaus. 
sta gelagerte tertiäre und diluviale Sedimente ſetzen Die Hochebene am 
Kordfuß der Alpen zufammen; und ein Pendant dazu find die aus bilu- 


Schichtungs⸗ 

plateaus aus 

locerem Ma⸗ 
terial. 





350 Neuntes Kapitel. 


vialen Geröll: und Sandmafjen beitchenden Canterbury-Ebenen, die fd 
an der Oſtſeite der menjerländiichen Alpen janft zum Meere abdachen. 
Sie geben, wie die nordamerifaniichen Prärien zwiſchen dem Felſengebirge 
und Y ppi, in alluviale Tiefebenen über, und nur der geognoſtüſche 
Unterichied fan hier zur Abgrenzung des Plateaus verwendet werden. 
Dem Auge ericheinen diefe ſchiefen Ebenen als horizontal, weil der Anſtiez 
außerordentlich langjam erfolgt. Die mittlere Neigung der oberdeutſchen 
Ebene beträgt nur 0" 9,“ und ebenſo ſauft dacht ſich das Prärienplateau ab. 
Geht man von Omaha gegen Welten, jo fteigt man nad) Aughey anf ie 
161 km Länge zuerft unter einem Winkel von 0° 37,,%, dann unter einem 
ſolchen von 0" 41, an, endlich fteigert fi) die Böſchung auf 0” 5° und 
zulegt auf 0° 7% 

8276. Zolche Gebiete, wie die eben gejchilderten, ſind im vorhinein 
zu Hochebenen prädeftiniert, und man kaun fie daher mit den Tafellandern 














J 
Wu-taichsion 





sw 





Fig. 181. Querſchnint der Lößbecken am Südſuß des Wustai ſchan nach von ) 
hofen. Länge zur Höhe S 1:8. 
jeſtes Gebirge, Löß, e See Ablagerungen. 





unter der Bezeichnung „teftoniiche Hochebenen“ oder „Schichtun 
plateaus“ zuſammenfaſſen. Anders verhält es ſich mit jenen Hochflächen. 
die der Ausfüllung von Depreſſionen in Gebirgsländern durch Steppe: 
gebilde ihre Entſtehung verdanken. Ihre Verbreitung iſt am klima— 
tiiche Grenzen gebunden: nur dort fommen fie vor, wo die geologiſche 
Kraft des Windes zur unumſchränkten Derrichaft gelangt, d. h. im trodenen 
Gegenden, oder in ſolchen, Die früher regenärmer waren, als jegt val. 
S. 287). Die Beckenform iſt ihnen eigentümlich. von Nichthofen 
ſchildert die Lößmulden des nördlichen Teiles der chineſiſchen Provinzen 
Tſchili amd Schanfi in folgender Weiſe: „Faſt eine jede der großen Ein— 
ſenkungen, wenn wir fie von einer Höhe überblicken, hat die Gejtalt eines 
Steppenbedens, inden eine Vertifalebene die Oberfläche in einer Kurve 
von der Form eines zwiſchen den beiden Gehängen ſchlaff geipannten 
Seiles durchſchneiden würde (ſ. 2 und 3 im Fig. 131). Der Höhemmter: 
ſchied zwiſchen den Rändern und der Mitte beträgt oft mehrere tauſend 


























Die wichtigſten Gberflähenformen des Schllandes. 351 


Fuß: aber die Abdachung iſt jo allmählich, daß das Auge fich feine Vor- 
itellung von der Größe diefer Differenzen machen kann. Zunächſt den 
hängen ift der Neigungswinfel am größten; gegen die Mitte Hin nimmt 
er immer langſamer ab, bis jich der diesfeitige mit dem jenfeitigen Abfall 
in cıner Ebene begegnet. Ber obere Muldenrand geht bald unmittelbar 
durch Anhäufungen von edigem Schutt in den aus feſtem Gejtein beftehen- 
den trennenden Gebirgsrüden über, bald Iehnt er fi an Felswände, 
welde noch Hoch darüber aufragen. ... Neben diejen normalen Formen 
treten auch einfeitige Lößmulden (1, 4 und 5 in ig. 131) auf, bei denen 
de lange, gejchtvungene Abdachung fih nur von Einer Flanke herabzieht, 
und wo von dem tiefiten Teil derjelben entweder eine durch Seeausfüllung 
ertitandene, beinahe volllommene Ebene bis an das jenfeitige Gehänge 
binanreicht, oder eine fchmale Lößaufſchüttung den zweiten Muldenflügel 
gewiſſermaßen nur andeutet. In allen ſolchen Fällen, joweit ich deren 
ssbachtet Habe, ruht der ausgebildete Muldenflügel auf einer im Durch⸗ 
‘Faitt ſanft geneigten Fläche des unterliegenden Gefteind, während der 
r!dimentäre Teil, oder der ebene Boden, an eine fteile und im Verhältnis 
sche hohe Felswand grenzt.” Solche Lößländer find in China die Pro— 
sinzen Schanfi, Nord-Tſchili und Honan, aber noch allgemeiner ijt der 
roß in Schenfi und Kanſu, wo er dem eigentlichen Boden bildet und ihm 
sorm und Sarbe giebt. Eine Fläche von der Größe des Deutichen Reiches 
zigt hier eine faft kontinuierliche Lößdecke. Abflußloje Ausfüllungspla teaus 
ind das tibetanifche Hochland, das höchſte Plateau der Erde (4000—4600 m 
Seehöhe), die iranifche Hochebene und die Wüftenbeden von Utah und Ne- 
da, wo nad) Bosepny’3 Schilderung meridionale Gebirge aus primären 
md Cruptivgefteinen und von ca. 1000—1800m relativer Höhe mit 
Ruldenthälern wechleln, die oft über 20, manchmal fogar an 30 km breit 
md ımd aus nahezu horizontalen, jungen, vorwaltend recenten Ablage: 
sangen bejtehen. 

In den abflußlofen Gebieten find die Ausfüllungsbeden monotone, 
zugegliederte Flächen; wo aber mit einer Klimaänderung das fließende 
Bafter feine Thätigfeit zu entfalten begann, verbindet fich die größte Ein- 
'örmigfeit mit einer „endlojen Mannigfaltigfeit der Ciſelierung“. Ein laby- 
rmthartiges Syſtem von Thälern burchfchneidet die chineſiſchen Lößplateaus 
zach allenRichtungen; die Wände find infolge der Neigung des Lößes zu 
dertikaler Zerflüftung ſenkrecht oder fogar überhängend, und verlaufenfdort, 
Do horizontale Zager von Mergelfnollen eine jcheinbare Schichtung hervor⸗ 
tuten, in regelmäßig zugehadten Terraſſen (Fig. 132). Einzelne Pfeiler 
Icien fi von ben Lößmafien los, den Tafelbergen gleichend, wie die 
ssöthäler den Cañons. Entlang den Verkehrswegen jchafft auch der 


352 euntes Kapitel 












Wind Hohhvege, wo Narrenräder oder der Huf der Tiere den Boden ges 
lockert hat. 

Eine Fombinierte Hochebene ift der nördliche Teil von Gentralafien. 
An der Stelle des heutigen Tarimbeckens und der Wüfte Gobi dehnte ſich 
jeit dem Ende der Nreideperiode ein Meer aus, das durd) die Djungare 





Fig. 132. Ausſicht auf Lößſchluchten durch eine Ciinung in der Wand eines Hohlme 
am Pol Han-finzting in Schanſi nah von Richthofen. 








mit dem aral-kaspiichen Meer in Verbindung ftand und dann, als das 
Klima immer trodener wurde, der Verdunſtung anheimfiel. Marine Sei 
mente bilden die Bodenunterlage, über der ſich atmoſphäriſche Niederichlä 
ausbreiten. Auch in den mordamerifanifchen Prärien bededt der 
horizontale Schichten, die nach Newton mur in vereingelten Fällen Niveanı 


veränderungen ſeit der paläozoiſchen Zeit erlitten haben. 





Die wihtigften Oberflähenformen des Sefllandes. 353 


Die Tiefebenen. 


$ 277. Noch ausgedehnter, als die Hochebenen, find die Tiefländer. 
In Europa entfallen auf diefe Terrainform nah H. Wagner 68, in 
Züdamerika 66, in Nordamerika 55 und in Aſien 37 Prozent des Areals. 
Es dürfte jomit nahezu die Hälfte der ganzen Feſtlandsoberfläche Tief- 
ebene fein: eine Thatjache von außerordentlicher Bedeutung, wenn wir be- 
denfen, wie jehr das Tiefland, bejonder3 in höheren Breiten, verdichtend 
euf die Bevölkerung wirft. Und gerade nördlid) vom 50. Barallel herrſcht 
e8 entichieden vor. Wir bezeichnen diefes große, zufammenhängende Tief- 
land, das fi, in beiden nördlichen Feſtländern vom atlantifchen Ozean 
bis zu den pazifischen Hochländern und bis zu den Kiüften des Eismeeres 
erſtreckt, im Gegenjab zu den zerftreuten Tiefebenen ala das fontinen- 
tale. In ber alten Welt gehören dazu die fibirifche, aral-kaspiſche, 
ruſſiſche und norddeutiche Tiefebene. Der Entwidelungsgang dieſer ein- 
zelnen Teile ift wefentlich verfchieden. Der ungeheure Raum zwilchen 
dem Ural und Altai, dem Eismeer und Araljee ift ein einfürmiges Flach— 
fand, nur mit einigen niederen Hügeln und breiten Höhenzügen von 
ca. 50 m relativer Erhebung bededt. Etwa 100—150 km öſtlich vom 
Ural und ebenfoviel weitli vom Altai findet man das lebte anftehende 
fefte Geftein; der ganze übrige Boden befteht aus horizontalen Schichten 
von Zand, Lehm, Thon und anderen loderen Mafjen. Die Ceehöhe des 
füdöſtlichen Randes ſchwankt zwiſchen 147 m (Krasnojarsk am Jeniſſei) 
und 238 m GBalchaſch-See). Gegen Weſten wird die Entfernung vom 
Meeresipiegel immer geringer: der Aralſee liegt nur noch 48 m über dem- 
ſelben und das Niveau des Kaspiſees und jeiner nördlichen Umgebung 
finft jogar bis zu 26 m unter denjelben herab. In der mittleren Neogen- 
zeit war dieſes Tiefland der Boden eines großen Meeres, das fi vom 
arktiſchen Geſtade über das Ob-Jeniſſei-Gebiet, die aral-kaspiſche Niede- 
rung, die pontischen Küftenländer, die Walachei, Siebenbürgen und Ungarn 
bis Wien eritredte. Infolge von Niveauveränderungen und einer Ber: 
ihlechterung der Klimas im inne zunehmender Trodenheit begann jener 
Zuſammenſchrumpfungsprozeß der großen Waffermaffe, der big in unfere 
Tage fortdauert. Die wejtlichen Länder wurden allmählich troden gelegt; 
die Verbindung mit dem Eismeer befchränfte fich auf einen fchmalen Kanal 
und wurde endlich ganz aufgehoben; der jüdliche Binnenfee löſte ſich in 
erne Reihe von Seen auf, von benen ber Pontus, der fpäter ein Glied 


ı In den Bereinigten Staaten von Amerika wohnen nad) Blum unter 450m 
«0.44 Brozent bed ganzen Areals) 93-4 Brozent der Geſamtbevölkerung. 
Tnyan, Vhhufliche Erdkunde. 28 


Verbreitung 
des Tieflandes. 
Das kontinen⸗ 

tale Tiefland 
der alten Welt. 


394 Neuntes Kapitel. 


des Meittelmeeres wurde, der kaspiſche und Aralſee die größten md. 
Diluviale Süßwaſſerſeen mögen auch im Wejtfibirien beftanden babın. 
Tie Ablagerungen diefer Gewäller bilden abo im afiatifchen Teile des 
fontinentalen Tieflandes den Boden; im abflußlofen Beden begimmen bi: 
reits auch atmoſphäriſche Niederichläge fi) auszubreiten. Das nördliche 
Sibirien ift aber ebenfo, wie das nördlichſte Rußland jüngſt gewonnener 
Meeresboden. 

Der Austrocknungsprozeß, von dem oben gefprochen wurde, läßt ſich 
aber bis gegen das Ende der Jurazeit zurüdverfolgen. Die Nordhälte 
von Rußland befigt weder Kreide- nod) Tertiärablagerungen. Dieſe aus 
gedehnte Erdfcholle ijt eine der merhwürdigften Gegenden. Bon jeher war 
fie zum Flachland beſtimmt. Alle Kormationen vom iur bis zum Jure 
ruhen — mit eimigen wenigen, rein lokalen Ausnahmen — horizontal oder 
nur wenig geneigt, auf gramitiicher Unterlage, die in St. Petersburg und 
ſüdweſtlich von Nowopawlowsk im Öonvernement Woroneſch erbohn 
wurde und im ſüdlichen Rußland im den Flußthälern wieder zu Tage tritt. 
Keine Faltungen, feine großen Berwerfungen ftörten hier den Schichtenbau. 
Endlos breitet jich die Ebene aus, nur unmerfliche Erhebungen ſcheiden 
die Gewäſſer, und mir die Waldathöhe bringt einige Abwechſelung in das 
einförmige Bid. Dasſelbe gilt auch von dem größten Teil Südrußland⸗ 
und Bolens, das aber oc) von Kreide: und Tertiärſchichten bededt wird. 
Tie Verbreitung des diluvialen Gruſſes mit eingeftreuten erratiichen Blöcken 
zeigt Taf. XII: jenfeit feiner Grenzen breitet ſich die Schwarzer, 
deren Fruchtbarkeit Südrußland den Ruhm einer Hauptfornfanmter Europas 
verdanft, als ein mehrere Mieter mächttaes Uberflächengebilde aus 
(vergl. S. 256). 

Der einfache Bau der oſteuropäiſchen Ebene erleidet aber im Kohlen 
gebiet am Donetz eine bedeutſame Unterbrechung. Bier It das Flachland 
erit das Prodnkt eines ſpäteren Entwickelungsſtadiums, dem die karboni— 
chen Schiefer, Sandſteine und Kalkſteine md nad Gotta in Steile, oft 
westlich Streichende ‚galten gelegt. Aber bovizontale Kreide: und Tertiar— 
ſchichten verhüllen dieſes unterirdiſche Gebirge, wenn aud) nicht bis zu 
völliger Unkenntlichkeit, indem Die Sättel dev Narbonfalten als geradlinig, 
niedere Vorſprünge oder Leiſten an der Oberfläche ji) bemerfbar machen 
und dieſer einen flach welligen Charakter verleihen. 

Wieder anderen Verhältniſſen begegnen wir in der norddeutſchen 
Dilnvialebene. Soweit man bei Bohrungen den Untergrund unterſuchte, 
fand man alle Formationen von der Dyas bis zum Tertiär, wenn auch 
nicht lückenlos, vertreten. Unmittelbar unter dem Diluvium liegen in 
Weſten Miocän und ſekundäre Formationen, in der Mitte und im Oſten 


Die widtigften Oberflähenformen des Feſtlandes. 355 


die oligocäne Braunkohlenſtufe. Die diluvialen Ablagerungen bejtehen 
um Zeil aus der ungejchichteten feitgebadenen Grundmoräne des 
großen Binneneifes: fandigen, thonigen oder lehmigen Gebilden, je nach 
dem Untergrund, dem fie ihrer Hauptmafje nach entjtammen, und Gejteins- 
tude von verjchiedenfter Größe enthaltend; zum Teil aber aus geſchichtetem 
Sand, Geröll und Thon. Endmoränen bilden unregelmäßig verteilte, 
ort mit Geſchiebeblöcken bededte Erhöhungen, zwijchen denen das atmo— 
ſphäriſche Waſſer zu Seen ſich anfammelte. So entjtanden jene Hügel- und 
Seenlandichaften des nordöftlichen Deutſchlands, deren Reize unfere durch 
die Alpen verwöhnte Generation jo häufig verfennt. 

Die größte mittlere Mächtigfeit des Diluviums beträgt nad) Loſſen's 
Angabe im nordöftlichen Deutichland 126m. Wir entnehmen daraus, daß 
trog mehrfacher Störungen der tertiären Unterlage der vorglaciale Boden 
von Norddeutichland im großen und ganzen eine flache Geftalt befeflen 
haben muß, denn mächtige Höhenzüge müßten jebt noch aus der Diluvial- 
decke fich erheben. Im einzelnen Haben aber die Glacialablagerungen 
jedenfalls nivellierend gewirkt, denn die Differenz zwiſchen der größten und 
geringiten Ziefe derjelben beträgt nah Loſſen auf dem Fläming bei 
Zahna 96-2, bei Rüdersdorf 128-7, bei Hamburg 105-2 und bei 
Stettin 28-8 m. 

$ 278. Einen Eontinentalen Charakter befigt wegen feiner großen 
Ausdehnung auch das jüdamerifanifche Tiefland, deffen drei Haupt- 
tale, die Orinoco-, Amazonas- und patagonifch-argentinifche Ebene fo mit- 
einander verjchmelzen, daß die Gebirgsländer völlig ifoliert find. Diefe 
waren noch — wie die Tiergeographie nachweift — zu einer Zeit, als 
die Heutige Lebewelt fich entwidelte, infular, und ihre fontinentale Ver: 
einigung trat erjt infolge der Trodenlegung des Tieflandes ein. Nähere 
Details über die Entjtehungsgefchichte desjelben find uns derzeit freilich 
noh nicht befannt. Die Amazonas-Ebene jcheint nach den biäherigen 
geologiſchen Unterjuchungen ein fluviatilesg Auffchüttungsgebiet zu fein, 
eine koloſſale Deltabildung, deren Anfänge bis in die Eocänperiode zurüd- 
reihen. In der argentinischen Ebene lagert unter dem ca. 1 m mächtigen 
Aluvium die jog. Pampasformation, eine rötliche Mergel- oder Lehm- 
hit mit Reſten diluvialer Zandfäugetiere, die ihren ganzen Charakter 
nad dem Löß entipricht. Horizontales Tertiär, das noch nirgends durch— 
'unfen wurde, bildet den Untergrund; für die Annahme, daß es auf 
keyſtalliniſchem Geſtein ruht, fpricht der Umftand, daß Gebirge von 
iolcher Zufammenjegung infelartig aus den jüngeren Schichten auftauchen. 
In Patagonien tritt das Tertiär, durch feine diluviale Dede verhüllt, 
u Tage. 

23* 


Das fübamer!- 
kaniſche Tief: 
land. 





356 Heuntes Rapitel. 





Die Deuber. 8 279. Die übrigen Tiefländer liegen teild im Innern der Sonti- 
tenförnigen nente, von älteren Gebirgen umrahmt, teil umjäumen fie die Feſtländer 
ziefebenen. und Inſeln mit Ausnahme derjenigen Stellen, wo das Gebirge unmittel- 

bar an das Meer herantritt, und bilden fo einen Übergang zur Flachſee. 
Zur letzteren Gattung, den peripherifchen Tiefländern, gehören vor 
allem die Küftenebenen, meiſt alluviale Bildungen, die entweder durch 
Anſchwemmungen des Meeres und der Flüſſe, oder durch moderne Niveau: 
veränderungen geichaffen wurden. Nordfibirien und das nördlichite Ruß— 
land find folche peripherifche Anjäge an das Eontinentale Tiefland. Im 
der Regel find fie jchmale Landftreifen, die nur in den vorgefchobenen 
Deltas weiter in dag Meer hinausgreifen. Eine bemerfenswerte Ausnahme 
macht jene Küftenebene, die das atlantifche und Golfgeftade der Vereinigten 
Staaten umzieht, und an deren Zufammenfegung auch Tertiärſchichten 
teilnehmen. In Georgia unterfcheidet Lyell drei Terraffen. Die unterite, 
durchichnittlid 3—6 m Hoc) und aus Sand und Thon beitehend, ift 
alluvialen Urjprunges. Ihre Breite nimmt von Norden nad) Süden umd 
Weiten zu: fie beträgt in Nord-Karolina 10—15, in Georgia ca. 30, am 
Sabine 50, in Terad bis 160 km. Die beiden oberen Stufen find eocän: 
fie befiten in Georgia eine Höhe von ca. 25, beziehungsweife 45 m, umd 
eine Breite von je 30 km. Ein Teil diefer Küftenebene ift die Halbinfel 
‘ Florida, won der ſchon auf S. 209 ausführlicher die Rede war. 

Der Bedenform nähern fich jene peripherifchen Tiefebenen, die buchten- 
fürmig in das Feitland eindringen. Das dhinefische Flachland wird von 
Richthofen als ein Teil eines ausgedehnten Einbruchskeſſels bezeichnet, 
der durch fluviatile Anſchwemmungen, bejonders des Hoangho, ausgefüllt 
wurde. In der darauffolgenden Trodenzeit wurde eine Lößdecke gejchaffen, 
von der einzelne Reſte noch vorhanden find; und nod) jet rückt das Tiefland 
durch Deltabildung und negative Niveauverfchiebung immer mehr in das 
Meer hinaus. Während ſich bier Tief- und Hochland in einem Winkel 
mit faſt ſchnurgraden Schenfeln berühren, ijt in der Poebene die Buchten⸗ 
form, die durch den Gebirgsbogen vorgezeichnet ift, befonders jcharf aus- 
geprägt. Die alpinen und apenninifchen Flüſſe haben mit ihren Geröll- 
mafjen einſt dieſen Golf ausgefüllt und erhöhen und vergrößern nod) fort- 
während das Land. Die recente Bildung hat auch hier Dreiecigeftalt; die 
Edpunfte liegen bei Rimini, Piacenza und Udine Die übrige Ebene 
ftammt aus der Diluvialzeit. Zwiſchen dem Himalaya und der Defan- 
halbinfel verjchmilzt die Indug- mit der Gangesbucht zu einer einzigen 
Ebene. Marines Eocän wurde vom Indus gegen Dften bis Samaon 
und dann wieder in Aſſam nachgewiejen, und dürfte wohl auch in dem 
Zwiſchenraume den Untergrund bilden; jüngere Meeresablagerungen fand 


Die wichtigen Oberflähenformen des Feſtlandes. 357 





man eber nur im Sindh und am Fuß des Garrogebithes in Bengalen, 
und nichts berechtigt ung zu dem Schluſſe, daß noch in der Quartärzeit 
an der Stelle der Ebene die See flutete. In größerer Entfernung vom 
Rande erreichten die tiefiten Bohrlöcher (bei Umballa 214 m) nur junge 
Flußablagerungen, und ſelbſt in Kalfutta wurde aus einer Tiefe von 
140 m fein marines Foffil zn Tage gefördert. Alles weilt darauf Hin, 
daß der größte Zeil der indifchen Tiefebene jchon zu Ende der Tertiärzeit 
3 Land beftand, und daß mit feiner allmählichen Senfung die Auf- 
'hüttung der Flußſedimente gleichen Schritt Hielt. 

$ 280. Bu ben auögezeichnetiten Beijpielen binnenländifcher Tief- 
ebenen gehören die drei fich ftufenförmig übereinander erhebenden Donau⸗ 
denen: das Wiener, ungariiche und walachifch-bulgarifche Beden. Das 
tere zeigt zwar auf hypfometriichen Karten mehr Buchten- als Beden- 
'ıım, denn das Dobrudfcha-Gebirge ift ifoltert, und breit öffnet fich das 


Leopoläsberg 


Wien er 





ig, 183, Brofil des Wiener Bedens Weſhatfee nach Karrer. 
ı Rarine, 5 ſarmatiſche, e Kongerienſtufe der Neogenformation (Tegel, Sand u. Schotter). 


Thor zwischen diefem und ben Karpathen, aber der Löß ftellt ſowohl in der 
Tobrutfcha, wie nördlich von der Donau eine vollftändige Umrahmung 
des Allupialbodens her. Wie geographiich, fo find diefe Beden auch ent- 
wickelungsgeſchichtlich auf das innigfte mit einander verknüpft. In der 
irüheren Neogenzeit ein Glied des großen oſteuropäiſch-araliſchen Meeres 
. 2. 353) wurden fie hierauf in einzelne große Seen aufgelöft, die die 
enmündenden Flüſſe allmählich ausfüßten, bis Ausfüllung mit Flußſedi⸗ 
uenten und zunehmende Trodenheit des Klimas die großen Seen in Kleinere 
Rafleranfammlungen zerteilte und auch diefe endlich verſchwinden made. 
Marine, bradifche, Süßmwafler- und endlich atmofphärifche Ablagerungen 
ln alfo die Senfungsfelder im Süden des karpathiſchen Bruchrandes 
ungarifche Ebene) und im Oſten der Bruchränder der Alpen und des 
doͤhmiſchen Maſſivs (Wiener Beden mit der Marchniederung) aus. Im 
Siener Beden haben fpätere Verwerfungen und Denudation ben oro— 


I 
— — — —— —M 


Die binnen⸗ 
laͤndiſchen Tief⸗ 
ebenen(Beden). 


Oberflächen: 
geftaltung ber 
Diluvial- und 
Alluvial· 
niederungen. 


> 


358 Heuntes Kapitel. 








graphifchen Charakter zwar nicht geftört, aber die Anordnung der Schichten 
infofern beeinflußt, al8 nun vom Rande gegen das Innere des Beckens 
zu immer jüngere Bildungen auf einander folgen (Fig. 133). In der 
ungariichen Niederung tritt das Neogen nur an der Peripherie zu Tage, 
dann folgen, gegen dag Innere immer mehr an Mächtigkeit zunehmend, 
diluviale Wafjerablagerungen, von Löß und Flugſand bededt. Bei einer 
Brunnenbohrung im Peſter Stadtwäldchen fand man bis 449m Tiefe 
Sand und Schotter, dann eine, 325 m mächtige Thonfchicht, und erſt in 
91T m Tiefe Dolomit, der am Dreihotter Berg nordweſtlich von Altofen 
zu Tage tritt und dann unter der Donau verſchwindet. Diefes Iehr- 
reiche Profil, welches Zſigmondi entworfen Hat, giebt ung eine Bor: 
ftelung von der großartigen Senfung am Innenrande der SKarpathen 
und von der Mächtigfeit des lockeren Materiald, welches !die Ebene zu- 
ſammenſetzt. 

$ 281. Wie unſere bisherige Darſtellung ergiebt, find die meiſten 
Tiefebenen diluvialen und alluvialen Urſprungs. Die vorwiegend hori— 
zontale Lagerung und geringe Feſtigkeit des Materials ſchließen raſchere 
Terrainwechſel und ſchroffere Formen aus. Mannigfaltiger ſind die 
Moränenlandſchaften, wie auf den norddeutſchen Seenplatten oder am 
Ausgange der großen alpinen Querthäler in der Poebene. Einzelberge und 
Gebirge, die jtellenweife die Einf örmigkeit der Niederung unterbrechen, 
find entweder Eruptivgebilde (3. B. der Kaiferftuhl in der oberrheinifchen 
Ebene oder die Euganeen bei Padua) oder fog. Klippen, d. 5. hervor: 
ragende Zeile unterirdifcher Gebirge, die mit benachbarten Erhebungen 
zujammenhängen. Der Liebjchüger Berg bei Strehla a. d. Elbe, der 
Kojchenberg bei Senftenberg find ein paar naheliegende Beiſpiele für 
ifolierte Klippen. Wichtiger find die größeren Gebirgsinſeln, wie Die 
alpinen Ausläufer in der ungarijhen Ebene (j. S. 306), die Gierren 
weftlih von Cordoba in Argentinien, das Hwai-Gebirge und Schantung 
im chinefifchen Tiefland, die Kreidehügelzüge in der kaspiſchen Niederung, 
vor allem das große, aus horizontalen Jura-, Kreide- und Mivcänfchichten 
aufgebaute Uft-Urt- Plateau. Felſige Inſeln werden durch die Anſchwem— 
mungen des Meeres und der Flüſſe dem Lande einverleibt und ragen 
dann als Berge oder Gebirge aus der Ebene hervor. 

Das deutiche Tiefland erfcheint auf den erjten Blick al3 eine gegen 
Nordiweiten ſich abdachende jchiefe Ebene, eine nähere Betrachtung zeigt 
aber eine mannigfaltigere Gliederung. Zwei, jehr paſſend als Landrüden 
bezeichnete Erhebungen jchließen eine breite Thalniederung mit unmerklichen 
Waſſerſcheiden ein. Der füdliche Landrüden zieht aus Schlejien gegen 
Nordmweiten; der Fläming und die Yüneburger Heide find feine weftlichen 


Die wichtigen ©berlähenformen des Feſtlandes. 359 


— — 


Auslãufer. Parallel damit zieht das Oderthal bis zur Mündung der 
Neiße, das Spreethal und die untere Elbe von der Havelmündung ange- 
iongen. Bon dem nördlichen Landrüden folgt die Medlenburger und 
die bolfteinische Seenplatte diefer Streichrichtung, während das ponmerjch- 
preußifche Plateau gegen OND. gerichtet if. Ihm entipricht jenes Thal, 
das fi) von den füdpreußiichen Sümpfen über die Drewenz-, Nebe- und 
Rarthebrüche bis zu den Potsdamer Havelfeen erftredt und hier mit dem 
nordweftlichen Syſtem zujammenftößt. Eine jolche Anordnung, die wir 
euch im beutichen Mittelgebirge wiederfinden, läßt ſich nur auf teftonijche 
Lerhältnifje zurüdführen, die in der Unterlage des nur lokal geftörten 
Diluviums gefucht werden müffen. Für die ſubſercyniſche Bucht im Norden 
des Harzes konnte Loſſen nachweilen, daß die heutigen Thäler weit in 
die geologifche Vorzeit zurüdreichen, und in ihrer Richtung durch den 
Bellenban der Selundärformationen bedingt find. Auch die mittlere Tiefe 
der Diluvialdede jcheint auf das vorglaciale Alter der Landrüden Hinzu- 
weiien, denn fie beträgt an der pommerjchen Küfte und auf Seeland 
— 39.1, im Binnenlande von Bofen und Preußen +38-1, zwilchen Ham- 
burg und Berlin —23.4 und auf dem Fläming +42-4 m. 

Die hypſometriſchen Gegenſätze wurden hier freilich durch die Erojion 
noch verihärft. Obwohl die Wirkungen der fließenden Gewäſſer im Tief- 
land wegen des geringen Gefälles nicht jo gewaltig find, wie in manchen 
Plateaulandſchaften, jo find fie doch immerhin orographiſch bedeutjam. 
Ale Tiluvialniederungen werden von Thälern zerfchnitten, in denen mo- 
derne Bildungen zur Ablagerung gelangen, jo daß das Alluvium tiefer 
legt al3 das Dilupium. So tft es in Norddeutichland, in der lombardijch- 
iardinifchen Ebene, in Niederungarn. Der Diluvialrüden, der die Theiß 
von der Donau trennt, liegt 30—150 über demj Spiegel der Iebteren, 
und das Lößplateau weſtlich von der Donau hat fogar eine Seehöhe von 
150— 300 m, während fich die Thalniederung zwiſchen Waiten und Titel 
nur von 99—69 m ſenkt. Auch in der Gangesebene unterjcheidet man 
das Hochland aus altem Alluvium (Bhangar) von den mit jungen Allu- 
vionen bededten ZThalniederungen (Khädar), die 15—60 m tiefer Liegen. 
<elbft im Mündungsland findet man Bhängar, wenn auch von befchränfter 
Ausdehnung; dagegen fehlt es in Aſſam und im Pandichab. 

$ 282. Biel mannigfaltiger geftaltet fich die Oberfläche in jenen 
Ziefländern, die aus älteren Schichten von fefterer Beichaffenheit beftehen. 
Rußland ift zwar trogdem ein einförmiges Flachland, aber in vielen feiner 
tief eingefchnittenen Felſenthäler trägt es echten Plateaucharafter. Befon- 
ders ſcharf tritt dies am Unterlauf der Wolga hervor, wo das rechte Berg- 
und linke Wiefenufer fchroffe Gegenfäge bilden. Bon Simbirsk ab bildet 


Oberfläden- 
geftaltung ber 
älteren Tief⸗ 
länber. 


360 Heuntes Kopitel. 


fie eine Formationsgrenze, im Wejten thürmen fich die Kreide- und Ter- 
tiärschichten auf den älteren Schichten auf, im Often liegt Triad und dann 
die junge kaspiſche Bildung. Gerade von Simbirsk ab fteigt auch das 
Bergufer über 200 m an und fulminiert mit 352 m, während der Wolga- 
jpiegel nur wenige Meter über dem Meereöniveau liegt und vom 50. Parallel 
ab jogar unter dasjelbe ſinkt. Bei Zarizyn verläßt der Fluß das Berg- 
ufer, aber dieſes fett fich mit ungemilderter Steilheit genau an Der For— 
mationdgrenze geradlinig nad Süden fort. Im nordfranzöfiichen Tiefland 
umfäumt ein Kreiderüden, der in der Champagne über 200 m Höhe hat 
und an der Küfte noch allgemein mehr als 100 m über der See liegt, 
an einer Stelle fogar 241 m erreicht, das Pariſer Tertiärbeden. Im 
Oſten fällt diefes mit einem Steilrand gegen die Kreidefläche ab. Die 
Flüſſe haben tiefe Thäler eingegraben (Aurerre 99, Yonne-Mündung 46, 
Baris 25 bi8 30 m Hoch), und die Gipsſtufe wurde durch die Erofion 
in eine Reihe von Hügeln aufgelöjt, die das Seinethal von Montigny 
und Montinorency big über Triel hinaus beherrſchen. Einförmig find 
Dagegen die füdlich angrenzenden Miocänebenen der Beauce und Sologne, 
deren urjprüngliche Unebenheiten durch quatärnären Sand ausgeglichen 
wurden. 

Durch reizvolle Abwechjelung zeichnet ſich das engliſche Tiefland aus. 
Mit wenigen Ausnahmen find hier die Lagerungsverhältniſſe der Schichten 
von der Triasformation angefangen ungeftört (Fig. 134). Im weftöftlicher 


Bergland von Wales Tiefland 
{Stturundalter roter Sandstein) 
Trias u Lias Jura 






Kreide Eocän 





Richtung folgen hier auf einander: das aus primären Gefteinen beftehende 
Gebirge, die aus Trias und Lias zufammengejegten Ebenen, welche vom 
Severn, Merjey, Trent und Ouſe bewäljert werden; dann das Juraplatenı, 
das fich von den Cotswold Hills über das fog. centrale Tafelland und die 
Lincoln-Höhen nad) Norden erftredt; endlich dag wintelförmige nach Oſten 
geöffnete Kreideplateau (Marlborough- und Chilternhügel, die oftanglikanı- 
chen Höhen, die Lincoln- und York Wolds), welches das Eocänbeden 
von London einfchließt. Beide Plateaus, die fteil nach Weften und janft 
nad Oſten abfallen, hielten nur wegen der Feſtigkeit ihres Materials der 
Denudation Stand, wern auch nicht ganz. Denn einft bedediten Jura und 
Kreide auch die Trias im Weften, wo fie aber bis auf wenige Uberreſte 
verſchwanden, und ihre weftlichen Steilränder find nur ein Produkt der 


Die wichtigſten ®berflähenformen des Feſtlandes. 361 


zerſtörenden Kräfte. Auf dieſe Weiſe erklärt ſich nach Ramſay auch die 
Thalbildung der Themſe, deren Quellgebiet niedriger liegt, als das Kreide- 





platean, welches fie durchbricht. Die Erofion begann offenbar ſchon da⸗ 


mals, ala die Kreide noch big an den Urjprung dieſes Fluſſes Hinauf- 
reichte. Auch innerhalb der weſtlichen Niederungen bedingen petrographi- 
ihe Unterfchiede die Bodenformen; die Konglomerate des Buntjandfteineg, 
die harten Keuperfanditeine, die Mergelgeſteine des mittleren Lias bilden 
Sthöhungen. Endlich wirkten auch Dislofationen mit, um das engliſche 
Tiefland mannigfaltiger zu geftalten, indem die Wealdenformation zu einer 
sanften Antiklinale fich faltete, Die jet al flacher Landrüden die Londoner 
Riederung im Süden abjchließt. 

$ 283. Zum Schluffe fei noch der Deprejjionen gedacht, jener 
Zeile der Feftlandsoberfläche, die unter dem Meeresniveau liegen. Faſt 
die Hälfte des Königreiches der Niederlande (14.757 qkm) würde von der 
Zee dauernd überflutet werden, wenn es nicht dur Dämme geſchützt 
vüre. Auch die Umgebung der Dollartbucht und einzelne Teile der 
wäfanischen Maremmen gehören zu den Depreijionen. In Afrika liegen 
iolhe im Süden des Atlasſyſtems und des miocänen libyichen Plateaus. 
ine Hügelfette von 47 m Höhe trennt das Schott el Dicherid, das noch 
15—20 m über der See liegt, von dem Golf von Gabes; dann folgen 
gegen Weften, durch Bodenfchwellen von 10—50m von einander und vom 
früher genannten Schott getrennt, die Depreffionen der Schott Gharſa 
— 10 bi8 —20 m) und Melghigh (— 30 m). Someit fünnte das Meer 
m die tumefiich-algerifche Wüſte, hineingeleitet werden: ein Projekt, das 
wat Die franzöſiſchen Geographen und Technifer lebhaft beichäftigt. Auch 
das zweite ſahariſche Depreſſionsgebiet befteht nur aus vereinzelten Sen- 
tungen, von denen die Aradſch-Daſe (— 75 m) die tieffte ift. Beträchtlich 
tet — 185 m) liegt die Oberfläche des Aflalfees, eines abgetrennten 
Golfes des roten Meered. In der nordamerifaniichen Mohavewüfte finkt 
das Todesthal (Death Valley) bis 33 und das Coahuillathal fogar big 
"m unter den Seejpiegel. In Guyana ijt die Gegend um Georgetown 
a Umfreije von mehreren Kilometern ein Depreffionsgebiet. Das aus- 
gedehnteſte und das tieffte Senkungsfeld bejitt aber Alien. Das aus» 
sedehntefte ıft der Kaspiſee und feine nördlihe Umgebung bi8 zum 
0. Parallel, das tieffte ift das Chor, jenes lange und breite Verwerfungs- 
thal. das der Jordan durchfließt. Der Meromfee liegt noch 83 m über 
dem Niveau des mittelländifchen Meeres, der Tiberiasfee aber bereits 212 
nd das tote Meer 394 m unter demfelben. Dann fteigt der Boden im 
Sadi el Araba wieder über die Seehöhe. 


Depreifionen. 


Einteilung 
der Flüſſe. 


Verteilung 
der Fluſſe. 
Waſſerſcheiden. 


362 Neuntes Rapitel. 


Die Flüſe. 


$ 234. In den innigſten Beziehungen zu den Oberilächeniormer 
ſtehen die Flüſſe und een, das belebende Element der Landichaft. Man 
kann Die Flüſſe nad) verschiedenen Geſichtspunkten einteilen. Die in das 
Heer mündenden nennt man marine, im Gegenſatze zu den fontinen 
talen, die das Meer nicht erreichen. Als normal gebaute Flüſſe kanr 
man jene bezeichnen, bei denen Ober-, Meittel- und Unterlauf gleichmarı 
ausgebildet find, und nur einmal vorfommen, während bei den anorma: 
(en einer der drei Teile wenig entwidelt iſt vder ganz Fehlt, wie ba dr 
Wildbächen der Mittel: oder bei den reinen Niederungsflüflen der ber 
lauf, oder bei jenen Bächen, Die Direkt in dag Meer oder in einen Su 
ſich ſtürzen und deren Schuttfegel noch nicht die Waſſerfläche erreicht bat. 
der Mittel- und Unterlauf. Einen anormalen Ban zeigen auch jene Fluſie. 
bei denen die drei Teile mehrmals ſich wiederholen, wie beim Rhein oder 
dei der Donau, vor allem aber bei den afrifaniichen Strömen, die ſich 
burch Waſſerfälle in ihrem Unterlauf auszeichnen. In bezug auf das 
Verhältnis der Flußrichtung zu der der Waſſerſcheide kann man Quer 
und Längsflhüſſe unterſcheiden. Beiſpiele von Querflüſſen, Die mehr od 
weniger jenfrecht zur Waſſerſcheide Stehen, find die ſibiriſchen Ströme odu 
die Flüſſe von Norddentichland: zur weiten Kategorie gehören 3. B. Ton 
und Ganges, Die nahezu parallel mit der Waſſerſcheide fließen. 

8 285. Me jeder Stontinent im bezug auf die Terraingeſtaltung Tem 
individnellen Eigentümlichkeiten befißt, Die Fich nicht einem allgemeinen & 
ſetze unterordnen laſſen, jo auch in der Vertetlung des fliegenden Water. 
Jeden Stontinent durchziehen ee oder mehrere Hauptwaſſerſcheiden 
oder Maffericheiden erjter Ordnung, denen die marinen gli 
erjter Ordnung entiprechen. Manche dieſer Linien ſpalten fich, um 118 
jpäter wieder zu vereinigen, und umſchließen jo abflußloſe Gebiete. 1 
den Hauptwaſſerſcheiden zweigen ſich ſekundäre Wajfertcheiden ab, © 
die Gebiete der primären Hauptflüſſe treimen, und von denen einige in 
jofern eine höhere Bedeutung erlangen, als fie auch die Gebiete einzelnet 
Meeresbecken ſcheiden. 

Europa beſitzt nur eine einzige Hauptwaſſerſcheide, Die am Ural unter 
612," N. beginnt, den Feſtlandsrumpf in ſüdweſtlicher und Die ui 
Halbinſel in ſüdlicher Richtung durchzieht und bier unter 36" € 
Die nordweſtliche Abdachung iſt die ozeaniſche, Die ſüdöſtliche die anitnnan 
kaspiſche. In Aſien Finden wir zwei, jenfrecht aufeinander jtehende Haupt 
waſſerſcheiden: die äquatoriale, Die die großen abflußloten Gebiete un 


Die wichtigſten Oberflähenformen des Feſtlandes. | 363 


ihließt, Jcheidet den indiſchen und arktiſchen Bezirk, und Die meridionale 
grenzt die pazifiichen Syſteme gegen Weſten ab. Afrika hat, entiprechend 
ieinen beiden Hauptteilen, zwei primäre Waflerjcheiden, von denen die eine 
merdional zwiſchen dem indischen und atlantifchen Ozean nach Süden zieht, 
und die andere das abflußloje Gebiet der Sahara einfchließt. Die Ver- 
teilung der Wadis läßt erfennen, daß die nördliche Waſſerſcheide einft, ala 
die Sahara noch feuchter war, an das nordweitlich ftreichende Central- 
gebirge der Wüſte gebunden war. In Amerika bildet das wejtliche Hoch- 
land die Scheide zwijchen den atlantiich-arktiichen und den pazififchen 
Strömen, doch wird dieſe anjcheinend einfache Anordnung durch das Auf- 
treten großer Längsſtröme (Mackenzie, Miſſiſſippi, Paraguay -Barana) 
enas komplizierter, namentlich in Nordamerifa, wo ein Querfluß (Sas⸗ 
tarhewan) fich zwilchen die beiden großen Längsſtröme einfchiebt. Eine 
endere Eigentümlichkeit von Nordamerika bejteht darin, daß das abfluß- 
loſe Gebiet des weftlichen Hochlandes nicht von der Hauptwaſſerſcheide 
eingeichloffen wird, jondern ganz der pazifilchen Abdachung angehört. 

Im allgemeinen jpielen die Hochgebirge bei der Verteilung der Flüſſe 
rur eine untergeordnete Rolle. Der Himalaya fteht ganz und die Alpen 
um größten Teil außerhalb der Haupwaſſerſcheide, und felbft in ben 
Andes verläuft dieſe nicht immer auf dem höchften Kamme. Ein großer 
Teil der primären Wafferfcheiden Tiegt in der Ebene, und ftellenmweife 
8. in Rußland) werden fie durch jo ſanfte Bodenanjchwellungen ge- 
bildet, Daß dieſe ohne bejondere Schwierigkeiten von Verbindungskanälen 
überfchritten werben können. a ftellenweife werden zur Zeit des Hoch— 
waſſers ſolche Kanäle auf natürlichem Wege hergeftellt, oder Teile ver- 
Ihiebener Flußſyſteme treten bei völligem Fehlen der Wafjerjcheide jogar 
in dauernde Verbindung. Man nennt diefen Vorgang Öabelung oder 
Tirurcation, doch verfteht man unter diefem Namen auch eine wejent- 
ih andere Gruppe von Erfcheinungen, nämlich die Teilung eines Fluſſes 
ın zwei oder mehrere Arme, die fich nicht wieder vereinigen. Das be- 
tinntefte Beiſpiel von Flußvermifchung ift der Drinofo, der einen Arm 
Gafiquiare) zum Rio Negro, einem Nebenfluß des Amazonas, entjendet. 
Hier vereinigt fi) alſo echte Gabelung mit Flußvermiſchung, und Dies 
gab wohl die Veranlaffung zur unrichtigen Terminologie. Bei Hochwaſſer 
mitt das Miſſiſſippiſyſtem in der Seenregion von Minnefota mit dem Red 
Kiver und Dberen See in Verbindung, und der Petit Lafe jtellt eine 
jolche zwiſchen dem Michiganfee und Illinois her. Im Staate Maine ift 
shrßvermifchung nah Ratzel eine gewöhnliche Erjcheinung, und aud) in 
Europa kommt fie nicht felten vor. in kleines Abbild der Orinofo- 
zabelung finden wir nörblid) vom Teutoburger Wald, wo die Elſe, ein 


Bau der 
Flußſyſteme. 


364 Ueuntes Kapitel. 


Arm der Haaſe (Emsgebiet), ſich öſtlich zur Werre wendet; doch iſt es 
fraglich, ob dieſer Zuſtand nicht künſtlich hergeſtellt wurde. Die Pripet⸗ 
ſümpfe haben Abfluß ſowohl zur Weichſel, wie zum Dujepr, und die 
maſuriſchen Seen im Regierungsbezirk Gumbinnen werden zugleich nach 
Norden in die Pregel und nach Süden in die Weichſel entwäſſert. Selbſt 
Gebirgen iſt dieſes Phänomen nicht fremd, aber natürlich nur an Thal: 
wajjericheiden gebunden. Der See von Lesjö (625 m) am Dovreffeld jendet 
den Rauma⸗Elf zum Ozean und den Qogen zum Glommen. Der Eleine 
See Les Dous in den Pyrenäen hat feinen Namen von den beiden Ab: 
flüffen, von denen der eine zur Tet, der andere zum Segre (Ebro) fid 
wendet. Eine periodiiche Flußvermilchung findet auf dem Two⸗Ozean⸗Paß 
im Tseljengebirge (2463 m) jtatt, indem vom Two-Ozean-Creek, der dem 
Miſſiſſippiſyſtem angehört, bei vollem Waſſerſtand ſchwache Arme zum 
Pacifit Creek (Columbiagebiet) ausgehen. In Kalkgebirgen fommen aud 
unterirdifche Flußvermiſchungen vor; zwei ſolche Fälle in Frankreich wurden 
von Reclus beſchrieben, ein dritter ift die von Knop nachgewieſene Ber: 
bindung zwilchen dem Rhein und der Donau, von der ein Arm unter: 
irdiſch zur Aachquelle abfließt. 

$ 286. Flußſyſteme entitehen durch die Vereinigung mehrerer 
Flüſſe, von denen einer Durch den Sprachgebrauch zum fogenannten Haupt 
fluß gemacht wurde, nad) dem das ganze Syftem benannt wird. Diele 
Benennungsweije beruht zwar nicht auf wiflenfchaftlichen Prinzipien, ilt 
aber troßdem unfchädlich, wenn man ſich nur ber Meinung entjchlägt, dab 
der Hauptfluß dag primäre und die Nebenflüffe das fekundäre feien; wenn 
man alſo die üblichen Flußnamen lediglich als Verftändigungsmittel be- 
nutzt, ohne genetiiche Vorſtellungen damit zu verbinden. Dieſe Forderung 
ericheint um fo gerechtfertigter, als viele fogenannte Hauptflüffe in einem 
Zeile ihres Laufes nur Fortſetzungen von Nebenflüffen find, worauf wir 
bereit3 an einer anderen Stelle (S. 310) Hingewiejen haben. Solche Ber: 
bältniffe finden wir beim Nhöne-Saöne, bei der Elbe und Moldau, der 
unteren Weſer und Aller, dem Amur und Songari, dem Hoangho- 
Weiho u. |. w. 

Außerordentlich mannigfaltig ift der Bau der Flußſyſteme, von 
denen jedes jeine individuellen Züge Hat, die fich nicht in ein allgemeines 
Schema einzwängen lafjen; ja, die meiften größeren Syfteme zeigen in 
verjchtedenen Teilen verjchiedene Anordnung, Nur einige Grundformen 
jollen Hier beiprochen werden. 

Die einfachiten Syſteme beftehen aus einem Hauptftrang, an ben ſich 
recht3 und links Nebenflüffe rechtwinfelig oder mit abwärts gefrümmter 
Mündung wie Äſte anfegen. Der Po, der Amazonas, die Moldau, der 


i 
i 


Die wichtigſten Oberflähenformen des Feſtlandes. 365 





Therrhein und die untere Donau find fo gebaut. Meiſt find aud) in dieſem 
alle die Nebenflüffe auf beiden Seiten nicht gleichwertig, und zwiſchen 
dem ſymmetriſchen und einjeitigen Bau laſſen fich alle möglichen Übergänge 
beobachten. Dem Seniflei, Tigris, der Theiß, der unteren Garonne u. a. 
iendet die Gebirgsſeite begreiflicherweile zahlreichere und größere Neben- 
ilufte zu, al® die ebene Seite. Der Ahöne empfängt feine wichtigsten Zu- 
flüfle von den Alpen, wo nicht nur der Waſſerreichtum größer, jondern 
auch die Waſſerſcheide viel weiter vom Thalweg des Hauptjtromes entfernt 
it, als auf der weftlichen Seite, wo das franzöfiiche Maffiv mit einem 
Steilabfall abftürzt. Der Lauf der Aar und oberen Donau bezeichnet Die 
tieffte Rinne am Fuß des Jura, wo fi) die den Alpen entjtammenden 
und auf der vorgelagerten jchiefen Ebene fich bewegenden Flüſſe ſammeln 
müſſen, um in veränderter Richtung einen Ausweg zu finden. 

Häufig ift der Fall, daß zwei oder mehrere nahezu gleich große Flüſſe 
diagonal einander zuftrömen und erjt nad) ihrer Vereinigung einen deut- 
ich erfennbaren Hauptitrang bilden. Dieſer Typus tritt in zahlreichen 
Variationen auf. Am emfachften ift der Bau der Loire und des Allier, 
des Cauca⸗ und Magdalenenftroms, de3 Parana-Paraguay, Ganges- 
Zardihu, Murray-Calewatta, die ſelbſt wieder nach demfelben Geſetze ge- 
baut find, 1.a.m. Aus der Vereinigung mehrer Hanptarme entfteht der 
Tnjepr, Die untere Seine und der untere Ob; auch im Miſſiſſippiſyſtem 
pt fih außer dem Miſſiſſippi und Miſſouri audy der Ohio ala Haupt- 
arm auffaffen. In Eleinem Maßftabe, aber mit feltener Schärfe ift Dieje 
Rauart in der Thaya ausgebildet, beſonders da jeder der drei Hauptarme 
dieielbe Bildungsweife, wie der vereinigte Fluß zeigt. Einen etwas kom⸗ 
vlizierteren Fall bietet das Indusſyſtem, dejfen beide Hauptarme (Indus und 
Setledſch) mit einem dritten, Tleineren fich vereinigen. Aus zwei Längs- 
Hüften, die einander zuftrömen, entjteht der Duerfluß Divina, und in ähn- 
liher Weiſe verbinden fi) Trent und Dufe zum Humber. 

Die großen Veränderungen der Laufrichtung laſſen fich als eine Ver- 
anigung verfchiedener Syſteme auffajlen. Der Kongo und die Loire find 
Peiipiele der Verwandlung eines Längsſyſtems in ein Querſyſtem durch 
einfache Umbiegung. Die Loire zeigt anfänglich) die Tendenz, dem Pariſer 
Beden zuzufließen, wie ja auch die übrigen Flüſſe, die dem ande des- 
ielben entipringen. Die Ablenkung nad) Weiten, der auch Die Bäche der 
Zologne, wie die größeren Flüſſe Eher, Indre und Ereufe-Vienne folgen, 
it ſchon miocänen Alters; e3 war der Abzugsfanal der Gewäſſer des 
Zeinebedend. Das Querſyſtem der Wolga jebt fi) nad) Norden in dem 
der Kama fort. In der Petſchora vereinigen fich zwei Querſyſteme (obere 
Petihora und Iſchma mit der unteren Petſchora) mit einem Längsſyſtem 











Größe 
der Flüffe. 


Zaufveränbe- 
rungen ber 


Fluͤfſe. 


366 Ueuntes Kapitel, 


(Uſſa und mittlere Petſchora), in der Donau zwei Längsſyſteme (obere 
Donau bis Waitzen und Drau-Save-untere Donau) .mit einem Querſyſtem. 
Diefe Beifpiele erjchöpfen nicht im entfernteften die Zahl der verjchiedenen 
Fälle, aber fie geben ung doch eine Vorftellung von der außerordentlichen 
Mannigfaltigfeit in der Anordnung ber Flußläufe innerhalb eines Syſtems. 
$ 287. Starke Niederfchläge und lange Abdachungen find Die Be: 
dingungen der Entwidelung großer Ströme. Nicht die Länge des Fluſſes 
ijt maßgebend für jeine Bedeutung, fondern die Größe feines Gebietes. 
Der Amazonas ift zwar der mächtigfte Strom der Erde, aber an Länge 
wird er vom Nil um 200 und vom Miffouri-Miffiffippi fogar um 800 km 
übertroffen. Die Donau ift nur doppelt fo lang als der Rhein, aber jie 
entwäfjert ein viermal größeres Areal, und die Divina hat einen kürzeren 
Lauf, al3 der Guadalquivir, aber troßdem ift ihr Gebiet ſechsmal größer. 
Zu einer Vorſtellung von der hydrographiſchen Verfchiedenheit der 
Erdteile gelangt mau, wenn man berechnet, wie viele Prozente des Ge 
jamtareal3 auf die Gebiete der großen Ströme (al3 Grenze haben wır 
Y/, Mill. qkm angenommen) entfallen: 
Südamerifa (4)! . 56-2, 
Afrika (5) . . ca. 46 


Alten 12) . . . 40-9 
Nordamerifa (6) . 36-7 
Europa (3). . . 28-8 


Auftralien (1) . . 10-2, 

Südamerika ift aljo vor allem das Land der großen Ströme, wie es der 
Kontinent der Tiefebenen ift. Die beiden Fleinften Erdteile nehmen auch 
in obiger Tabelle den legten Platz ein; bei Auftralien wirft noch die 
Trodenheit des inneren Landes mit. Aſien befigt zwar die größte Anzahl 
von Strömen, aber nur der Ob fteht den amerifanifchen würdig zur Seite; 
hier wirft die große Ausdehnung und centrale Stellung des Hochlandes 
der Entwidelung eines Amazonas entgegen, während in Südamerifa bie 
peripherifche Lage der Andes mit der Regenverteilung zuſammenwirkt, um 
den mächtigften unter den Riefenftrömen der Erde zu erzeugen. 

8 288. Flüffe und Flußſyſteme find aber veränderlih. Namentlich 
dort, wo ein ſchwach geneigte und daher beftändig fich erhöhenbes Bet 
in lockerem Material Liegt, alſo hauptſächlich im Unterlaufe verändern bie 
Flüſſe häufig ihre Richtung; aber wohl feiner ift jo ftarfen Oscillationen 
unterworfen, wie „China's Kummer“, der Hoangho. Seine ältefte und 

ı Die eingellammerte Ziffer giebt die Zahl der Haupttröme mit mehr ald ';, Mil. 
Q.⸗Kilometer Ylußgebiet. 


Die wictiaften Oberflächenformen des Seftlandes, 367 


zugleich nördlichſte Mündungsſtelle liegt unter 39?/,0 B., feine ſüdlichſte, 
bie er vom 13. Jahrhundert bis 1852 benutzte, unter 340 B. In den 
Jahren 1851—53 wandte er fich wieder nach Norden, aber noch im 
Sommer 1882 führte das alte Bett, wie Morriſſon fonftatierte, an 
vielen Stellen reichliches Waffer. Der Amu mündete im Altertum in den 
Naspijee; das verlafjene Bett Usboj ijt noch deutlich erfennbar.! In frühefter 
Zeit wandte er fi) nah Kalitin von Tichardichui (ca. 39% 3.) Direkt nad) 
Leiten; im 10. Jahrhundert joll er fich in zwei Arme gegabelt haben, von 
denen der eine in den Araljee fich ergoß, der andere über den einft viel 
größeren Sary-Kamyſch-See dem kaspiſchen Meer zuftrömte. Diefer Arm 
wriandete aber immer mehr, einerjeit3 infolge der Errichtung von Dämmen, 
wodurch man den räuberischen Turkmenen Waſſer entzog, andererjeit3 infolge 
der ausgedehnten Kanalijierung, indem in Chiwa im Sommer die Hälfte 
de3 Stromwaſſers zu Kulturziveden verbraucht wird. 1878 füllte fich das 
Aett bis zum Sary-Kamyſch wieder mit Waller, aber dieſer Zuftand war 
nur ein vorübergehender, und die Hoffnung auf die Wiederherjtellung der 
Raiterftraße zwilchen dem Amu und der Wolga erfüllte fich nicht. Der 
Indus foll nad) alten, aber nicht ganz verbürgten Nachrichten in dag Bett 
des Purana geflofjen jein und die Kaurimündung benubt haben, bis ihm 
m Jahre 962 ein Erdbeben, das wohl von einer Niveauveränderung be 
gleitet war, feinen jeßigen Lauf anwies. 

Aber nicht bloß im Unterlauf können Flüſſe von derartigen Ber- 
inderungen betroffen werden. Der Bodenſee endigt im Wejten in drei 
Zipfel; dem füdlichiten entjtrömt jet der Rhein, die beiden anderen find 
alte Ausmündungsftellen. Die geologifche Unterjuchung ergab die Eriftenz 
anes alten Rheinlaufes von Radolfszell über Singen und Ramſen, aljo 
m jegigen Biberthal; und ebenjo konnte nachgewieſen werden, daß ber 
Rhein einige Zeit von Schaffhaujen Direkt durch den Klettgau nach) Walds⸗ 
sur floß. Diefe Terrainfurche benutzt jet die Eifenbahn. 

$ 289. AS eine allgemein wirkende Urjache, welche Laufverände- 
rungen meridionaler Flüſſe bewirkt, bezeichnete der berühmte ruſſiſche 
Afademifer vd. Baer die Erdrotation, welche auf der nördlichen Halbfugel 
ane Ablenkung nach recht? und auf der ſüdlichen eine jolche nach links 
wer Folge hat (vgl. ©. 65). Der Einfluß der Erdrotation kann nicht 
zeleugnet werden, aber er ift — wie Zöppriß gezeigt hat — gering- 
"igig im Vergleich zu jenen Momenten, die — wie Unebenheiten und 
Wrrichiedenheiten der Härte des Materials der Unterlage — die Ge- 

a In den letzten Sitzungen der Geographiſchen Geſellſchaft in St. Petersburg wurden 
Lerdings einige Bedenken gegen die Annahme einer ehemaligen Verbindung zwiſchen dem 
Amn und Kaspiſee ausgeſprochen, doc ſcheinen fie nicht genügend begründet zu fein. 





Baer'iches 
„Geſetz“. 


368 Heuntes Kapitel. 


Ihwindigfeit und Richtung der Bewegung vorzugsweije bedingen. Bei 
einem meridionalen Strom von 1000 m Breite und 2 m Geſchwindigkeit 
in der Sefunde würde auf unferer Hemiſphäre der Waſſerſpiegel infolge 
der Erdrotation auf der rechten Seite nur um 3 cm anfteigen, alfo ber 
Drud des Waller gegen das rechte Ufer nur um einen höchſt gering: 
fügigen Betrag größer fein, al3 gegen das linke Ufer. Die Ablenkung 
der Schwerkraft nach rechts würde unter den angenommenen Umftänden 
jelbft im höchſten alle, nämlich am Pol, nur den 600. Zeil eines Gra- 
des betragen! Auch die Länge geologilcher Perioden fann diefe Wirkung 
nicht jteigern, „denn ebenſo lange“, jagt Zöpprit, „wirken alle dieſe Un- 
regelmäßigfeiten und, da ſich das Flußbett durch Erofion und Sediment: 
führung bejtändig ändert, fortwährend in anderer, völlig unüberjehbarer 
Weile.“ Die Beobachtungen von Baer find alfo wohl richtig, aber ihre 
Deutung war falih. Daß die fibiriichen Flüffe nach Often drängen, hat 
noch in neuerer Zeit Poliakoff beftätigt; ob dieſes Verhalten den 
Weſtwinden zuzufchreiben ſei, kann nod) bezweifelt worden, denn aud) in 
Südrußland Herrjcht diefe Windrichtung vor, ohne die Flüffe an ihrem 
wejtlichen Fortichreiten Hindern zu können. Die öftliche Ablenkung des 
Nils beobachtete Schon Minutoli und erwähnt Hoff, der das Bor: 
dringen de3 Sandes aus der libyfchen Wüſte dafür verantwortlich mad. 
Auch auf andere Flüffe wurde das Baer'ſche „Sejeb“ angewendet. Ta- 
gegen zeigen Die norddeutjchen Flüſſe ein ganz anderes Verhalten, und der 
Oberrhein wurde von den Anhängern, wie von den Gegnern Baer’3 als 
Beweis für ihre Anfichten angeführt. Die Donau dringt in ihrem meri- 
dionalen Laufe in Ungarn ftarf gegen das Weftufer, das fteile Lößabſtürze 
bildet; Peters ſprach die Meinung aus, daß fie einft, etwa auf ber 
Etrede Budapeft— Szolnof, nach Dften gefloſſen fei und ihr rechtwintelig 
gefnidter Lauf erft einem fpäteren Entwidelungsftadium angehöre. Aber 
dieſe Anficht wird durch die Eriftenz der Lößtafel zwifchen der Donau nnd 
Theiß wiederlegt, denn dieje hätten durch den allmählich) nad) Weiten war: 
dernden Fluß weggeräumt werden müfjen. Auffallend ift es, daß die 
Donau auch in den öſtlich gerichteten Teilen ihres Laufes, wo fie nicht 
durch felfige Ufer eingejchlofien ift, das Beftreben zeigt, nach rechts ſich 
zu wenden. Sueß vergleicht fie daher mit einer zwiſchen feften Punften 
aufgehängten Kette. Bejonders im Unterlauf bilden das walachiſche Flach— 
und bulgarijche Steilufer fcharfe Gegenfäte, und eine Reihe blinder Arme 
zeigt den früher nördlicheren Lauf des Fluſſes an. Für die Etrede 
Galag—Reni nimmt Peters die Stoßkraft des Pruth als Urfache dieler 
Erjheinung in Anſpruch, und diefelbe Wirkung läßt fich wohl auch den 
von den transſylvaniſchen Alpen kommenden Flüſſen zufchreiben, da diele 


Die wichtigſten Oberflähenformen des Fefllandes. 369 


bedeutend waſſerreicher und Träftiger find, als die bulgariichen. In ähn- 
licher Weiſe, wie die Donau, fchreiten auch der Ganges und die Dichamuna 
nah Süden vor, und die mdilchen Geologen jchreiben dies den größeren 
Sedimentmafjen der Himalayaflüfje zu, wodurch die nördliche Ebene durch 
Auficgüttung Höher anftieg ala die ſüdliche. 
$ 290. Der einfachite Fall von Veränderungen im Beftande der Fluß⸗ Veränderungen 

igiteme ift der, Daß durch Erweiterung der Deltas mehrere felbftändige Flüſſe akfene 
zu einem Syſtem verichmelzen. So verbanden ſich Euphrat und Tigris zum 
Schat el Arab, und der Aras, der im Altertum in die Bai Kifilagatich mün- 
dete, vereinigte fich mit dem Kur. Der Seihun und Dichihan, die fich in den 
Golf von Iskanderun ergießen, haben ſich ſeit Zenophon’3 Zeiten dreimal 
vereinigt und Dreimal getrennt. Durch das Fortſchreiten des Donaudeltas 
jan? der Pruth zu dem Range eines Nebenflufjes herab. Erft in verhält- 
nismäßig junger Vergangenheit vergrößerte der Rhoͤne fein Gebiet durch) 
die Aufnahme der Durance, die in der Zeit ihrer Selbftändigfeit das Ge⸗ 
röllfeld La Crau fchuf und bei Salon mündete. Eine Laufveränderung 
brachte den Setledich in Abhängigkeit vom Indus; die Nefte feines ehe- 
maligen Laufes find jet unter dem Namen Wahand und Narra bekannt. 
Umgefehrt wurde fein einftiger Nebenfluß Sarasvati jelbftändig, indem ihn 
die nach rückwärts fortichreitende Dichamuna eines Teiles feines Duell- 
gebietes beraubte, jo daß er jebt wegen Waſſerarmut in der Wüfte fich 
verliert. Eine ebenjo traurige Selbftändigfeit erlangten die einftigen Neben- 
tlufje des Murray: Avoca, Avon und Wimmere. Wie die Sebimentab- 
lagerung die Gebiete de3 Po und der Etſch trennte, wurde ſchon auf 
>. 265 berichtet. Das große Medianthal der norddeutichen Ebene weiſt 
auf eine, einſt wejentlich andere hydrographiſche Anordnung zurüd. Die 
Weichſel floß über das Nebethal in die Oder, und diefe ſetzte ſich über Die 
Zpree- und SHavelniederung in der unteren Elbe fort. Diejer große 
Strom löſte ſich erft jeit der Eröffnung der Durchbruchsthäler der Weichfel 
und Thder durch den nördlichen Landrüden in drei Flüſſe auf. Eine folche 
Berichiebung dürfte auch im Weſten ftattgefunden haben, denn e3 ijt wahr- 
icheinlich, Daß die Elbe von Magdeburg ab über die Aller und untere 
eier, und diefe über die Haaje und Ems abfloß. Im Dften löfte fich 
der Pregel vom Memel los, der nad) Berendt einft das Infterthal be- 
nuste und nur bei Hochwaſſer auch einen Seitenarm in das furifche Haff 
jendete. Bon größtem Intereſſe find die Veränderungen, die das Iſonzo⸗ 
igftem jeit den Römerzeiten erlitten hat, und über die von Czörnig ein- 
gehende Unterjuchungen anitellte (Fig. 135). Im Altertum bejtand das 
Natiſoneſyſtem felbitändig neben dem des Iſonzo, und erjt im frühen 


Mittelalter erhielt legterer infolge eines Bergiturzes des Monte Matajur 
Savan, Phyſiſche Erdlunde. 


370 Heuntes Kapitel. 


fein iegiges QDuellgebiet. Die größeren Geröltmaffen, die dem one ı nun 
zugeführt wurben, verftopften feinen unterirdiſchen Abzugskanal zum Timavo 
und führten feine Vereinigung mit dem Natifone herbei. Seitdem fanden 
feine größeren Veränderungen mehr ftatt, nur verlegte der Iſonzo feinen 
Ausfluß immer weiter nach Dften und benugt jeßt das Bett der Shobba, 
während die Natiffa jelbftändig wurde. 

Aber nicht allein der Lauf der Flüſſe, nicht bloß die Flußſyſteme 
und Gebiete find Veränderungen unterworfen, auch die großen Waffer- 
ſcheiden erleiden — Verſchiebungen. Der Oberrhein und der Genfer 





— — 


„Maßstab 1: 1.178.000 
— 
a. Altertum. b. Mittelalter. e. Gegenwart. 


Big. 185 a—c. Veränderungen bes Iſonzoſyſtems in hiſtoriſcher Zeit nach von Czörnig 


See gehörten einft zum Donaugebiet; erft als das Durchbruchsthal zwiſchen 
Bingen und Bonn entftand, wurde der Ahein in die Nordſee abgelentt. 
Die Breite und der Geröllreichtum des oberen Minnefotathales, das in 
feinem Verhältnis zur gegenwärtigen Waflermenge fteht, Iegt die Vermutung 
nahe, daß einft der Red River dasſelbe benußte und fomit der Winnipegiee 
zum Miffiffippigebiet gehörte, bis die negative Nivenuveränderung der 
Hubfonsbai den Nelfon zu erhöhter Thätigfeit anregte. Das Duellgebiet 
des Nelfon wurde immer weiter nach rückwärts verlegt, erreichte end- 
lich den Winnipegfee und zwang ben Red River zur Umkehr. Sichere 
Beweiſe für ſolche Veränderungen laſſen fich allerdings nur dort erbringen, 


Die wichtigen Oberflähenformen des Feſtlandes. 371 


wo blinde Thaljtüde nod) erhalten find, wie dies befonders häufig in einigen 
Rettengebirgen (ſ. S. 314) der Fall ift, oder wo das Material der Flußab⸗ 
lagerungen über deren Herkunft beitimmten Aufichluß giebt, oder wo hiſto⸗ 
nie Rachrichten vorliegen; aber vermuten können wir wenigftens, daß 
hejonders Dort, wo die Waſſerſcheiden mannigfach gefrümmte Linien bilden, 
die hydrographiſchen Grenzen ſchwankend waren. 


Die Seen. 


$ 291. Einen ähnlichen Gegenſatz, wie Feſtland und Meer, bilden 
Inſel und See; und wenn wir die Injeln in urfprüngliche und kontinen⸗ 
tale Bruchftüde einteilen, jo können wir auch folche Seen, welche urfprüng- 
ih al3 ſolche entitanden, von jenen unterjcheiden, die fich durch ihre 
Fauna al3 abgejchnürte Meeresteile erweijen. In bezug auf die Flächen— 
eısdehnung ftehen die Seen aber weit den Inſeln nad. Selbit in jeen- 
rıhen Ländern, wie in Rußland und in den Vereinigten Staaten von 
Amerika, nehmen fie nur 1-3, beziehungsmweije 0-8 Prozent des Areals in 
Antpruch, während auf die Injelfläche 7.6 Prozent des Seiten und jelbit 
roh 2-2 Prozent de3 Meeres entfallen. Der Kaspiſee (439 418 qkm) 
lam feiner Größe nach mit Sumatra verglichen werden, aber er fteht völlig 
»teinzelt da, denn die drei nächitgrößten Seen, der obere (82877 qkm), 
der Ukereweſee (75205 qkm) und der Araljee (66 998 qkm), erreichen nicht 
enmal mehr die Größe von Irland. Selbſt die ausgedehntejte Seengruppe 
der Erde, die kanadiſche (238971 qkm), fteht Neufeeland nad); Der 
xößte Gebirgsfee der Erde, der Bailaljee, hat 34932, der größte euro- 
sätiche See, der Ladogaſee, 18130, der größte See unferer Alpen, der 
Genfer, nur 573 qakm. Vom oberen See in Kanada big zum kleinſten 
Weiher giebt es alle möglichen Größenabjtufungen, geradejo wie bei den 
inieln. Mit diefen haben die Seen auch gemein, daß fie zwar auch ver- 
zeit, ungleich häufiger aber gejellig auftreten. Die Seehöhe ift jehr 
variabel; während der Spiegel des toten Meeres 394 m unter dem 
Meeresniveau liegt, erreicht der abeſſiniſche Tjanafee 1942 und der Titi⸗ 
cacajee in Siidamerifa fogar 3808 m (nad Red 3842 m) abjolute Höhe. 
Ter höchfte See der Erde dürfte der Askae Chin in Tibet, 5066 m, fein. 

Wenn aud) Seen unter allen Breiten auftreten, jo zeichnen fich, mit 
Ausnahme des tropiichen Afrika, doch nur die Gegenden nördlich) von 
FIR, und ſüdlich von 40° ©. durch bedeutenden Seenreihtum aus. 
In Schweden nimmt das ftehende Waſſer 8-4, in Finland etwas über 
11 und im baltiichen und nördlichen Rußland 3-8 Prozent des Areals 
ca. In den Vereinigten Staaten zieht eine Seenzone von Minnefota 
iber Rew-Nork bis Maine, ca. 3-3: Prozent der Fläche bededend; aber 

24° 





Verbreitung 
unb @röße der 
Seen. 


Einteilung. 


Abdammungs; 


jest, 


372 Neuntes Kapitel. 


in Minneſota fteigert ſich dieſes Verhältnis auf 4-6, in Maine jogar auf 
nahezu 7 Prozent. Nach Ratzel's Angabe zählt man in diefem Ztant: 
1568 und im erſtgenannten jogar ca. 10000 Seen. 

$ 292. Dieje eigentümliche Verteilung mußte jelbjtverjtändlich die 
Frage anregen, ob fie nicht mit klimatiſchen Verhältniffen zuſammenhänge. 
Die Unterfuchung Hat ſich zunächſt mit der Frage zu beichäftigen, auf 
welche Weiſe die Bertiefungen oder Beden entftanden, in welden Id 
Waſſer zu Seen anfammeln fonnte. Nur zwei Fälle find möglich: ent 
weder iſt das Becken in den Woden eingejenft, wobei es gleihgültig tt, 
ob es durd) Aushöhlung oder durch Niveauveränderung entitand (Fig. 13%: 
pder Die Vertiefung it gleichſam nur eine scheinbare, d. h. ſie entitand 
durch Anffchüttung eines Tammes oder Walles aus fremdem Meaterial 
auf unveränderter Unterlage (Fig. 137%). Die erftere Art nennen mir 
Depreifions- (Einfturz- oder Senkungs), die legtere Abdämmungssſeen. 


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epreſſionsſees. Fig. 137. Profil eines Abdämmungstes. 


8 293. Zu den Abdämmungsſeen gehören zunächſt die Strandſeen, 
Mitteldinge zwiſchen Meeresbuchten und Binnenſeen: fie ſind je nach der 
Breite und Anzahl der Kanäle, Die in das Meer führen, bald den einen, bald 
Den anderen zuzuzäblen (vergl. S 170 2. 206%. Nicht alle Strandſeen 
jind abgetrennte Meeresteile: ſie entiteben aud) mah Hehl z. B. an dir 
braſilianiſchen Küſte zwiſchen 21 und 23° S.) durch Anſammlung ven 
Flußwaſſer hinter den Dünen: ihr Salzgehalt rührt dann davon ber, dar 
Die Düne zeitweiſe durchbrochen wird und die Flut im die Seen eimdrinat. 
Ein ungleichmäßiges Fortſchreiten der Teltabildung fann ebenfalls be 
wirken, daß Mieeresrefte als Seen zurückbleiben, wie beiſpielsweiſe in der 
Umgebung von New Urleans. Mehrfach wurde in hiſtoriſcher Zeit die 
Umwandlung einer Meeresbucht im einen Binnenſce durch das Delta eines 
ſeitlich einmündenden Fluſſes beobachtet. So entſtand der Loch Ewe in 
Schottland, der See Akiz an der kleinaſiatiſchen Küſte (der latmiſche Meer— 
buſen der alter Geographie: der Hafen von Smyrna ſcheint demſelben 
Schickſal entgegenzugehen. 

Bon den Stanungsſeen des Binnenlandes ſind Die Eisſeen nur ephe 
mere Bildungen. Der Gurgler Eisſee entſtand 171718, indem der raſch 
vorwärts ſchreitende Gurgler Gletſcher den Abfluß des Langthaler Glet 
ſchers abdämmte. 1846 durchbrach ev die Barriere und war 1865 ganz 
ausgetrocknet, ſammelte ſich aber ſpäter wieder. Seine Breite betrug nach 


Die wichtigen Oberflächenformen des Feſtlandes. 373 


von Sonflar 632 m, und feine Tiefe bei vollem Wafferftand im Frühjahr 
om unteren Ende 95—126 m. Noch fürzer ift die Exiſtenz jener Seen, 
die durch Schnee- und Eislawinen gejtaut werden; ein folcher See von 
210 m Breite und ca. 60 m Tiefe bildete ſich nach Lyell's Bericht im 
Jahre 1818 im Val Bagne (Drance). Von größerer Dauerhaftigkeit find 
jme Dämme, welche durch Berg- und Felsſtürze, durch die Schuttfegel 
der Seitenbäche, durch Endmoränen, oder durch gewaltige Schotterablager- 
ungen fluviatilen oder glacialen Urfprungs gebildet werden. Der Abfturz 
von zwei Felshörnern der Diableretö im Berner Oberland (1714 und 1749) 
erzeugte die drei Seen von Derborence, die heute noch bejtehen. Einem 
Bergfturze verdankt auch der Dorferjee im Kaljerthal (Tauern) feine Ent- 
ſtehung. Zwei mächtige Schuttfegel, die fich in der Mitte des Anthofzer 
Thales (Tauern) vereinigen, dämmen einen See ab, der ca. 1 km lang 
und °/, km breit iſt. Einſeitige Schuttfegel lagern dem unteren Ende 
des Heider- und des Nejchenfees im Etfchthal vor. Im Tauferer Thal 
ın Tirol ergoß der Schwarzenbach, infolge heftiger Regengüſſe und Schnee» 
ihmelze im Auguſt 1878 gewaltige Schottermaffen, die die Thalfohle bei 
<t. Martin auf große Streden unter Waſſer ſetzten. In allen Dielen 
Fällen — und dies ift in der Gegenwart der gewöhnliche Vorgang — 
tührten mächtige Ablagerungen von Seitenbächen, die von dem Hauptfluffe 
nicht jogleich fortgejchafft werden fonnten, zur Seebildung im Hauptthal. 
Ter umgefehrte Vorgang erzeugte den berühmten Achenfee in Norbtirol. 
Rah Penck's eingehenden Unterfuchungen gehörte das Achenthal einft zum 
Snftem des Innthales und wurde durch die diluviale Schotterterraffe des 
Hauptfluffes abgedämmt. Hinter derjelben bildete fich der See, der nun 
dur) die veränderten hypſometriſchen Verhältniffe gezwungen wurde, nad) 
der entgegengejehten Seite, nämlich nach Norden, abzufließen. Einen ana- 
Iogen Fall aus der Gegenwart, freilich nur im kleinen Maßjtabe, Iernte 
Penck im Saalachthal (Salzburger Alpen) kennen. 

Schon die Geichichte des Achenfees führte uns über die geologiſche 
Segemvart hinaus in die Diluvialperiode. Dieſer gehören auch jene zahl- 
reihen Seen an, welche Ch. Martins als Moränenjeen bezeichnet hat. 
Tie Seiten und Endmoränen der einftigen Gletſcher erweijen fich als 
außerordentlich dauerhafte Dämme, die ſchon Jahrtauſende dem Drude des 
Baflers, wie der Erofion Trog bieten. Viele Gebirge, welche eine Eis- 
zeit erlebt haben, befigen folche Moränenfeen; wir nennen hier nur Die 
Forenäen, die Alpen, den Wasgenwald, das jtandinavifche Hochland. Aber 
at in allen Fällen, wo eine Moräne das untere Eeeende abjperrt, dürfen 
wir fie für die Wafferanfammlung verantwortlich machen; bei der Mehr- 
zahl der italienischen Alpenfeen verbietet fchon ihre große Tiefe eine 





Depreiltons: 
ſeen. 


374 Neuntes Kapitel. 


derartige Annahme. Die großen kanadiſchen Seen erklärte in jüngſter Zeit 
Spencer für Eroſionsthäler von hohem Alter, deren Ausgänge durch 
Glacialablagerungen geſchloſſen wurden. Iſt dieſe Deutung richtig, ſo 
haben wir die kanadiſchen Seen als die größten aller Stauungsſeen zu 
bewundern. 

Bon dieſen Moränenjeen, die durch Abdämmung eines Thales ent: 
ftanden, find jene zu unterjcheiden, die in unregelmäßig angehäuften End⸗ 
moränen verteilt, alſo alljeitig von glacialem Material umgeben find. Bon 
den norddeutichen Seen wurde bereits erwähnt, daß die Mehrzahl aut 
diefe Weile entitand. Die finifchen Seen liegen nad Nordenjfiöld 
zwifchen Aſars (ſ. S. 269) eingebettet, und ſolche Bildungen kommen aud 
in Schottland vor. Bielen kleinen Seen auf der bayerifchen Hochebene 
Ichreibt Bayberger einen ähnlichen Urfprung zu. Durch die ganze nörd- 
liche und nordweitliche Seenregion von Nordamerika find diluviale Kies-, 
Sand- und Lehmlager verbreitet, und in Penniglvanien fällt Die Geen- 
grenze genau mit der Driftgrenze zujanmen. Bon Minnefota wird aus: 
drücklich berichtet, daß erratiiche Blöcke und diluviale Schottermaffen Häufig 
Scheidewände zwilchen den Seen bilden. 

In einem gewiſſen Sinne laffen fi auch die Kraterfeen, von denen 
Beifpiele in allen Ländern mit erlojchenen Stratovulfanen (vergl. ©. 330‘ 
zu finden find, als Abdämmungsfeen auffafjen; und vielleicht find auch 
die Maare dieler Kategorie zuzuzählen. Hierher gehören endlich auch die 
Mündungsfeen abflußlojer Gegenden, infofern mit der Ablagerung der 
Steppengebilde die Bedenform gegeben ift, an deren tieffter Stelle die 
Flüffe zu einem See ſich jammeln. 

$ 294. Die meiften großen Seen find Depreffionsfeen. In 
Kalf- und Dolomitgebieten oder in Gegenden, deren Boden Gips- und 
Salzlager birgt, können Einjturzjeen vorfommen. Ihr Name zeigt ſchon 
an, daß fie durch den Einfturz unterirdifcher Hohlräume entftanden, und 
damit hängt auch zufammen, daß fie einen unterirdiichen Abfluß befigen, 
der fich nur infolge Berftopfung der Spalten in einen oberflächlichen ver: 
wandeln kann. Der Eibfee, nördlich von der Zugfpite in Bayern, und 
der Oberblegijee am Glärniſch (650 m Lang und 100-270 m tief) find 
Beijpiele davon. Nah) Junghuhn's Angabe foll auf Java ein Ce 
durch plößlichen Einſturz ſich gebildet haben. 

Erdbeben find befanntlich Häufig von merflichen Niveauveränderungen 
begleitet. Weftlich von New Madrid am Miffiffippi fanf 1811/12 infolge 
einer Erderjchütterung ein ausgedehntes Stück Land, das jet mit zahl- 
reichen Seen und Sümpfen bededt ift; an ber Stelle von Gotachi in 
Ecuador befindet fich feit dem furchtbaren Beben von 1868 ebenfalls ein 


Die wichtigſten Oberflähenfornen des Feftlandes. . 375 


See. Zu den Sentungsfeen zählt Judd den Blattenfee in Ungarn, 
den Lough Nead in Schottland und den Biltoria Njanſa in Central- 
airifa. Einer großartigen Verwerfung verdanft das tote Meer feinen 
Uriprung. Der Sentungsprozeß dauerte nach Hull von der Mivcän- bis 
in die Plivränzeit hinein; das ganze Sordanthal verwandelte fih in einen 
See, deſſen Spuren fich noch bis 240 m über dem jebigen Spiegel ver- 
folgen lafien, bis zunehmende Trockenheit des Klimas die Waſſermaſſe 
immer mehr verringerte und den Abflug in das rote Meer aufhob. 

Ein noch viel umitrittene® Problem bieten ung die echten %el3- 
beden, zu welchen die jchönften unferer Alpenfeen gehören. Vom Lac 
du Bourget bis zum Traunſee umfäumen fie den nördlichen und vom 
Yago d'Orta bis zum Gardaſee den Südrand des mitteleuropäiichen Hoch- 
gebirged. Iſt Schon bier das Fehlen der Seen im weitlichen und im 
oftlichften Teile auffallend, jo erjcheint die geographiiche Verbreitung in 
den übrigen Hochgebirgen noch rätſelhafter. Reich an Seen, die im foli- 
den Fels eingebettet find, find nah R. Credner’3 Zujammenftellung die 
britiichen Gebirge, das ſkandinaviſche Hochland, der nördliche Ural, der 
Himalaya, das Thianſchanſyſtem, die nordamerikanischen Eordilleren nörd- 
th vom 48. und die ſüdamerikaniſchen Andes ſüdlich vom 39. Parallel, 
endlich die Alpen auf Neujeeland. Mit auffallender Negelmäßigfeit find 
in Amerifa echte Alpenjeen nur jenen Gebirgen eigentümlich, die in ber 
Eiszeit von mächtigen Gletſchern bededt waren (vergl. Karte XII. Auch 
jene Gebirge ber öftlichen Hemifphäre, die durch Alpenfeen ausgezeichnet find, 
beherbergten einft große Eisftröme. Ramſay kam auf Grund diefer That- 
ſachen zu dem Schluſſe, dab die Felſenbecken ein Produkt der diluvialen 
Öletichererofion feien. 

Über die Erofionskraft der Gletfcher wurde bereitd auf S. 277 ge- 
iprochen. Als eine bisher noch unentichiedene Streitfrage muß die phyfi- 
taliiche Möglichkeit der Aushöhlung eines Beckens durch fließendes Eis 
bezeichnet werden; das Waſſer ift befanntlich wohl imftande, eine Thal- 
rinne zu ſchaffen, kann aber feine, allfeitig gejchlofjene Vertiefungen er- 
zeugen. Aber aud) zugegeben, daß dies dem Gletſcher gelinge, jo bleibt 
doch noch immer unerflärt, warum einige Gebirge, die — wie die Weit- 
alpen, die Pyrenäen, der Kaufajus, der mittlere und füdliche Ural — 
ebenfalls diluviale Gletſcher ausſandten, des Reizes der Alpenjeen ent- 
behren. Wenn Ramſay entgegnet, er habe die Bildung der Seen, nicht 
aber deren Mangel zu erklären verſucht, ſo iſt dies eine ganz ungenügende 
Ausflucht; denn wer auf Grund der geographiſchen Verbreitung eines 
Phänomens eine Theorie aufbaut, muß uns auch nachweiſen, warum 
unter gleichen Bedingungen das Phänomen bald auftritt, bald fehlt. 





376 Deuntes Kapitel. 


Geſchieht dies nicht, jo ift die Theorie wenigſtens unvollftändig. Im einigen 
Zeilen der oben angeführten Gebirge mögen allerding® Seen beftanden 
baben, die jet zugejchüttet find, aber unantaftbar bleibt die Thatſache, 
daß Alpenjeen hier höchſt ſporadiſch vorkommen. 

Auch auf die Flachlandsfeen Finlande und von Britiſch-Amerika 
wurde die Gfletfchertheorie angewendet. Hier begegnet fie der Verwitte— 
rungstheorie Bumpelly’3 (ſ. $ 194, S. 243), zufolge der die Beden 
durch die Zerſetzung weicherer Schichten und ſpätere Entfernung des Ber: 
witterungsfchuttes entjtanden. Die Hauptſtütze dieſes Erflärungsverfuches 
bildet die Entdedung echter, mit edigen Gefteinsfragmenten erfüllter Fels— 
been in Centralafien, wo feine Spuren einer Eiszeit vorhanden find. 
Auch auf die großen füdjchwediichen Seen mag biefe Theorie anwendbar 
fein, denn fie entjprechen nach Helland ben, bem Gneiß eingelagerten, 
weicheren ſiluriſchen Schichten. 

Kehren wir zu den Alpenfeen zurüd. Nach den Anfichten vieler aus- 
gegeichneter Geologen find fie Thalftüde, welche durch |pättertiäre Boden: 

bewegungen in 
Nd.Beuenst. Seelisberg Brohnalpenstock ein tieferes Ni⸗ 
veau gelangten, 
ſei es durch Sen⸗ 
fung, ſei es durch 
Me Sresspiegel at ‚sehn 
ig. 138. I bur rner See na im (i i wur, Der Da 
u False bon Länge ne in gleitem Thal abdämmte. 
Man beruft ji 
auf die Thatfache, daß diefe Seen mit den Thälern auf das innigfte ver- 
fnüpft find, und ferner, daß ihr Grund nicht, wie man früher glaubte, 
in bedeutende Tiefen Hinabreicht, fondern eine faft ebene Thaljohle darftellt. 
Beionders intereflant find in diefer Beziehung die Meflungen Heim’s im 
oberen Teil des Vierwaldftätter Sees (Urner See) (fig. 138), wobei fih 
folgende Zahlen ergaben: 





Mitte: | Entfernung vom öſtlichen Ufer: 





Entfernung vom weitlichen Ufer: 
m 65 | 195 | 9255 160 ' 125m 
Tiefe: m 208 | 204 | 205 | 204 | 197 | 102m 








Zu ähnlichen Ergebniffen gelangte Simony in Bezug auf die Seen dei 
Salztammergutes; auch er betont die außerordentliche Gleichförmigkeit de? 
Bodens ſelbſt Keiner Seen. Im Gmundener See fand er auf eine Länge 
von 2000m und in 400—900m Breite nur Niveaudifferenzen von 1—1'/;m. 
Solch einen ebenen Boden mit fteilen Seitenwänden kann nad) unjeren 


Die wichtigſten Operfläenformen des Feſtlandes. 377 


Erfahrungen nur das fließende Waſſer Ichaffen; er mußte alſo geneigter 
Thalgrund geweſen fein, ehe fich ruhende Wafjerichichten über ihn aus- 
breiten konnten. | 

Nach diefer Anſchauung wären alſo die Alpenfeen Dislofationz- 
produkte ‚vordiluvialen Alters. Es ift zu beachten, daß ihre Ufer nod) 
baͤufig von Erdbeben heimgejucht werden, und daß 3. B. im Jahre 1867 
der Lago maggiore infolge einer folchen Erjchütterung ſich erweiterte und 
vertiefte. Ja ſelbſt an einem recenten Beifpiel von derartiger Seebildung 
jehlt e&8 nicht. Der Beelfoot Lake in Tenneſſee entitand bei dem Beben 
von 1811, indem durch eine Niveauveränderung der Abfluß eines Baches 
geitaut wurde. 

Aber auch diefe Theorie bejeitigt nicht alle Schwierigkeiten. Die eigen- 
timlihe geographiiche Verbreitung muß erklärt werden; und wenn man 
auch den Gletſchern Feine aktive Holle bei der Seebildung zuerfennen will, 
io läßt fich diefer Faktor doch nicht ganz ignorieren. Man meinte, Die 
Gletſcher hätten die Seen konſerviert, indem fie diefe mit Eis ausfüllten 
und dadurch vor AZujchüttung bewahrten. Aber Bend bat mit Recht 
rauf Hingewielen, daß die mächtigen Schotterablagerungen, welche der 
Vereiſung in den Alpen vorangingen, die Seebeden hätten ausfüllen müffen. 
Mortillet und Gaftaldi nehmen an, die diluvialen Eisftröme hätten 
die verfchütteten Becken wieder gereinigt; aber dieſe Hypotheje ſcheint in An- 
betrat der dreimaligen Gletſcherperiode der Alpen doch etwas fompliziert. 
Außerdem darf nicht vergejlen werden, daß viele bedeutende Seen, wie die 
stößeren auf der bayerifchen Hochebene (3. B. der Chiemfee), der Bodenſee 
und der Züricher See, die Neuenburger Gruppe u. a. in horizontal gefchich- 
tes Zertiär eingebettet find. Die Dislofationstheorie fchließt fich hier von 
ielbſft aus, und ebenfowenig ift es ftatthaft, fie ala Moränenfeen zu be- 
zeichnen, weil fie zufällig von erratiichen Ablagerungen umgeben find. 
Senn Bayberger fie für Reſte des Tertiärmeeres erklärt, jo ift damit 
rar die wahre Erkenntnis ebenfowenig etwas gewonnen, wie wenn Murchi⸗ 
Yon die großen afrikanischen Seen mit jenem gewaltigen Süßwaſſerſee, in 
tem die Karrooformation abgelagert wurde, in Verbindung bringt. ‘Denn 
aicht die Herkunft des Waſſers, fondern die Entftehung der Vertiefungen 
‘t das Nätjel, welches gerade in bezug auf die hervorragendften Seen 
noch feiner Löſung barrt. 

$ 295. Die Fauna vieler Seen beweift uns, daß die Beden jchon 
eeftanden, als fie noch vom Meer überflutet waren. Wird das Waſſer 
»ach jeiner Abtrennung vom Meer durch die einmündenden Flüſſe allmäh: 
uch ausgeſüßt, jo muß feine urfprüngliche Tierwelt entweder verjchwinden 
der den neuen Bedingungen ſich anpafjen; und die Erfahrung lehrt, daß 


Nelittenjeen. 


Süß. unb 
Salzwaſſerſeen. 


378 Neuntes Kapitel. 





— — — — — — — — ——— — — — — — — 


der letztere Fall verhältnismäßig ſelten eintrat, und daß nur wenige Ge— 
Ihöpfe eine folche Umwandlung überdauerten. Man fennt eine derartig 
Relittenfauna — wonach Peſchel jene Seen, die fie beherbergen, Relikten- 
jeen genannt hat — von den ſüdſchwediſchen und großen ruffiichen Seen, 
vom Aral» und Kaspijee, vom Dron- und Baifaljee in Sibirien, von 
den kanadiſchen Seen, vom Nicaragua und Xiticacafee; und aud m 
Zanganjifa jammelte Thomjon in neuefter Zeit mehrere Konchylienarten, 
die an marine Formen erinnern. Vermuten läßt fi), daß auch die dieſen 
Seen benachbarten Fleineren Waſſeranſammlungen einft mit dem Meer in 
Verbindung ftanden. Won bejonderer Wichtigfeit find der mediterrane 
Muſchelkrebs des Genfer und die Relikttenfauna des Gardafees, da fie für 
das hohe Alter dieſer Beden, das jedenfalls über die Diluvialzeit hinaus: 
reicht, Zeugnis ablegen. 

$ 296. Es iſt klar, daß alle Neliktenjeen früher falzig und all 
übrigen Seen jüß waren. Für die jegige Beſchaffenheit des Waſſers iſt 
e3 aber von entjcheidendem Einfluß, ob der See Abfluß Hat oder nicht. 
Der Abfluß kann ober= oder unterirdijch jein oder beides zugleich, wie 
wahrjcheinlich beim Königſee; er kann permanent oder periodiſch fein, wie 
beim Tanganjikaſee. Hört er auf, oder war urjprünglich, wie bei den 
Mündungsfeen, feiner vorhanden, jo häufen fich die von den Flüſſen 
berbeigeführten Salze im See an, da die Berdunftung, die den Zufluß 
paralyfiert, nur Waſſer entfernt, und der Süßwaſſerſee verwandelt ſich in 
einen Salzwajjerfee. Umgekehrt werden urjprüngliche Salzwafferjeen aus: 
geſüßt, wenn Abfluß vorhanden ift. Doch giebt es einige Ausnahmen 
von biefer Regel. Der Tſadſee und (nad) Blanford) ein Kleiner See bei 
Daftarjan, weſtlich von Schiras, enthalten troß ihrer Abflußloſigkeit 
Süßwaſſer. Erfterer hatte zwar früher und hat periodiſch vielleicht jekt 
noch einen Abfluß im Bahr el Ghaſal, der fich in der Wüſte verliert; aber 
immerhin ift feine Salzarmut auffallend und nur durch die Annahme zu 
erflären, daß in der Umgebung feine jalzführenden Gefteine anftehen. Im 
Gegenfa zu den genannten Seen haben die beiden Seen bei Eisleben 
Abflug, werden aber durch Soolquellen ſtark gejalzen. 

Der Salzgehalt iſt nicht nur bei verjchiedenen Seen jehr verjchieden,' 





ı Nad) Roth beträgt der Salzgehalt in Prozenten (d. h. unter 100 Teilen Waſſer): 


Natronfee Balic (zwiſchen Szegedin Großer Salzfee, Utah, (2 Meſſ.). 18-60 

und Therefiopel) -. . . » - 0-22 | Urumiah-See (3 Meffungen) . . 2105 
Kulu Kor . 2. 2 2 00. 1-07 | Zotes Meer (4 Mefjungen) . . 23-75 
Ude > 2 2 2 en. 1-08 | Elton:See (3 Meflungen) . . . 27-06 
Banfee . 2 2 1-91 | Roter See bei Perekop (2 Mei.) 32-8: 


Bitterfeen des Suezkanals (2 Meſſ.) 5-37 | Güsgundag am kl. Urarat (2 Meſſ.) 36-80 


Die wichtignen Gberflähenformen des Feſtlandes. 379 


ſondern wechjelt auch innerhalb eines und desjelben Sees. Cr beträgt 
m Kaspiſee bei der Wolgamündung 0-15, bei Balı 1-32, am Südende 
fr Kaidakbai 5-63 und im flachen Golf Karabugas, der nur durch 
eine ſchmale Offnung mit dem übrigen See in Verbindung fteht, 28-5 Pro⸗ 
zent. ©. Baer hat dieje enormen Unterſchiede Darauf zurücgeführt, daß 
der See noch jetzt ausgefüßt werde, und daß fich alles Salz im Karabugas 
enhänfe, während Peichel den, im allgemeinen geringen Salzgehalt des 
Kaspi- und Araljees aus ihrer einftigen Verbindung mit bem Ozean zu er- 
türen ſuchte und auf die Oſtſee Hinwies, die unter gleichen Verhältniſſen 
nahezu ausgeſüßt wird. 

Richt bloß der Reichtum an Salzen, fondern auch dieje jelbit find 
in verichiedenen Seen verschieden, und wechſeln in ihren Verhältniszahlen 
auch in einem und demjelben See, wie Abich von dem kaspiſchen See 
nachwies. Dean untericheidet in diefer Beziehung Salzjeen im engeren 
Einne, Natron und Borarjeen. Bei den erfteren, die auch die zahl- 
reichiten find, herrſcht meiſt Kochſalz vor; daneben findet man Chlor- 
magnefium, ſchwefelſaure Magnefia und jchwefelfaures Natron. Im Eltonfee 
und im toten Meer übertrifft das Chlormagnefium alle anderen Salze. 
Zu den Natronfeen gehören 3. B. der Wanfee, der Güsgundag, der See 
bei Agyptiich- Theben und Heine Seen bei Szegedin und Debreczin. 
Dauptbeftandteile find Hier Kochjalz, kohlenſaures und fchwefeljaures Natron, 
pon denen meift die erfte, manchmal aber auch die zweite Verbindung vor⸗ 
herrſcht. In Ungarn kommt nad) Peters der Salzgehalt von den trachy- 
tiihen Gemengteilen der Tieflandablagerungen. Sehr felten find die 
Avrarjeen, die neben Borar ftet3 auch Kochjalz enthalten. Man fennt 
jofhe nur in Centralafien, Perfien, Kalifornien und Nevada. 

8 297. Bon der Tiefe der Seen machte man fich früher ebenjo 
übertriebene Borftellungen, wie von der Tiefe des Meeres. Zahlreiche 
Apenjeen werben vom Bolfe als unergründlic) bezeichnet, aber die eraften 
Mefiungen, die in der neueren Zeit in der Schweiz und von Simony 
m Salzfammergut ausgeführt wurden, ergaben als Marimaltiefe des 
riefiten der nördlichen Randſeen (Genfer See) nur 309 m, und nur in 
wenigen Seen ſank das Blei über 200 m. Bon den jüdlichen Randfeen 
baben nach Réclus nur der Lago maggiore (857 m) und Comofee (406 m) 
Tiefen von mehr al3 300 m. Unanfechtbar bleibt aber die Thatſache, 
daß der Boden der großen italienischen Alpenjeen unter das Meeres- 
niveau binabreicht (der Gardajee angeblich bi8 225 und der Comerſee 
bis 204 m). Dasfelbe ift der Fall bei einigen ſchottiſchen (Loch Neß 
— 225 m) und norwegischen Gebirgsjeen (Mjöſen — 320, Storfee — 44 m), 
bei dem Wener- (—45m) und Wetter- (— 37 m), Yadoga- (— 360 m) und 


Tiefe. 


Erloͤſchen ber 
Seen durch 
Austrodnung 
und Aus 
füllung mit 
Eebimenten. 


380 Neuntes Zapitel. 


Dnegafee (— 108m). Auch die neufeeländiichen und viele chilenifche Alpenfeen 
find abjolute Deprejfionen. Der Grund der Bitterfeen am Suezkanal fintt bis 
10, der des Araljee bis 20, und der der fanadifchen Seen bi 130m 
unter den Meeresfpiegel. Alle genannten Beifpiele werben aber weit über: 
troffen vom Baikalſee, deſſen größte Tiefe nach den Unterfuchungen von 
Dybowski und Godlewski (1868/9) 1248m beträgt. Da nach dem 
neuen Nivellement feiner Oberfläche nur eine abjolute Höhe von 469 m zu: 
fommt, jo Tiegt feine tieffte Stelle 779 m unter dem Meere, aljo nur um 
14m höher, als der Boden des toten Meeres. 

$ 298. Aber auch die größten und tiefften Seen find dem Unter: 
gang geweiht. In den trodenen Gegenden, wo die Verdunftung beträdt: 
lih größer iſt als die Niederichlagsmenge,! gehen fie an Abzehrung zu 
Grunde. Der vom Aralfee in den Jahren 1847—57 verlafjene Küftenftrid 
hat eine Breite von 2—4 km. Der Balchaſchſee ftand noch in Hiftoriicher 
Zeit mit dem Alaful in Verbindung; jebt ift dieſe große Wafjerfläche ın 
fünf Seen aufgelöft, von denen einer ſchon ausgetrodnet ift. Die auftre: 
lichen Binnenfeen verdienen nur mehr die Bezeichnung Moraft; der Late 
Eyre hat nur mehr eine Tiefe von 30—90 cm. Die Seen von Utah find 
nachweislich nur die Refte eines großen Sees der nachtertiären Zeit, der bis 
300 m über fein jetiges Niveau reichte und einen Abfluß in den Colum- 
bin jendete. Auch in feuchteren Gegenden begegnen wir ähnlichen Cr: 
Icheinungen. Der Winnipegfee hing einft mit dem Manitobajee und dem 
Lake of the Woods zufammen, und die fanadifche Gruppe bildete eine 
einzige Wafferfläche. Die großen ruffischen Seen haben ebenfalls an Um 
fang verloren; am Onegaſee ift ein altes Ufer noch 20m über dem gegen: 
wärtigen Spiegel fichtbar. Auch das Niveau des Genfer Sees hat fi ge 
ſenkt, und in Preußen find feit der Zeit der Ordensritter viele Seen, 
wenn auch nicht ganz verichwunden, jo doch reduziert worden. 

Allein im großen und ganzen find außerhalb der regenarmen Gebiete 
in biftorifcher Zeit wohl wenig Seen der Verdunftung zum Opfer gefallen. 


— — 


ı Folgende Beobachtungen ftammen aus ben Jahren 1875—79: 


Stationen | Bueianisttiche jahruiche 
J Regenmenge 


Aſtrachan 
Akmolinsk 
Nukus 


im aral⸗kaspiſchen Tiefland 





Die widtigften Oberflächenformen des Seftlandes. 381 


Ihre Exiſtenz wird bier viel mehr durch die Zuflüſſe bedroht, die ihre Ge— 
Khiebelaften im ftehenden Waſſer ablagern; und es ift leicht erklärlich, 
daß in Gebirgen dieſer Prozeß rajcher fich abipielt, als im Flachland. Breite 
alluviale Xhalebenen fchließen fi an das obere Ende der meisten Alpenfeen 
an, deren einftige Ausdehnung verratend. So reichte der Genfer See bis 
der, der Brinzer bis Meiringen, der Bodenjee bis Bendern, der Urnerjee 
his Erftfeld, Der Lago maggiore bis Bellinzona u. |. w. Seitwärts mün- 
dende Bäche Ichneiden durch Delta die Seen entzwei; die Lütſchine trennte 
beiſpielsweiſe den Thuner vom Brienzer See, die Adda den Como⸗ vom 
Mezzolaſee, die Linth vielleicht den Züricher vom Wallenfee. Am St. Wolf- 
gangjee bei Iſchl oder bei den Engadiner Seen läßt fich diefer Vorgang 
gut beobachten. 

Wenn man aber, wie dies häufig gejchehen ift, alle größeren Thal- 
ebenen für zugejchüttete Seebeden erflärt, jo geht man zu weit. Auch bie 
ſeitliche Erofion ſchafft Thalweitungen und damit geht Hand in Hand die 
Auftragung von Alluvionen. Doc iſt in zahlreichen Fällen jene Annahme 
richtig. Manche Gebirgsjeen verfchtvanden erft in gejchichtlicher Zeit völlig, 
wie 1817 der Novaledojee und 1818 der Lago morto im Balfugana, oder 
der Kankerjee in Krain feit dem 18. Jahrhundert. Won anderen kennt 
man zwar nicht das Zodesjahr, aber Sagen des Volkes oder Drtänamen 
saben ihr Andenken erhalten. Kleine Wafjeranjammlungen, fumpfige und 
moorige Stellen, jauere Wiejen u. |. w. find ziemlich fichere Anzeichen 
cnes erlofchenen Sees; und nicht minder zuverläffig ift ein orographifches 
Mertmal, nämlich die rundliche Geſtalt eines Thalbeckens. Die größte 
Thalfläche innerhalb der Alpen, die nordfrainiiche Ebene (633 qkm), war 
in vordiluvialer Zeit ein See, den die Cave ‘und die übrigen alpinen 
Zuflüſſe fuccejfive von Nordweſten nad) Südoſten mit mächtigen Kies- 
zatjen zuichütteten, während die Karjtflüffe mit einer einzigen Ausnahme 
nur Zand und Echlamm herbeiführten. Der füdliche Teil blieb daher noch 
lange Zee, als der nördliche ſchon ausgefüllt war; Pfahlbauten wurden 
in demjelben gefunden, und noch jest ift er eine 144 qkm große Moor- 
Hahe (ſ. Fig 79 ©. 253). 

$ 299. Bei der Umwandlung der Seen in Land jpielen neben den 
‚siußjedimenten und den atmosphärischen Ablagerungen auch die Pflanzen 
eine hervorragende Rolle. Ihre Thätigkeit beichräntt ſich aber hauptſäch— 
th nur auf jene Seen, bei denen nur die oberjte Waſſerſchicht durch Zu- 
und Abflug bewegt wird, und deren windgejchüßte Lage eine ftarfe Wellen- 
bewegung verhindert. Nach Senft's Beobachtungen fehreitet der Ver⸗ 
moorungsprozeh entweder von oben nad) unten, oder von unten nad) 
oben fort, je nachdem der Boden reich an im Waſſer Löglicher Kiefelfäure 





Bermoorung 
der Seen 
(Tiefmoore). 


382 _ Weuntes Aopitel. 


und kieſelſaurem Kali, aber arm an kohlenſaurem Kalk ift; oder neben 
etwas Kiejelfäure eine große Menge gelöfter Kalkſalze liefert. Der erite 
Vorgang wird alſo in faltarmen Gegenden, ber zweite hauptfählih im 
Kaltgebirge ftattfinden. 

Im erjteren Falle beginnt die Vermoorung ſtets am Ufer, und zwar 
in feuchten Vertiefungen oder Löchern, die 3. B. durch das Ausroden von 
Baummwurzeln entjtehen. Hier ſiedeln ſich zunächſt gemeines Borftengras 
und das Sumpf» oder Wafjermoo® (Sphagnum) an: Gewächſe, welche 
nicht nur die Bodenfeuchtigfeit feithalten, jondern auch den atnofphärifchen 
Dampfgehalt an fich ziehen, und auf dieſe Weiſe ihre Unterlage, wie aud) 
deren nächſte Umgebung immer mehr verfumpfen und fo fich felbft die 
Bedingungen zu immer ausgebreiteterem Wachstum fchaffen. Namentlich 
die Waſſermooſe, die in dichten Filzlagern beifammen wachjen und in ihren 
oberen Zeilen noch fortvegetieren und fich vermehren können, wenn aud) 
die unteren fchon abgeftorben find, verbreiten fich außerordentlich raſch, 
und zwar im vorliegenden Falle nicht bloß landeinwärts, jondern aud) 
jeewärt?, indem fie den Waſſerſpiegel mit einer, immer dicker werdenden 
Dede zum Teil oder ganz überziehen. Konferven und andere Algen, Ried- 
und Wollgräfer oder die Torfheide fiedeln fich Hier an und vergrößern 
das Gewicht der Dede, die immer tiefer unter den Waſſerſpiegel ſinkt; 
und da immer neue Pflanzen die Oberfläche einnehmen, jo kann endlid 
die aus viele Generationen aufgebaute Pflanzenichicht den Grund des 
Sees erreichen, womit der Prozeß der Landbildung abgefchloffen iſt. 

Im zweiten Sal wird zunächſt die, an das Ufer grenzende, feichte 
und fchlammige Zone des Seebodens von Algen und ſchwimmenden Wafler- 
pflanzen, dann vom Schilfrohr, von Binjen, Schein und Waffergräfern; 
und zulegt, wenn fich der Boden bereits ſoweit erhöht hat, daß er nur mehr 
periodifch überjchwenmt wird, von Ried- und Wollgräfern offupiert. Ta 
dDiefe Ablagerungen wegen ihrer ſchlammigen Beichaffenheit über ihren 
jeewärts gelegenen Rand hinausgepreßt werden, jo rüdt die Landbildung 
fonzentrifch gegen die Mitte des Sees vor und kann ihn endlich, vorausgefekt, 
daß er nicht zu tief ift oder daß Schotterablagerungen genügend vorgearbeitet 
haben, völlig in eine fumpfige Grasflur (Ried oder Moos) verwandeln. 

Unter dem Wafjer, das den Zutritt der Luft verhindert, verfällt die 
vegetabiliiche Mafje einem Iangjamen Verkohlungsprozeſſe, welcher ben 
Zorf liefert. Da bei hoher Temperatur die Zerfegung der abgeftorbenen 
Organismen ſehr raſch vor fich geht, fo find im allgemeinen die Torfmoore 
nur auf die gemäßigte und kalte Zone befchräntt, und kommen im tro- 
piichen Erdgürtel nur dort vor, wo ähnliche Bedingungen, wie in unferen 
Gegenden, vorhanden find. 








5 Die wichtigen Oberflähenformen des Feſtlandes. 383 


$ 300. Siümpfe und Moore find aber nicht immer das letzte Ent- 
widelungsftadium eines Sees. Sümpfe fünnen fich überall auf waſſer⸗ 
undurchläffigem Boden mit geringem Gefälle bilden; fie begleiteten viele 
Flachküſten und die Ufer großer Flüffe, befonder® dann, wenn deren 
Riveau Höher liegt, al3 das umliegende Land. In ber Negenzeit ver: 
wandeln fich viele Gebiete der tropijchen Ebenen in Sumpflandichaften, 
Me aber bald wieder austrodnen, während in den Gegenden mit gleich- 
mäßigen Niederſchlägen die Sumpfbildung permanent ift. 

Moore bilden fich auch auf trockenem Grund, von dem das Waſſer ab- 
iließen Tann, wie beilpielöweife im nordweſtlichen Deutichland. Dean 
nemt fie Hochmoore im Gegenſatz zum Tiefmoor, dad an die Stelle der 
Zen tritt. Haben in naffen Jahren oder bei hohem Grundwafferftand 
de Sphagnumarten allein oder im Verein mit anberen torfbildenden 


Tom“ ‚Insie 
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4 





Ya |bınle 


Ü n t e eo. 


— 5 — - Z0 
Fig. 139. Profil der öftlichen Linie des Hunte-Ems-Kanals (Oldenburg) 
nah Schadt. 
(Die Zahlen geben die Mächtigleit des Untergrundes und des Hochmoores.) 


Üilanzen an irgend einer Stelle feften Fuß gefaßt, fo febt fich der Ver- 
moorungsprozeß in der fchon oben geichilderten Weiſe unaufhaltiam fort, 
and einem gewölbten Rieſenſchwamme ähnlich überzieht das Hochmoor 
sad Berg und Thal (Fig. 139). Manchmal zerreißt feine, durch Gaſe 
ınd Waſſer jtraff gejpannte verfilzte Dede plöglich, und gewaltige Schlamm- 
tröme ftürzen dann hervor, weithin das Land verwültend. Namentlich in 
Irland ift dieſes Phänomen nicht jelten; der Schlammftrom von Kinalady 
om 25. Juni 1821 riß Häufer und Wälder mit fich fort und bededte 
cine Fläche von mehr als 13 qkm. 

Das Wachstum des Torfes hört auf, wenn er infolge der Ver⸗ 
“zung eines Flußlaufes, Eröffnung eines genügenden Abflufjes oder in- 
tolge anderer Veränderungen völlig austrodnet; ober wenn umgelehrt ber 
Baffergehalt fo jehr zunimmt, daß der Boden in einen Moraft verwan- 
delt wird, der die Fortexiſtenz der torfbildenden Gewächſe nicht mehr ge- 
nattet. 


Sümpfe und 
Hochmoore. 


384 JZehntes Kapitel. 


Sehntes Kapitel. 
Die gengraphilche Verbreitung der Organismen. 


Allgemeine Bemerkungen über die Verbreitung der Pflanzen. 


$ 301. Glücklicherweiſe ift der Teil des Feftlandes, wo das Fels⸗ 
gerüfte unverhüllt zu Tage tritt oder eine Eisdecke trägt, klein im Vergleich 
zu jenem, der mit einem Pflanzenkleide geihmüdt ift. Hier bedingen nidt 
bloß die Terrainverhältniffe und Gewäller die Phyfiognomie der Land: 
Schaft, jondern auch die Vegetation, die aber nicht allein aus diefem Ge— 
ſichtspunkte das geographijche Intereffe in Anſpruch nimmt, fondern in noch 
höherem Grade deshalb, weil nicht nur die Eriftenz der Tiere, fondern 
auch die unjere Darauf gegründet ift. 

Begetation und Flora find verjchiedene Begriffe. Der Reichtum 
der Vegetation hängt von der Anzahl der Individuen, der der Flora von 
der Anzahl der Arten ab. Es giebt Gegenden, wie die Ebene des Amazonas, 
wo die Dichtigfeit der Pflanzendede mit der Fülle der Pflanzenforuien 
wetteifert; aber es giebt auch Gegenden, wo troß der Armlichfeit der Vege 
tation der jammelnde Botaniker eine reiche Ausbeute findet. So ıjt es in 
den vorderafiatiihen Steppen, wo das Doppelgeſchlecht Astragalus und 
Oxytropis in mehr als taujend Arten auftritt. Dagegen ift in Neufeeland 
die Vegetation üppiger al3 in den Mittelmeerländern, aber die Flora üt 
bier ungleich reicher. 

Abbangigteit $ 302. Die Pflanze iſt zunächſt abhängig vom Boden, dem fie ihre 
vom Boden. Nahrung entnimmt, und der auch vermöge feiner phyfifaliichen Eigen: 
Ichaften, wie Dichtigfeit, Waflerdurcdhläffigkeit und Wärmefapazität einen 
mächtigen, wenn auch manchmal überjchägten Einfluß auf die Flora aus: 
übt. Diejelben, durch eine matte, ins raue fpielende Färbung ihrer 
Begetationgorgane ausgezeichneten Formen, welche die Küften der Meere 
bewohnen, treten auch im Innern des Landes auf dem falzgejchwängerten 
Boden der Steppen auf. Die immergrünen Bäume und Sträucher, weldt 
den hervorjtechenditen Charafterzug der Mittelmeer-Flora bilden, kommen 
nach den Beobachtungen von Fuchs in Südfrankreich, Italien, Griechen- 
land, Südrußland und im nördlichen Kleinafien ausſchließlich auf dem 
trodenen und wärmeren Kaltboden vor, während weiter jüdlich Die Geſteins 
beichaffenheit der Unterlage ohne Einfluß bleibt. Auf der pyrenäiichen 


und Flora. 


Die geographiſche Verbreitung der Organismen. 385 


Salbinfel ift die Steppe ftreng an die gipsführende Formation gebunden, 
und die Grasfluren der argentiniichen Pampa fcheinen durch den mit Sand, 
jalzigen und kalkigen Beftandteilen gemifchten Lehmboden bedingt zu fein. 
Ter Einfluß des Bodens zeigt fi) namentlich in Gebirgen, wo die Fels⸗ 
orten rajch wechſeln. In der Schweiz findet man einige Pflanzen (3. B. 
Androsace lactea) nur auf Kal, andere nur auf Sanditein, wieder andere, 
wie gewife Moofe und Farne des Hochgebirges, nur auf kryſtalliniſchem 
Seiten. Als Beispiel abfoluter Anpafjung führt Chrift dag Alpen- 
Rindröschen (Anemone alpina) an, deſſen weiße Form nur auf Kalk und 
defien gelbe Form nur im Thon- und Quarzgebirge auftritt. Wo dag eine 
Geſtein allmählich in Das andere übergeht, da finden fich auch Farben— 
übergänge in zahlreichen Abftufungen. Aber jchon im Wasgenwald Hört 
dieſe ſtrenge Scheidung auf, und ein ähnliches Verhalten läßt fich aud) 
bei anderen Pflanzen beobachten. Die Lärche, die in der weitlichen Schweiz 
nur das kryſtalliniſche Gebirge bervohnt und auf Kalt aud) bei fünftlicher 
Anpflanzung nicht gut gedeiht, zeigt ich fchon in Oberbayern und Salz- 
burg, noch mehr aber in den Karpathen, völlig gleichgültig gegen die Ge- 
ttäinsbejchaffenheit ihres Standortes; und die Legföhre, die in den Alpen 
en entichiedenes Kalfgewächs ift, kommt ebenfalls in den Karpathen auf 
ider Unterlage vor. Im großen und ganzen tritt alſo die Abhängigkeit 
der Begetation vom Boden nur in Elimatifch gleichfürmigen, meift eng- 
vegrenzten Gebieten jcharf hervor, und nur wenige Pflanzen dürfte es 
geben, die überall an eine beſtimmte Gefteinsart gebunden find. Nicht 
die chemischen, fondern die phyſikaliſchen Eigenjchaften des Bodens find 
alio vor allem maßgebend, und diefe machen fich, je nad) dem „Iofalen 
Llima“ — wie Chrift ſich ausdrüdt — in verjchiedener Weile geltend. Im 
Kalkgebirge de3 Schweizer Jura erjcheinen einige der Eryftalliniichen Alpen- 
sone angehörige Pflanzen erſt dort, wo größere Feuchtigkeit vorhanden ift; 
ur die Eriftenz diefer Pflanzen ift alfo nur das Moment entfcheibend, 
daß der Schieferboden die Feuchtigkeit länger behält, als der Hüftige Kalf- 
ten. Daraus erflärt fich auch die Thatfache, daß den Sandboden vor- 
ziegend kurzlebige, den andauernd feuchten Boden hauptſächlich Pflanzen 
son längerer Lebensdauer bervohnen. 

$ 303. Unfere bisherigen Betrachtungen haben ung nur den indirekten 
Einfluß des Klimas kennen gelehrt, und fpäter werden wir in befonderen 
Abſchnitten augeinanderfegen, wie Wärme und Feuchtigkeit direft den 
Legetationscharakter der einzelnen Teile der Erde beftimmen. Hier be- 
ihränfen wir uns nur auf einige allgemeine Bemerkungen. 

Das Wärmebedürfnis verjchiedener Pflanzen ift verjchieden, nicht nur 


m bezug auf die Meitteltemperatur, fondern aud) in bezug auf die Dauer 
Eupen, Gunfiide Erdkunde. 


Abhängigkeit 
vom Slıma, 


386 Zehntes Kapitel. 


—— — 





— 


der Beit, in welcher ein gewiljer, die Entwidelung des Pflanzenlebens 
ermöglichender Wärmegrad erreicht werden muß. Die Birfe und Lärche 
fünnen 3. B. weiter gegen den Bol und in höhere Regionen vordringen, als 
die Buche und Eiche, denn bei jenen kann die Vegetationsperiode nicht 
unter drei, bei diejen nicht unter fünf Donate herabjinfen. Aber trotzdem 
bilden die Shothermen feine unüberfteiglichen Schranken, injofern Pflanzen 
fälterer Gegenden einen gewiſſen Wärmeüberfchuß fehr wohl ertragen 
fünnen. Empfindlicher find die Pflanzen in ihrem Feuchtigkeitsbedürfnis, 
daher innerhalb eines Breitengrades Gebiete mit Trodenheit Liebenden Ge: 
wächſen oft jehr jcharf gegen ſolche abgegrenzt find, die von Feuchtigkeit 
liebenden Pflanzen bewohnt werden. Auf die verchiedenfte Weile juchen 
ſich die Pflanzen gegen trodenes Klima zu ſchützen und die VBerdunftung 
der Blattorgane zu verringern. Entweder find die Blätter, wie bei den 
Eucalyptusbäumen Auftraliens, in jenfrechter Stellung eingejeßt und fehren 
daher nicht ihre ganze Fläche der Sonne zu, oder fie find verkleinert 
oder mit Haaren oder Schuppen befleidet, oder fleiſchig ausgebildet, oder 
in Dornen verwandelt; ja bei einigen Bäumen und Sträuchern, wie bei 
den Cajuarinen und dem Beſenſtrauch (Spartium), ift die Blattbildung 
völlig unterdrüdt. Den gleichen Zweck verfolgt die Ausscheidung von Harz 
und ätherifchen Olfen. Aber wenn auch derartig organifierte Gewächſe in 
trodenen Gegenden ihre eigentliche Heimat fanden, jo fehlen fie doch auch 
in feuchten Gebieten nicht ganz. Die dornigen Aftragalusarten bilden 
allerdings den mwejentlichiten Beſtandteil der Steppenflora der alten Welt, 
aber eine Art findet fi) jogar in der Nähe von Gletfchern. Die Kafteen, 
die ın den regenarmen Landjtrichen der neuen Welt die hervorragenpdite 
Rolle jpielen, fommen auch in den feuchten Urwäldern Südamerifas vor, 
und ebenfowenig find die kaktusähnlichen Euphorbien auf die trodenen 
Teile von Alien und Afrika beſchränkt. Der Farnbaum und die Aloe, 
die beiden größten Gegenjäße in bezug auf das Feuchtigkeitsbedürfnis, 
bevvohnen gemeinfam den indifchen Teraimald. Nicht immer haben alſo 
äußere, klimatiſche Verhältniffe eine eigenartige Organijation hervorgerufen, 
ſondern diefe ift zunächſt Durch innere Urfachen, die fich allerdings unferer 
Beobachtung entziehen, bedingt, und klimatiſche Einflüffe haben nur ihre 
Ausbildung gefördert. 

Hildebrand ftellte eingehende Unterſuchungen über den Zufammen- 
hang zwifchen dem Klima und der Lebensdauer der Pflanzen an. Er wies 
nad), daß ein gleichmäßiges Klima nicht nur langlebige Gewächfe, jondern 
auch die Andauer der Vegetationsorgane ;begünftigt. Die einjährigen 
Pflanzen treten zurück und die Zahl der Holzgewächje nimmt aufßerordent- 
ih zu; ja auf den Sandwichinſeln und auf St. Helena find Gamilien, die 


Die geographifche Verbreitung der Organismen. 387 


tonft nur Kräuter und Stauden enthalten, durch Holzgewächſe vertreten. 
Ter Aquatorialzone fehlen einjährige Pflanzen ganz; wenn aber folche auch 
m tropifchen Gegenden mit langer Trodenheit verhältnismäßig felten find, 
io erflärt ich dies daraus, daß hier der Boden von Gewächſen längerer 
Lebensdauer zu ſehr offupiert ift, um eine reichlichere Entfaltung ephemerer 


Erittenzen zu geftatten. In unferem Klima ift ihre Zahl ſchon beträcht⸗ 


lich gewachſen, dagegen iſt fie begreiflicherweife gering in Gegenden mit 
furzer Begetationgzeit, aljo in Wüften, in den alpinen Regionen und im 
polaren Gürtel,’ wo aber im Gegenſatz zu den Tropen die langlebigen 
Prlanzen durch Dauerorgane unter der Erde oder durch kräftig geſchützte 
oberirdiſche Organe ausgezeichnet find. 

Überall, wo die Hlimatifchen Elemente eine ausgefprochene jährliche 
Feriode zeigen, verändert fi) auch das Pflanzenfleid mit den Jahreszeiten. 
Tie Binterfälte der mittleren und höheren Breiten und die Trodenzeit in 
den Gegenden mit ftreng ſubtropiſchem und tropifchem Regen verfenfen Die 
Begetation in längeren oder fürzeren Schlaf. So felbftverftändlich wir 
d:e3 finden, jo unerflärlich erfcheint uns das Verhalten mancher Pflanzen, 
wie des Olbaums, der im Mittelmeergebiet feine Knoſpen ſchon entfaltet, 
wenn der Winter die Blätter am meisten bedroht, oder wie mancher Bäume 
ın Venezuela und Brafilien, die jchon vor Beginn der Regenzeit aus⸗ 
\hlagen. 

$ 304. Noch ein dritte® Moment muß in Betracht gezogen werden, 
das Hiftorifche. Die Verbreitung einer Art aus der Pflanzen: wie aus 
der Tierwelt läßt fi) nur durh Wanderung von dem Entwidelungs- 
entrum aus erflären; die Verbreitungsmittel, über die die Pflanzen ver- 
"ıgen, wurden ſchon auf ©. 231 angeführt. Es muß hier aber aud) 
darauf aufmerkfam gemacht werden, daß ebenjo, wie jedes Individuum, 
euch jede Art zeitlich befchräntt ift, wenn auch die Zebensdauer in dem 
anen wie in dem anderen Yalle innerhalb weiter Grenzen variiert. Am 
Simplon bewohnt eine Glodenblume, Campanula excisa, einen wohl- 
abgerundeten Bezirk, über den hinaus fie noch nicht vorgedrungen ift; fie 
Armdet fich gleichfam noch im Kindesalter, das an die Wiege gebunden 
rt. Mit jugendlicher Vollkraft erobert dagegen das kanadiſche Beruffraut 
zate Bezirke. 1655 wird es zuerjt als Gartenpflanze im botanifchen 
Warten zu Blois erwähnt. 1674 war es ſchon in Siideuropa heimiſch, 

! Tie Zahl der einjährigen Pilanzen beträgt in der Dauphine in 
200—600 m 600—1800 m über — Höhe 
60 83 
emer in Bariß (49° B.) 45, in Ehriftiania (59-6° B.) 30, in ab (61.40 B.) 26%, 
:z Geſamtflora. 


25* 


Planzen- 
wanberungen 
und Bflanzen- 
verbreitung. 


388 Bchntes Kapitel. 


aber noch 1763 giebt Linne als Berbreitungagebiet n nur ur Amerita und Sir. 
europa an. Seitdem iſt es, unterftüßt durch die Flugfähigkeit feines mit 
einem Fallſchirm verjehenen Samens, nad) Norden wie nad) Diten vor: 
gedrungen, und Hat ji) von England bis zum Altai und von Sizilien 
bis Schweden anfäffig gemacht. Unzählig find die Beijpiele von Ge: 

wächſen, die ſich auf dem Höhepunkt ihrer Entwidelung befinden, deren 
Wanderungen aber der grauen Vorzeit angehören. Einen greifenhaften 
Zug befigen jene Pflanzen, die jegt nur an wenigen, weit von einander 
entfernten Standorten gefunden werben; fo bie Monotropa uniflora und 
Phryma Leptostachya, die das öftliche Nordamerifa, Japan und den 
Simalaya, leßtere auch die Gegenden am Amur und weftlich von Peking 
bewohnen. Dieſe PVerbreitungsart läßt fih nur durch die Annahme 
erklären, daß die betreffenden Pflanzen an den Zwiſchenſtationen aus: 
geftorben find, und Engler faßt fie daher als die kümmerlichen Refte 
einer einft weit verbreiteten ZTertiärflora auf. Zu demfelben Schluſſe ge: 
tangen wir in bezug auf das Vorkommen nahe verwandter, aber vifariieren- 
der Arten an weit entlegenen Punkten. Das Gefchlecht Liquidambar it 
ießt durch je eine Art in Kleinafien, in Japan und in den atlantilchen 
Staaten von Nordamerika vertreten, aber in der Miocänzeit lebte es aud) 
im übrigen Nordamerifa, in Grönland, in Mitteleuropa und in JItalien. 
wei andere Gejchlechter liefern uns Beifpiele eines noch fortgejchritteneren 
Verfalled. Das Genus Sequoia gliedert fi) in 26 Arten, von denen 
aber nur noch zwei, S. gigantea (Wellingtonia oder Mammutbaum, die 
größte Conifere der Jebtzeit) und S. sempervirens, im pazifiſchen Nord- 
amerifa von Kalifornien bis Dregon leben, während die folfilen Arten im 
ganzen nördlichen Waldgürtel und in der arktiichen Zone gefunden werden. 
Die Blüteperiode des Gingko fällt in den mittleren Jura; ſchon im Tertiär 
zeigen fich deutliche Spuren des Niedergangs, wenn fich der Verbreitung? 
bezirf auch noch über den ganzen Norden ausdehnte, und in der Gegen: 
wart ift er nur auf das öftliche Aſien beichräntt. 

Die angeführten Beifpiele belehren ung zugleich über Die verfchiedenen 
Arten des Endemismug. Endemiſche Gewächſe find ſowohl die Gloden- 
blume am Simplon, wie die Sequoia Kaliforniens; aber im erfteren Falle 
ift die Heimat zugleich das Entwidelungscentrum, in dem lebteren aber 
nur die Zufluchtsftätte der lebten Vertreter einer untergehenden Form. 

—— $ 305. Schon die bisherigen Erörterungen konnten ung von der 


gtora. Anhatt Richtigkeit zweier wichtiger Thatfachen überzeugen: erſtens, daß die Ent 
e— wickelung der jetzigen Pflanzenwelt noch nicht abgeſchloſſen iſt, und zwei 
tens, daß dieſe aufs innigſte mit den Floren der früheren geologiſchen 


Perioden verknüpft iſt. Gerade die hervorſtechendſten Eigentümlichkeiten 





Die geographilde Verbreitung der Organismen. 380 


der Florengebiete laſſen fich nicht durch das Klima und noch weniger 
durch Die Bodenbeichaffenheit erklären. Wir fünnen den gegenwärtig be- 
jtchenden Berhältniffen feinen jtichhaltigen Grund für die Thatſache ent- 
nehmen, daß die chinefiichen und japanifchen Eichen und Nadelhölzer von 
den nordafiatifchen verjchieden find, daß in den Mittelmeerländern die 
tippenblumen und Ciſtroſengewächſe, oder unter den alpinen Kräutern die 
Primeln und Gentianen vorherrſchen, daß an der Südſpitze Afrikas plök 
ih und auf einen engen Raum befchränft eine ganz eigenartige, reiche 
und troßdem fajt nur aus endemilchen Arten beftehende Flora auftritt, 
oder daß die Floren von Oſt- und Weftauftralien jo jehr differieren, und 
daß der Endemismus des lebteren ſogar den der feitlandferniten Inſel— 
gruppe, der Sandwichs, übertrifft. 

Wie jetzt, fo ſetzten auch in der Vorzeit Elimatijche Verfchiedenheiten, 
&ebirge und Hochländer und endlich das Meer den Pflanzenmwanderungen 
Schranken. Aber diefe Faktoren, bie bei der Verbreitung der Gemwädie 
die wichtigfte Rolle jpielen, haben ſich mehrfach geändert. Namentlich 
erlitten in den mittleren und höheren Breiten die klimatiſchen Verhältniſſe 
bei dem Übergang aus der Tertiär- in die Eiszeit und aus dieſer in die 
Segenwart tiefeinichneidende Umgeftaltungen; und nur jene Organismen, 
die Lebenskraft genug bejaßen, den veränderten Verhältniſſen fich anzu: 
paſſen, fonnten ihren Platz behaupten. Die Variationsfähigkeit iſt alio 
eıne Grundbedingung für die größere Verbreitung einer Pflanzenform. 

Die Aufgabe des Botanikers ift es, an der Hand ſyſtematiſcher und 
paläontologiicher Unterfuchungen dem Entwidelungsgange der Pflanzenwelt 
nachzuſpüren. Unfer Ziel iſt nicht jo weit geftedt. Einzelne Formen haben 
für und nur dann Bedeutung, wenn fie die Phyfiognomie der Landſchait 
in harakteriftifcher Weile mitbeftimmen, oder wenn fie als Nutzpflanzen 
in nähere Beziehungen zum Menjchen treten. Unſer Hauptaugenmert 
richten wir vielmehr auf jene großen Pflanzengemeinichaften, die Griſe 
bad Begetationsformationen genannt hat, und deren Ausbildung und 
Verbreitung zum größten Teil durch das gegenwärtige Klima bedingt üit. 
Nach ihrer ſyſtematiſchen Verwandtichaft zerlegt oder vereinigt der Botaniker 
dieie Gruppen zu Florenreichen, -Gebieten, -Provinzen u. ſ. w. Die Rie— 
jultate dieſer Arbeit, in Verbindung und verglichen mit der zoologiſchen 
Einteilung des Feltlandes, bieten das höchfte geographifche Intereffe, indem 
fie das Gemälde von ber Erdoberfläche als etwas allmählich gewordenen 
und in beftändiger Umbildung begriffenem vervollftändigen. 


Tropiſche 
Pflanzenzone. 
Die Polmen. 


390 Jehntes Kapitel. 


Die Hauptzonen und Hauptregionen der Vegetation. 
(S. Karte XVII.) 


$ 306. Den drei Temperaturzonen entiprechen die drei Begetations- 
zonen, Die tropifche, mittlere und polare. 

Monocotyle Zaubbäume, deren einfaches Holzgerüft eine ausgebreitete 
riefige Blattrojette krönt, und unter diefen wieder die Balmen, find der 
hervorſtechendſte Charakterzug der tropischen Vegetation. Als die äußerten 
Grenzen derjelben künnen wir daher die Bolargrenzen der Balmen betrachten, 
umfomehr als dieje zum Teil wenigiteng mit den Jahresijothermen von 20° 
zujammenfallen. Die höchſten nördlichen Breiten, die die Palmen in ihrer 
natürlichen Verbreitung erreichen, find 36° in Amerifa und 43-7° in der 
alten Welt (Nizza); in Südamerifa liegt die äußerfte Grenze in 38°, in 
Afrika in 34°, in Auftralien in 35° B. Weiter vom Aquator entfernen 
fie fi) auf Neufeeland; öſtlich von Neujeeland, auf der Bittinfel, erreichen ſie 
ihre größte Polhöhe in 44° S. Tagegen bleiben fie den Galapagosinieln 
und den Eilanden Azcenfion und St. Helena fern. 

Während an der antarktiichen Grenze verichiedene Palmen, zum Teil 
von hochſtämmigem Wuchs, auftreten und der tropiiche Vegetationscharakter 
ziemlich raſch abbricht, gehören die nördlichiten Palmen ausfchließlich zur 
Gruppe der Sabaleae, und zwar in der neuen Welt zum Sabal-, in der 
alten Welt zum Chamärop3-Gejchleht. Die Gültigkeit des Hauptgeſetzes, 
daß unter ſonſt gleichen Umjtänden der Florenreichtum mit wachjender 
Breite abnimmt, erwies Drude, dem wir überhaupt die eingehenditen 
Unterfuchungen über die Verbreitung der Palmen verdanken, auch in Bezug 
auf diefe Pflanzenfamilie! Nur das höchſte, in ägquatorialer Richtung 
verlaufende Kettengebirge, der Himalaya, bildet eine jchroffe Grenze, indem 
füdblih davon die Ralmen ſogleich in großer Artenzahl auftreten. Am 
üppigften entfaltet fich die tropiiche Vegetation in der Ebene des Amazonas 
ı Die Urtenzabl beträgt: 

a) in Amerifa: 

Frärien 3. Südöftliche Vereinsſtaaten 6. Mexikaniſches Gebiet 80. Veit: 

indien 40. Südamerifa diesjeit vom Aquator 90. Amazonasebene 1%. 

Zropiihe Andes 10. Brafilianifhes Gebiet 90. Chile 2. Nördl. Rampas 6. 

db) im weitlihen Teil der Oſthemiſphäre: j 
Mittelmeerländer 1. Sahara und Vorderaiien 3. Tropifches Afrika, Zeit 
füite 17, Tirfifte 11. Wadagasfar 10. Südafrika 2. 

e) im öftlihen Teil der Tirbemijpbäre: 

Süddhina 11. Rorderindien 50, Dinterindien 70. Malapiſcher Ardhipel 2UU. 

Auitratiiche Aordlüfte bis zum Wendefreiß 19. Auitraliiche Cfttüfte 6. 


Die geographifche Verbreitung der Organismen. 391 


und im malayischen Archipel, alſo unter dem Aquator; wenn Afrifa 
nicht durch eine gleiche Palmenfülle ausgezeichnet it, jo bat man Dies 
um Teil wenigitend der bedeutenden Erhebung über den Meerezjpiegel 
zuzuſchreiben, denn die Palmen lieben vor allem warmfeuchtes Tiefland 
und fteigen nur ausnahmsweile in größere Seehöhen empor (die Wacdj3- 
valme in den Andes bis 2800 m). Daraus erklärt e8 ſich auch, daß in 
Afrila nur in der Guinea-Niederung die Palmen einen hervorragenden 
Anteil an der Vegetation nehmen. 

Die einzige einheimifche Palme von Südeuropa, Chamaerops humilis, 
it eine Zwergform. Der Stamm ift meift im Boden verjtedt, und nur in 
den günjtigften ‘Fällen erreicht er eine Höhe von 4—6m. Solche Zwerge 
finden wir aber auch gelegentlich in der Nähe des Äquators, befonders in 
höheren Regionen. Die meiften Palmen find hier aber hochwüchſige Bäume, 
deren jchlanfer Stamm bei einigen füdamerifanischen Arten bis zu 60m 
uber den Boden fich erhebt, oder Schlinggervächle (Rotangs). Eine Aus- 
nahme von der gewöhnlichen Balmform bilden die afrifaniichen Dompalmen, 
mdem der Stamm ein» oder mehrfach gabelförmig geteilt iſt. Die Blätter 
ind oft von erftaunlicher Größe; es giebt Fächer von 3'/, m Durchmefjer 
und Fieder von 15m Länge. Das ganzrandige, fteife Blatt der Mani- 
caria saccifera bejigt eine Länge von 9 und eine Breite von 1/, m. 
Roc draftifcher zeigt fich die tropifche Lebensfülle in den Kletterpalmen, 
die bejonders in Dftindien heimisch find (die Gejchlechter Calamus und 
Daemonorhops), und deren Holzjtamm eine Länge von 370—550 m erreicht. 
Bäre ihr Stamm entiprechend did, um aufrecht ftehen zu können, fo würde 
er viele Berge an Höhe übertreffen. 

Aber nicht bloß ein unvergleichlicher Schmuck der Landichaft find die 
Valmen, fie find auch von unberechenbarem Nutzen. Ganze Länder er- 
nähren fich von den Früchten der Dattel- und der Kofospalme. Der 
Stamm der Sagopalme enthält reichliches Stärfemehl, das unter dem 
Kamen Sago in den Handel fommt. Die Blattfnospen einiger Arten 
werden ald Gemüſe genofjen, oder man bereitet aus ihrem Saft den ‘Balmen- 
rin und durch Zuſatz bitterer Kräuter und Wurzeln, die die Gärung 
wridhalten, ein bierartiges Getränk. Gekocht und zur Verdunſtung ge- 
bracht, Liefert diefer Saft guten Zuder. Den Aſſai, ein dem Staffee oder 
der Chofolade ähnliches Getränk, Liefert die Frucht der ſüdamerikaniſchen 
Luterpe oleracea. Die Betelnuß, die Frucht der Arecapalme, ift im ganzen 
tüdöftlichen Aſien ein beliebtes Genußmittel. Das Palmöl, deſſen Be- 
Kutung für den Welthandel von Jahr zu Jahr jteigt, gewinnt man aus 
dem Sameneiweiß einiger Palmen, befonders der weitafrifanifchen Olpalmen. 
Unendlich mannigfaltig ift endlich die Verwendung der Blätter und des 


Andere tropi- 
Ihe Sharalter- 
pflanzen. 


392 Behntes Kapitel. 5 


Holzes zu Flechtwerk, Hüten, Matten, Gefäßen, Käften u. |. w.; und wohl 
feine Pflanze ift mit den Sitten und Gewohnheiten der Tropenbewohner 
jo innig verwachſen, als die Palme; ja in bezug auf die Vieljeitigfeit des 
Nutzens kommt ihr keine andere Bflanzenfamilie der Erde gleich. 

$ 307. Als Nahrungspflanzen find auch die Mufaceen von außer: 
ordentlicher Bedeutung. Ihre jaftreichen, nicht fehr hohen Stämme tragen 
Blätter von auferordentlicher Größe, ſchöne Blüten, und Fruchtbündel 
von 1—1!/,m Länge. Die Früchte der Bananen werden als frijches Obſt, 
die des Pijangs-(Baradiesfeige) meift gekocht genofjen. Eine beichränttere 
Berbreitung befitt der Brotbaum, urfprünglid nur vom Sundaardipel 
bis zu den fernften polynefiichen Infeln; aber gerade für dieſe pflanzen 
armen Eilande ift er das wertvollſte Geſchenk, um jo mehr als er feiner 
Kultur bedarf, und drei Bäume ausreichen, einen Menſchen das ganz 
Jahr hindurch zu ernähren. Faft unabjehbar ift die Zahl der übrigen 
Bäume mit eßbaren Früchten. Hier jei nur noch der Banyanen gedacht, 
die der Hindu als das Symbol unerjchöpflicher Naturkraft verehrt. Aus 
den Zweigen ſenken jich Luftwurzeln herab, die wieder zu neuen Stämmen 
heranwachlen, jo daß „Krone an Krone wie über einer gemeinjamen Säulen- 
Halle ſich ausbreitet“, und ein einziges Individuum einen ganzen Wald 
erzeugen kann. Seltfam erfcheinen auch dem an nordiſche Formen gewöhnten 
Auge die Geftalten des Pandanus und der Mangrovebäume, die alle 
tropischen Flachküſten, welche nicht zu ſehr der Brandung ausgefegt find, 
umfäumen. Die Luftwurzeln der leßteren entjpringen aus ben Früchten, 
und die neuen Stämme löfen fi) dann vom Mutterkörper los. 

Am meiften fällt und die Wachstumsfraft der Tropen auf, wenn 
wir innerhalb einer und derjelben Familie tropijche Vertreter mit folchen 
höherer Breiten vergleichen. Zur Familie unferer Gräfer gehört das Bam: 
busrohr, das am Fuß etwa 15cm did ift und nach oben fich zu einer 
Spitze verjüngt. Die glänzend- glatten Stämme vereinigen fich zu dichten 
Gruppen von 20—30, ja fogar 40m Höhe, und treten jomit in der Phylio- 
gnomie der ſüdaſiatiſchen Landichaft bedeutjam hervor. Seltener iſt ber 
Bambus in Südamerifa, und in Afrika jcheint er faſt ganz zu fehlen. 
Unerjchöpflich ift jeine Verwendbarkeit zu Waffen, Leitern, Maften, Kähnen, 
Brüden, Matten, Schränfen, Gefäßen, Möbeln; ja ganze Häufer werden 
aus diefem ebenſo eleganten als leicht zu verarbeitenden Material erbaut. 
Die Familie der Liliengewächſe hat einige baumartige Nepräfentanten, wie 
Yucca, Aloe und den berühmten Dradenbaum, einen der Riefen der 
Pflanzenwelt. Aus der Klaffe der Farne, die in außerordentlichem Form⸗ 
reichtum und enormer Artenzahl die feuchten Urwälder bewohnen, ragt be- 
jonder8 der Schöne 6— 10, manchmal fogar 15— 18m Hohe Farnbaum 


Die geographiſche Verbreitung der Organismen. 393 


hervor. Auch der Ricinus erlangt banmartigen Wuchs und eine Höhe 
von 6— 10m. Die Familie der Arongewächfe, die bei ung nur in 
feinen Formen vorkommt, verliert zwar auch in den Tropen ihren fraut- 
ortigen Charakter nicht, aber Stamm und Blätter erlangen koloffale Dimen- 
onen. Biele Schling- und Schmarogergemwächle des Urwaldes gehören 
ihr an. Ein noch größeres Kontingent zu den epiphytiſchen Pflanzen ftellen 
die Urchideen, die an Mannigfaltigfeit und Blütenjchönheit alle anderen 
Familien übertreffen. Aber die prachtvolliten Blumen verſchwinden im 
Tidicht des Urwaldes oder bilden nur einen raſch vergänglichen Schmud. 
Tie Üppigkeit der tropischen Vegetation äußert fich überhaupt nicht in der 
Servorbringung von entiprechend großen Blüten, ja gerade bei den gewal⸗ 
tigsten Pflanzen find die Blüten verhältnismäßig unjcheinbar. Auch die 
größten Bäume von mehr als 120m Höhe (Sequoia gigantea und Eufa- 
Inpten) findet man nicht in der Tropenzone; nur in bezug auf den Umfang 
des Stammes kam ſich der afritanifche Affenbrotbaum und der weit- 
indiihe Wollbaum, deifen Krone 1000 Berfonen Schatten gewährt, und 
aus deilen Stamm Canoes für 180 Berfonen bergeftellt werden, mit den 
Rieſen Kaliforniens und Auftraliens meſſen. Dagegen entwideln ſich ein- 
seine Pflanzenteile in großartigfter Weife. Die Kigelia trägt 60 cm 
lange, dide Früchte, und der ebenfalls afrikaniſche Enſete-Piſang 6m 
lange Blätter. Beiläufig ebenjolang und 3—4m im Durchmefler find 
die Fächer der Palme Corypha umbraculifera auf Ceylon und in 
Malabar, die am Schluß ihres Leben eine Blütenrispe von 10m Höhe 
treibt. Das abgerundete Blatt der Gunnera gigantea, einer Stein- 
brehart in Solumbien, hat 6—8m im Umfang. Die kreisförmigen, oben 
bellgrünen, unten farminroten Blätter der Victoria regia, die im Durch- 
meter 11/,—2m groß find, ſchwimmen ausgebreitet auf dem Spiegel des Ama- 
zonas und feiner Nebenflüffe, und rechtfertigen den königlichen Namen dieſer 
berrlichften aller Wafferpflanzen. Die Rafflesia Arnoldi auf Sumatra 
smießt den Ruhm, die größte aller befannten Blüten zu befiten, denn 
ade hat einen Durchmefjer von nicht weniger als ca. Im! 

$ 308. Wie die Palmen ftellenweife über die Grenzen der warmen 
Zone hinausdringen, jo auch andere Tropengewächle, wenn auch zum Zeil 
m verfümmerter Form. Die Bambufen fommen in ganz China vor, aber 
es ıjt fraglich, ob fie nördlich vom Tfinling einheimisch find. Arundarien, 
de fi zum Bambus in ähnlicher Weife verhalten, wie die Zwergpalme 
ur Baumpalme, bewohnen die Kurilen, und find in den Vereinigten Staaten 
bis Ilinois verbreitet. Zwergartige Lilienbäume reichen im weftlichen Nord- 
amerifa bis 49° B. und im öftlichen biz zur Chejapeafebai (37°3.). Tropiſches 
Gepräge tragen der Tulpenbaum und Saffafraslorber, die ſich bis Kanada, 


Gemäßigte 
Bone. 





Übergänge. 


394 Bchntes Kapitel. 





der Perfimmonbaum und eine Magnolie, die fi) bis New York, und der 
ZTrompetenbaum, der ſich angeblich bis Illinois findet. In den trodenen 
Gebieten Nordamerikas dringen die Agaven zwar nur bis 35° B. vor, deſto 
weiter aber die Kakteen, die man noch jenſeits des Miffouri in 498. antrifft. 
Aber auch fie nehmen nach Norden raſch an Höhe ab, gerade jo wie die 
Mimofenfträucher der füdlichen Prärien. 

Viel wichtiger, als vereinzelte Vorpoften der Tropenwelt, find die 
immergrünen difotylen Zaubbäume, die den fühlichften Gebieten 
unjerer gemäßigten Zone, foweit milde Winter herrichen, alfo mit Ausſchluß 
der großen Bodenerhebungen, ein charafteriftifches Gepräge verleihen. Im 
Welten der alten Welt erreichen fie ihre höchſte Breite bei Görz (46°), im 
Often dringen die immergrünen Eichen nur bis 36° vor, werden aber in 
Nipon noch bi 38% B. angepflanzt. In Nordamerika liegt die Polargrenze 
derjelben im Weiten in ca. 4703. (Oregon), in Kentudy in 36%/, und an 
der Oſtküſte in 370 B.; Hier, wie in der öftlichen Hemilphäre folgt jie 
alfo den Winterifothermen. Weiter nach Norden reihen die immergrünen 
Sträuder, am weiteften an der, vom Golfſtrom befpülten atlantifchen 
Küfte Europas, wo 3. B. die Erica cinerea von Portugal bis zu den Färöer 
und biß Bergen in Norwegen, aljo big zum 62. Parallel fich verbreitet hat. 
Nur der Buchsbaum, der in Weft- und Südeuropa, in China und Japan 
ebenjo, wie in den Steppen und auf den Gebirgen Hochafiens vorkommt, 
Ihlingt ein ununterbrochenes immergrünes Band um die alte Welt. 

Auf der Südhemifphäre umfaßt die immergrüne Zone, begünftigt durd 
die große Gleichmäßigfeit des Klimas, das ganze außertropiiche Feſtland. 
Auf unferer Halbfugel folgt aber darauf der Gürtel der jommergrünen 
Zaubbäume, der im weftlichen Europa bis 60°, im öftlichen bis ca. 56°, 
im mittleren Sibirien big 48—50° und in Kamtjchatfa wieder bis 60° 8. 
reiht. Für den atlantiichen Teil von Nordamerika wird 54°, für da3 
Binnenland ca. 470 B. als Polargrenze angegeben; darüber hinaus dehnt 
fih in der alten, wie in der neuen Welt die Coniferenzone bis zur 
Waldgrenze aus. 

$ 309. Auf ein Moment muß beſonders aufmerkſam gemacht werden. 
Schroffe Gegenfäge hat die Natur auch in der Anordnung ber Vegetation 
injofern vermieden, als gewiffe Hauptelemente berfelben bei dem Übergang 
aus der einen in die andere Zone allmählich teils zu-, teils abnehmen. 
Im Tropengürtel herrſchen monofotyle und immergrüne dikotyle Laub: 
bäume. Periodiſch belaubte Bäume, wie die Sylomore, und Nadelhölzer, 
wie die brafilianische Araufarie, fommen zwar vor, aber doch im allgemeinen 
jelten, wenn wir von den höheren Gebirgen abjehen. In der daran fid 
Ichließenden Subtropenzone finden wir nur noch einige Ausläufer mono» 


Die geographifche Verbreitung der Organismen. 395 


totyler Bäume; neben den immergrünen Zaubbäumen aus der Klafje der 
Tifotyledonen jpielen die ſommergrünen eine ebenbürtige Rolle; und aud) 
die Goniferen, unter denen einige, dem Norden fremde Formen, wie Cy⸗ 
preiien und Pinien, fich befinden, treten ſchon bedeutjam hervor. Dann 
verihwinden Die immergrünen dikotylen Bäume und nur folche mit perio- 
diiher Belaubung, gemifcht mit Nadelhölgern, bilden die Wälder der mittleren 
nördliden Breiten, bis endlich in den höheren Breiten die Conifere die 
Iherherrichaft erlangt. Endlich endigt auch der Nadelwald und die polare 
Vegetation beginnt. 

$ 310. Die arkttifche Waldgrenze folgt im allgemeinen der 10°- 
Jiotherme des wärmſten Monats!; jenſeits derjelben ift Die Vegetationszeit 
zu kurz, um Baumleben zu geſtatten, und nur in geſchützten Flußthälern 
dringt der Wald noch erheblich weiter gegen Norden vor. Im Janathal 
erreicht er 3. B. 70% 55’, und im Thal der Chatanga im Taimyrland feine 
höchſte arktiiche Breite: 727/,°. In Alaska fanden Dall und Whymper 
em ort Jukon (67° 10’ N.) noch einen ftattlichen Wald, und bei Nulato 
447 ION.) noch Bäume von 90 cm Durchmeſſer und 30 m Höhe. Die 
kalten Seewinde flieht der Baum, daher die Küftengegenden des Berings- 
meeres waldlos find, und an der fibiriichen Waldgrenze nach den Beobad)- 
tungen Middendorff’3 die Bäume in regelmäßiger Stufenfolge Kleiner 
werden, um endlich in verfrüppelten Zwergformen zu enden. Die Eisftröme, 
die von Norden und Weiten durch die Davis- und Hudfonsftraße zum atlan- 
tüchen Ozean abfließen, drüden mit der Sommerwärme auch die Waldgrenze 
auf Labrador bis gegen 52° 3. herab; die höchite und die tieffte Grenze des 
Baumlebens auf unferer Halbfugel differteren aljo um ca. 20 Breitengrade. 

Daß die Baumgrenze, wenigſtens in Sibirien, einjt weiter nad) Norden 
reichte, bezeugen die Waldinjeln und die ftehenden Wurzeln großer Bäume, 
die man noch in der Tundra finde. Es wäre aber verkehrt, daraus auf 
eine Berfchlechterung des Klimas fchließen zu wollen. Ohne daß die Normal- 
temperatur fich ändert, können mehrere aufeinander folgende ungünjtige 
Sommer die Waldgrenze raſch zurücddrängen, weil hier die Bedingungen 
der Erijtenz größerer Holzgewächſe eben noch knapp erfüllt werden, und 
daher auch vorübergehende Anderungen fi) fühlbar machen. Ein noch 
aefährlicherer Feind ift der Menich, dem z. B. Island, dag nah Kling- 
gräff in feinen Thälern einft Birkenwaldungen beſaß, feine jegige Baum- 
loſigkeit verdankt. Denn nirgends ift, wie Middendorff treffend bemerkt 
bat, der Wald fo fehr fich ſelbſt Schuß, als an feinen äußerften Grenzen; 


’ Diefe läßt fich auch vielleicht beifer, als die Jahresiſotherme von 0°, gegen 
‘am Bedeutung Hann in feinem inzwiſchen erjchienenen Lehrbuch der Klimatologie 
dedenlen erhoben hat, zur Abgrenzung ber falten von der gemäßigten Bone verwenden. 





Arltiſche 
Waldgrenze. 


Antarktiſche 
Waldgrenze. 


Bolare 
Pflanzenzone. 


396 Zehntes Kapitel. 


jede Blöße, die das Beil oder der Sturm geſchaffen hat, gefährdet hier 
die Umgebung. 

$ 311. Die ſüdlichen Kontinente liegen innerhalb der Waldgrenze. Auf 
einigen Infeln, wie auf der Falklandgruppe, geftatten die häufigen Stürme 
feinen Baumwuchs oder nur das Auflommen von Krummbolz, wie auf 
Triſtan H’Acunha. Die Amſterdam⸗Inſel befigt einen Wald von Phylica 
arborea, völlig übereinftimmend mit Triftan d’Acunha, aber jchon auf 
St. Baul fucht man vergebens nad) einem Holzgewächs, und ebenjo aut 
den Kerguelen und der Marioninjel. Aber hier laffen ſich nicht die Stürme 
allein dafür verantwortlich machen, denn die Flora dieſer Infeln, mit Ein- 
ſchluß der Amfterdam-Infel, trägt einen entfchieden polaren Charakter, 
infofern die Zahl der Mooſe die der Phanerogamen entjchieden übertrifft. 
Es ftimmt dies ganz mit der abnorm tiefen Sommertemperatur diefer Gegend 
überein. Ebenſo wie in, Zabrador, greift auch hier die polare Flora 
zungenartig in die gemäßigte Zone ein, nur erreicht fie hier den 38. Parallel, 
d. h. die Breite von Calabrien! Erinnern wir ung daran, daß in Süd— 
amerifa bis zu ca. 55° B. immergrüne Yaubbäume an der Zufammenjegung 
der Wälder in hervorragender Weife fich beteiligen, und daß im Oſten von 
Neufeeland hochwüchſige Palmen noch in 44° B. vorflommen, jo werden 
wir zu unjerem Erftaunen gewahr, welche Gegenfäge innerhalb gleicher 
Breiten die anfcheinend fo einförmige, faft nur von Waſſer bededte Süd: 
hemiſphäre in fich birgt. 

8 312. Außerhalb des ſüdamerikaniſchen Feitlandes fand man die legte 
Staude (aus der Familie der Doldenträger) auf Sid-Georgien (54° B.), 
das lebte Gras auf den Südihetland-Infeln (60—63° B.) und Die lebten 
Gewächſe, Heine Laubmoofe und einige Flechten, auf der Cockburninſel 
unter 64° B., d. 5. im Barallel von Throndhjem. Dann folgt die Eigwülte. 

Wie ganz anders gejtalten ſich Die Verhältnijje im arktiſchen Gürtel! 
Am ärmlicäiten ift die Flora auf den nahezu wagrechten Ebenen, wo das 
fommerliche Schmelzwafjer weder abfließen, noch eindringen kann, und bie 
Bodentemperatur wegen der Nähe des unterirdifchen Eiſes fich nicht über 
den Gefrierpunft erhebt. Das find die Moostundren, die das Feftland 
der alten Welt jenfeit der Waldgrenze umfäumen. Wo feftes Geftein ber 
Oberfläche nahe Liegt und der Boden trodener ift, wie im größten Teil 
des polaren Nordamerika, entwidelt fi) die Flechtentundra, die mit 
ihren Flechten, Heidel- und Krähenbeeren ein reichlicheres Tierleben ernährt. 
Die Flußniederungen ſchmücken Wiefen mit Kräutern, Weidegeftrüpp und 
Gruppen fleinerer Holzgewächle; und auf geneigtem Boden zaubert der 
monatelange Sommertag anmutige Matten mit frifchem Grün und präch 
tigen Blumen hervor, denn nur auffällig gefärbte Blüten können die wenigen 


Die geographiſche Verbreitung der Organismen. 397 


Inteften, die die Befruchtung der weiblichen Pflanzen vermitteln, herbei⸗ 
(oden. Im öftlichen Grönland wurden die Mitglieder der deutichen Expedition 
durch große, gleihmäßig grüne Flächen, die bis zu einer Höhe von 300 m 
aniteigen, überraſcht. Herden von Nentieren und Bijamftieren belebten 
diefelben, und an manchen Stellen labte fich das Auge an dem jchönften 
Raten mit Stauden und Erifenfträuchern oder niederem Birfengeftrüpp. 
In den höheren Regionen des eisfreien Kiüftenlandes, two fein ozeanijcher 
Nebel die Sonne verhüllt, jteigt Papaver nudicaule big 1500 m, viele 
Alütenpflanzen bis 1250 m Höhe an, und ein Vaccinium trägt nocd in 
660 m Höhe reife Beeren. Selbſt auf den Nunatals des Binneneijes 
ſ. S. 127) fand Jenſen grüne, wenn auch jpärlich bewachſene Stellen; 
in beträchtlicher Entfernung von der Kiüfte und m 1250 m Höhe jammelte 
er 27 Phanerogamen, und am Rande des Binneneijes bei Sulianehaab 
empfing ihn eine üppige Vegetation von Gräjern und 3—4 m hohen Birken. 
Auf Grinnellland (82° 3.) liefert noch eine mit Stauden gemijchte Moos⸗ 
iteppe genügendes Futter für die Tiere, und unter 82° 50° wurden noch 
9 Blütenpflanzen gejammelt. Am ärmlichiten dürfte die Vegetation auf 
Franz⸗ Joſef⸗Land jein, denn vergebens fucht man hier nach einer geſchloſſenen 
Rafendede, aber dichte Moospolſter find nicht felten und TFlechten in Menge 
vorhanden. Solche Kontrafte jchafft der Tontinentale Sommer der nörd- 
‚chen und der ozeanische Sommer der füdlichen Polarzone (vgl. ©. 62f.). 

$ 313. Die vertifale Temperaturabnahme bewirkt eine ähnliche 
Filanzenanordnung mit wachſender Höhe, wie mit wachſender geographiicher 
Preite. Es ift auf das Beiwort „ähnliche“ beſonders Gewicht zu legen, denn 
nur in bezug auf den allgemeinen Vegetationscharafter entiprechen die ein- 
zelnen Pflanzenregionen den Pflanzenzonen; und wenn auch in vielen alpinen 
Gebirgen arktiiche Formen wiederfehren, fo läßt fi) das — wie fpäter ge- 
wigt werden joll — nicht durch die heutigen Temperaturverhältniffe erklären. 

Im Himalaya reicht die echte tropische Vegetation nur bis 1820 m 
Höhe. Dann nimmt fie den Charakter der gemäßigten Zone an, wenn 
auch viele tropiiche Pflanzen in diefelbe eingeiprengt erjcheinen, denn erſt 
in 2730 m Höhe verfchwinden in Sikkim die Lorbergewächſe, aljo nur 
340m unter der Waldgrenze. In den äquatorialen Andes jegte X. v. Hum- 
boldt die Tropengrenze im Durchſchnitt mit 1600 und die Örenze der ge- 
mäßigten Region mit 3300 m feft. Im fubtropifchen Apenninengebirge 
tteigt Die immergrüne Vegetation nur bis ca. 400 m an, worauf bis 1950 m 
Höhe der nordiihe Wald folgt. In den Schweizer Alpen, die in der 
Iommergrünen Laubbaumgone liegen, unterfcheidet Chrift vier Regionen. 
In der umteren, die auf der Nordfeite in 550, im Süden und Weften aber 
in 700 m Höhe endet, gedeihen noch Wein, Obſt und einige Gewächſe von 


Blangen- 
regiouen. 


398 Zehntes Rapitel. 








mediterranem Typus. Die zweite Region, die des Yaubwaldes, in dem Die 
Buche vorherricht und die Kaſtanie auf der Südſeite bis MO m aniteigt, 
reicht in der Noröfchweiz bis 1350 m Höhe. Dann folgt der Gürtel des 
Nadelwaldes, der in den nördlichen und Teſſiner Alpen in 1800 m, in de 
centrafen aber erjt in 2100 m Höhe der alpinen Vegetation den Plaß räumt. 

Awine 8314. Bon beſonderer Wichtigkeit iſt die alpine Waldgrenze, über 

Waldgrenze, Zur . . re . — 

deren Höhe in den einzelnen Gebirgen der Erde die nachfolgende Tabelle 
(ein Pendant zur Tabelle auf S. 10975.) Aufſchluß giebt. 





Höhe der Waldgrenze in Metern. 


Nord- und Mitteleurobpa. 


Norwegen.. 20. . 20.70 N. Melt 260, Birke, 

699 = Ki DU, = 

67° = | Weit 360, = 

= Li TOO, 

60% = Met 910, = 

60° -Oſt 1040, 
UM oo, 8375. 

= 0555. 

61° = 760, Lärdıe. 

Schottland. . I 57 = 810, Birfe. 
IST 1 529% = 1040, richte, 
Nietengebirae . nn 51" = 1110, = 
Böhmer Wald 2. 20. 2020... 49° 1460, = 
Sara 2 . 2... . 49° 2.1560, Arve und Birke, 
Wasgenwald . . . 45% = .1300, 
Schwarzwald.. 2 20200. 45° 2.1860. 
Sa 47° 21490, Fichte und Edeltanne. 
Schweizer Alpen .. 20.4647" 2 Mordihmeiz 1800, Fichte. 


Centralſchweiz 2100, Arve u. Lärche. 
Südſchweiz 1800, 











Oſtalpen........ nn 16-2 480- Nordalpen 1800, Fichte. 
Centralalpen 1950, — 
Südtirol 2180, Arve. 
Karſt 1530, Buche. 

Siebenbürg. arpatben 2020.20 446° = 1820 Fichte. 


Auvergne.... . — . 450 13500, 
Dauphiné . . . . nn 45° - 1690-2500, Arve, Lärche, Fiche. 
Dt. Ventoux..... . . . 44* = Nord 1730, Eid 1810, Fichte. 


Südeuropa und Nordafrika. 
Pyrenäen. EIN, Meitl. 1950, Edeltanne. 
M ittl. 2300, Kiefer. 
Sitl. 2410, Fichte. 
Zierra Nevada.. . . 37° - 2110, Birfe und Kiefer. 
Marokkaniſcher Atlas. 265002900, Eichen. 





Die geographilde Verbreitung der Organismen. 


— — — — —— — — — — —— — — ——— — — 


Apennin. Gran⸗-Saſſo 


Gennargentu (Sardinien) 
Ama . . ren 
Talmatinijche Alpen 2202.00. 
doönin . . 
Recedoniſch albaniſch Grenzgebirge 
Zudmacedonifdyes Gebirge ...c0 
Abos .„ . . ... 
unlicher Findus . 
Irım 

Berderafien. 
Bitöynijder Olymp 
Vontiſches Gebirge . 


Suciiher Taurus 
Eilieifcher Taurus . 


Libanon, Weitjeite . 
Raufajus . 


Armenien . 


Elburs. 

3:grod-Syjtem . 
Central, Oft: und Büdafien. 
Stanomwois®ebirge . . 
Ramtfdyatla . . 
Jablonoi⸗Gebirge 
Sajan⸗Gebirge 

Altai 


Tiungariſcher Alatau . 
Tianſchan ca. 


Bamir bei Kolan . . . . .ca. 
Maiden . . . Pr < 
Rondgebirge von Kanfu . 
Ruenlun re. 
Japan, Cntale -. . . .» . .ca. 
⸗ dußijama en 
Tıbet . .c0, 
bebirge am ob. Wetmg b. Dertain 
Omalaya.. . . . .ca. 
verneo. 


bit v. Korintji, Sumatra ...c0. 


399 





42° N. Nord 1650, Buche. 
:Süb 1800. 
40° =: ‚1860, Erle. 
37° = 2010, Raricio-Riefer. 
44° = ı 970. 
44° = |1600, Fichte. 
2% = 11520 Eiche. 
41° = |1880, Himalayasfiefer. 
40° = 11700 Edeltanne. 
39% = |1790, = 
5° = 1 
40° = 1500, Nabelhölzer und Buche. 
40—41° = öſtl. v. Trapezunt, Norbfeite 1850, 
| Nadelhölzer u. Buche. 
Laſiſtan 2180. 
36° = |2600, Juniperus foetidissima. 
370 = |Norb 2270, Laricio⸗Kiefer. 
Süd 1950, ⸗ u. Ceder. 
340 = | 1950. 
41—43° = | Abdhafien 2140, Birke. 
ı Riongebiet 2600, = 
Dagheſtan 2500, = 
39 -410- Alagös 2340, Eiche. 
Am Goktſchaſee 1950—2100 Buche. 
Kl. Ararat 2600, Birke. 
37° = 2600, Hainbuche. 
01,0% = 1950, Eiche. 
| 
60% = 1140, Kiefer und Fichte. 
56 0 = ı 940. 
50° = 1980, Arve. 
50° = | 2220, Lärche. 
50° = Nord 1800, Lärche und Arve. 
ı Süd 2100. 
45% = ,2270--2600, Nadelholz. 
42% = 3200, 
40° = 18600. 
40° = ! 3200. 
388% = 3000-3100. 
36% = 2770. 
35% = 2000, Kiefer. 
35% = 2400, (?) Lärche. 
80° = 4600, Juniperus foetidissima. 
29% = | 4040. 
23° = ' Stttim 3670, Eichen, Birken, Nabel: 
Bhutan 3250, [Hölzer. 
7° = ‚2700. 
2° ©. 2500. 


400 Ichntes Kapitel. 






























Afrika. 


Abeſſinien. 10—-150 N. 3600, Kofjobaum (4200, Bibarraı. 
Kilimandihbarn . . . . . 30 S. 3000. 
Hſtliches Nordamerita. 
White Mountains . . 2202. 440 % 1330, Kiefer. 
Allegbanies . . . 60 = 23035, = 
Weſtliches Amerifa. 
Küſtengebirge: 
Kaskadengebnge 2 2 2020200470 = 1820, 
44% = 2180, 
Sierra Nevada . . 4120 2440, 
390 = 2730, 


Inneres Hochland und 
Felſengebirge: | 


Felſengebirgſe.. 56° = 1220, Tanne. 

51% = 1980, tiefer. 

439% 23080. 
Umtah-Geburge . . . 20.2. 41° - 3050, Espe. 
Seliengebirge. 2 2 202020. 401,0 = 13380, 

393% = 3650 (Mittel ans drei Menungen . 
Monitor Range. . . .. 393% = 3050, Kiefer. 
sebiengebirge. . en 35% = Arizona 3500. 

Neu:Merito 3700. 
Meritaniihe Andes . 2020.20... 17-23° 24000, Goniferen. 
Vulkane von Wuatemala. . 141, 23400. 
Srafu, Goftarica  . .. oo. 10° =. 390N, 
Küſtengebirge von Venezuela .. 100 — 15060. 
Merida-Gebirge. . . . xca. 80 2709. 
ae 0—49 5. Welt 2700. 
Oſt und Nord 3500, 
Sorata. .. . 165° -23200, Erle und Escallonia. 
Vulkan de Oſorno ..... 14114110 1460. 
Feuerland... . . . 740 2.480, 
Neuſeeland. 

Mi. Egmont.. 39139510070. 
Provinz Marlborough. . . . . 420 227220, 





Aus dieſen Angaben ift Die Ülberfichtstabeite auf S. 401, weldhe die 
miederjten und höchſten beobachteten Werte innerhalb eines Breitenftreifens 
von 109 enthält, slanmmengeitel 

Tie Höhe der Waldarenze — Dies ergiebt ji) aus obigen Zahlen — 
iſt im allgemeinen von denjelben Bedingungen abbängig, wie die der Schnee 
linie. Sie finft vom Äquator gegen die Pole in immer tiefere Niveau 
und liegt im Bereich des Seeklimas tiefer, als in Gebieten des jommer- 
warmen Landklimas. abet endigt das Baumleben auf der Jüdlichen Dalb- 
kugel in geringerer Höhe als anf der nördlichen in gleicher Breite: infolge 


Die geographifcye Verbreitung der Organismen. 401 


davon fteigt es an der Dftjeite des norwegiſchen Gebirges höher an als an 
der Weſtſeite; Daher erhebt jich die Waldlinie in der alten Welt von Weiten 
nah Titen, erreicht in Centralafien die größte Höhe, um dann wieder an 
der pazifiichen Seite berabzufinten, und bejchreibt in Nordamerika eine 
ähnliche Kurve. Über 4600m Höhe (Tibet) findet man nirgends Bäume, 
ebenjowenig wie jenjeit3 von 721/,0 B. In den tropiichen Gebirgen be- 
ſchränkt nicht jo jehr die Temperatur, als die abnehmende Feuchtigkeit das 
Baumleben; daraus erklärt es fih, daß das Baumleben in den gleticherlofen 
Bergen von Sumatra und Borneo ſchon in einer Höhe erlifcht, in der es im 
walterreichen Himalaya noch fröhlich gedeiht. Auf Java fällt die Waldgrenze 
mit der Grenze des Pflanzenlebens überhaupt zufammen, und auch in den 
chileniſchen Andes nähert erſtere ſich ſehr der Schneelinie; doch iſt bier — 
gleichſam zum Erfaß für die Einjchränkung der baumlofen Pflanzenregion — 
die alpine Strauchvegetation ftarf entwidelt. Wenn im Feuerland Baum- 
und Schneelinie ſich wieder weiter von einander entfernen, jo liegt der Grund 
nur darin, daß hier der Wald in den ftürmifchen Höhen nicht gedeihen kann. 


Höhe der Walbgrenze innerhalb der einzelnen Breiten. 


| Europa Ural Gentral. Dftafien 
Beſtliches Oſtli 
Amerita Amen afate haften | Süvafien Reufeeland 
| 260-1040| 375-760 | 1140 
- 1220-1980 — | 810-1170° — 1800-2220: 
1820—3380| 1330 | 970 (1800) 1800 - 2600 2270 - 3600 
—2500 | 
127803700 2035 [1790-2900 1950—2800|2770—4600 2000-— 2400 (?) 
4000 — 3250-4040 
3600 (4200) | 
25002700) 


| 
| 
| 3000 


2 
* 
2 
2 
* 
2 
2 
* 


J11111111 





Wie die Schneelinie, iſt auch die Waldgrenze zum großen Teil von 
Lokalen Verhältniſſen, von der Beſonnung und vom orographiſchen Charakter 
des Gebirges abhängig. Je mafjenhafter diejes gebaut ift, deſto mehr 
wird e3 erwärmt, und deſto höher dringt die Baumvegetation vor, ohne 
jedoch immer ihre Elimatifche Grenze zu erreichen. Ihre geringe Seehöhe im 
dalmatiniſchen Gebirge erzählt uns von der unfinnigen Zerſtörungswut 


des Menfchen. Am Großglodner endet fie jegt in 1900m Höhe, aber 
Savan, Bhnftide Erdkunde. 


402 - Zehntes Kapitel. 


noch in 2152 m Höhe entdedte Seeland einen Holzftrunf. Im 18. Jahr- 
Hundert waren am Südrand des Bernina in 2334m Höhe noch Bäume 
zu jehen, wo jeßt echte Alpenpflanzen wachſen; und einzelne Wurzelftöde 
oder einzeljtehende Tannen, Lärchen und Arven von hohem Wuchfe jenfeits 
der Waldgrenze beweijen uns, daß fich der Wald einft bis hierher aus— 
dehnte. Auch von dem Zurücweichen der alpinen Waldgrenze gilt, was 
oben (©. 395) von Der polaren Baumlinie gejagt wurde. In anderen 
Fällen jchließt die Bodenbeichaffenheit den Wald aus. Am Mauna Lou 
auf Hawaii, deſſen oberer Teil ganz von Lavaftrömen bededt ift, ver- 
jchwindet jchon in 2140 m Höhe jede Vegetation; dagegen kommt auf dem 
Mauna Kea, der aus Ioderen Eruptionsproduften befteht, der Manatibaum 
vereinzelt bi3 3350 m Höhe vor. 

Wie an der polaren Waldgrenze Häufig zwerghafte Baumformen die 
äußerjten Borpoften bilden, jo auch in vielen Hochgebirgen. In den 
Karpathen und Sudeten tritt das Krummholz als jelbjtändige Formation 
hervor. Meiſt iſt der Übergang zur alpinen Region ein allmählicher, 
nur in den nordamerifanifchen Hochgebirgen trennt ein fcharfer Strich, die 
fogenannte „timber line“, den Hochwald vom Kniehofzgürtel. Im Colorado: 
Gebirge 3. B. endigt der Hochwald in 3350 m Höhe, und dann folgt ein 
aus gleichen Arten beſtehender Zwergwald bis 3300 m Höhe. 

an $ 315. Ausdauernde Arten mit verfürzten Stengelgebilden, vorläufigen 
großen Blüten und Heinen Blättern find für die alpine Region charafte: 
riſtiſch. Kryptogamen herrichen vor, wie in der polaren Flora; Die Pha- 
nerogamen werden durch Sträuder, Stauden hund Gräfer vertreten. In 
vielen Punkten ift aber die alpine Region mehr begünftigt als die arktiſche 
Bone; denn wenn auch hier die Sommerjonne nie untergeht, jo erwärmen 
doch ihre fchiefen Strahlen den Boden nicht jo intenjiv, wie im Hoch— 
gebirge, trotzdem die mittlere Lufttemperatur der höheren Regionen im 
Sommer geringer ift, al® der entjprechenden höheren Breiten. Dafür it 
aber im Gebirge die Begetationgzeit (Monate über 0°) länger; und während 
derfelben taut der Boden bis zur Tiefe auf und geitattet den Wurzeln 
tiefer einzudringen. Die Unterjchiede in der Stärke der Infolation erklären 
es — wie Chriſt auseinandergejegt hat —, daß die alpinen Pflanzen 
in bezug auf Maſſe des Stoffes, Die des Stammes, Zahl und Stärke 
der Zweige und LZaubteile den arktiichen jo fehr überlegen find. 

An der Schneegrenze hört zwar die zufammenhängende Vegetation auf, 
aber es erlijcht nicht alles Pflanzenleben. Etwa 500m über derfelben 
Sammelte Ball am XAletjchgletiher noch 40 Arten, und am Montblanc 
fand man zwifchen 3200 und 3400 m noch 24 Phanerogamen. Die 
höchſten Blütenpflanzen fand von Schlagintweit auf dem Ibi-Gamin-Pap 


Die geographifde Verbreitung der Organismen. 403 


in 6038 m Höhe. Auf jchneefreien Felſen fiedeln fich Flechten an, und 
auf dem Schnee felbft finden noch Algen ihre beicheidenen Lebensanſprüche 
errült. Eine Art derjelben, von mikroſkopiſcher Größe, ruft die befannte 
Erideinung des roten Schnees hervor. 





Die wichtigen Vegetationsformationen innerhalb der Waldgrenzen. 
(©. Karte XVII.) 


$ 316. Der Wald bedarf während der Vegetationgzeit nicht nur eines 
gewilfen Wärmemaßes, das ihm weder die polare Zone, noch die alpine 
Region gewährt, jondern auch der Feuchtigkeit. Das Baumleben bleibt 
alto auch den regenarmen Gebieten innerhalb der Waldgrenzen fern oder 
zieht fich hier auf die wohlbemwäfjerten Abhänge der Gebirge zurüd. 

Nicht überall ift aber das Feuchtigkeitsbedürfnis des Waldes das 
gleiche, und nicht überall wird es in gleicher Weife befriedigt. In der 
warmen Bone geht der Verdunftungsprozeß der Blätter viel rafcher vor 
ih, al in unferen Breiten; fo ift e8 zu erllären, daß 3. B. — wie 
Prandig zeigte — in DOftindien fräftige Wälder nur dort gedeihen, wo 
der Regen eine jährliche Durchichnittshöhe von mehr ala 100cm, und 
Iropemwälder nur dort, wo er eine jolche von mehr als 190 cm erreicht, 
während die nördliche gemäßigte Zone ein einziges Waldgebiet ift, obwohl hier 
die mittlere jährliche Niederichlagshöhe meift nur 25—50, ja in Oftfibirien 
und im nördlichiten Teil von Amerika weniger als 25cm beträgt. Noch 
eın anderes Moment fommt dazu, welches uns über den fcheinbaren Wider- 
ipruch in der Verbreitung der Wälder diesſeits und jenfeit? der Wende- 
freiie aufzuklären vermag, und auf welches Wojeikoff ſchon einmal auf- 
merfiam machte. Es iſt die winterliche Schneedede, welche eine bedeutende 
Kiederichlagshöhe erjeben kann. Denn das Schneewafjer jidert langjam 
in den Boden ein und ernährt Die Vegetation gerade bei ihrem Erwachen 
m Frühling, während die ftärkiten ſommerlichen Regengüffe zum größten 
Zeil oberflächlich abfließen. 

Waldland und waldloſe Gebiete find alfo die beiden Haupttypen 
der Begetation, wobei wir jene Gegenden, wo der Menſch den Wald aus- 
gerodet hat, natürlich dem erjteren zurechnen. Innerhalb dieſer beiden 
Suptformationen giebt e3 eine unerjchöpfliche Mannigfaltigkeit, und beide 
imd auch durch langſame Übergänge mit einander verbunden. Tropifcher 
Umalb und Wüfte find die Endglieder der Formationsreihe, die in manchen 
Öegenden nahe bei einander liegen, während in den höheren Breiten der 
Reichtum und die Armut der Vegetation niemals in fo fchroffen Gegen- 


gen zum Ausdruck gelangen. 
26* 


Die Himati- 

ſchen Bebin- 

gungen bes 
Waldes, 


Tropifche 
Wälder. 


404 Zehntes Rapitel. 


$ 317. Der tropiſche Urwald unterſcheidet ſich von den Wäldern 
der gemäßigten Zone vor allem durch den gemiſchten Baumſchlag. 
Selten gehören zwei benachbarte Bäume derjelben Art an. Tifotyle Baum 
mit ſtarrem, immergrünem, ungeteiltem Laub oder mit einmal geftederten 
Nlättern herrichen vor; dazu geiellen ſich Monokotyledonen, bejonders 
Palmen, und in Mexiko und Gentralamerifa and) Goniferen, die hier aus 
nahmsweiſe Dis an das Meer herabfteigen. Die durchichnittliche Höhe Der 
gemiſchten Beſtände beträgt nur 20-30 m, aber einzelne Bäume ragen 
darüber hinaus, „einen Wald über dem Walde” bildend. Tiefer etagen— 
fürmige Aufbau iſt cdarakteriftiich Für den tropichen Urwald. N 
Amazonas miſchen ſich ſtammloſe Zwergpalmen, 3—4 m und 20-30 m 
hohe Palmen, ſowie riefige Laubbäume, deren Nronen bis 80 md 
100 m fih erheben. Das Unterholz iſt übrigens in verschtedenen 
Gegenden verjchieden; im oſtindiſchen Dſchungel beſteht es z. B. aus 
Bambujen und Dorngeſträuchen. Ebenſo bezeichnend für den tropiichen 
Urwald ind die Lianen md Epipbhyten, die Ion im den ſub— 
tropischen Breiten entichteden zurücktreten und weiter gegen Norden hin 
ganz verſchwinden. Die Lianen, die von Baum zu Baum ſich Schwingen 
und frei von den Kronen herabhängen, find zum Teil Holzgewächſe, wi 
die Notangpalmen (Z. 391); ihnen verdanft der Urwald hanptſächlich ſeine 
Unwegſamkeit. Die Epipbpten jeßen ſich auf den Bäumen feit, ohme ſie 
zu umranken. Farne ımd Urchideen gehören vorwiegend zu dieſen Pflanzen, 
die aber nicht in allen Fällen em Echmarogerleben führen, ſondern häufig 
durch Luftwurzeln ihre Nahrung aus dem Boden ziehen. Der unendliche 
Reichtum an Schattengewächſen erklärt ſich daraus, daß im tropiſchen 
Urwald, trotz der Überfülle des Laubwerkes und trotzdem die Blätter vor 
herrſchend undurchſcheinend Find, doc ein mildes gedämpftes Licht herricit. 
Auch Dadurch unterſcheidet er ſich wejentlich nicht mir von unferen finfteren 
Nadelwäldern, Sondern auch von unſeren Laubwäldern. Denn im Gegen 
ſatze zu dieſen, deren Laubdach zwar durchſcheinend und weniger dicht, aber 
wegen Der großen Anzahl kleiner ZZweige zuſammenhängender iſt, ſind Die 
Beſtandteile des Tropenwaldes (wie Griſebach anseinandergeſetzt hat 
ſo gebaut, day überall Zwiſchenräume den Lichtwellen in den Wald ein 
zudringen gejtatten. 

Sind auch gewiſſe Charatterzüge allen tropischen Urwäldern gemeimant, 
jo finden ſich doch auch ſehr bemerkbare individuelle Eigentchaften, die ſich 
nicht nur aus den Eigentümlichkeiten der verſchiedenen Florengebiete er 
klären, ſondern auch innerhalb eines ſolchen durch lokale Verhältniſſe be 
dingt Find. Der Igapowald im Überſchwemmungsgebiet des Amazonas 
zeichnet ſich z. B. durch eine Überfülle von Palmen, durch einen verhältnis 


Die geographiſche Verbreitung der Organismen. 405 


mäßig niedrigen Wuchs der Laubbäume und geringe Entwidelung der Lianen 
und Epiphyten aus. Im Etewald, der auch auf Thonboden fteht, aber nicht 
mehr überſchwemmt wird, herrichen die difotylen Bäume mit lorberartigem 
Blatt entichieden vor, und ihnen gehören aud) die höchſten Individuen an. 
In Sandfteingebiet des Rio negro endlich werden die Yaubhölzer Eleiner, 
Palmen und Lianen feltener, aber die epiphytiichen Farren und Arongewächſe 
wuchern in üppigfter Fülle. Der Zeraiwald, der den Südfuß des Hima⸗ 
laya begleitet, ift im Oſten echter Tropenwald, aber gegen Weiten, alfo in 
derfelben Richtung, in welcher die Regenmenge abnimmt und das Klima 
tontinentaler wird, verlieren ſich die tropifchen Charafterzüge und die Be- 
ttände werden einfürmiger. Am reinjten ift der tropifche Typus in jenen 
Gegenden ausgeprägt, wo fich gleichmäßige Wärme mit großer Feuchtigkeit 
voart, alfo befonders im Äquatorialgürtel, wie im malayifchen Archipel und 
in der Amazonasniederung, wo fich der Urwald von Paranahiba bis 
Jamora in einer Länge von mehr ala 4000 km (gleich der Entfernung von 
der Weitipibe der Bretagne bis zum Aralſee!) erftredt. Weniger unter: 
richtet find wir über die Ausbreitung des afrikaniſchen Urwaldes im inneren 
Hochland. Er fcheint den oberen und mittleren Kongo zu begleiten; auf 
der Waflerfcheide zwilchen diefem Strom und dem Zambefi durchzog ihn 
Cameron, dagegen fehlt er auf Schütt’3 Route zwilchen 8 und 10% ©. 
und zwifchen 23° O. und der Loandaküſte. Nächft der Aquatorialzone find 
die Windfeiten aller tropiichen Gebirge von Urwäldern bededt, jo die 
Beitghats, die Weſtſeite von Hinterindien vom Himalaya bis Malakka, 
die mabagaffifche Dftfeite, die brafilianiiche Oftküfte bis zur Waſſerſcheide 
gegen den St. Francisco und Parana; die öſtliche Abdachung von Central⸗ 
amerifa und Mexiko, jedoch hier mit Ausnahme von Tabasko nur auf Die 
Region von 1000-2000 m beichränft, während auf der pazifiichen Seite 
gerade nur der untere Küftenfaum big 650 m Höhe Urwälder trägt; die 
Windſeiten der hohen polynefischen Inſeln u. ſ. w. Wie auf den füdlichen 
Feſtländern einzelne tropijche Formen weiter gegen den Pol vordringen, 
ald auf unferer Halbfugel, jo auch der tropifche Urmwaldächarakter. Die 
Rüftenwälder von ber brafilianischen Brovinz Sa. Catharina bis zur Grenze 
von Uruguay unterjcheiden fich von den tropiichen nur durd niedrigeren 
Vuchs und geringere Mannigfaltigfeit; und ebenjo macht fich im chilenischen 
Valdland zwilchen 34 und 44° 3. gegen Süden zu nur eine zunehmende 
Einförmigkeit bemerkbar, ohne daß das dichte Unterho aus Bambusformen 
md das Gewirr von Lianen und Epiphyten zurüdtreten und den Wald zu- 
ganglicher machen würden. Dagegen ift die Baummijchung auf Neufeeland 
laum minder groß, als zwiſchen den Wendefreifen, und der Nordinfel fehlen 
auh die Lianen und Epiphyten nicht, in Auftralten tragen noch Die 





Walder der 
gemäßigten 


Zone, 


406 Bchntes Kapitel. 


gemiſchten Wälder in den Creefthälern von Neu-Süd-Wales ein tropen— 
ähnliches Gepräge. 

Anderjeits findet man auch in der warmen Zone ausgedehnte Beitände 
von gefelfigen Bäumen derfelben Art. Selbſt die Palme tritt häufig 
waldbildend auf, wie die Tom- und Delebpalme in Mfrifa, die Ilpalmen 
in Verbindung mit Phoenix spinosa an der weſtafrikaniſchen Küſte, ein paar 
Manritiaarten im Öebiet des Orinoko und Amazonas, die Wachspalme 
in Gran Chaco, die Caranda: Palme in Paraguay, die Matay- Palme in 
Uruguay und verichiedene Arten im malayiichen Archipel. Andere befanntere 
Beiſpiele ſind die ſchon mehrmal genannten Mangrovewälder, die Teltiamen 
Tjemorowälder in den Gebirgen der Sunda-JInſeln, die aus Caſuarinen 
mit blattloſen Zweigen beſtehen, die Piſangwälder an der Gambiamündung, 
die Tamariskenwälder am blauen Nil, die ſchattenloſen und doch ort um 
durchdringlichen Akazienwälder in Südarabien und Afrifa, die Araufarien 
wälder von Brafilien n. ſ. w. 

$ 318. In den Inbtroptichen Breiten ſind immergrüne Yaubwälder 
ſelten. In den Weittelmeerländern tritt nur die immergrüne Eiche wald 
bildend auf, in Chile jenſeits des 44. Parallels herrſcht die periodiſch be- 
laubte Buche vor, wird aber von der unmergrünen Buche und von GContferen 
begfeitet: ebenſowenig ſind in dem ſüdlichen atlanttichen Staaten der 
Union die immergrünen Bäume die vorwiegenden Waldbeſtandteile, ſondern 
überlaſſen der langnadeligen Kiefer die Herrſchaft. Dagegen zeigen ſich an 
den Oſtſeiten der nördlichen Feſtländer, im atlantiſchen Nordamerika und 
im chineſiſch japaniſchen Gebiet noch Anklänge an die Tropenwelt, inſofern 
die Laubwälder ſich durch größere Artenmiſchung auszeichnen, wenn auch 
Dort die Eichen und hier die Ahornbäume am zahlreichſten ind. In Europa 
find die Laubwälder reine Beſtände, vorwiegend von Buchen, Eichen und 
Birken: Die Buchenwälder, die einer milderen Wintertemperatur bedürten, 
charafterifteren das westliche und mittlere, die Eichenwälder das öſtliche 
Europa. 

Tie Statistischen Unterfuchungen von Wa Gray bejtätigen den großen 
Gegenſatz der Oft: und Weſtſeiten der Kontinente!, deſſen Verſtändnis ſich 










Rue !inzahl der Arten von 
Wälde? | 
Laubholz Nadelholz 







des öſtlichen Mord Anmerifkaeaa.... 1360 25 
pacifiſchen en 34 44 
von Japan und der Mandjiburei . 123 45 


gan; Kuren 2 2 202. 68 17 






Die geographifde Verbreitung der Organismen. 407 


ung jpäter, bei der Betrachtung der gejchichtlichen Entwidelung der heutigen 
Pilanzenwelt, erjchließen wird. Die Zahl der Zaubbaumarten ift an den 
Iftieiten faft um das Doppelte größer als in Europa, und nahezu vier- 
mal größer als im weftlichen Nordamerifa. Ein anderer Gegenja beſteht 
wichen der atlantifchen und pazifiichen Seite der beiden Feſtländer. An 
der legteren erreichen die Nadelhölzer ihre höchſte Entwidelung, und im 


weitlihen Nordamerika bilden fie jogar 56-4°/, aller Waldbäune. Tannen. 


ind am häufigsten und meilt von hohem Wuchje (die Douglastanne 60—80 m, 
aber fie übertrifft an Größe noch der Rotholzbaum, die Zuckerkiefer, und vor 
allem die Sequoia gigantea [ein Baum 150m h.])). Mit Laubhölzern gemifcht, 
bilden Die Tannen und die Dregonceder die ausgedehntejten Urwälder, Die 
wenigfteng zum Zeil noch ihre Sungfräulichkeit bewahrt haben. Sie fchließen 
ch unmittelbar an den nördlichen Contferengürtel an, an deſſen Zu- 
iommenfegung in Amerika vorzüglich die Weißtanne, in der alten Welt 
cber die Fichte und Kiefer und in Dftfibirien die Lärche Anteil nehmen. 
Eine untergeordnete Rolle jpielen die Laubbäume (Pappeln, Erlen, Weiden), 
die meift nur Die Ufer der Flüſſe begleiten; nur die Birke kann fich in der 
alten Welt den Nadelbäumen ziemlich ebenbürtig an die Seite ftellen, und dringt 
auch überall bis zur Waldgrenze vor. Ein anderer Unterjchied zwilchen den 
Räldern der alten und denen der neuen Welt, und zwar im Coniferen- 
wie in dem Laubholzgürtel befteht darin, daß in der leßteren das Unterholz 
und Strauchwerf einen höheren Wuchs und eine üppigere Entwidelung erreicht. 

$ 319.- Den Übergang vom Waldland zum waldlofen Land vermitteln 
dietropischen Savanen, Grasfluren mit eingeftreuten Bäumen und größeren 
Waldinſeln. Mit der Steppe haben fie gemein, Daß die Gräjer feinen ge- 
ihlofienen Rafen bilden; und wo es an Humus mangelt und die Bewäfle- 
rung dürftig iſt, hat die Savane auch in der That ein fteppenähnliches 
Ausjehen, wie 3.3. in Yulatan und an der pazifiichen Seite von Mittel- 
amerifa, wo ber Graswuchs am Iſthmus nur eine Höhe von ca. 5—6 cm er⸗ 
acht. Dagegen find die Gräfer in Afrika, wo die Savane Die größere Hälfte 
der Tropenzone einnimmt, in manchen Gegenden 5—6m hoch, und gleichen 
dann, von weitem gejehen, einem wogenden Öetreidefeld. Aber auch hier wech⸗ 
kein hohe und niedere Formen mit einander, und gerade dort, wo die leßteren 
berrichen, ift die Vegetation eine mannigfaltigere, indem Gefträuche und 
blühende Stauden fich beimifchen. Auch in den brafilianifchen Campos ift 
die Höhe des Graſes keineswegs eine beträchtliche, aber Kafteen, Agaven 
und hohe und niedrige Sträucher bringen Abwechslung in die offene Land⸗ 
ihaft, die in ihrem Blütenfchmude einem Garten gleicht. In der Trodenzeit 
treilich bieten die Savanen in ihrer gelblich-braunen Färbung nirgends ein 
freundliches Bild. 


Savanen. 








Pu — — — — — — —— — — — —— — 


Baumleben in 
ber Steppe. 


408 JZehntes Kapitel. 


Die lichten Savanenwälder treten dort auf, wo der Boden reichlicher 
und andauernder benetzt wird. Sie bededent daher die Höhenzüge und be- 
gleiten die Ufer der Flüſſe. Ein allgemeines Geſetz läßt fi) aber nicht 
aufitellen, denn während z. B. die Loangoküſte größtenteil3 Savane ift und 
die Wälder erft da beginnen, wo das Land anfteigt, iſt umgekehrt an ber 
Kongomündung die Niederung Wald nnd das hügelige Terrain Savane. 
Die flachen Llanos von Venezuela find auf große Strecken baumlos oder 
werden nur bon vereinzelten Proteaceen- oder Malpighiaceenbäumen oder 
von Gruppen von Fächerpalmen unterbrochen; aber diefer Charakter jcheint 
nicht urjprünglich zu fein, denn zwei der jüngften Reiſenden, Sachs und 
Jonas, berichten, daß jeit der Verringerung bes Viehjtandes die Zahl der 
Bäume beträchtlich zugenommen habe. Waldreicher find die Savanen von 
Guyana, und das hängt offenbar zufammen mit der bergigen Beſchaffenheit 
bes Terraing, mit dem Wechjel der Bodenarten und der Bewäflerung. Die 
jüblichen Campo3 von Brafilien in 600—1300 m Höhe beleben Eleine, aber 
gejellige Lilienbäume, die in den tiefer gelegenen nördlichen Campos burd) 
eine ähnliche Zwergform aus der Familie der Ananasgewächſe vertreten 
werden. Daneben fommen auch echte Wälder vor; infelartig zerſtreut ſind 
die Capoes, in denen die höchiten Bäume die Mitte einnehmen und immer 
fleinere Bäume in regelmäßiger Abftufung nach der Peripherie zu folgen; 
und an den Ufern der Flüffe dehnen fich die periodijch belaubten Catingas 
aus. Zur Savanenform rechnen wir auch die offenen, jchattenlofen Eufa- 
[yptenwälder Auftralienz, deren Boden mit einem zufammenhängenden Wieſen⸗ 
teppich mit fchönen Blumen bededt if. Zur Zeit der Dürre erhält fi 
freilich nur in den Greefthälern eine üppigere Vegetation. Auf trodenem 
Boden Haben fich Afazien und Caſuarinen angefiedelt; im Norden gejellen 
ſich zu den Eufalypten indijche Holzgewächfe, und hier bietet auch der Gras- 
boden ftellenweile das Bild einer echt tropiichen Savane. 

Sn den außertropifchen Breiten ijt diefe Vegetationsformation jelten. 
Sm Ealifornifhen Barfland wechjeln Waldungen mit offenen Flächen, und 
auch am Amur und auf Kamtichatla, wo der Rafenteppich eine außerordent- 
liche Höhe erreicht, wird die Einförmigfeit der ausgedehnten Grasfluren 
durch Gebüfche und Bäume gemildert. Auch die fogenannte Barabaſteppe, 
eine große Ebene im weftlichen Sibirien zwifchen dem Irtiſch und Ob, die 
aus Mooren mit mannshohen Stauden, aber fteppenartigem Graswuchs 
und einzelnen Waldinjeln befteht, kann ala Übergangsglied zwiſchen Savane 
und Steppe aufgefaßt werben. 

$ 320. Zwiſchen diefen beiden Vegetationsformen läßt fich überhaupt 
feine ſcharfe Grenze ziehen, denn weder die Höhe des Graswuchſes ift ent- 
icheidend, da fie aud in den Tropen manchmal gering und anderſeits aud 











Die geographiſche Verbreitung der Organismen. 409 


außerhalb derjelben ftellenweite jehr bedeutend ift, — nod) das Vorkommen 
von Bäumen. Auch aus der Steppe ift das Baumleben nicht völlig ver- 
bannt, wenn auch meift nur an die Flußufer gebunden; ja jelbjt in den 
Ihilern des ödeſten Teiles der Gobi fand man Gruppen von Ulmen und 
Trrichgebüjch; die Wadis der jaharifchen Sahara bewohnen neben Gräfern, 
Stauden und Sträuchern aud) Bäume, und folche erheben fich vereinzelt 
sch aus der troftlofen wejtauftraliichen Sandfteppe, die Giles durd)- 
vanderte. Aber ausgebehntere Waldungen fommen in der Steppe nicht 
vor, mit Ausnahme der großen Kondenfatoren der atmosphärischen Feuch⸗ 
ngfeit, der Gebirge; und auch dieje entbehren zum Teil des Wald- 
hmudes, wie 3. B. die peruanifchen Andes an ihrer Weſtabdachung und 
die norbehifenifchen zwifchen 30 und 34° ©. fogar an beiden Seiten. Am 
Zidabhang des Elburs grenzt in ca. 2200 m Höhe die alpine Region 
mmittelbar an die Steppe, während die feuchtere Nordjeite big 2400 m 
Höhe mit Wald bekleidet ift. Einen ähnlichen Gegenſatz bilden die tibe- 
taniichen und indilchen Gehänge des Himalaya. An der Nordfeite des 
Raufajus fchiebt fich zwiichen Steppe und Wald ein Wiejengürtel als ver- 
mittelndes Zwilchenglied ein, während auf der, den EW.-Winden zugefehrten 
Zeite die Wälder bis zum Fuße Herabreichen. Der Thianſchan trägt 
Wälder nur in der Region der winterlichen Schneewolfen zwijchen 1500 
und 3000 m Höhe; auf dem Inſchan beginnt die Bewaldung ebenfalls erft 
in 1500 m Höhe, auf dem Alafchan fogar erit in 2400m, und — um 
eın Beiſpiel aus der neuen Welt hinzuzufügen — in Colorado in 2130 m 
Höhe, 

$ 321. Der Savane zunächit verwandt find jene Grasfteppen, 
wo die Regenmenge groß genug ift, um den Abfluß zum Meer zu unter- 
halten, und Die ausgelaugten Salze daher nicht im Lande bleiben oder doch 
nur ftellenweije das Erdreich verichlechtern. Daß fie in Kulturland um- 
gewandelt werden fünnen, beweiſt die Gejchichte; dagegen find Bewaldungs- 
verruche nicht überall in gleichem Maße geglüdt, wenn auch ſelbſt Grije- 
bad z. B. in bezug auf die ungarischen Pußten zugeftehen muß, daß 
bier die Waldloſigkeit nicht Elimatifch bedingt iſt. Gräſer, zum Teil mit 
ttafen Blättern und in Büfcheln, zwifchen denen der nadte Boden hervor- 
Iugt, wachfend, herrſchen vor, und hochwüchſige Stauden und einjährige 
Kräuter gejellen fich ihnen zu. Die Vegetation in der Pußta und in den 
tüdrujjifchen Steppen ift üppig und kann im Blütenfchmud des Früh— 
ings jogar reizend genannt werben, aber fchnell ermübdet der Anblic des 
emtönigen Bildes das Auge, das nirgends einen Ruhepunkt findet. Wohl 
die größte ununterbrochene Grasebene der Erde find die Bampas von 
Argentinien. Das harte Pfriemengras miſcht fich hier mit zarteren und 


Grasiteppen 
mit Abfluß. 


Zteppen und 


Wuſten regen: 
armer Gebiete 


nördliche 
Hemiphäre!. 


410 Zehntes Rapitel. 








nahrhaften Gramineen; in den Vertiefungen wachſen ſie gedrängter, au 
den Erhebungen aber in zerſtreuten, dichten Büſcheln. Gebüſche fehlen und 
Standen ſind ſelten. Mannigfaltiger find die nordamerikaniſchen Präricen, 
wo das Gramma,, Büffel- und Büſchelgras, das eine treffliche Weide bietet, 
von Kakteen, Lilienbäumen und geielligen Stauden begleitet wird. 

$ 322. In den vegenärmeren, zum größten Teil abflußloſen Gegenden 
kommen Grasſteppen mir dort vor, wo der Boden ohne Zalzaebalt um 
nit etwas Humus bedeckt iſt. Aber fie ſind bier ungleich dürftiger um 
gestatten abfeits von den Flüſſen nur nomadiſche Lebensweiſe. Wo der 
nackte Fels zu Tage tritt oder Sandmeere ſich ausdehnen, in Denen auch 
die geringe Feuchtigkeit, die ihnen zu Teit wird, ungenützt einſickert, oder 
wo Der Boden von Salzen geſchwängert wird, da iſt Der Graswuchs nod 
fiimmerlicher oder Fehlt ganz, und blattlofe Tornjträncher, Saft: und Zwiebel— 
gewächſe Find die einzigen Repräſentanten der Pflanzenwelt. Dieſe Sand 
und Zalziteppen gehen ganz allmählich in Wüften über, Die war auch 
nicht vegetationstos, aber doch im allgememen unbewohnbar find. Freilich 
giebt es hier, wie wir ſogleich Jehen werden, ſtellenweiſe Weidegründe, di 
von dem Viehherden der Nomaden beſucht werden, und Oaſen, im denen 
eine ſeßhafte Bevölkerung ſich anſiedeln köounte. Es ſind die Stellen, di 
entweder von Flüſſen oder von Grundwaſſer benetzt werden, und wo eine 
tbonige Erdkrume ſich bilden konnte. Es iſt daher ſchwer, Die Bearim 
Steppe und Wüſte ſtreng auseinander zu halten, und auch Der Zprad: 
gebranch trifft nicht Immer das richtige, 

Ein zuſammenhängender Zteppen und Wüſtengürtel durchzieht die 
alte Welt vom atlantiſchen Geſtade bis nahe an das pazifiſche Weltmeer. 
Die gebirgsumſchloſſenen Hochebenen Wiens, die aral-kaſpiſche Niederung, 
md das von beſtändigen Nordwinden beſtrichene Gebiet, welches Syrien. dus 
innere Arabien und die Sahara umfaßt, ſind die einzelnen Glieder dieſer 
Zone: ungleich zwar in bezug auf die einzelnen Beſtandteile ihrer Flora. 
ungleich auch in bezug anf die Bedingungen ihrer Waſſerarmut, aber durch 
dieſe und durch ihren allgemeinen Vegetationscharatter trotzdem zu em 
geographiſchen Eimbeitt verbunden. Die Zabara gilt al$ das Protowp 
der Wüſte, aber völlig pflanzenleer iſt unr der bewegliche Dünenſand um 
ſtellenweiſe die Sſerir, wie z. B. zwiſchen Tnat und Tafilet. Dagegen 
trägt ſelbſt die Hammada einige Holzgewächſe und die Dünenthäler bewohnen 
Sträucher und hochwüchſige Pfriemengräſer. Die ſogenannte ſyriſche Wüſie 
iſt vorwiegend Salzſteppe mit Halophyten, kümmerlichen Tamarisken und 
etwas Graswuchs. Noch mehr verdient Die arabiſche Wüſte, vielleicht 
mit Ausnahme der ſüdöſtlichen Sandwüſte Dehna, die Bezeichnung Steype, 
denn ſelbſt in Nefud trägt der Sandboden nach Blunt's Bericht eine ver 


Die geographifhe Verbreitung der Organismen. 411 


hältnismäßig reiche Vegetation, die einen großen Teil des Jahres die Herden 
der Veduinen ernähren fann. Vielleicht noch troftlofere Einöden, als manche 
Zeile der Sahara, find die perſiſchen Wüften. Die große Salzwüſte 
tie im ftrengften Sinn des Wortes pflanzenlog, nur in der Nähe des Nord» 
randes erblidte Buhſe einmal einen einfamen Halophyten; und eine ähn- 
liche Schilderung giebt Bunge von der Wüfte von Kirman. Biel befier 
nd die centralafiatijchen Hochebenen ausgeftattet, troßdem hier die 
Geographen von ausgedehnten Wüſten jprechen. In Nordamerika ent: 
ioricht ihnen das ebenfall® von hohen Gebirgen umrahmte weitliche Hoch- 
tand, deſſen Salzwüften gerade fo, wie die der alten Welt, von zerftreuten 
Ganſefuß⸗ und gejelligen Beifußgewächjen bewohnt werden, ſtellenweiſe aber 
auch völlig vegetationslos find. Die bizarren Formen der Kakteen und 
die als Nahrumgsmittel wertvollen Agaven, deren große, faftige Blatt- 
roictte auch dem dürrſten Felsboden entfprießt, geben aber den trodenen 
Gebieten der neuen Welt ein eigenartiges Gepräge. 

$ 323. Auf den füdlichen Feftländern greift im Windfchatten des 
Vaſſates die Steppen- und Wiüftenvegetation weit in die Tropenzone hinein. 
Am weiteften in der peruaniſch-chileniſchen Küftenlandfchaft, die 
vom 34. bis zum 4.0 5. B. waldlos ift. In der Regenzeit befleidet fie 
ch wohl mit blühenden Stauden, aber die fommerliche Dürre überdauern 
nur vereinzelte Öruppen von Saftgewächſen und niedrigem Dorngefträud). 
Tas Hochgelegene Atafamaplateau ift eine auf weite Streden Hin völlig 
vegetationsloſe Salzwüfte. Aber in einem Punfte unterfcheidet fich die 
peruaniſche Steppe wefentli von den Steppen der gemäßigten Zone: in 
dem allerdings nur zeritreuten Borfommen immergrüner Bäume. Jenſeits 
des 30. Parallels bejlert jich die Vegetation zuſehends, und reichlicher Gras— 
wuchs Schafft ein gutes Weideland. Auch die Hochflächen der Cordilleren, 
die jogenannte Punaregion, nehmen an der Steppennatur teil. Die 
ſudweſtliche Küfte von Afrika ift ebenfalls bis über den Wendefreis hinaus 
eıne traurige Sand- und Steinwüfte mit niedrigem graugrünem Gebüſch 
und ärmlichem Graswuchs, und diefe Vegetationsformation erftrect fich 
mit einigen von Der Bodenbejchaffenheit abhängigen Variationen über das 
Tamara» und Namagqualand bis zur ausgedehnten Sandfteppe der Kala- 
bari Den im Verhältnis zum Areal des TFeftlandes größten Raum 
nehmen die Steppen und Wüſten Auftraliens ein, denn bie öftliche Rand⸗ 
ttellung des Hochlandes beraubt die inneren und weftlichen Landfchaften 
der Wohlthat regelmäßiger Befeuchtung. Aber jo öde auch diefe Gegenden 
ın der Regel find, jo raſch belebt ſich die Vegetation, wenn einmal, freilich 
oft nach jahrelanger Dürre, ein wolfenbrucjartiger Regen niederfällt. Aber 
wnausgenüßt fließen die Waſſermaſſen ab, und die blumenreichen Gras- 


Gteppen unb 
MWüften auf 
der füdlichen 
Hemiſphaͤre. 


Buſchland. 


412 Behntes Kapitel. 





und Kräuterfluren verjchwinden wieder, wie ein Trugbild der Tata Morgana. 
Die Eigentümlichfeit Auftraliens befteht eben darin, daß der periodilce 
Wechſel des Landichaftsbildes, dem alle Steppen unterworfen find, in 
völlig regellofen Sprüngen fich vollzieft. Daher auch die jcheinbaren 
Widerfprüche in den Berichten der Forſchungsreiſenden; ein Moment, das 
übrigens auch bei der Beurteilung der übrigen Steppen und Wüften in 
Betracht gezogen werden muß und die Unbeftimmtheit diejer Begrifie 
weſentlich mitverfchuldet Hat. Streng genommen, läßt ſich die Vegetation 
der einzelnen waldlofen Gegenden der Erde nur während der Regenzeit 
mit einander vergleichen; aber freilich ift diefe Periode nur furz und den 


‚größten Teil des Jahres laftet auch auf den begünjtigteren Steppen ber 


Fluch der Unfrucdhtbarfeit. 

$ 324. Auf der ſüdlichen Hemifphäre tritt manchmal an die Stelle der 
Steppe das Buſchland, ohne daß fich in allen Fällen beftimmt nachweiſen 
läßt, an welche Bedingungen es im Gegenfage zum Grasland geknüpft it. 
Es ftehen fich übrigens diefe Vegetationsformationen auch nicht unvermittelt 
einander gegenüber. Schon oben wurde darauf aufmerffam gemacht, das 
Dornfträucher einen vorherrfchenden Beftandteil mancher Steppenfloren bilden, 
und im öftlichen Südamerika fünnen wir beobachten, wie ftreng die beiden 
Formen nach der Bodenbeichaffenheit fich fcheiden. Soweit Lehmboden il, 
joweit dehnen fich die Pampas aus; dort aber, wo der patagonilde 


Kiesboden beginnt, alfjo am Rio negro, ändert fi) mit einemmal das 


Pflanzenfleid, das nun aus niedrigem Dorngebüfch mit vereinzelten Mimoſen 
und magerem Graswuchs befteht; und „nur Diejenigen Stellen“, jagt 


Lorentz, „die durch ihre niedere Lage befonders fruchtbar find, vielfache 


Thäler und Vertiefungen zeigen einen eigentlichen Raſen und eine Vegetation, 
die an die Pampas erinnert“. Ähnlich ift die Vegetation weftlich von den 
Pampas, zwifchen dem Meridian von Cordova und den Andes. Dornige 
Sträucher, befonders der Chanar und eine Afazie, bedecken weite Flächen, 
aber der Graswuchs ift nicht ganz ausgefchloffen und reiche Fluren wechieln 
mit ödem Bufchland. Auf der großen Karroo des Raplandes beherriät 
zwar der mattgefärbte Nhinozerosbufch die Vegetation, aber im Auguit 
kleidet fich die Hochfläche auf einige Wochen in üppigftes, blumenreiches 
Grün und ift dann ein ausgezeichneter Weideplatz. Auf der oberen Terrafit, 
die fich von den Roggeveld- und Nieumweveld-Bergen bis gegen den Garip 
ausdehnt, fehlt aber aller Graswuchs, und der Boden ift nur mit niederem 
Geftrüpp von Korbblütern, dem ſich einige Saftgewächſe zugefellen, bededt. 
Weiter gegen Norden bilden Dornfträucher aus dem Akaziengeſchlecht un: 
durchdringliche Dickichte; am reinften ift aber die Form des Buſchlandes im 
auftralifchen Scrub ausgeprägt. Berfchlungene Sträucher mit ftarrem, 


Die geographiſche Verbreitung der Organismen. 413 


immergrünem Laub bededen in dichten Gemeinfchaften, nur gelegentlich von 
Aiumen unterbrochen, aber mit völligem Ausfchluß von Gräjern und 
Kräutern, ausgedehnte Flächen des inneren Auftraliend. Kein Monat ver- 
geht hier ohne Blüten, aber „jeder Monat fieht”, wie Behr ſich ausdrüdt, 
„dasielbe wüfte Gebränge ftarrer, faftlojer und untereinander größtenteils 
übereinftimmender Formen.“ Trotz feiner Üppigfeit ift der Scrub die 
eigentliche auftrafiiche Wüfte, die ebenjo die Kortichritte der Forſchungs⸗ 
reiienden, wie die der Kultur hemmt, denn mit unbefiegbarer Zähigfeit halten 
dieje einförmigen Dicichte jogar dem Feuer Stand. 

Seltener ift die Bufchformation auf unferer Halbfugel. In Teras 
und im nördlichen Merito wird fie von Mimojen, zum Zeil im Verein mit 
Tornfträuchern gebildet. Ein großer Teil von Vorderindien wird von 
dichten, oft undurchdringlichem Dichungelgebüfch bededt, in dem Bam- 
buſen und Dornſträucher vorherrichen. Aber ſchon Hier ift es fraglich, ob 
dieſe Begetationgform Flimatifch bedingt ift oder ob fie an die Stelle früherer 
Eülder trat. Das lehtere ift der Fall bei der Maquis, der pflanzenreichen, 
mmmergrünen Strauchformation des Mittelmeergebietes, die befonders auf 
Corſikla, im dalmatinifchen Archipel und an der Nordfüfte des ägätfchen 
Meeres große Flächen einnimmt, und unter ähnlichen klimatiſchen Verhält- 
nen, Die Die Megenerierung des Waldes erfchweren, an der falifornifchen 
Kufte bei S. Diego und in den Berg- und Hügellandfchaften des füdlichen 
Chinas wieder erjcheint, während auf Neufeeland eigentümliche Sarrenfluren 
die Stelle zerftörter Wälder einnehmen. Cbenjowenig, wie die Maquis, 
laiten fich die Heidelandjchaften Europas und am Kap der guten Hoff: 
nung als eine Abart der Steppe, d. 5. als eine durch Trodenheit bedingte 
Degetationsform anfehen. 


Die Entwickelungsgefcichte der Florenreiche. 
(S. Karte XIX.) 


$ 325. Aus Engler’3 Tabelle der difotylen Angiofpermen geht 
hervor, daß von den 3617 Gattungen, die in der warmen Zone vorkommen, 
331, Prozent rein oder doch vorherrichend tropiich und nur 61/, Prozent 
in höheren Breiten heimisch find. Bon den erjteren überfchreiten nur ca. 
20 Prozent die Tropengrenze und ca. 73 Prozent find nur innerhalb der- 
ielben verbreitet. Die Statiftit beftätigt alfo die Eigenart und den Reichtum 
der tropifchen Flora, fie liefert aber auch den Beweis, daß die warmen 
Gegenden der alten und neuen Welt, troß der Übereinstimmung ber klima— 
tichen Verhältniffe, in bezug auf Die Flora bedeutend von einander abweichen. 
Nur 12%/, Prozent der difotylen Angiofpermen haben beide Hemifphären 


Gegenfag ber 
Tropen der 
alten unb ber 
neuen Welt. 


Tie tropischen 
slorenreiche u. 
Florengebiete. 


414 Zehntes Rapitel. 


gemeinſam, während 40 auf die weſtliche und über 47 Prozent auf die 
öſtliche Halbkugel beſchränkt ſind. Von den 458 gemeinſamen Gattungen 
ſind nach Engler 180 überall verbreitet, 204 kommen aber nur auf den 
Feſtländern und abgetrennten Inſeln vor, und dieſe wanderten wahrichein: 
(ih zu Lande, als die gemäßtgte Zone noch wärmer war und Curova 
tropijche Formen beherbergte. 17 Gattungen finden fi) auch auf ven 
ozeanischen Inſeln, und es iſt wahrſcheinlich, daß Ste den Seeweg benugten, 
während bei 57 die Verbreitungsart ſich nicht feſtſtellen läßt. Wie in der 
genannten Pflanzengruppe, tritt auch in anderen der Gegenſatz der alten 
und nenen Welt unverkennbar zu Tage. So hat nah Trude Amerika 
feine Palmengattung mit Afrika und Aſien gemem, und aud) die Unter: 
familien find meiſt nur auf das westliche oder üjtliche Feſtland bejchränt:. 

$ 326. Es beftehen allo zwei getrennte tropiihe Florenreiche. 
Innerhalb des füdamertfanischen war die Entwidelung in den feuchten öft: 
lichen Hoch- und Tiefländern eine andere, als im trodenen andinen Weite. 
Ungleich mannigfaltiger tft aber, wie nicht anders zu eriwarten, die Gliede 
rung des öÖftlichen Reiches. Afrika, das durch ein Meer und eine Wüſte 
don Aſien getrennt ift, wird Durch eine verhältnismäßig geringe Zahl ven 
Gattungen und Arten charafterifiert, und alle Forſcher beftätigten die Armıt 
Yeiner Flora, in der eme Reihe indiſcher Pflanzenfamitien fehlen. Der 
Weſten ımd Often treten hier im emen ähnlichen Gegenſatz zu einander, mi 
der Tften und Welten in Zidamerifa. Demſelben Kontraſt begegnen wir 
in Aſien, wo die vorderindiſche Flora eine Mittelftellung zwiſchen der airi 
kaniſchen und der des hinterindiſch-malayiſchen Gebiets einnimmt, ja in der 
Indusebene ſogar ein entſchieden afrikaniſches Gepräge trägt. Die init 
Angliederung Dekans an das Feſtland hatte zur Folge, daß mehrere Forma, 
die vom Himalaya mach Sinterindien ſich verbreiteten, in Borderindien fehlen 
ſelbſt an der fenchten Weſtküſte, wo doch alle natürlichen Bedingungen ibre 
Exiſtenz erfüllt wären. 

Der tropische Himalaya, Hinterindien und dev malayiſch-papuaniſche 
Archipel HE im bezug auf den allgemeinen Charakter der Flora eine Einheit, 
und wenn ſie Engler trotzdem im mehrere Gebiete zerlegte, Jo leitete ihn 
daber nur die Rückſicht auf den Endemismus der einzelnen Teile, die dind 
die dvorherrichende Inſularität genügend gerechtfertigt iſt. Von bejonderer 
Wichtigkeit fin den Geographen tft nur die Thatſache, daß die jcharfe tier 
geograpbiiche Grenze zwiſchen der indiſchen und anſtraliſchen Welt, die dei 
Archipel in nahezu gleiche Hälften teilt S. 214), floriſtiſch nicht eriftiert. 
Es erinnern daran nur einzelne auſtraliſche Anklänge auf Neu-Guineag, 
Timor und den Molukken, aber ſpätere Pflanzenwanderungen verwiſchten 
nicht nur den urſprünglichen Charakter bis zur Torresſtraße, ſondern ver— 


Die geographifde Verbreitung der Organismen. 415 


breiteten indifche Formen auch über die angrenzende aujtralifche Küfte 
im Weſten bis zum Wendekreis, im Often bis ca. 28° B., die Mangrove- 
baume bis zur Südküſte und die Farnbäume bis Tasmanien), ja fogar bis 
Heufafedonien und die Nordinfel von Neufeeland. 

$ 327. Wenn die warme Bone vor der gemäßigten durch einen un- 
gleich größeren Pflanzenreichtum ausgezeichnet ift, fo läßt fich dies daraus 
erflären, daß hier feit der Zeit, al3 überall tropisches Klima herrſchte, die 
Untwidelung einen ungejtörten Fortgang nahm. „Die Wraufarienwälder 
Zadbraſiliens“, fagt Palacky, „find vielleicht feit der paläozoiſchen Zeit 
an derfelben Stelle.” In den höheren Breiten hat fich aber nicht nur das 
Klima jeit der Tertiärzeit weſentlich geändert, indem fich die Zonen all- 
mählich in der Richtung gegen den Äquator verfchoben, fondern das große 
Intermezzo der Eiszeit hat die tertiäre Pflanzenwelt anch ftellenweife ver- 
aichtet, ſo daß die davon betroffenen Länder in ihrer Entwidelung wieder 
von vorn beginnen mußten.. 

Im fchroffiten Gegenjab zu der tropifchen Flora Hat die arktiſche 
einen cirfumpolaren Charakter. Allerdings finden wir, wenn wir von 
Curopa über Afien nach Amerika fortichreiten, Unterfchiede, die aber nicht 
greß genug find, um darauf eine Einteilung der arktiichen Zone in mehrere 
(Hebiete zu gründen. Die Baffinsbai, die man früher als eine jcharfe 
Örenze zwijchen der amerikaniſchen und europäischen Flora betrachtete, hat 
ihre Bedeutung eingebüßt, ſeitdem man die grönländiſchen Pflanzen, die 
th Taft zu gleichen Hälften aus amerilanifchen und europäifchen Elementen 
zuſammenſetzten, genauer fennt. Wanderungen fonnten bier entlang den 
Nuften aus der alten in die neue Welt und umgekehrt ausgeführt werden, 
‚nd mit Hilfe der Meeresitrömungen konnten fich die Pflanzen auch leicht 
ser die Inſeln des Eismeeres verbreiten. Auch der Coniferengürtel nimmt 
an dem cirfumpolaren Charakter der arftiichen Flora Anteil, dagegen ge= 
'rıltet ſich Füdlich davon die Pflanzenverteilung weſentlich anders. 

8 328. Mitteleuropa war nad) dem Schwinden der Eigdede und 
nıhdem das Klima wieder ein gemäßigtes geworden war, ein pflanzen- 
ames Land, das den einwandernden Gewächlen Raum genug zur An- 
idelung bot. Seine Flora ift daher eine entlehnte, und es ift bezeichnend, 
daß das deutſche Tiefland feine endemiſche Form befigt, während die 
attantijchen Küftenländer, wo die Eiszeit nicht jo verheerend wirkte, 29 eigen 
rimliche Bilanzen aufweilen. Andererjeit3 Haben auch die Steppengebiete 
Añens jeit der Tertiärzeit tiefgreifende Veränderungen erlitten. Weftfibirien, 
die aral-kaspiſche Niederung und das Hanhai Gentralafieng wurden von 
fer einftigen Waſſerbedeckung befreit, und auch hier ward Pla für neue 
Anñiedelungen gefchaffen. Aber das trodene Klima gewährte nur einer 


Floren 
der höheren 
Breiten. 


Florengebiete 
der mittleren 
nördlichen 
Breiten. 


416 Zehntes Rapitel. 


beſchränkten Anzahl von Pflanzen die nötigen Eriitenzbedingungen, um 
die Einwanderer mußten ſich zum Teil den veränderten Verhältniſſen un 
paſſen, um fich vor dem Untergang zu bewahren. Daher einerſeits Dir 
Armut der Steppenflora, anderſeits ihr Neichtum an endemiſchen Formen 
troß ihrer Jugendlichkeit. 

5s giebt aber auch Gebiete, wo die florittiiche Entwickelung ſeit der 
Tertiärzeit nicht Jo ungehemmt vor ſich ging, wie in der Tropenzore, 
aber auch feine völlige Unterbrechung erlitt, wie in den von glactafer Eis— 
bedeckung heimgeluchten Gegenden. Solche ſind das mediterrane Gebiet und 
das oftaftatiiche, welches Nordchina, Japan und das Amurland umfart. Die 
begegnen wir einen ausgeprägten Endemismus. Im Meittelmeergebtet zakt 
Griſebach 2760 eigentümliche Pflanzenarten, von denen 816 auf Klein— 
alien und Syrien und 782 auf die iberiſche Halbinſel kommen. Im Ver 
gleich zum Areal ſind aber Kreta, Corſika, Sizilien und Griechenland am 
reichſten ausgeſtattet. Japan, deſſen Flora man genauer kennt, beſitzt ſogar 
35 endemiſche Gattungen, was allerdings zum Teil auf Rechnung der Inſu— 
larität kommt. Ein zweiter Charakterzug dieſer Gebiete beſteht in der Er 
haltung tropiſcher Formen, die aus einer Zeit ſtammen, als das Klima noch 
wärnier war. Im mediterranen Bezirk haben nicht nur kräftige Holz 
gewächſe, wie die Zwergpalme, der Lorber, die Myrte, der Öl- und 
Granatbaum, der Feigen und Storaxbaum u. a. den Klimawechſel über 
Dauert, Jondern auch zartere Gewächſe, wie die Aasblume, der Jasmin, der 
Akanthus. Noch zahlreicher finden ſich die Reſte der Iropenzeit auf der 
Azoren, Madeira ımd den Banaren 13. B. der befannte Drachenbaum, 
der einer anf Zidarabien, Zofotra nnd Abeſſinien beichränften Spezies 
am nächſten verwandt ft), denn dieſe Inſeln waren dem Einfluß der fun 
tinentalen Klimaänderungen völlig entrückt. 

In Nordamerika macht ſich ein ſtarker Gegenſatz zwiſchen den atlan 
tiſchen und pazifiſchen Ländern bemerkbar. Die größere Hälfte der kali 
forniſchen Arten iſt endemiſch: auf die außerordentliche Entwickelung der 
pazifiſchen Coniferen wurde ſchon an einer früheren Stelle (S. 407) auf 
merkſam gemacht. Much von den Laubhölzern gehören 27 Arten nur dem 
Oſten, 13 nur dem Weſten an, und nur 30 Find beiden Teilen gemeiman. 
Schon frühzeitige klimatiſche Unterschiede Scheinen auf den Entwidelungsgang 
beider Floren eingewirkt zu haben, und dazu fommt nod), daß die einitigr 
Waſſerbedeckung der weltlichen Zteppen und ſpäter das trodene Klime 
derſelben einen Austanſch der Pflanzen verhinderte, 

Dagegen Steht die ‚Flora der atlantischen Staaten der Union in innigen 
Beziehungen zu der Uftaftens. Wir jeher bier ab von den identricen 
Arten in beiden Gegenden, Die außerdem auch im arktiſchen Gebiete Ichen 





Die geographifche Verbreitung der Organismen. 417 


und aljo auch unter den gegenwärtigen Verhältniffen über die enge Berings⸗ 
ſtraße gewandert fein fonnten. Anders verhält es ſich mit jenen 140 
Spezies, die einerjeit3 im öftlichen Ajien oder auch auf dem Himalaya und 
anderſeits in Nordamerika und zum Teil nur in der öftlichen Hälfte diejes 
Kontinentes gefunden werden, und deren Wärmebedürfnis zu groß ift, als 
daß fie in der Gegenwart eine Wanderung über die Beringsftraße hätten 
mternehmen können. Ihre Verbreitung mußte daher vor der Glacial- 
periode erfolgt fein, und zu einem ähnlichen Schluffe gelangen wir in be- 
zug auf jene (ca. 140) ojtafiatiichen Pflanzen, deren nächſte Verwandte 
Nordamerika bewohnen, und zwar von ca. 110 Arten nur das öftliche und 
von 7 nur Das weitliche Gebiet. Engler nimmt an, daß die Urformen 
derſelben einft weiter im Norden lebten, daß ein Austaufch derjelben über 
die Beringsſtraße ftattfand, und daß fie dann in der Urheimat ausftarben, 
während im den jegigen Verbreitungsbezirten vilariierende Arten fich aus⸗ 
bildeten. 

Die neue und die alte Welt berühren fi) an der Beringsenge und 
gehen nad) Süden immer weiter auseinander. Diefe geographiſche An- 
ordnung jpiegelt fich in den Floren beider Landfeften wieder. Auf die 
beiden cirfumpolaren Gebiete, den arktiihen und den Nadelholzgürtel, folgen 
‚slorengebiete, die troß aller Berfchiedenheiten doch auch einige gemeinfame 
Elemente befigen, und endlich die jo ſtark fontraftierenden tropijchen Reiche. 

$ 329. Dan fjollte erwarten, an den drei Siüdenden des Feſtlandes 
vollftändig differente Floren zu finden; aber merfwürdigerweile ift Dies 
nicht der Fall. Auftralien bejigt eine eigentümliche Flora, zu deren be- 
tannteften Formen die Eukalypten, Cafuarinen oder Steulenbäume, Grasbäume 
u. j. w. gehören. Im allgemeinen fommen bier 425 endemifche Gattungen 
ron Gefäßpflanzen vor; anderfeit3 fehlen 24 Familien, die fich über beide 
Demilphären, und 7, die ſich nur über die ſüdliche Hemilphäre ver- 
breiten. Alle diefe Umſtände weiſen darauf Hin, daß Auftralien ſchon jehr 
frühzeitig von dem übrigen Feſtland getrennt ift. Der Gefamtcharatter der 
‚slora ift auf dem ganzen Kontinent derjelbe, aber in den Detail® weichen 
die einzelnen geographilchen Provinzen wejentlich von einander ab. In Nord- 
und Iitauftralien beträgt die Öefamtzahl der endemiſchen Arten über 40 Pro- 
zent; unter den anderen Arten herrichen die tropischen, beſonders die in- 
Diichen Gewächſe vor. In Viktoria, Tasmanien und Südauftralien ift der 
Endemismus am wenigften ausgebildet, und die Flora fteht in inniger Be- 
ziehung zu der von Neufeeland und der füdlichen gemäßigten Zone über- 
haupt. In Weftauftralien endlich find */, aller Pflanzen eigentümlich. 
Kein kontinentales Land von gleicher Ausdehnung kann ſich in bezug auf 


eudemische Erzeugniſſe mit dieſem Gebiet mefjen, ja nicht einmal eine 
Expan, Pinufiihe Erdkunde. 


Außertropiiche 

Slorengebiete 

der Sübhemi. 
fpbäre. 


418 Ichntes Kapitel. 


ozeaniſche Inſel mit Ausnahme von Zt. Helena. Es muß aber hervar- 
gehoben werden, daß in Weſtanſtralien ferne Familie vorfonmmt, Die nicht audı 
im übrigen Auſtralien zu finden wäre; dagegen fehlen zahlreiche oftawitre: 
liche Familien, beſonders ſolche, die auf größere Feuchtigkeit Anſpruch 
machen, während die übrigen nur reichlicher entwicfelt find. Weſtauſtralien 
verhält ſich alle zum übrigen Kontinent wie eine Inſel, und eine jolde 
war es auch in der Kreide- und vielleicht auch noch in der Tertiärperiode, 
allo zu einer Zeit, als Anſtralien mit den übrigen Ländern der ſüdlichen 
Halbfugel und mit der. Tropenzone Pflanzen austauſchte. 

Am Kap der guten Doffmung finden wir anf beichränftem Arcal 
eine merhoürdige Pflanzenwelt, die ebenfalls Zeichen eines hohen Alters 
an ſich trägt. Sträucher aus dem Familien der Ericaccen, Proteaceen, 
Diosmeen, Brumiaceen ꝛc. berrichen vor, und eine Menge von Yilien:, 
Orchideen und Irisgewächſen mit herrlichen Blüten fallen dies Ländchen 
faft als einen Ziergarten erſcheinen. Von 545 Gattungen Tommen nur 
256 auch im übrigen tropiſchen Afrika vor; alle anderen find endemiſch. 
In Ziidamerifa wurde das jimge Gebiet der Pampas und von Pata 
gonien hanptjächlich von Pflauzen der tropischen Andes und Braſiliens 
befiedelt, dagegen zeigt das chileniſche Waldgebiet neben ſtark entiwidelten 
Endemismus auch Beziehungen zu den Floren von Auſtralien und Nun: 
jeeland. Nach Engler ıft die Zahl der identischen Arten: 


in Neuſeeland und Auſtralien . . . . . 
in Neuſeeland, Auſtralien, auf den füdlichen Inſeln oder in Sid: 
anterifa. . . . X 


nur in Neuſeeland md auf den ſüdlichen Juſeln oder in Süudamerika 84 
Dazu kommen noch 27 verwandte Arten in Auſtralien, Neuſeeland und Sud— 
amerika, und 14, die nur auf die beiden letzteren Gebiete beſchränkt ſind. 
Neuſeeland mit ſeinen kleinen Inſeltrabanten beherbergt alſo neben ſeinen 
eigentümlichen Formen, die 61-4 Prozent ſeiner Flora bilden, noch Formen 
von großer Verbreitung in der antarktiſchen Welt. Schon früher wurde 
Daranf hingewieſen, daß der Wald der Amſterdam-Inſel vollſtändig 
überemftinmt mit dem Krummholz von Triſtan d'Acunha, und Die 
Flora Diefer Inſel zeigt wieder Verwandtſchaft zu der auftraliichen, mei 
ſeeländiſchen und ſüdchileniſchen, ebenſo wie die der Kerguelen zu den 
beiden letztgenaunten. 

Die vorwiegend den mittleren Breiten der Südhalbkugel angehörigen 
Florengebiete zeichnen ſich aſſo aus: 1) durch ausgeprägten Endemismus. 
der auf hohes Alter und lange Molterung hinweiſt: 2) durch den Beſitz 
von Formen, welche (da eine Benntzung der Yandivege nicht angenommen 

erden kann) weite ozeaniſche Wanderungen ausgeführt haben müſſen. 


Die geographiſche Verbreitung der Organismen. 419 


| 330. Auf Grund umfafjendfter Unterfuchjungen teilt Engler die Wtorifiige 
trodene Erdoberfläche in vier Florenreiche: 1) das außertropijche Reich — 
der nördlichen Halbkugel, 2) das tropiſche Reich der alten Welt, 3) das 
ſüdamerikaniſche Reich, 4) das altozeaniſche Reich. Nur gegen das letztere 
laſſen ſich gegründete Einwendungen erheben, und Drude bemerkt in 
bug darauf folgendes: „Ein kritiſcher Punkt von höherer Bedeutung iſt 
zur die Konftituierung des vierten, altozeanifchen Florenreichs, weil dieſes 
ch ganz anders verhält, als das nördlich-ertratropifche Florenreich; durch) 
letzteres geht ein ftarfer Zug von gemeinſchaftlicher Entwidelung und Ber- 
vondtfchaft; eine — wenn auch oft durch Übergangzfloren verwifchte — 
Grenzlinie deutlicher Art trennt dasjelbe von den beiden tropischen Floren- 
reihen. Dagegen haben letztere große Verwandtichaft mit den geographifch 
ih an fie anjchließenden Gebieten des ſüdlichen, altozeanifchen Floren— 
teichs, fo ſehr, daß oft die Semeinjamfeiten der einzelnen Teile 
de3 legteren zurüdtreten gegen die VBerwandtichaften mit den 
zördlich daran angrenzenden Zropengebieten.” 

In bezug auf das Alter und die Entwidelung der Floren laſſen ſich 

unterjcheiden : 

1) Die alten Floren: 

a) die tropiichen Kontinentalfloren, die jeit der Tertiärzeit ſich un- 
geitört entwideln konnten; 

b) alte Infelfloren, zu denen wir die auftraliiche und Kapflora 
zählen. 

2) Miichfloren in Ländern, deren Klima fich feit der Tertiärzeit 
allmählich geändert hat, wo aber die Entwidelung nicht ganz unter- 
brochen wurde (Mittelmeergebiet, Oſtaſien, atlantiiche Staaten von 
Nordamerika). 

3) Zunge Floren der Länder, welche nach der Tertiärzeit mit Eis 
oder Waller bededt waren: 

a) Floren, welche ganz entlehnt find (3. B. die des norddeutichen 

Tieflandes); 
b) Floren mit eigentümlicher Entwidelung (Steppenfloren). 
$ 331. Einer furzen Auseinanderjegung bedürfen noch die Floren der Alpine Flora. 

alpinen Region. Erhebt fih ein Gebirge, jo wird es zunächſt von 
Filanzen der umgebenden Niederung befiedelt; es entjtehen, den veränderten 
tlimatiſchen Berhältniffen entjprechend, Varietäten, oder ältere Varietäten 
“nden im Gebirge bejonders günſtige Eriftenzbedingungen und können fich, 
wie die erfteren, im Laufe der Zeit zu Arten befeftigen. Jede Hochgebirg3- 
Tora — dies ergiebt die theoretifche Betrachtung — muß alſo aus zahl: 
reichen endemifchen Elementen beftehen, die aber mit der Flora des benach— 


27” 


420 Zehntes Kapitel. 


barten Tieflandes eng verwandt ſind. So verhält es ſich in der That audı 
mit der Flora Abeſſiniens, des Camerungebirges, des Kilimandſcharo, und 
der Gebirge von Auftralien, Tasmanien und Neuſeeland. 

Betrachten wir dagegen die Hochgebirgsflora unſerer Alpen etwas näher. 
230 Arten, allo ca. 33 Prozent aller Pflanzen, find nach Chriſt nordiicer 
Urjprumgs, und davon kommen 130 in Skandinavien und Nordafien, 54 
(darunter 3. B. das bekannte Edelweiß) in Nordaſien, aber nicht m Skandi 
navien, 16 nur im Nordeuropa und 30 nur im Nordamerifa vor. Als die 
Heimat der Mehrzahl diefer alpinen Fremdlinge bezeichnet derjelbe Pflanzen 
geograph die gemäßigte Zone von Nordaften und von Nordamertfa; dern 
wäre es der arftiiche Gürtel, jo Tiefe es ſich kaum erklären, warım n&ı 
92 von jenen Pflanzen eine cirkumpolare Verbreitung haben. 

Es entsteht nun die Frage, wie ein Pflanzenaustauſch zwiſchen wen 
entfernten Gebirgen oder zwiſchen ſüdlichen Gebirgen und arktiſchen Ebenen 
ſtattfinden konunte. Solche Wanderungen konnten zu einer Zeit ausgerühr 
werden, als die dazwiſchenliegenden Landſtriche eine ähnliche Flora beher— 
bergten und ein ähnliches Klima beſaßen, wie jetzt die Hochgebirgsregionen. 
Wir begegnen alle auch bier wieder den Spuren der Eiszeit. Als Das 
Klima wieder wärmer wurde, drangen von allen Zeiten andere Pflanzen 
elemente in die nordeuropäiſchen Niederungen vor, und Die Glactalflor 
verschwand endlich aus der Ebene, denn ſie ſcheut nichts Yo Sehr, als die 
donkurrenz mit Bäumen, gerelltg wachſenden Sträuchern und raſenbildenden 
Gräſern. Daher reicht Ste noch jeßt in Hochgebirgen an jenen Stellen, wo 
ihre Feinde nicht fortkommen, z. B. in den Stiesbetten der Flüſſe, in tieier: 
Regionen herab; ja ſogar in den Mooren und Heiden der dentſchen Ebenen 
hinterließ fie noch einige Spuren. Much im deutichen Mittelgebirge, im 
Jura, Schwarzwald und Wasgenwald, im bayerischen Wald, in den Sudeten 
md im Marz Fonnten ſie Wald und Wiete noch nicht völlig verdrängen: 
aber überall, wo die Viehzucht Dircch Düngung des Bodens den Graswuchs 
befördert, ift Ste cbemo im Verſchwinden begriffen, tote im den Mooren, wi 
künſtliche Entwäſſerung den Boden für nene Pflanzenanſiedelungen vorbereitet. 

abe verwandt mit der alpinen Flora der Alpen ſelbſt iſt die der 
Karpathen, Pyrenäen und nördlichen Apenninen. Je weiter wir nach Süden 
fortſchreiten, deſto ſeltener werden die Glacialpflanzen. In Griechenland it 
die Hälfte der alpinen Flora endemiſch, 46 Prozent hat es mit den benach— 
barten Gebirgen oder mit den Alpen gemeinſam, und + Prozent ſind glacial. 
Im marokkaniſchen Atlas Finden ſich nur mehr jehr wenige für die Alpen 
und Pyrenäen charakteriſtiſche Pflauzen und nur mehr eine Glacialpflanze. 
Die Gebirge des tropiſchen Afrita haben, wie bereits bemerkt wurde, ihre 
eigene Flora. 


Die geographiſche Verbreitung der der Organismen. 421 


Stacialpflangen bewohnen auch die centralafiatiichen Gebirge. 75 finden 
ih noch auf dem Himalaya, wovon 45 auch in den fibiriichen Gebirgen 
und im arftifchen Gebiet, und 27 auch in den mittleren europäiichen Hod)- 
schirgen vom Kaufafus bis zu den Pyrenäen vorfommen. E8 ift natürlich 
ht in allen dieſen Fällen anzunehmen, daß das dazwiſchen Tiegende Land 
und Dasjelbe gilt auch von Südeuropa) mit einer arktiichen Flora bededt 
war. Alpine Pflanzen können einerjeitS auch im wärmeren Klima gedeihen, 
wenn fie nur vor ftarker Konkurrenz geſchützt find, und anderfeits konnten 
tie auch über nicht allzu weite Zwiſchenräume von Gebirge zu Gebirge 
transportiert werden, ohne die Ebene zu berühren. Daraus erklärt fich 
das zerjtreute Vorkommen europäischer Pflanzen-Arten und -Gattungen auf 
den Höhen von Seylon und auf den Bulfanfegeln von Java; und noch 
leichter tonnten ſolche Wanderungen auf dem faſt ununterbrochenen meridio- 
aalen Hochgebirgäwall von Amerifa ausgeführt werden. Auf den Rody 
Mountains finden ſich Glacialpflanzen in größerer Anzahl nur bis 370 N., 
ıber es fommen folche auch in Merico vor, und’auf den Jüdamerifanijchen 
Andes gehören einige Gewächſe arktiich-alpinen Gattungen, wenn aud) 
verihiedenen Arten an. Eine bemerkenswerte Ausnahme davon machen 
'entiana prostrata an der Magalhaẽësſtraße und Trisetum subspicatum, 
das ſich bis zu den antarftiichen Inſeln verbreitet Hat. Das ift der einzige 
Fall von Wanderungen von Glacialpflanzen über den Äquator hinaus. 
sm öftlihen Nordamerifa find fie nur bis zu den weißen Bergen in 
Nav Hampihire, alfo nur big zum 44. Parallel vorgedrungen, aber hier 
machen fie noch 77 Prozent der alpinen Slora aus. 

$332. Wir haben gejehen, daß die gegenwärtige Verteilung der Pflanzen 
ın deren Entwicdelungsgeichichte begründet iſt. Diefe ift aber noch nicht ab- 
geichloffen, und auch die Verbreitungsgrenzen ber Arten verfchieben fich noch 
'ortwährend. Eine ber merfwürdigften Veränderungen ift der ſäkulare 
Baldwechjel, der für viele Gegenden Europas und Afiens außer allen 
Zweifel gefept it. In Graubünden dringt die Fichte fiegreich gegen 
die Yärche vor, und hier, wie im Jura, ift fie auch mit Erfolg beftrebt, 
der Buche den Pla ftreitig zu machen. Man ift der Anficht, daß bie 
Buche früher in gleicher Weife an die Stelle von Eichen, Führen und Birken 
getreten ift, denn dieſe Bäume kommen jeßt nur mehr vereinzelt und in 
erfümmerten Eremplaren in ben Schweizer Gebirgen vor. Für die bänifchen 
Inſeln ift übrigens diefer Borgang fichergeftellt; dort, wo jetzt Buchenwälder 
ih ausdehnen, war der Boden einft mit Birken in Gemeinfchaft mit Eichen 
und Kiefern beftanden. In Weſtpreußen verdrängt die Kiefer die Eiche 
und Birfe, im ruſſiſchen und fibirifchen Nadelholzwald erobert die Birke 
in Rußland im Verein mit der Eſche) immer größere Areale. Die 


Moderne Ber- 


änderungen, 
Säfularer 
Waldwechſel. 


Verauderungen 
dir. den 
Monichen. 


422 Zehntes Rapitel. 


Urtachen dieſer Erſcheinung ſind noch keineswegs genügend aufgeklärt. Ehriſ: 
bezeichnet dieſen Vorgang als eine natürliche Brachwirtſchaft, indem Der 
Boden, jahrhundertelang durch gewiſſe Pflanzeugattungen ausgeſaugt, dieſen 
endlich nicht mehr die nötigen Exiſtenzmittel gewähren kann, wohl aber 
anderen Gewächſen, die andere Anſprüche an ihren Standort ſtellen. 

83333. Die auffallendſten Verändernugen, Die im Laufe der hiſtoriſchen 
Zeit in der Verbreitung dev Pflanzen ſtattgefunden haben, ſind aber dire 
oder indirekt ein Werk des Menſchen. Die Phyſiognomie alter iulturlaner. 
wie Chinas, Der hinduſtaniſchen Ebene und des Mittelmeergebietes bar ſich 
gründlich geändert, aber kaum minder die jüngerer Kulturländer, wie des 
übrigen Europas, Weſtindiens, dev öſtlichen Staaten von Nordamerika u. a.. 
wo Die kürzere Dauer des menſchlichen Einfluſſes durch die Energie der 
Arbeit aufgewogen wid. Anch viele ozeaniſche Inſeln, wie Madeira, di: 
Canaren, Zt. Helena, Die Comoren, Masfarenen u. a. haben ſeit ihrer 
Koloniſation ein völltg nenes Pflanzenkleid angezogen. Faſt überall beganr 
Die Thätigkeit des Kulturmenſchen mit der Ansrodung der Wälder, ar 
deren Stelle aber nicht immer Kulturland, ſondern nur zu häufig auch Ein 
öden traten. In Europa! iſt nur der nordruſſiſche Wald noch zum großtern 
Teit unberührt: im Gouvernement Olonez bedeckt er noch SO md um 
(Gonvernement Wologda noch 92 Prozent der Geſamtfläche, und dieſe Ber 
hältuiszahlen dürften wahrſcheintich auch auf das ſibiriſche Waldgebie: 
anwendbar ſein. 

Eine Vermiſchung der Floren iſt die unausbleibliche Folge dur 
Allgegenwart des Menſcheu. In den Mittelmeerkändern gedeihen jietzt trefilich 
Die amerikaniſchen Kakteen und Agaven, Die afrikauiſche Aloe und die auſtra 
liſchen Eukalypten: namentlich die letzteren, Die erſt IS54 eingeführt wurden 
und ſchon jet über die meiſten Mintenftriche, bei deren Entſumpfung ſie 
ausgezeichnete Dienſte leiſten, Nich verbreiten. Die Savauen von Weſtindien 
ſind nicht mehr im urſprünglichen Zuſtand erhalten, ſeit das Guinea- und 
Paragras zur Verbeſſernng Dev Weide eingeführt wurde. Südeuropäiſche 
Gewächſe haben ſich zwiſchen die Gräſer der Pampas eingedrängt, und die 
Artiſchockendiſtel, deren Samen zuerſt um Das Jahr 1769 in den Haaren 
eines Eſels aus Spanien hierher gelangte, bildet bereits auf Flächen von 
mehreren hundert Quadratkilometern zuſammenhängende undurchdringliche 

Nach Tonmer's Angabe beträgt hier die Waldfläche in Prozenten des Oi 
ſamtareals: 


Großbritannien 3-2 Griechenland 10.4 Schweiz 19. 4 Schweden vu 
Tünemart 4-0. Beldien 11-1 Stalten u TS fterreich 35 
Niederlande 5-8 Frankreich 15.8Teutſchland 25.7 Norwegen syel 
Zpanien 0.0. Mamäntn 15-0 Ungarn 26.7 Rußland en 


Die geographiſche Verbreitung der Organismen. 493 
Tidichte von mehr ala Manneshöhe. Zahllofe fremde Unkräuter find mit 
den Rulturgewächjen nach Nordamerika, bejonders in die atlantiichen Staaten 
engewandert; der gemeine Natterfopf hat 3. B. in manchen Gegenden von 
Vnginien die einheimiiche Vegetation völlig verdrängt. Dasfelbe ift in 
Auſtralien der all, wo in der Umgebung von Sydney ſchon über 100 euro- 
niche Pflanzenarten, darunter viele jchädliche Unkräuter, ſich anſäſſig ge- 
macht Haben. Wie die Kolonijation, haben auch die Kriege ftet3 zur Floren— 
vermijchung beigetragen, und der raſch puljierende Verkehr der Iebtzeit 
beichleunigt diefen Prozeß außerordentlich. Beſonders bemerfenzwert ift 
die Thatjache, daß entlang den Eifenbahnlinien neue Gewächle auftauchen, 
und zwar nicht bloß an den Ausladeftationen, jondern merhvürdigerweije 
auch da, wo die Bahn Kurven beichreibt. Welche Dimenfionen dieje Pflanzen- 
verichleppung annimmt, geht ſchon daraus hervor, daß auf der Strecke 
Augsburg⸗Haspelmoor gelegentlich der Getreidetransporte 1868—80 44 neue 
Thanerogamen in die Flora eingeführt wurden.! 


Die Nubpflanzen. 


$ 334. Ungleid) wichtiger find die Veränderungen, Die der Menid) 
durch Züchtung und Veredelung von Pflanzen, welche ihm zur Nahrung 
und Bekleidung, als Genuß- oder Heilmittel dienen, bewirkte. „Es it“, 
jagt Unger, „eine auf feine Weiſe in Abrede zu ftellende Ihatfache, daß 
fait feine einzige jener Pflanzen, deren Teile ald Nahrung verwendet werden, 
in ihrem urjprünglichen Zuftande angenehm und wohlfchmedend war. Ihr 
vielfältiger Anbau, die Verbreitung auf Teile der Erde, die ihrer Urfprungs- 
jtätte ferne lagen, ihre ſorgſame Pflege und die der Natur abgelaufchten 
Tperationen, wodurch fie jelbft Veränderungen in Größe und Bejchaffenheit, 
in Gewebe und chemischer Konftitution hervorbrachte, haben nach) und nad 
eme Anzucht herbeigeführt, die von der urſprünglichen Bejchaffenheit in 
dem Grade abweichen mußte, ald die Hand des Menjchen über jie wachte. 
Ahr danfen wir es, daß das Getreide, die Knollengewächſe nahrhafter, die 
Gemüjearten und das Obſt wohljchmedender geworden find.“ 

Allerdings ift es zunächſt Aufgabe der Anthropogeographie, fich mit 
den Kulturgewächſen zu beichäftigen, aber wir können uns nicht verjagen, 
anfeinige wichtige Punkte hinzuweiſen, welche unjere bisherigen Augeinander- 
jegungen ergänzen follen. Zwei bedeutungsvolle Gegenjäße treten uns da 


I Diefe Angaben verdankt der Verfaſſer der gütigen Mitteilung des Hrn. Prof. 
N. Kirchhoff. 


Kultur: 
gewaͤchſe. 


Cerealien. 


424 Zehntes Kapitel. 


vor Augen: der Kontrast zwiſchen den Tropen und Bolarländern, 
der aber durd) allmähliche Übergänge ausgeglichen wird, und der Gegen: 
Ja zwijchen der alten und neuen Welt, dem erjt Die neuzeitliche 
Kulturentwickelung der europäiſchen Menſchheit verwiſchte. 

8335. Weitaus Die wichtigſten Nahrungspflanzen ſind die Getreide— 
arten, deren Anbau die Grundlage jeder höheren Geſittung iſt; unter dieſen 
ſind wieder der Reis und Mais, der Weizen, der Roggen und die Gerſte 
am verbreitetſten und Die eigentlichen Ernährer der anſäſſigen Men'chheit. 

Der Reis, deſſen Heimat wahrſcheinlich Indien iſt, der ſich aber ſchon 
im hohen Altertum über die Kulturländer Süd- und Oſtaſiens verbreitete, 
iſt nach Rein für wenigſtens ein Drittel des Menſchengeſchlechtes die vor— 
wiegende tägliche Speiſe. Die Araber brachten ihn nach Vorderaſien, 
Europa und Afrika, und die Engländer und Portugieſen nach Amerika,. wo 
ev namentlich in Südcarolina und in Brafiltien große Bedentung erlangt. 
Zein großes Wärmebedürfnis beſchränkt ihn auf jene Gegenden, die ihm 
während ſeiner halbjährigen Entwicelungszeit eine Mitteltemperatur von 
wentajtens 20°. gewähren fünnen. In der alten Welt erreicht er daber 
mir ſtellenweiſe den 45. Nordparallel, in Anterifa aber nur den 38. um 
auf der Südlichen Hemiſphäre überſchreitet ev nur jelten den Wendekreis. 
Sein außerordentliches Feuchtigkeitsbedürfnis, das nur eine Ichlechtere Abarı, 
der Bergreis, wicht teilt, macht überdies jeine Kultur nur in den Wide 
rungen möglich, wo die Felder Leicht bewwätlert werden fünnen. Weniger 
empfindlich iſt ſein amertfantcher Vertreter, der Mais, die einzige Getreide 
art der neuen Welt, die fid) in bezug auf Verbreitung mit den Cerealien 
der Oſtfeſte meſſen kann. Bald nach der Entdeckung Amerikas gelangte 
er im die Meittelmeerländer, nach Oſtaſien und nach Afrika, wo er Das 
wahricheinfih aus Indien ſtammende und von den Arabern eingeführt 
Sorghum (Durrha oder Mohrenhirſe) ganz zu verdrängen droht. In Europa 
gedeiht er nur Jüdlih von SO" B. und nur am Rhein noch unter dem 
52. Warallel, während er in feiner Heimat ſogar noch am Red River. 
alfo unter 55" B. troß des rauheren Klimas mit beiten Erfolg angebaut 
wird. Tiefer Vorzug kann Amerika auch nicht durch die Kultur gerandt 
werden, denn jener nordiſche Mais befteht aus Abarten mit kürzerer Vege— 
tationsdaner, Die eine Verpflanzung in fremde Erdteile nicht dulden. Neben 
Reis und Mais ift noch der Weizen, die edeljte aller Gerealien, auf die 
wärmeren Gegenden beſchränkt, flieht aber anderſeits auch große Hitze. 
daher er in den Tropen nur im Bereich des Seeklimas oder in größerer 
Höhe angebaut wird. Aus Vorderaſien ſtammend, hat er ſich ſchon in 
vorgeſchichtlicher Zeit über die beuachbarten Länder verbreitet, und in der 
Neuzeit ſeinen ſiegreichen Einzug in Amerika gehalten, wo er in den Ver 





Die geographiſche Verbreitung der Organismen. 425 


cmigten Staaten von 1849—80 um mehr al3 9 Längengrade nach Weiten 
porgerüdt ıft. Im Madenziegebiet reicht fein Anbau nad) Macaun bis 
zu 620 B. (Hort Simpjon); in der alten Welt betritt die Bolargrenze des 
Ninterpeizeng die norwegische Weſtküſte unter 65°B. und finkt in Schweden 
urd im weftlichen Rußland auf 60, und am Ural auf 58° 8. herab. Auch 
ın den mittleren Breiten der Südhemilphäre begegnen wir feiner Kultur 
uüberall, in Biktoria und Südauftralien, im Kapland, bei Buenos Aires, 
deſonders aber in Chile. Weniger Wärme, ala der Weizen, beanfprucht 
tr Roggen, der für das nördliche Europa und Aſien der wichtigfte Brot- 
lieijerant iſt, und am weiteſten gegen die Pole dringt die Gerſte vor. Nur 
en der ſtandinaviſchen Weftküfte fällt unter dem Einfluß des Golfitromes 
Sie Öetreidegrenze mit der Baumgrenze (70° 3.) zufammen, dann aber 
entjernen fich beide Linien beträchtlich von einander, indem die erjtere am 
botmiichen Meerbuſen auf 65° finft, von da bis zum Ural zwijchen 65 
und 66%, und in Sibirien zwifchen 61 und 62° liegt, dann entlang dem 
razifiſchen Grenzgebirge nach Süden zieht, um die öftliche Küfte, deren 
Sonmmertemperatur durch das Auftauen des ochotsfilchen Meereifes ſtark 
imiedrigt wird, erſt unter 50° 3. zu berühren und in Kamtichatfa bis 
3° wieder anzufteigen. Im Gebiet des nordamerifaniichen Kontinental- 
mas reicht Die Öetreidegrenze bis 65° B., denn bei Fort Norman am 
Wadenzie gedeiht die Gerjte no) in guten Jahren. Der Sommer ijt hier 
hihler als an der fibirifchen Getreidegrenze, aber der Boden, deſſen felfige 
Unterlage bald erreicht wird, taut bis zu größeren Tiefen auf und ift daher 
wärmer. Bon Labrador jchließt diejelbe Urjache, welche die Baumgrenze 
to weit herabdrüdt, auch den Getreidebau aus. Aber während font 
überall die Kartoffel fich nicht mehr dem Pole nähert, al3 die Gerfte, fommt 
Ye nach Miffiongberichten noch in Hebron an der Dftküfte von Labrador 
>83.) vor. Grönland und Island liegen jenjeit3 der Getreidegrenze, Die 
‚aroer aber noch innerhalb derſelben. Dasſelbe ift der Fall mit den Süd— 
!ontinenten, denn nach Cunningham wird bei Bunta Arena noch Roggen 
und Gerſte gebaut. Und doch ijt hier der Sommer bejtändig trüb und der 
zarmfte Monat hat nur eine Durchchnittätemperatur von 10 -7°. Die Magal- 
haesſtraße gleicht Hierin den Färöer, fteht aber weit hinter dem getreidelojen 
Nerdfibirien ! zurüd. Aber hier iſt der Boden nur oberflächlich aufgetaut und 
die frühzeitig eintretenden Nachtfröfte gefährden die Exiſtenz der Cerealien. 

Daß aber doch unter ſonſt gleichen Berhältnifjen die Sommerwärme für 


! Temperatur des wärmiten Monat? in Berejom (Weſtſibirien 6403.) 16-7°, in 
turndanst (Mittelfibirien 66° 3.), wo die Gerſte nicht mehr reift, 15- 6°, und in Wercho⸗ 
szet (x Ätübirien 67/, 0 B.) 15-49. 


426 Zehntes Rapitel. 


den Getreidebau entjcheidend ut, beweiſen deſſen Höhengrenzen, über die 
uns nachſtehender Auszug aus der Tabelle von Berghans Auiſchluß gieb: 










Europa: | 
Morten . . 64“ B. W. 340. O. 3401. 
Schottland . . W 37 370. 
Sudeten.. 43 50 H0—17T0, 
Wasgenwald.... . . . 48 +10. 
Schwarzwald . nn 48 1140. | 
IR 2 2 U . . . . 44 1200. 
Weſtalpen. . . . . 44-47 1100— 2050, | 
Sjtalpen. 2220202. oo. 45 — 48 ONU-- 188), 
Jyrenän . 20200. on 42, N. 1625, S. Ir, | 
Apennin. . . nn 42 1580, 
N . . ... . . . . 3735 Se 1169, S. 17557. | 
Sierra Mevada. . . . . . . 37 M. 1830, S. 2400. 

Centralaſien: 

Oitliches Sajangebirge.. . SIT. 1520 — 16200 ın. 


N N . 44.7 1046. 
Renlun.. 36 2956. 
Karakorum... — 331, 4100. 
Solana 3s 3500, 


Amerikaniſches Hochgebirge: 


——— —— — — — — — — — 


Felſengebirſe .. . . . . re EZ 1520 m 

Mexito . . . nn 10 . 3050. 

Coſta Mia. 10 = 2600. 

Columbia. . . . nn 5 = 300, 
Quito... . . 3484 örtliche Kette. 






Bolivia. 1. 16 S. 3400. 







Peru... 1 19.8 - 4270. 
Chiſe. —24 W. 3480, I. Doom. 






= . . 33 . 1700. 





Norwegen und Schottland zeigen ums, wie das trübe Seeklima Die Ge— 
treidegrenze in derſelben Weiſe, wie die Baum- und Schneegrenze, herab 
drückt. Daher ſteigt auch der Cerealienbau nirgends ſoweit im Gehira 
hinan, als im fontinentalen Klima von Aſien und in der regenloſen Jom 
der Andes, wo er allem 4000 m überschreitet; aus demſelben Grund 
Liegt feine Grenze im Armenien am Wanſee und Bingöl-Dagh 2100 m, m 
umwölkten Keſſel des Goktſcha aber nur 1790 m hoch. In den Wo 
ſenkt ſich im allgemeinen Die Grenzlinie in öftficher Richtung, weil Die vor 
Nachtfröften freie Zeit im Oſten fürzer it, als im Weiten. Auch di 
Bauart des Gebirges iſt von entscheidenden Einfluß, denn davon ba 


7 


unter ſonſt gleichen Verhältniſſen die Erwärmung des Bodens ab. Ti 


427 
Himatiiche Begünftigung der rhätiichen Maſſenerhebung drückt fich deutlich 
in der abnormen Höhenlage der Getreidegrenze aus, die im Oberengadin 290, 
im Cberhalbjteiner Thal 200, im Rheinwalder 180 und im Davoger 110 m 
uber die Getreidegrenze im unteren Rheinthal anfteigt. 

$ 336. Außer den Körnerfrüchten geben auch einige Knollengewächſe 
Mehl, aber die fulturgefchichtliche Bedeutung der lebteren ift viel geringer, 
mil jie weniger Pflege bedürfen und daher nicht im gleichen Maße, wie das 
Getreide, erziehend auf den Menſchen einwirken. Nur die Kartoffel, neben 
dem Mais das wichtigfte Geſchenk Amerifas, hat eine Weltverbreitung, 
wenn fie auch nur in den gemäßigten und fälteren Zonen al3 das „Brot 
ter Armen” eine große Bedeutung erlangte. Wichtiger find noch die ame- 
rikaniſche Maniokpflanze und Batate und die in der alten Welt 
beimiichen Arons- und Yamswurzeln, die fich zwar über beide Hemi- 
iphären verbreitet haben, aber im allgemeinen doch nur auf die Tropenzone 
beichränkt bleiben. Ziemlich mühelos ernähren fie hier eine träge Bevöl- 
terung, der die Natur überdies noch eine Menge der köſtlichſten Baum- 
irüchte bietet. Schon auf ©. 391. wurden die allerwichtigften genannt, und 
ern längeres Verzeichnis würde den Leſer nur ermüden. An die Zone der 
mopiichen Kulturbäume fchließt fich jene der fogenannten Südfrüchte an 
im allgemeinen zwiſchen 34 und 44° Br.). Etwas weiter polwärts rück 
der Reingürtel, deſſen äußerfte Grenzen im nördlichen Teile der alten Welt 
in 51 und 28908. liegen, denn zwiſchen den Wendefreifen gedeiht die Nebe 
nur in größeren Höhen. Noch weiter gegen Norden gehen die Objtforten 
der gemäßigten Zone; nad) Jeſſen reichen Kirchen und Apfel in Weft: 
uropa big 65, in Rußland und Sibirien aber nur bis 45 und im norb- 
weitlichen Amerifa nur bis 50° B. Dann folgt der Gürtel der Beeren- 
iträucher. 

Die meilten der weit verbreiteten Fruchtbäume find afiatiichen Ur- 
iprungs. Aber auch Amerika befitt deren eine große Zahl, wie es auch 
ieine eigene wilde Rebe hat; einige tropifche Gewächfe, wie die Goyava 
und der Zuderapfel, haben fich rafch in Afien heimisch gemacht. Doch gab 
auch in diefer Beziehung die alte Welt weit mehr, als fie empfing. 

Bon den wichtigſten Genußmitteln lieferte Afrika den Kaffee, Oſt— 
oten den Thee, Amerika den Sacao und Tabak. Kaffee und Cacao find 
auf die warme Zone befchränft; der immergrüne Theeftrauch ift zwar feine 
tropische Pflanze, überjchreitet aber den 40. Parallel nicht, und nur ber 
Tabak ift größerer Verbreitung fähig. Das Zuderrohr, deffen drei Arten 
aus dem tropiichen Alien ftammen, gedeiht in Südeuropa zwar bis zum 
38.’8., ift aber doch ala ein echtes Kind der warmen Zone zu betrachten, 
wofür der gemäßigte Erdgürtel allerdings einen, aber nicht ebenbürtigen 


Die geographifde Verbreitung der Organismen. 


Andere Kultur- 
pflanzen. 





Urſprungliche 
Verbreunung 


der Nahrungé 


er 


prlanzem. 





428 Zehntes Kapitel. 


Erſatz in der Runkelrübe beitst. Fügen wir noch hinzu, daß die Gewürze, 
die einjt die Menschheit zu ebenſo kühnen Unternehmungen antpornten, w; 
Gold und Silber und die Pelztiere des Nordens, nur den Tropen ange 
hören; daß die Baummolle, der wictigite aller Pflanzenfaſerſtoffe, ur 
ſprünglich auch tropiſch iſt, wenn ihre Kultur and) nach den Erhebungen 
des Agrikulturdepartements der Vereinigten Staaten hier bis zum 43. Parallel 
mit Erfolg ausgedehnt werden kann; — jo wird untere Borftellung von 
der überquellenden Produktionskraft der Tropemvelt einigermaßen ergänzt. 
Allerdings giebt es auch hier traurige Einöden, aber mitten in den Sand 
und Steinwüſten der Sahara Liegen inſelg A Die Dajen, wo das Waſier 
in großen, Dev Verdunſtung entzogenen VBorräten ſich ſammelt, und m 
Schatten der Dattelwälder dichtgedrängt tropifche und ſubtropiſche Nultar 
gewächſe gedeihen. Dieſe, durch Trockenheit erzeugten Einöden ſind von 
ganz anderer Art, als jene der Polarzone, wo nur Treibholz einen m 
zuverläſſigen Erlaß für den Baumwuchs geavährt, wo einige Beeren, Flechten, 
Algen und Pilze die einzigen Nahrungsmittel ſind, die das Pflanzenreich 
bietet, und der ſtreifende Menſch mir auf die Tierwelt angewieſen iſt, die 
ihm Kleidung, Nahrung und Ihran für feine Yampe Liefert, welche die 
lange Winternacht kümmerlich erleuchtet. 

$ 337 Die urſprüngliche Armut der neuen Welt an Nutzpflanzen, 
die um to mehr auffällt, als Amerika in bezug auf die Geſamtzahl ſeiner 
erlangen im Verhältnis zu jeiner Größe die alte Welt vielleicht über 
trifft, iſt in unſerer Darſtellung Schon zur Genüge hervorgetreten, trogdem 
dieſe nur auf das allerwichtigſte Rückſicht nahm. Noch prägnanter kommt 
ſie in folgender, von Unger zuſammengeſtellten Tabelle, die zwar vielleicht 
in den Details einiger Berichtigung bedarf, aber im großen und ganzen 
doch ein getreues Bild liefert, zum Ausdruck: 


Geiamt, Zahl der Nabrungspflanzen 


zahl der in der ın der in beiden 
Nahrungs: öſitlichen weſtlichen gm: 

Dem: Hemi⸗ ipharen. 
ſphare. ſphäre. 


pflanzen. 


Mehlgebende Nahrungspflanzen . . . . 237 191 
Elreiche W 49 
Zuckerhaltige : nn S 52 
Säuerliche : en 21: 151 
Zulzbaltige - nn 5 122 


Zummta 770 365 


Auf der öftlichen Halbkugel iſt der auftraliiche Nontiment ſehr arm 
an einheimiſchen Nutzpflanzen, und auch Afrika kann den Vergleich mit 


Die geographilde Verbreitung der Organismen. 429 


Aſien nicht aushalten. Zieht man auf einer Karte in Mercator’3 Pro- 
jeftion eine gerade Linie von Irland big zu den Moluften, fo häufen ſich 
um diejelbe, wie Unger gezeigt hat, die meijten und wichtigften Nahrungs 
pflanzen an: die des malayischen Archipel3, von Vorder- und Hinterindien, 
von Perfien und Armenien, des Kaufajusgebietes und der Krim, von Grie— 
henland, Italien und Deitteleuropa. ine ebenfolche, nach Nordweſten 
gerichtete bromatorifche? Linie wies Unger auch in Amerifa nad). Um 
diejelbe gruppieren fich Brafilien, Guyana, Beru, Ecuador, Columbia, 
Umtralamerifa, Merifo und Weſtindien; und nur die atlantiſchen Vereins⸗ 
itaaten, die ebenfall3 ein urjprüngliches Centrum von Nahrungsgewächlen 
ſind, liegen abfeit3 von jener Linie. 


Die Lebensbedingungen der Tierwelt. 


$ 338. Ebenjo intim, wie die Beziehungen des Menjchen zur Bflanzen- 
welt, ift jein Verhältnis zu den Tieren, von denen er fich einige zu Haus- 
genojien erzogen hat, während er andere der Nahrung oder des Pelzes oder 
einer anderen Beute wegen verfolgt oder als gefährliche Feinde befämpft. 
Im übrigen erregt aber die Fauna in geringerem Grade, als die Flora, 
das Intereſſe des Geographen, denn felten tritt fie im Landjchaftsbilde 
bedeutungsvoll hervor, und fie drängt fich nicht unmittelbar, wie Die 
Begetationzformen, dem Auge des Beobachters auf, fondern will erſt ge- 
jscht werden. Dagegen ift ein anderes Moment, auf das wir bei unferen 
Betrachtungen über den Urjprung der Inſeln fchon wiederholt aufmerkſam 
machten, von hervorragender geographiicher Wichtigkeit. Die Veränderungen 
der Erdoberfläche fpiegeln fich in der Verbreitung einiger Tierklaſſen, vor 
allem der Landfäuger, getreuer wieder, ala in der Verteilung der Pflanzen, 
denen ſogar die meisten flugfähigen Tiere in Bezug auf die Verbreitungs- 
mittel nachſtehen. Es wird die Aufgabe des nächiten Abjchnittes fein, auf 
diefen Punkt näher einzugehen, während wir und diefem nur auf eine furze 
Beiprechung jener geographischen Momente einlaffen wollen, welche das Tier: 
[eben bedingen. Es find dies vor allem die Nahrung und die Wärme. 

$ 339. Im Gegenſatz zu den Pflanzen find die Tiere hauptſächlich 
auf organische Nahrung angemwiefen und daher durch die Pflanzenwelt be- 
dingt, entweder direft, wie die Pflanzenfreffer, oder indirekt, wie die Fleiſch⸗ 
freſſer. Es gilt dies ebenfowohl für die Landtiere, wie für die Tiere der 
hohen See, denn aud) die Oberfläche des Meeres entbehrt nicht des Pflanzen⸗ 


! Bpipa = Nahrung, öpos = Grenze. 


Geographiſche 
Vedeutung 
der Behre 

bon ber 
Berbreitung 
der Tiere, 


Beziehungen 
zwifchen der 
Tier · und 
Pflanzenwelt. 


430 Sehntes Kapitel. 


Lebens, wenn ſich dieſes auch nur auf Die niedrigſten Formen, auf mifre: 
ſtopiſche Algen beichränft. Wenn fich in den polaren Preiten die Sonne 
ſenkt, Jo tauchen unzählige Diatomeenſchwärme an der Oberfläche Dis 
Meeres auf, dasſelbe in einen dicken Schleim, das „Schwarzwaſſer“ 
der Nordpolfahrer, verwandelnd. Ihnen folgen, wie Th. Fuchs gezeigt 
hat, die Ruderſchnecken und kleine Krebſe, dieſen wieder zahlreiche Fiſche. 
und dieſen endlich die Räuber der hohen See, die Delphine und Walfiſche. 
In wärmeren Meeren kommen Diatomeen hauptſächlich nur in der Nabe 
von Flußmündungen vor, meiſt werden ſie aber durch Oscillarien erſestzt, 
die im indiſchen Ozean in ſo großen Mengen auftreten, daß dieſes ſtellen— 
weiſe einen ſumpfartigen Geruch annimmt. 

Es iſt auch klar, daß zwiſchen den Pflanzen einerſeits und Dem mono: 
phagen Tieren andererſeits ein beſtimmtes Zahlenverhältnis beſtehen muß, 
denn die Nahrung wird nicht völlig in Fleiſch umgewandelt, ſondern zum 
Teil unverdant ausgeſchieden, zum Teil zur Erzeugung von tieriſcher Wärme, 
ſowie zur Ausübung der tieriſchen Funktionen aufgebraucht. „Nehmen wir 
einmal — ſagt Semper — ganz willkürlich an, es ſei das Verhältnis 
zwiſchen der vom Boden erzeugten Pflanzenmenge und der durch Umſetzung 
dieſer ermöglichten Maſſe von Pflanzenfreſſern wie 10:1, to würden in 
den vorhin angenommenen Areal von 1000 Einheiten Pflanzen nur 100 Em: 
heiten (Individuen) pflanzenfreſſender Itere leben fünmen. Tas Maximum 
vom Nahrung, welche Damit den monophagen Fleiſchfreſſern geboten mare, 
wiirde nur noch 100 Einheiten betragen. ber bei der Umſetzung dieſer 
100 Einheiten tierischer Nahrung m die Organe der Fleiſchfreſſer würde 
abermals em ſehr bedeutender Verluſt entſtehen: organische Zubitanz wurde 
verbrannt, das Unverdauliche (Haare, Hufe, Börner) würde ausgeſtoßen 
werden; und wen das Verhältnis wieder To wäre, daß 10 Einheiten 
tierischer Nahrung nur eine Einheit tieriichen Körpers bilden könnten, ſo 
würden von dem Maximum von Nahrung, wie cs durch Prlanzentrener 
dargeboten wäre, höchſtens 10 Fleiſchfreſſer wirflich exiſtieren können.“ In 
dem angenommenen Falle iſt alſo das Verhältnis der Pflanzen zu den 
Pflanzen- und Fleiſchfreſſern gleich 1000: 1006: 10. Es ſtimmt damit Die 
Thatſache überein, daß unter den Wirbeltieren nur die Pflanzenfreſſer in 
großen Herden leben, während die Raubtiere ſeltener ſind und ſich meiſt 
in kleinen Familien abſondern. Es hängt ferner damit zuſammen, daß die 
Zahl der Pflanzenfreſſer mit der Üppigkeit der Vegetation gegen den Äquator 
zunimmt, went auch die Entwickelung der tropiichen Faung mit der de 
Pflanzenwelt nicht gleichen Schritt hielt. 

Es leuchtet auch ein, day Streng monophage Tiere abhängiger, als Die 

Her, vor ihrer Umgebung md und daher auch eine beichränftere Ver: 


Die geographildhe Verbreitung der Organismen. 431 


breitungsfähigkeit befiten. Einfchneidende Veränderungen in der Pflanzen- 
welt, wie ſolche fich in der Hiftoritchen Zeit auf ozeanifchen Inſeln (ſ. S. 232) 
:d in Sulturländern vollzogen, haben ſtets auch fauniftiiche Änderungen 
m Gefolge, wobei freilich nicht immer der Wechfel der Nahrung das ent- 
iheidende Moment ift. Denn abgejehen davon, find die Lebensgewohn⸗ 
kiten vieler Tiere an beftimmte Vegetationsformationen gebunden. Die 
Affen, viele Fledermäuſe, die Hiriche, die Eichhörnchen, die meiften Raub- 
vögel, alle Ktlettervögel, die meilten Tauben und Hühner u. f. w. leben 
3. B. nur im Wald, und die Vierfüßer unter denjelben können weite baum- 
loje Yandftriche nicht überſchreiten. Daß das ruſſiſche Eichhörnchen in der 
Yrım fehlt, hat daher v. Baer mit Recht als einen Beweis für das Hohe 
Alter der ſüdruſſiſchen Steppen angejehen.! Für andere Tiere, wie für 
das Zebra, das Kamel, die Giraffe, viele Antilopenarten u. |. w. bilden 
dagegen die Wälder feite Schranken, während wieder andere Tiere — es 
ı bier 3.3. an den Wolf erinnert — den Wald ebenfo, wie die Steppe 
Surchftreifen. 

$ 340. Noch eine andere Beziehung befteht zwilchen vielen Tieren und 
‘rem Wohnort. Es gereicht den Tieren zum Schuß, wenn fie fich durch die 
Färbung möglichft wenig von ihrer Umgebung abheben, denn dadurd) 
können fie ji) am ficherften der Aufmerkſamkeit ihrer Feinde entziehen. Die 
Zierfarbe der Polargegenden ift daher weiß, die der Wüſten ifabellgelb, 
die der Steppen bunfelgelb; auf Felſen lebende Tiere find grau gefärbt; auf 
zleiche Weiſe find die grünen Vögel und Inſekten der Tropenwälder ge- 
ichützt. Selbjt die gewaltigen Raubtiere, die außer dem Menfchen feinen 
Wegner zu fürchten haben, tragen die Farbe ihres Wohnortes, denn Diele 
nacht es ihnen möglich, fich unerfannt dem arglofen Opfer zu nahen. Der 
Yöwe, der König der Steppe, ijt gelb, und der Tiger zeigt jogar Die 
Rohrſtängel der Bambusdidichte in den jchwarzen Streifen jeines Felles. 
Tiefe Erfcheinung hat man unter dem Namen der Anpafjjung an den 
Wohnort zufammengefaßt. 

Die Schugfarben find alſo phylifalifch bedingt. Das gilt aber 
rıht von den anderen Farben der Tiere. Die auffallende Menge ſchön 
atörhter Tiere in den Tropen, beſonders aus den Klaffen der Vögel 
md Injeften, verleitete zwar ältere Forſcher zu der Anficht, dab die 
Farbe hauptjächlich vom Licht abhänge, aber die Darwin'ſche Theorie hat 
auch in diefem Punkte, wie in fo vielen anderen, zu richtigeren Anſchauungen 


ı Das Borlommen anderer Waldtiere (Reh, Edelhirih, Baummarder) in der Krim 
erllärt Köppen durch Einwanderungen aus dem Kaufajus über das gefrorene Afom’fche 
Reer. Jenen Tieren, die einen Winterſchlaf halten oder im Winter nicht wandern, wie 
sen Eichhörnchen, war fomit der einzige Weg nad Taurien verfchlofien. 


Färbung ber 
Tiere. 





Abhangigleit 
der Tiere 
don Der 
Temperatur. 


432 3ehntes Kapitel. 








gerührt. Beſonders Wallace machte auf eine Neihe von Thatſachen un 
merkſam, die jich mit der älteren Erklärung nicht vereinbaren laſſen, und 
feine Autorität wird durch zwölfjährige Beobachtungen in den AÄquatoria. 
gegenden geftüßt. Er giebt zu, daß abjolnt die heiße Zone an pradt, 
gefärbten Tieren veicher iſt als die gemäßigte, aber ob auch relativ, war: 
er nicht zu enticheiden. Denn neben jenen, die dem Nordländer am meiſten 
anffallen, giebt es Dort nicht minder zahlreiche einfarbige und mattgefarb 
Tiere; manche Bügel, wie z. B. die Droſſeln, die Zaunkönige oder die Falker, 
ericheinen unter den ſenkrechten Strahlen der Tropenſonne nicht in einen 
bunteren Kleide, als in unſeren Gegenden; ja die arktiſchen Enten und 
Taucher Sind Schöner geſchmückt, ats ihre tropiſchen Verwandten. Zu der 
prächtigiten Tieren gehören unftreittg die Gold=- und Silberfafanen, obwohl 
Ihre Heimat außerhalb der Wendekreiſe, um nördlichen China und im dr 
Mongolei liegt. Anderſeits Findet ſich wie dort, wo das Licht am intenſivſten 
wirft, in der Sahara, eine ‚Karma mit der einfachen Farbe des Wüſten— 
ſandes; ebenſo Leben die bunteſten Tiere im Halbdunkel des tropiichen Ur 
waldes. Damit enträllt aber auch jeder Zuſammenhang zwiſchen phyſt 
kaliſchen Verhältniſſen und jenen Ygarben, Die Wallace als Irußtarber, 
geichlechtliche und tupiiche Farben bezeichnet: ihre Erklärung gehört aus 
ſchließlich in den Kreis der zoologiſchen Aufgaben. 

J 341. Die Abhängigkeit des Tierlebens von der Wärnte zeigt Ti. 
wie bei den langen, in einer allmäbhlichen Abnahme gegen die Pole. Ti 
folgenden Tabellen, die nach den Matalogen von Wallace ausgearbitt 
md, geben von dem fauniſtiſchen Gegenſatz der Tropen und höheren 
Breiten eine beſſere Vorſtellung, als lange Schilderungen es zu thun ver 
möchten. Die erſte belehrt uns über den außerordentlichen Reichtum der 
Tropen an eigentümlichen Familien, während nur wenige ſich auf das ge 
mäßigte Gebiet beſchränken. Die zweite Tabelle, die ſich nur auf die beiden 
oberſten Tierklaſſen beſchränkt und uns auch Fir den Folgenden Abſchnin 
gute Dienſte leiſten wird, zeigt uns dem anßerordentlichen Artenreichtum 


Tabelle 1. 












Rein aufen 






BER Reim tropiſche trapiiche Gememam:! 
Klaſſen der Landwirbeltiere * F 
Klaſſen Der Landwirbeltiere Fammien amilıen 





Familien 





Landſäugetiere.. 41. 37 5 32 

Vödel.. .. . . .. 61 11 61 

nn IS 4 27 

nn S 5 N) 
eu? 

zumme: 134 5 | 129 


Die geographiſche Verbreitung der Organismen. 433 











— 


Tabelle 2. 
Außertropiſche Tropen der 
Nordzone. alten Welt 
Süd | Auftra- 
an SD. — J amerifan. | afjritan. lass Nliſches 
alten Welt Reich. Reid. | Heid. | ei, | Rei. 
— Areal in Mill. Akm: 60-46 | 23.43 | 19.62 | 24-43 | 9.24 | 9-32 


5 I Zahl der Arten mit Ausſchluß ber eben erſt das Reich betretenden. 


Landfjängetiere. 









































Aen . . 

Halbaffen . 

Fledermäufe . 52 | 20 j 180 61 114 60 

Infettenfrefler 32 | 831: 2 33 87 2 

Raubtiere . 64 | 50 ! 46 90 93 

Eindufer . ' 3 — — 

Dickhäuter. 12 13 5 

WViederkäuer 88 38 1 

Kippfdliefer . 10 — — 

Ragetiere . . | 120 141 34 

Zahnarme. 6 2 — 

Beuteltiere. — — 125 

Schnabeltiere . | 8 
Summa: | 6 

Aufi Mil. qkm fommen: | 7-6 | 11-9 | 30-2 | 21-7 | 54-5 | 24-8 

Bögel (mit Ausſchluß der ' | 

Wat: und Schwimmoögel). Ä | 

Eingpögll. . . .. . 438 313 1983 999 1067 869 

Picariae (Sletter- und | ' 

Schreinögel) 51 50 790 268 , 801 155 
Fapageien. — 1 144 25 27 198 
Zauben . 10 7 | 15 46 66 150 
Hühner. . . 56 24 126 614, 8 85 
Schopfhuhn . — — | 1 — — —* 
Raubvsögel .. 72 61 154 111 114 97 
Kurzflügler (Strauße :c.) | 

Summa: | 1515 1656 | 1580 
Aufı Mill.gkmlommen: | 12-4 | 20-3 | 167-8 62-0 179-2 | 164-2 


ı Die eingeflammerten Bablen beziehen fich auf ausgeftorbene Arten. 


/ 


der warmen ®egenden, der uns bejonder8 dann zum Bewußtſein kommt, 
wenn wir die mittlere Artendichtigfeit der einzelnen Reiche (bezogen 


auf eine Fläche von 1 Mill. qkm) mit einander vergleichen, aber aud) 
Eupan, Bhufiihe Erdkunde. 28 





434 Zehntes Kapitel. 


ihon in einigen Ordnungen, die in unferen Breiten gut befannt find (wie 
3. B. in den Ordnungen der Singvögel, Picariae und Tauben), mit über- 
raſchender Schärfe zu Tage tritt. Aber auch Hier ift dag Problem nicht 
einfach mit dem Hinweis auf die gegenwärtigen QTemperaturverhältnifle zu 
föfen. Wir wiffen nämlich, daß fich in der Tertiärzeit die jebige tropifche 
Fauna zugleich mit tropifchen Pflanzenformen in höhere Breiten erftredte, 
daß Europa damals von Elefanten, Nashörnern, Flußpferden, Affen und 
Halbaffen, Beuteltieren und zahnarmen Säugetieren (Edentaten) bewohnt war. 
Die Eiszeit unterbrach hier die normale Entwidelung, die in der warmen 
Bone, wo das Klima feit den früheren geologischen Perioden ſich nicht wejent: 
(ich geändert hat, ungeftört vor fich gehen konnte. „Der Kampf ums Dafein,“ 
ſagt Wallace, „jofern er ſich gegen die Naturfräfte richtete, war hier ſtets 
leicht; Nahrung gab es in Unmaffe und in ununterbrochener Zufuhr; 
Schuß und Obdach waren ftet3 leicht zu haben; die Änderungen der phy— 
fiihen Bedingungen, welche nur durch kosmiſche Gejege oder geologiſche 
Sreigniffe veranlaßt wurden, waren notwendigerweile jo langjam, daR 
Variation und Zuchtwahl ſich ihnen anbequemen und Die üppige Fülle von 
Organismen in einem fchönen, harmoniſchen Gleichgewicht mit jenen Be: 
dingungen erhalten konnten.“ 

Noch auf einen anderen wichtigen Punkt muß aufmerfjam gemacht 
werden. Die Tiere find in viel geringerem Grade, als die Pflanzen, von 
der mittleren Wärme abhängig; und dazu fommt noch, daß viele von 
ihnen in der ungünftigen Jahreszeit in wärmere Dijtrikte fich zurüdziehen 
können. Die amerikanischen Kolibris, echte Tropenbeivohner, verbreiten ſich 
in einigen Arten bis zum 61. N. an der Weftfüfte und bis zum 57.° in 
Kanada, auf der fühlichen Hemifphäre bis zum Feuerland, wo fie felbit 
im Schneefturm beobachtet wurden, und auf dem Chimborazo fteigen fie 
bi3 zur Schneelinie (4900 m) empor. Die Burpurfchwalbe verbreitet fich 
nah Torell von 99 ©. bis 679 N. Der Tiger und Panther, die wir 
in unferer Vorftellung ſtets mit einem heißen Klima verbinden, ftreifen 
bis in das füdliche Sibirien; ob fie fich auch dauernd in Eentralafien auf— 
halten, iſt nicht befannt. Die Papageien reichen im neufeeländijchen Diftrikt, 
wo auch die Palmen ihre größte Polhöhe erreichen (ſ. ©. 390), bis zum 
54. Breitengrad (Inſel Macquarie); ein Experiment von Burton be: 
lehrt ung, daß fie auch in den englifchen Wäldern im Freien überwintern 
und ſich fortpflanzen fünnen; felbjt bei einer Temperatur von — 7° ging 
fein einzige? Eremplar zu Grunde. Es unterliegt aljo feinem Zweifel, das 
einige tropifche Tiere auch Tältere Klimate ertragen können, aber in der 
Regel nur dann, wenn diefe feinen großen Temperaturſchwankungen 
ausgejegt find. Das ift eben der Charakterzug, den das Seeflima der 


Die geographiſche Verbreitung der Organismen. 435 


höheren Breiten mit dem Äquatorialklima gemein hat (vgl. Karte VII). 
Zir verftehen jet, warum tropifche Tiere auf der füdlichen Halbfugel mehr 
dem Pole fich nähern, ala auf der nördlichen; andererjeit3 kommen wir 
zu Erkenntnis, daB z. B. die Thatjache, daß Weiteuropa feine Papageien 
beherbergt, nicht durch die Ifothermen bedingt ift, fondern offenbar nur mit 
der Entwidelungs=» und Berbreitungsgeichichte diefer Ordnung zufammen- 
hängt. 

$ 342. Troß des fauniftifchen Reichtums des heißen Erdgürtels wird 
bier die Tierwelt doch von der üppigen Vegetationzfülle völlig erdrüdt. „Der 
erite Eindrud, den man in den Tropenwaldungen empfängt,“ jagt Wallace, 
„it der, daß faſt fein tierifches Leben zu finden if. Dan will das Wild, 
das Geflügel, die Infekten jehen und jpäht gar oft vergebens nach ihnen 
aus.“ Am meiften fallen nicht die großen Säugetiere, fondern die Tag- 
ihmetterlinge auf, die durch Arten- und Sndividuenzahl, durch Größe und 
sarbenpracht fich von denen der gemäßigten Zone wejentlich unterfcheiben. 
Ri Para (an der Amazonasmündung) allein hat man über 700 Arten 
geſammelt, während England nur 54 und Deutfchland nur ca. 150 befißt. 
Ebenſo ſetzt die Größe mancher Arten den Reifenden in Erftaunen, denn 
emige Bapilioniden und Morphiden meſſen mit ausgejpannten Flügeln 
15—20cm. Bon den übrigen Inſekten machen ſich bejonders die Ameifen 
durch ihre Allgegenwart und Zerftörungswut unangenehm bemerkbar; mandje 
dringen in die Häufer ein und freffen alles Genießbare, fo daß man die 
Möbel auf Klötze oder Steine ftellen und dieje in waſſergefüllte Behälter 
fegen muß, um fie vor der Invafion der Ameiſen zu ſchützen. Zahlreich, 
groß und teilweiſe brillant gefärbt find auch die übrigen Inſekten, wie die 
Bienen, Wespen, Käfer, und von den ungeflügelten Gliedertieren haupt- 
sächlih die Spinnen, Storpionen und Taufendfüßer. Namentlich von den 
legteren fieht man oft riefige Exemplare; aber es giebt auch Spinnen, deren 
Leib 5em lang ift, und die mit ausgeſtreckten Beinen 15cm mefjen. Ihre 
Seipinnfte find manchmal fo ſtark wie Seide und können ſelbſt größeren 
Tieren gefährlich werden, denn Bates beobachtete, wie eine Spinne aus 
dem füdamerifanischen Gejchlechte Mygale einen Vogel tötete. Die Größe 
der Infekten ift unftreitig geographiſch bedingt, nämlich durch die reichliche 
Nahrung und die geringe Wärmefchwankung, die dag Wachstum der Larven 
niemal3 unterbricht. 

Nach den Inſekten jind die Vögel am zahlreichiten und, wie jene, durch 
glänzende Färbung ausgezeichnet. Außerordentlich häufig begegnet man auch 
den Eidechjen, die ſogar in die Häufer dringen, während die Schlangen 
glüdlicherweife nicht in fo großen Mengen auftreten und nur in trodneren 


Tiftriften fehr läftig werden. Dafür zeugt aber die Größe mancher Arten 
28° 


Tropiſche 
Tierwelt. 


Arktiſche 
Tierwelt. 


436 Zehntes Kapitel. 





aus dieſer Klaſſe von der unerſchöpflichen Lebensfülle der Tropemvelt. 
Ein Schlinger der alten Welt erreicht eine Länge von Sm, aber er wird 
weit übertroffen von der ſüdamerikaniſchen Anakonda, die 12m mikt ımd 
ſelbſt ausgewachjene Rinder bewältigt und verzehrt. Zu den hervorftehenden 
Charaftertypen der Iropenfanna fünmen auch die allgemein verbreiten 
Krofodilet und ihre beiden Verwandten, der oſtindiſche Gavial und der 
amerikaniſche Alligator, gerechnet werden, obwohl legterer auch im unteren 
Miſſiſſippi und in Texas heimiſch iſt. Bon den Amphibien find nur di 
Kröten und Fröſche Häuftger, und von den Yandjängern find die Are 
und die elattertiere, Die zwiſchen den Wendekreiſen den Höhepunkt ihrer 
Entwickelung erreichen, als tropiiche Nepräfentanten zu nennen, dem bi 
zahlreichen anderen Familien fallen entweder nicht auf oder find nur au 
fleinere Bezirke beſchränkt. Hinzuzufügen wären vielleicht nur ned die 
Endentaten, imjofern Diefe ſeltſamen Überreste einer alten Fauna, die fit 
nur im den warmen Ländern noch erhalten haben, den Zuſammenhang der 
jeßigen tropiichen Tierwelt mit der tertiären uns befonders Har vor Augen 
führen. 

$ 343. Betrachten wir nun das Öegenftüc zu diefem Tropenbild, di 
arktiſche Fauna. Die Familienzahl der Yandjängetiere, die in den ſüdlichen 
Reichen 69 beträgt, iſt hier auf 8 zuſammengeſchmolzen, und auch diefe ſind 
mir durch ca. 16 Arten vertreten. Der König der Eiszone iſt der Polar 
bär, der ſich an Größe und Kraft mit dem tropiicdyen Hagen wohl meter 
fann; der Polarfuchs und Fiällfras (irrtümlich Vielfraß genannt) be 
gleiten ibm durch Das ganze Gebiet. Wölfe werden noch ſtellenweiſe in 
arktiichen Gegenden angetroffen, wenn fie auch nicht zu den eigentlicer 
Polartieren gehören, wie ein anderer Vertreter der Familie der Canidar. 
ein wolfähnlicher Hund, von den der Eskimo im nordweſtlichen Grün 
land völlig abhängig iſt. Die arftiichen Ausläufer der Wiederfäuer find das 
Mentier und der Biſamochs, der jeßt nur noch im Amerifa umd ron 
land vorfonmmt, ſowie ans der Nagetierordnung die Bolarhalen, die nied 
lichen Lenmminge und Die kosmopolitiſchen Mäuſe. Aber jo dürftig and 
die polare Sängetierfaung tft, Jo entbehrt doch, ſoweit man die Zone fan, 
feine Gegend derſelben völlig.  Mentiere trafen Nane und Hayes ım 
nordiveltlichtten Zeil von Grönland, Fährten diefes Wiederkäuers fand man 
in Franz Joſef Land; Der nördtichjte Eisbär wurde von der öfterreichiich- 
ungariſchen Erpedition inter SIT." B. erlegt. Bon Landvögeln verzeichnet 
Torell (1861) nur 45 Arten, während die Wat: und Schwimmvögel durch 
114 Arten vertreten ſind. Gegen den Pol hin nimmt die Artenzahl raſch 


Im Sinne der Syſtematik von Günther. 


Die geographifhe Verbreitung der Organismen. 437 


ab, denn während z. B. die Sperlinge jüdlih vom 68. Parallel noch in 
20 Arten vorkommen, werden fie nördlich davon auf 4 und jenfeit3 des 
14.8. auf 2 Arten reduziert. Die meiften Vögel wandern im Winter und 
tehren im Frühjahr wieder nad) dem Norden zurüd, um hier in großen Gefell- 
Ihaften (Die jogenannten „Wogelberge”) zu brüten. Selten finden ſich Rep- 
lien; die Infeltenfauna ift befonders nördlich vom 73. Barallel ſehr ärmlich. 
Unter den feßteren herrichen die Zweiflügler, die für das Durchmachen ber 
erften Stadien ihres Lebens nur eine kurze Zeit bedürfen, entichieden vor; 
Müdenichwärme Hinderten John Roß' Mannfchaft unter 70° B. an der 
Arbeit; fie find in vielen polaren Gegenden eine wahre Landplage.. Das 
Zierleben tritt alſo auch hier zurüd, wie in den Tropen, freilich aus einem 
ganz anderen Grunde und in ganz anderer Weile. Kein Laut ftört Die 
jeierliche Stille der nordijchen Einöde, aber das muntere Tierleben des 
Meeres zeigt und, daß wir auch hier noch nicht an den Grenzen der or- 
ganiichen Welt angelangt find. 

8 344. Die Abnahme der Landtiere gegen die Pole zu kehrt felbft- 
verftändlich auch in vertifaler Richtung im Gebirge wieder. Nur find 
die Höhengrenzen der beweglichen Tiere felten jo genau zu fixieren, wie die- 
jmigen der Pflanzen, welche an den Boden gefellelt find; es iſt erflärlich, 
daß zeitraubende ſyſtematiſche Unterjuchungen in diefer Richtung nur felten 
angeftellt werden. Doch laſſen fih aus den vorhandenen Beobachtungen 
in verfchiedenen Teilen der Alpen einige Säte von allgemeinerer Bedeutung 
ableiten. Heer zeigte, daB im Kanton Glarus die vertifale Abnahme der 
Arten in der Tierwelt viel rafcher erfolgt, als in der Flora. In der unteren 
Region (bis 800 m) ift die Zahl der Tierarten 2°/, mal größer ala die der 
Pflanzenarten, aber in bebeutenderen Höhen ift das Verhältnis ein um- 
getehrtes. Im der Region der Alpenfträucher fommt nur eine Tierart auf 
1%, Bflanzenarten; dort, wo der Schnee ſchon ſporadiſch Liegen bleibt, ſtellt 
th das Verhältnis wie 1:6 und an der Grenze des organilchen Lebens 
togar wie 1:25. Die Baumlinie übt auf die Verbreitung der Tiere im 
Tiroler Hochgebirge einen viel geringeren Einfluß aus, als die Grenze 
wilchen der Region der alpinen Wiefen (1700— 2300 m) und der fub- 
nivalfen Region (2300—2700 m); der fauniftiiche Gegenjag diejer beiden 
Höhengürtel ift eines der auffallendften Reſultate der Unterfuchungen von 
Seller. Eine Zufammenftellung aus deſſen Berzeichnifjen ergiebt nämlich, 
daß von den 90 Hochgebirgsarten (und Varietäten) der Weichtiere in der 
alpinen Region noch 76, in der jubnivalen aber nur 8 vorfommen; ferner 
daß von den 785 Schmetterlingen 680 in der alpinen und nur 98 in der 
tubnivalen Region leben; endlich daß von den 738 Käfern 730 in ber 
Biejen- und nur 106 in der fubnivalen Region gefunden werden. Der 


Bertifale 
Berteilung 
ber Tiere. 


Alpine Tiere. 


435 Zehntes Kapitel. 





Zuſammenhang mit der Pflanzemvelt tritt hier ſehr Scharf zu Tage, wie 
er ſich aud) darin zeigt, daß die ſüdlichen Gehänge von einer reicheren und 
manmigfaltigeren Sauna bevölfert werden, als die nördlichen, und daß dort 
die Höhengrenzen weiter hinaufrücken als hier. Die obere Schneeregion 
(über 2700 m) beherbergt nur wenige flügelloſe Gliedertiere, die wohl den 
größten Teil des Kahres im Winterichlaf zubringen. Vielleicht am höchſten 
jteigt der Weberfnecht (Opilio glacialis), der ſelbſt auf der oberjten Spike 
des Piz Linard (34800 m) gefunden wurde. Wohl dringen auc) geflügelte 
Tiere, wie Schmetterlinge, Käfer, liegen u. a., entweder fremvillig bei 
ihren Ausſchwärmen oder vom Winde erfaßt, in die Firnwelt vor, abır 
jte gehen hier ın der Regel bald zu Grumde. Der Sommer fieht hier auch 
Geſtalten aus der höheren Tierwelt, aber der Winter tcheucht die meilte 
derjelben bis in den Waldgürtel hinab. 

$S 345. Bon befonderer Wichtigkeit find die den Hochgebirgen eigen: 
tiimlichen Tiere, die wir kurzweg als alpine Tiere bezeichnen wollen. 
Sie bewohnen in den Tftalpen die Negion von ca. 1200-2700 m Höhe. 
Ihre verwandtichaftlichen Beziehungen zu Tieren des hohen Nordens oder 
zu denen anderer Hochgebirge führen uns wieder in die Eiszeit zurück, die 
in gleicher ISerfe in der Fauna wie in der Flora einen Austauſch zwiſchen 
den Organismen des arktiichen Gebietes und der ſüdlicheren Gebirge, ſowie 
zwijchen einzelnen Gebirgen ſelbſt möglich” machte. Die alpine Fauna iſt 
ein Überreft einer eimft auch in der Ebene verbreiteten Tierwelt, und die 
Betrachtungen, die wir den Ölactalpflanzen widmeten (S. 419), haben im 
allgememen auch hier Gültigkeit. 

Nur einige wenige Beripiele aus der Sängetterwelt der Alpen mögen 
hier angeführt werden. Der veränderliche oder Schneehafe unjeres Hoch— 
gebirges kehrt im Norden der alten Welt wieder; feine Heimat erjtredt ſich 
hier von Irland und Schottland über Skandinavien, Rußland und Sibirien 
bis Kamtſchatka. Das alpine Murmeltier, welches in den Siluvialablager: 
ungen von Mitteleuropa foſſil gefunden wird, Dat nahe Verwandte in 
Sibirien, und ebenfo findet Die Schneemaus ihren Bertreter in der nord 
aſiatiſchen Wurzelmaus. Der <teinbod, der freilich jegt nur noch in wenigen 
Terlen der Alpen erbalten iſt, iſt Sehr nabe dem pyrenätichen, kaukaſiſcher 
und Jibiriichen Steinboct verwandt, mit denen er im bezug anf Lebens 
were vollkommen übereinſtimmt: andere Arten diefer Untergattung be: 
wohnen auch die Zierra Nevada, die höchſten Felsregionen von Abeſſinien 
und Die Gebirgsgegenden von Mittelägypten, Syrien und der Sinaihalbinſel. 
Nicht vergeſſen dürfen wir endlich des eleganteſten unter den alpinen Tieren, 
der Gene, die in allen höheren Gebirgen von den Pyrenäen bis zum 
Kaukaſus vorkommt und uns den Lehrſatz von der Vermischung verichiedener 


Die geographiſche Verbreitung der Organismen. 439 


Gebirgsfaunen in der Eiszeit noch beſſer illuftriert, al3 der Steinbod, da 
genau Diefelbe Art in all den genannten Gebirgen wiederfehrt. 
$ 346. Die Abhängigkeit des Tierlebend vom Klima zeigt ſich auch, a 
ähnlich wie bei den Pflanzen, in feiner jährlichen Periode. In den höheren 
Breiten, wo der Gegenſatz zwifchen ber falten und warmen Jahreszeit ſchärfer 
bervortritt, ift der Winter auch in der Tierwelt die tote Sailon. Die 
Mehrzahl der Vögel ift in wärmere Gegenden abgezogen, viele Säugetiere, 
Inſjekten, Mollusfen u. |. w. fallen in den Winterfchlaf, zahlreiche niedere Tiere 
fterben ab, nachdem fie ihre Eier, die im nächjten Frühjahr fich entwideln, 
gelegt haben. Die Urfache der winterlichen Erftarrung und des Wanderns 
mag wohl in zahlreichen Fällen ebenfo der Mangel an Nahrung, wie die 
Kälte fein; und Nahrungsjorgen dürften wohl hauptjächlich die nordiſchen 
Ziere, wie den Biſamochſen und den Lemming, zwingen, ſcharenweiſe ihre 
Heimat zu verlaffen, in die fie beim Eintritt der milderen Jahreszeit wieder 
wrüdtehren. Dagegen ift der zeitweilige Kältefchlaf einiger tropiicher Tiere, 
wie mancher Schlangen und Eidechien, jedenfalls nur Elimatijch bedingt, 
ebenjo wie die Wanderungen einiger bengalifcher Affen oder der Elefanten 
in Tenaflerim oder der Pentiere, die in der heißen Zeit in die höheren 
Gebirgsregionen fich zurüdziehen. In der warmen Bone bejchränft die 
gleichmäßigere Temperatur (mit Ausnahme einiger weniger oben aufgezählter 
;sälle) das Tierleben ebenjowenig ala das Pflanzenleben, wohl aber äußert 
fi) der Einfluß der Trodenzeit in ähnlicher Weife, wie der des Winters 
in unferen Gegenden; daß die Einwirkung auf den tieriichen Drganis- 
mus in beiden Fällen die gleiche ift, beweilt jchon der Umſtand, daß 
der aus fremden Ländern zu und gebrachte Siebenfchläfer, der in feiner 
Heimat zur Zeit der trodenen Hite fein aktives Leben unterbricht, in der 
nordiichen Fremde in den Winterjchlaf verfällt. Aber die Beiſpiele einer 
Einſchränkung der Lebensthätigfeit durch die jährliche Regenperiode der 
Tropen find in den höheren Tierklaſſen doch nur felten, und felbjt von 
niederen Tieren findet man das ganze Jahr hindurch Eier, Larven und 
geichlechtsreife Individuen zu gleicher Zeit. Andererſeits hat man aber aud) 
häufig die Beobachtung gemacht, daß die Zahl der Larven beim Beginn 
der Regenzeit fich erheblich fteigert, und man weiß auch, daß viele tropische 
Infetten in der trodenen Periode fterben. In den Mittelmeerländern ver- 
fallen die Landichneden während der regenlofen Sommerzeit in einen Rube- 
zuftand und unterbrechen auch ihr Wachstum; ja in der Sahara führen 
fie ein aftives Leben überhaupt nur in der Nacht oder am frühen Morgen, 
wenn Tau den Boden befeuchtet. 
$ 347. Neben der Einwirkung der toten Natur und der Pflanzenwelt Pesiehungen 


auf das Tierleben ift allerdings noch ein anderes Moment zu beachten: nander 


Uber Die 
fauni'tiſchen 
und floriſtiſchen 
Einteilungen. 


440 Zehntes Rapitel. 








die Beziehungen der einzelnen Tiere zu einander. Hier ſtehen wir aber 
ſchon knapp an der Grenze des rein zoologiſchen Forſchungsgebietes, die 
wir im Intereſſe unſerer Wiſſenſchaft nicht überſchreiten werden. Zudem 
ſind dieſe Beziehungen ſo komplizierter Natur, daß es ſchwer fällt, bei 
ihrer Beurteilung jeden Irrtum auszuſchließen. Wir können nuns an einem 
geographiſch wichtigen Beiſpiel davon überzeugen. Der Stich der in Süd— 
afrifa und bis Senaar verbreiteten Tſetſefliege iſt nach den Berichten 
zahlreicher Neifender für Ochſen, Prerde, Kamele und Hunde abtolut tödlich, 
während er für den Meenichen und alle wilden Tiere und ebenſo für die 
Kälber, Jolange fie ſaugen, unſchädlich iſt. Dieſer unicheinbare Zwei— 
flügler ſchließt demmnach ans ſeinem Verbreitungsbezirk die Viehzucht ans. 
Er erſchwert auch m hohem Grade die Fortſchritte der Forſchungs— 
reiſenden, welche durch ihn genötigt ſind, die unzuverläſſigen Eingebornen 
als Träger zu verwenden, was außerdem ſehr koſtſpielig iſt: man but 
deshalb neuerdings den Verſuch gemacht, indiſche Elefanten einzuführen 
und Diefelben als Yafttiere zu verwenden. ber der Einfluß der Tiere: 
fliege anf unſere Banstiere iſt noch keineswegs Jichergeftellt; ſchon Ers— 
fine 309 denſelben im Zweifel, ımd Marıo fast, geitügt auf eine 
mehrzährige Erfahrung, ſeine Anſicht im folgenden Worten zujammen: 
„Gewiſſe Gegenden Afrikas bieten, manche das ganze Jahr bindurd), 
andere im Charif! den nicht einheimiſchen Haustieren nicht die zum Ge: 
deihen nötigen Einmatitchen Bedingungen. Sie erliegen dann maſſenweis 
ſeuchenähnlichen Ericheimumgen, während ihr Untergang von den Eingebornen 
der Tietfe oder Surreta, unter welchen Namen fie aber eine größere Arten: 
zahl Fliegen vereinen, zugeichrieben wird, welche in der Ihat jedoch nur 
als ei, vielleicht ſogar untergeordneter Faktor der Ericheinung angejehen 
werden mu.“ 


Die Faunenreihe und Faunengebiete des Fellandes und ihre Be- 


ziehungen zur floriſtiſchen Einteilung desfelben. 
(S. arte XX und vgl. arte XIX.) 


8 348. Wallace teilte auf Grundlage der zoologiſchen Syſtematik 
Die ‚geftlandsoberrläche tm ſechs Neiche und jedes Reich in vier Gebtete?: 
es entſteht nun Die Frage, wie ſich diefe Einteilung zu der von Engler 

I Sun der Regenzeit. 

? Wallace gebraucht dafür die Ausdrücke Negionen und Subregionen. Da wir 
aber in dieſem Buche mit Region jtets einen Höhengürtel bezeichneten, jo wählten wir 
dafür, um Mißverſtändniſſe zu vermeiden, die don Engler angewenderen Bezeidnungen 
Reich und Gebiet. 


Die geographifche Verbreitung der Organismen, 441 


geichaffenen Floreneinteilung, die ja ebenfalls auf der Syftematif beruht, 
verhält. Wir dürfen im voraus erwarten, daß fi) aus einer folchen 
Bergleichung wichtige Aufichlüffe über die Entwidelungsgejchichte der Erb- 
oberfläche einerfeit3 und über die Verbreitunggart der Pflanzen und Tiere 
andererfeit8 ergeben werden. Im vorhinein muB aber vor ängftlichem Feſt—⸗ 
halten an den von Wallace und Engler gezogenen Grenzen geiwarnt 
werden. Beide Forſcher haben jelbft erflärt, daß manche Grenzen nur 
nen problematifchen Wert befigen, einmal wegen der Unvollſtändigkeit 


unierer Kenntniſſe und dann, weil fcharfe Florengrenzen in der Natur felten ° 


und Scharfe Faunengrenzen nur zum Teil im malayifchen Archipel exiftieren. 
In der Regel geht die Tierwelt des einen Gebiete ganz allmählich in die 
des benachbarten über, und die Grenze wird nicht durch eine Linie, ſondern 
duch eine neutrale Zone gebildet, in der fich die Faunen beider Gebiete 
vermiichen. Es ift daher zu erwarten, daß künftige Sorfcher, die über ein 
richhaftigeres Beobadytungsmaterial verfügen, viele Grenzen anders ziehen 
werden; aber daß die Einteilungen von Wallace und Engler doch den 
Kern der Sache getroffen haben und nicht bloß von ephemerer Bedeutung 
ind, Dafür bürgt ihre Übereinftimmung in den Hauptzügen. 


$ 349. In den Tropen unterjcheidet Engler zwei und Wallace drei Die troplicen 


Reiche: das jüdamerifaniiche (neotropiiche!), afrikanische (äthiopifche) und 


Landfänger Vögel : Landfäuger Wögel! 
— —— — — — 























Familien Gattungen 
— —— —ñ ß —ñ7 —— — ö— — — — — — — 
a) Sũüdamerikaniſche Fauna. 
Nur auf Südamerika befhräntt* . . . . 12 32 109 659 
Algemein tropiih - - - - 11 36 7 21 
Aur mit Arila gemein . . . 2... 2 3 1 2 
Nur mit Sftindien gemein . . . . . » 8 1 | 3 | 8 
b) Afrikaniſch-oſtindiſche Fauna. | 
Algemein tropiſchh.......... 1.86 ııl a 
Airika und Oftindien gemein . . . . - 16 25 83 67 
Nur afrilanifhd*. . . > 2 2 2 0. 13 8 99° 206 ° 
Nur oftindiih* -. . . 2 > 2 2 nn 4 10 13 251 
Aur in Afrila und Südbamerlla . . . . 2 8 1 2 
Rur in Oftindien und Südamerifa . . . 3 | 1 3 8 








ı Dhme die Wat: und Schwimmpögell. * Ohne Madagaslar 79. * Ohne Mabagastar 173. 
* Darunter finb zu verfiehen bie endemifchen und jene Gattungen, bie nur noch in ben nörblicdhen 
Beiden gefunden werben. 


In Klammern geben wir die Bezeihinungen von Wallace, die wir aber durch 
seichter verftändliche erfepen. 


Faunenreiche. 


Sübdamerifa- 
niſches Reid). 


442 Zehntes Kapitel. 


oftindifche (orientalifche) Neih. Die Tabelle auf ©. 441 belehrt uns über 
die Beziehungen diejer Neiche zu einander; fie zeigt ung, daß Südamerifa 
in bezug auf die beiden höchſten Tierflaffen (auf deren Beobachtung wir 
una überhaupt vorwiegend beichränfen werden) eine größere Selbftändigfeit 
beit, al& die beiden anderen Weiche, die Die Mehrzahl der Kamilien mit 
einander gemein haben. Dieje laſſen fich alfo auch fauniftiich unter dem 
Begriff „Tropen der alten Welt“ zufammenfaffen und den Tropen der 
neuen Welt entgegenftellen. Andererſeits läßt es fich aber auch nicht ver: 
fennen, daß Afrika und Oftindien in Bezug auf Die höhere Tierwelt weit 
mehr differieren, als in pflanzengeographiicher Beziehung, denn das erjtere 
bat 70-7 und das lebte 62-9 Prozent von den Gattungen der Landſäuge— 
tiere eigentümlich. Es läßt fich dies nur dadurch erflären, daß die Pflanzen 
ſich leichter verbreiten, al3 die höheren Tiere, und daher von den Verände⸗ 
rungen der Erdoberfläche weniger betroffen werden. Es zeigt fich dies 
auch darin, daß die Tropen der alten und neuen Welt weit mehr Pflanzen 
gemein haben, als Tiere. 

$ 350. Wie in allen Reichen mit Ausnahme des auftraliihen nehmen 
auh in Südamerifa! die Nagetiere den erften Platz unter den Land» 
fäugern ein. Nirgends find die Ratten und Mäuſe durch jo zahlreiche 
Arten vertreten, wie bier, und mehrere Familien, wie die Strauchratten, 
das Borjtenferfel und Baumftachelichwein, und die Hufpfütler, die größte 
Form in diejer Ordnung, find nur auf die neue Welt bejchränft und be 
wohnen hier entweder nur die Tropen oder erreichen doch in denjelben den 
Höhepunkt ihrer Entwidelung. Den Nagern folgen zunächit die Fleder— 
mäufe und Affen. Unter den erfteren find die Blattnafen, zu denen der 
berühmte blutfaugende Vampyr gehört, nur amerikanisch; die Hundskopf— 
fledermäufe, die auch in den übrigen Reichen verbreitet find, haben hier 
doch die größte Artenzahl. Die füdamerilanifchen Affen find von denen 
der alten Welt ſyſtematiſch gefchieden, indem fie einen Badenzahn mehr in 
jedem Kiefer befigen. Im Vergleich zu den Tropen der öftlichen Hemiſphäre 
treten auch noch die zahnarmen Säugetiere, Die drei eigentümliche Familien 
zählen, und die Beutelratten bedeutjam hervor, wie wir bei einer anderen Ge 
legenheit noch ausführlicher erörtern werden. Aber noch mehr, al3 durch die 
pofitiven Merkmale, wird die Cäugetierfaunga von Südamerika durch die 
negativen charafterifiert. Am auffallenditen ift das Fehlen der großen 
Drdnung der Inſektenfreſſer, dem die Samilie der Borftenigel kommt nur 
in Weftindien vor, und die Spitzmaus betritt eben erft dag Reich im Norden. 


ı Für dieſen, wie auch für die folgenden Paragraphen fei auf bie Tabelle (2) auf 
©. 433 verwiejen. 


Die geographifcye Verbreitung der Organismen. 443 


Son den Didhäutern fehlen die Elefanten, der Tapir iſt ein uralter Typus, 
der nur noch im malayiichen Archipel wiederfehrt, und das kosmopolitifche 
Schwein wird durch die ſchwanzloſe Unterfamilie der Pekari erſetzt. Bon 
den Wiederfäuern iſt nur noch die Hirſchgattung allgemein verbreitet, da 
die Antilopen ausgejtorben find, und die Raubtiere ftehen denen der alten 
Belt nicht nur an Artenreichtum, jondern auch an Größe und Kraft nad). 
Ter Jaguar und Puma find nur Schwächliche Vertreter des aſiatiſchen Tigers 
und afritaniichen Löwen. Mit Einem Wort, die Säugetierwelt Südamerikas 
mat den Eindrud der Unvollftändigfeit und Altertümlichkeit, und wir 
tinnen uns Died durch die lange Sjolierung dieſes Erdteiles zur Genüge 
atlären. 

Unendlich reich ift die ſüdamerikaniſche Vogelwelt; in jeder Ordnung 
der Landvögel mit Ausnahme der Kurzflügler übertrifft der weftliche Süd- 
tontinent an abjoluter Artenzahl Afrifa und DOftindien, und nur in Bezug 
auf die Papageien und Tauben jteht er dem auftraliichen Reich nad. Im 
brajilianischen Schopfhuhn befigt er wahrjcheinlich den lebten Iebenden 
Repräfentanten einer ausgejtorbenen Ordnung. Noch mannigfaltiger it Die 
Injettenfauna mit einem unerfchöpflichen Reichtum an jchönen Formen; 
und es ift bezeichnend, daß jelbft in diefer Tierklaſſe, die doch über jo viele 
Berbreitungsmittel verfügt, der Endemismus ſtark ausgeprägt ift. 

Das ſüdamerikaniſche Reich erjtredt ſich über Weftindien (wovon fchon 
auf S. 218 die Rede war) und Centralamerika bis Mexiko, wo im Küften- 
tiefland die fübliche Fauna bis 28 N. vordringt, während das Hochland 
bis 20° N. eine nördliche Tierwelt beherbergt. Auch die Flora zeigt 
bier eine gleiche Anordnung, wenn auch Engler die Grenze etwas weiter 
nach Norden verlegt. Auch im tropiichen Südamerifa finden wir in der 
Sauna den Gegenfab zwiſchen dem trodenen andinen Weiten und dem 
feuchten Dften wieder, und das andine Faunengebiet erjtredt ſich ebenfalls 
über die außertropiichen Niederungen des Oſtens. Hier fehlen die Affen, 
dagegen befitt dieſes Gebiet die eigentümliche Nagerfamilie der, Chinchillas 
und die wichtigen Auchenien, die Vertreter des ofthemilphärtichen Kamels, 
su denen Die einzigen Haustiere von Südamerifa (Lama und Alpafa) ge- 
hören. Die Infektenfauna enthält Elemente der nördlichen gemäßigten Zone, 
die wahrfcheinlich entlang den Andes einwanderten. Im großen und ganzen 
it aber die Tierwelt in Südamerika jehr gleichförmig, troß der verjchiedenen 
Klimate und der großen meridionalen Ausdehnung. 

$ 351. Hohe Gebirge und eine Wüfte trennen die beiden tropifchen 
Reiche der alten Welt von dem nördlichen. Afrika ift ziemlich ifoliert, denn 
Die Zuezenge ſchloß fich erjt Spät zufammen (f. S. 18) und die ehemaligen 
Landbrücken bei Gibraltar und zwiſchen Tunis und Sizilien waren un- 


Afrtlaniiches 
Reich. 


444 Ichntes Kapitel. 





zweifelhaft ebenfalls ſchmal.“ Bären, Manhvürfe, das Kamel (das ım der 
Sahara erjt vom Menſchen eingeführt wurde), Hirſche, Ziegen und Schaie, 
der wilde Ochs und das wilde Schwein, alfo Tiergrappen, Die in Der alten 
Welt ſonſt überall verbreitet find, fehlen bier vollftändig. Die Artenarımır, 
die die afrikaniſche Flora charafterifiert, zeigt ſich auch m der geringen 
IArtendichtigfeit der beiwen höchſten Tierklaſſen. Aber trotzdem iſt Die 
Säugetierfaung viel vollſtändiger, als m Südamerika. Von der oſtindiſchen 
unterſcheidet ſie ſich hauptſächlich durch den Reichtum an Halbaffen, von 
denen freilich 35 Arten auf Madagaskar beſchränkt Ind, und am Wieder 
käuern; ferner Durch mehrere eigentümliche infeftenfreilende und Nager 
familien, ſowie durch den eigentümlichen Klippſchliefer, den man als en 
Mittelglied zwiſchen den Dickhäutern und Nagetieren auffallen fan. Wal— 
lace kommt zu dem Schluſſe, daß drei Elemente von verſchiedenem Nliter 
die afrikaniſche Tropenfauna zuſammenſetzen. Halbaffen, Zahnarme und 
Inſektenfreſſer bildeten vorwiegend die Säugetierwelt, als Madagaskar mit 
dem Feſtland noch zuſammenhing (vgl. S. 217, und zwei ſpätere Ein— 
wandernugen brachten Die großen Typen, die jetzt m Afrika vorberricen, 
aber auf Madagaskar Fehlen, Die Affen, Die Löwen, Leoparden und Hyänen. 
die Einhufer Hebra md Verwandte), Die Elefanten, Nashörner und Fluß 
pferde, die Giraffen, Antilopen und Büffel. Die Flußpferde und Giraffen. 
die einſt in Der alten Welt weiter verbreitet waren, Find jetzt nur auf Afrika 
beſchränkt; in Oſtindien ſind auch die Einhufer ausgeſtorben. 

Die Faunag von Madagaskar repräſentiert alſo den älteſten Zuſtand 
von Afrika, wie das tropiſche Feſtland bis zum Wendekreis den modernen 
Zuſtand. Südafrika nimmt eine Mittelſtellung ein; es beſitzt zwei ende— 
miſche Säugetierfamilien, die Goldmulle und den Erdwolf, 18 endemiſche 
Säugetiergeſchlechter und zablreiche eigentümliche Inſektenformen. Bernd: 
ſichtigen wir außerdem noch die merkwürdige Kapflora, ſo dürfte die An— 
nahme richtig ſein, daß das ſüdlichſte Afrika der Reſt eines einſt aus— 
gedehnteren und damals iſolierten Landes iſt, das ſpäter mit dem tropiſchen 
Teil verwuchs und von dieſem eine neue Fauna erhielt, die die urſprüng— 
lichen zoologiſchen Züge größtenteils verwiſchte. 

Den äquatorialen Weſten faßt ſowohl der Tier-, wie der Pflanzen— 
geograph als ſelbſtäudiges Gebiet auf. Vier Säugetier-, eine Bogel:, ach 
Reptilien- und drei Amphibienfamilien kommen hier vor, die im übrigen 
tropiſchen Afrika fehlen, und dieſes hat wieder ſechs Säugetier- und drei 
Vogelfamilien vor dem Weſten voraus. Den weſtlichen Urwald bewohnen 

Tie ehemalige Landverbindung zwiſchen Sizilien und Tunis iſt allerdings durd 


Kobelt's Unterſuchungen uber die ſizilianiſche Molluskenfauna, die einen ſtreng italie 
niſchen Charakter beſitzt, etwas zweifelhaft geworden, 


Die geographifdye Verbreitung der Organismen. 445 


die großen menjchenähnlichen Affen, der Gorilla und Schimpanje, und diefe, 
jowie das Zwergmoſchuſstier Hyomoschus und einige Schlangen weijen auf 
Titindien hin. Zwei Schlangengattungen zeigen Beziehungen zu Südamerifa, 
wie jolche auch im Pflanzenreich unverkennbar zu Tage treten. 

Der tropifche DOften und Süden endlich zeichnet fich durch eine auf- 
tallende Gleichförmigkeit in Vegetation und Tierwelt aus; nur dag abejfji- 
niſche Hochland und die Urwälder von Mozambique machen davon eine 
Ausnahme. Die Savanen find die wahre Heimat der großen Huftiere 
und das ergiebigite Jagdgebiet des Löwen. 

$ 352. Das dritte Tropenreich, das oftindifche, befißt relativ die meiften 
Zäugetiere und Landvögel, und es unterliegt feinem Zweifel, daß es diefen 
Reichtum feiner dauernden Verbindung mit der großen aſiatiſch-europäiſchen 
Feſtlandmaſſe, der Geburtsſtätte der meiften modernen Tierformen, verdanft. 
In jeiner Säugetierfauna dürften als der eigentümlichite Charakterzug Die 
bedeutende Menge von Raubtieren anzufehen fein; denn wenn auch in 
Arifa nahezu gleichviel Arten vorfommen, wie in Oftindien, jo beträgt 
doch die mittlere Artendichtigkeit hier 10 und dort nicht ganz 4. eine 
Vogelwelt ift in allen Ordnungen mit Ausnahme der bier fehlenden Kurz- 
rlügler mannigfaltiger, als die afrifanifche, und mit Ausnahme der Picariae 
und Papageien übertrifft fie auch die ſüdamerikaniſche. Aber nicht alle 
Zeile von Oftindien find in gleicher Weife ausgezeichnet. Allen voran fteht 
das hinterindifche Gebiet, das ſich bis nad Südchina hinein erftredt; und 
es kann uns Dies nicht überraſchen, wenn wir bedenfen, daß Südchina ein Teil 
des Feſtlandsrumpfes und Hinterindien eine abgegliederte Halbinjel ift. Die 
‚sauna des Südabhanges des Himalaya bis zu ca. 3000 m Höhe, wo das 
außertropijche Neich beginnt, gehört ebenſo, wie deſſen Flora, zum Hinter- 
indiſchen Gebiet, während die Tierwelt der hHinduftanischen Ebene und der 
angrenzenden Platenulandfchaften von Dekan afrifanifche Elemente auf- 
genommen hat, was ebenfall3 mit der Verteilung der Pflanzen auf das 
ihönjte übereinftimmt. Viele altertümliche Züge weilt die Fauna des füd- 
Iihen Dekan und von Seylon auf; Formen kehren hier wieder, die nur 
noch im Himalaya und auf den malayischen Injeln gefunden werden, und 
beionders die Inſekten zeigen verwandtichaftliche Beziehungen zum öftlichen 
Archipel. Auf diefem letzteren hat endlich die Sfolierung vom Feſtland und 
die Auflöfung in Inſeln der Faung ein eigentüntliches Gepräge verliehen, 
wovon wir bereit zu ſprechen Gelegenheit hatten. 

$ 353. Zu den tropijchen Reichen ijt in gewiller Beziehung auch das 
auftralifche zu zählen, denn in feiner Vogelwelt zeigt fich ſowohl in den 
verichiedenen Ordnungen, wie in der Artendichtigfeit ein entjchieden tropijcher 
Charakter. Aber feine Säugetierwelt unterjcheidet fich jo auffallend von 


Oſtindiſches 
Reich. 


Auftzalifches 
Neid, 


446 Behntes Kapitel. 


den Landfaunen der ganzen übrigen Erde, daß es in bezug auf feinen 
Wert als zoologiſche Einheit mit feinem anderen Neich verglichen werden 
kann. Ein Kontinent, nahezu von der Größe Europas und in einigen 
Zeilen recht fruchtbar, beherbergt feine anderen Säugetiere als Beutel- und 
Schnabeltiere, einige Flattertiere und Ratten und Mäufe; die übrigen acht 
Samilien, die noch als dem Neiche zugehörig angeführt werden, kommen 
nur auf den öftlichen malayiſchen Inſeln vor, und drei von ihnen haben 
eben erjt die oftindiich=auftraliiche Grenze überfchritten. Das Benteltier 
ift der echt auftraliiche Typus; von den fieben Familien desjelben kommen 
jech3 nur in Auftralien und eine nur in Amerifa vor; 24 Gattungen der 
erfteren find nur auf das auftralifche Feſtland bejchränft und nur neun 
verbreiten fich über die nördlichen Injeln. ?/, aller auftraliichen Säuge- 
tiere find Beutler, und da unter ihnen ſowohl Raubtiere ala Inſektenfreſſer 
und Nagetiere vorkommen, jo erfüllen fie alle jene Aufgaben im Haushalt 
der Natur, die fonft überall verjchiedenen Säugetierordnungen zufallen. 
Bekanntlich find fie die älteften Säuger; fie treten bereit? in der Sura- 
formation auf, und es ift daher wohl anzunehmen, daß Auftralien fid 
Ihon in der Xertiärzeit von der alten Welt trennte. Die Schnabeltiere 
find zwar noch nirgends im foſſilen Zuftand gefunden worden, aber jeden- 
falls find fie ein Typus von ſehr hohem Alter, denn fie nehmen eine eigen: 
tümliche Mittelftellung zwifchen der Bogel- und Säugetierklaſſe ein. Einige 
Syſtematiker vereinigen fie mit den Zahnarmen, andere mit den Beuteltieren; 
aber in jedem Fall gehören fie zu den älteften Schöpfungen, die nur nod 
auf den Südkontinenten erhalten find. 

In der auftraliichen Vogelwelt fehlen auch einige, fonft allgemein ver: 
breitete Familien, wie die Finken, Spechte, Geier und Fafanen, und andere, 
die in Oftindien bejonders reich entwidelt find. Dafür find manche Fami—⸗ 
lien nur auf dag auftralifche Reich beichränft oder überfchreiten nur in 
wenigen Arten deſſen Grenzen, wie die Baradiesvögel, Honigfauger, Leier: 
Schwänze, Strauchvögel, Kakadus, Grasfittiche, pinfelzüngigen Papageien, 
Großfußhühner und Kafuare. Bejonders dharakteriftiich find die Honig- 
jauger, die durch das ganze Reich verbreitet find. Die Papageien und 
Zauben erreichen bier den Höhepunkt ihrer Entwidelung, ſowohl in bezug 
auf Artenzahl, wie au) auf Schönheit der Formen und Farbenpracht. 
Namentlich ift die große Menge von Tauben ebenfo Iehrreich, wie die der 

volgende. Veuteltiere, denn beide verdanken ihre ungeftörte Entwidelung nur der Ab- 
tier- und weſenheit der gefährlichen ‘Feinde und der jüngern Lebewelt des benad)- 

einen barten Feſtlandes. 

Sinteilung auf $ 354. Nirgends weichen die Floren- und Faunengrenzen jo jehr von 


—2 einander ab, wie im auſtraliſchen Reich. Wir legen kein Gewicht darauf, 


Die geographifche Verbreitung der Organismen. 447 


daß Engler den Nord» und Dftrand des auftralifchen Feſtlandes, ja jogar 
die Nordinjel von Neufeeland in fein tropifches Florenreich der alten Welt 
einbezieht, denn er felbit hält diefe Abgrenzung nicht für unbedingt richtig, 
und will damit nur das VBorhandenfein indischer Elemente in den betreffen- 
den Yändern andeuten. Aber zwei Differenzpunfte von größter Wichtigkeit 
bleiben noch immer übrig. Der erfte betrifft die Stellung des oftmalayijchen 
Archipels, deſſen höhere Tierformen echt auftralifch find und deſſen Pflanzen- 
welt echt indiich ift. Wber wir haben bereit3 oben bemerkt, daß einige 
indifche Säugetierfamilien hier eingedrungen find; und bejonders beachtens- 
wert ift, Daß nad) Pascoe die Käferfauna von Neuguinea entichieden in- 
diichen Urſprungs und von der auftralifchen wejentlich verfchieden ift. Jene 
Urganismen aljo, die fich leichter, namentlich mit Hilfe der Luftſtrömungen 
verbreiten können, jtammen vom Weiten, und dieje neuen Einwanderungen 
haben die urjprüngliche Zebewelt zum Zeil verdrängt. In der Bogelfauna, 
die fi) auf Neuguinea durch eine größere Anzahl von prächtig gefärbten 
Arten, als irgendwo anders, auszeichnet, überwiegt das auftraliiche, d.h. das 
alte Element fchon bedeutend, und in der Säugetierfauna herricht e3 aus- 
ſchließlich. Diefe Abftufung ift außerordentlich Iehrreich; wir find bier 
Zeugen eines Prozeſſes, der, wie wir fahen, in Afrifa jchon zu einer 
völligen Umgejtaltung der Tierwelt geführt Hat. 

Für die Stellung Polynefiens, wo Säugetiere ganz fehlen und Reptilien 
ielten find, ift die Vogelfauna entjcheidend. Won den 64 Gattungen, die 
der Wallace'ſche Katalog als polyneſiſch aufzählt, find 15 endemifch 
(darunter 7 nur auf den Sandwich-Inſeln), 20 ausſchließlich auftra- 
liſch, 14 oftindifch, 1 afrikaniſch und 14 fosmopolitifch oder wenigstens in 
den Tropen der alten Welt allgemein verbreitet. Die Dazugehörigfeit Boly- 
neſiens zum auftraliichen Reich kann fomit als fichergeftellt angejehen werden. 

Ein dritter Differenzpuntt, das ozeaniſche Neich Engler’3 betreffend, 
it nur von untergeordneter Bedeutung. Wir haben die Bedenken, die 
Drude gegen die Aufftellung dieſes Reiches ausſprach, jchon an einer 
anderen Stelle (S. 419) mitgeteilt; und in der That ſchrumpft dieſes aus⸗ 
gedehnte Florenreich zu einem auftralifchen zufammen. Beziehungen zwijchen 
dielem und Südafrika, beſonders aber Südamerika zeigt aber auch Die 
niebere Tierwelt, bejonders die Amphibien, die Süßwaſſerfiſche und Die 
Inſekten. Den Gedanken an einen ehemaligen Landzujammenhang wies 
bon Wallace zurüd; er erklärte die nahe Verwandtſchaft in einigen 
Birbeltiergruppen, die nur in Südamerika und Aujtralien gefunden werden, 
teils durch die Annahme, daß einige biefer Gruppen (3. B. die Baumfröjche) 
Reſte von einft weitverbreiteten Familien jeien, teil® durch Verſchleppung 
mittel3 ſchwimmenden Eiſes. 


Gegenſag der 
Sid. u. Nord: 
kontinente. 


448 Zehntes Rapitel. 


$ 355. Die Tiergeographie belehrt ums in eindringlichſter Were über 
den großen Gegenſatz zwiichen den Nord: und Südkontinenten. In bezug 
auf die Säugetiere (mit Ausnahme der fliegenden und ſchwimmenden), dir 
ſich Stets als die zuverläfftgiten Führer bei Unterfuchungen über Wer: 
änderimgen der Erdoberfläche erweiſen, repräſentieren die drei ſüdlichen 
Feſtländer und Die Neftinjel Neuſeeland vier Entwickelungsſtadien, Die genau 
dem Grade ihrer Nolterung entſprechen. Weitab von allen Feſtländern 
liegt Neuſeeland, das der Züugetiere gänzlich entbehrt. In der Nähe von 
Aſien befindet ſich Auftralien, das aber feine inſolare Abgeichlofienheit noch 
bewahrt hat, und nur einige Säugetiere von uralten Typus beſitzt. Sud 
amerika, das jeßt durch eine Schmale Yandbrüce mit dem nördlichen Feſt— 
Lande zuſammenhängt, hat Schon eine veichere, wenn auch noch immer Vehr 
unvollftändige Säugetierfaung und beherbergt noch mehrere alte Typen, 
wie Zahnarme und Bentler. Afrika endlich, das zu verſchiedenen Zeiten 
an verschiedenen Stellen mit Europa und Miten in Verbindung trat, hat 
die vollftändigfte Säugetierfaung, aber auch hier fehlen einige wichtige, ſonit 
in der alter Welt verbreitete Familien. Es iſt beachtenswert, daB geradi 
die leßteren beiden Nontinente uns em Bild ihrer ehemaligen gauna in der 
Tierwelt von Weſtindien und Madagaskar binterlatlen haben. 

Von der lange dauernden Molterung der Südkontinente zeugt auch ıbr 
hoher Prozentſatz au endemiſchen Gattungen im Vergleich zu den nörd 
lichen Feſtländern: 


Endentihe Gattungen in Prozenten 
aller vorhandenen Gattungen: 


Landſäuge; 


XI6 RN 
. Roge 
tiere Vögel 


Nordkontinente: 
Nordamerikaniſches Weich. 


Paläoarktiſches Reich 
Oſtindiſches Reich 
Südkontinente: 
Auſtraliſches Reich 
Afrikaniſches Reich 
Südamerikaniiches Neid) 





In den merkwürdigſten dieſer endemiſchen Formen gehören die großen 
Laufvögel, die ine Eocän auch Europa und in der Miocänzeit and 
Vorderindien bewohnten, jetzt aber mur auf die Südkontinente beſchränki 
ſind. Ihr Vorkommen deutet auf eine lange Abweſenheit der großen 

I Tie Tabelle 2 auf S. 433 zählt zwar zwei Arten im außertropiſchen Reich der 
alten Welt auf, aber diefe bewohnen mur die neutrale June zwiſchen diefem und din 
afrikanischen Reich. 


Die geographilde Verbreitung der Organismen. 449 


Raubtiere. In Afrika bewohnt der Strauß nur die nördliche Wüſte, wo 
er von Feinden weniger gefährdet ift; fein nächjter Verwandter ift der ſüd— 
amerifanische Nandu. Auftralien hat den Emu und gemeinfam mit den 
vapuaniſchen Inſeln die Kafuare, und Neufeeland den Kiwi. Auf der 
(teren Inſel wohnten noch zwei andere Familien gigantiicher Laufpvögel, 
von denen die legten wohl erſt vom Menfchen ausgerottet wurden. Auch 
die Riefenvögel von Madagaskar dürften erft in der geologijchen Gegen- 
wart ausgeſtorben jein. 

$ 356. Das oftajiatifche und dag Mittelmeergebiet, welches Bir 
auch die vorderafiatischen Hochländer umfaßt, find durch die Erhaltung gaunenreice. 
mehrerer tropiicher Formen ausgezeichnet, in ihrer Tierwelt ebenfo wie in 
ihrer Pflanzenwelt. Zu den mediterranen Ausläufern der warmen Zone ge- 
hören eine Heine Affengattung, Macacus, welche Nordafrifa und den Felſen 
von Gibraltar bewohnt, mehrere Fledermausgeichlechter, einige Antilopen- 
gattungen, darunter die Gazelle, welche ji) von Nordafrika bis Iran 
verbreitet, das Stachelichwein in Südeuropa und Baläftina, die Zibeth— 
tage (Genetta), die in Südeuropa, Nordafrifa und Paläftina gefunden 
wird, und mehrere Raubtiere, wie die Hyäne, der Löwe, Leopard, Serval 
und Iagdleopard, die Nordafrifa und zum Teil auch das mediterrane 
Aien durchitreifen. Weniger befannt find die Vögel, doch weiß man, 
daß fie in Paläftina und Perfien einen entjchieden außertropifchen Cha⸗ 
takter tragen. Im oftafiatifchen Übergangsgebiet treffen wir neben einer 
oittibetanifchen Affenart, die ein dicker Pelz gegen die Kälte ihrer Heimat 
ihügt, wieder den Macacus, der bis Japan hinauf geht, die Zibeth- 
tage und das Stachelichwein an, ferner die oftindifche Wiederfäuergattung 
Nemorhedus und das ebenfalls ojtindifche Flughörnchen. Die chineſiſch— 
japanische Vogelfauna, für die die Faſanen charakteriftiich find, unterjcheidet 
ſich von der mediterranen durch ihr vorwiegend tropiiches (oftindifches) 
Gepräge, und ebenjo find die japanischen Reptilien und Käfer ftarf mit 
Elementen der warmen Zone gemijcht. 

Den übrigen Teil des außertropijchen Reiches der alten Welt fcheidet 
Rallace in ein europäiſches und ein afiatifches Gebiet. Gegen dieſe 
Einteilung, die von der floriftifchen beträchtlich abweicht, Laffen fich einige 
VBedenklen erheben. Centralafien jcheint ein ziemlich gut markiertes Faunen⸗ 
aebiet zu fein; es wird vor allem durch feine zahlreichen Huftiere charak⸗ 
tenifiert, von denen mehrere, wie das Pferd, das zweibudelige Kamel, der 
Jak, das Mofchustier und ein paar Antilopengattungen bier ihre Hei- 
mat haben. Die Nadelwaldzone ift durch Pelztiere, Nentiere und an- 
dere nordiſche Formen auögezeichnet. Durch die Abtrennung biefer beiden 


Gebiete würde fich die fauniftifche Einteilung fchon fehr „er pflanzen» 
Supan, Phyfiſche Erdkunde. 





Unterſchied 
zwiſchen den 
nördlichen und 
tropiichen 
Reichen. 


450 3ehntes Kapitel. 





geographiichen nähern, aber freilich lafjen ftch vom rein zoologifchen Stand 
punkte aus die Grenzen ſchwer ziehen, während die Florengebiete, die hier 
hauptjächlich durch die klimatiſchen Verhältniſſe bedingt find, ſich ſehr ſchari 
von einander abjondern. 

In Nordamerika ſtimmt die fauniſtiſche Einteilung mit der floriftiichen 
bejier überein. Zunächſt wird eine ſubarktiſche Zone von der Jüdlichen 
abgetrennt, und dieſe wieder in eim öftliches und weftliches Gebiet, meld 
letzteres durch die Gabelgemſe, das Bergſchaf, die Bergziege und den Prärie- 
Hund ausgezeichnet ift, geteilt. Nur darin weicht Wallace von Engler 
ab, daß er Kalifornien zum Nang eines felbitändigen Gebietes erhebt, 
während e3 nad Engler mur eine Provinz des weftlichen Gebietes it: 
ein Differenzpunft, der ung auch bei der Auffaſſung der weſtindiſchen Tier: 
und Pflanzenwelt begegnet. Die kaliforniſche Fauna ift Durch einige 
tropische Elemente ausgezeichnet, wie durch die Blattnaſen und Hundskopf— 
Fledermäuſe, durch mehrere jüdamertfanische Bogelgattungen und eine 
Pythonſchlange. Arch beſitzt ſie zwei endemiſche Familien, das Nagetier 
Sewellel und die den Zaunkönigen verwandten Chamaeidae. 

$ 357. Vergleichen wir die beiden außertropiſchen Reiche mit denen 
der warmen Zone (ausschließlich Australien) — wobei wir uns, wie aud 
in den folgenden Erörterungen, auf die beiden höchſten Klaffen und inner: 
halb derjelben auf die Yandtiere beichränfen —, jo gewinnen wir eig 
wichtige Geſichtspunkte. Zunächſt fallt uns der Mangel mehrerer wichtiger 
Familien, ja fogar einiger Ordnungen des Tropengürtel® auf, ſowie die 
geringere Artenmenge und Artendichtigfeit: Erſcheinungen, deren Urſachen 
wir Schon an einer anderen Stelle angeführt haben. In der Säugetier— 
faung nehmen die Nagetiere die erfte Stelfe ein; wenn ihre Artenzahl 
auch in Südamerika größer ift, jo treten fie doch auch hier unter der 
großen Menge der übrigen Säuger mehr zurüd, als in den arftilchen 
Reichen.! Die Inſektenfreſſer ſind hier jo ziemlich in gleicher Zahl vertreten, 
wie in Mrifa und Oſtindien, aber relativ ſpielen fie eine hervorragender: 
Holle. Dagegen haben die Dickhäuter, die nur durch die Familie der 
Schweine repräfentiert werden, in der gemäßigten Zone ſehr abgenommen, 
aber wir werden ſogleich ſehen, daß dieſes, wenigstens in der alten Welt, 
ein verhältnismäßig nener Zuftand ift. Unter den Landvögeln bilden die 
Singvögel in allen Neichen, mit Ausnahme von Auftralien, 60— 70 Prozent 
aller Arten, aber in den außertropischen Reichen chvas mehr als in din 
tropischen. Die leßteren ſind endlid) nicht bloß abjolut, ſondern audı 

’ Auf die Nagetiere entfallen in Nordamerifa 56, im außertropijchen Reich der alten 


Welt 40-7, in Südamerika 375, in Titindien 28 und im tropiihen Afrika 22-7 Prozent 
allev Süugetierarten. 


Die geographifche Verbreitung der Organismen. 451 


relativ reicher an Tauben und beſonders an Kletter- und Schreivögeln, 
dagegen relativ ärmer an Hühnern und Raubvögeln. 

$ 358. Die Fauna der nördlichen Reiche hat aber im Laufe der prä- 
kiftorifchen und Hiftorifchen Zeit mehrfache Veränderungen erlitten, und 
dieſe find für den Geographen um fo intereffanter, al3 fie wohl zum größten 
Zeil durch den Menjchen veranlaßt wurden. Daß der lettere mit den 
großen Didhäutern, dem Mammut und dem wollhaarigen Rhinozeros, 
iowie mit mehreren ausgeftorbenen Naubtieren, wie dem Höhlenbären, 
Höhlentiger (fälſchlich Höhlenlöwe genannt), Höhlenwolf und der Höhlen- 
buäne, in Europa zufanmmenlebte, ift durch mehrfache Funde fichergejtellt ; 
aber ihr völliger Untergang erfolgte ſchon zu einer Zeit, von der uns feine 
ſchriftliche Nachricht Kunde giebt. Viel fpäter erlagen die großen Wieder: 
tüuer, bie noch im Nibelungenlied genannt werden: der Wilent (Bijon), 
der Ur oder Auerochs, der Stammvater unferes zahmen Windes, und der 
Schelch oder Niefenhirih. Der Bilonftier kommt nur noch in einem Di- 
tritt im Kaukaſus und im Bialowiger Wald (ruffiiches Goupernement 
Grodno), Hier aber nur im gehegten Zuftand vor. Der Ur lebte in 
Frankreich noch im 5. Jahrhundert unferer Beitrechnung, im Harz nod) 
im 7., in Böhmen noch im 14. und in Polen noch im 16. Jahrhundert; die 
Ausrottung beider Stiere jchritt alfo mit der Kultur von Weften nad) 
Often fort. Das Nentier bewohnte einft ganz Mittel- und Wefteuropa, 
wurde aber aus Frankreich jchon in vorgefchichtlicher Zeit verdrängt, wäh- 
rend es in Deutfchland noch zur Zeit Cäſar's lebte und in Nordichottland 
noch im 12. Jahrhundert gejagt wurde. Jetzt ift es in Skandinavien über 
den 60. Barallel zurücgedrängt, in Afien geht aber feine Agquatorialgrenze 
viel tiefer herab und erreicht an der Dftfeite der alten Welt 46%B. Das 
Elen, das noch zur Zeit der ſächſiſchen Kaifer die deutichen Wälder be- 
wohnte, ift Daraus verjchwunden und kommt mit Ausnahme einiger preu- 
ßiſchen Forſte, wo es gehegt wird, nur noch in Skandinavien vor. Die 
Hafen, Hiriche, Rebe, Wildfchiweine und Gemſen vermindern fich zufehends; 
der Steinbod, früher im ganzen Alpengebirge zu Haufe, findet fich jetzt nur 
nn am Monterofa. Notwendig war der Vertilgungsfrieg gegen die 
Raubtiere, von denen der Wolf, Luchs und Bär aus Mittel- und Weſt⸗ 
aropa zum größten Zeil verichwunden find. Der Löwe, der noch zur Zeit 
der Berferkriege über ganz Griechenland bis nad) Thracien fich verbreitete, 
it jegt aus Europa gänzlich verwiejen. Im dicht bevölkerten China finden 
die Raubtiere jelbitverftändlich auch keinen Plag mehr. In Nordafien und 
in Nordamerifa vermindern fich die Belztiere ftetig, und auch ber nord⸗ 
ameritaniiche Bilon, der manchmal in Herden von 20000 Individuen die 
Brärieen durchftreift, hat ſich ſchon aus vielen Gegenden zurückgezogen. 

29* 





diſtoriſche 
Veränderungen 
der noͤrdlichen 
Fauna. 


Beſtandteile 
der noͤrdlichen 
Säugetier- und 

Bogelfaun«. 


52 I Bchntes Aapitel. J 


$ 359. In beiden nördlichen Reichen werden die einzelnen Ordnungen 
der LZandjäugetiere durch folgende allgemein verbreitete Familien ver- 
treten: Die SSlattertiere Durch die echten Fledermäuſe, die Inſektenfreſſer 
dur die Maulwürfe und Spitmäufe, die Naubtiere durch die Katzen 
(deren hervorragenditer Repräjentant der Luchs mit verfchiedenen Arten in 
beiden Hemifphären ift), die Wölfe und Füchſe, die Wiefel und ihre Ver— 
wandten und die Bären; die Huftiere durch die Schweine, Hirjche und 
hohlhörnigen Wiederfäuer, die Nagetiere endlich durch die Ratten und 
Mäufe, Springmäufe, Biber, Eichhörnchen und Hafen. 

Innerhalb diefer Familien bejteht ein auffallender Gegenjab zwiſchen 
Nordamerika und der alten Welt in bezug auf die hohlhörnigen Wieder- 
füuer. Das nordamertlaniiche Reich bejitt davon nur 5, das paläoark⸗ 
tiſche (alte Welt) aber 52 Arten, alfo mehr als irgend ein anderes Reich mit 
Ausnahme des tropiichen Afrikas. 32 Arten entfallen auf das Gazellen- und 
Biegengefchlecht, von denen das erftere in Nordamerika ganz fehlt, und das 
legtere nur durch eine einzige Art vertreten if. Es unterliegt keinem 
Zweifel, daß die größere Ausdehnung der Steppen in der alten Welt die 
Entwidelung diejer Familien hauptjächlic förderte. Sonft ift noch Europa 
und Alten durch eine bedeutend größere Anzahl von Fledermäuſen, Maul: 
würfen, Katzen, Hirſchen und Springmäujen ausgezeichnet; dafür befitt 


Nordamerika beträchtlich mehr Spihmäufe, Canidae und Eichhörnchen. 


Beziehungen 

ber nördlichen 
Reiche zu 
einander. 


Dazu kommen noch einige charakteriftiiche Samilien, die nur in einem 
der beiden Reiche allgemeiner verbreitet find. In Nordamerika find folche 
die Tafchenratten und die auch in Südamerika vorkommenden Wafchbären 
und Baumftachelichweine. Dagegen fehlen hier die Pferdehuf⸗Fledermäuſe, 
der Igel, die Maulmwurfsratten und der Siebenfchläfer, endlich auch die 
Pferde und Kamele, die aber noch in den jüngften nordamerifanischen 
Tertiärablagerungen gefunden werden. Ja es ift fogar wahricheinlich, dab 
der Kameltypus in der neuen Welt feinen Urjprung nahm. 

Es fei Hier nur noch erwähnt, daß wir in der Klaſſe der Landvögel 
ähnlichen Gegenſätzen begegnen. Die in beiden Weichen allgemeiner ver: 
breiteten Familien zählen mit Ausnahme der Schlüpfer und Kufufe in der 
alten Welt mehr Arten, ala in der neuen; bejonder8 auffallend ift Diefer 
Unterjchied in der Gruppe der Sänger, von denen das palävarktiiche Reid) 
126, Nordamerika aber nur 10 Arten befitt, und in der der Lerchen, wo 
ih das Verhältnis wie 23:1 ftellt. 

$ 360. Nach diefem kurzen Überblid wollen wir an die Yrage heran: 
treten, ob e3 auch dem Xiergeographen, wie dem Pflanzengeographen, ge- 
ftattet fei, die beiden nördlichen Reiche zu einem Weich zu verjchmelzen. 
Bon den Landfäugern kommen vor: 


Die geographiſche Verbreitung der Organismen. 453 





in beiden Reihen . - - » > 2 2 2 20202000. 17 Familien 
nm im palüvarftiihen -. . 2 2 2 13 >= 
= nordamerifaniihen . . 6 = 


‚yemer werden von den Vögeln (mit Ausſchluß der Wat- und Schwimm⸗ 
vögel) gefunden: 


in beiden Reihen . . . 2 2 2 2 2 2 nn. 26 Familien 
nur im paläoarktiſcheen. 183 = 
⸗ nordamerikaniſchen .. 8 = 


Es überwiegen alſo in jedem Reiche bie gemeinfamen Familien. 
Aber ein anderes Reſultat erhalten wir, wenn wir auf die Gattungen 
berabgeben, Die (im Gegenſatz zu den Pflanzen, die in Europa und Nord⸗ 
amerifa hauptjächlich nur in verſchiedenen Arten auftreten) ſtark von ein- 
ander abweichen:! 
Zandfäuger Landpögel 
54 


1. Gemeinjame Jauna. . . . 2 2 20. 27 
davon fosmopoliti . . en 5 21 
2. Nur im palävarftiichen Reid. 62 123 
davon a) endemüh . . 34 52 
b) auch in ben Tropen ber alten Welt 28 71 
3. Nur in Nordamerila . . 2 2 2 20. 34 114 
davon a) endemiih . . . 22 46 
b) au) in den Tropen der neuen Belt 12 68 


In den Saunen der nördlichen Reiche miſchen fich aljo drei Elemente: 
das endemihche, das tropiiche und das gemeinjame. In der Säugetierwelt 
uberwiegt in der alten Welt das endemijche und in der neuen Welt das 
geneinfame, in der Vogelfauna beider Reiche aber das tropiiche Element, 
und zwar in gleichem prozentiichen Verhältnis, während es in der paläo- 
arftiichen Säugetierwelt infolge der breiten Yandverbindung mit den Tropen- 
reihen mehr vorherrfcht. Wir dürfen uns alfo nicht wundern, daß ſich 
Ballace in eindringlichiter Weife für die Trennung der beiden Reiche 
ausiprach, indem er zugleich auch darauf hinwies, daß eine ſolche Scheidung 
bereitz in der Tertiärzeit beſtand.“ Anderſeits wäre e8 aber unverftändlich, 
wenn der Pflanzen- und der Tiergeograph zu ganz differenten Refultaten ge- 
langen würden. Der Widerjpruch Löft fich aber, wenn man beachtet, daß 
in beiden Neichen das gemeinfame Element gegenüber den beiden an- 
deren immer mehr in den Vordergrund tritt, je mehr wir ung dem Pole 
nähern. Es ift allerdings richtig, daß in Kanada noch einige echt ameri- 


! Die Tabelle gründet fi auf den Katalog von Wallace. 
* Ebenjo beitand im großen und ganzen aud) damals fchon der jepige Floren⸗ 
unterfchieb zwifchen Nordamerika und Europa. 


Rüdhlid. 


454 Behntes Kapitel. 


kaniſche Säugetiere bis an. die Ufer der Hudſonsbai und bis in das nörd- 
liche Labrador vordringen, und daß auch ſüdamerikaniſche Vögel, wie die 
Stelzen, der Königswürger und der Kolibri diefe Gegenden bejuchen; aber 
man darf auf diefe Thatfache fein allzugroßes Gewicht legen, denn fie hängt 
mit der Beweglichkeit der Tiere im Gegenfaß zu den an den Boden ge: 
feffelten Pflanzen zufammen, daher die Flora unter allen Umftänden einen 
gleichförmigeren Charakter befigt, al3 die Yauna. Um fo beachtenswerter 
ift e8 aber, daß von dem ftreng arktiſchen Tieren 3 Säugetiergefchlechter (Fjäll: 
frag, Lemming und Nentier) und 2 Säugetierarten (Eisbär und Polar: 
fuchs), 3 Gattungen Landvögel und 6 Gattungen Waſſervögel eine cirkum: 
polare Berbreitung haben. In Torell’3 Katalog der arktischen Vögel 
finden fic) unter 159 Arten 69 (aljo 43-4 Prozent), die in Amerifa umd 
in Europa vorfommen. Die mitgeteilten Zahlen imponieren allerdings nicht 
durch ihre Größe, aber man muß fie in Vergleich jegen mit der Dürftig- 
feit der arktischen Tierwelt, um ihre Bedeutung würdigen zu lernen. Un: 
ftreitig würde die Aufftellung eines cirfumpolaren arktiſchen Faunen: 
reiche3 annähernd mit den von Schmarda feſtgeſetzten Grenzen den 
thatjächlichen Verhältniffen am beten entfprechen. E3 wäre auch ein paſſen— 
der Ausdrud für das große, ſowohl für die Pflanzen, wie für die Tiere 
geltende Gejeß, daß in der Richtung vom Nordpol zum Aquator die Spaltung 
und Differenzierung der Formen zonenweife zunimmt, indem eine cirfumpolare 
Form fich zuerft in Arten, dann weiter ſüdlich in Untergattungen und 
endlich in gut unterjchiedene Gattungen teilt, von denen einige Die alk, 
die anderen die neue Welt bewohnen. 

$ 361. Werfen wir noch einen Blick auf die gewonnenen Refultate. 
Die beiden großen Gegenſätze, die das Leben der Erdoberfläche beherrſchen, 
der Gegenſatz zwilchen den beiden Nord- und den drei Südfontinenten einer: 
feit8 und der weftlichen und öſtlichen Landmaſſe anderfeit3, kommen in 
der geographifchen Berbreitung der Höheren Tiere zum jchärfften Aus— 
drud. Ungleich reicher an Arten ift die alte Welt, deren größeres Area! 
die Entwidelung des Tierlebeng mächtig fürdern mußte; aber in der Arten- 
dichtigfeit übertrifft forwohl dag nordamerikaniſche das palävarktifche, wie 
das ſüdamerikaniſche das afritanifche Neich jelbft dann noch, wenn man 
die Nagetiere von der Rechnung ausfchließt; e8 muß dieſes Ergebnis 
beſonders betont werden, weil e3 das alte Dogma von der reicheren 
Slora aber ärmeren Fauna Amerikas etwas modifiziert. Die eigentliche 
Geburtsftätte der modernen Tierwelt ift die nördliche Hemifphäre, dent 
jelbft Formen, die, wie die Beuteltiere, nur noch auf den füblichen Felt: 
ländern vortommen, bewohnten in früheren geologifchen Perioden auch uniere 
Gegenden. Die füdlichen Kontinente haben je nad) dem Grade und ber 


Die geographiſche Verbreitung der Organismen. 455 


Tauer ihrer Iſolierung verjchtedene Einwanderer erhalten, wodurch inner- 
halb der Wendekreiſe weſentlich verjchiedene Tierreiche fich herausbildeten. 
In den mittleren und höheren Breiten der arktiſchen Halbfugel haben da⸗ 
gegen die tiefeingreifenden Stlimaänderungen jeit der Tertiärzeit die Ent» 
widelung des gejamten organijchen Lebens unterbrochen. Überall begegnen 
wir bier im pofitiven, aber mehr noch im negativen Sinne den Spuren 
der Eißzeit, und nur in den beglüdteren füdlicheren Ländern finden wir 
noh Reſte einftiger Tropenfülle. 

8 362. Das Tierleben des Meeres ift von geringerem geographi- 
ihen Intereffe. Der Korallenriffe und der organischen Tiefjeeablagerungen 
baden wir bereit3 an einer anderen Stelle gedacht; die Würdigung der 
intimen Beziehungen des Menjchen zu einigen Gruppen der marinen 
Fauna, die Gegenftand der Großfilcherei find, müfjen wir der Anthropo- 
geographie überlajfen. Doch find einige Punkte in der Verbreitung der 
marinen Zierwelt von allgemeiner Bedeutung für die theoretiiche Erdfunde, 
und diefe wollen wir, ohne und in Details einzulafien, an der Hand der 
lihtvollen Auseinanderfegungen von Th. Fuchs in Kürze befprechen. 

Die marine Sauna befteht aus einigen Säugetieren (Delphine, Bott- 
md Walfiſche, Walroſſe und Seehunde, von denen die beiden lebteren aber 
zum Zeil auch auf dem Lande leben), Fiſchen, Weichtieren, Kruftentieren, 
Bürmern, Stachelhäutern, darmlojen und formlojen Protoplasmatierchen. 
Fine erhebliche Zahl diefer Tiere findet ſich nur in ziemlicher Entfernung 
von der Küfte, Fuchs faßt diejelben unter der Bezeichnung „pelagifche 
Fauna“ zujammen. Die meiften derjelben halten fich bei Tag in größerer 
Ziefe auf und kommen nur in der Dunfelheit an die Oberfläche, weshalb fie 
ih bis auf die neuere Zeit den Blicken des Beobachterd entzogen, wodurch 
die hohe See in den Ruf fam, eine Einöde ohne organifches Leben zu fein. 
Ta das Meer den Wanderungen feiner Bewohner feine Schranten jebt, und 
die Temperaturverhältnifje des offenen Ozeans, mit Ausnahme des polaren, 
don in mäßiger Tiefe jehr gleichförmig find, jo ift die pelagifche Fauna im 
Gegenfat zur Tierwelt des Feftlandes im atlantifchen, pazifischen und in- 
diihen Ozean nahezu diejelbe und zeigt nur in den polaren Meeren einige 
agentümliche Züge. Bon den Schneden fehlen in den letzteren die Kiel- 
fißer, von den Würmern die Salpen; ferner fehlen die Quallen und Die 
meiften pelagischen Fiſche. Die Sauna der Bolarmeere ift hauptſächlich aus 
Ropffüßern, ARuberfchneden, Krebſen und den großen Meerfäugetieren zu- 
lammengefebt. 

Einige marine Tiere leben nur in feichtem Wafler, andere nur in 
größerer Tiefe. Die erfteren bervohnen entweder die unterjeeilchen Tang— 
wälder, welche bie Küften bi3 zu 50m Tiefe umfäumen, oder die Kiorallen- 


Anhang über 
bie 


Meeresfaune. 


456 Behntes Kapitel. Die geographifcde Verbreitung der Organismen. 


und Mufchelbänfe, alfo im allgemeinen ebenfall3 nur die oberfte, 40 
bi3 50m mächtige Waſſerſchicht. Schon in einer Tiefe von ca. 160m 
werden überall Tiere von anderem Typus, die jog. Tiefjeefauna, gefunden; 
Fuchs nimmt als mittlere Grenze zwiſchen diefer und der Litoralfauna 
die Tiefe von 90 m an. Es ift nun bejonders beachtenswert, daß Diele 
Tiefengrenze in allen Meeren, in den Eigmeeren, in den Ozeanen und in 
den warmen Binnenmeeren, ziemlich gleich bleibt, woraus Fuchs mit Recht 
Ichließt, daß die Temperatur auf die vertifale Verteilung der marinen 
Tiere ohne Einfluß if. Da aber ebenjowenig die chemilche Beſchaffen— 
heit und der Luftgehalt de3 Meerwaſſers, wie deſſen Bewegung dafür 
die Urſache abgeben fünnen, jo bleibt nur noch ein Faktor übrig, das 
Licht, das nur 80 — 90 m tief in die Waffermafje eindringt, wenn aud) 
abfolute Finſternis erft jenfeit3 einer Tiefe von ca. 350 m herrſchen dürfte. 
Fuchs bezeichnet daher die Litoralfauna als die Sauna des Lid) 
tes und die Tiefleefauna als die Faunag der Dunkelheit. Damit 
hängt auch die Lebensweiſe der Tieffeefauna, von der oben die Rede war, 
zujammen. 

Bon ca. 90 m Tiefe big zum Meeresgrund ift tieriiches Leben ge: 
funden worden, doc) erreicht e8 den Höhepunft feiner Entwidelung in ca. 
1000 m Tiefe, und Fuchs ift der, allerdings nicht allgemein geteilten, An- 
fiht, daß es jenfeits von 4500 m Tiefe nahezu erlifcht. Stachelhäuter 
und Schwänme herrichen in großer Tiefe entichieden vor. Es iſt bezeich— 
nend, daB die Tiefjeefaung derjenigen der früheren geologiichen Perioden 
ungleich ähnlicher ift, als die Litoralfauna; ein Beweis, daß die phyſika— 
liſchen Verhältniſſe in den ozeaniſchen Tiefen fich nicht wejentlich geändert 
haben. 











Regiiter. 


(n bedeutet Rote. Die Autorennamen find gefperrt gebrudt.) 


Aachener Kohlenmulde 318. 

Achquelle 364. 

Aaleſjund, Wintertemperatur 45. 

Ar 365, 

Xısblume 416. 

Atdaſien, Waldgrenze 399. 

Adahungsthäler 277. 

Abdammungsſeen 372. 

Abdämmungsſtufen 275. 

Abeifinien, Gewitter 106, Echneegrenze 110, 
Ambas 348, Waldgrenze 400, Flora 420, 
Fauna 445, 

Atfluſßloſe Gebiete 286. 

Abgegliederte Halbinjeln 208. 

Abgliederungsinfeln 219. 

Abich 108, 379. 

Ablagerungsgebiete 285, 290. 

“eentung horizontal ſich beiwegenber Kör⸗ 
ver 65 

*tplattung der Erde 4. 

Arafion 184, 285. 

Adraſionsfläche 199. 

Abichmelzung der Gletſcher 122. 

Atiolute Feuchtigkeit 88. 

Adiolute Höhen und Tiefen 147. 

Abjteigende Quellen 246. 

Atufir, See v., 207. 

Adeniee und ⸗Thal 315, 373. 

Aderberge 317. 

Ada 381. 

Adriatiſches Meer, Tiefe 143, Flutgröße 161. 

fen 433, 434, 436, 442, 443, 444, 449. 

Srenbrotbaum 893. 

ife, höchſte Breite 16, Grenzen 17, 
Areal 19, Cherflähe 23, Hauptlinien 24, 
Zemperatur im Winter 44, 46, im Com: 


mer 49, im Kahresmittel 50, Temperatur= 
zonen 51, Zuftörud und Winde im Win- 
ter 78, im Sommer 79, Regen 96, 98, 
tropiſche SKlimaprovinz 1380, Niveau: 
veränderungen 194, 196, Dünen 206, 
feine Halbinfeln 208, Xaterit 244, ab- 
flußlofe Gebiete 287, 288, mittlere Höhe 
294, Bultane 332, Erdbeben 344, Tief: 
ebenen 353, Depreffionen 861, Flüffe 362, 
366, Waflerfcheiden 368, Seen 377, Pal⸗ 
men 390, 391, alpine Waldgrenze 898, 
400, Urwald 405, Balmenmwälder 406, 
Savanen 407, Savanenwälder 408, Step⸗ 
pen u. Wüſten 410, 411, Bufchland 412, 
Flora 414, Nahrungsgewächſe 429, Fauna 
433, 441, 442, 443, 447, 448. 


. Hgdifches Meer 143, 332. 
Agaven 394, 407, 411. 
Agh Sibyr 335. 

| Agina 332. 

Agramer Erdbeben 337. 
Agulhasitrömung 166. 


Ahorn 406. 

| Ahren-Tauferer:Thal, mitt!. Böſchung 189. 
Airy 9. 

: Alanthus 416. 

Akazien 406, 408, 412. 

Akiz⸗See 372. 


Akmolinsk, Verdbunftung u. Regen 880 n. 
Alagös, Waldgrenze 399. 
Alakul 380. 


Alaſchan, Waldgrenze 399. 


| 


Alasta, Bodeneis 51, Waldgrenze 395. 
‚ Mastatiefe 140. 

' Albaner Gebirge 380. 

Aldabra 217. 


458 


Aletjchgletiher 115, 125, Pflanzen 402. 


Alerandrien, Regen 96, 

Algen 403. 

Altbertberg 42. 

Alleghanied 22, Bau 299, Höhe 305, Durch: 
bruchsthäler 311, Waſſerſcheiden 313, 
Waldgrenze 400. 

Aller 364. 

Allier 365. 

Alligator 436. 

Alluvium 6. 

Aloë 386, 392. 

Alpaka 443. 

Alpen, Unterſchied zwiſchen Sonnen- und 
Schattentemperatur 40, Regen 105, Hagel 
108, Schneegrenze 110, Gletſcher 123, 
125, Böſchungen der ſteileren Querthäler 
139, höchſte kalte Tuelle 247 n, Klam— 
men 267, Erdpyramiden 269, Thalbildung 
272, Moränenlandſchaften 286, mittlere 
Höhen 295, 306, 307, Fächerſtruktur 246, 
Betrag des Zuſammenſchubes 297, Bau 
299, 302, Einteilung 303, Richtung 304, 
Kammbildung 307, Yüängsthäler 307, 
Durchbruchsthäler 310 f., Gliederung 312, 
313, Waſſerſcheiden 313, Thalwaſſer— 
jcheiden 313, Vulkane 330, Werbältnig 
zur europ. Dauptivajfericheide 363, Seen 
373, 375, 376, 379, Flora 835, 420, 
Waldgrenze 398, Getreidegrenze 426, 
sauna 437, 438. 

Alpenſyſtem 21. 

Alpen-Windröschen 355. 

Alpine Flora 419, 

» N langenregion 387, 359, 402. 
„Tiere 438, 

» Waldgrenze 398. 
Altai 21, Schneegrenze 110, 
390, Getreidegrenze 426. 
Altar, Schneegrenze 110, Waldgrenze 399. 

Altdorf. Temperatur S6 n. 

Alte Floren 410. 

Altozeaniſches Florenreich 419, 447. 

Almrätten, tägl. Wärmeſchwankung 26. 

Altwaſſer 262. 

Aluthathal 309. 

Amazonas 22, 258, Tiden 162, Mündungs— 
form 2>1,284, Zuitem 364, Große 366. 

Amazonasebene 355, Regen 102, Pflanzen 
309, Wald 404, 405, 106. 

Ambas 348. 

Ameiſen 435. 

Amerika, höchſte Breite 16, Oberflächen— 


Waldgrenze 


Regifter. 


9) 


formen 22, Hauptlinien 25, nordweſtlide 
Klimapropinz 131, Atlant. Klimaprovin; 
131, Erdbeben 344, Tiefebenen 353, Te— 
prejlionen 361, Wajlerfcheiden 363. 

Amerikaniſche Hochlandprovinz, Klima 131. 

Amerikaniſches Küſtengebirge, Schneegrenze 
111. 

Ameritaniiches Mittelmeer, Areal und mittl. 
Tiefe 137, Bodenrelief 143, 214. 

Ammerthal, mitt. Böſchung 13%. 

Ammoniafgebalt der Yuft 28. 

Amphibien 432, 436, VBerbreitungsmitte 
215. 

Amſterdam-Inſel, unterjeeihe Böſchung 
139, Flora 396, 418. 

Amu 366. 

Amur 364. 

Ymurland, 
‚slora 416. 

Amur-Liman: Strömung 167. 

Anakonda 436. 

Andamanen 230. 

Andes, Wärmeabnabme 38, Schneegrenze 
111, Gletſcher 126, höchſte falte Quelle 
247 n, Beſtandteile 363, Wipfel Ion, 
Paßhöhe 307, Waſſerſcheide 311, 3693. 
Seen 375, Pflanzentenionen 397, Wal>: 
grenze 401, waldlojer Zeil 409, alpme 
Flora +21. 

Andeſit 319, 354. 

Andrews 10. 

Androsace lactea 385. 

Anemone alpina 355. 

Angegliederte Dalbinjeln 20%. 

Angerberg 311. 

Anguilla, Böblenfauna 218. 

Anoa depressicornis 215. 

Anormale Flüſſe 362, 

Anormale Gebirge 313. 

Antarktiſche Gletſcher 128. 

Antarktiſcher Kontinent 128, 146. 

Antarktiſches Meer ſ. ſüdl. Eismeer. 

Plateau 140. 
J Windgebiet 79. 

Antarktiſche Waldgrenze 396. 

Antholzer See 373. 

Anthropozoiſches Zeitalter 6. 

Antieyklonen 67. 

Antiklinale 295. 

Antiklinalkamm 295. 

Antiklinalthal 295, 296, 308. 

Antillen, Sauna 218, Vulkane 332. 

Antilopen 443, 444, 449. 


Negen 105, Savanen is, 


Regifter. 


&. Untioco 188. 

Antipaffat 73, 

Antiſana, Temperatur 89, rel, Feuchtig⸗ 
keit 89. 

Anziehungskraft von Sonne u. Mond 155. 

Xoliihe Ablagerungen 286, 362, 363. 

Apenninen 21, Bau 300, Höhe 306, Vul⸗ 
tene 880, Pflanzenregionen 397, Wald⸗ 
grenze 399, Glacialpflanzen 420. 

Aphel 31. 

Aphroefia 328. 

Appalachiſches Kohlenbeden 346. 

Apñdenlinie 31. 

Apuaniſche Alpen 300. 

Anatoriale Gegenftröme 169, 170. 

Yauatoriafe Pflanzenwelt 887. 

Aruetorialed Barometerminimum 72, 74,80. 

Ayuatorialgürtel der gemäßigten u. falten 
Jone 51. 

Aquatorialffima 57, 58. 

Ayuntorialfeite der Eyfionen 68. 

Antorialftrömungen 163, 170, 

Arabat 207. 

Arabien 209, Regen 96, 108, Vulkane 332, 
Bald 406, Wüſte und Steppe 410. 

Aradſch⸗Daſe 361. 

Arago 107. 

Araf-faspifches Tiefland 289, 353, 358, 
tägl. Wärmefhwanfung 54, Regen 104, 
Bilanzenwelt 410, 415. 

Aralprodinz, Klima 180. 

Araljee 353, 854, Regen 95, Größe 371, 
Reliktenfauna 378, Salzgehalt 378 n, 
Tiefe 380, Abnahme 880. 

Ararat, Schneegrenze 110, Waldgrenze 399. 

Arad 369. 

Xraufarien 894, 406, 415. 

Arbroath, Riffreibe 186. 

Ardäifche Zeit 5. 

Ardipel 211. 

Arcona 183. 

Arecapalme 391. 

Iretin 248. 

Argaitoli, Quelle 254, 

Argäus 381, Schneegrenze 110. 

Argentinifcde Ebene 355, 358. 

Arica, Bucht v. 19, Erdbeben 141. 

Arizona, Waldgrenze 400. 

Artanfas, Cañon 270. 


Arttiihe Infeln 216, Niveauveränderungen 
192, Fjorde 202, Mangel fluviatiler Ab⸗ 


lagerungen 285. 
Arktifche Klimaprovinz 131. 


459 


Arktiſche Pflanzenzone 396, 415. 

Arktiſcher Archipel von Rordamerifa 211, 
216, Temperatur 49. 

Arktiſches Meer ſ. nördl. Eismeer. 

Arktiſche Tierwelt 486, 454. 

Arktiſche Waldgrenze 895. 

Arlberg, Regenverteilung 94 n. 

Armenien 21, Temperatur 48, Vulkane 331, 
Waldgrenze 399, Getreidegrenzen 426. 

Arongewächſe 893. 

Aronswurzel 427. 

Artendichtigkeit der Faunen 438. 

Arteſiſche Brunnen 246. 

Artiſchockendiſtel 422. 

Arundarien 393, 

Arve 398, 899. 

Aſa Gray 406. 

Afar 269. 

Ascenſion 211, 333, Pendellänge 8, tägl. 
Wärmeſchwankung 56, Regen 101, Flora 
230. 

Aſchenkegel 320. 

Aſchenregen 325. 

Aſiatiſche Hochlandsprovinz, Klima 180. 

Aſien, höchſte Breite 16, Areal 19, Ober: 
flähenform 20, Hauptlinien 24, Winter- 
temperatur 45, 46, 47, Sommertempe- 
ratur 48, Jahrestemperatur 50, Tempe- 
raturzonen 51, Yuftdrud und Winde im 
Winter 74 f., im Sommer 80 f., Regen 
94 f., Regenwahrfcheinlichkeit 99, Gletſcher 
125, Riveauveränderungen 193, 194, 195, 
Halbinfeln 208, abflußlofe Gebiete 286, 
mittl. Höhe 294, Vulkane 332, 838, Erd- 
beben 344, Tiefebenen 858, Depreffionen 
361, Wafferjcheiden 362, Flüffe 366, Pal- 
men 390, Örenze der immergrünen Bäume 
394, fommergrüne Laubbäume 394, 
alpine Waldgrenze 899. 

Aſkae Chin 371. 

Aſow'ſches Meer, Eisbildung 180. 

Aſpromonte 339. 

Aſſai 391. 

Aſſalſee 361. 

Aflam 859. 

Altrahan, Berdunftung und Regen 880 n. 

Astragalus 884, 386. 

Altuarien 284. 

Atacama, Regen 97. 

Athiopiſches Faunenreich 441. 


Athoshalbinſel, Gebirge 305, Waldgrenze 
399 


Atlaniiſcher Ozean 19, Areal 20, 197, 


460 


Hauptlinien 25, 26, Regen 99, größte 
Tiefe 139, Bodenrelief 141, Bodenbebedung 
145, Salzgehalt 149, Tiden 158, 159, 
Flutgröße 161, Strömungen 168 ff, 
Öberflächentemperatur 170 f., Tiefen⸗ 
temperatur 178 u. n, 178, Zugangs 
dimenfionen 175, Snjelarmut 229, Bul⸗ 
fane 333, 


Bulfane 380, Waldgrenze 398, alpine 
Flora 420, Getreidegrenze 426. 

Atmoſphäre 5. 

Ana 322, 380, 340, Schneegrenze 110, 
Rraterweite 321 n, Eruptionen 324, 
Waldgrenze 399, Betreidegrenze 426. 

Atoll 226. 

Üterjee, Tiefentemperatur 172 n. 

Auchenien 443. 

Auckland, Bullane 322. 

Audlandinfel 218. 

Auerberg 317. 

Auerochs 451. 

Aufihüttungsinfeln 220. 

Auffteigende Zuftitröme 72, Wärmeabnahme 
36 


Auffteigende Quellen 246. 

Aughey 350. 

Ausfüllungsdelta 282. 

Ausfüllungsterrafien 271. 

Ausgleihäftrömungen 168. 

Aubertropifches Florenreich der alten Welt 
419, 

Außertropiſches Xierreihh der alten Welt 
433, 448, 449—54. 

Auftral: afiatiihes Mittelmeer, Areal und 
mittl. Tiefe 187, Bodenrelief 143, Tiefen- 
temperatur 178. 

Auftralgolf 19. 


Regifter. 








— — 


flora 420, Nahrungspflanzen 429, Fauna 
445. 
Auftraliihe Binnenprovinz, Klima 130. 
Auftralifche Oſtprovinz, Klima 130. 
Auftralifches Faunenreich 443, 445, 448. 
Auftralifches Riff 225. 


Auſtraliſche SW.-Provinz, Klima 180. 
Auvergne, Maare 320, Bullane 327, Wald⸗ 
Atlad 21, Thermen 248 n, Bau 8901, | 


grenze 398. 
Auxerre 360. 
Avoca 369. 
Avon 369. 


' Azoren, Flora 231, 282, 416, Vultane 383. 


Babirusa alfurus 215. 

Bach 256. 

Baderinjel, Regenwahrſcheinlichkeit 100. 
Bad land erosion 848. 


v. Bacr 367, 368, 379, 431. 
i Baer’iches Geſetz 367. 


Bagamoyo, Strandlinien 194. 

Bagdad, Negen 96. 

Bahr el Ghaſal 378. 

Bailalfee, Höhe 283, Größe 371, Relikten⸗ 
fauna 377, Tiefe 380. 

Balonywald 306. 


| Baku, Schlammfprudel 336. 
Balchaſchſee 353, 380. 


Ballan, Bau 801, 308, Durchbruchsthal 
311, Bullane 380. 

Balkanhalbinſel 21, 208, 210. 

Ball 402. 


Ballah, Seen 18. 


Baltorogletjcher 125. 
Bambus 392, 893. 


| Bananen 392. 


Banditruktur der Bergabhänge 241. 
Banksland 211 n. 


| Banyanen 892. 
Barabaſteppe 408, 


Auftralien, höchſte Breite 16, Grenzen 17, 
Areal 19, Oberflähenform 28, Haupt⸗ 
lfinien 24 f., Wintertemperatur 44, 46, | Bara Lada 306. 
Jahrestemperatur 50, Temperaturzonen Bären 444, 451. 

51, tägl. Wärmeihwanktung 54, Luft : Barentfee, Tiefentemperatur 177. 
drud u. Winde im Winter 78, im Som- Barka, Niveauveränderungen 196. 
mer 79, Wüftenmwinde 88, Regen 94, 97, | Barometriiche Höhenmeflung 298. 
Nivenuveränderungen 194, 196, Fiorde | Barometriiche® Maximum 67. 
208, Dünen 206, Halbinfeln 208, Karſt- Barometriſches Minimum 67, 71. 
pbänomen 256, Ylüffe 259, Abflußloſes Barometerfchwantungen 82. 
Gebiet 286, Yagunen 294, Vulkane 332, Barranco 821. 

Binnenfeen 380, Flora 389, 415, 417, ' Barren 144. 

418, 423, Balmen 390, Tropenwald 405, Barriereriff 225 n. 
Eufalyptenwälder 408, Steppen und ! Barth 55. 

Wüften 409, 411, Scrub 412, Gebirgs⸗ : Baryiphäre 7. 


Bajalt 319, 834. 

Bafiihe Laven 819. 

Batate 427. 

Batavia, tägl. Wärmeſchwankung 56. 

Votes 435. 

Yatholitden 327. 

Ketiſches Gebirgsſyſtem, Bau 300, Vul⸗ 
fane 330. 

Buuerngeaben 254. 

Saumfröfche 447. 

Vaumſtachelſchwein 442, 452, 

vaumwolle 428. 

Seummollerbe 286. 

vayberger 374, 877. 


| 


Vayeriſcher Wald 420. 

Benuce 360. 

de Beaumont 805. 

dv. Bebber 70. 

Jeden des Meeresbodens 189. 

Veelfoot Lake 377. 

Berrenfträucher, Bone der, 427. 

Behm 15. 

Behr 412. 

denußgewãchſe 411. 

Belaa 318. 

Relher 224. 

Veleuhtungszonen 81. 

Belgien, Erdbeben 343, Wald 422 n. 

Belize, tägl. Wärmeſchwankung 55. 

Pelluno, Erdbeben 888. 

Kelurihiftan, Niveauveränderung 194. 

Bengalen, vertilale Wärmeabnahme 38, 39, 
41, Regen 95. 

Benguelaftrom 166. 

Kephogletfcher 125. 

derendt 119, 207, 369. 

Berefom, Sommertemperatur 425 n. 

verghaus 426. 

Bergtiima 39 f., 59. 

vergkrankheit 27. 

Vergreis 424. 

Bergihaf 450. 

dergigrund 118. 

Bergfturz 243. 

Bergufer der Wolga 359, 360. 

vergwind 84. 

Bergziege 450. 

Beringsinfel, Niveauveränderung 193. 

BeringSmeer, Areal und mittl. Tiefe 187, 
Bodentelief 142, Eisbildung 180. 

Beringöftraße, Breite 16, Tiefe 142. 

Berlin, Zahl der beiteren Tage 91. 


Kegiſter. 


461 


Bermudas 229, Niveauveränderungen 198, 
Areal 211, Flora und Fauna 231, 282. - 

Bern, tägl. Wärmeſchwankung 56, jährl. 58. 

St. Bernhard, tägl. Wärmeſchwankung 56. 

Bernina, Waldgrenze 402. 

Beienftraud 386. 

Beifel 4. 

Betelnuß 391. 

Beurmann 196. 

Beutelratten 442. 

Beuteltiere 433, 434, 442, 446. 

Bevers, tägl. Wärmeſchwankung 56, jährl. 88. 

Bewölkung 91. 


| Bhängar 359. 
Baperiiche Hochebene 349, Seen 874, 877. 


Bhutan, Waldgrenze 399. 

Biafogletiher 126. 

Bialowiger Wald 451. 

Biber, Terrainbildung durch denfelben 13. 
Biberthal 367. 

Bifurfation 363. 

Bihargebirge, Höhlen 255. 

Billmiller 84. 


| Bilokulinenſchlamm 146. 

| Binnendelta 280. 

‚ Binnenländifche Tiefebenen 857. 

! Binnenmeere 136, 137, Tiefentemperatur 


172, 


| Binfen 882. 


Birfe 386, 398, 399, 4086, 407, 421. 
Birma, Nivenuveränderungen 194. 
Biſamochs 436, 439. 
Biſchof 9. 
Bisfra, Zahl der heiteren Tage 91, Regen 96. 
Bifon 451. 
Bithynifcher Olymp, Waldgrenze 399. 
Bitterfeen 18, Salzgehalt 378 n, Tiefe 880. 
| Bittner 302. 
| Blad Dome 305. 
Blad Hills 318. 
Bladwater, Durchbruchsthal 310 n. 
Blanforb 88, 108, 378. 
Blattnafen 442, 450. 
Blauer Thon 144. 
Blodlava 325. 
Blum 353 n. 
Blunt 410. 
Blytt 191 n. 
Bocche di Gattaro 208, 
| Bochorno 85. 
| Bodenarten 288. 
| Bodeneig 50. 
| Bodenquellen 246. 
| Bodenfee 877, 881. 





462 Regifter. 





Bodmer 272. | Britifches Gebirge 21, Seen 875. 
- Bogenform ber Küften 199. | Brito, Hafen v., 17. 

Bogoslowo 220. | Broden 817. 

Böhmer Wald, Bau 299, Waldgrenze 398. | Brotbaum 892. 

Bömiſches Maſſiv 804, 315, 316, 817. | Bromatorifche Linien 429. 

Böhmijches Mittelgebirge 327, 330. Brought Smith 196. 

Bolivia, Getreidegrenze 426. ‚ Bruchberge 817. 

Boljena, Kraterjee 380. v. Buch 188, 332. 

Bomben 319. Buchan 64. 

Boothia Felix, Niederfchläge 109. Budhanan 145, 149. 

Bora 85. Bude 386, 398, 399, 406, 421. 

Boraxſeen 379. Buchsbaum 394. 

Börgen 182, Budſak 262. 

Borfum 187, Flora 218. Budweiſer Ebene 317. 

Borneo, Nreal 211 n, Fauna 214, Wald- | Büffel 444. 

grenze 399. Büffelgrag 410. 

Borſtenferkel 442. , Bugmündung 284. 

Borftengra® 382. | Buhfe 411. 

Borftenigel 442. ı Bum-Bum-Riff 224. 


Böfhungen auf dem Meeresboden und | Bunge 411. 
Feſtland 188, im Gebirge 242, der Bul- | Bunfen 249. 


fane 320. Buntjanditein 6. 
Bosnien, Thäler 275, Waldgrenze 399. Büfchelgra® 410. 
Bosporus 203. Buſchland 412. 
Bourbon-Bulfan 325. Burton 434. 
Bouffinesq 260. Buys⸗Ballot'ſches Geſetz 64. 
Bozen, Erdpyramiden 269. 
Bracciano, Kraterfee v., 330. Cacao 427. 
Bradwaffer 279. Calabrien 210. 


Brahmaputrathal 308, 311, 814. Calabrifhes Erdbeben 337, 840. 
Branco, Kraterfee v., 830. | Calabriſches Gebirge 301, 839. 
Brandis 4083. Calamus 391. 
Brandung 152. Caldera vd. Palma 821. 
Brafilianifches Gebirge 22, 315, 316, 318, | Calewatta 365. 

Zaterit 244, Karſtphänomen 256. Callao, Niveauveränderungen 193. 
Braſilianiſches Sandfteinriff 186. Galtabianco 287. 
Brafilien, Niveauveränderungen 198, | Cambridgegolf 208. 

Strandfeen 372, Wald 405, 406, Cam⸗ Eameron 4085. 





pos 407, 408. Gamerungebirge 222, Flora 420. 
Brafiljtrom 166. Campanula excisa 387. 
Braunlohlengebirge 6. Sampbell 817. 

Bravais 192. Campbellinfel 219. 

Breitenlobner 263. Campos 407, 408. 

Brenner 314. Caali 208. 

Bretagne 208, Fjorde 208, Maffiv 315, 318. | Sanaren, Ylora 231, 238, 416, 422, Maare 
Brezovo Polje 306. 320, Bulfane 831. 


St. Bridesbai 185. 
Brienzer Sec 381. 


Cannes, unterfeeifhe Duelle 254. 
Cañons 269, 278, 347. 


Briftenftod 241. Canterbury-Ebenen 350. 
Briftollanal, Flutgröße 161. Capoes 408. 
Britiſch-Amerika, Scen 376, Capverde'ſche Inſeln 222. 


Britiſche Inſeln 212, Niveauveränderungen Caracas, Erdbeben 337. 
192, 194, Fjorde 202. Carandapalme 4086. 


KRegiſter. 


Verbon 6. 
ala ingiele, jährl. Wärmeſchwankung 58. 
Uhquiare 363. 

Caitilien, Plateaus v., 349. 

Cajuarinen 886, 406, 408, 417. 

Cıtena metallifera 301. 

(xinga$ 408. 

Cenca 365. 

lırrana 201. 

der 399. 

Velebes, Areal 211n, Fauna 215, Schlamm: 
iprudel 385. 

Celebes⸗See, Tiefentemperatur 178, 
Celſius 188. 

Gmtralamerila, Bullane 331, Schlamm- 
iprudel 3835, Urwald 404, 405, Fauna 
443. 

Umtralaftatifche Gebirge, alpine Ylora 421. 

Centralaſiatiſches Hochland 21, tägl. Wärmes 
tıvantung 55, Regen 95, Thermen 248n, 
Form der Gebirge 287, Felsbeden 376, 
Berargfeen 379, Vegetation 410, 411, 
gauna 449. 

Gentrale Erdbeben 340. 

Gentraled Tafelland von England 360. 
Centralfranzõoſiſches Maffiv 818, 316, 817, 
318, Thalbildung 267, Vulkane 332. 

Centrum des Erbbebens 386. 

Cerealien |. Getreide. 

devennen 316. 

Ceylon, vertilale Wärmeabnahme 88, Areal 
211 n, Fauna 217,445, ®ebirgäflora 421. 

Challidike 210. 

Challenger-Erpebition 137. 

Chamaeidae 450. 

Chamaerops 3%, humilis 391, 416, 

Chamiffo 229. 

Thampagne 360. 

Champlainfee, Mujchellager 193. 

Chanar 412. 

Chataminſel 218. 

CGatangathal, Waldgrenze 395. 

Chavanne 22, 294. 

Chemiſche Verwitterung 285. 

Über 365. 

Cdiemſee 877. 


Chle, ſcheinbare vertikale Warmezunahme 


41, Regen 98 n, Klima 181, Niveaus 
veränderungen 198, 195, Alpenſeen 380, 
Baldland 405, 406, Steppen 411, Walb- 
gebiet 418, &etreidegrenze 426, 
Ebilternhügel 360. 
China, Nivenuperänderungen 194, 195, 





Clara; 318, 
| 


468 


Fiorde 208, Löß 290, 851, Wald 406, 
Maquis 418, Flora 389, 416, 422. 

Chinchillas 448. 

Chineſiſches Gebirge 21, 318. 

Ehinefifches Tiefland 356. 

Chinefiih:japanijche Klimaprovinz 130. 

Chiſtoni 90. 

Chrift 885, 398, 402, 420, 422. 

Ehriftiania, vertikale Wärmeabnahme 88, 
Flora 887 n. 

Chriftianiafjord 200. 

Chriftianfund, Wintertemperatur 45, 

St. Chriſtoph⸗Inſel 382. 

Churfirſten 241. 

Cialdi 138. 

Cibinfluß 810. 

Gierzo 85. 

Eircelfap 801. 

Eirtumpolare Pflanzenzonen 417. 

Cirkus 809. 

Cirque de n&v& 309. 

Eiftrojengewädle 389. 


Clarke 4. 

Coahuillathal 361. 

Codburninfel 896, 

Colorado, Cañon 269, Tafelland 846, Ero: 
fion 347, 848. 

Coloradogebirge, Vegetation 402, 409. 

Coloradowũſte, Regen 97. 

Columbia 284, Zavafeld am ©. 881. 

Columbia (Staat), Getreidegrenze 426. 

Comoren 218, Fauna 222, Flora 422. 

Comofee 379, 381. 

Eoneyinjel, Land⸗ und Seewinde 83. 

Coniferenzone 394, 407, 415, Tiere bers 
felben 449; 

Connecticut (Delta) 2883. 

Cooper Creet 281. 

Coorong 207. 

Eopernitanifches Weltiyitem 1. 

Copiapo, Erdbeben 348. 

Gordilleren 22, Gletſcher 126, Vulkane 331, 
Seen 375. 

Corralgletſcher 125. 

Corſika, Nivenuveränderungen 194, Ylora 
416. 

| Corypba umbraculifera 898. 

ı Eofeguina 825. 

Coſta Rica, Getreidegrenze 426. 
Cotidal lines 160. 
Sotopari 306,320, Eruptionen 324,325, 326. 
Cotswold Hills 360. 


464 


v. Gotta 354. 

Wredner, ©. 13. 

Wredner, R. 280, 285, 375, 

Creets 250. 

Kretaceiiche Formation 6. 

Creuſe-Vienne 365. 

St. Croce, Erdbeben: und Verſchiebungs— 
linie 341. 

Cryptoproctidae 217. 

Kuba, Areal 211. 

Cunningham 425. 

Cykladen 212, Vulkane 332. 

Buftiihe Periode der Polarlichter 36, des 
Klimas 131. 

Cyklonen 67, Zugſtraßen 70, 71. 

Cyklonengebiet der alten Welt S1. 

Cynopithéecus nigreseens 215. 

Cypreſſen 395. 

v. Czörnig 369. 


Dadyiteingedirge 303. 

Daemonorhops 391. 

Tagbeitan, Waldgrenze 399. 

Tall 51, 142, 167, 395. 

Dalmatien, Niveauveränderungen 
leide 203. 

Dalmatiniſche Injeln 212. 

Dalmatinijches Gebirge, Waldgrenze 399, 
401. 

Damaraland 411. 

Dämmerung 32. 

Dammriff 225 n. 

Dana 28, 193, 202, 203, 206, 227 n. 

Dänemark, ſäkularer Waldwechſel 421, Wald— 
areal 422 n. 

vd, Danckelman 99, 10%. 

Tarwin 2, 13, 197, 198, 
231, 238, 431. 

Daſtarjan, Sec bei, 378. 

Zattelpalme 391. 

DTaubree 26% 

Taupbine, Flora 307n, Waldgrenze 398. 

Tavos, Klima 40. 

Death Valley 361. 

Debreczin, Seen bei, 379. 

Dehna 410. 

Dekan 209, Regen 95, Hoächflächenlaterit 
244, Maſſiv 315, 316, 317, Baſaltdecke 
329, Flora 414, Fauna 445. 

Delauney 344. 

Delaware, Durchbruchsthal 111. 

Telebpalme 406. 

Deleſſe 138, 205. 


106, 


227 


ni, 


229, 230, 


Reqifter. 


Delphin 455. 

Delta 279. 

Deltaküſten 283. 

Temamwend 21, 326, 331, Yaven 32. 

Deniquil, tägl. Wärmeſchwankung >+ 

Senudation 234, 238. 

Tenudationsgebiete 290, 291. 

Depreſſionen 361. 

Teprefltonsteen 372, 374, 

Terborenee, Seen v., 373. 

Terid 85. 

Despoto Dagh 315. 

Dentiche Kite, Niveauveränderungen Tr 
Marſchen und Tinen 205. 

Deutſches Mittelgebirge 21, 22. 

Deutſche Tiefebene 22, mittel. Böſchung 155. 
ſ. ferner norddentiche Tiefebene. 

Deutſchland, Waldflähe 422 n, Jabl de: 
Schmetterlinge 435. 

Devon 6. 

Tiablerets, Felsſturz 373. 

Diathermanität der Luft 28. 

Diatomeen 430, 

Diatomeenjchlamm 146. 

Tichte der Erde T. 

Dickhäuter 433, 450, 451. 

Didica 220. 

S. Tiego, Temperatur 49, Regen st. 

Tifferentialtiden 162. 

Dikotyle Angtioſpermen 413. 

Diluvialterraſſen 271. 

Diluvium 6. 

Dimenſionen der Erde 4. 

Diomedesinſel 19. 

Discovery-Bai, Temperatur 47, 56. 

Dislotationen 233. 

Tistofatiensbeben 

Dujpr 365. 

Dnjeſtr-Delta 282. 

Dobrudſcha-Küſte 

Dogger 6. 

Dolerit 319. 

Tolmen 254. 

Tollart 187, Depreſſion 361. 

Töülter 222, 

Dommeſten, Regen 94. 

Dompalme 391, 406. 

Tonau 362, Eisbedeckung 259 n, WW 
tragung 263, Telta 206, 284, Turt 
bruchsibäler 311, Verbindung mit 7 
Rhein 364, Syſtem 365, 366, Größe 3er 
Ablenkung 368, Veränderung des Ge— 
bietea 370. 


334, 


158, 20%. 


Tonaubeden 357, Erbbeben 343. 
Toneg, Koblengebiet am, 354. 
Tonner 422 ı 

Zoppelinfeln 211. 

interiee 373. 


Zomfträudher 404, 410, 412, 413. 


Zeugladtanne 407. 


Tone 52, 58, 62, Drehungsgeſetz 71. 


Trahenbaum 392, 416. 
Zrammengranit 827. 
Trance 310. 
Troperienlicht 34. 

d. Trafche 300, 322. 
Trau 366, 


Trauthal 315, vertilale Wärmezunahme 42. 


Trewenzbrücye 359. 
Trontbeim, Penbellänge 3. 
Trude 890, 414, 419, 447. 
T’hamuna 369. 

T'tihan 369. 

Zidungel 404. 
Zihungelgebüfch 418. 
Ziungarei 21. 

ima, Eisbededung 260 n. 


Zunajec, Durchbruchsthal 312 n. 


Zimen 204, in Wüften 288. 
Tunjtdrud 88. 

Zunung 151. 

Duppauer Gebirge 380. 
Durance 369. 
Durchbruchsthäler 810. 
Zurchgangsmeere 136, 
Turtha 424. 

Tutton 269, 334. 
Tupeyrier 287 n. 


Tmina 865, 366, Eißbededung 260 n. 


Tras 6. 
Inbowsti 380. 


Erbe 154. 
Ebbeitrömung 155, 168. 
Ebermayer 188, 
ẽbrodelta 282, 

Ehrothal, Winde 85. 


Eruador, Rivenuveränderungen 193, Wald⸗ 


grenze 400. 
Edeltanne 395. 
Edelweiß 420. 
Edmondftone 220. 
Egerthal 301, 308, 311. 
Eibjee 374. 


Eihe 386, 389, 398, 398, 406, 421. 


Eide 201, 314. 
Supan, Phyſiſche Erdkunde, 


Regifter. 465 





Eidechfen 435. 

Eiderdelta 288. 

Eifel, Maare 320, Eruptionen 332, 

Einfache Gebirge 298. 

Einfadye Verwitterung 235. 

Einhufer 438. 

Einfturzbeben 338. 

Einfturzfeen 374. 

Eisbär 436, 454, 

Eisbededung ber Ylüffe 259 n. 

Eißberge 128, 180, 

Eiſenbahnen, Einfluß auf die Pflanzen: 
verbreitung 423, 

Eisfelder 180. 

Eisfjord 208, 

Eishöhlen 252. 

Eiämeerbeden 142, Bodenbededung 146, 
Ziefententperatur 175, 

Eigmeere 19. 

Eisprefiung 181. 

Eiszeit 182, Einfluß auf die Oberflächen: 
formen 278, 286, 349, 358, auf bie 
Pflanzenverbreitung 415, 420, auf die 
Verbreitung der Tiere 434, 437, 454. 

Ektropengürtel 51. 

Elbe 284, Tiden 162, Eisbededung 259 n, 
Sedimentführung 263, einſtiges Delta 
283, Syſtem 364, Veränderungen 869. 

Elbethal 359, in ber ſächſiſchen Schweiz 270, 
311. 

Elbrus 21. 

Elburs-Gebirge, Erofion 278, Bau 301, 
305, Gipfel 306, Durchbruchsthal 311, 
Vulkane 331, Waldgrenze 399, Vege⸗ 
tation 409. 

Elefanten 434, 443, 444. 

Elen 451. 

Elice-Snjeln 229. 

Elm, Bergichlipf 248. 

Elje 364. 

| Eltonfee 378 u, 379. 

Emin-Bey 294. 

Em? 339, Mündungsform 288. 

| Emu 449. 

| Endemismus 388, auf Inſeln 218. 

ı Endmoränen 122. 

Engadin, vertifale Wärmezunahme 42, 
Berg- und Thalwind 84, Seen 381. 
England, Temperaturveränderlichleit 60, 

Regen 105, Mineralgehalt der Quellen 
251, Karfiphänomen 256, Wbtragung 263, 
Bahl der Schmetterlinge 4385. 
30 





466 


Engler 219, 388, 413, 414, 417, 419, 440, 


441, 443, 447, 450. 

Englifches Tiefland 360. 

Enſete⸗Piſang 393. 

Eocän 6. 

Epicentrum bed Erbbebend 342. 

Epiphyten 404. 

Epomeo 330. 

Erdbahn 30. 

Erdbeben 336, Bergitürze 243, Temperatur 
veränderung der Quellen 248. 

Erdbebenarme Gebiete 345. 

Erdbebenfluten 153, 3837, Berechnung der 
Meerestiefe 141. 

Erbbebengebiete 344. 

Erdbebenherd 336. 

Erdbebenperiode 337. 

Erdbebenftatiftit 342. 

Erde, Geftalt 2, Dimenfionen 4, Teile 5, 
Erdbeben 348, 

Erdinneres 6, Beſchaffenheit 9, Tiden 162. 

Erdfern |. Erdinneres. 

Erdfrume 238. 

Erdkunde 13. 

Erdpyramiden 269. 

Erdmwolf 444. 

Erica cinerea 394. 

Eriekanal, Eißbededung 260 n. 

Erle 399, 400, 407. 

Erlofchene Bullane 326, 829. 

Erofion 234, 262, 265, Abhängigkeit von 
den Niederfchlägen 278. 

Erofionsfpuren 267. 

Erofionsterrafien 273, 275. 

Erstine 440. 

Eruption der Bullane 324. 

Eruptionstanal 820. 

Erzbach 310. 

Erzgebirge, Wärmeabnahme 38, Regen 94, 
Bau 301, Sranit 327, Bullane 8330. 

Eſcher 309. 

Espe 400. 

Espigäos 318. 

Eithland, Riveauveränderungen 192, Wafler- 
fälle 276. 

Etage (geologijch) 5. 

Etang 206. 

Etewald 405. 

St. Etienne, Geyfir, 250. 

Erich 265. 

Etſchthal 309, 8186. 

Eugancen 358. 

Eufalypten 386, 393, 417. 


Kegiſter. 


Eulkalyptenwälder 408. 

Euphorbien 886. 

Euphrat 283, 869. 

Euripus⸗Strömungen 158. 

Europa, höchſte Breite 16, Grenzen 18, 
Areal 19, Oberflüchenform 20, Haupt⸗ 
linien 24 f., Wintertemperatur 45, 48, 
Sommertemperatur 48, Jahrestempera⸗ 
tur 50, Zonen 51, Luftdruck und Winde 
im Winter 74 f., im Sommer 80 f., 
Regen 94 f., Regenwahrfcheinlichkeit 99, 
Gewitter 106, Hagel 108, Gletſcher 125, 
127, Niveauveränderungen 190—92, 194, 
195, 196, Dünen 205, Lagunen 206, 
Halbinjeln 208, Löß 289, mittlere Höhe 
294, Vulkane 330, Erdbeben 344, Tief- 
land 358, Depreffionen 361, Waſſer⸗ 
ſcheide 362, Flüſſe 366, Palmen 390, 
Grenze ber immergrünen Gewächſe 394, 
der jommergrünen Laubbäume 394, al- 
pine Waldgrenzen 8398, Wälder 406, 
422 n, Flora 422, Nuppflanzen; 424, 
Getreidegrenzen 425, Obft 427, Gentra 
bon NRabrungspflanzen 429, tertiäre 
Fauna 434, 448, 

Eutroplus 217. 

Evanspaß 307. 

Ewiger Schnee 112. 


Facherſtruktur 296. 

Falllandinjeln 214, 396. 

Yalklandftrom 166. 

Falten 295. 

Faltung der Schichten 238. 

Yaltungsthäler 308, 

Fanningtiefe 140, 

Faradayhügel 188. 

Farben der Tiere 481. 

Färder, Fauna 230, Getreidebau 425. 

Tärder-Shetland8-Rinne 176. 

Farnbaum 386, 392. 

Farne 392, 404. 

Faſanen 449. 

Faules Meer 207. 

Faunenreiche und =@ebiete 440. 

Faye 147. 

Feigenbaum 416. 

Felsbecken 375. 

Telfengebirge, vertit, Wärmeabnahme 38, 
Schneegrenze 111, Höhe ded Sodelö 301, 
Kulnination 306, Paßhöhe 307, Wald- 
grenze 400, alpine Flora 421, Getreide⸗ 
grenze 426. 


Regifter. 


Felſenmeere 239. 

Felsſturz 243. 

elsterraflen 271, 272. 

Felswũſten 287, 

Ferdinandea 220. 

Fermanſchacht 8. 

gemando Bo 222. 

Fernpaß 315. 

sertel 161. 

Feſtländiſche Inſeln 210 ff. 

*euchtigkeit der Luft 88 f. 

zeuerland, Waldgrenze 400, 401. 

Fjalfras 436, 454. 

Fidne 398, 399, 407, 421. 

Ficnelgebirge 304. 

Fidichi⸗Inſeln, Geiteine 219. 

Filhol 219. 

209, Niveauveränderungen 192, 
Seen 371, 374, 876. 

ziorde 200 ff. Ziefentemperatur der nor- 
wegiichen F. 177. 

merdenftraßen 202. 

am 118. 

sirnglerfher 116. 

«ımlinie 118. 

Fiſcher, Ph. 147. 

Fiſcher, Th. 188. 

Ziumaren 258. 

Flachtüſte 182, Zerftörung 186, Formen 204. 

Flachſee 139. 

FIladenlava 325. 

Fläming 358, Tiefe bes Diluviums 859. 

dlammarion 37, 89. 

Slarden 180. 

FIlaſchenreiſen 163. 

slattertiere |. Fledermäuſe. 

slechtentundra 896. 

sledermäufe 433, 436, 442, 449, 452, 

jievofee 186. 

Sloeberg Beach, Temperatur 47, 50. 

vlora 384. 

Alorenreihe 419. 

rlorenz, Regendichtigkeit 101. 

wiorida 209, 356. 

Iloridaſtrom 164. 

Flughörnchen 449. 

zlüje 256, 362 ff., angebliche Waſſer⸗ 
abnahme 134, 259, Tiden 162, jährliche 
Periode und Schwankungen 257, Be 
wegung 260, 

iußlauf, Einteilung 265. 

Alußpferd 434, 444. 

Flußſedimente 268. 


467 


Flußſpiegel 261. 

Flußſyſteme 864. 

Flußufer, Veränderungen 261. 

Flußvermiſchung 368. 

Flut 154. 

Flutgröße 160, 161. 

Slutftrömungen 155, 163. 

Sluviatile Ablagerungen 285. 

Föhn 86. 

Folkeſtone, Küſtenſenkung 190. 

Fondalen⸗Gletſcher 127. 

Fontana Chiſtaina 247 n. 

Forbes 117. 

Forchhammer 180. 

Forel 124, 158, 172 n. 

Forezgebirge 818. 

Formation (geolog.) 5. 

Formoſa 214. 

Forßmann 196. 

Fort Jukon, Wald 395. 

Fortpflanzung der Erdbebenbewegung 341. 

Fourier 9. 

Fouqut 221. 

Stande Eomtt, Höhlen 256. 

Frankreich, Ränge eines Meridiangrades 4, 
Niveauveränderungen 192, 196, Karſt⸗ 
phänomen 256, Erdbeben 843, unter« 
irdiſche Flußvermiſchung 364, Waldflüche 
422 n. 

Franz⸗ Joſef⸗Gletſcher (Neujeeland) 126. 

Franz⸗Joſef⸗Land, Schneegrenze 109, Glet⸗ 
ſcher 117, 118, Beichaffenheit 216, Vege⸗ 
tation 897. 

Yranzius 196. 

Franzöſiſches Mittelgebirge 21. 

Sranzöfifche Tiefebene, mittlere Böſchungen 
138. 

Yrauenbolz 134. 

Frieſiſche Inſeln 187. 

Fritſch, ©. 188. 

Fritz 82, 128. 

Srofinone, Vulkane 880. 

Fuchs, K. 826. 

Fuchs, Th. 18, 287, 384, 455, 456. 

Yumarolen 326. 

Fundybai, Ylutgröße 161. 

Furkagletſcher 120. 

Fufijama 323, Waldgrenze 399. 


Gabelgemſe 450. 
Babelung der Flüſſe 368. 


ı Gäbris, tägl. Wärmeſchwankung 56. 
| Galapagos⸗Inſeln 230, 281, 232. 


30* 


468 Regifter. 


Galicia, Fijorde 203. Geröllboden 238. 

Gamas, Durchbruchsthal 311. Gerſte 425. 

Ganges 258, 362, 365, Tiden 162, Abe Geſchichtete Geſteine 5. 
tragung 263, Delta 284, 285, Ablenkung Geſtalt der Erde 2. 


360. GBeſteinshülle 5. 
Gannet 24, Geſteinsquellen 246. 
Gänſefußzgewächſe +11. Getreide 424. 
Gardaſee 375, Nelittenfauna 378, Iiefe 379. Wetreidegrenzen 425, 428. 
Garonne-Syſtem 365. Gewitter 106. 
Garlas 97. Gewürze +28. 


Gaſtaldi 377. Geyſir 248. 
Gaſtein, mittl. Böſchung 139, Stuſenbau Gezeiten 104. 


273, Waſſerfälle 276. Ghör 309, 361, Winde 85. 
Gaſteiner Klanim 268. Gibarra 400. 
Gauriſantar 21, 139 n. Gibraltarſels 300, Niveauveränderunger 
Gavial 436. 194. 
Gazelle 449. Gibraltarſtraße, Tiefe 143. 


Gebirge, vertikale Wärmeabnahme 38, tägl. Giens 188. 
Temperaturſchwankung 55, Wetter- und Gießen, Unterſchied zwiſchen Sonnen- un! 


Klimaſcheiden 94, jahreszeitliche Regen Schattentemperatur 40. 
verteilung 106, Verwitterung und Denu Gilbert-Inſeln 229. 
dation 237, 239. Giles 409. 

Gebirgsbildung 297. Gingko 38. 

Gebirgsfeuchtigkeit 245. Gipfelformen 239. 

Gebirgsknoten 304. Gipfelhöhe dev Kettengebirge 366. 


Gefrierpunkt von Süß- u. Salzwaſſer 180. Giraffe 444. 
Gehängeformen 241. Gironde DSH 


Gektröslava 322. (Glaciale Ablagerungen 286. 
Gelbes Meer, Farbe 150. Glacinlffora 420, 421. 
Gelönggöng 322. Glaiſher 37, 135. 
Gemäßigte Zone DL, Pflanzen 393, Wäl G6Glärniſch 296. 
der 406. Glarus, vertikale Verbreitung der Tiere 455. 
Gemſe 438, 451. Gleticher 112 ff., Eroſion 277, Zeebillunz 
Genargentu, Waldgrenze 399. 375, 377. 
Geneſeefall 276. Gletſchereis 119. 
Genetta 449, 452. (GGletſchermilch 122. 


Genfer. See, einſt zum Tonauſyſtem 370, Gleiſchermühlen 119. 
Größe371, Reliktenſaung 378, Tiefe 379, Gletſcherſpalten 118. 


Abnahme 380, 381. Gletſcherthor 115. 
Gentiaua prostrata 421. Gletſchertiſch 122. 
Gentianen 38, Gliederung der Gebirge 313. 
Geographie. Begriff IL. Globigerinenſchhlamm 145. 
Geoiſothermen 8. (Gmundener See 375, Tiefentemperatur 172. 
Geologie, Verhältnis zur Geographie 12. Tieſe 376. 
Geomeniſche Methode der Erdbebenunter- Gneiß >. 

ſuchung 341. Gobi 352, Vegetation 409 
Georgetown, Temperaturveränderlichkeit »235, Godlewskti 380, 

Depreſſion 361. Woftichalee, ISaldgrenze 399, Getreidegrenie 
Georgia, Küſtenebene 356, 426. 
Georgios Vulkan 328. Goldmulle 444. 
Geothermiſche Tiefenſtufe 7. Golfſtrom 45, 165, 170, 173. 
Seriadorfer Spitze 306, Bolfftrom Inſeln 220. 


(Germeſir 153. ‚ Wortlla 445. 


Gomergleticher 116. 

Gotachi, See 374. 

St. Gotthard⸗Tunnel 8. 

Gonaba 427. 

Wradient 64. 

Sradmeflungen 3. 

Grammagras 410. 

rampiangebirge 317. 

®rınatbaum 4186. 

Graner Gebirge 330. 

(ran Chaco 406. 

ran Saſſo 306, Waldgrenze 399. 

Grasbäume 417. 

(rasfittiche 446. 

Grasſteppe 409. 

Graubünden, Erdbeben 337, fätularer Wald⸗ 
wechſel 421. 

(frauer Thon 145. 

wraumadengebirge 6. 

Graupen 107. 

Green River-Thal 312. 

Grenada⸗Inſel 832. 

Grechenland, Thäler 275, Flora 416, 420, 
Zuldflähe 422 ıı. 

Grmdelmaldgleticher 125. 

urinnellland, Gletſcher 127, Vegetation 397. 

wriſebach 50, 389, 404, 409, 416. 

Grönland, Schneegrenze 109, Gleticher 117, 
118, 126, 127, Riveauveränderungen 192, 
194, 198, Fjorde 202, Fauna 216, Vege⸗ 
tation 397, Flora 415, 425. 

Groß-⸗Arlbach 310. 

Großbritannien, Ureal 211 ı, Wald 422 n. 

tsroßer Geyſir auf Island 248. 

Großer Izean ſ. Pazifiſcher Ozean. 

iroßer Salzſee 289, 878 n. 

Broßer Winterberg, 847. 

Broßfußhühner 446. 

(iropgerauer Erdbeben 337. 

(Kroßglodner, Waldgrenze 401. 

(srotten 251. 

(rundmoräne 121, 244. 

Grundwaſſer 245. 

Grüner Thon 144. 

(Kuadalquivir 366. 

Guatemala, tägl. Zemperaturichwantung 
55, Bultane 331, Waldgrenze 400. 

Guineagolf 19. 

Guineagras 422. 

(Huineaniedberung 391. 

Guineaftrömung 164. 

Guldal 309. 

Gümbel 304, 334. 


KRegiſter. 


469 


| Gunnera gigantea 398. 
Gunung Sumbing 326, 
| Guppy 263. 
Gurgler Eisſee 372. 
Gurkthal (Krain) 310 n. 
Güsgundag 378 n, 379. 
Guthe 187. 
| Guyana-Maffiv 22, 315, Savanen 408, 


| Habachthal, mittl. Böſchung 139. 
Hafenzeit 160, Linien gleicher H. 160. 
Hagel 107. 
Hagen 257, 259. 
Hague 100. 
Hahn 142, 233 n. 
 Hainan, Fauna 214. 
| Hainbad) 310. 
‚ Haiti, Ureal 211 n. 
Halbaffen 433, 434, 444. 
' Halbinfeln 208. 
Halbmonatliche Ungleichheit der Tiden 157. 
Halligen, Fauna 215. 
, Hammada 287, 410. 
Sammer 118. 
Hanhai 415. 
Dann 36, 89, 52, 59, 61, 84, 87, 895 n. 
| Hargitta 309, 319, 330. 
Harmattan 87. 
Harrilais 220. 
- Hartung 127, 201. 
Harz 317, Wärmeabnahme 38, Waldgrenze 


| 


| 898, Glacialflora 420. 


Hafen 451. 


Hauptflüſſe 364. 
Hauptwaſſerſcheiden 362. 


| Hauptwindfcheide der nördl. Hemilphäre im 


Winter 75, im Sommer 80. 


| Hawaii, Erdbeben 337. 


Hayes 436. 


ı Hebert 87. 
Hebungen 188. 


Deer 437. 

Hegau 331. 

Hegyallia 330. 

Hehl 372. 

Heide 413, 420. 

Heiderjee 378. 

Heim 240, 241, 263, 272, 297, 298, 309,- 
314, 315, 345, 376. 

St. Helena 333, vertif. Wärmeabnahme 38, 
Regen 101, Areal 211, Organifche Welt 
232, 418. 

Helgoland 187. 


47 Regifer. 


Heliopolis, Waſſerſcheide 314. 

Helland 118, 376, 

Heller 437. 

Helmerſen 134, 269. 

Hernikerland, Vulkane 330. 

Herzogenrather Erdbeben 342. 

Hettner 72, 16%. 

Heurteau 219. 

Heußer 318. 

Hildebrand 386. 

Hilgard 290 n. 

Hill 83, 

Himalaya 21, vertif. Wärmeabnahme 38, 
Echncegrenze 110, Gleticher 118, 125, 
höchſte kalte Quelle 247 un, Eroſions— 
ſpuren 268, Erdpfeiler 269, Bau 301, 
302, Gipfelhöhe 306, Paßhöhe 306, 
Kammbildung 307, Durchbruchsthäler 
311, Verhältnis zur Hauptwaſſerſcheide 
363, Seen 375, Palmengrenze 390, 
Pflanzenregionen 397, Waldgrenze 399, 
Vegetation 409, Flora 414, 421, Ge: 
treidegrenze 426, Fauna +45. 

Himalaya-Kiefer 399, 

Himmel, Farbe 91. 

Hinduſtan, Winde 85, Maximalregion des 
Regens 93, Regenverteilung 95, Flora 
422, sauna 445. 

Binterindien 209, Gebirgsſyſtem 21, Yaterit 
244, Urwald 405, Flora 414, sauna 445. 

Hirſche 443, 444, 451. 

Hoangho 364, Abtragung 263, Verände— 
rungen 366. 

Hochebenen 345 ff. 

Hochmoor 353. 

Hochſchnee 113. 

v. Hochſtetter 320. 

Hochſudan 22. 

Hochthäler, Klima 59. 

Hochwald 317. 

Hochwaſſer des Meeres 154. 

Höfer 113, 216, 342. 

v. Hoff 2, 188, 195, 267, 368. 

Hoffmann, H. 40. 

Hoffmeyer 70, 81, 165. 

Höhenmeſſung 292. 

Höhlen ſ. Grotten, in Steilküſten 185. 

Höhlenbär 151. 

Höhlenhyäne 4514. 

Höhlentiger 451. 

Höhlenwolf 451. 

Hohlwege im Löß 352. 

Holderneß, Küſtenzerſtörung 185. 


Hollow, tägl. Wärmeſchwankung 54. 

Holſteiniſche Seenplatte 359. 

Homogene Bulkane 319, 327, 328. 

Homoſeiſten 341. 

Hongkong, vertik. Wärmeabnahme 38, Regen 
dichtigkeit 101. 

Honigſauger 446. 

Hopkins 9. 

Hoernes, R. 338, 341. 

Horſte 234. 

Ho ſchan 347. 

Hudſon, Eisbedeckung 250. n, Telta 28. 


Hudſonprovinz, Nlima 130. 


Hudſonsbai, Mreal und mittl. Tiere 19% 
Bodenrelief 142. 

Hudſonthal 309, Winde s85. 

Hufſpfötler 442. 

Huftiere 492. 

Hühner 433, 451. 

Hull 309, 375. 

Humber 365. 

v. Humboldt 108, 294, 397. 

Humboldt-Gletſcher 127. 

Humusboden 238. 

Humusſauere Alkalien 237. 

Humusſäuren 237. 

Hundskopf-Fledermäuſe 442, 450. 

Hungerbrunnen 247. 

Dungerjee 254. 

Hunsrück 317. 

Hurricane 71. 

Divaigebirge 358. 

Divang:fchan 305. 

Hyäne 444, 449. 

Hmmiettus 305. 

Hyomoschus 449. 


Kablonoi Gebirge, Waldgrenze 349%. 

Jahdebuſen 156. 

Jädern 183. 

Jagdleopard 449. 

Jaguar 443. 

Jahreszeiten 30, Entitehung 29. 

Jährliche Periode der Polarlichter 35, der 
Temperatur 57, des Regens 101, der 
Grundwaſſerſtandes 245, der Flüſſe 25%. 
der Pflanzenwelt 357, der Tiermelt 43%. 

Jährliche Wärmeſchwankung 5%. 

Sat 440. 

Jakobshavn, Föhntage 87, Bletiher 118. 

Jakutsk, Temperatur 47. 

Samatfa, Pendellänge 3. 

sana, Eisbedefung 260 n. 


Regifter. 


Janathal, Waldgrenze 395. 

Jangtjefiang, Abtragung 2683. 

Jan Mayen 333, Schneegrenze 109. 

Japan, Regen 108, Schneegrenze 110, 
Gletfcher 125, Fauna 214, Geyſir 250, 
Vullane 332, Pflanzen 389, Waldgrenze 
399, Wald 406, 

Japaniſches Meer 137. 

Japanifche Tiefe 140. 

Sasmin 416. 

Java, relat. Feuchtigkeit 90, Areal 2iln, 
yauna 214, Maare 320, Vulkane 326, 
Baldgrenze 401, Gebirgsflora 421. 

Jeriiche Halbinfel 208, 209, Cyklonen 81, 
Regen 104, Steppe 885, Flora 416. 

Iberiſches Hodland 21, Höhe 295. 

Ibi Gamin⸗Paß 306, Pflanzen 402. 

%hrimaner Mittelgebirge 801. 

Idarwald 817. 

Jeniiſei 865, Eisbedeckung 260 n. 

Ienjen 194, 897. 

Jernſalem, Regen 96. 

Jemwisfjord 202. 

Jeio, Rivenuveränderung 193, Areal 211 n. 

Igapowald 404. 

Igel 452. 

Jlithal 812. 

Immergrime Eiche 394. 

Immergrüne dikotyle Laubbäume 394. 

Immergrüne Sträuder 894. 

Indiſche NW.⸗Provinzen, vertil. Wärmes 
abnabme 38, 

Indiſcher Ozean 19, Areal 20, 137, Haupt: 
Iinien 26, Regen 99, mittl. Tiefe 137, 
größte Tiefe 189, Bodenrelief 140, Boden 
bededung 146, Strömungen 166, Ober⸗ 
lähhentemperatur 171, Tiefentemperatur 
178, Iscillarien 480. 

Indiſches Beden 140. 

Indiſche Schwarzerde 286. 

Indre 365. 

Fundus 365, Delta 284, Beränderungen 367. 

Idusprovinz, Klima 130. 

Industhal, obere8,308,311,814, Flora 404. 

Inlandeis 126. 

Yan, Durchbruchsthal 311, Thalveränderung 
314. 

Inndbruder Mittelgebirge 271. 

Inſchan, Wald 409. 

Infelten 485, 437, 443, 445, Verbreitungs⸗ 
mittel 230. 

Infeltenfrefier 433, 442, 444, 450, 452. 

Infelabgefchlofiene Meere 136, 137. 


471 


Inſeln 210, Areal 16, 211 (ohne Grön- 
land). 

Inftantane Bodenbetivegungen 188. 

Inſterthal 969. 

Interferenz ber Wellen 152. 

Sintermittierende Ylüfle 258. 

Inudationsbett 264. 

Spnubationsterraflen 271. 

St. John 96, 114, 279. 

Jokely 327. 

Jökulfjeld, Inlandeis 127. 

Jökulfjord, Gletſcher 127. 

Jonas 408. 

Jordan 58. 

Jordanthal 309. 

Jorullo 823, 

Joſef 2585. 

Joſtedalsbrä, Inlandeis 127. 

Joyeuſe, Regenmaximum 93, 

Iquique, Erbeben 141. 

Iraniſches Hochland 21, Regen 95, 108, 
Gebirgsform 287. 

Iraſu, Waldgrenze 400. 

Irkutsk, Temperatur 47, Seehöhe 293. 

land, Regen 105, Yjorde 203, Areal 
211n, Fauna 218 n, Durdbruchsthäler 
810, Centrale Ebene 318, Vulkane 332. 

Stanomalen 53. 

Ischia 330, Erdbeben 387. 

Iſchma 365. 

Istker, Durchbruchsthal 311. 

Island 222, Schneegrenze 109, Gletſcher 
126, Areal 211 n, Geyſir 250, Vulkane 
833, Schlammfprudel 335, Wald 395, 
fein &etreide 425. 

Isländiſches Plateau 142. 

Siobaren 64. 

Kfobarenfarten 73. 

Iſoklinalfalten 296. 

KHollinallamm 295, 296. 

Iſoklinalthal 295, 296, 308. 

Iſonzo 369. 

Iſorachien 160. 

Iſothermen 43, Zuverläfftgleit 68. 

Iſſyk⸗Kul⸗Thal 308. 

Sitrien 308, Niveauveränderungen 196, 
Fiorde 203, marine Quellen 254. 

Stalien, Regen 104, 105, Erbbeben 388, 
343, Ylora 416, Wald 422 n. 


Stalienifche Halbinjel 208, 209, 210. 
Stalienifche Küften, Bogenform 199. 
' Suba-Mündung 284. 
Judd 816, 875. 


472 

Judikarienſpalte 308. 

Jukes 310. 

Jung 207, 

unge Floren 419. 

Nunabubn 90, 374. 

Juniperus foetidissima 319. 

Sunter 204. 

Jura 21, Karſtphänomen 256, Bau 208, 
Höhe 306, Bulfane 331, YSajtericheide 
363, Flora 385, 420, Waldgrenze 398, 
Waldwechſel 421, Wetreidegrenze 426. 

Juraformation 6. 

Jütiſche Dalbinjel 20%. 

Izalko, Vulkan, 323, 324. 


Kadettenrinne 163. 

Käfer 437, 449. 

Kaffee 427. 

Kaidakbai 379. 

Kairo, Regen 96. 

Kaiſergebirge 314. 

Kaiſerſtuhl 358. 

Kakadu 446. 

Kakteen 386, 394, 407, 411. 

Kalahari, Regen 98, Klima 130, Vegetation 
411. 

Kalanſcho Sſerir 288. 

Nalifornien, Klima 131, sevſir 250, Borar 
ſeen 379, Vegetation 408, 413, Flora 
und Faung 450, 

Kaliforniſche Halbinſel 20%, 

Kaliforniſches Meer 137, 143. 

Kaliforniſches Thal 308, 

Naliforniſch mexikaniſche 

Kalitin 367. 

Kalkboden 238. 

Kaltreiche Quellen 251. 

Kalkutta, Bohrloch 357. 

Käalmengürtel 72. 

Nältecentra 48. 

Kälteinſeln 48. 

Kältepole 47. 

Kalte Quellen 247. 

Kalter Wall 169, 

kalte Schlammſprudel 335. 

Kalte one 51, 305 1. 

Kaltſchidongletſcher 125. 

kanta 

Kamel 444, 440, 192. 

Nammerbübl 32%. 

Kammhöhe der Gebirge 30%. 

Kamtſchattka, Schneegrenze 110, Klima 130, 


Strömung 166. 


365. 


KRegiſter. 


Waldgrenze 399, Savanen 408, Sera 
grenze 425, 

Kanadiſches Beruffraut 387. 

Kanadiſche Seen, Areal 371, Entjtehung 374, 
Melittenfauna 8378, Tiefe 380, ent: 
Größe 380, 

Kanal, Küſtenzerſtörung 184. 

Kanal der Korallenrifie 225. 

Kanalriffe 225 ı. 

Kanariſche Inſeln ſ. Canaren. 

Kane 116, 192, 436. 

Kaniß 303. 

Kanterſee 381. 

Känozoiſches Zeitalter 6. 

Kanſu 351. 

Kanſugebirge, Schneegrenze 
grenze 399. 

KantlJ. 

Kap Agulhas 16. 

- Cod, Veränderungen 187. 

— Voorn 16. 

— St. Martin, unterſeeiſche Ouelle 254. 
— Man, Fortſchritte des Meeres 190. 
— Prinz don Wales 19. 

Kaphecken 141. 

Kapflora 418. 

kappropinz, Klima 130. 

Karabugas 379. 

Kara-Dagh 331. 

Naraibiiches Meer, Tiefe 142. 

Karakorum, Schneegrenze 110, Gletſcher 123, 
Bau 302, Paßhöhe 306, Getreidegrenze 
426. 

Karapiti 248. 

Karaſee, Temperatur 49. 

Karlsbader Gebirge 301. 

Karlsbader Thermen 330. 

Kärnten, Erdbeben 343. 

Nurolmen 229. 

Karpaten 21, Bau 360, Beſtandteile 303, 
304, Höhe 306, Längsthäler 308, Null 
kane 330, Flora 385, 420, Waldgrenze 
398, Krummholz 402. 

Karreeberge 348. 

Karrel 236. 

Karroo 412. 

narft 251, Bau 302, 303, 345, Waldgrenze 
398. 

Karſtphänomen 251. 

Martoffel 425, 427. 

Kaſan, tägl. Wärmeſchwankung 54. 

Rasbekgletſcher 125. 

Kaskaden 276. 


⁊ 
Sr Sn 
— bie“ 


110, 


Regifter. 473 


tasfadengebirge 331, Waldgrenze 400. | Klimaprovinzen 129. 

8aspiiche Zepreifion 361. Klimazonen 81. 

Laspiſee 854, Regen 95, Seehöhe 853, | Klinggräff 395. 
Größe 371, Neliktenfauna 878, Salz | Klippenberge 358. 





gehalt 379. Klippſchliefer 433, 444. 
tımar 446, 449. Kliutſchewskaja Sopta 323. 
katarafte 276. Klode 117. 
ucichh, Erdbeben 338. Knollengewächſe 427. 


Kanlajus, vertit. Wärmeabnahme 38, Hagel | Knop 364. 
us, Schneegrenze 110, Gletſcher 125, | Robelt 210, 444 n, 
Fächerſtruktur 296, Gipfel 306, Gliede- | Koch 117. 
derung 812, 318, Bulfane 331, Schlamm: Kochthermometer, Höhenmeflung 294. 
iprudel 336, Seen 375, Waldgrenze 399, | Kohlenfäuregehalt der Luft 27. 


Segetation 409. ı Kofoßinfeln 218. 
Saurimündung 867. Kotodpalme 231, 391. 
keelingsinfeln, Ratten 213. Kolibri 434, 454. 
keller 255. | Kombinierte Halbinfeln 209. 
gelter 187. Kombinierte Hocdhebenen 352. 


Kentudy, Karitphänomen 256. Komplizierte Verwitterung 237. 
Ke:wmelen, Gletſcher 126, Inſekten 231, | Kondenjation, Urfachen 90. 


klora 316, 418. | Kongo 258, 279, 365. 
Rertamündung 284. | Kongobeden 22. 
Kertih, Schlammfprudel 336. ‚ König Karl-Land 216. 
kerelthäler 255, 321. ı Königjee 378. 
getengebirge 295 ff., vulfanijche 319. . Königftein 846, 348, 
Keulenbäume 417. | Königswürger 454. 
Reuper 6. Kontinentale Flüſſe 362. 
:tädar 359. Kontinentale Tiefebene der nördlichen He⸗ 
Khamfın 87. Ä miiphäre 353, in Südamerila 355. 
Kiddle 151. Kontinente, mittlere Höhe 294. 
Kiefer 398, 399, 400, 406, 407. | Kopenhagen, tägl. Wärmeſchwankung 54. 
Kijerulf 309, 318. Köppen 431 
Kejeliäurereihe Quellen 251. Köppen, W., 67, 70, 82 99. 
Riesiteppen 288. . Korallen 223. 
Kigelia 393. | Koralleninjeln 221, 223, 224 n, Theorie 227. 
&ılauea 10, 321 n. Korallenriffe 224, Mädtigfeit 227 n. 
Kulımandidaro, Schneegrenze 110, Walde Korallenihlamm 144. 

grenze 400, Flora 420, Korea, Niveauveränderungen 193. 
Sanalady, Schlammitrom 382. Korinth, Iſthmus 210. 
Kirhboff, A., 215, 219, 220, 423 n. Korintji, Pic v., Waldgrenze 399. 
Kirchhoff, ©., 28. Köröshegy 306. 
Kırman 411. Koichenberg 358. 
Taelochtlamm 268. Kosmiſcher Staub 145. 
Awi 449. | Kofjobaum 400. 
Klammen 267. Rotlaven 326. 
Klein 107. Seranabetter Klamm 268. 
Riemafiatifche Halbinjel 209. Krasnojarsf 858. 


Klemaſien 21, Regen 95, Niveauverände- Krater 319, 321. 
rungen 194, Durchbruchsthäler 311, Kraterfeen 374. 


_Bullane 831, Flora 416. Kreideformation 6. 
Klenerpalmen 391. Kremnig, trachytiſches Gebirge 330. 
Kietterpögel 438, 451. Kreta, Niveauveränderungen 194, 197, 


Klima 129, Veränderlichkeit 131. Flora 416. 


44 


Kriechtiere, Verbreitungsmittel 231. 


Krim 208, 209, Niveauderänderungen 194, 


Waldgrenze 399, Sauna 431. 


Krimmler Achenthal, mitt. Bölhung 139. 


Krolodil 436. 

Ktrondalgleticher 118. 

Krümmel 20, 136, 138, 140 n, 164, 166, 
175, 278, 313. 

Krummholzregion 402. 

Kruſenſterninſel 19. 

Kryptogamen 402. 

Kryſtalliniſche Schiefer >, Sipfelformen 240, 
(Sehängeformen 241. 

Kuba, j. Kuba. 

Kuenlun 21, Schneegrenze 110, Richtung 
304, Höhe 305, 306, Nammbildung 307, 
Waldgrenze 399, Getreidegrenze 426. 

Kuku Kor 378 n. 

Kuntze 165, 250. 

Kupfergebirge 6. 

Kuppengebirge 319. 

Nur 36% 

Kuriliſche Strömung 16%. 

Kuriſche Nebrung 207. 

Kuro Siwo 45, 1066, 167. 

Kurthal 30%. 

Kurz 230, 

Kurzflügler 438. 

Küſte 182. 

Küſtenablagerungen 143. 

Küſtenebenen 356. 

Stitftenformen 109 ft. 

Küſtenriffe 224. 

Küſtenſtrömungen, Anſchwemmungen 188, 
234. 

Küſtenterraſſen 184. 

Küſtenveränderungen 182ff., 18H. 

Kyſyl-Uſen 311. 


Labrador 209, Muſchellager 193, Wald— 
grenze 395. 

Labradorſtrom 166. 

Lac du Bourget 375. 

La Urnu 36%. 

Ladogaſee 209, 371, 379. 

Lagerungsverhältniſſe der Schichten 233. 

Lago d'Orta 375, 

Lago maggiore 379, 381, 
377. 

Lago morto 3581. 

Vagunen 206, der Atolle 226. 

Lagunen Mitten 190. 

Laibacher Moor 381. 


Veränderungen 


Kegiſter. 


Laibachfluß 253. 

Lake Eyre 380. 

Lake of the Woods 380. 

Lama 443. 

Yamarf 2. 

Yamarmora 1. 

de Yamblardie 279. 

Land, Areal 15, Thermiſches Verhaiten 44. 

Landes, Tünen, 204, 205, Etangs 206 

Yandhalbfugel 16. 

Landlöß 289. 

Yandklima 57. 

Landrücken 358. 

Yandfüugetiere 432, 433, 448, 453. 

Yandichneden, Verbreitungsmittel 231. 

Landwind 83. 

Lang 249, 250. 

Längsflüſſe 302. 

Längskämme 296. 

Yängsipalten im Gletſcher 119, bei Erd— 
beben 338. 

Yüngstbäler 296, Bedeutung 307, Bau 38. 

Langue d'oc-Küſte, Veränderungen 158. 

Lapilli 319. 

Yaplace 1, 27, 158. 

La Plata 22, Abtragung 263, Delta 
234. 

Lappland, Länge eined Meridiangrades 4 
Temperatur 48, 50, Schneegrenze 110. 

Lärche 355, 386, 398, 399, 407, 

Laricio-Kiefer 399. 

Laſaulx 310 n. 

Yafıltan, Waldgrenze 399. 

Laſſen Peak 331. 

Laterit 244. 

Latmiſcher Golf 372. 

Laubbäume 390, 394, 40%. 

Naufpögel 448. 

Lava 819. 

Yavablöde 319. 

Lavakegel 320. 

Lavaraum 320, 

Lawinen 112. 

Laxefjord 200. 

Legföhre 385. 

Lehmann, Nich., 154, 191. 

Lehmboden 238. 

Lehmige Zeriepung, Gebiete 244. 

Yebnert 224. 

Yeierihiwanz 446. 

Yerpoldt 21, 24. 

Yeithagebirge 306. 

Yemming 436, 439, 454. 


[)} „2 


u, 


Regifter. 


Lemuren 217. 
&muria 217. 
Lena, Eisbededung 260 n, Delta 282. 
Lentz. 159, 161, 196. 

tom, Bullan bei, 823. 

Lmtesthal 309, 814. 

Ledard 444, 449. 

Lecchen 452. 

ti Dous 364. 

Leso⸗See 364. 

Leſte 87. 

Leveche 87. 

Leymerie 240. 


Liautung, Gebirgsbau 305. 

Libanon, Waldgrenze 899. 

bie Wüſte, Depreſſionen 22, Quell⸗ 
bildung 247, Sand 288. 

ht, Einfluß auf die Meeresfauna 456. 

Liebſchũtzer Berg 358. 

ebtenfteintlamm 267. 

Liegende Falten 296. 

Sıurifche Küfte, Zerftörung 184. 

Lilenftein 348. 

Lima, Temperatur 49, Gewitter 107, Erde 
beben 345. 

Limpopo 23, 284. 

Lincoln⸗Hõhen 360. 

Lincoln⸗Wolds 860, 

Lindenberggletſcher 126. 

Lineare Erdbeben 340. 

Linth 263, 881. 

Liopelma 218. 

Sipariihe Inſeln 330, 340. 

Lippenblumen 889. 

Liquidambar 388. 

Liro 310. 

Linaboner Erdbeben 337, 838. 

Lijtad, Ylora 3887 n. 

Liſting 4, 147. 

Storalfauna 456. 

Lm-Kiu⸗Inſeln, Riveauveränderungen 194. 

£iverpool, Tiefentemperatur 7. 

Livland, Riveauveränderumgen 192, Karft- 
pbänomen 256. 

Simo:Thal 255. 

Llano eftacadbo 347. 

Llanos 408. 

Loch Ewe 372. 

Loch Neß 379. 

Loew 138, 

Logen 864. 





— — — — — — — — — — —— — — — — — — — — — — 
— — — — — — — — 





Loire 865, Schwankung des Waſſerſtandes 


257. 

Loiret 256, 

Rolalattraftionen 4. 

Lokale Winde 88. 

London, PBendellänge 3. 

Londoner Beden 360. 

Long Island, Nehrung 206. 

Loomis 71, 92, 185. 

Zorber 416. 

Lord Howe⸗Inſeln 218. 

Lorentz 412, 

v. 2orenz 254. 

St. Lorenzo⸗Meer 137. 

St. Lorenzoftrom 22, Eisbedeckung 260 n. 

Loris 217. 

Löß 132, 289. 

Lößmulden 350. 

Lößſchluchten 351. 

offen 855, 359. 

Lotablenkung 147. 

Lough Nead 375. 

Löwe 431, 444, 445, 449, 451. 

Löwl 275, 912. 

Rorodromen 20. 

Qubbod 16 n. 

Luchs 451, 452. 

Lüdinghaufen=-Wolff 28. 

Zueger Grotte 252. 

Luft 27. 

uftdrud 27, Urſachen der Verſchiedenheit 
64, Verteilung im Winter 74 f., im 
Sommer 79 f., Schwankungen 82. 

Lugan, tägl. Wärmeſchwankung 56. 

Lüneburger Heide 358. 

Zufitanifches Maſſiv 316. 

Lütſchine 381. 

Luzon, Areal 211 n, Schlammiprudel 835. 

Lyell 2, 266, 267, 356, 373. 

Lyſefjord 200, Tiefe 202. 


Magre 320, 374. 

Maasbecken, Erbbeben 343. 

Macacus 449. 

Macaluba 834. 

Macaun 425. 

Maceboniiches Gebirge, Waldgrenze 399. 

Madenzie 22, 863. 

Macquarie⸗Inſel 434. 

Maculae 334. 

Madagaskar, Areal 211 n, Flora und 
Yauna 217, 444, 449, Bullane d. M.⸗ 
Gruppe 332, Urwald 405. 


476 

Madeira, Inſekten 230, Flora 231, 
233, 416, 422. 

Maelſtrom 163. 

Magdalenenſtrom 3653. 

Magma 319, 3433. 

Magnetiſcher Nordpol 33 

Magnolien 394. 

Maine, Küſtenlänge 200, Flußvermiſchung 
363, Seen 372 

Mais 424. 

Malaga, Niveauveränderung 194. 

Walacca 210, Neuen 102, 

Maladettagletſcher 125. 

Malavicher Archipel, Niveauveränderungen 
194, Mreal 211, 
und Faunga 214, Vulkane 352, Alora 391, 
414, Wald 405, 406, Aloven- und Faunen— 
grenzen 447. 

Maldeninſel, Regen 100, 101. 

Mullard Reade 102. 

Mallet 341. 

Mulm 6, 

Malpighiaccenbäume 408. 

Malta, Niveauveränderung 194. 

Mammut 451. 

Mammutbaum 58, 

Mammuthöhle 256 ıı, 

Mandſchurei, Wälder 406. 

Mangrovebäume 302, 106. 

Manteara saccifera 381—. 

Manila, Tiden 15%. 

Maniokpflanze 427 

Manitobaſee 380. 

Manyſſchniederung 18. 

Maquis 413. 

Maraanthal 308. 

Marbella, Serpentinſtock 300. 

Marchniederung 357. 

Marine lite 362. 

Marioninſel 3086. 

Muriputbal 309, 

Markham 15, 

Marlborough Bügel 360, 

Marlborough Jovi, Waldgrenze 400, 

Marmarameer 18. 

Marnuo 40, 

Marqueſas, Geſteine 219, 

Marſchland 187, 205. 

Marſhall Inſeln 229, 

St. Martin Inſel 332. 

St. Martin (Tiroll, Seebildung IT 

Martinique 3332 

Martins 373, 


29 
u‘ -s 


Entwickelungsgeſchichte 


Regiſter. 


Mastarenen 218, Fauna 222, Florenz:r 
änderungen 232, 422. 

Maſſengebirge 315. 

Maſſengeſteine 5, Gipfelformen 258. 

Maſſiv 315 IT. 

Maſuriſche Zeen 364, 

Mathematiſche Geographie 11. 

Matotſchkinſtraße 202, Mächtigfett es 
Golfſtromes 165. 

Matraſtock 330. 

Maulwürſfe 444. 

Maulmurfsratten 452. 

Mauna Nea, Vegetation 402. 

Mauna Loa 324, Lavafontänen 325, © 
329, Vegetation 402. 

Mauritiapalmen 406. 

Mäuſe 436, 442. 

Maximalböſchung 241. 

Maypures, Stromſchnellen 275. 

Mechaniſche Verwitterung 2 

Möecdltenburger Landrücken Snplane. 286 
359. 

Meer, tägl. Wärmeſchwankung 54, Wind— 
ſtärke 66, Salzgehalt und Dichte 145. 
263, Farbe 150, Temperatur 170, 171, 
Stickſtoöjſijgehalt 177, Auſchwemmungen 
—187. 

Meereis 179, 

Meeresboden 137, 

Meeresſfaunag 455. 

Meeresleuchten 150. 

Meeresniveau 146. 

Meeresſtrömungen 165 jj., 
Lufttemperatur 45 1. 

Meerwaſſer 188. 

Metong Bebiet, oberes, Waldgrenze 374. 

Welbourne, Erofton 269, 

Memel, jährl. Periode 257, 
Veränderungen 354, 

Menzalehſee 18, 207. 

Mera 310, Thalveränderung 314. 

Meran, Klima 40, 

Merapi 324, 

Mer de Glace 114, 117, 

Mkergelboden 238, 

Mergen, Vulkane 353, 

Meridiangrad, Länge 4 

Meromſee 361. 

Meſas 348. 

Meſolungi, Lagune 206. 

Meſopotamien, Regen 96, 103. 

Meſozoiſches Seltalter ©. 

Meteoriten J. 


22 


Küſtenzerſtörung 184. 


Bedeckung 143. 


Einiluß aut Ne 


Delta 282. N r 


118. 


Regifter. 





Reteorologie, Berhältnis zur Geographie 11. 
Wetbana, Bultan 323, 328, 382. 
"erifaniiches Plateau 349. 

Verito, vertil. Wärmeabnahme 38, Tem⸗ 
peraturveränderlichleit 60, Schneegrenze 
111, Gletſcher 126, Thermen 248 n, 
Yullane 331, Waldgrenze 400, Urwald 
4, 405, Mimofengebüjh 413, Ylora 
+21, Getreidegrenze 426, Sauna 443. 

Nezzolaſee 381. 

K:ogegletfcher 116. 

Michiganſee, Ylutgröße 161. 

v. Middendorff 86, 198, 395. 

Riledgeville, Thalbildung 266. 

Wilne 184. 

Milo 332. 

Rimoſenſträucher 394. 

Rindanao 211 n. 

Nineralboden 238. 

Rineralquellen 251. 

Rinnefota, Seen 372, 374. 

Rinutoli 868. 

Rıxan 6. 

Rjſoſen 379. 

MNijchfloren 419. 

Kiififfippi 22, 263, Schwantung des Fluß- 
ipiegeld 261, Abtragung 263, Flußbett 
265, Delta 281, 282, 285, Flußver⸗ 
miidung 363, Syitem 365, Länge 366. 

Kıitouri 865, Canon 270. 

Wiitral 85. 

Witteldeutiche® Erdbeben (1872) 341, 342. 

Kitteleuropa, Temperaturveränderlichfeit 60, 
Thermen 248 n, Flora 415. 

Tittellauf der Flüſſe 265. 

Mittelmeer, (europäifches) Areal u. mitt!. 
ziefe 187, Bodenrelief 143, Bodenbe⸗ 
dedung 144, Niveau 146, Salzgebalt 150, 
Strömungen 163, Tiefentemperatur 172. 

Tittelmeere 136, 137. 

Rittelmeerländer, Temperaturveränderlid- 
feit 60, Binde im Winter 78, im Som- 
mer 80, Flora 384, 389, 394, 416, 422, 
Wälder 406, Maquis 418, Fauna 439, 
449. 

Rittelmeerprovinz, Alima 180. 

Rittelmoräne 121. 


Nittelmafier bes Meeres 154, Schwankungen 


159, 
Rittlere Beleuchtungszone 31. 
Mojetten 326. 
Mogador, Regen 96. 
Mohave (Fort), Regen 97. 


— — — — — — — — — 


am 


Mohavewüſte 361. 

Mohn 67, 86, 89, 107, 137, 175 n. 

Mohrenhirſe 424. 

vd. Mojſiſovies 302, 308, 310. 

Moldau 364. 

Molulten, Ylora 414. 

Mondphafen 156. 

Mondwelle 156. 

Dtongolei 288. 

Monitor Range, Waldgrenze 400. 

Monocotyle Laubbäume 390. 

Monotropa uniflora 388. 

Monjun 78, 81. 

Monfungebiet von Afien 95. 

Monfunregen 102. 

Montaigne 205. 

Montblanc, relative Feuchtigkeit 90, Flora 
402, 

Dont Denife 332. 

Monte Amiata 330. 

Argentario 188. 

Gimino 380, 

Cocuzzo 339. 

Sargano 210. 

Geraneo 210. 

Matajur 369. 

Montenegro, Klammen 267. 

Monte nuovo 323, 330. 

Montes de Toledo 316. 

Mont Perdu 302, 

Montreal, Mufdyellager 193. 

Mont du Belay 327. 

Mont Ventoux, Waldgrenze 398. 

Moore 381 ff., Glacialpflanzen 420. 

Moos 382. 

Mooſe 396. 

Moostundra 396. 

Moränen 121. 

Moränenlandichaft 286, 358. 

Moränenfeen 373. 

Morriſſon 367. 

Morteratichgletiher 117. 

Mortillet 377. 

Moſchustier 449. 

Mofel, Waſſerſtand-Schwankungen 257. 

Mostau, tägl. Wärmeſchwankung 54. 

Mofjelbai, tägl. Wärmeſchwankung 57. 

Mount Egmont, Waldgrenze 400. 

St. Michael 212. 

Shafta 831. 

Waſhington, Wärmeabnahme 38. 

Wingan 333. 


| Mozambique, Fauna 445. 





478 


Mudlungs 281, 335. 

Mühry SH. 

Mulahacen 21. 

München, Temperaturveränderlichkeit 60. 
Mündungsfälle 276. 
Miündungsjormen der Flüſſe 280. 
Mündungsſeen 374. 

Murchiſon 377. 

Muren 242. 

Murmeltier 438. 

Murray 284, 365. 

Murray 228, 229. 

Muſaceen 392. 

Muſchelkalk 6. 

Mygale 439. 

Myrte 416. 


Nachtigal 55. 

Nadelholz 359, 407 |. weiter Voniferen. 

Nagetiere 433, 442, 450, 452. 

Namaqualand 411. 

Nandu 449. 

Nankou-Gebirge 347. 

Nanſchan, Schneegrenze 110. 

Naphtha 336. 

Karentadelta 283. 

Narra 369, 

Narynthal 308, 312, 

Nashorn 434, 444. 

Nationalpark, Geyſir 250. 

Natiſone 369. 

Natiſſa 370. 

Natronſeen 379. 

Natürliche Brücken 255. 

Naumanngleticher 126. 

Nauſet, Hafen v., Beränderungen 187. 

Neapolitaniſches Erdbeben (1857) 341, 342. 

Nebel 91. 

Nefud +10. 

Negative Nivenuveränderungen 189. 

Nehrung 206. 

Nelſon 370, 

Nemorhedus +49. 

„eogen 6. 
Neotropiſches Florenreich 441. 

Nepebrüche 359, 

Keubritannien, 
Geſteine 219. 

Nencaſtiliſches Plateau 549. 

Neue Hebriden 332. 

Neuenburger Seengruppe 377. 

Neu England, Muſchellager 193, Erdbeben 
443. 


Niveauveränderung 194, 


Regiſter. 


Neues Weißthor 307. 

Neuffen, Tiefentemperatur 7. 

Neufundland 211 n. 

Neufundlandbank 142. 

Neuguinea, Niveauveränderung 194, Arcı 
211n, ‚sauna 215, 447, Vulkane 332, 
Flora 414. 

Neukaledonien 219, Flora 415. 

Neumayer 88. 

Neu:Merifo, Waldgrenze 400. 

Neujchottland 209. 

Neuſeeland, Schneegrenze 111, Ghleticher 126, 
Klima 130, N iveauderänderungen 14, 


197, Areal 21i n, Flora und sauna 
218, 232, 415, 418, 420, 449, Fiorde 
202, Geyſir 250, Maare 320, Nulfane 


332, Schlammſprudel 335, Erdbeben 337, 
344, Palmen 390, Waldgrenze 4, 
Waldland 405. 

Neuſeeländiſche Alpen, Bau 300, Seen 375, 
380. 

Neuſibiriſche Inſeln 216. 

Neu-Süd-Wales, Wald 406. 

Nevada 351, Boraxſeen 379. 

Nevados 84. 

Niveauveränderungen 188 ff., Neihentolge 
216, Einfluß auf die Deltabildung 285. 

Newa, Eisbedeckung 260 n. 

New Madrid, Seebildung 374. 

Newton, J., 154. 

Newton Geologe) 318, 352. 

Nerv Vork, Pendellänge 3, Regendichtigkeit 
101. 

N'gamibecken 22. 

Niagarafall 276. 

Nicaraguaſee 17, 378. 

Nicoya, Niveauveränderung 193. 

Nichtvulkaniſche Erdbeben 338. 

Nichtvulkaniſche Hebungsinſeln 220 
Niederlande, N eauvderanderungen 146, 
Gröbeben 343, Depreſſion 361, Wald 422n. 

Niederöfterreich, Erdbeben 343, 

Niederrheiniiches Maſſiv 315, 
Vulkane 332. 

Niederjchläge 92 ff., janitäre Bedeutung 23, 
angebliche Beränderungen 132. 

Niedrigwaſſer des Meeres 154. 

Nigerdelta 234. 

Nil 23, 258, 366, Delta 281, 282, 
Veränderungen des Deltas 196, 207 ẽ, Ab— 
lenkung 368. 

Nilthal 270. 

Nippon 211 n. 


317, 318, 


284, 


Kegiſter. 


Nipptiden 156. 

Niſchen 286, in ben norweg. Sunden 185. 
Nijyros 382. 

Kordafrilanifche Strömung 165. 


Rordamerila, Grenzen 17, Areal 19, Tem⸗ | 
yeratur im Winter 45, 47, im Sommer | 


4, im SJabresmittel 50, Zonen 51, tägl. 
Iemperaturihtwanfung im meitl. Hoch⸗ 
land 55, ZXemperaturveränberlicdhleit 60, 
Zuftdrud und Winde im Winter 74, im 
Sommer 80, Regen 96, 100, Gletſcher 
126, Riveauveränderungen 193, 195, 
diorde 208, Dünen und Lagunen 206, 
Halbinfeln 208, BDiluvialterrafien 271, 
Roränenlandichhaften und abflußlofe Ge⸗ 
biete 286, mitt!. Höhe 294, Vulkane 381, 
Waſſerſcheiden 863, Flüſſe 366, Seen 374, 
Valmen 390, Grenze ber immergrünen 
und jommergrünen Bäume 894, alpine 
Baldgrenze 400, Wälder 406, 407, Salze 
wiite 411, Flora 416, 421, Getreide⸗ 
grenze 425, Obftgrenge 427, Fauna 448, 
450, 451, 452, 453. 

Rordatlantifhe Cytlone im Winter 75, im 
Sommer 81. 

Nordchileniſche Klimaprovinz 131. 

Rorbchinefiiche® Tafelland 347. 

Rorddeutiche Seen 374. 

Rorbdeutfche Tiefebene 354, 358, 

Korddeutichland, Regen 105. 

Rorddevon 211 n. 

Rordenftiöld 109,126,145,179,182,374. 

Kordfranzöftiches Tiefland 360. 

Rordlap, Schneegrenze 110. 

Rordlarolina, Küſtenebene 356. 

Rordlontinente, Areal 19, Fauna 448. 

Nordkrainiſche Ebene 381. 

Nördliche Halbkugel, Waſſer und Land 16, 


359, 


Erdbeben 343, Waldgrenze 396. 

Rördliches Eismeer, Areal 20, 137, mittl. : 
Ziefe 187 , größte Tiefe 139, Boden⸗ 
wiief 142, WBodenbededung 146, Salz« | 
gehalt 149, Strömungen 165 f., Tiefen: 
kmperatur 175, Eisbildung 180, Sauna 
65. 

Nordlicht 38f. 

Nordlichtbogen 84. 

Nordpazifiſche Cyklone im Winter 76, im 
Commer 81. 

Nordſee, Areal u. mittl. Tiefe 137, Boden 
relief 142, Bodenbededung 144. 

Nordſtrand 187. 


| 


419 


Norfolkinſel 219, 

| Normale Flüſſe 362. 

ı Normale Gebirge 813. 

: Rormalhöhenpuntt und Normalnull der 

preuß. Landesaufnahme 147. 

Rormaltemperaturen der Breitengrade 52. 
Normandie, Thäler 279. 
Northes 62, 

Norwegen, vertil. Bärmeabnahme 38, Win- 
tertemperatur 45, Schneegrenze 110, Glet⸗ 
[her 126, 127, Slimatifches 177, Küfte 
138, 188, 185, Kiüftenlänge 200, Fjorde 
202, alpine Waldgrenze 398, Wald 422 n, 
Getreidegrenze 426. 

Novaledoſee 381. 

Nowaja Semlja 216, tägl. Wärmeſchwan⸗ 
fung 57, Gletſcher 126, Areal 211 n. 

Nufus, Verdunftung und Regen 380 n. 

Nulato, Wald 395. 

Nunatak 127, Vegetation 397. 


Nuppflanzen 428 ff. 


Dnfen 410, 428. 

Ob 365, 366, Eißbededung 260 n. 
Oberblegifee 374. 

Oberdeutſche Hochebene 22, 849. 
Obere Kulmination 154. 

Oberer See 371. 
Oberflächenformen, Haupttypen 292. 
SOberflächenmoräne 121. 
Oberhalbfteiner Thal 310, 315. 

‚ Oberlauf der Flüſſe 265. 

| Obir, Temperatur 42. 

| Ochotäfiiches Meer, Areal u. mittlere Ziefe 
| 197, Strömungen 167, Eis 180. 


— — — — — — — — — — 


| Ober, Beränderungen 869. 
Zemperaturzonen 51, Gleticherareal 125, 
, Offene Mündungen 280. 


Oderbaff 207. 
Oderthal 359. 
Odeſſa, tägl. Wärmeſchwankung 56. 


Dgiven 120. 

Ohio 865. 

Ölbaum 387, 416, 

Sligocän 6. 

Dlonez, Wald 422, 

Ölpalme 391, 408. 

Olymp 805. 

Oman, Niveauderänderungen 194. 
DOmenal, Temperatur 40. 
Inegafee 209, Tiefe 380, Abnahme 380. 
Onranijcher Berg 210. 

Ontale, Waldgrenze 399. 
Oolithgebirge 6. 


480 


Opilio glacialis 138. 
Orchideen 393, 404. 
Ordos, Temperatur 5%. 
Tregonceder 40T, 
Organiſche Ablagerungen im Meer 144. 
Trient, Erdbeben 343. 
Trientaliiches Faunenreich 441. 
Orinoco 22, Delta 284, Gabelung 363. 
Orinoco Ebene 355, Wälder 406. 
Zrizaba, Pik v., 320. 
Orland 183. 
Trograpbiice Thäler 277. 
Trometrie 204, 
Trome 378. 
Trontestbal 309, 
Oscillarien 430. 
öſel, Niveauveränderung 192, Karſtphäno— 
men 256. 
Oſorno, Waldgrenze 400, 
Ita 305. 


314. 


Oſtalpen 22, 302, 313, Stoßlinien 339, 
311. 

Oſtanglikaniſche Höhen 360. 

Oſtaſien, Temperaturveränderlichkeit 60, 


Winterklima 87, Flora 416, Fauna 449. 

Oſtauſtraliſche Strömung 166. 

Oſichineſiſches Areal und 
Tiefe 137, el 142, 

Sfterreic, Wald 422 1 

Oſteuropa, Regen 95, Klima 129, 

Oſtfeſte 17. 

Oſtgrönländiſche Strömung 166, 

Tftindien, Regen 103, Aletterpalimen 391, 
Wald 403, Fauna 441, 442, 445, 448, 

COſtindiſch-auſtraliſcheMonſunprovinz, Klima 
130. 

Oſtindiſcher Archipel ſ. malayiſcher A. 

COſtkap 19. 

öſtliche Halbkugel, Waſſer und Yand 16, 

Titjee, Mreal und mittl. Tiefe 137, 
velter 142, Bodenbedeckung 144, Niveau 


Meer, mittlere 


Boden— 


146, Salzgehalt 150, Flutgröße 161, 
Strömungen 163, Eis 180. 
Oſtſibirien, Temperatur 47, Temperatur— 


veränderlichkeit 0, Regen 05, Klima 130 
Oſtſibiriſches Gebirge 21. 
Oszillierende Bodenbewegung 194. 
Oßtthaler Alpen 313. 
Ouſe 365. 
Oxvxtropis 384. 
Ozean, Einteilung 19, 
Tiefentemperatur 172. 
Ozeaniſche Teltas 280. 


Bodenreliet 140, 


| Ozeaniſche 


Kegiſter. 


iſeln 220. 
Str ömungen 163. 


Czeaniſche 


I 
Li 
N 


Paziſik Greet 364. 

Bazifiicher Czean 19, Areal 20, 137, 
Iinien 26, Größte Tiefen 13%, Soden. 
reltet 140, Vodenbededung 145, 
gehalt 149, Tiden 158, 159, 
166, 167, Temperatur 171, 

Packeis 150, 181. 

Palacko 415. 

Kalävarftiiches Faunenreich 448, 449, 400, 
451—54 

Paläoz zoiſches Jeitalter 6. 

Paläſtina, Karſtphänomen 256. 

Palau-Archipel, Niveauveränderungen 195, 
Geſteine 219. 

Palermo, Gehalt der Luft an orga "en 
Zubjtanzen 28. 

Paliecſee 378 1. 

Palma 321. 

Palmen 390, 414. 

Palmenöl 391. 

Palmenwein 391. 

Palmenzucker 301. 

Palmieri 322. 

Palten-Lieſingthal, Waſſerſcheide 307. 

Pambuk Kalaſſi, Travertinablagerungen 


Salz⸗ 
Stromungen 
177. 


251. 

Pamir 315, Waldgienze 340, 

Pampas, Klima 131, Löß 290, Yegetaten 
385, 409, 412, Flora 418, 422. 


Pampasformation 395. 
Panaria Iſthmus 17, Savane 407. 
RPauaria 330. 
Bundanıs 32. 
Pandſchab 359, Regen 
Panther 434. 
Papageien 433, 434, 443, 445, 446. 
’apaver nudieanle 397. 
Pappel 40%. 
ara, Jahl der Schmetterlinge 435. 
Paradiesſeige 392, 
Paradiesvögel 446. 
Pareguay, Fluß, 363, 365. 

J Staat, Wald 406. 


4 210) 


45, Erdbeben 340. 


Paragras 
Barana 362, 
Paris 860, Flora 357, 

Pariſer Zertiärbeden 360. 

Pascoe 447. 

Paßhöhe der Nettengebirge 306, 

Paſſat 72, im Winter77, im Sommer 79, do. 


365. 


Kegiſter. 


Pañatſchauer 110. 

Kefarftrömungen und ihre Ausläufer 170. 

Vatagonien, Riveauveränderungen 198,197, 
Kültenform 199, Ziefebene 355, Vege⸗ 
tttion 412, Flora 418. 

Er Paul⸗Inſel (Beringsmeer), Regen 101. 

— (atlantiiher Ozean) 220, 230. 

— (indifcher Ozean) 396. 

Tunmotu-Archipel 229, Niveauveränderun: 
gen 198, 

paumotu⸗Plateau 140, 

Lader 15, 33, 117, 118. 

tıyfull 228. 

Lexlbeobadytungen an Ylüfien 259. 

keıho, Abtragung 263. 

Vekari 443, 

Lelagiihe Fauna 455. 

Lelion 305. 

loponnes 210, Riveauveränderungen 194. 

veloritaniſches Gebirge 339. 

Kchtiere 449, 451. 

gend 122, 124, 132, 192, 197, 198, 278, 
315, 373, 877. 

Tendelbeobadhtungen 2, 147. 

veniniſches Gebirge, Bau 298. 

derekop⸗Iſthmus 208. 

Berigel 31. 

Reriodifhe Quellen 247. 

Periodiiche Seen 254. 

Peripheriſche Stoßlinien 339. 

Peripheriſche Tiefebenen 856. 

Bermiide Formation 6. 

Perrey 344. 

Berry 15. 

Beriten, Boraxſeen 379. 

Beriimmonbaum 394, 

berſiſches Meer, Areal und mittlere Tiefe | 
137, Bodenrelief 142, Niveauveränberun: 
gen 194. 

Terfiide Wüften 411. 

Beru, Länge des Meridiangrades 4, Klima 
131, Vegetation 411, ®etreidegrenze 426. 

feruftrömung 166, 167. 

Teſchel 202, 378, 379. 

Sciter Stadtwäldchen, Bohrloch 358. 

Fetermann 137, 165, 208. 

Feters 256, 368, 379. 

Petit Lake 368. 


481 


Pierdehuf:tFledermäufe 452. 

Pfitiher Joch 314. 

Pflanzen, VBerbreitungsmittel 231, Anteil 
an der Zeritörung 237, Yandbildung 381, 
Abhängigkeit vom Boden 384, vom Klima 
885. 

Bflanzenlchen im Meer 144, 429, 455. 

Pflanzenregionen 897. 

Philippinen, Yauna 215, Bullane 382. 

Phlegräiſche Felder 822, 330. 

Pholaden 194. 

Phönix spinosa 406, 

Phönixtiefe 140. 

Phryma Leptostachya 888. 

Phungtu, Durhbruchstbal 311. 

Phylica arborea 396. 

Picariae 433, 445. 

Pico, Bullan von, Böſchung 320. 

Pikes Peak, Temperatur 39, jährl. Wärme⸗ 
ſchwankung 58. 

Pilar 255. 

Pinchincha 320. 

Pindus, Waldgrenze 399. 

Binien 395. 

Binfelzüngige Papageien 446. 

Piſang 392, 406. 

Piſſis 195, 

Pittinſel 390. 

Piz Linard 438. 

Blanetenteile 11. 

Plateau du Coteau des Prairied 286. 

— du Eotenu du Miffouri 286. 

Blatenutlima 59. 

Plateaus 845 ff., vertil. Wärmeabnahme 40. 

Plateaus unter bem Meer 139. 

Blattenjura 345. 

Blattenjee 875. 


| Blayfai® 188. 


Blivcän 6. 

Plöckenſteingranit, Gipfelform 240. 

Vo 364, Abtragung 268, Delta 281, 282, 
285. 


Poebene 356, 8569. 


Poey 344. 


Polarbär |. Eisbär. 
Polare Beleuchtungszonen 32. 


Polare Pflanzenzonen 387, 396. 


Polarfuchs 436, 454. 


Perro-Alerandrowst, Verdunftung u. Regen Bolargürtel der gemäßigten umd falten 


380 n. t 
Ktihjora 365. 
v*iaff 114, 117, 183. 
$ierd 449, 452. 

Supan, Phyſiſche Erdkunde. 


Zone 51. 


| Polarhafe 436. 
. Bolarisbei, tägl. Wärmeſchwankung 57. 
Polarlicht 33. 


31 


aa 


Nolarjeite der Cyklonen 68. 


Regiſter. 





Pußta 409. 


Polarſtrömungen im atlant. Ozean 166, im | Pyrenäen, Schneegrenze 110, Gleticher 125, 


pazif. Ozean 167. 
older 137. 
Role 2. 
Poliakoff 368. 


Polyneſien 230, Hauptlinien 24, Klima 
130, Flora und Fauna 230, 231, 447, 


Urwald 405. 
Polynia 182. 
Polypedatidae 230. 


Pommeriſche Küjte, Tiefe des Diluviums 


35. 
Pommeriſcher Landrücken 286, 359. 
Pontiniihe Inſeln 330. 
Pontiſches Gebirge, Waldgrenze 399. 
Tontus 353, Tiefe 143, Salzgehalt 150. 
Popraddurchbruch 312 n. 
Poriten 224. 
Portland 188. 
Port Said, Feuchtigkeit und Regen 93. 
Poſen, Tiefe des Diluviums 359. 
Posepny 351. 
Poſitive Niveauveränderungen 139. 
Potomac, Durchbruchsthal 311. 
Pottfiſch 455. 
Powell 312. 
Praamberge 348. 
Praia, Regen 101. 


Prärieen, vertik. Wärmeabnahme 41, Löß 
290, Terrain 350, 352, Vegetation 409. 


Trärichund 450. 
regel 369. 


Preußen, Yandrüden 256, 359, Tiefe des 
G Aa) 


Diluviums 359, Scen 380, 
Primäres Zeitalter 6. 
Primeln 889. 

Prinzeninſel 222. 
Pripetſümpfe 364. 

Procida 830. 

Propylit 334, 
Proteaccenbäume 408. 
Pruth 283, 308. 
Przewalski 53, 55, 93, 96. 
Kteropodenjchlamm 145. 
Ptolemäiſches Weltſyſtem 1. 
Puma 443. 

Pumpelty 243, 244, 376. 
Punaregion 411. 


Punta Arenas, Klima u, Getreidebau 425. 


Purana 367. 
Purneah, Regenmaximum 93. 
Purpurſchwalbe 434. 


Gipfelformen 240, Höhlen 256, Gr 
Pyramiden 269, Bau 301, Kammbildunz 
307, Gliederung 312, Seen 373, 375. 
Waldgrenze 398, Olacialflora 420, Ge 
treidegrenze 426. 
Pyrenäiſche Dalbinfel f. iberiſche Balbiniel. 
Pythonſchlange 450. 


Quaderſandſteingebirge 6, in der ſächſiſchen 
Schweiz 348. 

Quartäres Zeitalter 6. 

Quellen 245, Temperatur 247, 248, Mi— 
neralgehalt 210. 

Quelltümpel 246. 

Querflüſſe 362. 

Querkämme 296. 

Querſpalten im Gletſcher 119. 

Querthäler 296, Bau 309. 

Quito, Wulfane 331, Setreidegrenze 42%, 


Raagen, Gletſcher 117. 
Rabioſathal 315. 

Radiale Stoßlinien 340. 
Radialſpalten bei Erdbeben 338. 
Radiolarienſchlamm 146. 
Radmerbach 310. 

Rafftlesia Arnoldi 393. 
Namberg 317. 

Ramſay 361, 375. 


‚ Mar 20T. 


Randmeere 136, 137. 

Nandipalten der Gletjcher 119. 

anf Serleiner Springbrunnen 247 n. 
Raſenquellen 246. 

Nas Monbas, Niveauveränderung 194. 
Ratſchacher Waſſerſcheide 314. 

Ratzel 153, 202, 306, 363, 372. 
Raubtiere 433, 443, 445, 452. 
Raubvögel 433, 451. 

Rauhe Alp, vertii Isärıncabnahme 88. 
Rauma-Elf 364. 

Reade 263. 

Ned 371. 

Neclus 364, 379. 

Red Niver 370. 

— (Mbit. d. Miſſiſſippi) 233, Cañon 270. 
Regelation 117. 

Regen j. Niederschläge. 

Negendichtigfeit 101. 

Regengebiete der Erde 106. 
Regenwahrſcheinlichkeit 98. 


Regiſter. 


Negenwürmer, Humusbildung 238. 

Reiderland 187. 

Reif 90. 

Kein 228, 229, 424. 

Heid 424. . 

Hei 126, 328. 

Kelttive Feuchtigkeit 89. 

Relittenjeen 377. 

£. Remo, unterjeeiihe Duelle 254. 

Rembahn (Blad Hills) 318. 

RKemelsſtrömung 188, 

Kenou 91. 

Kentier 436, 439, 449, 451, 454, 

Fedtilien 231, 432, 436, 449. 

Reihenicheided 314. 

Reichenſee 373. 

Rdtinfeln 219. 

Reuſch 185. 

Raub, Abtragung 269. 

Reder 327, 338. 

Riiniche Alpen, Betreibegrenze 427. 

Kinihe Formation 6. 

Rem 362, 365, Schwankungen des Waſſer⸗ 
tande® 257, 258, Delta 281, 283, 284, 
35, Verbindung mit der Donau 364, 
Größe 366, Veränderungen 867, 370, 
Ablenkung 368. 

Kreinbeden, Erdbeben 843. 

Sxinfall 277. 

Adeiniſches Erdbeben (1828) 387, (1846) 
337, 342. 

Rheinthal 308, Veränderungen 315. 

Rhöne 364, 365, 869, Abtragung 263, 
Delta 281, 282, 285. 

Rsönebeden, Erdbeben 343. 

Wxmegletiher 123. 

Khonethal 308. 

Kboolith 319, 334. 

Rias 208. 

d. Richthofen 199, 203, 209, 243, 244, 
286, 288, 289, 290, 312, 818, 883, 384, 


Riegräfer 382. 

Keiengebirge, Walbgrenze 398. 

Riejenhirſch 451. 

Ririentöpfe 119, in Steilfüften 185. 

Rigi, tägl. Wärmeihwantung 56, jährl. 
Bärmeihwanfung 58, Temperaturver⸗ 
önderlichleit 60, Waflerrinnen 267. 

Rio grande del Norte, Cafon 270, 

Ro negro, Waldland 405. 


483 


Riongebirge, Waldgrenze 399. 

Nionthal 809. 

Rocca Monfina 326, 830. 

Rody Mountains ſ. Feljengebirge. 

Roggen 425. 

Nohboden 288. 

Rohlfs 55, 288. 

Rom, Feuchtigkeit u. Regen 93, Schnee 108. 

Roß 15, 49, 128, 140, 

Roßberg, Bergiturz 248. 

Roftförmiger Gebirgsbau 813. 

Rotangpalmen 391, 404. 

Rotatorifche Bewegung bei Erbbeben 886. 

Roter Schlamm 144. 

Noter Schnee 403. 

Roter See 378 n. 

Notes Meer, Ureal und mittl. Tiefe 137, 
Bodenrelief 143, Salzgehalt 149. 

Noth 235, 287, 878 n. 

Rotholzbaum 407. 

Rotliegendes 6. 

Rüden des Meeresbodens 139. 

Rückſtau 264. 

Rumänien, Wald 422 n. 

Runfelrübe 428. 

Rußland, TQTemperaturveränderlichleit 60, 
Regen 105, ınoderne Thalbildung 267, 
mittl. Höhe 295, Bau u. Geſchichte 354, 
356, 359, Hauptmwafferfcheide 363, Seen 
971, 378, 880, Wald 422 n. 

Rütimeyer 203, 267. 


Saalachthal, Seebildung 373. 

Sabaleae 390. 

Sabalpalme 390. 

Sabine 2. 

Sabine-Infel, tägl. Wärmeſchwankung 57. 

Sabioncello 212. 

Sadalin, Riveauveränderungen 193, Areal 
211 n. 

Sachaliſche Strömung 167. 

Sachs 408. 

Sächfifche Schweiz, Gipfelformen 240, Bau 
346, Erofion 348. 

Sagopalme 391. 

Sahama 806. 

Sahara 22, tägl. Wärmeſchwankung 55, 
Regen 96, 103, 287 n, Gemitter 107, 
Klima 180, Ablagerungen 287, 288, 
Terrain 348, Vegetation 409, 410, Lands 
ichneden 439, Strauß 449. 

Sajangebirge, Schneegrenze 110, Bald: 
grenze 399, @etreidegrenze 426. 

81* 


— — — — — — — 


484 


Säkulare Bodenbewequngen 158. 
— Verwitterung 248. 
Säfularer Waldwechiel 421. 
Ealamanca, Regen 95. 
Cala y Gomez 211. 
Ealomonsinfeln, Geſteine 219, 
Salzachthal 809, 310, mittl. Böſchung 138. 
Salzgebirge 6. 
Salzgehalt des Meerwaſſers 148. 
Ealzfammeraut:Scen 376. 
Salzpflanzen 384. 
Salzjeen 378, 379. 
Eulziteppe 288, Vegetation +10. 
Sambaquis 19%. 
Zamländiiche Küſte 183. 
Camum Ss. 
Eandablagerungen im Peer 144. 
Sandbänke 144, in Flüſſen 264. 
Sandboden 238. 
Sandinſeln in Flüſſen 264. 
Sandfegel auf Sletichern 122. 
Eanditeppen +10. 
Sandwichinſeln, 
Erdbeben 344. 
Sandwüſten 288. 
Sänger 452. 
Sangay 324. 
Sanſibar, tägl. Wärmeſchwankung 56. 
Santiago (Chile), Erdbeben 343. 
— 1Zpaniem, Wegen 04. 
Eantorin 220, 328, 332, 
Saoͤne 364, 
Cadnethal 308. 
Sarasvati 369. 
Sardinien, angebliche Nivenuperänderungen 
190. 
Sardſchu 365. 
Sargaſſomeer 169. 
Sartorius v. Waltershaufen 49. 
Sum Kamyſch-See 36T. 
Saskatchewan 363, 
Zuliafraslorber 308, 
Sattel der Kalten 205. 
Saure Yaden 319. 
Sauerquellen 251, 326. 
Sauerſtoffgehalt der Yuft 27. 
Saumriffe 224. 
Savane 407. 
Savanenwälder 08. 
Save 366, 
Savoyen, Erdbeben 343. 
Schafberg, Wärmeabnahme 38. 
Schanghai, Wintertemperatur 45, 77. 


Klima 130, Fauna 231, 


,Regiſter. 


Schanſi, Narbonplateau 347, Löß 3. 
351. 

Schantung 358, Gebirgsbau 305. 

Scharung 264. 

Schat el Arab 369, Delta 284. 

Schaukelbewegung des Bodens 196. 

Sceingräler 382. 

Schelch 451. 

Schemnitz, trachytiſches Gebirge 330. 

Schichtquellen 246. 

Schichtungsplateaus 350. 

Schiefe Ebenen 350. 

Schiefe Falten 296. 

Schilfrohr 382, 

Schimpanſe 445. 

Zchladen 319. 

Scylaggendorfer pipe, Einſturz 243. 

v. Schlagintweit, H. 247 n, 402. 

Schlammkegel bei Erdbeben 338. 

Schlammſprudel 334. 

Schlammſtröme bei 
Mooren 352. 

Schlammvultane 334. 

Schlangen 435, Berbreitungsmittel 212. 

Schmarda +54. 


Vulkanen 325, be 


Schmelzpunkt der Kürper 10. 


Ecmetterlinge 437. 
Schmick 197. 
Schmidt, J. 344. 
Schmutzbänder der Gletſcher 123. 
Schnabeltiere 433, 445. 
Schnee, Verbreitung 108 f. 
Schneeberg (ſächſ. Schweiz) 346. 
Schneehaſe 438. 
Schneelinie (Schneegrenze) 109. 
Schneemaus 438. 
Schopfhuhn 433, 443. 
Schollenlava 325. 
Schott 207. 
Schott el Dſcherid 361. 
— Gharſa 361. 
Schottiſches Maſſiv 315, 316, 317, 318. 
Schottland, Bulfane 332, Waldgrenze 34» 
Setreidegrenze 426. 
Scott Melgbigb 361. 
Schratten 2306. 
Schreivögel 433, 450. 
Schurfflechten 327. 
Schuſter 116. 
Schütt 405. 
Schuttboden 238. 
Schütterlinien 339. 
Schutthalden 242. 


Regifer. 485 
Shuttlegel 242, 265, 266, in Binnenfeen | Senft 381. 


?»1, vullaniicdhe 320. Sentungen 188, des Meeresbodens 139, 
Scuntfteppe 287. bei Erdbeben 338. 
Stugfarben der Tiere 431. Sentungsjeen 375. 
shwähijhe Hochebene 349. | Senlungstbäler 308. 
Siwarzerde 286, 354. Sequoia 388, 393, 407. 
Simarzed Gebirge 318, GSermerfual 127. 
Scwarzed Meer |. Bontus. Sermilitfiord, Tiefe 202. 


Scmarzwald 304, 306, Waldgrenze 398, | Serpentinen 261. 
arialflora 420, Getreidegrenze 426. Serra da Eitrella, Wärmeabnahme 38. 


Scwarziwafler 430. Serre 304. 
Shweden, Wreal der Seen 371, des Waldes | Serval 449. 
2. Setledſch 365, 369, Durchbruchsthal 311. 
Schwein 444. | Sevierjee 289. 
Schweiz, vertil. Wärmeabnahme 38, Föhn⸗ | Sewellel 450. 
tage 87, Thalbildung 272, Erdbeben 338, . Sere 191 n. 


340, 348, Abhängigkeit der Pflanze vom | Seychellen 218. 
Yoden 385, Pflanzenregionen 398, fälı: | Sham 55. 
larer Waldwechſel 421, Waldfläche 422 n. | Sibirien, Baldgrenze 365, ſäkularer Wald⸗ 


Stwenmgebirge 6. wechjel 421, Getreidegrenze 425, Obſt 427. 
Startraft 3, 238, 297. Sibiriſche Anticyklone 77. 

ẽWingende Beivegung des Meeres 151. | Sibiriiche Flüſſe 368. 

Stonbady 315. Sibiriſches Tiefland 358, 354, 356. 
Scirocco 87, 88. | Siebenbürgen 349. 

Scottgebirge, Cañon 270. Siebenſchläfer 439, 452. 

Smub 412. | Sierra de Gredos, Gletſcher 125. 

Snllafeld 339. — de Quadarrama 316. 

Zeylla und Charybdis 168. | — de 108 Filabres 300. 

Sdobba 370. — Morena 316. 

Sööimentgefteine 5, Gehängeform 241. — Nevada (Kalifornien), Kulmination 
Steaugen 246. | 306, Erdbeben 340, Waldgrenze 400. 
. Seebad) 198, 341, 342. | — Nevada (Spanien), Schneegrenze 
Seebeben 337. 110, Gletſcher 125, Gipfelformen 
Seehund 455. | 240, Bau 300, Waldgrenze 398, 
Seeland 402. | Getreidegrenze 426. 

Seeland, Tiefe des Diluviums 359. ı  — Nevada de St. Marta, Schnee= 
Erelöß 289. grenze 111. 

Seeflima 57, 59. — Nevada de Merida, Schneegrenze 
sen 371 ff, Einfluß auf die Temperatur 111, Waldgrenze 400. 


4, Ziefentemperatur 171, Einfluß auf Sikkim, Waldgrenze 399. 
den Waſſerſtand ber Flüſſe 257, Ab» ' Silawald 339. 


Huß 378. ' Silleiner Erdbeben 342. 
Seewind 88. Sillthal, mitt. Böſchung 139. 
Seiche 153, 158. | Silur:$ormation 6. 
Seihwafler 245. Simeto, Thalbilbnng 267. 
deihun 369. ı Simony 172 n, 243, 376, 379. 
Seine 365. | Simplon, Blodenblume 887. 
Stitenmoräne 121. ‚ Singpögel 433, 450. 
Sehindäre Minima 70, ı Sinifches Gebirgäfuftem, Richtung 304. 
Sthindäreß Zeitalter 6. | Siongheller ®rotte 185. 
Sehindäre Waflerfcheiden 362. Sizilien, Niveauveränderungen 194, Ylora 
Zetundenpendel 2. | 416, Verbindung mit Afrika 444. 


Semper 228, 480. ı Sizilifhe Straße, Tiefe 143. 





486 Regiſter. 


Skagafjord 208. Stanleyhafen, Regendichtigkeit 101. 
Skandinavien 209, Cyklone 81, Gletſcher Stanowoigebirge, Einfluß auf bie Tem⸗ 
127, Niveauveränderungen 190, 195, : peratur 47, Waldgrenze 399. 





Seen 373, 375. Steenjtrup 118, 194. 
Standinavifches Maſſiv 315, 318. Stefanovis 260. 
Staptar Jökull 325. ; Stehende Falten 295. 
Slavoniſches Gebirge 306. Stehende Wellen 158, 158. 
Smyrna, Hafen von, 372. Steilfüfte 182, Zerſtörung 188. 
Snake⸗River, Lavafeld am, 831. Steinſchutt 238, 
Sognefjord 200. : GSteinfteppe 287. 
Solenodon 218. Ä Stelzen 454. | 
Solfatara 326, 330. ı Steppen, Ublagerungen 287, Vegetation 
Solfatarenthätigleit 326. 407, 408. 
Sologne 360. Steppenflora 416, 419. 
Solta 212. ı Steppengräfer 409. 
Somma 322. : Steppentiere 431. 
Sommergewitter 107. Stevenſon 91, 181. 
Sommergrüne Yaubbäume, Gürtel der, 394. Stevenſon'ſches Geſetz 64. 
Songari 864. | Stidftoffgehalt der Luft 27. 
Sonnberg 306. ' Steinbod 438, 451. 
Sonne 28, | Steintohlengebirge 6. 
Sonnenferne 81. | Stiller Ogean |. Pacifiſcher Ozean. 


Sonnenfleden 28, Beziehungen zu den Stoliczka 302. 
Polarlichtern 36, zum Klima 181. Storarbaum 416. 


Sonnennäbe 30. Storjee 379. 
Sonnenwelle 156. Stoßlinien 839. 
v. Sonklar 294, 373. Strahlenlicht 34. 


Strandlinien 190, 191. 
Strandieen 206, 372. 
Stratovullane 819, 329. 


Soonwald 317. 
Sorata, Waldgrenze 400. 
Sorghum 424. 


Sorgue 256. Straucratten 442. 
South⸗Kap 16. Strauchvögel 446. 
Spanien, Wald 422 n. Strauß 449. 
Spalten 2885. Stroh 250. 
Spaltenbildung tm Gletſcher 118, bei Erd- : Strom 256. 
beben 338. Strömende Bewegung de Meeres 151. 
Spaltquellen 246. Stromboli 321 n, 324, 330. 
Spartium 386, Strombolithätigfeit 324. 


Spencer 202, 374. 
Sperenberger Bohrlod 7. 
©Sperlinge 437. 


Stromfchnellen 276. 
Stromftrih 261. 
Strong 256. 


u — — — — — —— nn — — — 


Sphagnum 382. Struktur der Gletiſcher 119. 
Sphäroid 2. ' Stubbenfammer 184. 
Spinnen 435. ' Stübel 328. 
Spigbergen 216, Pendellänge 3, Schnee . Studer, Th. 184. 
grenze 109, Gletſcher 121, 126, 127. Stufe (geolog.) 5. 
Spigmaug 442. Stürme 68, 71. 
Spreethal 359. “ Sturmfluten 152. 
Springtiden 156 Stuttgart, Temperaturveränderlichleit 60. 


Stadheljchwein 449. Submarine Delta 288, 
GStalagmiten 252. — Strömungen 179. 


| 
Sſerir 288, 410. Styepaß, Regen 94. 
Stalaftiten 252. | — vulkaniſche Ausbrüche 220. 


. Regifer. 487 
Zubmarme Wälder 194. Susquehanna, Durchbruchsthal 311. 





Zubpolare Barometerminima 75. Süßwaſſerſeen 378. 
Eubtropifche Barometermarima 74, 79. Spartifen, Inlandeis 127. 
Zubtropiicher Regen 101, 108. | Sylomoren 39. 
Erftuforifche Erdbebenbewegung 336. ‚ Synllinale 295. 
Eidafrila, organtiche Welt 444. | Synllinallemm 295. 
Eidafritanifches Hochplateau 22. Shynklinalthal 295, 308. 

_ Maffiv 315, 816. Eymnoptiſche Witterungsfarten 63. 


Eudamerifa, höchſte Breite 16, Grenzen 17, Syrien, Regen 96, Flora 416. 
Areal 19, Temperatur im Winter 44, 46, Sprijches Thal 308. 

m Sommer 49, im Jahresmittel 50, Syriſche Wüfte 410. 
Zemperaturzonen 51, Quftdrud u. Winde Syrten, Ylutgröße 161. 

im Winter 78, im Sommer 79, Regen Spyrtenplateau 22. 

97, Gletſcher 126, Tropifche Klimaprovinz : Szegebin, Untergang 26C, Seen 879. 
131, Niveauveränderungen 193, 195, 196, 

197, Fiorde 202, Halbinfeln 208, Bul:- Tabago 832. 

lane 331, Erdbeben 388, 343, Tiefland Tabak 427. 

355, Ylüffe 366, Palmen 890, alpine | Tabasto 405. 

Baldgrenze 400, Flora 414, 418, Fauna | Tajelberge 348. 


441, 442, 447, 448. Tafelformen 345. 
Sidäquatoriale Waſſerſcheide in Afrila 22. | Tafelgebirge 348. 
<idhilenifche Klimaprovinz 131. Zafeljandftein in Sübafrila 846, 348. 


Endeten, Krummholzregion 402, Glacial⸗ | Zäglidye Periode der Temperatur 54, der 
bilanzen 420, Getreidegrenge 426. Windftärfe 66. 


Eidfrüchte, Zone der, 427. Tägliche Regenmarima 92. 

Sidgeorgia, Schneegrenze 111, Pflanzen — Ungleichheit der Tiden 157. 
396, | — Waärmeſchwankung 54. 

Züblontinente, Ureal 19, Fauna 447. | Tagfchmetterlinge 435. 


Züdliche Halbkugel, Waſſer und Land 16, , Taimyrland, Waldgrenze 395. 
Zemperaturzonen 51, Qemperatur 52, | Zaman, Schlammfprudel 336. 
Zemperaturveränderlichteit 60, Gleticher- Tamarisken 406, 410. 
arenl 124, Waldgrenze 396. Taminaſchlucht 809. 

Cüdlihe8 Eismeer, Ureal 20, 197, mittlere | Tanganjifafee 378. 

Tiefe 137, größte Tiefe 139, Bodenrelief | Tangwälder 455. 
140, Bodenbededung 146, Strömungen | Tannen 400, 407. 





167, Tiefentemperatur 178. | Tapir 443. 
Eüdlicht 38. Tarimbeden 21, 852, Herkunft des Sandes 
Südmacebonifches Gebirge, Waldgrenze 399. | 288. 
Sübruffifche Steppen 409, 431. Tafchenratten 452. 
Züdfchwebifche Seen 376, 378. | Tasmanien, Niveauveränderung 194, Ylorde 
zudjhetland-nfeln. Pflanzen 296. ' 202, Arcal 211 n, Yauna 215, Flora 
Südtirol, geologiiher Bau 802. ı 417, 420. 
Eueß 7, 21, 189, 198, 197, 198, 234, | Tatra, Schneegrenze 110, Bau 300, Wald- 
300, 316, 329, 330, 338, 368. grenze 398. 
Sue, Regen 96. Zau 90. 


Tauben 443, 446, 451. 
Taube Tiden 156. 
Taurus, Schneegrenze 110, Waldgrenze 


Sue: Iſthmus 18, Verwitterung 237. 
<ulujee, Tiefentemperatur 178. 
Sumatra, Regen 102, Areal 211 .n, Fauna 





214. 399. 
Sümpfe 388. Zehuantepef, Yandenge 17. 
Cumpfmoo8 382. Teifun 71. 
Sundafee, Bodenrelief 142. Zeilminima 71. 


Surreta 440. Tekesthal 312, 


488 Regifer. 


Tettoniſche Erdbeben 338, 339. Thuner See 381. 
Hochebenen 350. Thüringer Wald, Klammen 267. 
— Thäler 277. Thurr 288. 

Thalſtufen 275. Tiberiasſee 361. 
Temperatur-Abweichung 62. Tibet 21, 351, vertif. Wärmeabnahme :, 
Temperatur des Erdinnern 7. höchſte kalte Quelle 247 n, Waldgrenze 
Temperatur-Veränderlichkeit 59. 3439. 

Temperatur = Veränderungen in bijtoriicher Tiden 154. 
Zeit 134. Tidenttrömungen 163, 170. 
Zemperaturzonen 50. Tiefebenen 353 ff. 
Tengger 321. Tiefen des Meeresbodens 139. 
Teplitzer Thermen 330. Tiefmoore 381. 
Teraiwald 356, 465. Tiefſeeablageruugen 143. 
Terekdelta 282. Tiefjeefauna 456. 
Terraſſenbau der Tafelländer 346. Tiefſeethon 145. 
Tertiäres Zeitalter 6. Tjemorowälder 406. 
Texas, Küſtenebene 356, Mimoſengebüſch Tiere, Verbreitungsmittel 230. 
112. Tietze 254, 305, 311, 312. 
Ihäler, Bildung 265 77, Einteilung 277, Tiger 434. 
Beränderungen 314. Tigris 283, 365, 36%. 
Thalfälle 276. Timado 370. 
Thalgletſcher 116. Timber line 402. 
Thalſtufen 271, 272, in Norwegen 190. Timor, Flora 414. 
Thalterraſſen 271. Tirol, vertif. Verbreitung der Tiere 437. 
Thalwaſſerſcheiden 313. Titicacalee 371, 378. 
Thalweg 261. Tivolo, Travertinablagerung 251. 
Thalwind 84. Toblacher Waſſerſcheide 314. 
Thätige Vulkane 323, 329, Verbreitung Todd 290 n. 
326, Zofio, Erdbeben 343. 
Thaya 365. Tolmezzo, Negen 9. 
Theben, Seen Agypten) 379. Toner 294. 
Thee 427. Torell 434, 436, 454. 
Theiß 365. Torf 382 
Themſe, Abtragung 265, Mündungsform Torfheide 382, 
284, Thalbildung 361. Tonga Archipel, Niveauveränderungen 1". 
Theodulpaß, Temperatur 39. Tonkin, Tiden 159. 
Thermen 247, 326, Mineralgehalt 251. ‚ Zorgbat 185. 
Thermiſche Anomalie 53. Tornöe 149. 
Thermiſcher Aquator im Januar 44, im Torſutataletſhen 118. 
Juli 48, im Jahresmittel 49. Tosktaniſche Inſeln 300, 
Thianſchan 21, Schneegrenze 110, Längs * Maremmen 361. 
tbäler 30S, Gliederung 312, angebliche  Totes Meer 361, Höhe 371, Untitebung 
Bulfane 332, Sven 3T5, Waldgrenze 399, 375, Sulzgehalt 378 n, 379, Tiefe 380. 
Wald 409, ' Toynbee 168 


St. Thomas Ibome) Inſel, Pendellänge 3, Trachyt 319, 334. 
tägl. Wärmeſchwankung 56, Fauna 222. Tragosbach 310. 


Thomſon (Weologer 11H, 378. Trausverſale Schütterlinien 340. 
Thomſon Phyſiker) 10, 159, 162. Traunſee ſ. Gmundener See. 
Thonboden 238. Travertin 251. 
Ibonerde 236. Treibeis 180, Grenzen 181. 
Thorshaven, Wintertemperatur 45, Regen Treibholz 163. 

101. Trent 365. 


Thrazien, Niveauveränderung 194. TriasFormation 6. 


Bu Regifter. 489 


Zriftftrömungen 168. 
Zrigonometrijche Höhenmefjung 292. 
Trinidad, Schlammfprudel 334. 


Unteraargletfcher, Abtragung 278. 
Untere Rulmination 154. 
Unterirdifhes Wafjer 245. 


Trisetum subspicatum 421. Unteritalien, Stoßlinien 339. 

Triſtan d' Acunha 333, Flora 231, 396,418. | Unterlauf der Flüſſe 265. 

Ztompetenbaum 394. Untiefen der Flüffe 265. 

Zrondbjemfjord 200, 201. Ur 451. 

Iropengürtel 51. Ural, Bau 300, Seen 375, Waldgrenze 398. 


Urnerfee 381. 
Urfprüngliche Inſeln 219. ff, Flora u. Fauna 
230. 


Tropenregen 102. 

Ttopfſtein 252. 

Ttopijche Beleuchtungszone 31. 
— Cordillerenprovinz, Klima 131. Urſprüngliche Thäler 309. 


— Filorenreiche 419. Uruguay, Wald 405, 406. 
—  Pflangenzone 390, 413. Urumiahjee 878 n. 
— Tierwelt 435. - Usboj 367. 
Tropifcher Urmald 404. | Uffa 866. 
Tiadfee 22, 378. | Uſtjansk, Teinperatur 47. 
Zianafee 371. Ult-Urt-Plateau 358. 
Tcharapundſchi, Regen 95, 101. Utah 289, 851. 
Tihernofem 2886. | Utahfee 280, 880. 


ihili, Lößmulden 350. Utliberg, Temperaturveränderlidjleit 60. 
Zihinichofcho, tägl. Wärmefchmantung 56. | 


Tihon-Burundy= Thal 308. Vaecinium 897. 
iuthal 312. Bal Bagne, See 373. 
Terfefliege 440. — Bone 308. 
Zinlingidan 312. Baldivia, Erdbeben 343. 
Zuff 319. | Balparaijo, NRiveauveränderung 198. 
Zufffegel 320. Bal Nendena 308. 
Zulpenbaum 398. — Selva 308. 
Zundren 198, 396. | — Cole 308. 
Zundichabeden 801, 808. | Bampyr 442. 
Turaniſches Tiefland ſ. aral⸗kaspiſches Ban Dyt 324. 

Tiefland. | Batilanifche Berge 339. 
Turuchansſst, Temperatur 425 n. Vegetation 384. 
Imo-Ozean:Ereel 364. Begetationsformationen 389, 403, Abhän- 
Two⸗Ozean⸗Paß 364. gigkeit der Tierwelt 431. 
Tyndall 117, 120. : Begetationdzonen 390. 

Benezuela-Gebirge 22, Waldgrenze 400. 

Überfallgquellen 248. | Beränderlicher Haſe 438. 
Ubergangdformen 288. ı Verdoletfch, ehemaliger See 254. 
Ubergangsklima 57. Verdunſtung 88. 
Überfhwernmungen 259. Bermoorungsprozeß 381. 
dintabgebirge, Baldgrenze 400. Vernagtgletſcher 115, 118. 
Uisquallygletſcher 126. Bereinigte Staaten, ſäkulare Berwitterung 
Ulereweſee 371. 244, Küftenebene 356, Seeenareal 371, 
Ultenthal 308. | Wald 406, Ylora 422, 423, Baumwolle 


Umballa, Vohrloch 357. 428. 
Unalaſchta, Schneegrenze 111. Verſchiebung 234. 
Ungarn, Überfhiwenmungen 260, Wald | Verſchwindende Flüſſe 258. 


422 n. | Bertilale Verteilung der Tiere 487. 
Ungariſches Beden 357, 858, 359, 375. | Verwerfung 233, 234. 
Unger 138, 423, 428, 429. : Berwerfungstbäler 308. 


Unfelbftändige Meeresräume 136, 137. | Verwitterung 234, 235. 


490 


Verwitterungserde 236. 

Bermwitterungsterrafien 241. 

Bejud 323,324, 326, moderne Ihalbildung 
267, Lavaſtröme 325. 

Rico, Kraterjee 330, 

Victoria, Gebirge 305. 

Victoria regia 393. 

Victorialand, Vulkane 333. 

Vietoria Njanſa 375. 

Vierwaldſtätter See, Bodengeſtalt 376. 

Vihorlat-Gutin-Gebirge 330. 

Villacher Alpe, Einſturz 243. 

Vintſchgau, Stufenbau 275. 

Virginien, Florenveränderung 423. 


Viſpthal, moderne Thalbildung 266, Erd- 


beben 339. 

Vivara 330. 

Vögel 432, 433, 435, 436, 443, 445, 446, 
448, 449, 450, 452, 453, 454, Verbrei— 
tungsmittel 230. 

Vogelberge 436. 

Vogeſen 316, Gipfelformen 210, Granit 
327, Seen 373, Vegetation 355, Wald: 
grenze 350, Glacialpflanzen 420, Ge— 
treidegrenze +26. 

Volcanello 220, 

Borderindien, Niveauveränderungen 194, 
195, Yaterit 211, Tſchungelgebüſch 413, 
Flora 414. 

Vorderindiſche Tiefebene 300, 351. 

Vorgeſchobene Deltas 282. 

Vulcano 330, 

Vulkan 319, Einteilung 329, 
Verbreitung 329. 

Vulkangruppen 336. 

Vulkaniſche Aſche 319. 

— Ausbrüche 234. 

— Berge 319. 

— Erdbeben 338, 340. 

— Gewitter 325. 
Inſeln 220. 

Vulkaniſcher Sand 319. 

Vulkanismus, Theorie 333, 

Vulkankegel 326. 

Vulkanreihen 330, 

Vultur 330. 


geograph. 


Wachspalme 
Wacken 1860. 
Wadi el Araba 300, 361. 

Wagner, H., 15, 3583. 

Wahand 360, 

Wahſatch Mountains, Kulmination 306, 


sul, 466. 


Reaifter. 


Walachiſch-bulgariſches Beden 357. 


Wald 403, Einfluß auf das Klima 133, 
auf die Waſſermenge der Flüſſe 25%. 

Waldaihöhe 354. 

Waldgrenze auf der nördl. Hemiſphäre 345, 
auf der ſüdlichen 396, im Gebirge ZU". 

Waldtiere 431. 

Walfiidh 459. 

Wales, Gebirge 319. 

Walfer 245, 240. 

Wullace 21% n, 214, 215, 219, 222,225, 
431, 432, 434, 435, 440, 441, 444, 447, 
449, 450, 453. 

Wallenſee 381. 

Wallis, Erdpypramiden 265%. 

Wallriffe 225. 

Walroß 452. 

Wandi, Höhenmeſſungen 214. 

Wangeroog 187. 

Wanſee 378n, 37%. 

Wärme ſ. Temperatur. 

Wärmeabnahme mit der Höhe 37 m. 

Wärmedurchläſſigkeit der Luft 28. 

Wärmegewitter 107. 

Wärmequellen der Erde 28, 
Luftſchichten 36. 

Warme Quellen 247. 

— Schlammſprudel 235. 

Wärmeverteilung im Januar 44, im Juli 
48, im Jahresmittel 49. 

Warme Jone 51, Gewitter 106, Hagel 168. 

Wärmezunahme mit der HPöhe 41. 

Warthebrüche 35%, 

Waſchbär 452. 

Wasgenwald ſ. Vogeſen. 

Waſſer, Areal 15, thermiſches Verhalten 44 

Waſſerfälle 276. 

Waſſergrüſer 382. 

Waſſerhalbkugel 16. 

Waſſermoos 382. 

Waſſerſcheiden 362, im Gebirge 313, Wer: 
änderungen 370. 

Watt 187. 

Wamwau ?228. 

Weald, Bau 298. 

Wealdenformation 361. 

Weber, Gebr. 151. 

Weberknecht 438. 

Weddell 15. 

Weichſel, Eisbededung 260 n, Delta 284. 
Veränderungen 360. 

Weichtiere im Tiroler Hochgebirge 437. 

Weiden 407. 


der oberen 


Seiho 364. 

Zingeifttfermometer, jüdl. Grenze 47. 
deingürtel 427. 

Sehe Berge, Waldgrenze 400, alpine 
Flota 421. 
ches Meer 137. 

Sehtanne 407. 

Seen 424. 

Seenberg 150. 

Sienbewegung bed Meeres 150 ff. Ein- 
Auß auf den Meeresboden 138, auf die 
Küulten 183. 

Stienförmige Erbbebenbewegung 336. 

Selengeſchwindigkeit 151. 

Sellenhöhe 151. 

Stcenlänge 151. 

delenthal 150. 

Wellingtonia 388. 

Serraum, QTemperatur 29. 

S.rerjee 379. 

Shojanst, Temperatur 47, 50, jähr. 
Särmefhwanfung 58, Schnee 104. 

Ser 284, 364, Tiden 162, Delta 283, 
‚ Itänderungen 369. 

>talpen, Bau 299, 303. 

auſtraliſche Strömung 166. 

würds, Temperatur 40. 

“teuropäifche Klimaprovinz 129. 

tieite 11. 

Srahats 316, Urwald 408. 

Sitindien, Klima 131, Fauna 218, 443, 

+», Slora 422. 

etliche Halbkugel, Waller und Land 16, 

Sätpreußen, fährlarer Waldwechſel 421. 

Batfibiriiche Klimaprobinz 129. 

Tiefebene 21, 358, Tempera- 
urderänderlidhleit 60, Regen 95, 105, 
wlora 415, 

Interjee 379. 

Seterveränderlichkeit 71. 

deyprecht 180, 181. 

Ldewell 158, 160, 

Ihe Mountain f. weiße Berge. 

Sitney 138, 

Stpmper 895. 

Sdmann 219, 332. 

"derfäuer 438, 448, 451, 452. 

“ner Beden 357. 

—Thermenlinie 330. 

:tienufer der Wolga 359. 

ld 7, 48, 47, 50, 62, 184. 

iadbäche 286. 

"dihmein 451. 


— 


Regiſter. 


491 





Willkomm 95. 
Wimmera 369. 
Winde, klimatiſche Bedeutung 68, 90, Ein⸗ 
fluß auf die Lagunenbildung 207, auf 
die Delta 284, geologijche Arbeit 286. 
Windgebiete der Erde 73, 
Windgeſchwindigkeit 66. 
Windgeſetze 63. 
Windſtärke 66, 
Winditau 152. 
BWindverteilung im Winter 74, im Som⸗ 
mer 79. 
Windwärtskanal 164. 
Windwellen 151. 
Winkler 228. 
Winnipegjee 870, 380. 
intergewitter 107. 
Wirbelgemitter 107. 
Wisconſin, Dolinen 256. 
Wifent 451. 
Wisperwind 84. 
Wittingauer Ebene 317. 
Wojeikoff 42, 55, 87, 97, 408. 
Wolf 436, 451. 
Wolf, R. 28. 
Wolf, Th. 184, 198, 326, 831, 348. 
St. Wolfgangjee 381. 
Wolga 365, Eißbededung 260 n. 
Wolgaufer 359. 
Bolten 91. 
Wollbaum 393. 
ı Wollgräjer 382. 
| Wollhaariges Rhinozeros 451. 
Wologda, Wald 422. 
ı ®rangell 87. 
Wrangelland 216. 
BWurzelmaus 438. 
Wüften, Erofiongjpuren 132, Flüſſe 257, 
| Wblagerungen 287, Pflanzen 387, 410. 
Wüſtenwinde 87. 


| Wyville Thomfon 179. 


| Hamsmurzel 427. 
Vataypalme 406. 

Volohama, Erbbeben 337. 

Vonne⸗Mündung 360. 


Vork⸗Wolds 360. 
“ Hofemitefall 277. 


Yitad, Ablagerungen 195. 


. Yucca 892, 


Yulatarı, Lagunenbildung 207, Savane 407. 
Yulatanlanal 164. 


. Yuma, Temperatur 49, Regen 97. 


492 


,Regiſter. 


Zagrosgebirge, Turchbruchsthal311, Walde Zöllner 28. 


grenze 399. 
Zahnarme 433, 434, 436, 442, 444. 


Zonale Gebirge 299, 300,. 
Zöppritz 168, 189, 367. 


Zambeſi 23, 284. Zſigmondi 358. 

Zannone 222, 301. Zuckerapfel 427. 

Zebra 444. Zuckerkiefer 407. 

Zechſtein 6. Zuckerrohr 427. 

Zell am Zee, Waſſerſcheide 315. Zuiderſee 186. 

Zeyegletſcher 126. Zürich, Temperaturveränderl 
Zibethkatze 449. peratur 86 1. 

Ziegen 444, 452. Züricher See 377,381, Ti 
Ziemer 92. 172 n. 

Zillerthal, mittl. Böſchung 138. Zweiflügler 43%. 

Zirfniger Zee 234. Zwergpalmen 391. 

Zittel 247, 28. 


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Berichtigungen und Bufäbe. 


Tas Sprrenberger Bohrloch iſt jest bis 1293 m Tiefe fortgeführt, wird aber ſchon 

loch bei vieth in Holſtein 11330 m Liefer überholt. 

8. 8 v. 1. (u. S. 247, 3.120. 0. ftart „Lybiſche“ lies „Libnſche“. 

Tab das Polarlicht eine eleltriſche Erſcheinung iit, wurde jungſt Durch ein gelung 

von Prof. Vemſtröm nachgewieſen, weicher durch ein mit Spitzen verſehenes D 

auf zwei 00 und 11090 nı hohen, kegeiformigen Bergen in Nordſinland anbrachte, 

eines echten Nordlichtbogens ca. 120 m über der Bergesſpitze hervorbrachte. 

Das hier Geſagte gilt wenigſtens für die Nordlichter in tieferen Breiten, ob aber a 

ift feit den Unteriuchungen Tromholt's über die Nordlichter in Wodthaab in Grl 
zwerfelbaft geworden. Langere Beobachtungsreihen werden Ichren, ob Tromholt's 

er Die Haufigteit der Rordlichter im Umgekehrten Nerbälmis zu der Der Som 
richtig tft. 

3 9 v. u. in der lebten Spalte ftatt „SP Lied „A’3”, 

3.320 u. ftatt „—8 1" lies SH", 

Nach den neueſten Unterfuchungen von Ruchan und Nöppen variiert die Minditärte 4 
Tyan (mit Ausnahme des attantiichen ‘Baljatgebieteg, mo das Maximum um 4b me 
Minimum um 2b nadımmtags etwas schärfer hervortritt: fo wenig, daß von einer täg 
derielben eigeutlih feine Rede mehr fein fann. In den Küſtengewäſſern ift aber DU 
betruchtlicher, und Maximum und Mminmenm treten zu gleicher sit, wie auf dem La 
3. 13 v. u. jtatt „Berudt ' tes „Berendt“. 

3 260.0. Statt Iſothermen“ lies „Iſotherme“. 

Die berichtigte Pofition der größten nordatlantiihen Tiefe ift Im 39" N. und 66”26° 1 
Die größte bis jeßt befammte Tiefe des Indiſchen Uzeans maß die „Enterprife‘ im R 
Y'ly 3. 9050’ O. 566Bm. 

Die Meſſungen der „Enterpriſe“ auer durch den Indiſchen Ozean awiiden MP 40'N. 9 
und Hr’ 21° und 101'27° O0. ergaben eine ziemlich gleichmaßige Tiefe von ca. 40 m. 
Nach den Beobachtungen der „Enterpriſe“ bededt den Voden des äquatorialen Teiles da 
COzeaus vorberrichend grauer und brammer Schlamm. 

(S 150, Rach den Unterſuchungen Der beiden Sndrograpbeı der Nordensfiöldichen Er 
ISS3, Korsitrandımd Bamberg. tit die oitgronlandiiche Stromung ſehr ſchwach undfeid 
im der Wabe der Küſte von warmem Waller ganz verdrängt, während der Yabradorftrom 
polarſtromung it. Mach dieſen von den bisherigen Annahmen vollig abweichenden Anfh 
bon einem Gindringen eines Goliſtromarmes in Die Bafifinsbai feine Rede ein. Doc TE 
noch fein endgultiges Urteil in dieſer frage gerällt werden. 

Im aanatorialen Teil des Indiſchen Ozeans fand die „Enterprüe” (Sommer 1853, in X 
mehr as Meoaın eine Durrchichmttliche Temperatur von 1° (Marinum 25, Minimum 
nahezu ebenſoviel, wie um Atlantiſchen und Paziſiſchen Czean unter gleicher Vreite, 


3 16.1.1701 ftatt „Camerongebirge“ lies „Camerungebirge“. 


3.130 u. ſtatt „deſſen Gehalt“ I „ihren Gehalt“, 

3.601. Statt, Durton“ Dies „Dutton“. 

3.1000. iſtatt Kider lies „Eide'. 

3.ıv. Statt, Kihorlatvuttin-Zug“ Dies „Vihorlat⸗Gutin⸗Zuge. 







































































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